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~@5~@~S Glycoconjugates Glycoconjugates Glykokonjugate B1 Untersuchungen zum Lectin-Charakter von Gluten und zum Pathomechanismus der Coeliakie E. K6ttgen ~, B. Volk, M. Miiller 1 und W. Gerok 2 1 Institut ftir Klinische Chemie und Klinische Biochemie, Klinikum Charlottenburg der Freien Universitgt Berlin, Spandauer Damm 130, 1000 Berlin 19 2 Medizinische Universit/~tsklinik, D-7800 Freiburg, Bundesrepublik Deutschland Studies on the Leetin Properties of Gluten and on the Pathomeehanism of Coeliae Disease Einf'dhrung Die Pathogenese der Coeliakie (Gluten-sensitive Enteropathie) ist bisher ungekl/irt. Gesichert ist nur, dab das Getreideprotein Gluten (Gliadin) bei entsprechend genetisch determinierten Patienten toxische Funktion an den Enterocyten des Dtinndar- mes ausl6st. Es ist nicht gekl/irt, inwieweit die bei der Erkrankung beschriebenen St6rungen der Immunregulation ausl6send oder Folge der Erkrankung sind (Obersicht bei [2]). Die vorliegende Untersuchung belegt erstmals den Lectin-Charakter von Gluten, woraus bessere Rtickschliisse auf den Pathomechanismus der Coeliakie m6glich werden k6nnen. Material und Methoden Nicht gereinigtes Gluten wurde von Sigma Fine chemicals bezogen, die gereinigten Glykoproteine von Behring (Marburg), alle weiteren Reagentien als p.A. von Merck (Darmstadt). Gluten wurde nach einer von Frazer u.a. [1] beschriebenen Methode gereinigt und in die wasserl6sliche Form tiberfiihrt (fraction III). Die Laser-nephelometrischen Messungen zur Gluten-Glykoproteinwechselwirkung wurden mit dem Laser- Nephelometer der Fa. Behring (Marburg) durchgeftihrt [3]. Die Gewinnung von Villus- und Crypten-Zellen aus Rattendfinn- darm erfolgte nach [8]. Zur Aktivit/itsbestimmung der N-Acetyl- glucosaminyltransferase-1 (GlcNAc T-l) wurde Ovalbumin (Sig- ma) als Acceptor und 14C-markiertes UDP-GlcNAc als Substrat verwendet [7]. Ergebnisse und Diskussion Wie bereits yon Frazer u. a. [1] beschrieben, kann natives Gluten durch proteolytische Vorbehandlung (Papain und Pepsin), Dia- lyse und Gel-Chromatographic gereinigt werden. Das als ,,frac- Offprint requests to: E. K6ttgen 702 tion III" bezeichnete Protein mit einem Molekulargewicht von 30000 D hat nach unseren affinitfits-chromatographischen Untersuchungen mit trfigergebundenen Lectinen (ConA, WGA, RCA, SBA) wahrscheinlich keine Kohlenhydratreste. Das gereinigte, wasserl6sliche Protein bindet unter Komplex- bildung mit verschiedenen Glykoproteinen. Zu den hochreakti- ven Proteinen z/ihlen alle ,,high-Mannose-Typ"-glykosylierten Proteine (z.B. Ovalbumin, IgM). Dagegen sind die sog. ,,Komplextyp"-glykosylierten Proteine (z.B. Transferrin, Fe- tuin, IgG) nicht zu einer Gluten-Bindung beffihigt. Gleiches gilt auch fiir Albumin als Beispiel eines nichtglykosylierten Proteins sowie fiir Ovalbumin nach Deglykosylierung mit Endoglykosi- dase H. Glykoproteine des intestinalen Biirstensaums der Ratte zei- gen ebenfalls ein deutlich unterschiedliches Gluten-Bindungs- verhalten: Glykoproteine der reifen Villus-Zone sind nicht Gluten-reaktiv, w/ihrend die Glykoproteine der noch unreifen Crypten-Zone sehr starke Glutenbindungsffihigkeit zeigen. Inhibitionsversuche dieser Gluten-Glykoproteinkomplex- bildung mit Mono- und Oligosacchariden zeigen, dab Mannan, ein Oligomannosylpeptid (Proteingehalt < 2 %) eine sehr starke Inhibitorkapazit/it (50 % Inhibition der Gluten-Ovalbuminkom- plexbildung bei 16 IIM Mannan), Mannose eine schwache Inhibi- tionswirkung (50 % Inhibition bei 1 M Mannose) besitzt. Alle anderen getesteten Mono- und Oligosaccharide (Glucose, Galac- tose, Fucose, N-Acetylneuraminsgure sowie deren Oligomere) beeinflussen die Gluten-Glykoprotein-Komplexbildung nicht. Aus den genannten Untersuchungen kann geschlossen wer- den, dab Gluten Lectin-Eigenschaften mit Oligomannosyl-Spezi- fit fit besitzt. Um eine Beziehung dieser Befunde zur Genese der Coeliakie herzustellen, mul3 darauf verwiesen werden, dab Glykoproteine wegen des co- und post-translationalen proces- sing primgr als high-Mannosetyp-Glykoproteine angelegt wet- den. Durch entsprechende enzymatische Modifikation werden hieraus erst die Komplextyp-Glykoproteine (fObersicht bei [4]). Durch Enzymdefekte (insbesondere Glucosidase II und GlcNAc T-1-Mangel) kann die Komplextyp-Glykosylierung gest6rt sein, es resultiert eine starke Vermehrung der ,,unreifen" high- Mannosetyp-Glykoproteine [6]. Eigene Untersuchungen an un- terschiedlich differenzierten Lymphocytenzellinien zeigen, dab die GlcNAc T-1-Aktivitfit in direkter Beziehung zum Reifungs- grad der Zelle steht. Auch dutch unsere Untersuchungen an Villus- und Cryptenzellen der intestinalen brush border Membra- nen wird die Vermutung belegt, dab die obengenannten Enzyme reifungsabh~ingig sin& Wit stellen daher zur Diskussion, dab die Coeliakie durch eine defekte Proteinglykosylierung mit gesteiger- ter Synthese yon high-Mannosetyp-Glykoproteinen verursacht ist. Die daraus resultierende gesteigerte Glutenbindung an fehlglykosylierte Proteine der Enterocytenplasmamembran be- wirkt sekund/ir die toxische Enterocyten-Sch/idigung, wie sie bereits auch fiir andere Lectine beschrieben wurde [5].

Untersuchungen zum Lectin-Charakter von Gluten und zum Pathomechanismus der Coeliakie

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~@5~@~S Glycoconjugates

Glycoconjugates Glykokonjugate

B 1

Untersuchungen zum Lectin-Charakter von Gluten und zum Pathomechanismus der Coeliakie

E. K6ttgen ~, B. Volk, M. Miiller 1 und W. Gerok 2

1 Institut ftir Klinische Chemie und Klinische Biochemie, Klinikum Charlottenburg der Freien Universitgt Berlin, Spandauer Damm 130, 1000 Berlin 19

2 Medizinische Universit/~tsklinik, D-7800 Freiburg, Bundesrepublik Deutschland

Studies on the Leetin Properties of Gluten and on the Pathomeehanism of Coeliae Disease

Einf'dhrung

Die Pathogenese der Coeliakie (Gluten-sensitive Enteropathie) ist bisher ungekl/irt. Gesichert ist nur, dab das Getreideprotein Gluten (Gliadin) bei entsprechend genetisch determinierten Patienten toxische Funktion an den Enterocyten des Dtinndar- mes ausl6st. Es ist nicht gekl/irt, inwieweit die bei der Erkrankung beschriebenen St6rungen der Immunregulation ausl6send oder Folge der Erkrankung sind (Obersicht bei [2]). Die vorliegende Untersuchung belegt erstmals den Lectin-Charakter von Gluten, woraus bessere Rtickschliisse auf den Pathomechanismus der Coeliakie m6glich werden k6nnen.

Material und Methoden

Nicht gereinigtes Gluten wurde von Sigma Fine chemicals bezogen, die gereinigten Glykoproteine von Behring (Marburg), alle weiteren Reagentien als p.A. von Merck (Darmstadt). Gluten wurde nach einer von Frazer u.a. [1] beschriebenen Methode gereinigt und in die wasserl6sliche Form tiberfiihrt (fraction III). Die Laser-nephelometrischen Messungen zur Gluten-Glykoproteinwechselwirkung wurden mit dem Laser- Nephelometer der Fa. Behring (Marburg) durchgeftihrt [3]. Die Gewinnung von Villus- und Crypten-Zellen aus Rattendfinn- darm erfolgte nach [8]. Zur Aktivit/itsbestimmung der N-Acetyl- glucosaminyltransferase-1 (GlcNAc T-l) wurde Ovalbumin (Sig- ma) als Acceptor und 14C-markiertes UDP-GlcNAc als Substrat verwendet [7].

Ergebnisse und Diskussion

Wie bereits yon Frazer u. a. [1] beschrieben, kann natives Gluten durch proteolytische Vorbehandlung (Papain und Pepsin), Dia- lyse und Gel-Chromatographic gereinigt werden. Das als ,,frac-

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tion III" bezeichnete Protein mit einem Molekulargewicht von 30000 D hat nach unseren affinitfits-chromatographischen Untersuchungen mit trfigergebundenen Lectinen (ConA, WGA, RCA, SBA) wahrscheinlich keine Kohlenhydratreste.

Das gereinigte, wasserl6sliche Protein bindet unter Komplex- bildung mit verschiedenen Glykoproteinen. Zu den hochreakti- ven Proteinen z/ihlen alle ,,high-Mannose-Typ"-glykosylierten Proteine (z.B. Ovalbumin, IgM). Dagegen sind die sog. ,,Komplextyp"-glykosylierten Proteine (z.B. Transferrin, Fe- tuin, IgG) nicht zu einer Gluten-Bindung beffihigt. Gleiches gilt auch fiir Albumin als Beispiel eines nichtglykosylierten Proteins sowie fiir Ovalbumin nach Deglykosylierung mit Endoglykosi- dase H.

Glykoproteine des intestinalen Biirstensaums der Ratte zei- gen ebenfalls ein deutlich unterschiedliches Gluten-Bindungs- verhalten: Glykoproteine der reifen Villus-Zone sind nicht Gluten-reaktiv, w/ihrend die Glykoproteine der noch unreifen Crypten-Zone sehr starke Glutenbindungsffihigkeit zeigen.

Inhibitionsversuche dieser Gluten-Glykoproteinkomplex- bildung mit Mono- und Oligosacchariden zeigen, dab Mannan, ein Oligomannosylpeptid (Proteingehalt < 2 %) eine sehr starke Inhibitorkapazit/it (50 % Inhibition der Gluten-Ovalbuminkom- plexbildung bei 16 IIM Mannan), Mannose eine schwache Inhibi- tionswirkung (50 % Inhibition bei 1 M Mannose) besitzt. Alle anderen getesteten Mono- und Oligosaccharide (Glucose, Galac- tose, Fucose, N-Acetylneuraminsgure sowie deren Oligomere) beeinflussen die Gluten-Glykoprotein-Komplexbildung nicht.

Aus den genannten Untersuchungen kann geschlossen wer- den, dab Gluten Lectin-Eigenschaften mit Oligomannosyl-Spezi- fit fit besitzt. Um eine Beziehung dieser Befunde zur Genese der Coeliakie herzustellen, mul3 darauf verwiesen werden, dab Glykoproteine wegen des co- und post-translationalen proces- sing primgr als high-Mannosetyp-Glykoproteine angelegt wet- den. Durch entsprechende enzymatische Modifikation werden hieraus erst die Komplextyp-Glykoproteine (fObersicht bei [4]). Durch Enzymdefekte (insbesondere Glucosidase II und GlcNAc T-1-Mangel) kann die Komplextyp-Glykosylierung gest6rt sein, es resultiert eine starke Vermehrung der ,,unreifen" high- Mannosetyp-Glykoproteine [6]. Eigene Untersuchungen an un- terschiedlich differenzierten Lymphocytenzellinien zeigen, dab die GlcNAc T-1-Aktivitfit in direkter Beziehung zum Reifungs- grad der Zelle steht. Auch dutch unsere Untersuchungen an Villus- und Cryptenzellen der intestinalen brush border Membra- nen wird die Vermutung belegt, dab die obengenannten Enzyme reifungsabh~ingig sin& Wit stellen daher zur Diskussion, dab die Coeliakie durch eine defekte Proteinglykosylierung mit gesteiger- ter Synthese yon high-Mannosetyp-Glykoproteinen verursacht ist. Die daraus resultierende gesteigerte Glutenbindung an fehlglykosylierte Proteine der Enterocytenplasmamembran be- wirkt sekund/ir die toxische Enterocyten-Sch/idigung, wie sie bereits auch fiir andere Lectine beschrieben wurde [5].

Glykokonjugate ~ O S ~ @ g ~

Literatur

1. Frazer AC, Fletcher RF, Ross CAC, Shaw B, Sammons HG, Schneider R (1959) Lancet I1 :252- 255

2. Kluge F, Koch HK, K6ttgen E, Gerok W (1983) Klin Wochenschr 61 : 669 - 679

3. Kt t tgen E, Bauer Ch, Gerok W (1979) Anal Biochem 96: 391 - 394

4. Kornfeld St (1982) In: Horowitz MI (ed) The glycoconjuga- tes, vol III. Academic Press, pp 3 - 2 3

5. Lorenzsonn V, Olsen WA (1982) Gastroenterology 82 :838- 848

6. Narasimhan S, Stanley P, Schachter H (1977) J Biol Chem 252: 3926- 3933

7. Vischer P, Hughes RC (1981) Eur J Biochem 117:275- 284 8. Weiser MM (1973) J Biol Chem 248:2536-2541

Fresenius Z Anal Chem (1984) 317:702-703 �9 Springer-Verlag 1984

B2 Determination of Glycosylated Hemoglobin by Affinity Chromatography

G. Schmid und R. Vormbrock

Biochemical Research Institute, E. Merck, Frankfurter StraBe 250, D-6100 Darmstadt, Federal Republic of Germany

Bestimmung yon glykosyliertem Himoglobin durch Affinit~its-Chromatographie

Glycosylated hemoglobin is a clinically useful index of long-term blood glucose control in diabetes [1 ]. The posttranslational non- enzymic glycosylation of hemoglobin occurs in two steps. Firstly, a labile aldimine (Schiff base) is formed, which then undergoes an Amadori rearrangement to a stable ketoamine, commonly referred to as glycosylated hemoglobin (Glyc-Hb).

The affinity chromatography method for the measurement of Glyc-Hb is based on the formation of reversible complexes between coplanar cis-diol groups of glycosylated hemoglobins and phenyl boronic acids covalently attached to agarose. These complexes dissociate in presence of sorbitol [2]. In this way glycosylated hemoglobin can be quantitated and distinguished from non-glycosylated species by an affinity column method. In contrast to other methods for determination of Glyc-Hb, re- spectively HbA1, the affinity method is not affected by common interferences [3, 4].

Methods

Normoglycemic and diabetic blood samples were used to prepare hemolysates either from whole blood or from packed eryth- rocytes. After equilibrating the columns by adding 2ml wash buffer, 50 gl of hemolysate were applied to the column, which was rinsed with wash buffer to insure complete transfer of the sample into the gel. Wash buffer was added to elute the non- glycosylated hemoglobin fraction and elution buffer was used to elute the glycosylated hemoglobin fraction. The absorbances of the two eluates were read at 414nm against water and the percentage of glycosylated hemoglobin (% Glyc-Hb) was calcu- lated. The columns were regenerated by washing with 0.1 mol/1 HC1 or 0.1 tool/1 acetic acid. The columns were stored either in a special storage solution (0.001 mol/1 HC1) or in 0.1 mol/1 acetic acid.

Results

The influence of temperature on the Glyc-Hb values was very low, in contrast to ion-exchange chromatography. In a range of 2 0 ~ 1 7 6 the results decreased by about 0.1% Glyc-Hb per

Offprint requests to: G. Schmid

Table 1. Comparison between packed cell hemolysis and whole blood hemolysis for the determinations of Glyc-Hb

Whole blood method Packed cell method

normal diabetic normal diabetic specimen specimen specimen specimen

n 52 22 52 22 Mean 2/% 5.7 17.66 5.78 17.64 CV/% 4.1 1.43 4.75 1.97

I~ temperature increase. A temperature correction was not necessary. Results were not affected by varying the pH of wash buffer from 7.75-8.25. The effect of labile glycosylated hemo- globin (Schiff base) could be neglected. Whereas other methods gave 1 0 - 20 % higher values in the presence of the labile fraction [5], its interference with the presented method did not exceed 3 ~ .

The capacity of the separation medium was excellent. Usually 0.5 mg hemoglobin were applied on the column. This amount could be increased 6-fold without impairing the sep- aration. Wash-out of the columns with 5.5 ml wash buffer was complete and sufficient, as can be demonstrated by the elution profile.

The columns could be regenerated 9 times. Experiments with fresh columns in comparison with 3, 6 and 9 times regenerated columns indicated, that the columns can be used up to 10 times.

The coefficient of variation among runs for a diabetic specimen was 2.34% (mean= 17.31% Glyc-Hb, S.D. =0.4%, n = 18) using 0.1 mol/1 HC1 for regeneration and 0.001 mol/1 HC1 for storage and 1.79 % (mean = 17.44 % Glyc-Hb, S.D. = 0.31%, n = 18) when regenerated with 0.1 mol/1 acetic acid and stored in the regeneration solution. The time consuming packed cell hemolysis (including centrifugation steps) could be replaced by whole blood hemolysis without centrifugation. A comparison of these two methods showed identical Glyc-Hb values, both in normal and diabetic samples. The whole blood method showed a better precision (Table 1).

Conclusions

The described new affinity chromatography method for the determination of glycosylated hemoglobins is rapid, specific and precise and has several advantages over other methods. It is relatively insensitive to changes in temperature and pH and appears to be free of interferences by labile Glyc-Itb. The results are independent over a wide range of hemolysate concentrations. The method offers good stabilities of specimen, buffers and columns. The possibility of a 10-fold reuse and a simple sample preparation by whole blood hemolysis without washing or incubation of erythrocytes make this method technically less

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