4
280 WISSENSCHAFT · SPECIAL: GENOMICS BIOspektrum | 03.12 | 18. Jahrgang ó Interindividuelle Unterschiede in der Arz- neimittelwirkung werden in der klinischen Praxis vielfach beschrieben [1]. Die unter- schiedliche therapeutische Wirksamkeit ([Nicht-]Ansprechen, Nebenwirkungen) eines Arzneimittels wird wesentlich durch die Arz- neimittelkonzentration am Wirkort bestimmt. Diese hängt zum einen von der Metabolisie- rung des Arzneistoffes über Enzyme ab, zum anderen wird sie aber auch durch den Trans- port des Arzneistoffes in das (Influx) bzw. aus dem Zielgewebe (Efflux) mithilfe von Arz- neimitteltransportproteinen beeinflusst. Bei- de Prozesse spielen eine wichtige Rolle im ADME(absorption, disposition, metabolism, excretion)-Konzept. Sowohl genetische Vari- anten in den ADME-Genen als auch umwelt- bedingte und andere nicht-genetische Fakto- ren (z. B. Geschlecht, Ko-Medikation) sowie epigenetische Phänomene erklären interin- dividuelle Unterschiede in der Arzneimittel- wirkung. Die personalisierte Medizin sieht sich der Idee verpflichtet, eine dem Patien- ten individuell dosisangepasste Therapie zukommen zu lassen. Genetische Tests zur Vorhersage der Metabolisierungskapazität einzelner Enzyme (z. B. Cytochrom P450- Enzyme) vor Beginn der Therapie finden bereits heute Anwendung. Zahlreiche solcher genetischer Tests werden von der Food and Drug Administration (FDA) empfohlen [2]. Die Bedeutung von ABCC2-missense- Varianten für die Pharmakokinetik von Arzneimitteln Das multidrug resistance-related protein 2 (MRP2/ABCC2), ein ubiquitär im Menschen vorkommender Membrantransporter, ist in der apikalen Membran polarisierter Epithel- zellen verschiedener Organe (z. B. Leber, Nie- re) lokalisiert [3]. Das klinisch-pharmakolo- gische Interesse an diesem Transporter beruht darauf, dass dieser ATP-abhängig eine Vielzahl endogener wie exogener Substanzen aus der Leber in die Galle transportiert, dar- unter wichtige Pharmaka aus der Krebs- und Pharmakogenomik von Transportproteinen Untersuchungen zu ABCC2-Varianten in einem Tet-off-Expressionssystem ¯ Abb. 1: Screen and Insert-Methode zur Her- stellung Tet-regulierter und stabil transfizierter ABCC2-EGFP-Rht14-10-Zellklone. Schritt 1: Identifizierung von tTA-exprimierenden HT1080- Klonen, die nach d2EGFP-Integration (gekoppelt an TRP) eine stringent Tet-regulierte GFP- Expression aufweisen. Schritt 2: Cre-vermittelte Rekombination promotorloser ABCC2-EGFP- Insertionskonstrukte in Rht14-10-Zellen [6, 7]. Neo R , Neomycin-Resistenz; P SV40 , simian virus 40-Promotor; +/- Doxy, mit/ohne Doxycyclin. Weitere Erklärungen im Text. THOMAS LANG 1 , RUDOLF ARLANOV 1 , MATTHIAS SCHWAB 1, 2 1 DR. MARGARETE FISCHER-BOSCH-INSTITUT FÜR KLINISCHE PHARMAKOLOGIE (IKP), STUTTGART 2 ABTEILUNG KLINISCHE PHARMAKOLOGIE, UNIVERSITÄTSKLINIKUM TÜBINGEN The novel cell technology Screen and Insert (ScIn) is a valid and sensitive method for the functional characterization of missense variants in human membrane transporters. Using this method, ABCC2 transgenes are repro- ducibly integrated by site-specific recombination. Since variations bet- ween cell clones caused by different chromosomal position effects on the integrated transgene are eliminated, this approach was successful for undertaking functional comparisons of variants in the multidrug resi- stance-related protein 2 (MRP2/ABCC2). DOI: 10.1007/s12268-012-0178-8 © Springer-Verlag 2012

Untersuchungen zu ABCC2-Varianten in einem Tet-off-Expressionssystem

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Untersuchungen zu ABCC2-Varianten in einem Tet-off-Expressionssystem

280 WISSENSCHAFT · SPECIAL: GENOMICS

BIOspektrum | 03.12 | 18. Jahrgang

ó Interindividuelle Unterschiede in der Arz-neimittelwirkung werden in der klinischenPraxis vielfach beschrieben [1]. Die unter-schiedliche therapeutische Wirksamkeit([Nicht-]Ansprechen, Nebenwirkungen) eines

Arzneimittels wird wesentlich durch die Arz-neimittelkonzentration am Wirkort bestimmt.Diese hängt zum einen von der Metabolisie-rung des Arzneistoffes über Enzyme ab, zumanderen wird sie aber auch durch den Trans-

port des Arzneistoffes in das (Influx) bzw. ausdem Zielgewebe (Efflux) mithilfe von Arz-neimitteltransportproteinen beeinflusst. Bei-de Prozesse spielen eine wichtige Rolle imADME(absorption, disposition, metabolism,excretion)-Konzept. Sowohl genetische Vari-anten in den ADME-Genen als auch umwelt-bedingte und andere nicht-genetische Fakto-ren (z. B. Geschlecht, Ko-Medikation) sowieepigenetische Phänomene erklären interin-dividuelle Unterschiede in der Arzneimittel-wirkung. Die personalisierte Medizin siehtsich der Idee verpflichtet, eine dem Patien-ten individuell dosisangepasste Therapiezukommen zu lassen. Genetische Tests zurVorhersage der Metabolisierungskapazitäteinzelner Enzyme (z. B. Cytochrom P450-Enzyme) vor Beginn der Therapie findenbereits heute Anwendung. Zahlreiche solchergenetischer Tests werden von der Food andDrug Administration (FDA) empfohlen [2].

Die Bedeutung von ABCC2-missense-Varianten für die Pharmakokinetikvon ArzneimittelnDas multidrug resistance-related protein 2(MRP2/ABCC2), ein ubiquitär im Menschenvorkommender Membrantransporter, ist inder apikalen Membran polarisierter Epithel-zellen verschiedener Organe (z. B. Leber, Nie-re) lokalisiert [3]. Das klinisch-pharmakolo-gische Interesse an diesem Transporterberuht darauf, dass dieser ATP-abhängig eineVielzahl endogener wie exogener Substanzenaus der Leber in die Galle transportiert, dar-unter wichtige Pharmaka aus der Krebs- und

Pharmakogenomik von Transportproteinen

Untersuchungen zu ABCC2-Variantenin einem Tet-off-Expressionssystem

¯ Abb. 1: Screen and Insert-Methode zur Her-stellung Tet-regulierter und stabil transfizierterABCC2-EGFP-Rht14-10-Zellklone. Schritt 1:Identifizierung von tTA-exprimierenden HT1080-Klonen, die nach d2EGFP-Integration (gekoppeltan TRP) eine stringent Tet-regulierte GFP-Expression aufweisen. Schritt 2: Cre-vermittelteRekombination promotorloser ABCC2-EGFP-Insertionskonstrukte in Rht14-10-Zellen [6, 7].NeoR, Neomycin-Resistenz; PSV40, simian virus40-Promotor; +/- Doxy, mit/ohne Doxycyclin.Weitere Erklärungen im Text.

THOMAS LANG1, RUDOLF ARLANOV1, MATTHIAS SCHWAB1, 2

1DR. MARGARETE FISCHER-BOSCH-INSTITUT FÜR KLINISCHE PHARMAKOLOGIE (IKP),

STUTTGART2ABTEILUNG KLINISCHE PHARMAKOLOGIE, UNIVERSITÄTSKLINIKUM TÜBINGEN

The novel cell technology Screen and Insert (ScIn) is a valid and sensi tivemethod for the functional characterization of missense variants in humanmembrane transporters. Using this method, ABCC2 transgenes are repro-ducibly integrated by site-specific recombination. Since variations bet-ween cell clones caused by different chromosomal position effects on theintegrated transgene are eliminated, this approach was successful forundertaking functional comparisons of variants in the multidrug resi-stance-related protein 2 (MRP2/ABCC2).

DOI: 10.1007/s12268-012-0178-8© Springer-Verlag 2012

Page 2: Untersuchungen zu ABCC2-Varianten in einem Tet-off-Expressionssystem

HIV-Therapie. ABCC2 trägt damit signifikantzur Entgiftung im Menschen bei [3]. Des Wei-teren beeinflusst ABCC2 die Chemoresistenzin Tumorzellen, da Zytostatika umgehend ausder Zelle wieder heraustransportiert werden.

Es sind etwa 50 humane ABCC2-missense-Varianten in unterschiedlichen ethnischenPopulationen bekannt, darunter einige selte-ne krankheitsassoziierte Varianten, welcheaufgrund des Verlustes ihres Genproduktsund/oder der Aktivität das Dubin-Johnson-Syndrom verursachen [3]. Hierbei handelt essich um eine sehr seltene Erbkrankheit, beider die Ausscheidung konjugierten Bilirubinsin die Galle gestört ist. Weitere natürlich vor-kommende ABCC2-missense-Varianten ver-ändern die Pharmakokinetik von ABCC2-Sub-straten und erklären damit interindividuelleUnterschiede in der Wirkung von Pharmaka(z. B. antiepileptische Wirkung von Carba-mazepin) bzw. stehen im Zusammenhang mitNebenwirkungen (z. B. Doxorubizin-indu-zierte Kardiotoxizität) [4, 5]. Da vielfach voll-ständige Daten zu funktionellen Konsequen-zen von ABCC2-Proteinvarianten fehlen oderim Widerspruch zu in vivo-Daten stehen,besteht ein großer Bedarf für systematischein vitro-Untersuchungen unter Berücksichti-gung der subzellulären Lokalisation sowiehinsichtlich der Expression und Funktion.

Screen and InsertDie funktionelle Charakterisierung von Pro-teinvarianten ist auch heute noch mit metho-dischen Schwierigkeiten verbunden. Ein Pro-blem besteht in der Variabilität der Genex-pression transient und stabil exprimierterVarianten, wobei nur die stabile Expressionvon Transgenen eine hohe, reproduzierbareund definierte Proteinmenge erwarten lässt.Eine Hauptanwendung stabiler Transfektio-nen liegt daher in der Funktionsanalyse vonGenen. Expressionsunterschiede stabil inte-grierter Varianten können in der Kopienan-zahl des inserierten Transgens und/oderdurch den Einfluss des individuellen Inte-grationsortes begründet sein. Eine kürzlichvon Brough und Mitarbeitern entwickelteScreen and Insert-Methodik (ScIn) wurde nunerstmals von unserer Arbeitsgruppe erfolg-reich zur Untersuchung von missense-Vari-anten eines humanen Transportproteins ange-wandt [6]. Es ermöglichte die stabile Integra-tion von ABCC2-missense-Varianten als single-copy-Varianten an denselben chromosomalenLocus einer aus Fibrosarkoma HT1080 abge-leiteten Zelllinie (Rht14-10) [7]. Dieser zuvorin einem Screening-Verfahren optimal aus-

gewählte Locus gewährleistet eine homoge-ne und robuste Transgenexpression und lässtGen-Dosis- sowie Positionseffekte vermeiden,die bei willkürlicher Integration von Trans-genvarianten auftreten können.

Das Verfahren erfolgt dabei in zwei Schrit-ten (Abb. 1): Im ersten Schritt wird eine denTetrazyklin-regulierten Transaktivator (tTA)stabil exprimierende Zelllinie mit einem Ziel-konstrukt transfiziert, in welchem GFP unterder Kontrolle eines Tetrazyklin-reprimierba-ren Promotors (TRP) steht (Tet-off-Expres-sionssystem). Mit einem Screening-Verfahrenkönnen über eine FACS-Analyse stabile,robust GFP-exprimierende Klone mit strin-gent Tet-regulierter GFP-Fluoreszenz identi-fiziert werden. Der zweite Schritt, das Insert-Verfahren, bewirkt mittels Cre-vermittelterRekombination die Insertion eines promo-torlosen Zielgens (gene of interest, GOI) unterKontrolle des TRP mit Verdrängung des GFP-ORF (open reading frame) weiter downstream.

Der gewünschte Einbau des Zielgens wirddurch zwei eingebaute Cre-Erkennungsstel-len (lox-sites; lox: locus of crossing over)gewährleistet, wobei lox71 eine unidirektio-nale Cre-abhängige Rekombination mit lox66eingeht.

Herstellung von Tet-regulierten undstabil transfizierten ABCC2(Wildtyp-Varianten)-EGFP-Rht14-10-Zellklonenmittels ScInDie ScIn-Methode wurde zur funktionellenCharakterisierung der Expression, Lokalisie-rung und Aktivität von 13 nicht-synonymen

ABCC2-Varianten angewandt (Abb. 2, [7]). Diepriorisierten ABCC2-missense-Varianten konn-ten in unterschiedlichen ethnischen Bevöl-kerungsgruppen (Kaukasier, Asiaten, Afro -amerikaner) mit einer Allelfrequenz größeroder gleich ein Prozent detektiert werden.Mithilfe computergestützter Algorithmen(z. B. PolyPhen 2) wurden funktionelle Ver-änderungen vorhergesagt.

ABCC2 wurde in den pEGFP-N1-Vektor klo-niert, was mittels FACS-Analyse den Nach-weis der Proteinexpression und der Lokali-sation von ABCC2 sowie die zeitliche Nach-verfolgung der Tetrazyklin-abhängigen Regu-lation mithilfe des EGFP(enhanced green fluorescent protein)-Anteils ermöglichte.

Zur Herstellung der ABCC2-Proteinvarian-ten wurden gezielt über in vitro-MutagenesePunktmutationen in das ABCC2-Gen einge-fügt und anschließend durch Umklonierungpromotorlose Insertionskonstrukte geschaf-fen, indem der CMV-Promotor in allen ABCC2-EGFP-Konstrukten durch eine lox66-siteersetzt wurde [7].

Rht14-10-Zellen sind HT1080-Zellen mitjeweils einer stabil integrierten Kopie einesstringent Tet-regulierten d2EGFP-Reporter-gens und eines tTA-Gens (Abb. 1, [7]). Diesewurden mit einem Cre-Rekombinase-Expres-sionsplasmid und einem Insertionskonstruktko-transfiziert, wodurch das Insertionskon-strukt erfolgreich unter die Kontrolle von TRPgesetzt wurde (Cre-vermittelte Rekombina-tion; Abb. 1). Über eine spezifische PCR wur-de die korrekte Insertion in isolierten G418-resistenten Einzelklonen nachgewiesen [7].

˚ Abb. 2: Sekundärstruktur von ABCC2 und Lokalisation der ausgewählten ABCC2-missense-Varianten. Außerdem sind deren Häufigkeitsverteilung in der Bevölkerung und Vorhersagen zumöglichen Funktionsauswirkungen mithilfe der Software PolyPhen 2 angegeben [7].

281

BIOspektrum | 03.12 | 18. Jahrgang

Page 3: Untersuchungen zu ABCC2-Varianten in einem Tet-off-Expressionssystem

Anschließende FACS-Analysen konnten zei-gen, dass ABCC2-EGFP (Wildtyp (WT) undVarianten) in Rht14-10-Zellen durch Zugabevon Doxycyclin zeitabhängig herunterregu-liert wurde (Abb. 3A, [7]).

Untersuchungen zur Protein -expression, Lokalisierung undAktivität der ABCC2-VariantenImmunoblotanalysen bestätigten das Vor-handensein von ABCC2-EGFP als reifes Gly-koprotein bei 220 kDa, dessen Expressionnach Zugabe von Doxycyclin innerhalb von72 Stunden verschwand (Abb. 3A). Im Ver-gleich zum Wildtyp (100 Prozent) zeigten diedrei ABCC2-Varianten D333G, R1174H undR1181L eine Erniedrigung ihrer Proteinex-pression um 40 Prozent (p > 0,05), 70 bzw. 35Prozent. Die natürlich vorkommende V1188E/C1515Y-Doppelvariante resultierte in einerum 150 Prozent erhöhten Proteinexpression.Alle sonstigen untersuchten missense-Vari-anten zeigten keine signifikanten Expres-sionsänderungen (Abb. 3B, [7]).

In übereinstimmenden Untersuchungenmit transient transfizierten HEK-293-Zellenkonnten im konfokalen Mikroskop der Wild-typ und alle Varianten mit Ausnahme vonD333G und R1174H an der Zelloberflächelokalisiert werden. Die Transmembranvari-ante D333G zeigte in HEK-293-Zellen eineauffallend punktierte Verteilung in der Plas-mamembran (Abb. 3C, [7]). Die Transport-aktivität wurde mit zwei chemisch unter-schiedlichen und fluoreszierenden ABCC2-Substraten untersucht: Glutathion-Methyl-fluorescein (GS-MF) und Glutathion-Mono-chlorobiman (GS-MCB) [7]. ABCC2-EGFP wur-de funktionell exprimiert und zeigte für denWildtyp einen etwa 4,5(GS-MF)- und 3,5(GS-MCB)-fach höheren Efflux verglichen mitRht14-10-Kontrollzellen [7].

Verglichen mit GS-MF wurde der GS-MCB-Efflux von den ausgewählten Varianten stär-ker beeinflusst. Die Effluxrate für die N1244K-Variante war mit nur 15 Prozent für GS-MFund 26 Prozent für GS-MCB im Vergleich zumWildtyp (100 Prozent) drastisch erniedrigt.Die Aktivität von R1174H war sowohl bei GS-

¯ Abb. 4: A, B, Relativer Efflux von GS-MF (A)und GS-MCB (B) aus stabil exprimierendenABCC2(WT/Varianten)-EGFP-Rht14-10-Zellen(37 °C, n = 3–5, Mittelwerte ± SEM,t = 15 Minuten, Dunnett’s-Post-Test, ABCC2(WT) = 100 %). C, D, spezifische Transportakti-vität der ABCC2-Varianten für GS-MF (C) undGS-MCB (D) in Rh14-10-Zellen [7].

˚ Abb. 3: Expression von ABCC2-Wildtyp (WT) und verschiedenen Varianten. A, FACS-Profile vonTet-regulierten und stabil ABCC2(WT)-EGFP exprimierenden Rht14-10-Zellen nach zeitabhängigerDoxycyclin-Zugabe (1 μg/ml), zum Vergleich der Proteingehalt im Western Blot (M2III-6-Antikör-per). B, Proteinexpression der ABCC2-Varianten in Rht14-10-Zellen (n ≥ 3, Mittelwert ± SD, Dun-nett’s-Post-Test, ABCC2 (WT) = 100 %). C, subzelluläre Lokalisation von ABCC2(WT, D333G,R1174H)-EGFP in stabilen Rht14-10-Zellen und transienten HEK-293-Zellen, im konfokalen Laser-Scanning-Mikroskop (LSM 510, Plan-Apochromat 63x/1.4) untersucht [7].

282 WISSENSCHAFT · SPECIAL: GENOMICS

BIOspektrum | 03.12 | 18. Jahrgang

Page 4: Untersuchungen zu ABCC2-Varianten in einem Tet-off-Expressionssystem

283

BIOspektrum | 03.12 | 18. Jahrgang

MF als auch bei GS-MCB um etwa die Hälftereduziert. Interessanterweise zeigte R1181Leinen erhöhten GS-MF-Efflux (137 Prozent),wohingegen für GS-MCB der Efflux erniedrigtwar (59 Prozent). Die Varianten D333G,R353H, T486I, G921S und P1291L zeigteneine geringere Aktivität für den GS-MCB-Transport (71, 60, 75, 63 bzw. 51 Prozent)(Abb. 4A, B [7]).

N1244K verursachte mit bis zu 80 Prozentdie größte Erniedrigung in der spezifischenABCC2-Aktivität für GS-MF und GS-MCB,wobei die Proteinexpression vergleichbar mitderjenigen beim Wildtyp war. Im Gegensatzdazu verursachten R1174H und R1181L einezweifach höhere spezifische GS-MF- und/oderGS-MCB-Aktivität. Bemerkenswerterweisezeigte die Doppelvariante V1188E/C1515Y(150 Prozent) das höchste Expressionsni veau,verursachte aber eine 40-Prozent-Erniedri-gung in der spezifischen GS-MCB- und GS-MF-Aktivität (Abb. 3B, Abb. 4C, D, [7]).

FazitDie zukunftsweisende Screen and Insert-Methode ist, wie am Beispiel von ABCC2gezeigt, eine dringend benötigte, reprodu-zierbare und hoch effiziente Technik, um diefunktionelle Bedeutung von genetischen Vari-

anten humaner Membrantransporter ineinem homologen System untersuchen zukönnen.

Die in der afroamerikanischen Bevölkerunghäufig vorkommenden Varianten R1174H,R1181L, P1291L und V1188E/C1515Y (2,3 bis8,5 Prozent) sowie die seltenen VariantenD333G und N1244K (ein Prozent) zeigten diegrößten Veränderungen in der Funktion/Expression im ScIn-System. Die VariantenR1174H, R1181L und V1188E (gekoppelt mitC1515Y) sind wie die Dubin-Johnson-Syn-drom-Varianten R1150H und I1173F zwischenden Transmembranhelices 15 und 16 lokali-siert [8]. Somit ist diese Region besonderswichtig für eine korrekte Prozessierung,Expression und Aktivität von ABCC2.

DanksagungUnsere Arbeiten werden durch die DeutscheForschungsgemeinschaft (LA 2406/2-1), 7FPEU ITN program, FightingDrugFailure (GA-2009-238132) und die Robert Bosch Stiftung,Stuttgart, unterstützt. ó

Literatur[1] Kirchheiner J, Schwab M (2008) Heterogeneity of DrugResponses and Individualization of Therapy. In: Waldman SA,Terzic A (Hrsg) Pharmacology and Therapeutics. Principles toPractice. Elsevier, Philadelphia. 225–238

[2] Schwab M, Schaeffeler E, Zanger UM et al. (2011)Pharmacogenomics: hype or hope? Dtsch Med Wochenschr136:461–467[3] Nies AT, Keppler D (2007) The apical conjugate effluxpump ABCC2 (MRP2). Pflugers Arch 453:643–659[4] Kim WJ, Lee JH, Yi J et al. (2010) A nonsynonymous varia-tion in MRP2/ABCC2 is associated with neurological adversedrug reactions of carbamazepine in patients with epilepsy.Pharmacogenet Genomics 20:249–256[5] Wojnowski L, Kulle B, Schirmer M et al. (2005) NAD(P)Hoxidase and multidrug resistance protein genetic polymor-phisms are associated with doxorubicin-induced cardiotoxici-ty. Circulation 112:3754–3762[6] Brough R, Papanastasiou AM, Porter AC (2007) Stringentand reproducible tetracycline-regulated transgene expressionby site-specific insertion at chromosomal loci with pre-cha-racterised induction characteristics. BMC Mol Biol 8:30[7] Arlanov R, Porter A, Strand D et al. (2012) Functional cha-racterization of protein variants of the human multidrugtransporter ABCC2 by a novel targeted expression system infibrosarcoma cells. Hum Mutat 33:750–762[8] Keitel V, Nies AT, Brom M et al. (2003) A common Dubin-Johnson syndrome mutation impairs protein maturation andtransport activity of MRP2 (ABCC2). Am J Physiol GastrointestLiver Physiol 284:G165–G174

Korrespondenzadresse:PD Dr. Thomas LangDr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für KlinischePharmakologie (IKP)Auerbachstraße 112D-70376 StuttgartTel.: 0711-8101-6058Fax: [email protected]

AUTORENThomas Lang1987–1994 Chemiestudium, Universität Stuttgart. 1992–1997 Philosophiestudium, Universität Stuttgart. 1998 Pro-motion am Institut für Biochemie, Universität Stuttgart.1999–2001 Postdoktorand am IKP, Stuttgart. 2001–2003Projektmanager Pharmakogenetik, Epidauros BiotechnologieAG, Bernried. 2008 Habilitation, Institut für Pharmakologie,Universität Mainz. Seit 2009 Senior Scientist am IKP, Stuttgart.

Rudolf Arlanov2000–2002 Biologielaboranten-Ausbildung, Carl-Engler-Schule, Karlsruhe. 2004–2010 Biologiestudium, Univer-sität Mainz. Seit 2010 Promotion am IKP, Stuttgart.

Matthias Schwab1983–1990 Humanmedizinstudium, Universität Erlangen-Nürnberg.1991 Promotion am Institut für Toxikologie und Pharmakologie, UniversitätErlangen-Nürnberg. 1990–1995 Arzt im Praktikum und Assistenzarzt. 1995–2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter, Oberarzt und Leiter desFunktionsbereichs Klinische Studien und Arzneimittelinformation, IKP, Stuttgart. 1996/2000 Facharztanerkennungen für Kinderheilkunde undfür Klinische Pharmakologie. 2003 Habilitation, Universität Tübingen. 2005–2006 Visiting Professor, St. Jude Children’s Research Hospital,Memphis, TN, USA. Seit 2007 Lehrstuhlinhaber für Klinische Pharmakologie der Universität Tübingen mit der Leitung des IKP, Stuttgart, undder Abteilung Klinische Pharmakologie am Universitätsklinikum Tübingen.