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Acta Biotechnol. 10 (1990) 2, 193-201 Akademie-Verlag Berlin Untersuchungen zur in vitro- und in vivo- Adharenz von Bordetella bronchiseptica KRUCER, M.l, NCUYEN, A. T.I, HORSCH, F.l, LUX, R.2 1 Humboldt-Universitat zu Berlin Sektion Tierproduktion und Veteriniirmedizin Wissenschaftsbereich Mikrobiologie und Tierseuchenlehre PhilippstraBe 13, Berlin 1040, DDR Institut fur Impfstoffe Dessau PF 214, RoBlau 4530, DDR 2 Kombinat fur Veteriniirimpfstoffe Dessau Vortrag anlaBlich des 4. Leipziger Biotechnologie-Symposiunis 12.- 16. Dezember 1988 Summary Pathogenic strains of Bordetella bronchiseptica undergo phase changing under in vitro conditions. This is the irreversible loss of virulence factors. Adhesins are involved in these structures. They permit adhesion and colonization of bacteria to respiratory epitheliums. Phase 111-bacteria adhere as well as Phase I-bacteria under in vitro conditions (cells of respiratory epithelium from guinea Four phase 111-strains of seven isogenic pairs adhere in a significant higher number per cell than phase I-agents. These results are confirmed by results of investigations with phase 111-strains constructed throughout cultivation on several culture media. Phase 111-bacteria colonize in sig- nificant lower numbers under in vivo conditions in rabbits and guinea pigs. Purin auxotrophic mutant strains colonize less in guinea pigs than in rabbits. In vitro adhesion does not reflect the real bacteria-host interaction between adhesin and receptor. pigs). Einleitung Infektionen des Respirationstraktes des Schweines fiihren zu hohen okonomischen Verlusten in der Tierproduktion. MEHLHORN et al. [l] haben 1985 nachgewiesen, daB allein durch Pneumonien hoher oko- nomischer Schaden verursacht wird. Neben Pneumonien verschiedenster Form und Genese ist die Rhinitis atrophicans suum als wesentlicher Storfaktor der industriellen Tierproduktion anzusehen. Bordetella bronchiseptica ist an beiden Erkrankungen als ursachliches Agens mitbeteiligt. Im pathogenetischen Ablauf dieser respiratorischen Bordetellose des Schweines interes- sierten uns, neben den das Krankheitsbild auslosenden Virulenzfaktoren wie invasive Adenylatzyklase (IAZ) [2] und hitzelabiles Toxin (HLT) [3], vor allem die Adhasions- niechanismen. Das Bakterium ist dadurch in der Lage, auf den respiratorischen Schleim- hauten des Wirtes zu kolonisieren. Bordetella bronchiseptica besitzt einen ausgesprochenen Tropismus zu den kinozilientragenden Epithelien des Respirationstraktes. Das HLT und die IAZ ermoglichen es dem Erreger, die Immunabwehr im Respirationstrakt zu unterlaufen bzw. zu blockieren und damit synergistischen Keimen wie Pasteurella mul- tocida, Haemophilus-Spezies, Mycoplasmen, Chlamydien u. a. die Moglichkeit zu geben, ihre pathogenen Eigenschaften wirksam werden zu lassen.

Untersuchungen zur in vitro- und in vivo-Adhärenz von Bordetella bronchiseptica

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Acta Biotechnol. 10 (1990) 2, 193-201 Akademie-Verlag Berlin

Untersuchungen zur in vitro- und in vivo- Adharenz von Bordetella bronchiseptica

KRUCER, M.l, NCUYEN, A. T.I, HORSCH, F.l, LUX, R.2

1 Humboldt-Universitat zu Berlin Sektion Tierproduktion und Veteriniirmedizin Wissenschaftsbereich Mikrobiologie und Tierseuchenlehre PhilippstraBe 13, Berlin 1040, DDR

Institut fur Impfstoffe Dessau PF 214, RoBlau 4530, DDR

2 Kombinat fur Veteriniirimpfstoffe Dessau

Vortrag anlaBlich des 4. Leipziger Biotechnologie-Symposiunis 12.- 16. Dezember 1988

Summary

Pathogenic strains of Bordetella bronchiseptica undergo phase changing under in vitro conditions. This is the irreversible loss of virulence factors. Adhesins are involved in these structures. They permit adhesion and colonization of bacteria to respiratory epitheliums. Phase 111-bacteria adhere as well as Phase I-bacteria under in vitro conditions (cells of respiratory epithelium from guinea

Four phase 111-strains of seven isogenic pairs adhere in a significant higher number per cell than phase I-agents. These results are confirmed by results of investigations with phase 111-strains constructed throughout cultivation on several culture media. Phase 111-bacteria colonize in sig- nificant lower numbers under in vivo conditions in rabbits and guinea pigs. Purin auxotrophic mutant strains colonize less in guinea pigs than in rabbits. In vitro adhesion does not reflect the real bacteria-host interaction between adhesin and receptor.

pigs).

Einleitung

Infektionen des Respirationstraktes des Schweines fiihren zu hohen okonomischen Verlusten in der Tierproduktion. MEHLHORN et al. [l] haben 1985 nachgewiesen, daB allein durch Pneumonien hoher oko- nomischer Schaden verursacht wird. Neben Pneumonien verschiedenster Form und Genese ist die Rhinitis atrophicans suum als wesentlicher Storfaktor der industriellen Tierproduktion anzusehen. Bordetella bronchiseptica ist an beiden Erkrankungen als ursachliches Agens mitbeteiligt. Im pathogenetischen Ablauf dieser respiratorischen Bordetellose des Schweines interes- sierten uns, neben den das Krankheitsbild auslosenden Virulenzfaktoren wie invasive Adenylatzyklase (IAZ) [2] und hitzelabiles Toxin (HLT) [3], vor allem die Adhasions- niechanismen. Das Bakterium ist dadurch in der Lage, auf den respiratorischen Schleim- hauten des Wirtes zu kolonisieren. Bordetella bronchiseptica besitzt einen ausgesprochenen Tropismus zu den kinozilientragenden Epithelien des Respirationstraktes. Das HLT und die IAZ ermoglichen es dem Erreger, die Immunabwehr im Respirationstrakt zu unterlaufen bzw. zu blockieren und damit synergistischen Keimen wie Pasteurella mul- tocida, Haemophilus-Spezies, Mycoplasmen, Chlamydien u. a. die Moglichkeit zu geben, ihre pathogenen Eigenschaften wirksam werden zu lassen.

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Spezies der Gattung Bordetella unterliegen in vivo, aber vie1 haufiger in vitro genetisch kontrollierten Veranderungen im Phanotyp. Darunter ist der gleichzeitige Verlust mul- tipler Virulenzfaktoren zu verstehen. Dieser geht einher mit Veranderungen der Kolo- niemorphologie, des Hamolyseverhaltens und der Ausbildung der Zelloberflachen- antigene. Dieses driickt sich u. a. in einem unterschiedlichen Hamagglutinationsmuster, als such einer Empfindlichkeit gegeniiber den lipophilen Antibiotika Erythromycin und Rifampicin aus. Dieser ProzeB, der phanotypisch zu annahernd dem gleichen Ergebnis fiihrt', wird mit den Begriffen Antigenmodulation und Phasenwechsel bezeichnet [4]. Dabei unterscheiden wir in der S-Form die virulente Phase I, die Intermediiirphase I1 und die avirulente Phase I11 sowie die R-Form bzw. Phase IV [a]. Die Adhasionsmechanismen sind fur die Pathogenese der Bordetellose als auch deren immunprophylaktische Bekampfung von Bedeutung. Die Blockade cler Adhasine von Bordetella bronchiseptica auf dem Weg der Immunpro- phylaxe scheint sich dabei als auBerordentlich vielversprechend zu erweisen. Die bisher bei Bordetella bronchiseptica bekannten AdhLine haben Fimbrienstruktur und werdenzur Zeit noch uber das Hamagglutinationsmuster erfal3t [ 61. Diese Hamag- glutinine sind iiber die Agglutination von Erythrozyten verschiedener Spezies nachweis- bar. Bisher konnen zwei Hamagglutinine als bewiesen angesehen werden. Wahrend viru- lente Phase I- und avirulente Phase III-Stamme von Bordetella bronchiseptica gleicher- maBen Erythrozyten von Schwein, Meerschweinchen, Hund, Ratte und zum Teil Schaf agglutinieren, werden solche von Pferd und Kalb nur von der virulenten Phase I agglutiniert [7]. Wahrscheinlich existieren bei diesem Bakterium mehrere Adharenzmechanismen an die Targetzellen. PLOTKIN and BEMIS [8] stellten fest, daB die Adharenz an Hamster- lungenfibroblasten von den virulenbn Phase I-Erregern durch N-Acetylglucosamin und von clen avirulenten Phase III- und R-Form-Erregern durch Kationenaustauscher zu inhibieren ist. Ein Auswahlkriterium fur potentielle Lebendvakzinestamme ist eine ausreichende Adhasions- und Kolonisationsfahigkeit des Erregers auf den respiratorischen Schleim- hauten. Dazu ist die Vortestung auf Eignung in in vitro- und in vivo-Modellversuchen eine wesentliche Voraussetzung. Das Anliegen unserer Arbeit war, festzustellen, ob der Meerschweinchentrachealepithel- test (MTET) [9] geeignet ist, die im Hamagglutinationsmuster vorhandenen Unter- schiede zw untermauern.

Material und Methoden

Tiermaterial Die konventionellen, Bmdetella-freien Meenchweinchen (ca. 300 g Korpermasse) stammten aus der LPG Wildau ; konventionelle, Bordetella-freie Kaninchen (zwischen 1,5 -2,O kg ILM) erhielten wir aus privster Zucht. Die Haltung der Tiere erfolgte unter Standardbedingungen.

Bakteriologische Untersuchungen

Die Reisolierung von Bordetella brmhiseptica aus den entsprechenden Organen bzw. Organteilen erfolgte prinzipiell auf BoRDET-GENaou-Nahrboden (B/G-Niihrboden) unter Zusatz von 30 I.E./ml Penicillin und 50 pg/ml Nitrofurantoin. In vivo-Verla~sunte~uchungen wurden durch Namn- schleimentnahme mittels steriler Wattetriiger, die auf den genannten Nahrb6den ausgestrichen wurden, durchgef~hrt. Die Feststellung des Phasezustandes erfolgte anhand der Koloniemor- phologie und des Hamolyseverhaltens des Bordetella bronchiseptica - Isolates auf diesem Nahr- boden. Die Purinauxotrophie wurde iiber ein im Institut fiir Impfstoffe Dessau entwickeltes

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Minimalmedium abgekliirt. Zweifelhafte Kolonien differenzierten wir mittels spezifischer Objekt- triigerschnellagglutination fiber ein Anti-Bordetella bonchiseptica-Hyperimmunserum. Die elek- tronenmikroskopischen Untersuchungen der entsprechenden Stamme fuhrte Dr. U. KLUDAS (Institut fur Impfstoffe Dessau) durch.

I n vitro-Adherem von Bordetella bronchiseptica an Meerschweinchentrachealepithelzellen

a) Virulente Phase I-Stiimme und deren spontan entstandene Phase III-Stamme (J fTE)

Sechs Isolate vom Schwein (VST 11, VST 16, VST 19, VST 47, N 90 und N 95) sowie ein Isolat dom Meerschweinchen (03) wurden nach 48 h Kultivierung bei 37 "C auf B/G-Nahrboden zur Untersuchung verwendet. Die Methode ist bei SCHILOWA e t al. [9] beschrieben worden.

Vier Isolate vom Schwein (VST 11, VST 16, VST 19, VST 47; wurden durch Kultivierung in 7 Tage alten Hiihnerembryonen (Dottersackbeimpfung, 48h bei 39"C), Passagierung auf Wasserblau-Metachromgelb-Nahrboden nach Gassner, Stainer-Scholte-Fliissigmedium [lo] und nuf BIG-Nahrboden erhalten. Die Kultivierung der Stiimme fur den MTET (Methodik wie oben) erfolgte wieder auf B/G-Nihrboden.

b) Virulente Phase I-StSmme und deren induzierte Phase III-Stiimme '

I n vivb-Adhcirenz bei Meerschweinchen

Es wurden zwei unabhangige Versuche rnit jeweils vier Meerschweinchen je Infektionsstamm (VST 11 I, VST 11 111, Ade 28) durchgefuhrt. Den allgemein mit Ketamin narkotisierten und lokal mit Procain 5%ig anasthesierten Tieren wurden 0,4 ml der jeweiligen Erregersuspension (lO9CFU/ml) intratracheal (i. tr.) inokuliert. Am l., 2., 4. und 7.d post infectionem (p.i.) wurden die Tiere zur Verfolgung der in vivo-Adhiirenz getotet und die mittels Skalpell abgeschabten MTE wie oben beschrieben fluoreszenzmikroskopisch untersucht. Parallel zu diesen Tieren wurden je- weils 10 Meerschweinchen mit 0,4 ml der gleichen Erregersuspension intranasal (i.n.) inokuliert (Ketaminnarkose) und intravital bakteriologisch am l., 7., 12. und 21.d p.i. untersucht.

I n vivo-Adhdrenz be,i Kaninchen

Es wurden der Stamm VST 11 - Phase I , der durch in vitro-Mehrfachpassagierung hochgradig degradierte Stamm N 104 (Isolat vom Schwein) sowie der purinauxotrophe Stamm Bdc -28 wie 0. g. kultiviert und eine Erregersiispension mit los CFU/ml hergestellt. In zwei unabhangigen Versuchen murden je Stamm sechs bzw. fiinf Kaninchen in Allgemeinnar- kose gelegt (Ketaminhydrochlorid in Kombination mit Diazepam/Atropinsulfat), nach subkutaner Infiltrationsanasthesie die Trachea freigelegt und jeweils 1,0 ml der entsprechenden Erregersus- pension i.tr. inokuliert. Am l., 3., 5., 14., 40. und T0.d p.i. wurden die Tiere zur Verfolgung der in vivo-Adharenz getotet, Nase, Trachea und Lunge bakteriologisch auf Bordetella bronchiseptica untersiicht. Von Nasen- und Trachealschleimhaut wurden mittels Slcalpell die Epithelzellen ab- geschabt, suspendiert und wie oben beschrieben, fluoreszenzmikroskopisch untersucht.

Kolonisationsverhalten prinauxotropher Bordetella bronchiseptica-Mutanten-Skimme bei iVeerschweinchen und Kaninchdn Die purinauxotrophen Sttimme Ade -28 111, Ade-5026 111, Ade -50 I und Ade-51 I11 wurden uns freundlicherweise von Frau Dr. H. KLIE (Institut fiir Impfstoffe Desaau) zur Priifung zur Verfii- gung gestellt. Den Ketamin-narkotisierten Meerschweinchen bzw. Kaninchen inokulierten wir 0,2 bzw. 0,5 ml (pro Nasenloch) der jeweiligen Erregersuspension (lo8 CFU/ml) i.n.. An den aus Tab. 2 bzw. 3 zu ersehenden Tagen pi. wurden die Tiere wie beschrieben getupfert und bakterio- logisch auf Vorhandensein der Bordetella brmhiseptica-Infektionsstiimme untersucht.

Statistische Methoden

Mittelwerte wurden im t-Test nach Student (p 5 0,l) gesichert, aul3erdem erfolgte die Bestimmung der Konfidenzgrenzen (p 5 OJ).

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Ergebnisse

I n vitro-Adhcirenztests

In Abb. 1 sind die Ergebnisse des MTET mit den sieben isogenen Paaren zusammenge- stellt. Es adharieren sowohl Phase I- als auch Phase 111-Organismen unabhangig vom Isolierungsursprung (Schwein - Meerschweinchen). Es gibt keinen Hinweis dafiir, daB in diesem Model1 die Phase I-Erreger generell besser adhlrieren.

VST11 VST16 VST19 VST47 03 N 9 0 N 9 5

Abb. 1. Ergebnis des MTET mit sieben isogenen Bordetella bronehieeptica- Phase I- und Phase 111-Stammen

Phase I

Phase I11

A Konfidenzintervall

Abb. 2 zeigt die adhirierenden Erreger an den MTE. Auch die Induktion weiterer Phase 111-StLmme durch Erregerpassagierung auf verschiedenen Nahrboden erbrachte keinen solchen Zusammenhang (Tab. 1) .

I n vivo Adhcirenztests

Meerschweinchen : Die Ergebnisse des intratrachealen Besiedlungstests sind in Abb. 3 dargestellt. Auf- fallig war, daB die Kinozilien der mit VST 11 I besiedelten MTE ab vierten Tag p.i. bei ca. 40% nicht mehr vorhanden waren bzw. stark verliiirzt erschienen. Die scheinbare Verminderung der Adhasionsorte fiihrte am 7.d p. i. nach unserem Dafiir- halten zur Aufhebung der signifikanten Differenz vom 4.d p. i. zwischen Phase I- und 111-Erregern des Stammes VST 11. Der Unterschied zum'purinauxotrophen Phase III- Stamm Ade -28 ist demgegeniiber signifikant. Er ist in Beziehung zur Purinlimitierung bei Meerschweinchen zu sehen. Im intranasalen Besiedlungstest kolonisierte der Phase

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Abb. 2. Bordetella bronchiseptiea-Organismen an Kinozilien von Trachaelepitheizellen eines Meerschweinchens

Tab. 1. Ergebnis des MTET von Bordetetla bronchisepticu-Phase I-Stammen und ihren induzierten Phase 111-Aquivalenten

Elternstamm Anzahl Induktionsmedium Bakterien/Zelle Phase III- Stamme 2 S

-

- 10,3 6 3 10 Dottersack 18,4 9,6

5 STAINER-SCHOLTE- 12,7 8,3

VST 11 I -

3 GASSNER-Nahrboden 11,8 2,9

Nahrmedium

VST 16 I - - 33,4 15,7 5 BIG 20,6 12,5 8 Dottersack 24,9 11,o

13 Gassi-iER-Nihrboden 11,5 4,s

VST 47 I - - 11 BIG 11 Dottersack

I-Stamm VST 11 I wesentlich langer als die beiden Phase 111-StLmme VST 11 und Ade -28 (Abb. 4). Jenseits des 12.114. Besiedlungstages waren beide Phase 111-Stamme bakteriologisch nicht mehr nachweisbar. Demgegeniiber sind Bwdetella bronchiseptica Phase I-StLmme nach unseren Unkrsuchungen mehr als 4 Monate nach Besiedlung bei Meerschweinchen nachzuweisen [ 111. Tab. 2 verdeutlicht noch einmal, da13 der purin- limitierte Stoffwechsel des Meerschweinchens keine llingere Besiedlungszeit zulaDt. Alle purinauxotrophen Stamme, unabhangig vom Phasenzustand, waren am 14.115. Tag p. i. nicht mehr reisolierbar. Im Falle des Stammes Ade 50 I wird sogar ein Selektionsdruck in Richtung Prototrophie ausgeubt.

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RIT

Zlk

2

Erre

gern

ochw

eis

[%I

-4 B k t

I

3 IR

IU 5

Erre

ger - A

dhar

enz /

Zelle

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KRWGER, M., NOUYEN, A. T. u. a., Sdhiirenz I99

Tab. 2. Ergebnis des in vivo-Adhiirenztests nach intranasaler Applikation purinauxotropher Bordetella bronchisepticu-Stiimme an Meerschweinchen

Stamm Tier- Reisolierung aus Nase Reisolierung am 20.122. Tag zahl Tag p.i. aus :

2.13. 5. 8. 14. 15. Le Xi &lz Lg Tra

19 A') 12 A Ade 50 20 20120 L 14/20 2/20 - 014 014 014 014 014

I 2 PZ) 2 P 2 P

Ade 51 6 516 416 - - 016 015 015 015 015 015 111

Ade 28 6 616 416 - - 016 016 016 016 016 016 I11

Ade 5026 6 516 316 - - 016 016 016 016 016 016 I11

I ) A = auxotroph *) P = prototroph Le - Leber, Ni - Niere, Mz - Milz, Lg - Lunge, Tra - Trachea

Kaninchen:

Daher erfolgte eine nochmalige Priifung dieser Stamme. Tab. 3 zeigt die Ergebnisse des intranasalen Besiedlungstests mit den purinauxotrophen Bordetella bronchiseptica- Stammen. Die Stamme Ade -28 I11 und Ade -50 I erwiesen sich hier als marker- und phasenstabil und kolonisierten bis zum Versuchsende. Dagegen reviertierte Ade -51 I11 zur Proto- trophie, Ade -5026 I11 in Richtung Phase I bei Beibehaltung der Auxotrophie. Dieses Ergebnis wird auch durch den Nachweis der adharierenden Bordetellen pro Epi- thelzelle nach intranasaler Antigenapplikation bestatigt (Abb. 5). Die Stamme VST 11 I und Ade -28 I11 waren bis zum Versuchsende am 70. Tag p. i. in der hase bzw. in Nase,

Tab. 3. Ergebnis des in vivo-Adhiirenztests nach intranasaler Applikation purin- auxotropher Bordetelkr bronchiseptica-Stiimme an Kaninchen

Stamm Tier- Reisolierung aus Nase zahl Tag p.i.

1.12. 445. 10./11. 16.117. 31.136.

Ade 50 10 8/10 10/10 10/10 10/10 lop0

Ade 51 6 616 616 116 216 216

Ade 28 6 6/6 616 516 516 616

I

I11

I11 4 A l ) I 5 A I 5 A I

Ade 5026 5

1) A = auxotroph

I11 515 215 415 515 515

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Trachea und Lunge nachzuweisen, wahrend der Stamm N 104 (Phase 111) nur am ersten Tag nach Inokulation reisolierbar war. Dies wird durch die flureszenzmikroskopische Untersuchung unterstutzt ; die Ergebnisse stimmen jedoch nicht in jedem Fall mit dem bakteriologischen Erregernachweis uberein.

70

VST 1111 N 104 Ade -28

Abb. 5. In vivo-Adhiirenztest nach intranasaler Applikation von Bordetella brunchi- septierr-Stiimmen an Kaninchen

Diskussion

Die Adharenz stellt einen komplizierten Schritt in der Pathogenese bakterieller Infek- tionskrankheiten dar. Die Expression der Oberflachenantigene, insbesondere der Adha- sine, ist in starkem MaBe vom Kultivierungsmedium als auch vom Phasenzustand des jeweiligen Bordetella bronchiseptica-Stammes abhhgig [5, 12, 131. Der in vitro-Test zur Beurteilung des Adhiirenzvermogens ist eine Momentaufnahme, die nur den ersten Schritt der Infektion unter relativ unphysiologischen Bedingungen nachvollzieht. Das entscheidende Kriterium der Effektivitat der Adharenz ist die Fest- stellung, ob die adharierenden Organismen sich auch vermehren und kolonisieren. Die Beantwortung dieser Frage erfordert die Einfiihrung von in vitro- bzw. in vivo- Verlaufsuntersuchungen mit Zellkulturen bzw. am Modelltier. Der in vitro-Test weicht in folgendem vom in vivo-Test ab : '

1. Zeitlich und raumlich limitierter Kontakt zwischen Flimmerepithelzelle und Erreger. 2. Sehr hohe Keimzahlen (lo00 Bakterien pro Zelle), die in vivo nie erreicht werden und die fiir

3. Ersatz des Schleim-Luft-ubenuges der Kinozilien durch ein Fluwigmedium. 4. Tote Bakterien bzw. abgestorbene Zellen adhiirieren oder gestatten noch eine Adhasion. 5. Das Waschen der Erreger-Epithelzellsuspension entfernt die distal an den Kinozilien haftenden

eine Etablierung des Erregers im Wirtsorganismus nicht nBtig sind.

Erreger leichter als jene, die proximal gebunden sind.

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6. Der Schleimuberzug der Tracheal-Epithelzellen ist durch mehrmaliges Waschen nicht eli-

7. Die Integritkt des Epithels ist aufgehoben. 8. Die Bakterien konnen sich an das neue Inkubationsmedium nicht adaptieren. 9. Die mukoziliare Clearance und andere Mechanismen der lokalen Abwehr sind aufgehoben.

Die in vitro-Adharenz unter unseren Bedingungen (30 min Inkubationszeit bei 37 "C) sehen wir deshalb als unspezifische Adharenz an, zumal nach Untersuchungen von TUOMANEN et al. [14] und ROOP I1 et al. [15] es erst nach dreistundiger Inkubation zu einer deutlichen Bevorzugung von Phase I-Erregern kommt. E'iir die Adharenz hat eben- falls der Aufbau der Kinozilienmembran Bedeutung. Sie besitzt integrierte Partikel- aggregate, die als Ca++-Ionenbindungatsllen fungieren [ 161. Nach TUOMANEN and HEND- LEY [ 171 und PLOTKIN and BEXIS [8] ssnken die an der Adharenz beteiligten Fimbrien die negative Obsrflachenladung der Erreger und erhohen die Hydrophobie. Diese Beobschtungen konnen ~ L G S and KRUGER [18] durch Zunahme der Empfindlich- keit gegeniiber lipophilen Antibiotika unterstreichen. DaB an der Adharenz nicht nur Fimbrien beteiligt sind, 1aBt sich aus den Untersuchun- gen mit dem Phase 111-Stamm Ade-28 belegen - in der elektronenmikroskopischen Untersuchung waren keine Fimbrien erkennbx. Wir sehen hier einen Zusammenhang zu den Polysacchariden der Glykokalys [ 191. Auf der anderen Seite besteht aber die Moglichkeit, daB unter in vivo-Bedingungen an- dere Antigene exprimiert werden als nach Kultivierung auf BIG-Nahrboden.

minierbar.

Danksagung

Wir danken Gerda BEUTNER und Christa RASCECKE fur die Unterstutzung bei der technischen Absicherung der Versuche.

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