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{Aus dem Institut ffir experimentelle Pathologie der I. G. Farbenindustrie A.-G. Werk Elberfeld.) Untersuchungen zur Frage der erworbenen Organresistenz gegeniiber dem Brown Pearce Kaninehenkrebs. Von Dr. med., Dr. ing. (]hr. tlackmann. Mit 1 Textabbfldung. (Eingegangen am 5. September 1938.) Aus Beobachtungen an menschlichen und tierischen Reizkrebsen geht hervor, dal~ die Neigung der verschiedenen Gewebe auf blastogene Reize mit Krebsbildung zu reagieren verschieden gro[~ ist. Wir wissen ferner aus den Arbeiten yon M. B. Schmidt, Deelmann, Kost, Stern, Kusch/eldu. a., dab bei Verschleppung yon Tumorzellen durchaus nicht sofort und in jedem Falle Metastasenbildung am Orte der Zell- einschwemmung erfolgt, sodaI3 eine gewisse, wenn auch in ihrem Aus- ma~ begrenzte, Resistenz mancher Organe, so z. B. der Lungen und der Lymphknoten angenommen werden muir. Aueh bei Impftumoren ist in sehr ausgesproehenem Mal~e zu beob- aehten, dal3 das Gewebe, welches als N/~hrboden fiir den verimpften Tumor dient, yon entscheidender Bedeutung fiir das Angehen und Wachs- turn ist. Ebeling stellte beim M/~usecareinom fest, dal~ Tiere, die eine natiirliehe Resistenz gegen subeutane Impfung zeigten, dennoch bei intrakraniel]er Impfung empf~nglieh waren. Zahlreiche weitere /~hn- ]iche Beobaehtungen bei den verschiedenen transplantablen Tumoren sind seitdem mitgeteilt worden. Brown und Pearce haben auf die be- sondere Empf~nglichkeit des Kaninchenhodens ffir das yon ihnen ent- deckte Kaninehencareinom hingewiesen. Als ein Organ yon hoher Resistenz gegenfiber der Tumorimpfung wird von Lazarus-Barlow und _Parry anf Grund yon Versuchen mit einem Rattensarkom die Milz bezeichnet. Es besteht demnaeh, soweit es sich um die bei einem Indi- viduum yon vorneherein gegebene -- nicht experimentell beeinflul~te -- Tumorempfgnglichkeit handelt, aul~er einer allgemeinen eine besondere Organempfi~ngliehkeit und Organresistenz. Unsere Kenntnisse 5ber die Ursachen der besonderen Anf/illigkeit einerseits und der auffallen- den Resistenz andererseits muncher Organe und Gewebe befriedigen bisher nicht, vor allem erkl~ren die unterschiedlichen Ern/~hrungsbe- dingungen und die anatomischen Verh/iltnisse die Erscheinnngen nicht hinreiehend. Es hat daher nicht an Versuchen gefehlt arts Organen, die erfahrungsgem~tl~ selten Sitz yon bSsartigen Gesehwtilsten sind, Zeltschrift fiir Krebsforschung. 48. Bd, 13

Untersuchungen zur Frage der erworbenen Organresistenz gegenüber dem Brown Paerce Kaninchenkrebs

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Page 1: Untersuchungen zur Frage der erworbenen Organresistenz gegenüber dem Brown Paerce Kaninchenkrebs

{Aus dem Institut ffir experimentelle Pathologie der I. G. Farbenindustrie A.-G. Werk Elberfeld.)

Untersuchungen zur Frage der erworbenen Organresistenz gegeniiber dem Brown Pearce Kaninehenkrebs.

Von Dr. med., Dr. ing. (]hr. tlackmann.

Mit 1 Textabbfldung.

(Eingegangen am 5. September 1938.)

Aus Beobachtungen an menschlichen und tierischen Reizkrebsen geht hervor, dal~ die Neigung der verschiedenen Gewebe auf blastogene Reize mit Krebsbildung zu reagieren verschieden gro[~ ist. Wir wissen ferner aus den Arbeiten yon M. B. Schmidt, Deelmann, Kost, Stern, Kusch/eldu. a., dab bei Verschleppung yon Tumorzellen durchaus nicht sofort und in jedem Falle Metastasenbildung am Orte der Zell- einschwemmung erfolgt, sodaI3 eine gewisse, wenn auch in ihrem Aus- ma~ begrenzte, Resistenz mancher Organe, so z. B. der Lungen und der Lymphknoten angenommen werden muir.

Aueh bei Impf tumoren ist in sehr ausgesproehenem Mal~e zu beob- aehten, dal3 das Gewebe, welches als N/~hrboden fiir den verimpften Tumor dient, yon entscheidender Bedeutung fiir das Angehen und Wachs- turn ist. Ebeling stellte beim M/~usecareinom fest, dal~ Tiere, die eine natiirliehe Resistenz gegen subeutane Impfung zeigten, dennoch bei intrakraniel]er Impfung empf~nglieh waren. Zahlreiche weitere /~hn- ]iche Beobaehtungen bei den verschiedenen transplantablen Tumoren sind seitdem mitgeteilt worden. Brown und Pearce haben auf die be- sondere Empf~nglichkeit des Kaninchenhodens ffir das yon ihnen ent- deckte Kaninehencareinom hingewiesen. Als ein Organ yon hoher Resistenz gegenfiber der Tumorimpfung wird von Lazarus-Barlow und _Parry anf Grund yon Versuchen mit einem Rat tensarkom die Milz bezeichnet. Es besteht demnaeh, soweit es sich um die bei einem Indi- viduum yon vorneherein gegebene - - nicht experimentell beeinflul~te - - Tumorempfgnglichkeit handelt, aul~er einer allgemeinen eine besondere Organempfi~ngliehkeit und Organresistenz. Unsere Kenntnisse 5ber die Ursachen der besonderen Anf/illigkeit einerseits und der auffallen- den Resistenz andererseits muncher Organe und Gewebe befriedigen bisher nicht , vor allem erkl~ren die unterschiedlichen Ern/~hrungsbe- dingungen und die anatomischen Verh/iltnisse die Erscheinnngen nicht hinreiehend. Es hat daher nicht an Versuchen gefehlt arts Organen, die erfahrungsgem~tl~ selten Sitz yon bSsartigen Gesehwtilsten sind,

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Wirkstoffe in Form yon Extrakten zu gewinnen, welche dem Gesehwulst- wachstum entgegenwirken. Die Annahme, daft solche Wirkstoffo in manehen Organen vorhanden sind, hat jedoch bisher nicht zu Erfolgen yon gr6Berer praktischer Bedeutung ffihren k6nnens

Es erhob sieh nun die Frage, ob bei tier kiinstlich erzeugten Tumor- immunit/~t ebenfalls Unterschiede im Verhalten der einzelnen Organo und Gewebe sich nachweisen lessen, oder ob es sich hier um eine Immuni- tiit allgemeiner Art handelt. Aus der Klgrung dieser Frage wiirde sieh eine Erweiterung unserer Kenntnisse fiber des Wesen der Tumor- immunit/s die ja in mancher Hinsieht erhebliche Abweiehungen yon der bakteriellen Immunitat zeigt, erwarten lessen.

Untersuchungen fiber des Verhalten der verschiedenen Organe bezfiglieh der erworbenen Tumorimmunitgt liegen bisher nur in geringer Zahl vor. Die experimentelle Bearbeitung dieser Frage ist dutch den Umstand erheblieh erschwert, dab die Impfgeschwfilste der kleinen Nagetiere in der Regel nut geringe Neigung zur Metastasierung zeigen und dab die intravenSse Injektion yon Tumormaterial bei Rat ten und M/~usen gewShnlich nur in den Lungen, nicht aber in anderen Organen zur Entwieklung yon Tumoren ffihrt. Neuerdings hat E. Sehairer beim Jensen-Sarkom der Rat te Untersuchungen angestellt nnd beobachtet, dag bei Tieren, die subeutan geimpft waren und einen Tumor trugen, eine Resistenz der Lnngen bestand, obgleich die Einsehwemmung yon Tumorzellen in die Lunge sicher nachgewiesen werden konnte. Dutch massive Tumoreinsehwemmung in verschiedenen Sehiiben konnte je- doch die Resistenz fiberwunden werden. Schairer weist in seiner At- belt auf diese Resistenz der Lunge bei tumortragenden Tieren hin und betont die Xhnliehkeit seiner Befunde mit den versehiedentlich be- schriebenen Bildern yore Abbau yon Gesehwulstzellen in menschlichen Lungen.

Wir verwendeten ffir unsere Versuche den Brown Pearce-Tumor, weil er uns die MSglichkeit gibt, dutch intravenSse Injektion yon Zell- aufschwemmungen die Bildung yon Tumorknoten, die als ,,kfinst- liche Metastasen" aufgefagt werden kSnnen, in zahlreichen Organen vor allem in Lungen. Leber, Nieren, Nebennieren, Augen und Ovarien hervorzurufen und ferner, weft nach unseren Erfahrungen eine hoch- gradige Immunisierung gegen diesen Tumor durch Vorbehandlung besonders leicht zu erzielen ist. Auf die besondere BSsartigkeit und die grol~e Neigung des B. P.-Tumors zur Metastasenbildung ist yon G. Do- magk hingewiesen worden. Naeh A. E. Casey ist er geeignet, alle Er- seheinungen, die aueh yon menschlichen malignen Tumoren bekannt sind, experimentell hervorzurufen. In /~hnlichem Sinne spreehen sieh K. H. Bauer und K. Deckner aus, die ihn ffir erheb]ieh bSsartiger halten, als es menschliehe Gesehwiilste im allgemeinen sind. D~s Ver-

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halten des implantierten Tumors hgngt indessen bei an sich gegebener Empfgnglichkeit des Wirtstieres sehr stark yon dem Orte der Impfung ab. Von den ersten Beobachtern W.H. Brown und L.-Pearcz wurde bei Impfung in Hoden, Gehirn, Muskulatur und Augenvorderkammer fast ausnahmslos Angang und Wachstum erzielt, w/ihrend die sub- eutane, intraeutane, intravenSse nnd intraperitoneale Impfung nur bei etwa 20--25 % der Tiere erfolgreich war. Neuerdings haben Besredka und Gross mitgeteilt, dab sic bei intratestieulgrer, subeutaner und vor allem bei intraeutaner Impfung bei einem groBen Tell der Fglle Re- sorption des Implantates mit nachfolgender Immunitgt beobachtet haben. Im Gegensatz dazu haben J. Flaks und B. Grynkraut bei intra- cutaner Impfung keine Resorption, sondern progressives Wachstnm und Metastasenbildung gesehen. Die abweiehenden Ergebnisse der verschiedenen Antoren sind sehr wahrseheinlieh auf die Verwendung yon Kaninchen verschiedener tterkunft and Rasse, sowie Unterschiede in der Impfmethodik zurfickzuffihren. Unsere eigenen Erfahrungen entspreehen im wesentliehen den Angaben yon .Brown und -Pearcz, jedoch mit der Ausnahme, daft in unseren Hgnden der Kaninchenkrebs in praktisch fast allen Fgllen auch bei intraven6ser Impfung durch Entwicklung yon multiplen Tumoren in den inneren Organen zum Tode ffihrt. Bei Einhaltung gleicher Versuchsbedingungen besonders be- ziiglich des Tierma~erials und der Menge der verimpften Zellen beob- aeh~en wir eine aul~erordentliche Gleichmgl~igkeit im Verlauf. Bei der Herstellung des Impfmaterials gingen wir in der folgenden Weise vor. Ein Tumorstiiek wird yon dem friseh getSteten Tier steril ent- nommen, ~ein gemahlen und mit etwa der 10fachen Menge physiologi- scher Kochsalz16sung aufgeschwemmt. Diese zuni*chst hergestellte Aufschwemmung wird zentrifugiert, die Flfissigkeit abgegossen und yon der obersten Sehicht des Sedimentes, die einen sehr feinen Brei darstellt, eine neue Aufschwemmung im Verh/iltnis yon 1 g Zellbrei auf 10 ccm Koehsalzl6sung hergestellt. Schlie61ieh wird die Aufschwemmung noch mit geringem Unterdrnck durch ein Haarsieb yon 0,15 men Ma- schenweite gesaugt, um die letzten grOberen Teilchen zu entfernen. ~an erreieht auf diese Weise, daft die in den Organen auftretenden TumorknStchen sieh sehr gleiehmgftig entwiekeln~ weil die Gr6fte der injizierten Tumorzellverbgnde eine grol~e Rolle bei der Wachstums- geschwindigkeit spielt, so konnten wir durch Versuche feststellen, dal~ die Verwendung yon Tumorbrei mit gr5beren Teilchen innerhalb des gleichen Zeitraumes wesentlich gr6ftere Tumorknoten in den Organen hervorrief als die Verwendung einer feineren Ausehwemmung, Von der gesiebten Zellaufsehwemmung wurden einmalig 0,5 ccm in die Ohrvene injiziert. Als Versuchstier verwendeten wir ausschlieftlieh das Belgische Landkaninchen, welches sieh als vorzfiglich geeignet

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erwiesen hat. 14 Tage bis 3 Woehen nach der Impfung gehen die Tiere unter starker Abmagerung ein, nur ausnahmsweise kommt es bei un- seren Versuehen vor, dab ein Tier l~nger als 4 Wochen nach intra- venSser Impfung am Leben bleibt. Bei der Obduktion der Tiere finder man in der Regel in Lungen, Leber, Nieren, Nebennieren, h~ufig auch in den Augen, dagegen seltener in anderen 0rganen massenhaft 1 bis

2 mm Durchmesser auf- weisende Kn5tchen, die bei der feingeweblichen Untersuchung den ty- pischen Ban des Brown Pearce-Tumors zeigen (Abb. 1).

Die folgende Zusam- mensgellung zeigt das Ergebnis yon intraven6- sen Impfungen bei 127 Kaninchen, die Organe sind nach der I-I/iufigkeit des Tumorvorkommens angeordnet (Tab. 1).

Ein weiteres Organ, welches besonders hgnfig Sitz yon Tumoren ist, ist das Ovarium. Unter den 123 Tieren, bei wel- chen die Impfung an- ging, befanden sieh 62 weibliche, yon diesen wurden bei 27 ( = 43,5 % ) Tumoren in den Ovarien

Abb. 1. Lunge, Leber und Nieren eines 17 Tage vor dem Tode intravenSs mit Brown Pearee Tumor geimpften Kaninehens. gefunden. Im Gegensatz

dazu wurde nut selten bzw. nie in Milz, Thymus, Sehilddriise, Gehirn, Muskulatur, Knoehen- mark und Hoden das Angehen der intraven6sen Impfung beob- aehtet. Im Knoehenmark wurde bei friiheren Versuehen gelegent- lieh Tumorentwieklung festgestellt, jedoeh ebenfalls nur als Ausnahme, aueh kam bei Gelegenheit anderer Versuche bisher einmal ein Tumor in der Magenwand zur Beobaehtung. Was die Hoden anbetrifft, so gelingt es bei 5rtlieher Impfung i n einer grogen Zahl der Fi~lle dort Tumorentwieklung hervorzurufen, allerdings nur mit sehr viel gr6Beren Mengen yon ImpfmateriM, als bei der intraven6sen Injektion yon 0,5 eem dorbhin gelangen kSnnen.

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Tabe l l e 1.

Gesamt- zah]

127

Impfung erfolglos

Anzahl I %

3,2

Impfung angegangen

Anzahl %

123 96,8

]

Tiere mit Tumoren in

Nieren . . . . 114 Lungen . . . . I i 1 Leber . . . . . 99 Nebennieren 66 Augen . . . . 40 Pleura u. Periton. 7 Milz . . . . . 3 Thymus . . . 2

%

92,7 90,2 80,5 53,7 32,5 5,7 2,4 1,6

Die besonders gf inst igsn Vorbedingungen, welche fiir das Wachs- turn des Brown Pea r se -Tnmors im Auge gegeben sind, ~iugern sich auch dar in , dab bere i ts eine geringe Menge des I m p f m a t e r i a l s zur er- folgreichen 5r t l ichen Impfung genfigt, so konnten wir durch I n j e k t i o n yon 0,1 ccm Zel lsuspension in die V o r d e r k a m m e r regelm~Big rasch wachscnde Tumoren erzislen. I m Gegensatz dazu weist die B i n d e h a u t t ro tz der gu ten Gef~Bversorgung einen hohen Grad von R, esistenz auf. Under 77 I m p f u n g e n mi t 0,1 ecm Zel lsuspension in die C o n j u n c t i w bulbi wurde in ke inem Fa l l e En twick lung eines progress iv wachsenden Tumors beobach te t . Es k a m lediglich 2 - - 3 Tage nach I m p f u n g zur Bi ldung etwa erbsengroBer Kn6tchen , die in den folgenden Tagen noch e twas an Gr6ge zunahmen, d a n n erfolgte Ri ickbi ldung, deren Be- ginn sich meis t durch sin Di innerwerden der zahlre ichen s i ch tba ren Gef~ge nnd das A u f t r s t e n yon Nekr0sen in eha rak te r i s t i sche r Wsise anki ind ig te . Naeh 8 - - 1 0 Tagen war an der Impfs t e l l s auger e inem kle inen brgunl iehen F leck keine Vergnderung mehr zu sehen. Be- merkenswer t ist , dab Kan inchen , die durch Vorbehand lung mi t Tumor- ma te r i a l immuni s i e r t worden waren, eine sehr viel hef t igere ]okale ent- ziindlishe Reaktion zeigten als normale nisht immunisierte Tiere. Wir hatten bei friiheren Versuchen stets festgestellt, da~ Tiere, die in die I-Ioden, unter die Haut oder intraven6s ohne Erfolg geimpft worden waren, gegeniiber spateren Impfungen vollst~ndig immun waren. Dies war bei den intraconjunstival vorgeimpften Tieren nicht der Fall. Hier war das Ergebnis nur bei einem Teil der Tiere eine voll- standige Immunit~it, bei den iibrigen abet war sine unvollstandige Im- munisierung erfolgt, die sich darin ~tuBerte, dab manche sonst bei intravenSser Impfung in der Regel befallene Organe nun tumorfrei blieben, w~hrend andere Organs empfiinglich blieben.

Kaninchen wurden nach vorausgegangener Eintraufelung yon I--2 Tropfen iproz. PantocMnlSsung mit 0,l ccm Tumorzellaufschwemmung nahe dem m. rectus superior in die Conjunctiva bulbi geimpft. Tells am selben Tage, teils nach

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verschieden langen Zeitriiumen wurde den Tieren 0,5 ccm Tumorzellsuspension in die Ohrvene injiziert. Als Kontrollen wurden jeweils Kaninchen, die nicht intraconjunctival vorgeimpf~ waren, mit derselben Zellaufschwemmung, wie die Versuchstiere, intraven6s mitgeimpft. Die Tiere wurden in der Regel nach dem durchschnittlich 3 Wochen nach Imlofung erfolgten Tode untersucht oder zu diesem Zeitpunkt get6tet, falls die Impfung nicht zum Tode geffihrt hatte (vgl. Tab. 2).

T a b e l l e 2.

Zahl der Tiere mit Tumoren in

Zahl neg. pos. Nieren Lungen Leber Neben-nieren Augen Milz

Gruploe a Impfung gleichzeitig . . .

Grulope b Intervall 20 Tage . . . .

Gruppe c Kontrollen

Gruppe a Intervall 15 Tage . . . .

Gruppe b Kontrollen

Gruppe a Intervall 28 Tage . . . . .

Gruppe b Intervall 41 Tage . . . . .

Gruppe a Intervall I 48 Tage . . . . . . 5

Gruppe b Kontrollen 5

Grulope a Intervall I 134 Tage . . . . 4

Gruppe b Intervall 147 Tage . . . . I 2

Gruppe c Kontrollen I 7

Grutope a Intervall I 203 Tage . . . . 6

Gruppe b Kontrollen 8

2

2

1

1

1. Versuch.

5 5

2 2 8 7

2. Versuch.

3 3 8 5

3. ~ersuch.

2 1

1 1

4. Versuch.

I 5 5 5 3

5. Versuch.

7 7

6. Versuch.

8 8

6

5

6

2 3

5 2

1 2

1 - -

3 1 1

- - 1

3 4

5 4 - - 1

3

2 1 2 - -

1

Ans d e n V e r s u c h e n geh t he rvor , d a b die e inmal ige I n j e k t i o n y o n 0,1 eem T u m o r z e l l s u s p e n s i o n in d ie B i n d e h a u t bere i t s e ine r ech t deu t - l i t he i m m u n i s i e r e n d e W i r k u n g ausge i ib t ha t . Die sons t bei u n s e r e n Ve r suehen bei i n t r a v e n 6 s e r I m p f u n g des B r o w n P e a r c e - T u m o r s e r re ich te

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Impfausbeute yon etwa 97 % wurde durch die vorausgegangene intra- eonjunetivale Impfung soweit herabgesetzt, dab yon 31 geimpften Tieren 11 vollkommen tumorfrei blieben. Bei gleichzeitiger intraven6- set und intraconjunctivaler Impfung war eine Beeinflussung nicht fest- zustellen. Deutliche Untersehiede hinsiehtlich des Einflusses des zeit- lichen Abstandes zwischen 1. und 2. Impfung lassen sich aus den Ver- snchen nicht erkennen. Die Vorimpfung beeinflui~te nicht nut die Impf- ausbeute, sondern sie bewirkte bei einem Tefl derjenigen Tiere, die nicht vollkommen immun geworden waren, eine verminderte Empfgng- tichkeit bestimmter Organe. W&hrend sonst bei unseren Versuchen die Nieren, Lungen, Leber, 1Nebennieren und Augen in dieser Reihen- folge bevorzugt Sitz yon Tumoren sind, kamen bei den vorgeimpften Tieren in den Lungen und ganz besonders in der Leber auffallend selten Tumoren zur Entwicklung; dagegen zeigte sich hinsichtlich der 1Nieren, ~Nebennieren und Augen keine resistenzerh6hende Beeinflussung.

Die Zusammenstellung in Tab. 3 1/iBt den EinfluB der Vorimpfung auf die Tumorentwicklung in den einzelnen Organen deutlieh erkennen.

Tabelle 3.

Zalfl

I Kontrollen . . . . I 46 Vorgeimpfte Tiere " I 31

neg. pos.

1 45 20 l l

Zahl der Tiere mit Tumoren in

Niere nieren Augen

39 19

41 35 20 12 7 3 13 12

Milz

Wir sehen also, dab die in unseren Versuchen durchgeffihrte Vorbehand- lung dureh Injektion einer geringen Menge yon Tumorzellsuspension in die Bindehaut eine Immunit~t bewirkt, die offenbar weniger hoeh- gradig als die gew6hnlieh beobaehtete Tumorimmunit/~t ist und gerade aus diesem Grunde die besondere Bedeutung der Leber und der Lunge ffir die Mobilisierung der Abwehrkr~fte erkennen 1/iBt. Bei subeu- taner, intratesticul~rer oder intraven6ser Vorbehandlung vor allem mit grSBeren Mengen yon Tumormaterial oder auch bei Verwendung eines sehr virulenten Tumors werden die Unterschiede im Verhalten der Organe durch die bei dem Brown Pearce-Tumor sehr leieht eintretende voll- st/~ndige Immunit~t verdeckt. Da in unseren Versuchen nur in Nieren, Lungen, Leber, Nebennieren, Augen und Ovarien mit einer ffir die Beurteilung ausreiehenden H/iufigkeit und Regelm/iBigkeit Tumoren aufgetreten sind, konnten fiber das Verhalten der fibrigen sehon an sich eine hohe natiirliehe Resistenz uufweisenden Organe keine Unterlagen gewonnen werden, so z. B. t raten in Milz und Knochenmark naeh intra- ven6ser Impfung so selten Tumoren auf, dab nur an Hand anl]erordent- lieh groBer Versuehsserien eine Xnderung in der H/~ufigkeit durch Vor-

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behandlung nachznweisen ware. Das besondere Verhalten der Leber nnd Lunge gegeniiber den Nieren, Nebennieren und Augen steht naeh unserer Ansicht im Einklang mit der Bedeutung, welche dem reticulo- endothelialen Apparat ffir die Gesehwulstimmunitat zngesehrieben wird.

Zusammen/assung. Durch Injektion yon 0,1 ccm Tumorzellsuspension in die Binde-

haut liel3 sich bei einem Teil der so behandelten Kaninchen eine er- worbene Organimmunitat der Leber uud der Lunge bei im fibrigen erhaltener Empf~nglichkeit gegenfiber dem Brown Pearce-Tumor er- zielen, die auf die besondere Bedeutung dieser Organe ffir die erworbene Geschwulstimmunit~t hinweist. Bei wirksameren Immnnisierungs- methoden wird diese Organimmuniti~t in der l~egel durch die ein- tretende vollst~ndige Immnnit~t iiberdeck~.

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