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Unterwasseranstriche auf Stahlboote Malermeisterprüfung 2003 Diplomarbeit Kandidat Nr.23

Unterwasseranstriche auf Stahlboote - maler-theiler.ch · Meisterprüfung 2003 - Kandidat Nr. 23 Unterwasseranstriche auf Stahlboote 2 Diplomarbeit Malermeisterprüfung 2003 Kandidat

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Unterwasseranstricheauf

Stahlboote

Malermeisterprüfung 2003

Diplomarbeit

Kandidat Nr.23

Meisterprüfung 2003 - Kandidat Nr. 23 Unterwasseranstriche auf Stahlboote

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Diplomarbeit Malermeisterprüfung 2003Kandidat Nr. 23

Inhalt

1 Vorwort .........................................................................................................................4

2 Marketing......................................................................................................................5

2.1 Die Idee .................................................................................................................5

2.2 Vorgehen...............................................................................................................5

2.3 Fragebogen für Bootsbesitzer ...............................................................................6

2.4 Volumen für Malerbetriebe ....................................................................................7

2.5 Erklärung zu 2 / 3 / 4 / 5 ........................................................................................8

2.6 Erklärung zu 6: ....................................................................................................10

2.6.1 Tendenz: ......................................................................................................10

2.7 Fragebogenauswertung Frage Nummer 2/ *6.....................................................11

2.8 Fazit.....................................................................................................................12

3 Stahl ...........................................................................................................................13

3.1 Herkunft/ Herstellung...........................................................................................13

3.2 Baustahl/ Schiffsbaustahl ....................................................................................13

4 Korrosion ....................................................................................................................14

4.1 Elektrochemische Einflüsse ................................................................................15

5 Korrosionsschutz ........................................................................................................16

5.1 Neuaufbauten......................................................................................................16

5.1.1 Vorbehandelter Stahl ...................................................................................17

5.1.2 Roher Stahl ..................................................................................................18

5.1.3 Warum 2 K Epoxidharzprodukte? ................................................................20

5.2 Renovation ..........................................................................................................20

5.2.1 Reinigung.....................................................................................................20

5.2.2 Untergrundprüfung .......................................................................................22

5.3 Wertung der Tests/Ausführung der Renovation ..................................................24

5.3.1 Keine Beschädigungen ................................................................................24

5.3.2 Stellenweise Anrostung/Unterrostung..........................................................25

5.3.3 Risse ............................................................................................................26

5.3.4 Blasen ..........................................................................................................26

5.3.5 Kavitation .....................................................................................................27

5.3.6 Schlechter Zustand des Unterwassers ........................................................28

6 Fouling / Bewuchs ......................................................................................................31

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6.1 Algen ...................................................................................................................31

6.2 Muscheln .............................................................................................................33

7 Antifouling / Antibewuchs ...........................................................................................34

7.1 Kupferbronzeantifouling ......................................................................................34

7.2 Hartantifouling .....................................................................................................35

7.3 Selbsterodierendes Antifouling............................................................................36

7.4 Dünnschicht-Antifouling.......................................................................................36

7.5 Marktanteile der verschiedenen Antifoulings.......................................................37

7.6 Preisunterschiede der Antifoulingprodukte..........................................................37

8 Einen Blick in die Vergangenheit................................................................................39

8.1 Die Zeit vor den Eisen- und Stahlbooten.............................................................39

8.2 Epoche der Eisen und Stahlboote.......................................................................41

9 Schlusswort ................................................................................................................44

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1 Vorwort

Als “Seebueb“ wollte ich schon immer einmal den Segelsport kennen lernen. Bei einer

Australienreise vor der Meisterschule bot sich mir diese Gelegenheit. Ich durfte während 2

Monaten nach Papua Neu Guinea segeln. Als “Crew“ auf einem 14 Meter langen

Segelboot aus Stahl. Ohne Segelerfahrung aufweisen zu können.

Schon damals fragte ich mich, mit was für Materialen diese Stahlboote wohl vor Korrosion

und Bewuchs geschützt sind.

Als ich mich dann für ein Diplomarbeitsthema entscheiden musste, kam mir die Idee, mich

intensiver mit dem interessanten Bereich Unterwasserbeschichtungen auf Stahlboote zu

befassen. So entstand aus dieser interessanten Frage mein Diplomarbeitsthema.

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2 Marketing

2.1 Die Idee

Die Idee ist herauszufinden, ob sich in der Bootsrenovation ein lukratives Arbeitspotential

für die Malerbetriebe der Schweiz an Gewässern, insbesondere auch für mich, bietet.

2.2 Vorgehen

Um mehr über die Interessen der Bootsbesitzer bezüglich Bootsmaterialien und

Anstrichen zu erfahren, war es nötig, möglichst viele Bootseigner zu diesem Thema zu

befragen. Die beste Gelegenheit dazu bot sich mir an der “SUISSE-NAUTIC“ Ausstellung

in Bern. Die “SUISSE-NAUTIC“ ist die grösste, in der Schweiz jährlich stattfindende

Boots- und Bootszubehör-Ausstellung der Schweiz.

Ich befragte über 50 Personen aus der ganzen Schweiz mit Hilfe eines von mir erstellten

Fragebogens.

Der Fragebogen (siehe nächste Seite) umfasst sowohl marktwirtschaftliche wie auch

anstrichtechnische Fragen über Antifoulings. Die Antifoulingbeschichtung stellt einen

wichtigen Teil der gesamten Unterwasserbeschichtung dar. Ich erkläre die

Antibewuchsanstriche explizit im Kapitel Antifouling.

Im Kapitel Marketing behandle ich deshalb nur die Fragen 2, 5 und 6 des Fragebogens.

Die restlichen Fragen werden im anstrichtechnischen Teil ausgewertet und analysiert.

Die Auswertung der 50 befragten Personen respektive deren 50 Boote erfolgt durch die

prozentuale Hochrechnung auf die 101’535 in der Schweiz registrierten Boote (siehe Seite

5).

Damit erhalte ich ein gesamtschweizerisches Bild des Marktvolumens. Auf die

unterschiedlichen Schiffsbestände der einzelnen Kantone der Schweiz (siehe Seite.....)

gehe ich dabei nicht ein.

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2.3 Fragebogen für Bootsbesitzer

Name: ______________ Vorname: _______________

Fragen:

1. Aus welchem Material ist Ihr Bootsrumpf gebaut?

Holz Stahl GFK Alu Beton

2. In welchem Zeitabstand überholen Sie Ihren Antifoulinganstrich?

Jährlich Alle ___ Jahre

3. Nach wie vielen Jahren renovieren Sie Ihren Unterwasseranstrich total?

Ich unterziehe mein Unterwasser alle ___ Jahre einer Totalrenovation.

4. Welches Antifoulingmaterial benutzen Sie?

1 Komp. Kupferbronce 2 Komp. Kupferbronce

Dünnschicht Kupfer Teflon Antifouling

Hart Antifouling Selbsterodierendes Antifouling

______________________

5. Wer führt die Renovation an Ihrem Boot durch?

Selbstständig Bootswerft Malergeschäft

6. Können Sie sich vorstellen, die Renovation durch einen Malermeister

ausführen zu lassen?

Ja Nein

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2.4 Volumen für Malerbetriebe

1.

Schiffsbestand Schweiz; Dezember 2002: 101535 Boote

2.

27 Personen 23 Personen

54% =54’829 Boote:

Ausführung der Renovation des Antifouling-

anstrichs:

Selbstständig

46% = 46’706 Boote:

Ausführung der Renovation des Antifouling-

anstrichs:

Durch eine Bootswerft

3.

28% = 28’430

Boote / Personen können

es sich vorstellen, die

Renovation ihres Unter-

wassers durch einen

Malermeister ausführen

zu lassen.

26% = 26’399

Boote / Personen können

es sich nicht vorstellen, die

Renovation ihres Unter-

wassers durch einen

Malermeister ausführen zu

lassen.

22 % = 22’338

Boote / Personen, kön-

nen es sich vorstellen,

die Renovation durch

einen Malermeister

ausführen zu lassen.

24 % = 24’368

Boote / Personen können

es sich nicht vorstellen, die

Renovation

durch einen Malermeister

ausführen zu lassen

4.

Ergibt von beiden Seiten her:

50% = 50’768 Boote, die sich ihr Boot durch

den Malermeister renovieren lassen würden.

Ergibt von beiden Seiten her:

50% = 50’768 Boote/Besitzer, die ihr Boot

nicht durch einen Malermeister renovieren

lassen würden.

5.

Ergibt bei meiner theoretischen Annahme, dass man jede dritte Offerte ausführen, respektive jedes dritte Boot streichen kann.

16’923 Boote, die die schweizer Maler pro Jahr renovieren können.

6.

Ergibt bei einem Renovationsintervall von drei Jahren (Siehe Seite.....).

5’641 Boote, die die schweizer Maler pro Jahr renovieren können.

Auf alle Themen dieser Seite wird auf den nächsten Seiten vertieft eingegangen. (Siehe

Nummer)

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2.5 Erklärung zu 2 / 3 / 4 / 5

Keiner der Befragten vertraut sein Boot zur Renovation einem Maler an.

Auffallend ist, dass sich mehr “Do it yourself“-Bootsbesitzer dazu entschliessen könnten,

die Renovation durch einen Maler ausführen zu lassen, als Besitzer, die ihr Schiff in einer

Werft überholen lassen.

Die Befragten, welche ihr Schiff durch die Werften überholen lassen, haben dort oft einen

Winterlagerplatz und oder auch einen Anlegeplatz.

Bei vielen Werften ist ein solcher Platz mit der Bedingung verbunden, dass man das Boot

durch die Werft überholen lässt. Man ist also vertraglich gebunden. Persönlich finde ich

das ein geschicktes und marktorientiertes Vorgehen der Werften.

Trotzdem ergab sich im Gespräch mit einigen Eigentümern, dass sie sich ihr Boot

durchaus auch durch den Malermeister überholen liessen. Einzige Bedingung: Der

Betrieb muss über das nötige “know-how“ und die benötigte Infrastruktur verfügen. Auf die

Infrastruktur gehe ich später ein.

Das interessante Ergebnis meiner Eruierung ist jedoch, dass sich immerhin 50% aller

Bootsbesitzer vorstellen können, einen Maler an ihr Boot „heranzulassen“. Das sind

50’768 Schiffe.

Bei meiner theoretischen Annahme, dass man jedes dritte Boot überholen könnte ergibt

das 16’923 Schiffe. Meine Annahme beruht auf folgendem Marketinggesetz: Man rechnet

damit, dass man jede dritte Offerte die man rechnet, ausführen kann.

Wenn man dann noch den Renovationsintervall von drei Jahren (Siehe Seite...)

berücksichtigt, ergibt dies immerhin noch 5’641 Schiffe.

Anfragen bei diversen Werften meiner Region ergaben, dass sie für einen Anstrich des

Unterwassers einer Segeljacht des Typs “M1“ mit Kupferbronce zwischen 650 und 900

Franken in Rechnung stellen. Eine M1-Segeljacht ist ein mittelgrosses Segelschiff mit

7 Meter Länge. Dieser Preis versteht sich exklusive Vorarbeiten wie Abdampfen und

Schleifen. Für das Abdecken und Streichen benötigt man als Fachmann gut gerechnet

fünf Stunden.

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Rechne ich mit einem Durchschnitt von 775 Franken, ergibt das bei 5’641 Schiffen den

Betrag von: 4’371’775 Franken.

Bei einem Stundenansatz eines qualifizierten Malers von 85 Franken liegt hier ein

Potential von 51`433 Arbeitsstunden. Geteilt durch unsere Jahressollstunden von 2`088

für das Jahr 2002/03 ergibt das Arbeit für 24.5 Maler pro Jahr.

Das erscheint auf den ersten Blick wenig. Bootsrümpfe streicht man aber eher nicht das

ganze Jahr durch. Auch wenn es Produkte auf dem Markt gibt, die das Einwassern der

Boote auch noch bis zu 12. Monaten nach der Applikation der Beschichtung ermöglichen.

Hauptsaison sind ganz klar die Monate März, April und Mai. Sobald es wärmer wird,

wollen die Leute auf den See und lassen ihr Boot überholen. Dasselbe wie bei

Fassadenarbeiten. Bei den ersten Frühlingsgefühlen respektive Sonnenstrahlen klingelt

nach einem ruhigen Winter bei uns wieder das Telefon.

Im Endeffekt ist dies mit Fassadenarbeiten in unserer Branche zu vergleichen. Wenn wir

die vorangehende Rechnung auf die Monate März, April und Mai respektive 3 Monate

reduzieren, ergibt das Arbeit für 73.5 Maler.

Und hier liegt auf den ersten Blick eine interessante Möglichkeit für uns Maler:

Das “Überbrücken“ der traditionell ruhigeren Wintermonate.

Wie im oberen Absatz bereits erwähnt ist es möglich mit gewissen Produkten das

Unterwasser im Winter zu streichen und das Boot im Frühling einzuwassern. Was es

dazu braucht ist:

Werbung

Kundschaft, die bereit ist, ihr Schiff schon im Winter überholen zu lassen.

Infrastruktur (genügend hohe, grosse und geheizte Halle), um die auch ohne Mast

bis zu 4 Meter hohen und bis zu 2.50 Meter breiten Jachten einzustellen.

Eventuell: Krananlage

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2.6 Erklärung zu 6

Die Statistiken (siehe Seite...) der Schiffsbestände habe ich bei der Vereinigung der

Schifffahrtsämter in Bern bestellt.

Der Rückgang der eingetragenen Schiffe seit 1992 von 2.5% erklärt sich für mich wie

folgt:

Entlang der Seen gibt es immer weniger Schiffsanlegeplätze und Bojen. Wer einen

Anlegeplatz oder eine Boje will, muss mit einer Wartezeit zwischen 8 bis 16 Jahre

rechnen.

Die Möglichkeit der Auswahl an Freizeitbeschäftigungen ist in den letzten 10 Jahren

weiter angestiegen. Es kommen immer neue Trendsportarten und Freizeitmöglichkeiten

dazu. Wir Menschen werden allgemein immer bequemer, auch im Bezug auf unser

Hobby. Ein Boot zu unterhalten gibt eine Menge Arbeit und ist kostenintensiv. Diese

Tendenz habe ich auch in 2 Vereinen, in denen ich aktiv mitarbeite, festgestellt. Man

bezahlt lieber ein wenig mehr (Beispiel Fitnesscenter/ Turnverein) und braucht sich dafür

um praktisch nichts zu kümmern.

Ferien und Reisen in die Ferne werden immer preiswerter. Familien verbringen ihre

Ferien lieber im Ausland.

2.6.1 Tendenz:

Der Sieg der Alinghi hat in der Schweiz zumindest kurzfristig ein Segelfieber verursacht.

2 Segelschulen meiner Region gaben an, einen kleinen Aufschwung zu spüren. Vor allem

ein Teil der Leute, die schon länger mit Segeln “geliebäugelt“ haben, entschlossen sich

nun definitiv, einen Kurs zu besuchen. Es kann daher durchaus sein, dass der Segelsport

eine “Renaissance" erlebt.

Neue Formen der Schiffsbenützung treten auf den Markt. Das sogenannte “Shipsharing“

ermöglicht Leuten die kein eignes Boot besitzen, solche zu teilen. Nebst einem

Jahresbeitrag bezahlt man dabei Tages- oder Wochenmiete für die Benützung.

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2.7 Fragebogenauswertung Frage Nummer 2 / 6

Renovation Antifoulinganstrich:

Jährlich * 16 Personen/ Boote 16

Alle 2 Jahre * 17 Personen/ Boote 34

Alle 3 Jahre* 09 Personen/ Boote 27

Alle 4 Jahre* 01 Person/ Boot 04

Alle5 Jahre* 04 Personen/ Boote 20

Alle8 Jahre* 01 Person/ Boot 08

Alle10 Jahre* 01 Person/ Boot 10

Alle11Jahre* 01 Person/ Boot 11

44 Jahre 50 Personen/ Boote 130 (Rechnungsfaktor)

130 : 44 Jahre = 2.95 Jahre

Renovationsintervall der 50 befragten Bootsbesitzer im Schnitt: Alle 3 Jahre.

Farbenhersteller empfehlen einen Renovationsintervall von 1 bis 2 Jahren. Je nach

Produkt.

Die befragten Personen, die einen längeren Renovationszyklus angaben, nehmen ihr

Boot meistens respektive immer aus dem Wasser. Daher weniger Algen und

Muschelbewuchs.

Der Grossteil der "Böötler“ renoviert sein Boot jedoch innert der Frist von maximum 3

Jahren und 32% innert Jahresfrist. Bootseigentümer „lieben“ ihre Schiffe und gönnen

ihnen daher gerne regelmässig einen Antifoulinganstrich. Der von mir als

Rechnungsgrundlage benutzte “Renovationsintervall“ von 3 Jahren ist deshalb eher hoch

angesetzt.

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2.8 Fazit

Die Renovation ist mit dem Überholen des Anstrichs oft nicht getan. Es kommen noch

Reparaturen am Motor und anderen Geräten dazu. Als Maler bin ich, auch wenn eine

grosse Werkstatt vorhanden ist, weder dazu eingerichtet, noch verfüge ich dazu über das

nötige “know how.“

Wenn ich mich auf dem Bootsrenovationssektor ansiedeln will, muss ich also fast

gezwungenerweise mit einer Bootswerft zusammenarbeiten, welche mir solche Arbeiten

wie zum Beispiel Motorenservice ausführt.

Ich denke daher, dass es für den Kunden einfacher ist, sein Boot direkt von einer Werft

überholen zu lassen.

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3 Stahl

3.1 Herkunft/ Herstellung

Das zum grössten Teil aus Brasilien und China stammende Eisenerz wird im Ausland,

zum Beispiel in Deutschland und Frankreich, zu Roheisen und dann zu unlegiertem und

zu legiertem Stahl weiterverarbeitet. Für den Bootsbau wird unlegierter Stahl verwendet.

Eisenerz wird in Hochöfen unter Zugabe von Koks und Kalkstein erhitzt. Dem Eisenerz

wird durch Reduktion der Sauerstoff entzogen. So entsteht Roheisen mit einem

Kohlenstoffgehalt von zirka drei bis sieben Prozent.

Wegen des hohen Kohlenstoffgehaltes kann man Roheisen aber weder gut biegen,

schweissen noch anderweitig bearbeiten. Durch weiteres Erhitzen des Eisens reduziert

sich bei Temperaturen von über 1600° Celsius der Kohlenstoffanteil und wir erhalten

Stahl. Stahl enthält weniger als 2 % Kohlenstoffanteil und lässt sich dadurch bestens

schweissen und bearbeiten.

3.2 Baustahl/ Schiffsbaustahl

In der professionellen Schifffahrt werden die Schiffe mit speziellem Schiffsbaustahl

gebaut.

Dieser kommt in der Schweiz aus Deutschland und ist genormt nach der germanischen

Loyd. Die germanische Loyd ist eine international anerkannte, deutsche Prüfgesellschaft.

Die Stahlplatten werden während der Herstellung durch Proben geprüft, abgestempelt

und danach verarbeitet. Von der Qualität her ist dieser Schiffsbaustahl zu vergleichen mit

normalem Baustahl St. 42, welcher in der Schweiz von den meisten Kleinwerften

verarbeitet wird. Er wird jedoch kontrolliert durch die germanische Loyd.

Der normale St. 42 Baustahl ist problemlos im Handel zu beziehen und lässt sich

ebenfalls bestens schweissen und verarbeiten.

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4 Korrosion Korrosion von Stahl bedeutet Rosten.

Wie im vorherigen Kapitel erklärt, wird Eisenerz (Fe O) bei der Stahlherstellung verändert.

Man entzieht dem Erz den Sauerstoff.

Bleibt der Stahl ungeschützt und ist er Feuchtigkeit oder wie im “Unterwasserbereich“

Wasser ausgesetzt, will sich der Stahl wieder in den ursprünglichen Zustand

“Ferrumoxyd“ zurückversetzen, was nichts anderes als rosten bedeutet. Es entstehen

verschiedene Arten von Rost respektive Oxidschichten.

Je nach Sauerstoff und Wasserstoffanteil gibt es folgende Arten von Rost:

1. weisser Rost - Fe(OH)2

2. brauner Rost - Fe(OH)3

3. roter Rost - Fe2 O3 = wasserfrei und trocken

4. schwarzer Rost - Fe O , Fe2 O3 = wasserfrei und trocken

Je wasserärmer der Rost ist, desto dunkler die Farbe. Rost ist an der Oberfläche oft

dunkel während die unteren Schichten heller sind. Das bedeutet, dass die unteren

Schichten Wasser enthalten und “fleissig“ weiterarbeiten.

Die Korrosion wird zudem durch Eisensalze gefördert. Eisensalze entstehen

folgendermassen:

Alkalisches Metall neutralisiert sich mit saurem Wasser. Es entsteht zum Beispiel

Eisenchlorid aus Eisen und Chlorwasserstoffsäure. Oder Eisensulfat aus Eisen und

Schwefelsäure.

Salze sind Hygroskopisch. Sie ziehen Wasser an. Diese Eigenschaft wirkt

korrosionsfördernd.*

*

Fachwissen für Maler und Lackierer ISBN 3-8237-0087-1

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4.1 Elektrochemische Einflüsse

Spannungsreihe:

*

Die elektrochemische Korrosion entsteht durch die Spannungsdifferenzen zwischen

verschiedenen Metallen und sonstigen Schmutzteilen. Nötig ist in jedem Fall eine

Leitflüssigkeit, der sogenannte Elektrolyt. Salzige oder saure Lösungen leiten den Strom

besser und fördern die Korrosion. Sie stellen somit den Elektrolyten dar.

Das unedlere Metall, die Anode(+), hat das bestreben, dem edleren Metall, der

sogenannten Kathode(-), Elektronen abzugeben.

Mit diesem Wissen und seiner Anwendung (zum Beispiel verzinken) kann die Korrosion

verhindert bzw. verbessert werden (Aktiver Rostschutz). Im Süsswasserbereich wird

bevorzugt Magnesium als Opferanode verwendet.

*

Berufskunde-Ordner

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5 Korrosionsschutz Im Ausland wurde ich während eines “Segelturns“ mit Stahlbooten konfrontiert.

Im Rahmen meiner Recherchen für die Diplomarbeit habe ich festgestellt, dass

Segelstahlboote in der Schweiz ein bedeutend kleinen Anteil ausmachen (Siehe Anhang

Seite...).

Davon ausgenommen sind Schiffe der Berufsschifffahrt und viele private Motorjachten.

Diese werden nach wie vor aus Stahl gebaut. Die Kursschiffe der Berufsschifffahrt stellen

für uns jedoch keinen Markt dar, da die Schiffe über den Winter durch das

Betriebspersonal überholt werden.

Holz, GFK und Stahl zusammen sind ein riesiges Gebiet mit unterschiedlichen

Problemstellungen. Ich konzentriere mich aus diesem Grund, auf die Beschichtung von

Stahlbooten, inklusive Antibewuchsanstriche.

Um der Thematik gerecht zu werden, durfte ich bei einer professionellen

Schifffahrtsgesellschaft während der Renovation eines “Unterwassers“ dabei sein. Es war

für mich interessant und lehrreich, den Malern/Seeleuten über die Schulter zu schauen

und mich mit ihnen zu unterhalten. Sie gaben mir immer wieder gute “Input’s“ im Bezug

auf Materialien, Lieferanten und die Renovation der Boote.

Bei materialtechnischen Fragen wandte ich mich an 2 Farblieferanten der Schweiz,

welche auf Bootsfarben spezialisiert sind.

5.1 Neuaufbauten

Es wird zwischen vorbehandeltem und rohem Stahl unterschieden. Es gibt Unterschiede

zwischen der Behandlung der beiden Stahlarten.

Da die Bewuchsanstriche je nach Produkt praktisch keinen Korrosionsschutz bieten oder

teils sogar Korrosion begünstigen( Kupfer), muss vorangehend ein dichtes Anstrichsystem

appliziert werden.

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Hierbei ist besonders darauf zu achten, die Arbeiten nach den Angaben und

Empfehlungen der Systemlieferanten auszuführen.

5.1.1 Vorbehandelter Stahl

Die Werften beziehen die Stahlplatten und -elemente vorbehandelt vom Lieferanten.

Der Stahl wird durch den Lieferanten sandgestrahlt und mit einem sogenannten

Schweissprimer grundiert. Dies ist der gleiche EP Primer, mit dem danach später auch

der Korrosionsschutz erzielt wird, jedoch stark verdünnt. Die Lieferanten tragen nur eine

Schicht von zirka 20 Mikron auf. Dieser dient als temporärer Korrosionsschutz und wird

anschliessend entweder direkt oder nach vorhergehendem Anschleifen überschweisst.

Das Boot ist also danach bereits sandgestrahlt und vor Korrosion geschützt. Das

Sandstrahlen und Spritzverzinken während der Montage ist mit enorm viel Aufwand

verbunden. Erschwerend kommt zusätzlich hinzu, dass während der Montage und dem

Streichen des Unterwassers neben der Brandgefahr noch andere Handwerker an dem

Boot arbeiten.

Dies ist auch einer der Gründe, weshalb die Boote gerollt und nicht gespritzt werden. Der

Spritznebel würde wandern und die anderen Bootsbauer etc. belästigen.

Weiteres Vorgehen:

1) Eine frisch verschweisste Naht einer Autofähre

Die frischen Schweissnähte (auch Raupen genannt) und eventuelle Beschädigungen

werden maschinell gebürstet, geschliffen und danach gereinigt, bevor sie ebenfalls mit

Schweissprimer überstrichen werden.

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Es muss nun darauf geachtet werden, dass der Primer nach einer Standzeit von 30 Tage

oder kürzer, je nach Angaben des Lieferanten, mit 150er Schleifpapier angeschliffen wird.

Es besteht die Gefahr, dass die chemische Trocknung des Epoxidprimer bereits schon so

fortgeschritten ist und Folgeanstriche nicht mehr daran haften.

Anschliessend folgen die eigentlichen Korrosionsanstriche. Dauernd mit Wasser belastete

Stahluntergründe müssen eine Trockenschichtdicke von mindestens 300 Mikron

aufweisen (EMPA, Abteilung Korrosion/Oberflächenschutz). Um diese Schichtdicke zu

erreichen, werden mit der Rolle 5 bis 6 Anstriche von jeweils zirka 50 bis 60 Mikron

aufgetragen. Jede Schicht wird mit dem Messgerät kontrolliert.

2) Das schon etwas ins Alter gekommene Schichtdickenmessgerät, welches von der Werft zur Kontrolle der

jeweiligen Schichtdicken benutzt wird.

Um Fehlstellen zu vermeiden werden die verschiedenen Anstriche bereits vom

Farblieferanten in unterschiedlichen Farbtönen geliefert.

Der Korrosionsschutz ist nun abgeschlossen und es folgen noch 2 Anstriche mit

Antifouling.

5.1.2 Roher Stahl

Das Boot wird mit rohem Schiffstahl oder herkömmlichem Baustahl gebaut und

geschweisst.

Einmal fertig gebaut, wird der Stahl anschliessend sandgestrahlt nach DIN 2 ½ (siehe

4.3.6 Sandstrahlen).

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Es bestehen 2 Möglichkeiten:

1. Normale Beschichtung

Das Boot wird mit Epoxidprimer grundiert. Wenn die örtlichen Gegebenheiten es

zulassen, kann auch gespritzt werden. Je nach Spritzverfahren und Produkt tragen wir

so pro Arbeitsgang bis zu 120 Mikron auf und können uns 1 bis 2 Arbeitsgänge bis

zum Erreichen der vorgeschriebenen 300 Mikron Schichtdicke sparen. Zusätzlich

erhalten wir ein feineres finish, was von Vorteil ist. Danach werden wieder 2 Anstriche

mit Antifouling appliziert.

2. Duplexbeschichtung

Dieses Korrosionsschutzsystem besteht aus einem metallischen Überzug (Aktiver

Rostschutz) und einer anschliessend organischen Beschichtung. Das sandgestrahlte

Boot wird zuerst spritzverzinkt. Dabei wird ein vorgeschobener Zinkdraht geschmolzen

und mit Luftdruck auf das Werkstück geblasen.

Da eine Spritzverzinkung porös ist, sollte sie noch am gleichen Tag grundiert werden.

Ebenfalls mit 2K Epoxidprimer. Andernfalls kann nur schon die Luftfeuchtigkeit

ausreichen, den Untergrund anzurosten. Anschliessend werden wieder minimum 300

Mikron EP und 2 Antifoulinganstriche aufgetragen. Verzinkung und Beschichtung

zusammen ergeben einen idealen und langzeitigen Korrosionsschutz. Diese Variante

ist auch relativ “umweltfreundlich“. Das Zink schützt vor Korrosion, auch bei kleinen

Beschädigungen. Die Beschichtung schützt das Zink vor äusseren Einflüssen.

Meisterprüfung 2003 - Kandidat Nr. 23 Unterwasseranstriche auf Stahlboote

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Auch wenn Epoxidharzprodukte in der ökologischen Bewertung eine hohe

Belastungszahl aufweisen, finde ich deren Anwendung durch die hohe Lebensdauer

durchaus gerechtfertigt.

5.1.3 Warum 2 K Epoxidharzprodukte?

Als Grundierung und Korrosionsschutz wird von den Farblieferanten einen Aufbau mit LV

2K- Epoxidprimer empfohlen.

Wieso 2K- Epoxidprimer?

Auf den verzinkten Untergrund müssen wir ein ölfreies Produkt verwenden. Die ölhaltige

Grundierung würde mit dem alkalischen Zink zusammen sofort verseifen. Mit einem

chemisch härtenden 2K Produkt ist dies nicht der Fall.

Die hochvernetzten EP Lacke ergeben einen bestmöglichen Korrossionsschutz. Durch die

dreidimensionale chemische Trocknung und Vernetzung wird ein sehr dichter und

undurchlässiger Anstrichfilm erzielt.

Ein mit Epoxidharz lackiertes Boot kann durch die hohe Härte problemlos auf einen

Anhänger gezogen werden. Dies ist Bedingung für Schiffe welche regelmässig

ausgewassert werden.

Die Lackfabrikanten bieten zwar auch 1K-Primer an in ihrem Sortiment. Sie selbst

empfehlen aber ganz klar die 2 Komponenten Variante, aus den oben genannten

Gründen.

5.2 Renovation

5.2.1 Reinigung

Bei der Renovation werden die Boote in der Regel beim Auswassern mit Hochdruck

gereinigt.

Meisterprüfung 2003 - Kandidat Nr. 23 Unterwasseranstriche auf Stahlboote

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3) Mitarbeiter der Werft an der Arbeit mit dem Hochdruckreiniger

Bei der von mir besuchten Schifffahrtsgesellschaft geschieht dies mit über 300 Bar Druck

mit kaltem, direkt angesaugtem Seewasser. Das Abwasser fliesst ungereinigt direkt in den

sich unter dem Schiff befindenden See zurück.

4) Man erkennt deutlich, wie sauber der Untergrund durch das HD-Reinigen wird.

Bei neuen Hafenanlagen wird die Zone, in der die Segel und Motorboote abgespritzt

werden, mit einem Ablauf ausgerüstet. Somit werden etliche Abwässer umweltgerecht der

Kanalisation zugeführt und fachmännisch gereinigt.

Der alte Anstrich wird nun begutachtet und geprüft.

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5.2.2 Untergrundprüfung

Die Beurteilung erfolgt optisch und technisch.

*

Bei der optischen Begutachtung schauen wir auf eventuelle Abkreidung,

Abblätterungen, Blasen, Risse und Roststellen.

Bei der technischen Prüfung haben wir die Möglichkeit der folgenden Tests:

1. Klebbandtest

2. Kratztest mit der Spachtel

3. Schneide- / Kratztest mit dem Japanmesser

4. Gitterschnitt

5. Universalverdünnertest

Diese Tests geben uns Auskunft über Anweichung, Anrostung, Unterrostung, Aufbau,

Haftung, Schichtdicke und Härte. Sie unterscheiden sich nicht von dem Test zur

Untergrundprüfung im “normalen“ Malergewerbe.

1. Klebbandtest

Ein Streifen normales Malerabdeckband wird gut an den Altanstich gedrückt. Durch

ruckartiges Entfernen des Klebbandes zeigt sich, ob der Altanstrich noch haftet, oder

gleich mit dem Klebband „mitkommt“ respektive daran hängen bleibt.

*

EMPA, Dr. Schicker

Meisterprüfung 2003 - Kandidat Nr. 23 Unterwasseranstriche auf Stahlboote

23

2. Kratztest mit der Spachtel

Mit einem deutschen Spachtel probieren wir den Anstrich abzukratzen. Es ist klar,

dass mit Gewalt praktisch jeder Anstrich abgekratzt werden kann. Bei diesem, wie

auch den anderen Prüfungen, ist Erfahrung respektive gesunder Menschenverstand

gefragt.

3. Schneide- / Kratztest mit dem Japanmesser

Mit dem Messer schneiden wir den Anstrich durch und versuchen, mit der Klinge unter

den Anstrich zu gelangen. Ist der Anstrich lose, geling uns dies praktisch ohne

Kraftaufwand. Könne wir ganze „Fetzen“ entfernen, ist dies ein schlechtes Zeichen

und der Anstrich muss entfernt werden.

4. Gitterschnitt

Der Gitterschnitt gibt uns Auskunft über die Haftung des Anstrichs der Schichten

aneinander und des Anstrichs am Untergrund. Im weiteren können wir mit dem Schnitt

die Sprödigkeit testen.

*

Bei Schichten über 120 Mikrometer beträgt der Schnittabstand 3 mm. Bei einer

empfohlenen Schichtdicke der Farblieferanten von mindestens 300 Mikron prüfen wir also

mit 3 mm Abstand.

* Berufskundeordner SMGV

Güteklasse 0 1 2 3 4

Ablösung etwa 5% 15% 35% 65%

oder mehr

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24

5. Universalverdünnertest

Ein mit Universalverdünner getränkter Lappen wird an mehreren Stellen an den

Anstrich gepresst.

Lösemittebeständig bedeutet:

2K- Lack (langzeitbeständig) oder Kunstharzlack (quillt nach einiger Zeit in Berührung

mit Verdünner auf)

Nichtlösemittelbeständig bedeutet:

Rein physikalisch trocknendes Bindemittel. Wird der Anstrich schmierig, handelt es

sich um ein Polymerisatharz.

Der Lösemitteltest ist wichtig. Falls kein totales Entfernen des Anstrichs nötig ist, zeigt

er uns, mit welchem Bindemittel eventuelle „Flickstellen“ grundiert und ausgebessert

werden können.

Einfacher ist es, wenn uns der Eigner genaue Angaben über das Produkt mit welchem

sein Boot behandelt wurde, angeben oder schriftlich abgeben kann. Bei der

Materialwahl verhält es sich wie auf dem Bau. Wegen eventuellen

Spannungsdifferenzen sollte man es unterlassen, harte Lacke auf weiche zu

applizieren

5.3 Wertung der Tests/Ausführung der Renovation

Anhand der Untersuchungen und Bewertung derselbigen muss der Fachmann über das

weitere Vorgehen entscheiden.

5.3.1 Keine Beschädigungen

Der Idealfall für den Bootsbesitzer ist, wenn der Korrosionsschutz noch voll intakt ist und

keine sichtbaren Schäden aufweisbar sind. Dann muss nur der Antibewuchsanstrich neu

gestrichen werden.

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5.3.2 Stellenweise Anrostung/Unterrostung

5) Bereits geschliffene, mechanische Beschädigung oberhalb der Wasserlinie

Oftmals sind Unterwasser und der Wasserpassbereich nur lokal durch Treibholz oder

andere Gegenstände beschädigt. Diese Stellen müssen vollständig, bis zum sauberen

Untergrund abgekratzt und abgeschliffen werden. Es darf kein Rost mehr vorhanden sein.

Anschliessend sollte man nach Möglichkeit mit demselben Produkt grundieren.

Spachtelarbeiten sind eine heikle Angelegenheit. Falls etwas ausgespachtelt werden

muss, kommt nur Epoxidspachtel in Frage. Sie sind nicht porös, wie zum Beispiel

Polyester. Zudem zeichnen sie sich durch ihre hohe Härte aus.

Die Spachtel respektive die grundierten Stellen werden dann ebenfalls 4- bis 5-mal

überstrichen. Damit erreichen wir eine TSD von 300 Mikron was optimalen

Korrosionsschutz bedeutet.

Es folgen wieder 1 bis 2 Antifoulinganstriche, je nach Beanspruchung und Häufigkeit der

Renovation.

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5.3.3 Risse

Risse müssen genauer angeschaut und untersucht werden. Ist der Riss spröde, ist er

unterrostet? Ist nur die oberste Schicht gerissen und platzt ab oder geht der Riss in die

Tiefe? Ich kann dies mit einem Japanmesser prüfen, indem ich unter den Anstrich fahre

und schaue, wie gut sich die Farbschicht ablösen lässt.

Bei Schiffen geht der Korrosion meistens eine mechanische Beschädigung vor. Dann

kommt Wasser zum Stahl und es rostet. Der Rost breitet sich aus und bringt den Anstrich

mehr und mehr zum Reissen und später zum Abplatzen.

Im Winter in Risse eindringendes Wasser gefriert. Es kommt neben der Korrosion zu einer

Volumenvergrösserung, die den Anstrich weiter aufreisst. Ist der umliegende Anstrich

noch voll intakt, werden wiederum nur die lokalen Stellen abgekratzt und abgeschliffen.

Der nachfolgende Aufbau ist dann derselbe wie bei der Anrostung und Unterrostung im

Kapitel 4.3.2.

5.3.4 Blasen

Blasen im Anstrichfilm treffen wir bei Stahlbooten eher selten an.

Haften die Anstrichschichten schlecht aneinander und tritt durch einen kleinen Riss

Wasser ein, kann dies zu Blasen führen. In diesem Falle muss geprüft werden ob die

Schichten nur lokal oder am ganzen Unterwasser schlecht aneinander haften. Lokal kann

ausgebessert werden. Ist die Haftung gesamthaft schlecht, entfernen wir die ganze

Beschichtung und bauen neu auf.

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Eine andere Art von Blasen sind “Rostblasen“. Durch das eintretende Wasser und die

dadurch entstehende Korrosion und Volumenvergrösserung bildet sich unter dem Anstrich

eine Blase. Diese lokalen Rostblasen müssen bis auf den Untergrund total entfernt

werden. Dann erfolgt wieder der normale Aufbau mit Epoxid und Antifouling.

5.3.5 Kavitation

7) Dieses Foto aus dem Internet zeigt die am Ruder wirkende Kavitation.

Bei älteren Schiffen und bei Booten, bei denen die Antriebspropeller zu nahe bei der

Schiffsschale montiert sind, kann es durch ein Druckvakuum zu Kavitation kommen.

Dabei entstehen so genannte “microjet`s“, welche einen Druck von mehr als 1000 bar

erreichen können. Dadurch wird der Anstrich zerstört und Stahl wird abgetragen. Dazu

kommt dann noch die normale Korrosion, welche nach der Beschädigung des Anstrichs

beginnt.

Kavitation ist ein im Rahmen meiner Diplomarbeit eher seltenes Problem bei Schiffen im

Antriebsbereich. Vor allem bei neuen Schiffen werden die Antriebsschraube oder die

Antriebe so montiert und entwickelt, dass praktisch keine Kavitation mehr entsteht.

Weltweit forschen Universitäten an kavitationsärmeren Antriebspropeller und Systemen.

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8) Der bereits fortgeschrittene Kavitationsschaden oberhalb der Schiffsschraube.

Bei diesem Stahl ist die Kavitation und Korrosion bereits sehr fortgeschritten und ein

Schleifen oder Strahlen würde nichts mehr bringen.

9) Reparierter Kavitationsschaden

Der beschädigte Stahl muss herausgetrennt und ein stärkeres Stahlblech eingeschweisst

werden. Das dickere Blech kann so der Erosion etwas länger standhalten als das Alte. Es

wird nach dem Einschweissen ebenfalls gereinigt und dann gestrichen mit EP.

5.3.6 Schlechter Zustand des Unterwassers

Stellt man bei der Prüfung des Untergrundes fest, dass sich ein stellenweises Ausbessern

nicht lohnt oder gar nicht vertretbar ist, muss der Anstrich entfernt werden. Dazu haben

wir verschiedene Möglichkeiten:

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1. Sandstrahlen

Vorteil:

Durch die Sandstrahlung erhalten wir einen sauberen Untergrund den wir danach

problemlos beschichten können. Die Sandstrahlarbeit muss nach Farblieferanten

nach der DIN Norm Sa 2 ½ erfolgen. Sa 2 ½ bedeutet, das auf der Oberfläche nur

noch leichte Schattierungen sichtbar sind. *

Nachteil:

Strahlen ist nicht gerade umweltfreundlich. Das Strahlgut muss danach nach den

kantonalen Richtlinien entsorgt werden und kann nicht wie beim Kugelstrahlen

wiederverwendet werden. Zudem gibt es eine ziemliche starke Staubbelastung.

Wichtig:

Der Stahl muss nach dem Strahlen schnellstmöglichst spritverzinkt respektive

beschichtet werden. Schon eine zu hohe Luftfeuchtigkeit würde sonst sofort wieder zu

Korrosion führen.

2. Kugelstrahlen

Der Vorteil des Kugelstrahlens liegt darin, dass das Strahlgut wiederverwendet

werden kann. Deshalb ist es wesentlich umweltfreundlicher wie das Sandstrahlen.

3. Abbeizen

Ist der Anstrich Lösemittel quellbar, können wir den Anstrich abbeizen.

Vorteil:

Falls wir kein Sandstrahlgerät besitzen, sind wir nicht auf Subunternehmer

angewiesen. Wir können die Arbeit also selbst ausführen.

Nachteil:

Abbeizen ist nicht umweltfreundlich. Die Abbeizresten und das Nachwaschwasser

müssen dem Sonderabfall nach den kantonalen Richtlinien zugeführt werden. Da Rost

*

Fachwissen für Maler und Lackierer ISBN 3-8237-0087-1

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30

durch das Abbeizen nicht entfernt wird, müssen wir das Schiff danach trotzdem noch

schleifen respektive den Rost entfernen.

Wichtig:

Der Untergrund muss gut nachgereinigt werden, damit keine Rückstände auf dem

Untergrund bleiben. Eine den Arbeiten entsprechende Schutzausrüstung muss

getragen werden. Bei Abbeizarbeiten in Innenräumen für gute Lüftung sorgen.

4. Mechanische Entfernung / Schleifen

Das Entfernen des Anstriches mit Schleifmaschinen empfehle ich nur für kleinere

Boote. Oder wenn sich der Anstrich gut schleifen lässt. Eine Schicht von über 300

Mikron lässt sich aber in der Regel nur zu mühsam abschleifen.

Vorteil:

Jeder Maler hat Schleifmaschinen und die dazu passenden Scheifmittel. Es bedarf

also keiner aussergewöhnlichen Investitionen.

Nachteil:

Grosser Schleifpapier- oder Schleifscheibenverbrauch

Wichtig:

Unbedingt Schutzausrüstung tragen. Dazu gehören Staubmaske, Schutzbrille und

Gehörschutz. Schleifstaub sollte man möglichst mit den heute erschwinglichen, zu den

Maschinen passenden Staubsaugern absaugen und entsorgen. Bei zu grosser

Staubentwicklung kann es sonst zu einer Staubexplosion kommen. Durch einen

Funken könnte sich der Staub problemlos entzünden.

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6 Fouling / Bewuchs Fouling ist ein englischer Begriff und bedeutet “Bewuchs“. In unserem Fall geht es um den

Bewuchs am Schiffsrumpf. Es gibt 2 Arten von Fouling - Algen oder Muschelbewuchs.

6.1 Algen

*

Die Alge ist eine Pflanze. Weltweit gibt es tausend verschiedene Arten von Algen. Sie

kommen sowohl im Süss- wie auch im Salzwasser vor. Für viele Fische stellen sie

lebenswichtige Nahrung dar. Je nach Wasserqualität, dass heisst zum Beispiel nach

Phosphat- und Ammoniumgehalt, leben andere Algenarten in den Gewässern. Algen

vermehren sich durch die Photosynthese.

Bei der Photosynthese wandelt die Pflanze Wasser und Kohlendioxid zusammen mit

Lichtenergie zu Glukose um. Diese Glukose wird dann zu Stärke und von der Pflanze

dem Zweck entsprechend weiterentwickelt.

**

*

Internet,**

Schulunterlagen

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32

10) Das nach einem Jahr ziemlich stark verschmutzte Kursschiff bei der Auswasserung.

Auf Bild Nummer 10 sehen wir ein Kursschiff, kurz nach der Auswasserung. Es ist gut zu

erkennen, dass der Rumpf einen hohen Verschmutzungsgrad aufweist.

11) Der Bewuchs lässt sich noch nass bestens mit dem Fingernagel entfernen.

Nach einer Probe stelle ich fest, dass die nasse Schmutzschicht mit dem Fingernagel

problemlos entfernt werden kann. Ist die Schmutzschicht erst einmal getrocknet, ist es

erheblich schwieriger, den Rumpf zu reinigen. Deshalb werden die Schiffe gleich nach

dem Auswassern sofort gereinigt.

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6.2 Muscheln

Die bei uns häufigste Muschel ist die Wandermuschel. Sie ist ein Weichtier mit harter

Schale. Wandermuscheln leben oft in Kolonien. Sie halten sich mit ihren Haftfäden an

harten Untergründen wie Stein, Holz und Metall fest. Die Muschel ernährt sich von

Plankton (Alge), die sie aus dem Wasser filtert. Wandermuscheln werden von diversen

Wasservögeln gefressen. Sie sind meistens braun und gestreift. Deshalb nennt man sie

auch Zebramuschel. Sie wird Wandermuschel genannt, weil sie mit ihren

freischwimmenden Larven ganz schnell neue Lebensräume besiedelt. Die Muscheln sind

zirka um 1830 nach Mitteleuropa eingewandert und haben sich seither in allen Gewässern

niedergelassen.*

* www.kinder-tierlexikon.de

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7 Antifouling / Antibewuchs

Bewuchs des Wasserpass und des Unterwasser haben verschiedene Nachteile. Zum

einen steigt, falls man per Motor unterwegs ist, der Treibstoffverbrauch. Zum andern

verlangsamt der Bewuchs die Geschwindigkeit. Dies ist vor allem bei Segelbooten bei

wenig Wind und bei Kurschiffen wegen der Einhaltung des Fahrplans von Nachteil.

Im Weiteren sind dicke Schichten von Miesmuscheln und anderem Bewuchs bei einer

Renovation nur mühsam zu entfernen und sie hinterlassen eine Kalkschicht.

Um diesem Bewuchs entgegen zu wirken, gibt es heute verschiedene Anstrichsysteme

auf dem Markt. Zu beachten ist, dass in der Schweiz nur von der Behörde, dem BUWAL,

zugelassene und bewilligte Antifoulingprodukte verwendet werden dürfen. Die in der

Schweiz verkauften Produkte sind jedoch alle abgenommen und bewilligt.

Die verschieden Systeme:

7.1 Kupferbronzeantifouling

Die normale Kupferbronce wird, da sie im Vergleich zu anderen Systemen preisgünstig

ist, von vielen professionellen Schifffahrtsgesellschaften eingesetzt. Es funktioniert durch

die Kupferverbindungen, welche plättchenförmig an der Oberfläche aufliegen. Die Algen

setzen sich am Schiff fest und fressen sich mit Kupfer voll. Durch die Überkupferung

sterben sie ab und bleiben so nicht am Boot.

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Kupferbronzen sind als 2 und als 1 Komponenten Produkt erhältlich. 2 Komponenten

Kupferbronzen haben gegenüber der normalen Kupferbronce den Vorteil, dass sie dichter

sind und so eine Korrosionsschicht bilden (natürlich nicht in Kontakt mit Metall sondern

nur nach einer vorhergehenden Grundierung).

Bei der Renovation empfehlen die Lieferanten nach dem Abspritzen ein zusätzliches

Anschleifen des Untergrundes. Immer vorausgesetzt, dass ein Überstreichen des

Untergrunds vertretbar ist.

Die Schifffahrtsgesellschaft, welche ich bei der Renovation eines Unterwassers begleiten

durfte, spritzt ihre Schiffe jedoch nur ab - kein Anschleifen danach. Die Kupferbronce wird

direkt auf den gereinigten Untergrund gestrichen, welche sich nach dem Abspritzen

ziemlich rau anfühlt. Diese Technik wird von ihnen nun schon seit Jahrzehnten

angewendet - ohne Probleme.

Es werden 2 Anstriche empfohlen. Da die Schifffahrtsgesellschaft ihre Unterwasser

jährlich überholt, genügt ihnen einen Anstrich. Die Schichtdicke wird sonst mit der Zeit zu

gross.

7.2 Hartantifouling *

Hart bedeutet, dass das Bindemittel hart und

unlöslich ist. Die sich im Anstrich befindenden

Biozide werden langsam an die Oberfläche des

Anstrichs befördert und wirken dort gegen den

Bewuchs. Je dicker die Trockenschichtdicke ist,

je länger hält die Antifoulingwirkung. Zurück bleibt

das “Bindemittelgestell“, die so genannte Matrix. Diese

muss bei einer Renovation abgeschliffen werden.

Dieses System ist gut geeignet für Boote, welche viel

im Wasser stehen und sich nicht bewegen. Durch die

ständige Abgabe von Bioziden ist das Boot bestens vor

Bewuchs geschützt.

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7.3 Selbsterodierendes Antifouling *

Erodieren heisst Abtragen. **

Das wasserlösliche Bindemittel wird während der Fahrt

durch die Strömung abgewaschen. So wird die darunter

liegende Schicht von Bioziden aktiviert und wir haben

eine ständige, regelmässige Antifoulingwirkung. Dadurch

haben wir keinen Bewuchs und durch die permanente

Glättung des Rumpfes keinen Geschwindigkeitsverlust.

Dieses System empfiehlt sich für Boote, die oft bewegt

werden. Wegen der ständige Erosion muss darauf

geachtet werden, dass genügend Schichtdicke aufge-

tragen wird. Bei einer Renovation wird der Untergrund

nicht mit zuviel Druck gereinigt, damit wir nicht die ganze

Schicht entfernen. Verschmutzungen kann man mit einem

Schwamm entfernen.

7.4 Dünnschicht-Antifouling *

Dünnschicht-Antifouling wirken durch ihre sehr glatte

Fluorpolymer Oberfläche. Algen und Muscheln haben

grosse Mühe, sich auf diesem Untergrund festzusetzen.

Zusätzlich unterstützt wird das Antifouling durch Kupfer-

zusätze. Durch die glatte Oberfläche und den dadurch

geringen Reibungswiderstand ist dieses Antifouling ideal

für Sportboote aller Art.

Diese Antifoulings können nach dem Abspritzen, nach der

Trocknung ohne Anschleifen direkt überstrichen werden

*

Handbuch, Hempel Yachtfarben, **

Duden

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7.5 Marktanteile der verschiedenen Antifoulings

Auswertung der Fragebogenfrage Nummer 4 (siehe Seite 6):Befragt wurden nur Privatpersonen. Die öffentliche Schiffsfahrt hat keinen Einfluss auf die

folgende Statistik:

Verbraucheranteile Kupferbronze 1K10%Kupferbronze 2K6%DünnschichtKupfer Teflon 34%Hartantifouling22%Selbsterodierend14%Weiss es nicht14%

Die befragten Schiffseigner, welche nicht wissen, was auf ihr Schiff appliziert wurde,

lassen ihr Boot fast ausschliesslich durch die Werft überholen. Das ist zu vergleichen mit

einer Vielzahl unserer Malerkunden, welche nicht daran interessiert sind, mit welchen

Produkten ihr Haus gestrichen wird. Sie vertrauen dem Malermeister. Die Bootseigner

vertrauen der Werft.

7.6 Preisunterschiede der Antifoulingprodukte

Ob ein Boot oft ausgewassert wird oder nicht, ob mit dem Schiff hohe Geschwindigkeiten

gefahren wird oder gar Regatta gefahren wird oder nicht. Dies sind sicher

Entscheidungsgründe für oder gegen ein Antifouling.

Für die Schifffahrtsgesellschaften oder zumindest einen Teil von ihnen ist der Preis der

Produkte eines der Hauptkriterien bei der Selektion der Produkte. Bei hunderten von

Quadratmetern pro Jahr macht das tausende von Franken aus.

Für den privaten “Böötler“, der “nur“ 2 Kilobüchsen für seinen Anstrich braucht, ist der

enorme Preisunterschied vielleicht weniger von Wichtigkeit.

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1 Liter konventionelle Kupferbronce Antifouling kostet: zirka 45 Chf

1 Liter modernes Antifouling(Selbsterrod., Dünnschicht): Zirka 95 Chf

Man bezahlt für ein modernes Antifouling fast das Doppelte. Da ist es wichtig, den

Einsetzungszweck der Schiffe zu kennen. Ein gemütlicher “Hobbysegler“ kann mit der

Kupferbronce durchaus zufrieden sein. Ein Motorboot zum Wasserskifahren streicht man

besser mit einem widerstandsarmen Dünnschichtantifouling. Ich finde es ist die Sache

des Besitzers, nach einem Beratungsgespräch mit dem Fachmann zu entscheiden,

welches Produkt er an seinem Boot als Antifoulingmittel appliziert haben will.

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8 Einen Blick in die Vergangenheit*

Dieses Kapitel ist vor allem auf Salzwassergewässer bezogen. Da ich keine

schweizerische Literatur über die Geschichte der Bootsanstriche finden konnte,

informierte ich mich über das Internet in Deutschland.

8.1 Die Zeit vor den Eisen- und Stahlbooten

Zur Herstellung von Schwimmkörpern verwendete man in der in der mittleren Altsteinzeit

bis zur Mittelsteinzeit (135'000 - 5’000 v. Chr.) hohle und andere kaum bearbeitete,

schwimmfähige Materialien wie Holzäste/-stämme, Schilf, Tierblasen und so weiter.

Einmal nicht mehr schwimmfähig, liess man die Schwimmkörper einfach am

Gewässerrand liegen und verrotten.

Erst als man aufwendigere und grössere Wasserfahrzeuge aus Holz zu bauen begann,

stand immer mehr das Problem der Dichtigkeit von Rümpfen im Vordergrund. Auch wenn

man Risse und Ritzen mit Werg (Stofffasern) verstopfte, leckten die Boote nach einiger

Zeit wie ein Sieb.

Von den Ägyptern weiss man, dass sie schon um 4’000 v. Chr. begannen, ihre Nilschiffe

abzudichten, mit Bitumen und Asphalt. In der Bibel steht: Mach dir einen Kasten aus

Tannenholz und mache Kammern darin und verpiche sie mit Pech inwendig und

auswendig.

Neben dem eindringenden Wasser war immer mehr auch ein Schutz vor Bohrwürmern

notwendig. Der Bohrwurm ist eine gefrässige Muschelart, welche noch heute in der

Ostsee zu finden ist. Dazu schrieb der griechische Prophet Aristoteles (384- 322 v. Chr.),dass man gegen den Bohrwurm am Rumpf Platten aus Blei und Bronze angebracht hat.

Diese Behandlung wurde erstaunlicherweise vergessen und erst im 17. Jahrhundert

wieder entdeckt.

Griechen und Römer verwendeten häufig gefärbte Wachse und später Leinöle, die

angeblich weder vom Seewasser noch vom Winde beschädigt werden konnten.

* Quelle: Freundeskreis Klassischer Yachten, Deutschland

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Im 12 Jahrhundert war Venedig der Handelsplatz für Farben. Gelöste Naturharze wurden

immer mehr verwendet. Jedoch nur im „Überwasserbereich“. Ich bin mir jedoch sicher,

dass diese Produkte auch an Schiffsrümpfen immer wieder aufgestrichen und damit

“gepröbelt“ wurde.

Im 15. Jahrhundert wurde den Schiffen höchstens ein Schutzanstrich aus Fischöl (Tran)

oder Holzteer zugebilligt. Andere Produkte waren in der Zeit zu teuer. Die Holzschiffe

wurden teilweise auch mit Kalk getüncht. Jedoch nicht im Rumpfbereich.

Im 16 Jahrhundert verarbeitete man Mennige und Bleiweiss und Firnisse. Es kamen

erstmals Lacke in Europa auf den Markt. Was für Lacke genau weiss ich nicht. Sie

wurden jedoch am Anfang ausschliesslich für Marineboote im „Überwasserbereich“

verwendet. Auch verwendete man Erdpech oder das aus Mittelamerika eingeführte

Bitumen und vermischte es mit Kalk, Öl und zerriebenem Werg (Stofffaser). Man füllte

damit die Ritzen im Holzrumpf und bestrich die Aussenplanken damit. Ansonsten

verwendete man im Unterwasser Pech oder Teer.

Im 17. Jahrhundert wurden etliche neue Techniken entwickelt. Dem Teer wurde nun

auch Schwefel und Talk beigemischt. 1625 erfand der Engländer W. Beale zum Schutz

gegenüber dem Bohrwurm eine Schiesspulverfarbe. Dem Schiesspulver wurde Zement

und Kupferarsen zugemischt. Man glaubte, eine echte Revolution erfunden zu haben. Die

Spanier begingen neue Wege. Sie befestigten auf den vorhandenen Planken eine

Schicht, die aus Füllhaar und Glas bestand. Darüber wurde eine weitere, dünne Schicht

Planken aufgenagelt. Diese wurde den Bohrwürmern “zum Frass vorgeworfen“. 1669

erwarben zwei Engländer ein Patent, demnach eine Mixtur aus Harz, Pech, Bienenwachs,

Terpentin und Körnerlack das Schiff schützen sollte.

Körnerlack stammt von der Schildlaus und ist das “Mutterprodukt“ für Shelllack. Der uns

bekannte Schelllack kam aber erst 200 Jahre später auf den Markt.

Die “Innovationen“ gingen immer von Schiffskapitänen oder von Werften aus. Es gab

noch keine Forschungsindustrie wie wir sie heute kennen.

Viele Werften begannen in diesem Jahrhundert, ihre Werkstücke respektive deren

Rümpfe mit Kupferplatten zu beschlagen. Diese Technik wurde bei Holzschiffen nebst

anderen “Innovationen“ noch bis anfangs 20. Jahrhundert verwendet. Die Oxidation des

Kupfers wirkte gegen den Wurm und auch gegen Bewuchs.

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41

8.2 Epoche der Eisen und Stahlboote

1822 lief das erste aus Eisen gebaute Schiff, die Ason Mandby, vom Stapel. Nun waren

wieder Erfinder gefragt. Das Problem hiess bei den Eisenbooten nicht Bohrwurm sondern

Korrosion. Man fand heraus, dass (mindestens) 2 Anstriche appliziert werden müssen.

Ein Korrosionsschutz und einen Anstrich gegen den Bewuchs. Die ersten Eisenschiffe

wurden mit Bleimennige, Bleiweiss oder mit Zinkweiss aber auch noch mit Kohlenteer

gestrichen. Mit diesen Farben behandelte man auch die “Unterwasser“ der Holzschiffe.

Blei, welches schon im Altertum verwendet wurde, wurde in Form von Farben wieder

verwendet. Bis ins 20. Jahrhundert, als man Blei aus umwelttechnischen Gründen aus

dem Verkehr zog. Die Rumpffarben wurden in verschiedenen Farbtönen gestrichen. Zum

Beispiel in Ocker und Blau.

Wurde Bleimennige im Rumpfbereich verwendet, so war die Wirkung eigentlich keine. Der

Anstich quoll, wenn er nicht 6 bis 8 Monate vor dem “Einwassern“ trocknen konnte. Der

Korrosionsschutz war also nicht gewährleistet.

Auch Ölfarben stellten sich als nicht ideal heraus. Sie zeigten keine Wirkung gegen

Bewuchs. Man verwendete für Eisenschiffe einige Zeit Zinkweissanstriche welcher beim

letzten Anstrich erhitzter Talk beigegeben wurde.

Im Jahre 1848 erfanden die Engländer eine der ersten Antifoulingfarbe auf Zinkbasis,

welche bisherige Produkte in den Schatten stellt.

Ein anderes Produkt wurde aus Kopalharz hergestellt. Man setzte ihm das Destillat

Kopalöl, Kolophonium und Pech bei. Dieses Gemisch löste man in Spiritus und fügte

anschliessend noch Leinöl, Caput mortum und Rizinusöl bei.

Im Bremerhafen erfand der Segelschiffkapitän Rahtjen 1860 die erste wirklich wirksame

Antifoulingfarbe. Diese Farbe wurde wegen ihrer roten Farbe auch “red hand“ und wegen

ihrer Patentierung auch Patentfarbe genannt. Sie wurde in die Klasse 1 bis 5 eingeteilt. Je

höher der Giftanteil, je höher die Nummer.

Der 1. Anstrich basierte auf einer alkoholischen Schelllacklösung in Verbindung mit

Eisenoxyd. Dem zweiten Anstrich wurde zusätzlich etwa 7 % Quecksilberoxid und zirka

6% Arsen beigemischt. Rahtjens hochgiftige “Patentfarbe“ wurde wegen ihrer Wirkung

gegen Bewuchs von vielen Seefahrernationen verwendet. Heute aus umwelttechnischen

Meisterprüfung 2003 - Kandidat Nr. 23 Unterwasseranstriche auf Stahlboote

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Gründen unvorstellbar. Die Schiffe mussten wegen der zur damaligen sehr guten

Antibewuchseigenschaft nur noch alle 10 bis 14 Monate ein Dock aufsuchen.

Bei Rahtjens wurde mit der Zeit auch Kupferbronce verarbeitet. Anstelle des teuren

Schelllacks wurden für die Patentfarbe mit der Zeit günstigere Harze wie Copale

verwendet.

Zwischen 1850 bis 1950 machte die Entwicklung immer wieder interessante

Entdeckungen und Fortschritte. Die industrielle Revolution wie auch die Weltkriege waren

oft “die Väter aller Dinge“ und trieben die chemische Forschung ständig an. Ab 1850

verwendete man im Schiffbau immer häufiger Stahl statt Eisen. Das Problem der

Korrosion war dasselbe.

Nebst den Anstrichen wurden immer wieder Versuche mit anderen Belägen getestet. So

wurde der Stahlrumpf zum Beispiel mit einer Lage Teakholz belegt, auf welche

anschliessend Kupferplatten montiert wurden. Galvanische Korrosion war bei dieser

Methode das Problem. Auch wenn man einige Jahre später versuchte, noch eine

zusätzliche Lage Holz zu montieren, und die Stösse mit Werg und Holzleim abgedichtet

wurden. Derartige Methoden wendete man aber vorübergehend nur bei Kriegsschiffen an,

da ein solches Vorgehen für die “normale“ Schifffahrt viel zu teuer war. Holzschiffe

wurden in erster Linie immer noch mit Kupfer oder den billigeren Zinkplatten beschlagen.

Doch auch hier wurde nach günstigeren Varianten gesucht (Anstriche).

Mit dem 1882 beginnenden Handel mit Petroleum und anderen Erdölprodukten standen

der Forschung neue Materialien zur Verfügung.

1920 kamen verschieden Harzersätze(Kunstharze) auf den Markt. Neben dem mir

bekannten, ältesten Kunstharz “Bakelit“, mit welchem auch die ersten Telefongehäuse

hergestellt wurden, war noch das sogenannte “Albertol“ auf dem Markt. Es basiert auf

Kumaronharz.

1925 kam ein hochgiftiger Mennige auf den Markt. Dieser Mennige war ein Gemisch aus

Leinölfirnis und Mennigepulver, welches aus Bleioxyd gewonnen wurde. Diese Mennige

waren, eine lange Trockenzeit vorausgesetzt, wasserdicht. Die Öle wurden später durch

Alkydharz ersetzt.

Meisterprüfung 2003 - Kandidat Nr. 23 Unterwasseranstriche auf Stahlboote

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Ab 1937 trat die Chemie immer mehr in den Vordergrund. Cellulosederivate,

Hochpolymere und Kautschuk wurden in der Farbindustrie neu als Bindemittel eingesetzt.

Durch die Rohstoffknappheit nach dem 2. Weltkrieg wurden ab 1946 Leinöle durch

preiswertere Alkyd-Harze oder vollständig durch Kunststoffe wie Polyurethan und Epoxide

ersetzt. Die Entwicklung lief weiter bis zum heutigen Tag und es wird fleissig

weitergeforscht. Lösemittelfreie und Biozidfreie Antifouling sind bereits auf dem Markt.

Biozidfreie Antibewuchsfarben konnten sich jedoch gemäss Lieferanten bis anhin nicht

durchsetzen.

Solange man Produkte mit Bioziden verwenden darf, kauft und verwendet der grosse Teil

der Kundschaft diese Produkte. Weil sie zurzeit einfach noch den besseren Schutz vor

Bewuchs bieten.

Wasserverdünnbare Primer vernetzen nicht dreidimensional und bieten deshalb im

“Rumpfbereich“ noch nicht den gleichen Korrosionsschutz wie lösemittelverdünnbare 2 K

Lacke. Die 2 Lieferanten, von welchen ich technische Informationen bekam, führen beide

noch keine Primer und Antifoulings auf Wasserbasis in ihrem Sortiment.

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9 Schlusswort Die Beschichtung und Renovation von Stahlbooten waren für mich “Neuland“. Gerade

dieses “Nichtwissen“ war für mich ein grosser Ansporn, Informationen zusammen zu

tragen und mich mit diesem Thema intensiv zu befassen. Ich konnte mir dabei Wissen

aneignen, welches mir auch auf der “normalen“ Baumalerei von Nutzen sein wird.

Ausserdem begegnete ich vielen interessanten Personen und knüpfte dabei gute

Kontakte.

Ich bedanke mich bei meinem „Diplomgötti“ und allen Personen, die mir, wenn ich einmal

nicht mehr weiterwusste, mit Rat und Tat zur Seite standen.

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