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Tipps und Tricks zur erfolgreichen Gestaltung des Schüleraustausches Up and away Handbuch internationaler Schüleraustausch

Up and away - Bayerischer Jugendring...und vieles andere aus erster Hand kennen. Es werden zwar viele touristische Bedürf-nisse unbefriedigt bleiben müssen, doch die einmalige Chance

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Tipps und Tricks zur erfolgreichen Gestaltung

des Schüleraustausches

Up and away

Handbuch internationaler

Schüleraustausch

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Prävention vor sexueller Gewaltin der Kinder- und Jugendarbeit

Tipps und Tricks zur erfolgreichenGestaltung des Schüleraustausches

Handbuch internationalerSchüleraustausch

Up and away

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Herausgeber:Bayerischer Jugendring (K.d.ö.R.)vertreten durch die PräsidentinMartina Kobriger

Anschrift:Herzog-Heinrich-Straße 780336 München

Fon: 0 89/5 14 58-0Fax: 0 89/5 14 [email protected]

Autor:Gerhard Böttcher

Titelbild:Sabrina Staudinger

Fotos:Bauer, Bildpixel, BJR, Braune (Pixelio), DBJR,Fink, Hundseder, Klaus, Möhrlein, Rilk

Gestaltung/PrePress:Brandl und Team Werbeagentur, München

Druck:Weber Offset, München

Auflage:2.000 Ex.

ISBN-Nummer:3-925628-36-3

Bestellnummer:377

Stand:Oktober 2010

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Impressum

Impressum

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Handbuch internationaler Schüleraustausch

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Inhalt

Handbuch internationaler Schüleraustausch

Impressum ........................................................................................................................................................................ 5

VorwortAustauschschüler/-innen: Eine Klasse für sich .......................................................................................... 9

1. Der Austauschrahmen ........................................................................................................................................ 10

2. Vorbereitung auf den Austausch ..................................................................................................................... 112.1 Vorbereitungstreffen ..................................................................................................................................... 112.2 Ehemalige ......................................................................................................................................................... 112.3 Partner/-in befragen .................................................................................................................................... 122.4 An die Austauschschule schreiben ........................................................................................................ 122.5 Materialien aus der Heimat einsetzen .................................................................................................. 132.6 Klima und Kleidung ...................................................................................................................................... 132.7 Landeskunde ................................................................................................................................................... 132.8 Projekt vorbereiten für die Schule daheim ......................................................................................... 142.9 Das Handbuch ................................................................................................................................................ 142.10 Das Vorbereitungswochenende ............................................................................................................ 14

3. Der Schulbesuch im Ausland ............................................................................................................................ 153.1 Schulbesuchs- und Präsenzpflicht .......................................................................................................... 153.2 Ausgangssituation der Austauschprogramme im Ausland .......................................................... 163.3 Probleme und interkulturelle Missverständnisse ............................................................................ 173.4 Fächerwahl ....................................................................................................................................................... 183.5 Unterrichtsstil ................................................................................................................................................ 203.6 Deutsch als Fremdsprache ........................................................................................................................ 213.7 Extracurricular Activities ............................................................................................................................ 213.8 Kleiderordnungen und Schuluniformen .............................................................................................. 223.9 Hausaufgaben und Leistungskontrollen ............................................................................................. 223.10 Verpflegung während der Unterrichtswoche ................................................................................... 233.11 Rauchen .......................................................................................................................................................... 243.12 Anwesenheit anderer Gastschüler/-innen an der Schule .......................................................... 243.13 Teilnahmebestätigung .............................................................................................................................. 243.14 Auswirkungen des Schulbesuchs ........................................................................................................ 25

4. Das Leben in der Gastfamilie ........................................................................................................................... 264.1 Die Gastfamilie beim Schüleraustausch auf Gegenseitigkeit ..................................................... 264.2 Aufsichtspflicht ............................................................................................................................................. 264.3 Hausordnung oder „My home is my castle“ ...................................................................................... 284.4 Mitarbeit im Haushalt ................................................................................................................................. 284.5 Reisetätigkeit während des Aufenthaltes ........................................................................................... 284.6 Elternbesuche ................................................................................................................................................ 304.7 Die Rolle des Austauschpartners/der Austauschpartnerin ......................................................... 304.8 Kontakt zum Heimatland ............................................................................................................................ 314.9 Integration ....................................................................................................................................................... 324.10 Besuch von Einrichtungen der Jugendarbeit ................................................................................... 324.11 Länge des Aufenthaltes ............................................................................................................................ 334.12 Alkohol und Drogen: Jugendschutzgesetze im Ausland ............................................................. 33

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Inhalt

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Inhalt

5. Exkursionen ............................................................................................................................................................. 34

6. Reisepraktisches ................................................................................................................................................... 366.1 Gesundheit und Impfungen ...................................................................................................................... 366.2 Versicherungsschutz ................................................................................................................................... 366.3 Taschengeld .................................................................................................................................................... 376.4 Wetter und Klima .......................................................................................................................................... 386.5 Gepäck .............................................................................................................................................................. 38

7. Rückkehr ins Heimatland ................................................................................................................................... 397.1 Das „Re-entry“-Problem ............................................................................................................................. 397.2 Erfahrungsberichte an der eigenen Schule ........................................................................................ 407.3 Pressearbeit .................................................................................................................................................... 417.4 Kontakt halten ................................................................................................................................................ 417.5 Nachlernen und Leistungskontrollen ................................................................................................... 42

8. Der Gegenbesuch des Austauschpartners/der Austauschpartnerin .............................................. 428.1 Die Verantwortung als Gastgeber/-in ................................................................................................... 428.2 Fremdsprache Deutsch ............................................................................................................................... 438.3 Kultur- und Klimaschock ............................................................................................................................ 438.4 Der Schulbesuch beim Gegenbesuch ................................................................................................... 458.4.1 Die Rolle des Gastgebers/der Gastgeberin bei der schulischen Integration .................... 458.4.2 Die Rolle des Austauschtutors/der Austauschtutorin ............................................................... 468.4.3 Die Kunst, einen guten Stundenplan zu erstellen ....................................................................... 468.4.4 Sonstige flankierende Maßnahmen für den Gast an der Schule ........................................... 478.4.5 Projekt für die Schule im Heimatland ............................................................................................... 48

9. Der Familienaufenthalt beim Gegenbesuch .............................................................................................. 499.1 Gastgeberpflichten ....................................................................................................................................... 499.2 Förderung der Eigenständigkeit des Gastes ..................................................................................... 499.3 Die Problematik der „freien Nachmittage“ ........................................................................................ 499.4 Deutsch als Verständigungsmittel ......................................................................................................... 509.5 Handlungskompetenz im Alltag .............................................................................................................. 519.6 Fernsehen ........................................................................................................................................................ 529.7 Ernährung ........................................................................................................................................................ 529.8 Missverständnisse in der Kommunikation ......................................................................................... 529.9 Ausflugsprogramme: „Weniger ist mehr“ .......................................................................................... 529.10 Sportliche Aktivitäten ............................................................................................................................... 539.11 Paradigmenwechsel bei der Gestaltung des Gegenbesuchs ..................................................... 549.12 Ausgaben beim Gegenbesuch ............................................................................................................... 559.13 Alkohol ............................................................................................................................................................ 569.14 Privatsphäre .................................................................................................................................................. 569.15 Eigenständige Reisetätigkeiten des Gastes .................................................................................... 57

10. Besonderheiten beim Schüleraustausch mit Frankreich / Quebec ................................................ 57

10. Die Berlinfahrt ...................................................................................................................................................... 58

11. „Think globally – act locally“ oder „Was der Schüleraustausch wirklich bringt“.................... 60

Literaturverzeichnis ................................................................................................................................................... 62

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Handbuch internationaler Schüleraustausch

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Tipps und Tricks zur erfolgreichenGestaltung des Schüleraustausches

Vorwort

Austauschschüler/-innen: Eine Klasse für sich

Herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichenVermittlung beim internationalen Schüleraus-tauschprogramm des Bayerischen Jugend-rings. Du hast vermutlich eine der größtenund vielleicht eine der wichtigsten Entschei-dungen in Deinem bisherigen Leben getrof-fen. Das spricht für Dich. Denn was wir schonimmer geahnt haben, wissen wir seit einergroß angelegten Untersuchung zum Schüler-austausch genauer: Austauschschüler/-innensind eine Klasse für sich. Sie unterscheidensich durchaus von denjenigen, die sich nichtfür einen längeren Auslandsaufenthalt inter-essieren und es vorziehen, daheim zu blei-ben. Zu den wichtigsten Persönlichkeitsmerk-malen, die wir in der Studie herausgefundenhaben, zählen die folgenden:

Austauschschüler/-innen schätzen sich zu-meist eher weltoffen ein und haben in der Re-gel schon diverse Auslandsaufenthalte hintersich. Es sind besonders häufig Mädchen, diesich für die Austauschprogramme des Bayeri-schen Jugendrings bewerben (etwa 75 % derBewerber sind Mädchen, nur 25 % sind Jun-gen). Die Austauschschülerinnen sind aktiverals ihre Mitschülerinnen. Das gilt für den Ein-satz bei der Schülermitverwaltung, der Schü-lerzeitung, bei sportlichen Aktivitäten und imverbandlichen Bereich, wie z. B. in kirchlichen

Jugendgruppen. Das Interesse zur Teilnahmeam Austausch geht häufig von den Mädchenselbst aus. Im Vergleich zu befragten Nicht-teilnehmer/-innen zeigt sich bei den Austausch-schüler/-innen ein ausgeprägteres sozialesGewissen, wenn es darum geht, die Rechtebenachteiligter Minderheiten zu schützen oderwenn es um Fragen des Umweltschutzes geht.Viele der von uns befragten Austauschschü-ler/- innen halten sich für lebensfroh. DasLernen in der Schule fällt ihnen ziemlich leichtund sie sind eher gute Schüler. Sie haben Ver-trauen in die eigenen Fähigkeiten und Stärken.

Vielleicht erkennst Du Dich bei einigen die-ser Merkmale wieder. Die Ergebnisse überra-schen eigentlich nicht. Denn zur Teilnahmeam Austausch benötigt man Kraft, Toleranzund Durchsetzungsvermögen. Es ist nicht soeinfach, Eltern, Geschwister, Freunde, dieSchule und alles, was einem vertraut und liebist, temporär aufzugeben für etwas völligNeues und vor allem Unbekanntes. Es sprichtfür Dich, dass Du Dir ein Projekt dieser Grös-senordnung zutraust.

Es spricht aber auch für Deine Eltern, dasssie Dein Vorhaben unterstützen, finanzierenwollen und die Bereitschaft aufbringen, Dichso lange fortzulassen und schließlich auchjemanden für eine längere Zeit bei Euch zuHause aufzunehmen.

Wir möchten Dir bei der Vorbereitung aufden Austausch helfen. Dazu ist unter anderemdieses kleine Handbuch gedacht.

Austausch-schüler/ -innensind zu 75 %Mädchen

Austausch ist ein großes Projekt

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Vorwort

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So nachvollziehbar dieser Standpunkt auchist, zeigt sich dennoch, dass eine gute Vorbe-reitung zu einem guten Gesamterleben desAustausches beiträgt.

Wir wollen dazu beitragen, die möglicher-weise diffusen Erwartungen in eine etwasrealistischere Richtung zu korrigieren, dennEnttäuschungen sind häufig unerfüllte Er-wartungen, und die möchten wir Euch – imRahmen des Möglichen – gerne ersparen.

Auf jeden Fall ist das Erlebnis, Austausch-schüler/-in zu sein, zumeist einmalig. DasBesondere daran ist, dass man im Ausland ineiner Familie lebt und in die Schule geht wieein Einheimischer/eine Einheimische. Manlernt den Alltag, den Lebensstil der Gastfamilie,das Schulsystem, die kulturellen Traditionenund vieles andere aus erster Hand kennen.

Es werden zwar viele touristische Bedürf-nisse unbefriedigt bleiben müssen, doch dieeinmalige Chance liegt im Erleben des Alltagsund in der Schule, wie sie wahrscheinlich –von Ausnahmen abgesehen – nie wiederkehrt.Fast alle Austauschschüler/-innen sagen nachRückkehr ins Heimatland, dass sie einen er-neuten und möglicherweise längeren Besuchin das Austauschland planen. Mit großerSicherheit wird es dann Möglichkeiten geben,viele der Sehenswürdigkeiten, die das Landnoch bereit hält, kennen zu lernen und zu-gleich alte Schauplätze, alte Freunde und dieGastfamilie wieder zu besuchen. Deshalbsollte man sich von vornherein im Klaren dar-über sein, dass dieser Auslandsaufenthaltmit keiner touristischen Reise, die Ihr vorhermit oder ohne Eure Eltern unternommen habt,in irgendeiner Weise zu vergleichen ist. ImErleben einer alltäglichen Situation liegt einungeheures Potenzial, das sich Tag für Tagneu erschließt. Dabei werden viele der Se-henswürdigkeiten, die das Land in der ferne-ren Umgebung noch so reizvoll machen, beimAuslandsaufenthalt während des Schüler-austausches unerreichbar bleiben, da eigen-ständige Reisen kategorisch ausgeschlossensind.

Möglichkeiten, die nähere und vielleichtauch weitere Umgebung kennen zu lernen,sind z. B. Ausflüge mit der Gastfamilie, mit-unter „Field Trips“ oder Camps, die durch die

1. Der Austauschrahmen

Um Missverständnissen vorzubeugen: Wirmöchten in keiner Weise dazu beitragen, bis-her nicht vorhandene Vorurteile aufzubauenoder etwaige vorhandene zu verstärken. Wirkönnen und wollen den vielfältigen undäußerst unterschiedlichen Erfahrungen, diejede/jeder machen wird, in keiner Weise vor-greifen. Letztlich ist jeder Austausch einmaligund unterscheidet sich vom anderen. KeineGastfamilie ist wie die andere, keine zweiSchulen sind identisch. Eine Familie wohnt inder Stadt, die andere auf dem Land. An dereinen Schule sind vielleicht 20 Austausch-schüler/-innen aus acht Nationen, an der an-deren Schule ist man alleine. Die Liste ließesich beliebig verlängern. Der BJR setzt alsVeranstalter einen Rahmen, den Du mit DeinerTeilnahme, Deinen Gestaltungsmöglichkeitenund Deinen Erlebnissen ausfüllst. Wir möchtenuns bei den Informationen in diesem kleinenHandbuch darauf beschränken, die Rahmen-bedingungen herauszustellen, unter denender Austausch stattfindet. Das sind sozusagendie harten Fakten, die sich durch Rückmel-dungen vieler Austauschschüler/-innen, aberauch durch Eltern und Lehrkräfte, als jahre-lange Erfahrungswerte erwiesen haben, diedurch die wissenschaftliche Untersuchungdes Schüleraustausches abgesichert sindund noch erheblich erweitert wurden.

Viele Austauschschüler/-innen sagen, dasssie sich nicht zu sehr vorbereiten wollen, umdem neuen Land und den Menschen dortmöglichst unvoreingenommen zu begegnen.10

Austausch istErleben von Alltag und keinTourismus

Handbuch internationaler Schüleraustausch

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Schule organisiert werden. Bei einigen Pro-grammen des BJR, wie derzeit in Australienund Kanada, gibt es eine von der Partnerorga-nisation organisierte landes- bzw. naturkund-liche Exkursion, deren Teilnahme aber absolutfreiwillig ist, zumal sie auch mit Mehrkostenverbunden ist.

Mit Sicherheit lernst Du das Land und seineEinwohner besser kennen als viele Touristen,die für wenige Tage oder Wochen in kürzesterZeit viele Sehenswürdigkeiten bereisen.

2. Vorbereitung auf den Austausch

Zur Vorbereitung gehören zumeist nicht sosehr die „großen Themen“, sondern unter denNägeln brennen viele kleine praktische Fragen,die im Alltag von zum Teil erheblicher Bedeu-tung sind. Deshalb plant der BJR für jedesAustauschprogramm ein Vorbereitungstreffenbzw. ein interkulturelles Training ein Wochen-ende lang.

2.1 Vorbereitungstreffen

Zu diesem mehrstündigen Vorbereitungs-treffen, das an einem Tag stattfindet, werden

ehemalige Teilnehmer/-innen des Austausch-programms des betreffenden Landes eingela-den. Diese berichten von ihren Erfahrungenund beantworten Fragen. Hieraus erwachsenauch viele Tipps zur sinnvollen Fächerwahlund etwaigen Kleidungsvorschriften in derSchule, zu Land und Leuten, zum Wetter undvielem anderen mehr. Auch informieren dabeiBJR Mitarbeiter/-innen über den aktuellenPlanungsstand der Programmdurchführung,geben Hinweise zu der Durchführung der Flug-reisen und stellen die Reiseleiter/-innen vor,weisen auf Besonderheiten in dem jeweiligenAustauschjahr hin und beantworten ebenfallsalle Fragen zum Austausch. Diese Veranstal-tungen, zu denen auch die Eltern eingeladenwerden, sollen so viele Unklarheiten wie mög-lich ausräumen. Wenn möglich, werden auchVertreter der Austauschländer bzw. der Part-nerorganisationen anwesend sein. Bei diesenTreffen werden auch die Gestaltung und mög-liche Probleme, die beim Gegenbesuch derausländischen Gäste auftreten können, ange-sprochen.

2.2 Ehemalige

Ehemalige des Vorjahres nach ihren Erfah-rungen zu befragen, kann besonders interes-

Von Erfahrun-gen andererprofitieren

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Austauschrahmen

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2.4 An die Austauschschule schreiben

Es ist absolut in Ordnung, deutlich vor An-kunft an der Schule im Ausland ein Lebens-zeichen zu senden. Man kann sagen, dassman sich freut zu kommen und dabei gezielteinige Fragen einschmuggeln. Das kann derFächerkanon an der Schule sein, Fragen zurKleiderordnung oder ob es sonst noch etwasan der Schule zu beachten gibt. Vielleichtkann man der Schule, etwa der Deutschlehr-kraft, anbieten, etwas aus Deutschland mit-zubringen. Häufig sind es für Lehrkräfte diekleinen „Realien“, d. h. authentische Mate-rialien, Gegenstände aus dem Heimatland,die die Gestaltung des Fremdsprachenunter-richts lebendiger machen. Das kann der neu-este U-Bahn-Plan von München sein, die Spei-sekarte eines typischen Restaurants der Re-gion, ein Poster oder Prospekt vom örtlichenFremdenverkehrsverein. Die machen das gern– oft sogar umsonst oder äußerst günstig –wenn man sagt, dass man das Material für„Promotion“-Zwecke im Ausland verwendenwill. Die Deutschlehrkräfte freuen sich hierü-ber und hängen solche Dinge gern im Klassen-zimmer auf. In den meisten Ländern haben dieLehrkräfte so etwas wie einen „home-room“,etwa im Deutsch-Department, und die Schü-ler/-innen „wandern“ zu den jeweiligen Lehr-kräften und nicht umgekehrt. Du schaffst Direinen fabelhaften Einstieg an Deiner Schuleim Ausland, wenn Du hier mit für Dich wenigAufwand ein kleines bleibendes Präsent ab-lieferst, mit dem die Deutschlehrkraft etwasanfangen kann. Das kann man im Übrigenauch unaufgefordert machen, falls von der

sant sein, wenn jemand im Vorjahr an dergleichen Schule im Ausland war und er odersie Dir jetzt viele konkrete Tipps geben kannund Dir gezielte Fragen etwa zur Schule, denFächern, den Lehrkräften, den Sport- und Mu-sikmöglichkeiten, der Kleidung usw. beant-worten kann. So lassen sich viele individuelleFragen vorher klären. Auch kann man anhandder Teilnehmerliste prüfen, ob jemand im Nah-bereich wohnt und so Möglichkeiten für einpersönliches Treffen gegeben sind.

2.3 Partner/-in befragen

Nach Vermittlung bekommt jede/r die Ad-resse seiner Austauschpartnerin/seinesAustauschpartners. Empfohlen ist dann dieKontaktaufnahme, damit man sich bessergegenseitig kennenlernt. Das geht heutzuta-ge z. B. per E-mail wunderbar einfach. Auchscheinen Leute, die traditionell eher zu denSchreibfaulen gehören, sich leichter an denComputer zu setzen und eine Mail zu schrei-ben, als sie es früher getan hätten, wenn sieeinen Brief hätten schreiben müssen. Im Rah-men dieser Korrespondenz ist es absolutstatthaft, um nicht zu sagen extrem sinnvoll,den Partner/die Partnerin nach Dingen zu be-fragen, die einen einfach interessieren. Dazugehören möglicherweise auch Informationen,die der Partner/die Partnerin nicht weiß, aberunschwer in Erfahrung bringen kann. Oft wer-den die BJR Mitarbeiter/-innen gefragt:

• „Kann ich ein Musikinstrument in der Schule ausleihen?“

• „Gibt es Übungsmöglichkeiten, wenn ich meine eigene Geige mitnehme?“

• „Gibt es in der Nähe eine Ballettschule?“ • „Kann ich ein Pferd ausleihen und reiten?“• „Gibt es die Möglichkeit, Fechtunterricht zu

nehmen?“ • „Welche Sportmöglichkeiten gibt es in der

Schule?“

In der Regel kann der Partner/die Partnerindiese Informationen selbst liefern. So kannman der Korrespondenz einen zusätzlichenpraktischen Sinn geben und kommt letztlichmit dem Partner/der Partnerin ins Gespräch,indem man Fragen stellt.

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Vor Beginn desAustauscheswichtige Informationeneinholen

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Lehrkraft kein Wunsch geäußert wird. Denkbarsind auch ein paar Kochrezepte, die man mit-nehmen kann. Dann kann man in der Schulezu einem bestimmten Anlass Plätzchen backenoder auch etwas Solideres zubereiten (z. B.Kartoffelsalat). Diese Rezepte lassen sich auchwunderbar in der Gastfamilie verwerten, diesich meistens riesig freut, wenn der Austausch-schüler/die Austauschschülerin vorschlägt, z. B. einmal im Monat etwas Deutsches zukochen. Das bedarf oftmals nur einer kleinenVorbereitung, kann aber Utensilien beinhalten,die es nur in Deutschland gibt, welche auchhöchst originelle Gastgeschenke sein können.So schrieb Monika aus Kempten: „Ich hatteeine Spätzlemaschine dabei und habe ihnengezeigt, wie man so etwas macht. Die warentotal begeistert.“

2.5 Materialien aus der Heimat einsetzen

Fotos, Broschüren, Prospekte, Landkarten,Spiele (z. B. „Deutschlandreise“), Bildbändeetc. aus der eigenen Region machen das Le-ben im Heimatland plastisch und dienen auchder Vorbereitung auf den Gegenbesuch desAustauschpartners/der Austauschpartnerin.Das kostet keine große Mühe, wird gerne an-geschaut und kann für die mentale Grund-einstimmung auf den Gegenbesuch eine äu-ßerst hilfreiche Maßnahme sein.

2.6 Klima und Kleidung

Zu diesem Thema empfiehlt es sich, Recher-

chen über die verschiedenen Informations-möglichkeiten wie etwa das Internet, den Aus-tauschpartner/die Austauschpartnerin, Reise-führer etc. anzustellen.

Es ist beispielsweise wissenswert, dass inAlberta/Kanada im Herbst schon mal relativfrüh Schnee fallen kann oder in Neuseelandauf der Südinsel Ende März schon mal kühleherbstliche Winde/Stürme toben können. Eslohnt sich, vorhandene Informationsquellenanzuzapfen und sich entsprechend auch vonder Kleidung her auf die Witterung vorzube-reiten. Dabei darf nicht vergessen werden,dass in aller Regel nur 20 kg Gepäck im Flug-zeug mitgenommen werden dürfen und mansich warme Kleidung auch ausleihen oder u.U. im Ausland ein Stück hinzu erwerben kann.Das kommt oftmals günstiger, sollte aber imTaschengeldbudget vorher mit veranschlagtwerden.

2.7 Landeskunde

Es macht sich immer ganz gut, wenn manMindestkenntnisse über das politische Sy-stem des Gastlandes hat und weiß, welchePartei regiert, wie die Aufteilung in Bundes-staaten oder Provinzen organisiert ist undauch ein klein wenig über die geschichtlicheEntwicklung in groben Zügen weiß. Informa-tionen hierüber kann man entweder aus derSchule oder der örtlichen Bücherei erhalten.Auch gute, möglichst aktuelle Reiseführerenthalten Informationen über Land und Leute.

Mitbringsel ausder Heimatkommen gut an

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Austauschrahmen

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und selbst natürlich auch viel Neues. Umge-kehrt erhält die Englischlehrkraft Informatio-nen aus erster Hand, hochaktuell und aus derSicht eines Jugendlichen sowie für das Ziel-gebiet absolut aussagekräftig. Du sparst Dirmit großer Sicherheit viel Arbeit, wenn Du einThema schon gut vorbereitest. Es kann ja auchz. B. eine Befragung Jugendlicher zu einembestimmten Thema sein, die Du durchführst.

Das Gleiche gilt für ein mögliches späteresReferat in den Fächern Englisch, Erdkunde,Sozialkunde etc. Du könntest im Ausland In-formationen sammeln, mit denen Du zuhausePunkte erzielen kannst.

2.9 Das Handbuch

Dieses Handbuch soll bei der Vorbereitunghelfen. Wenn Du Ideen für eine Verbesserunghast, gleich welcher Art, lass es uns wissen.Dies ist die zweite Ausgabe des Handbuchs.Weitere werden folgen. Auch Rückmeldungen,was besonders sinnvoll und hilfreich war,sind willkommen. Vielleicht können wir durchTipps, die von Dir kommen, das Handbuchnoch einmal verbessern und somit zukünfti-gen Austauschschüler/-innen noch gezielterbei der Vorbereitung auf den Schüleraus-tausch helfen.

2.10 Das Vorbereitungswochenende

Vorbereitung hilft, das sagen alle, zumin-dest sagen sie es hinterher nach der tatsäch-lich gemachten Erfahrung. Manche wollen esvorher nicht so recht glauben und zweifelnam Sinn von Vorbereitung. Sie wollen so offenwie möglich rangehen und sich nicht zu viele

Eine kleine Literaturliste ist im Anhang zudiesem Handbuch aufgeführt.

Umgekehrt sollte man sich auch darüber imKlaren sein, dass man Fragen über Deutsch-land beantworten wird. Zwar sind die am häu-figsten von Teenagern gestellten Fragen dienach Popgruppen, Freizeitverhalten Jugend-licher oder andere Alltagsthemen. Es könnenaber auch Fragen zu Fremdenfeindlichkeit,Neonazis, zur Nazizeit, Wiedervereinigung,zur EU-Erweiterung oder ähnliche Themenkommen. Es wirkt auch gut informiert, wennman politische Themen benennen kann, dieaktuell national kontrovers diskutiert werden,wie z. B. Migration und Integration, das Pro-blem der Energieversorgung in der Zukunftusw., um nur einige Beispiele zu nennen.Auch kann es interessant sein, den Föderalis-mus in Deutschland darzustellen ebenso wiedas Zusammenleben innerhalb der Europäi-schen Union. Das sind alles keine ernsthaftenHerausforderungen, wenn man jeden Tag dieZeitung liest. Schaden kann es jedenfalls nicht,sich ein paar Gedanken hierüber zu machen.

Interessant könnte auch sein, ein Video ausdem Heimatland mitzunehmen (Frage derKompabilität des Videosystems vorher klären),das in der Schule gezeigt werden kann.

2.8 Projekt vorbereiten für die Schule daheim

Immer wieder kommen Austauschschüler/-innen nach Rückkehr aufgrund der im Auslandgemachten Erfahrungen auf die Idee, z. B.eine Facharbeit über den Austausch bzw. dasAustauschland im weitesten Sinne zu schrei-ben. Oftmals hat man dann aber nicht mehrden unmittelbaren „Zugriff“ wie während desAustausches auf Land, Leute und die dazugehörigen Informationen.

Deshalb empfiehlt es sich im einen oderanderen Fall, im Vorwege mit Eurem Englisch-lehrer/Eurer Englischlehrerin zu reden undüber mögliche denkbare Themen zu sprechen,die Dir am Herzen liegen und für die Du imGastland gezielte Recherche treiben könntest.Dann schlägst Du allerhand Fliegen mit einerKlappe. Du kommst an authentische Materia-lien heran wie keiner hier zu Hause. Zudemist es interessant, im Ausland etwas aufzu-spüren; man lernt dabei Menschen kennen14

„Du bist immerauch Repräsen-tant/-in DeinesHeimatlandes“

Politische Mindest-kenntnisse sind sehr wichtig

RegelmässigerSchulbesuch ist Pflicht

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Gedanken machen. Das ist zwar legitim, so zudenken, es widerspricht aber allen Erkennt-nissen und Erfahrungen. Insofern wollen wirvom BJR auch die Vorbereitung so gut wiemöglich machen und haben diese inzwischenfür diverse Länder ausgebaut zu einem kom-pletten Vorbereitungswochenende.

Dabei geht es vorab schon mal darum, sichuntereinander in der Gruppe kennen zu lernen.Das baut Ängste ab, man merkt, man ist nichtallein. Landeskunde spielt eine große Rolle.Das klingt langweilig, ist es aber nicht. Siewird nämlich nicht theoretisch und trockenbehandelt, sondern spielerisch und in unter-haltsamer Form. Kulturelle Unterschiede füh-ren zu mehr Problemen und Missverständnis-sen, als man so denken mag. Ein größeresBewusstsein und etwas mehr Toleranz könnenviel bewirken. Man wird gelassener, gibt nichtso schnell auf und entwickelt Vorstellungendavon, wie man Konflikte lösen kann. Dazugibt es gute Übungen, die echt Spaß machen.Kleine fremdsprachliche Spiele führen einemhäufig gemachte Fehler vor Augen, an die mannicht gedacht hätte. Ehemalige Teilnehmer/-innen am Austauschprogramm berichten inspannender Form von ihren Erlebnissen undbeantworten geduldig alle Fragen zum Lebenim Ausland, in der Familie und in der Schule,aber auch, was sonst so in der Freizeit allespassiert.

Das ganze Wochenende verläuft in eherspielerischer Form, oft auch in Kleingruppen.Die meisten Teilnehmer/-innen sagten hinter-her, dass sie das Vorbereitungswochenendetotal genial gefunden hätten und dass es ih-nen eine Menge gebracht hätte.

3. Der Schulbesuch im Ausland

Der Schulbesuch ist beim zwei- bis dreimo-natigen Schüleraustausch auf Gegenseitigkeitdes Bayerischen Jugendrings ein Kernstückdes Auslandsaufenthaltes. Schließlich han-delt es sich um ein Schulbesuchsprogramm.

3.1 Schulbesuchs- und Präsenzpflicht

Um etwaigen Missverständnissen frühzeitigvorzubeugen: Der Schulbesuch an der aus-ländischen Gastschule ist absolut verpflich-tend, und zwar in vollem Umfang, wie dortUnterricht erteilt wird. Die Beurlaubung vomUnterricht an der heimischen Schule durchdie Schulleitung erfolgt ausschließlich aufder Basis und zum Zweck des Schulbesuchsim Ausland.

Zusammen mit den Partnerstellen und Kul-tusministerien im Ausland behält sich der BJRausdrücklich vor, eine/n Schüler/-in vom Pro-gramm auszuschließen, wenn diese durch ihrunkooperatives Verhalten die Fortsetzung desAustauschprogramms für andere Schüler/-innen gefährden. Letztlich gilt auch in Bayerneine Schul- und Präsenzpflicht, wenn jemanddas Klassen- und Schulziel erreichen will, undes ist nicht statthaft, außer im Krankheitsfall,ohne schwerwiegende Begründung dem Un-terricht fern zu bleiben. Es gibt keinen Rechts-anspruch auf Auslandsaufenthalte. Auch derBJR ist eher machtlos, wenn ein Schulleiterim Ausland zu dem Schluss kommt, dass ein/eGastschüler/-in, der/die sich dort in die Schul-ordnung nicht einfügt, ab sofort dort uner-wünscht ist und die Heimreise vorzeitig an-treten muss.

Ausschluss vom Programmmöglich

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Schulbesuch im Ausland

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le, wie sie dies vom heimischen Schulsystemgewohnt sind, dort nicht vorhanden zu seinscheinen.

Doch diese Einschätzung ist ein gefährlicherTrugschluss: Die Freundlichkeit, Nettigkeitund scheinbar fehlende Strenge der Lehrkräftean den Schulen im Ausland den Gastschüler/-innen gegenüber dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sehr wohl genau registrie-ren, ob und inwieweit ein/e Austauschschü-ler/-in sich an der Schule einbringt und ernst-haft mitmacht. Wenn jemand versucht, dieSchule zu schwänzen, und es am nächstenTag nicht gleich zu Rügen kommt, so wird sehrwohl eine solche Haltung bemerkt und außer-ordentlich wenig geschätzt. Den BayerischenJugendring erreichen hinterher die kritischenKommentare von Lehrkräften an Schulen, beidenen einzelne Schüler/-innen sich wenigeingesetzt haben, häufig verbunden mit derFrage: „Könnt Ihr uns keine Schüler/-innenschicken, die wirklich gerne kommen und dasPrivileg, an einer ausländischen Schule kos-tenlos am Unterricht teilnehmen zu dürfen,für sich in vollem Umfang nutzen wollen?“

Wenn das Ganze noch mit einem unange-messenen und sogar arroganten Verhaltenauftritt, dann ist für manche Schule die zu-künftige Teilnahme am Austausch recht schnellbeendet. Der BJR hat über die Jahre hinwegdiverse Schulen, die an diesen Austausch-programmen mitgearbeitet haben, eben durchsolche unerfreulichen Verhaltensweisen ein-zelner Schüler/-innen verloren. Das reduziertletztlich wiederum die Zahl der Schüler/-in-

3.2 Ausgangssituation derAustauschprogramme im Ausland

Während in Bayern der Bayerische Jugend-ring Schüleraustausch im offiziellen Auftragdes Kultusministeriums durchführt und dafürhauptamtliches Personal hat, sieht die Situa-tion im Ausland in vielen Ländern ganz andersaus. Häufig ist es dem Idealismus einzelnerPersonen, zumeist Lehrkräften, zu verdanken,dass der Austausch überhaupt angebotenwird. Diese Lehrkräfte zeigen einen außeror-dentlich hohen Einsatz, der zusätzlich zu ihrernormalen Lehrtätigkeit und Verwaltungsarbeitan der Schule hinaus oftmals in der Freizeit,an Abenden und an Wochenenden geleistetwird. Diese Lehrkräfte müssen häufig ihreeigenen Schüler/-innen ermuntern, dass sieden Mut und die Kraft aufbringen, am Aus-tauschprogramm teilzunehmen und zudemauch noch ihre Eltern davon zu überzeugen,dass dies eine sinnvolle Investition in die Zu-kunft ihrer Kinder ist.

Der Rücklauf der Bewerbungsunterlagenüber die Schule erfordert ebenfalls eine MengeMühe. Letztlich tritt auch beim Aufenthalt vonGastschüler/-innen immer mal wieder diesesund jenes Problem auf, das oftmals nur durchverständnisvolles Zuhören und Vermitteln zwi-schen verschiedenen Parteien ausgeräumtwerden kann. Die Lehrkräfte im Ausland be-kommen dafür keinen einzigen zusätzlichenEuro, keine Stundenermäßigung, und seltengenug Anerkennung durch ihre eigenen Schu-le, sondern manchmal sogar Anfeindungenvon weniger verständnisvollen Kolleginnenund Kollegen oder Schulleitungen, die solchenAktivitäten eher skeptisch gegenüberstehen.Es wäre dem Bayerischen Jugendring nichtannähernd möglich, das Netzwerk an gutenAustauschkontakten zu unterhalten, wennnicht dieser hohe ehrenamtliche Einsatz fern-ab und überall auf der Welt, wo die Austausch-kontakte bestehen, geleistet würde.

Du fragst Dich vielleicht, warum wir dasalles an dieser Stelle sagen. Der Grund istrelativ einfach: Es macht im Ausland an denSchulen einen ungeheuer schlechten Eindruck,wenn deutsche Austauschschüler/-innen ander Schule eintreffen und das Gefühl vermit-teln, dass sie das Ganze nicht so ernst nehmen,weil der unmittelbare Druck und die Kontrol-16

Lehrkräfte imAusland unter-stützen Aus-tausch meistehrenamtlich

PersönlicherEinsatz wird von Lehrkräftensehr geschätzt

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nen, die sich insgesamt in dem jeweiligenLand melden und damit zugleich auch die Zahlderer, die wir in Bayern vermitteln können,weil beim Austausch auf Gegenseitigkeit ebennur so viele Schüler/-innen vermittelt werdenkönnen, wie sich maximal im Ausland bewer-ben.

Es geht natürlich in diesem Moment nichtder Hauch eines Vorwurfs gegen Dich, weilDu ja noch nicht einmal den Auslandsaufent-halt begonnen hast. Uns, dem Austauschteamvom BJR, ist es nur wichtig, um ein bisschenVerständnis zu werben für die völlig andereAusgangssituation in unseren Partnerländern,und dass viel positive Energie, guter Willeund ehrenamtlicher Einsatz überhaupt erstdie Grundlage für einen erfolgreichen Verlaufdieser Programme darstellen. Du wirst diesepositive Energie spüren.

3.3 Probleme und interkulturelleMissverständnisse

Auf jeden Fall sind es diese „guten Geister“,die in Zusammenarbeit mit vielen Deutsch-lehrer/-innen an den Schulen als Partner/-innen des BJR im Ausland fungieren und denAustausch erst möglich machen. Sie sind auchdie erste Adresse für Dich bei Problemen. Genaue Namen und Adressen der nominellenAnsprechpartner werden Dir rechtzeitig vorBeginn des Auslandsaufenthaltes durch dieentsprechenden Anschreiben und Merkblättervom BJR noch mitgeteilt.

Diese Lehrer/-innen haben in der Vergan-genheit stets viel Verständnis gezeigt für alleProbleme, die aufgetreten sind. Du und DeineEltern können sicher sein, dass das auch wei-terhin so sein wird. Wichtig ist allerdings, dassProbleme, wenn sie zu groß werden, nicht zu-rückgehalten, sondern angesprochen werden.Nur dann ist es den Partnerstellen im Auslandmöglich, Dir bei einer Situation, die Dir überden Kopf wächst, auch wirklich zu helfen.

Dabei macht häufig der Ton die Musik. Mansagt den Deutschen öfter nach, dass sie direk-tere Kommunikationsformen wählen, wenn sieProbleme ansprechen oder Kritik üben, alsdies etwa englischsprachige Menschen tun,die häufig etwas verschlüsseltere Botschaftensenden und Dinge eher indirekt erwähnen.Dies ist ein klassischer Fall von unterschied-lichen kulturellen Standards und eine idealeSituation für interkulturelles Lernen.

Das heißt im Klartext, es führt schnell zuMissverständnissen, wenn ein deutscher Aus-tauschschüler/eine deutsche Austausch-schülerin bei der Benennung eines Problems– aus der Wahrnehmung der Gegenseite her-aus – unverhältnismäßig auftritt. Letztlich gibtes bei auftretenden Problemen keine endgül-tigen und objektiven Wahrheiten, sondern zu-meist höchst subjektive und häufig emotio-nale Empfindungen. Es ist vollkommen in Ord-nung, wenn Du ein Problem, das Dich gefühls-mäßig belastet, ansprichst. Dies kommt abererheblich besser rüber, wenn das Ganze nicht

Der Ton machtdie Musik

Viele Probleme lassen sich lösen

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Schulbesuch im Ausland

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Nun geht es beim Schüleraustausch zwarnicht um millionenschwere Aufträge, aber esist möglicherweise der einzige Austausch die-ser Art, den Du im Leben machst, und es wärefurchtbar schade, wenn durch unkluges Ver-halten in eigener Sache Du Dich um die Chancebetrügst, einen ansonsten erfolgreichen Aus-tausch von der ersten bis zur letzten Minutefür Dich maximal zu nutzen.

3.4 Fächerwahl

Eine Frage, die oft in telefonischen Bera-tungsgesprächen und bei Vorbereitungsver-anstaltungen von Eltern gestellt wird, ist die,ob ein bestimmtes Fach im Ausland an derGastschule dort auf ungefähr identischemNiveau belegt werden kann. Das lässt sichselten pauschal beantworten und kann in je-dem Einzelfall unterschiedlich gelagert sein.Doch schon die Fragestellung verrät in ver-hängnisvoller Weise, dass möglicherweise anden Schulbesuch im Ausland Ansprüche ge-stellt werden, die weder vom Programm zuleisten noch sinnvoll sind.

Es ist nicht der Anspruch des Schulbe-suchsprogramms, Wissenslücken im Aus-land zu schließen, die dadurch entstehen,dass im Heimatland der fortlaufende Unter-richt nicht besucht werden kann!

Es wäre vom Selbstverständnis des Pro-gramms her fatal, im Ausland ständig aufdem laufenden sein zu wollen, was gerade ander Heimatschule passiert. Das mag in Einzel-fällen und bestimmten Fächern eine Notwen-digkeit darstellen, kann aber für die Mehrzahlder Fächer und Fälle mit großer Sicherheitnicht gelten. Im Gegenteil: Es ist eine einma-lige Chance, heraus aus dem eigenen System,in einer völlig neuen schulischen Umgebungohne den unmittelbaren Lernstress und Prü-fungsdruck, Fächer und Kurse zu belegen, die dort an der Schule angeboten werden. Esmacht keinen Sinn, Lehrbücher aus dem Hei-matland mit ins Ausland zu schleppen. Fasthundert Prozent aller „returnees“ von Aus-tauschprogrammen haben bestätigt, dass siekeine Sekunde im Ausland darauf verwendethaben, in eines dieser dennoch mitgenomme-nen Lehrbücher hineinzuschauen.

Es ist für Dich eine seltene Gelegenheit, Dichauf ein neues und unbekanntes Schulsystem

mit einem zu starken Anspruchsdenken undeinem Forderungskatalog verbunden ist, derdie Seite, die Dir helfen will, zusätzlich unterDruck setzt.

Es ist häufig sehr schwer, bestimmte Sach-verhalte zu akzeptieren und zu tolerieren,wenn sie einem total gegen den Strich gehen.Das Akzeptieren von Andersartigkeit im Aus-land in vielen Situationen ist ein Teil des Lern-prozesses und auch der Persönlichkeitsent-wicklung, der die Austauscherfahrung weitüber das hinaus, was mit dem Zuwachs derSprachkenntnisse begründet wird, so wertvollmacht. Das klingt im Moment vielleicht einwenig abstrakt und theoretisch, es lohnt sichaber, auch schon im Voraus ein bisschen dar-über nachzudenken und sich darauf einzu-stellen, dass bestimmte Situationen auftretenwerden, die einem eine Menge Toleranz ab-verlangen.

Wie gesagt, bei der Art und Weise, wie Duein Problem besprichst, wird es sehr daraufankommen, dass dies zugleich vorsichtig unddiplomatisch geschieht. Denn auch die Ge-fühle anderer Menschen sind schnell verletztund Wohlwollen und guter Wille können sichdann in das Gegenteil verkehren. Das Tragischean solchen Situationen ist, dass nicht seltendurch unterschiedliche Kommunikationsstruk-turen, bei dem Versuch, ein bestimmtes Prob-lem zu lösen, sich erst recht völlig neue Miss-verständnisse einschleichen, die die Dimen-sion des Ausgangsproblems eher vergrößernund verzerren und selbst zu einem Problemwerden können.

Viele Industriefirmen bezahlen heutzutageihren Managern teure interkulturelle Trainings-kurse, damit sie auf Gesprächssituationen imAusland, bei denen es anders als bei Euch imSchüleraustausch, auf Verhandlungsergeb-nisse und finanziell bedeutsame Abschlüssevon Verträgen ankommt, besser vorbereitetsind. Diese Firmen haben in der Vergangen-heit viel Geld verloren, Aufträge nicht bekom-men, weil ihre Mitarbeiter/-innen schlichtwegin einer der Situation im Ausland nicht ange-messenen Art und Weise verhandelt habenund somit die Gefühle ihrer Gastgeber verletzthaben, so dass diese an einer weiteren Zusam-menarbeit nicht mehr interessiert waren.

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Kommunika-tionsstandards variieren erheblich

Keine Lehrbücher mitnehmen

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einzulassen, Fächer zu belegen, die möglicher-weise an der Heimatschule gar nicht unter-richtet werden, Abläufe und Lehrmethodenkennen zu lernen, die an der eigenen Schulenicht praktiziert werden, und bei der Gelegen-heit viele neue und interessante Menschenunter Mitschüler/-innen und Lehrkräften ken-nenzulernen.

Dabei kann es interessant sein, auch un-gewöhnliche Fächer, wie Speech und Drama,Media studies, Pottery, Make-up, DomesticScience (Kochen), Car Maintenance, CALM(Career and Life Management), Peer GroupCounselling etc. zu besuchen.

Es ist erstaunlich, wie konservativ vieleSchüler/-innen im Ausland ihre Fächer wählen.Es spricht natürlich absolut nichts dagegen,auch wissenschaftliche Fächer zu wählen undsich entsprechend inhaltlich zu fordern. Sogibt es zum Teil auch von den Schulen oderPartnerorganisationen des BJR Auflagen, dieausländische Gastschüler/-innen erfüllenmüssen. Einige Länder legen ausgesprochenWert darauf, dass mindestens zwei wissen-schaftliche Pflichtfächer (wie Englisch) undein landeskundliches Fach (wie etwa socialstudies) von Austauschschüler/-innen belegtwerden, damit diese auch geistig in sinnvollerWeise beansprucht werden. Diese Auflagen

müssen erfüllt werden und geben auch meisteine Menge Sinn, wie Austauschschüler/-in-nen aus der Praxis berichten.

Andererseits melden Austauschschüler/-innen zurück, dass auch landestypische Fä-cher, wie Berufsvorbereitung, Psychologie,Irisch, Japanisch, Maori, Chinesisch etc. häufigals sinnvoll und als interessante, neue Erfah-rung empfunden werden. Besonders häufiggewählt werden: Englisch, Sport, Mathematikund Kunst. Von mittlerer Beliebtheit sind Na-turwissenschaften, Geschichte, Gesellschafts-kunde, Informatik, Musik, Französisch undErdkunde. Die Wahl des Faches Mathematikist relativ häufig als nicht so erfolgreich ange-sehen worden, in einzelnen Fällen allerdingsauch als äußerst erfolgreich empfunden wor-den.

Wichtig ist auf jeden Fall, dass Du Dir ambesten vor der Abreise über Deine/n Partner/-in oder die Schule selbst im Internet, späte-stens aber bei Ankunft mit den dortigen Be-ratungslehrern, die häufig „Guidance Coun-sellors“ heißen, einen Überblick verschaffstüber die dort an Deiner Schule angebotenenFächer und Kurse und dass Du Dir einen mög-lichst vielseitigen und interessanten Stunden-plan zusammenstellst, der Dich wirklich in-teressiert und der die Auflagen der Schule

Exotische Fächerwahllohnt oftmals

Es gibt Pflicht- und Wahlfächer

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Schulbesuch im Ausland

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Im englischsprachigen Ausland wird häufigdie Erfahrung gemacht, dass die Wissensver-mittlung als Lernziel nicht von so zentraler Be-deutung ist wie etwa am heimischen Gymna-sium. Der reine Wissenszuwachs steht nichtso im Vordergrund, sondern das Erschließeneines Themas im Team, durch eigene Recher-che, durch mehr Praxisbezug, was sehr span-nend sein kann. Oft werden auch sog. „fieldtrips“ angeboten, bei denen ein ganzer Kursfür einen oder mehrere Tage im Rahmen einerExkursion ein bestimmtes Thema erforscht.

Häufig wird in den oberen Jahrgangsstufenvieler Schulen im englischsprachigen Auslandmehr auf die Eigenverantwortlichkeit gebautund weniger Fächer mit mehr Stunden belegt,als dies bei uns vor der Kollegstufe üblich ist.

Auf jeden Fall geht es letztlich beim Schul-besuch im Ausland gar nicht so sehr um denWissenszuwachs, sondern darum, ein völliganderes Schulsystem mit all seinen Möglich-keiten und dabei viele Mitschüler/-innen ken-nenzulernen.

Sollte ein bestimmter Kurs bereits von denregulären Schüler/-innen der Schule voll be-legt sein, kann man trotzdem nachfragen, obnicht die Möglichkeit einer temporären Teil-nahme als Gastschüler/-in gegeben ist, daDu ja nicht für die Dauer eines Schuljahreseinen vollwertigen Platz ausfüllst. Sollte esnicht möglich sein, hat es keinen Sinn zu in-sistieren.

zugleich berücksichtigt. Nimm die Chancewahr. Sei neugierig und mutig und wähleauch ein Fach, das Dir unbekannt ist odereines, unter dem Du Dir gar nichts vorstellenkannst. So lassen sich neue und oft ganz er-staunliche Erfahrungen machen.

Ein in Deinem Sinne guter Stundenplan birgtviele Vorteile in sich: Zum einen lernst Du injedem Fach wieder andere Mitschüler/-innenkennen, da der Unterricht in den meisten Län-dern nicht geschlossen als Klassenverbandabsolviert wird, sondern einzelne Kursbau-steine individuell zusammen gestellt werden.Du lernst außerdem unterschiedliche Lehr-kräfte und andere Lehrmethoden kennen.Durch Deine vermutlich eher guten Englisch-bzw. Französischkenntnisse ist die sprachlicheBarriere wahrscheinlich kein Problem. Es kanneher umgekehrt sein: Dadurch, dass im Aus-land das Lernniveau auf eine breitere Schüler-schaft hin in einem gesamtschulartigen Sys-tem ausgerichtet ist, wird es Dir als Auslän-der-/in und Nichtmuttersprachler/-in nicht zuschwer fallen, dem Unterricht zu folgen.

Wenn ein Fach oder ein Kurs sich als erheb-lich zu leicht erweisen sollte, dann empfiehltes sich unbedingt, erneut mit dem „GuidanceCounsellor“ Rücksprache zu nehmen und zuschauen, ob das gleiche Fach auch auf einemhöheren Kursniveau angeboten wird und einWechsel sinnvoll wäre. Geht das nicht, gibt esimmer noch die Möglichkeit, auf ein völlig an-deres Fach zu wechseln. Generell gilt: WennDu Dich verwählt hast und das Thema/derKurs sich als völlig unbefriedigend für Dichherausstellt, solltest Du einen entsprechendenWechsel vornehmen.

3.5 Unterrichtsstil

Was die „Qualität“ des Unterrichts betrifft,haben wir durch unsere Untersuchungen eini-ges herausgefunden. Allgemein gelobt wirdvon den deutschen Austauschschüler/-innendie Freundlichkeit der Lehrkräfte im englisch-sprachigen Ausland. Der Unterricht wird imVergleich zur eigenen Schule im Heimatlandeher als praxisorientiert gesehen, währenddie Effektivität im Nachhinein betrachtet ander eigenen Schule im Heimatland als höherbewertet wird.

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Unterricht isthäufig praxis-nah

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3.6 Deutsch als Fremdsprache

Zumeist freuen sich die Deutsch Depart-ments auf die Anwesenheit von deutschenAustauschschüler/-innen an ihrer Schule.Fremdsprachen haben es im englischsprachi-gen Ausland oft schwer. Häufig besteht über-haupt keine Fremdsprachenpflicht. Die Teil-nahme ist freiwillig und muss sich im Wettbe-werb mit anderen konkurrierenden Sprachenbehaupten. Austausch ist so ziemlich dasBeste, was den Fremdsprachendepartmentspassieren kann. Oftmals bitten daher dieDeutsch Departments den Austauschschüler/die Austauschschülerin, am Unterricht teilzu-nehmen und manchmal auch ein wenig mit-zuhelfen. Eine solche Anfrage solltest Du aufkeinen Fall ausschlagen. Es ist für die Stellungder Fremdsprache Deutsch – und somit auchdes Austauschprogramms – eine unglaublicheStärkung, wenn ein „native speaker“ im Unter-richtsgeschehen dabei sein kann. Dies ist eineRessource, die die Arbeit der Fremdsprachen-lehrkraft nachhaltig unterstützt und von un-schätzbarem Gewinn für den Unterrichtsver-lauf und die langfristige Aufrechterhaltung derSprache Deutsch an der Schule ist. Es kannfür Dich interessant sein, wenn Du dabei als„Hilfslehrkraft“ eingesetzt wirst. Wie schonim Kapitel „Vorbereitung“ erwähnt, könnenhier ggf. mitgebrachte Materialien, wie etwaTonträger, visuelles Anschauungsmaterial o. ä.noch einmal erheblich Pep hinzufügen und Duwirst der beneidete Star unter den Deutsch-lernenden sein.

3.7 Extracurricular Activities

Die Schulen im englischsprachigen Auslandsind in der Regel Ganztagsschulen. Das heißt,dass der Schulalltag am Anfang sehr lang er-scheint und auch ermüdet. Oft ist es die Zeit-umstellung, mit der man in den ersten Tagenzu kämpfen hat. Die vielen neuen Gesichterund neuen Eindrücke an der Schule und dieungewohnte Länge des Schultages sind Fak-toren, die in den ersten ein bis zwei Wochenziemlich erschöpfend auf die meisten Aus-tauschschüler/-innen wirken. Auf der anderenSeite passiert in den Schulen vieles, was überden Rahmen des reinen Unterrichtsgeschehenshinausgeht.

Was in Deutschland zum Teil im außerschu-lischen und verbandlichen Bereich an sportli-chen, kulturellen und insbesondere musischenAktivitäten stattfindet, wird im Ausland häufigdurch die Schule angeboten. Es gibt viele Mög-lichkeiten, sich hier entsprechend eigener Fä-higkeiten und Neigungen einzubringen.

Wer gerne singt, ein Instrument spielt odereine bestimmte Sportart sehr gerne mag, soll-te dies unter allen Umständen so früh wie mög-lich der Schule mitteilen. Häufig wird dann dieMöglichkeit gegeben, in den Chören, Orches-tern oder Sportmannschaften mitzumachen.Nicht selten schlagen bayerische Austausch-schüler/-innen durch ihre Talente ganz gehö-rig ein, so dass von manchen manchmal nochnach Jahren gesprochen wird.

Gastschüler/-innen sind „native speakers“

Musikalischeund sportlicheFähigkeitenwerden sehr geschätzt

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Schulbesuch im Ausland

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nen dennoch sehr wohl bestimmte Kleider-vorschriften herrschen, die auch von Gast-schüler/-innen eingehalten werden müssen.Das kann das Tragen von Schmuck, Bodypier-cings, gefärbten Haaren sein, kann aber auchbedeuten, dass bestimmte Farben, wie etwaweiß oder schwarz, einzuhalten sind, bestimm-te Hosen, wie etwa Jeans, nicht gestattet sind.

Es ist schwer, über die Kleiderordnung etwasAllgemeingültiges zu sagen, da die Standardsdoch sehr variieren. Während es in den USAund Kanada eher liberal zugeht und die Auf-lagen sehr begrenzt sind, ist es in anderenLändern unterschiedlich und häufig eher streng.Diese Dinge haben in der BundesrepublikDeutschland keine Tradition und stoßen auchbei aufgeschlossenen Austauschschüler/-in-nen auf geteilte Zustimmung. Viele sehen aberauch die erwähnten Vorzüge als Vorteil an. Injedem Fall ist es erforderlich, den von derSchule vorgegebenen Rahmen einzuhalten.Alles andere kann sich negativ auf die Bereit-schaft der Schule auswirken, in Zukunft Gast-schüler zu akzeptieren. Der ohnehin schwereStand, den Austauschprogramme im Auslandhaben, wird durch unkooperatives Verhaltenzusätzlich erschwert. Das Aufbringen dieserToleranz ist auch ein Lernprozess und Teil derErfahrung.

3.9 Hausaufgaben und Leistungskontrollen

Von Austauschschüler/-innen wird in denmeisten Schulen im Ausland erwartet, dasssie wie alle anderen Hausaufgaben machen.Manchmal sind die Überprüfungen sogarstrenger als zuhause. An manchen Schulenwird man Dir allerdings eine ungewohnte Ver-antwortung und Freiheit geben, selbständigzu entscheiden, ob und in welchem UmfangDu zur Nachbereitung des Unterrichts Haus-aufgaben machst. Hausaufgaben zu machenwird jedoch von vielen ehemaligen Austausch-schüler/-innen unbedingt empfohlen, sofernsich diese Entscheidungsmöglichkeit über-haupt stellt. Man durchdringt die Materiebesser und kann dem Unterrichtsgescheheninhaltlich effektiver folgen, was letztlich auchwieder mehr Spaß macht.

Der andere große Vorteil bei Hausaufgabenist, dass diese, wenn sie korrigiert werden,von muttersprachlichen Lehrkräften durchge-

Dies ist eine weitere Möglichkeit, wiederandere Schüler/-innen kennen zu lernen, ei-genen Interessen nachzugehen und ein Stückweit Emanzipation vom Austauschpartner/vonder Austauschpartnerin zu erlangen. Das kannungemein befreiend sein, wenn man auch imschulischen Bereich nicht ständig „aneinan-der klebt“. Auch stärken die Sozialkontakte,die man eigenständig knüpft, das Selbstver-trauen und führen häufig dazu, dass auch überden schulischen Rahmen hinaus persönlicheVerbindungen entstehen und Einladungenausgesprochen werden, die hilfreich sind, umLand und Leute besser kennen zu lernen.

3.8 Kleiderordnungen und Schuluniformen

Wichtig ist in den ersten Tagen, auf andereLeute zuzugehen. Die Zeit von maximal dreiMonaten ist nicht übermäßig lang, gemessenan einem ganzen Schuljahr, und vergeht vielschneller als man denkt.

Während in Kanada und den USA Schuluni-formen unbekannt sind, pflegen Länder wieAustralien und Neuseeland diese britischeTradition nachhaltig. Schuluniformen weckenzunächst bei deutschen Austauschschüler/-innen nicht immer nur gute Gefühle. Auf deranderen Seite zeigt sich in der Praxis, dass dasTragen einer Schuluniform wesentlich wenigerschlimm ist als vorher befürchtet, auch wennsich die Begeisterung dafür im Großen undGanzen in Grenzen hält. Die praktischsten Vor-teile sind zweifellos, dass sich die allmorgend-liche Garderobenfrage stark vereinfacht undman außerdem an der Schule nicht so sehr alsFremdkörper herausragt, wenn alle andereneine Schuluniform tragen. Es fördert auch dasZusammengehörigkeitsgefühl mit den Mit-schülern. Ein Konkurrenzdenken, wer die schö-nere oder teurere Kleidung trägt, kommt sogar nicht erst auf. Meist kann man sich eineUniform leihen von Geschwistern oder Nach-barn und Freunden der Gastfamilie, so dassin der Regel hier keine zusätzlichen Kostenentstehen. Manche Schulen, dies gilt nocheinmal mehr für Privatschulen, die häufig einnicht geringes Schulgeld für den Besuch ihrerSchule verlangen, legen äußersten Wert aufpenibles Einhalten der Kleiderordnung bzw.der Schuluniform. In Schulen, in denen vorallem in oberen Jahrgangsstufen das Trageneiner direkten Uniform weniger üblich ist, kön-22

Kleiderordnungbeachten

Schuluniformensind nicht soschlimm, wiesie anfangs erscheinen

Hausaufgabenund Tests sind wichtig

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sehen werden, deren Verbesserungsvorschlägevon unschätzbarem Gewinn für die eigeneSprachkompetenz sind. Dies ist ein praktischkostenloser, aber äußerst wertvoller Neben-effekt.

Auch freuen sich die Lehrkräfte, wenn Aus-tauschschüler/-innen sich in dem Maße imUnterricht engagieren, wie dies auch von deneigenen Schüler/-innen erwartet wird.

Es ist der Vorteil dieses Austauschpro-gramms, dass die Austauschschüler/-innentrotz ihres temporären Gaststatus eigentlichvon allen so behandelt werden, wie die ein-heimischen Schüler/-innen auch. Das gilt auchfür das Mitschreiben von Tests, was absolutempfehlenswert ist, wenn dies von der Schuleermöglicht bzw. gewünscht wird. Letztlich istdies auch im Sinne einer Selbstkontrolle einesehr wirksame Maßnahme, die eigene Leistungzu überprüfen und auch zu sehen, wie man imKlassendurchschnitt abschneidet. DeutscheAustauschschüler/-innen erreichen regelmä-ßig beachtliche Leistungen und gewinnendadurch auch Respekt bei Mitschüler/-innenund Lehrer/-innen.

Der lange Schultag und die anderen Lebens-gewohnheiten der Jugendlichen im Auslandhaben zur Folge, dass sich häufig nach derSchule und dem Heimweg zur Gastfamilie, dem

Abendessen und den Hausaufgaben kaumnoch Zeit, Energie und Möglichkeiten finden,irgendwelchen geselligen Aktivitäten nachzu-gehen. Das ist zweifellos eine Einschränkungder Lebensführung, die deutlich davon abwei-chen dürfte, wie Du Dir zuhause die Nachmit-tage und Abende einteilen kannst. Es ist abernach Aussagen fast aller Austauschschüler/-innen häufig einfach auch nicht mehr drin. Seies, dass einem die Kraft fehlt, noch viel zuunternehmen, sei es die fehlenden Möglich-keiten, weil die anderen Jugendlichen kaumZeit hätten, oder sei es schlichtweg wegenmangelnder Infrastruktur eine einfach fehlen-de Mobilität, ohne Auto irgendwohin zu kom-men. Freizeitaktivitäten konzentrieren sichhäufig doch eher auf das Wochenende.

3.10 Verpflegung während derUnterrichtswoche

Durch den ganztägigen Schultag stellt sichmittags die Frage des Essens. Obwohl vieleSchulen über eine Kantine verfügen, ziehenviele Schüler/-innen der oberen Klassenstufenes vor, mittags ein mitgebrachtes Lunchpaketzu verzehren und abends in der Familie einewarme Mahlzeit einzunehmen. Dies wird Dirsicherlich auch angeboten werden. Es ist amAnfang sicher eine Umstellung, abends warmzu essen und mittags eher etwas weniger.Überhaupt wirken sich die zeitliche Umstel-

Andere Gepflogen-heiten an der Austausch-schule

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Schulbesuch im Ausland

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Leute trifft. Es wäre ein großer Zufall, wennman mit anderen Gastschüler/-innen einennahezu identischen Stundenplan hätte. Dieskönnte dann allerdings in der Praxis dazu ver-führen, sich häufiger mit den anderen Aus-tauschschüler/-innen zu beschäftigen. Auf deranderen Seite haben Austauschschüler/-innenauch bestätigt, dass die menschlichen Ver-bindungen, die durch die gemeinsame „Aus-nahmesituation“, für eine längere Zeit imAusland zu leben, entstehen, unwahrschein-lich intensive Verbindungen nach sich ziehenkönnen, die im Nachhinein für viele Jahre undvielleicht für ein Leben als Freundschaftenbestehen bleiben können.

3.13 Teilnahmebestätigung

Vor Beendigung des Schulbesuchsaufent-haltes sollte man sich von der Schule eine Teil-nahmebestätigung ausstellen lassen. Die istvon großer Wichtigkeit, da sie zum einen alsNachweis des Schulbesuchs im Ausland dientund von der Schulleitung bzw. dem Kultusmi-nisterium verlangt wird, zum anderen kannsie aber auch noch eine ganz andere Bedeu-tung erlangen, wenn Du sie in den nächstenJahren für Deinen weiteren beruflichen Lebens-weg verwerten willst. Das kann bei der Bewer-bung um eine Lehrstelle, ein Praktikum, einAuslandssemester oder ähnliches ein entschei-dender Vorteil sein, wenn es darum geht, ei-ne Auswahl zwischen zwei sonst gleichwertigenBewerber/-innen zu treffen. Häufig stellen dieSchulen nicht nur einen Nachweis über Fächerund den zeitlichen Umfang des Schulbesuchsaus, sondern finden auch noch einige lobendeWorte über die Mitarbeit und den Einsatz in

lung der Essgewohnheiten ebenso wie mancheanderen Faktoren, die diese auch beeinflussen,eher ungünstig aus. Nicht wenige Austausch-schüler/-innen berichten davon, während desAuslandsaufenthaltes zugenommen zu haben,was sich aber in den meisten Fällen nach Rück-kehr schnell wieder reguliert hat. Man solltesich deshalb im Ausland nicht künstlich be-schränken, sondern essen, was einem schmecktund angeboten wird.

3.11 Rauchen

Häufig gilt an den Schulen ein absolutesRauchverbot oder es bestehen ganz großeEinschränkungen. Auch dies gilt es in derSchule zu beachten, sofern Du diesem Lasterfrönen solltest.

3.12 Anwesenheit anderer Gastschüler/-innen an der Schule

Was die Anwesenheit anderer Gastschüler/-innen betrifft, ist die Wahrscheinlichkeit, dassDu nicht die oder der einzige ausländischeSchüler/-in bist, eher hoch. Die Wahrschein-lichkeit, dass ein bis drei weitere Austausch-schüler/-innen aus Deutschland oder einemanderen Land an Deiner Schule sind, ist rela-tiv groß. Von uns dazu befragte Austausch-schüler/-innen haben stets gesagt, dass diepositiven Auswirkungen die negativen bei wei-tem überwiegen. Am wertvollsten wird derErfahrungsaustausch und die Unterstützungbei Problemen gesehen, der negativste Effektist das Sprechen der Heimatsprache. Schondurch das Kurssystem ergibt sich kaum dieSituation, dass man dauernd die gleichen24

Teilnahme-bestätigungnützlich für Lebenslauf

Austausch-schüler/-innenunterstützensich gegenseitig

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der Schule. So etwas kann sich bei den per-sönlichen Unterlagen in der Bewerbungsmap-pe außerordentlich positiv bei manchen Ent-scheidern auswirken. Wichtig ist auf jedenFall, so rechtzeitig im Schulsekretariat nach-zufragen, dass die Schule auch noch Zeit undGelegenheit hat, dies ohne Druck auszustellen.Wenngleich auch viele Schulen von selbst da-ran denken, so empfiehlt es sich doch, etwa14 Tage vor Beendigung des Schulaufenthaltesgezielt im Sekretariat danach zu fragen.

3.14 Auswirkungen des Schulbesuchs

Eine Erfahrung, wie Du sie im Ausland ma-chen wirst durch den Besuch einer anderenSchule, hat vermutlich viele und keineswegsvollständig erforschte Auswirkungen auf dieZeit danach. Erfreulich ist, von den meistenAustauschschüler/-innen zu hören, dassSchule Spaß machen kann und dass die Zeitim Ausland an der Schule und das Lernen dortviel Freude bereitet hat. Natürlich werden dieSprachkenntnisse verbessert. Dies bestätigenLehrkräfte, und es gilt vor allem für die münd-lichen Kenntnisse und das Hörverständnis.Die schriftlichen Kenntnisse verbessern sichnicht bei allen so stark, wie die unten stehen-de Grafik zeigt. Was wir auch herausgefundenhaben, ist auf jeden Fall, dass neben der Ver-

besserung der Sprachkenntnisse auch dieLernmotivation hinterher steigt und irgendwieLernen gezielter eingesetzt wird. Austausch-schüler/-innen berichten, dass sie effektiverlernen, andere Prioritäten setzen, sich wenigerkünstlich stressen lassen, sondern gezieltervorbereiten und letztlich dadurch leistungs-mäßig besser abschneiden, und das nicht nurin der Fremdsprache Englisch oder Französisch.Notenmäßig hat das vermutlich keine sehrgroßen Auswirkungen, sondern zeigt sich eherin einer Veränderung der allgemeinen Lernbe-reitschaft. Das ist ebenfalls eine Information,die Eltern sicher gerne hören, und die im Mo-ment für Dich eher auch zu den geringerenProblemen zählen dürfte, aber dennoch inter-essant ist. Viele sagen, dass ihr Selbstver-trauen durch den Austausch gewachsen istund Unsicherheiten gegenüber unbekanntenSituationen und Menschen geringer gewordensind. Ihre soziale Kompetenz und Selbstbe-hauptung innerhalb von Gemeinschaften, wieder Austauschgruppe oder Klassenverbänden,wurde durch die Erfahrung verbessert. DerWunsch nach weiteren Auslandsprojekten inder Zukunft wird erheblich verstärkt.

Fremdsprachen-kenntnisse verbessern sich erheblich

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Schulbesuch im Ausland

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Die Bedeutung der Gastfamilie im Auslandist wichtig. Viele Austauschschüler/-innenschreiben, dass sie unter der Woche durchdie Berufstätigkeit des Vaters häufig wenigZeit mit dem Gastvater verbringen, sondernmehr mit dem Partner/der Partnerin. Häufighat die Gastmutter beim Besprechen persön-licher Probleme ein offenes Ohr für die Belan-ge ihres Gastes. Geschwister spielen wiede-rum nur eine begrenzte Rolle. Intensiver wer-den die Kontakte naturgemäß, wenn an Wo-chenenden und während Ferienzeiten gemein-same Ausflüge oder auch kleine Urlaube un-ternommen werden. Unter der Woche sinddie Alltagsabläufe ohnehin in vielen Familienso, dass wenig gemeinsame echte Freizeitentstehen kann.

Ungewohnt können die religiösen Gewohn-heiten der Familie sein. Wenn ein sonntäglicherKirchgang zur Tradition der Familie gehört,sollte man auf jeden Fall am Anfang ein paarMal mitgehen, um herauszufinden, wie dieSituation für einen selbst zu beurteilen ist.Manche Austauschschüler/-innen sind rechtangetan und finden, dass der Gottesdienst imAusland sich durchaus unterscheidet von demzu Hause. Auch werden die sozialen Kontakteder Kirchengemeinde häufig als angenehmempfunden. Auf der anderen Seite wird imNormalfall einem Austauschschüler/einerAustauschschülerin niemand böse sein, wenner/sie mit der praktizierten Gläubigkeit seiner/ihrer Gastfamilie wenig anfangen kann undum Verständnis bittet, an diesen Aktivitätennicht beteiligt zu werden.

Nicht selten sind der Partner/die Partnerinin einer kirchlichen Jugendgruppe als Mitgliedoder Leiter/-in engagiert. Hier empfiehlt essich auch in jedem Fall mitzugehen, um dieGelegenheit zu nutzen, andere Jugendlichekennen zu lernen und an bestimmten Aktivi-täten teilzunehmen. Nur wenige Austausch-schüler/-innen berichten, dass sie die Teil-nahme bereut hätten.

4.2 Aufsichtspflicht

Rein rechtlich gesehen ist die Aufsichts-pflicht für die Zeit des Auslandsaufenthaltesan die Gastfamilie delegiert. Aufgrund derTatsache, dass die Teilnehmer/-innen an die-sen Austauschprogrammen praktisch immer

4. Das Leben in der Gastfamilie

4.1 Die Gastfamilie beim Schüleraustauschauf Gegenseitigkeit

Das Leben in der Gastfamilie im Auslandgehört sicherlich zu den schönsten Bestand-teilen des Schüleraustauschprogramms desBJR. Anders als bei kommerziellen und ge-meinnützigen Veranstaltern, die Home-Stay-Programme im Ausland anbieten, müssen dieGastfamilien im Ausland bei den BJR Program-men nicht erst per Zeitungsinserat, über schu-lische, kirchliche Einrichtungen oder durchMund-zu-Mund-Propaganda gesucht und ge-funden werden, sondern sie melden sichselbst. Durch die auf Gegenseitigkeit ausge-richtete Basis handelt es sich bei den Gast-familien im Ausland ausschließlich um Fami-lien, die mindestens ein Kind, und zwar in Dei-nem Alter, haben, das Deutsch in der Schulelernt und absolut freiwillig am Austausch teil-nehmen will. Zudem gibt es eine Empfehlungder Schule, die die Teilnahme am Austauschbefürwortet. Diese völlig gleichberechtigteund auf gleiche Interessen ausgerichtete, un-kommerzielle Basis ist eine hervorragendeGrundlage für die bestmöglichen Vorausset-zungen, dass jede Seite alles Erdenkliche zumerfolgreichen Gelingen des Austausches bei-tragen will. Beide Seiten wissen, dass dieRollen einmal gewechselt werden. Währendman einmal der Gast ist und sich auch so füh-len darf, ist man zu einem anderen ZeitpunktGastgeber/-in mit all den damit verbundenenVerpflichtungen. Dies ist eine ideale Ausgangs-basis für einen Auslandsaufenthalt.

Die meisten Austauschschüler/-innen ge-ben an, dass sie sich innerhalb von zwei bismaximal drei Wochen in ihrem Austauschlandeinleben und zwischen zwei bis vier Wochenbrauchen, um sich in ihrem Austauschlandwie zu Hause zu fühlen. Eine große MehrzahlEltern hat das Gefühl, dass das Verhältnis zuihrem Gastkind fast wie zu einem eigenen Kindwar. Viele Austauschschüler/-innen empfindenihre Gasteltern als herzlich und gastfreundlich.Befragt nach dem Erziehungsstil der Gasteltern,stellen die meisten Austauschschüler/-innenfest, dass der Erziehungsstil nur wenig vondem abweicht, was sie von ihren eigenen El-tern gewöhnt sind. Das kann aber in Einzel-fällen auch ganz anders sein. 26

Leben in Gastfamilie ideal durchGegenseitigkeit

Religiosität respektieren

Erziehungs-maßstäbe im Ausland häufig strengerals zu Hause

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unter der Volljährigkeitsgrenze sind, stellt sichhierzu keine Alternative.

Grundsätzlich gilt folgender Maßstab: DieGastfamilie setzt den Rahmen an, den sie beiihrem eigenen Kind für angemessen hält. Ei-nige Reiseratgeber zum Schüleraustausch imAusland sprechen davon, dass die Maßstäbefür das, was im Teenageralter möglich ist, inDeutschland häufig etwas weiter ausgelegtwerden und stärker auf die Selbständigkeitvon Jugendlichen bauen, als dies in vielen an-deren Kulturen der Fall ist. Dies gilt auch fürdie englischsprachigen Länder. So kann esohne weiteres sein, dass die „Vorschriften“,die Dir Deine Gastfamilie macht, was z. B. dasAusgehen betrifft, strenger sind, als Du es vonzu Hause gewohnt bist. Dies sind sicher keinepersönlichen Schikanen gegen Dich, sondernentspricht dem, was die Gastfamilie, die fürDich die Verantwortung für die Zeit Deines Be-suchs bei ihr übernommen hat, verantwortenkann und möchte. Auch wenn einzelne Ent-scheidungen schwer nachvollziehbar erschei-nen, muss letztlich dieser Maßstab anerkanntwerden. Die Gasteltern leben schon lange indem Land, kennen die besonderen Gegeben-heiten und wissen um bestimmte Gefahrenund Risiken. Es hat keinen Sinn zu versuchen,geltende Maßstäbe aus den Angeln zu heben.

Andere Jugendschutzgesetze schreiben z. B.für den Verzehr von Alkohol ein Mindestaltervon 18 und in einigen Regionen sogar 21 vor.Entsprechend streng werden Einrichtungendes Nachtlebens durch Einlasskontrollen so-

wie polizeilich überprüft. Deshalb ist es meistaussichtslos, abendlichen Vergnügungen imNachtleben nachgehen zu können. So sindSchüler/-innen zumeist darauf angewiesen,sich auf Privatpartys, in Einkaufszentren oderShopping Malls, in Cafés oder Fastfood Res-taurants zu treffen. Nicht selten ist man außer-dem davon abhängig, dass jemand den Führer-schein hat, weil die Anbindungen mit öffentli-chen Verkehrsmitteln oftmals ungenügendsind. Es ist wichtig, dass Du Dir im Vorwegeklar machst, dass möglicherweise eine Reihevon Beschränkungen auf Dich zukommen, diein der Praxis Deine Bewegungsfreiheit in er-heblichem Maße einschränken und sich vondem unterscheiden könnten, wie Du zu HauseDeine Freizeit gestalten kannst und was vonDeinen Eltern gestattet wird.

Viele Eltern legen Wert darauf, dass ihreKinder und natürlich auch ihr Gast Bescheidsagen und mit ihnen vorher vereinbaren,wenn sie vorhaben, jemanden zu besuchen.Der Haussegen hängt schnell schief, wennder Gast nach der Schule einfach ein/zweiStunden in der Stadt bleibt, ohne dass dieGastfamilie Bescheid weiß oder dies vorhermit ihr abgesprochen wurde.

Wenn es innerhalb der Familie zu Problemenkommen sollte, ist es wichtig, Dinge anzuspre-chen und nicht „in sich hineinzufressen“. Ent-scheidend ist aber trotzdem, wie die Dingevorgetragen werden. Wichtig bleibt auf jedenFall ein höfliches und diplomatisches Vorge-hen.

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Leben in der Gastfamilie

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gehört die Bedeutung des Fernsehens. Oftläuft dieser vom frühen Morgen bis zum spä-ten Abend. Andere Austauschschüler/-innenbemängeln, dass die Frage des Recyclingsvon Hausmüll ebenfalls nicht überall gleichgut gelöst ist. Die Liste ließe sich beliebig ver-längern.

4.4 Mitarbeit im Haushalt

Ausländische Austauschschüler/-innenkommentieren häufig während ihres Aufent-haltes in Deutschland, dass sie der Meinungsind, dass deutsche Mütter ihre Kinder zu sehrverwöhnen und zu wenig zu Hilfstätigkeitenim Haushalt heranziehen würden. Da es beiden Eltern der Austauschpartner/-innen imenglisch- und französischsprachigen Auslandhäufiger als bei den Eltern der deutschen Aus-tauschschüler/-innen üblich ist, dass beideEltern Vollzeit berufstätig sind, ergibt sichzwangsläufig die Notwendigkeit, dass alleFamilienmitglieder bestimmte Pflichten undAufgaben übernehmen. Da man dem Gast inder Regel keinen Sonderstatus einräumt, son-dern ihn wie ein Familienmitglied behandelt,wird er/sie hier häufig in gewisse kleinePflichten eingebunden. Das ist in der Regelauch überhaupt kein Problem, sondern stellteher eine Selbstverständlichkeit dar. Häufighat die Familie auch einen anderen Rhythmus,als Du es von zu Hause gewohnt bist. In vielenFamilien wird abends eine warme Mahlzeiteingenommen, während mittags nur ein Snackgegessen wird, z. B. ein Sandwich.

4.5 Reisetätigkeit während des Aufenthaltes

Große Probleme treten auf, wenn Austausch-schüler/-innen unerwartet das Bedürfnis ver-spüren, eine mehrtägige Reise zu unterneh-men. Grundsätzlich gilt, dass es den Teilneh-mer/-innen an den Austauschprogrammendes BJR nicht gestattet ist, eigenständig imGastland zu reisen. Gestattet sind selbstver-ständlich alle Ausflüge, die die Gastfamilie mitDir unternimmt und ggf. Aktivitäten, die vonder Schule angeboten und unter der Aufsichtvon Lehrer/-innen durchgeführt werden. Dasgilt ebenfalls für Aktivitäten, die vom BJR bzw.von der Partnerorganisation angeboten wer-den, wie z. B. die Outbacktour in Australien.Die Teilnahmebedingungen des BJR sagenklar aus, dass eine Missachtung dieser Regel

4.3 Hausordnung oder„My home is my castle“

Das Leben in einer Gastfamilie erfordert ei-ne gehörige Menge Toleranz, um sich mit derAndersartigkeit und den anderen Gepflogen-heiten zu arrangieren. Da gibt es oftmals ganzbestimmte Regeln oder so etwas wie eineHausordnung, die in der Familie seit langemeine Selbstverständlichkeit darstellen und fürDich vielleicht zu Anfang sehr befremdlichwirken. Natürlich hat jede Familie das Recht,in ihrem Haus so zu leben, wie sie es für rich-tig hält und wie sie es schon seit langem ge-wohnt ist zu tun. Du bist der Gast, der vorüber-gehend in diesem Haus wohnen darf und sichin ein bestehendes und wie auch immer funk-tionierendes System einfügen muss. Je größerdie Abweichungen von dem Lebensstil DeinerFamilie zu Hause sein mögen, umso größer istdie erforderte Toleranz. Es gibt da häufig Dinge,die einen stören und deren tieferer Sinn sicheinem verschließt. Ärger und Wut können auf-kommen und der Wunsch, dort einmal einigesgehörig umzukrempeln. Logischerweise ist esgenau das, was nicht geht. Es ist auch nichtDeine Aufgabe, Deinen Gasteltern nachweisenzu wollen, dass sie in ihrem bisherigen Lebens-und Erziehungsstil einige gravierende Fehlergemacht haben, die sie durch Deine Mithilferasch beheben könnten. Hier haben schon an-dere Jugendliche, deren Selbstbewusstseinüberdurchschnittlich ausgeprägt war, sich ver-stiegen mit dem Resultat, dass es Gastfamiliengab, die sich außerstande sahen, ihr Gastrechtweiter ausüben zu können. Der einzige Auswegwar, dass – und dies oft nur mit großer Müheund Not – versucht werden musste, eine an-dere Gastfamilie zu finden, die bereit war, eine/n „aufsässige/n“ Austauschschüler/-inbei sich aufzunehmen.

Es ist wichtig, wenn Du Dich hier mentalselber etwas sensibilisierst und Kräfte in Diraktivierst, die Dir helfen, am Anfang mit be-stimmten Dingen fertig zu werden, die Dir nichtgefallen. Die Erfahrung lehrt nämlich, dasssich Menschen schnell an neue Situationengewöhnen und anpassen können, die ihnenam Anfang untragbar erschienen. Das könnenunterschiedliche Ernährungsgewohnheitensein, unterschiedliche Hygienestandards, eineungewohnte Religiosität und vieles anderemehr. Zu den häufig genannten Kritikpunkten28

Leben in der Familie erfordert Toleranz

Mithilfe imHaushalt erwünscht

EigenständigeReisen im Ausland nichtgestattet

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zu einem vorzeitigen Ausschluss und zur Zu-rücksendung ins Heimatland führen kann.

Der Hintergrund ist letztlich ein rechtlicherund ebenfalls einer der Aufsichtspflicht: Part-nerstellen im Ausland und Gastfamilien rea-gieren mit völligem Unverständnis auf derar-tige Ansinnen, sehen keinerlei Chance, hiereine Verantwortung zu übernehmen und möch-ten für die Risiken auch nicht einstehen. Siewürden es ihren eigenen Kindern genausowenig gestatten. Das mag im Zusammenhangdamit stehen, dass vielleicht Jugendliche häu-fig etwas behüteter aufwachsen und später ineine größere Eigenverantwortlichkeit entlas-sen werden, als dies bei uns der Fall ist.

Listige Menschen könnten meinen, das wäreja zu umgehen, indem einem die eigenen El-tern eine Autorisierung ausstellen, dass siedie Verantwortung übernehmen. Dies ist zwarin der Theorie richtig, kommt aber in der Praxisgenauso schlecht an. Es wird schlichtweg inden allermeisten Familien und kategorisch vonden Partnerstellen im Ausland abgelehnt, dassJugendliche, die nicht volljährig sind, eigen-ständig Reisen (mit Übernachtung) durchfüh-ren.

Einzelfälle haben in der Vergangenheit zuerheblichen Problemen geführt und großenSchaden angerichtet. Ganze Austauschpro-

gramme geraten in Gefahr. Sinn und Zweckeines bilateralen Austauschprogramms wurdevon der gastgebenden Seite in Frage gestelltund ein Abbruch erwogen.

Eine Ausnahmegenehmigung könnte für denFall gewährt werden, wenn Verwandte odersehr gute Freunde der Familie im Austausch-land leben, ein möglicher Besuch vor Beginndes Auslandsaufenthaltes schriftlich beim BJRangefragt bzw. angemeldet würde, die eige-nen Eltern dies ausdrücklich schriftlich gestat-ten, den Reiseumfang klar definieren und ter-minieren, die Kosten und die Verantwortungübernehmen, eine genaue Adresse und Tele-fonnummer angegeben wird und – hierauflegen die ausländischen Partner größten Wert– in keiner Weise Schulunterricht durch einenmöglichen Besuch versäumt wird. Auch dannsollte die Anfrage noch nicht mit einer Geneh-migung verwechselt werden. Die Partnerstelleim Ausland sollte nicht nur Kenntnis davonhaben, sondern auch einverstanden sein, undauch die Gastfamilie sollte dieser Reisetätig-keit zustimmen. Wenn sie vielleicht für einenbestimmten Termin eine andere Planung imAuge hat und dieses ihre Pläne durchkreuzenwürde, so sollte man dies ebenfalls berück-sichtigen. So schade es auch wäre, wenn esnicht klappen sollte, so ist dies vermutlichauch kein Beinbruch.

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Leben in der Gastfamilie

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4.7 Die Rolle des Austauschpartners/der Austauschpartnerin

Das Besondere an diesem Austauschpro-gramm des BJR ist, dass Austauschpaare zu-sammengestellt werden. Diese sind für einebestimmte Zeit im Ausland und im Heimat-land für das Einleben in die jeweils andereKultur von enormer Bedeutung. Es ist äußersterfreulich, dass durch die wissenschaftlicheUntersuchung zum Schüleraustausch eineReihe von Annahmen bestätigt worden sind,die der BJR aufgrund vielfältiger Erfahrungs-werte schon seit langem vermutet hat: So istder Austauschpartner/die Austauschpartnerinvon zentraler Bedeutung beim Einstieg in dieandere Kultur.

Das Ziel ist, anhand der Angaben in den Per-sonalbögen, Austauschpaare zusammenzu-stellen, die möglichst viele Gemeinsamkeitenvon der Persönlichkeit her aufweisen sowiebei Hobbys, sportlichen und musischen Akti-vitäten usw. Dass dies von Wichtigkeit ist,wurde von der Mehrzahl der befragten Aus-tauschschüler/-innen bestätigt: Je mehr Ähn-lichkeiten tatsächlich bestanden, als destoerfolgreicher wurde der Austausch empfunden.

Interessanterweise aber zeigt sich in derPraxis, dass letztlich im realen Zusammen-leben mehr Unterschiede auftreten, als imBogen angegeben waren. Das ist wahrschein-lich als normal anzusehen. Man kann einePersönlichkeit in all ihren Facetten auch durcheine noch so gute Beschreibung kaum über

4.6 Elternbesuche

Ein anderer und in seltenen Fällen auftreten-der, eher kritischer Punkt sind mögliche Eltern-besuche im Ausland. Seitens des BJR kannnur eindringlich davor gewarnt werden, solcheVorhaben in die Praxis umzusetzen. Wenn El-tern eine Reise in das Austauschland planen,dann sollten sie dies möglichst nicht mit demZeitpunkt des Austausches verknüpfen. Diesverwischt Ziele des Austauschs, erschwert u.U. die Integration des eigenen Kindes in dieausländische Gastfamilie und fördert häufiglängst überwundenes Heimweh. Es setzt dieausländische Gastfamilie unter moralischenDruck, ggf. die Gastfreundschaft von ihremAustauschkind auch auf dessen Eltern auszu-weiten und ggf. auch noch Fremdenführer zuspielen. Viel sinnvoller wäre es, zu einem völ-lig anderen Zeitpunkt eine gemeinsame undlängere Auslandsreise zu planen und vielleichtauf der Durchreise bei der ehemaligen Gast-familie eine Stippvisite zu machen. Dass häu-fig auch langfristige Freundschaften zwischenden Austauschpartner/-innen und den Gast-familien erwachsen mit gegenseitigen Besu-chen, ist ein wunderbares Ergebnis dieser un-gewöhnlichen Konstellation, die durch denAustausch auf Gegenseitigkeit häufig ausge-löst wird. Das sind dann Langzeitwirkungen,die mehr als erfreulich sind, aber Schüleraus-tausch ist eben zumindest während des Aus-tausches nicht mit Elternaustausch zu ver-wechseln.

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Schüler-austausch ist kein Eltern-austausch

Gemeinsam-keiten der Austausch-partner/-innensind wichtig,aber nicht entscheidend

Auch eigene Kontakte knüpfen

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den Weg eines Personalbogens vollständigerfassen. Interessant ist jedoch, dass auchUnterschiede in der Regel kein Problem dar-stellen. Problematisch kann es aber werden,wenn die Anzahl der Unterschiede sehr großwird. So gilt auch der Umkehrschluss: Je mehrUnterschiede bestanden, als desto schlechterwurde der Austausch empfunden. Daraus er-wächst die Verpflichtung für den BJR, bei derPartnerzusammenstellung größtmöglicheSorgfalt walten zu lassen und auf eine größt-mögliche Anzahl von Übereinstimmungen zuachten, sofern dies anhand der vorliegendenAngaben objektiv möglich ist. Das Modell desAustauschs auf Gegenseitigkeit hat hier großeStärken und Vorteile gegenüber anderen Aus-tauschprogrammen.

Der Partner/die Partnerin ist als Dreh- undAngelpunkt für das Einleben in die andere Kul-tur ungemein hilfreich und ebnet einem denWeg zu den schulischen Gegebenheiten undKontakten dort ebenso wie im Freizeitbereichmit den eigenen Freunden und Freundinnensowie in der Gastfamilie. Obwohl von denmeisten Austauschschüler/-innen der Aus-tauschpartner als der wichtigste Bestandteilbeim Auslandsaufenthalt angesehen wird,stellt sich in der Austauschpraxis letztlichheraus, dass der Partner/die Partnerin viel-leicht nicht ganz so wichtig ist, wie man vor-her vermutet hatte. Auch wird etwas wenigerZeit mit dem Austauschpartner/der Austausch-partnerin im Ausland in der Schule und in derFreizeit verbracht als vorher angenommen.Das ist absolut natürlich, denn auch die Rolledes Austauschpartners/der Austauschpartne-rin hat objektive Grenzen. Wenngleich in derüberwiegenden Mehrzahl alle Austauschschü-ler/-innen die Kontakte zu ihren Partner/-in-nen als außerordentlich gut und als wirklichgute Freundschaften bezeichnen, so gibt esdennoch bei der gemeinsamen Gestaltungnatürliche Obergrenzen, weil beide Seiteneine bestimmte Eigenständigkeit brauchen.Es ist vollkommen in Ordnung, eine gewisseSelbständigkeit zu entwickeln. Durch das Ken-nenlernen anderer Jugendlicher in der Schuleentstehen auch Freundschaften außerhalbdes Freundeskreises des Austauschpartners/der Austauschpartnerin. Nach außen gerich-tete Menschen tun sich hier leichter als dieje-nigen, die etwas schüchtern sind in der Kon-taktaufnahme zu anderen Menschen. Es muss

einem guten Verhältnis zum Austauschpart-ner/zur Austauschpartnerin in keinster Weisezuwiderlaufen, wenn Du eigene Kontakte auf-baust und pflegst. Letztlich kann auch Dein/ePartner/Partnerin durch neue Kontakte, dieDu aufgebaut hast, profitieren.

Normal ist dennoch, dass die beiden Aus-tauschpartner/-innen Hobbys teilen und anWochenenden und während der Ferien einGroßteil der Zeit miteinander verbringen.

Wenn größere Unterschiede auftreten, dannsind diese häufig nicht kulturell begründet,sondern im unterschiedlichen Charakter derAustauschpartner/-innen. Hier können gewis-se Unüberbrückbarkeiten das gemeinsameVerbringen von Freizeit erschweren. Im Nach-hinein wird selbst dies von vielen Austausch-schüler/-innen nicht als ein wirklich großesProblem gesehen, sondern lediglich als einegewisse Einschränkung, die keine optimalenRahmenbedingungen zulässt. Hier sind in ho-hem Maße Toleranz und Verständnis notwen-dig, um bestimmte Verhaltensweisen einesanderen Menschen zu akzeptieren.

Im Falle schwerer Zerwürfnisse und einerstetigen Verschlechterung der Beziehungmuss über die Deutschlehrkraft der Schuleund die Vertreterin der Austauschorganisationim Ausland überlegt werden, wie im Einzelfallverfahren werden kann. Oftmals ist es auchim Ausland nicht einfach, eine Ersatzfamiliezu finden und auch durch die Gegenseitigkeitentsteht natürlich das Problem, dass dann derGegenbesuch häufig gefährdet ist.

4.8 Kontakt zum Heimatland

Was den Kontakt zum Heimatland betrifft,so ist es wenig sinnvoll, ständig mit daheimin Verbindung zu stehen. Dies gilt umgekehrtauch für Eltern, die ihren Kindern das Einlebenerschweren, wenn sie täglich anrufen oder E-Mails schreiben. Es ist natürlich normal, regel-mäßig Kontakt zu halten. Viele Austausch-schüler/-innen berichten davon, dass sie imDurchschnitt mindestens einmal die WocheKontakt mit ihren Eltern haben. Es ist für Elterndurchaus schmerzlich, ihr Kind so weit in derFerne zu wissen, ohne genau darüber Bescheidzu wissen, wie es ihm oder ihr tagtäglich er-geht. Doch können zu häufige Kontakte ein

Kontakteinmal pro Woche ausreichend

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Leben in der Gastfamilie

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auf einen einwirkt, was häufig als Kulturschockbezeichnet wird, setzt eine erhebliche Frustra-tionstoleranz und Stressresistenz voraus, dienicht jeder ständig zu leisten vermag. Hat sichdann alles eingespielt und man gewinnt dasGefühl, mit den Alltagssituationen zurechtzu-kommen, steigt dann auch wieder das Vertrau-en in die eigenen Fähigkeiten und in die Zu-versicht, die Kontrolle über das eigene Lebenim Ausland zu behalten. Durch gute Erfahrun-gen und nette Sozialkontakte kommt es dannhäufig im weiteren Verlauf des Austauschesdazu, dass man am liebsten noch einige Zeitlänger bleiben würde. Letztlich ist es die in-terkulturelle Handlungskompetenz, die darauserwächst, in zwei Systemen mit den jeweiligenAnforderungen zurechtzukommen, die dasSelbstvertrauen in das eigene Ich stärkt. Siehält im Leben nach der Austauschzeit oftmalsan und gibt einem das Gefühl, dass, wenn manin schwierigen und komplexen Situationen wieder des Austausches zurechtgekommen ist,es auch in anderen Situationen schaffen kann,sich zu behaupten und bestimmte Schwierig-keiten zu bewältigen.

4.10 Besuch von Einrichtungen derJugendarbeit

Wie schon an anderer Stelle erwähnt, kannes absolut interessant sein, die Angebote derJugendarbeit im Ausland zu nutzen. Das kannbesonders aufschlussreich sein, wenn manselber einem Sportverein, einem Jugendver-band, einer kirchlichen oder anderen Jugend-gruppe angehört oder wenn dies beim Partner/der Partnerin der Fall sein sollte. Im Unter-schied zu Deutschland werden allerdings zumTeil Aktivitäten, die bei uns von Jugendver-bandsarbeit abgedeckt werden, im englisch-sprachigen Ausland über die Schule angebo-ten. Das hängt mit einer anderen Tradition zu-sammen und hat auch etwas mit der Rolle derSchule und der Länge des Schultages zu tun.Trotzdem gibt es natürlich Pfadfindergruppen,kirchliche Jugendgruppen und Sportvereineetc. Es kann erhellend für das Verstehen deranderen Kulturen sein zu erfahren, wie Jugend-arbeit im Ausland funktioniert. Zudem ist eseine weitere Möglichkeit, Jugendliche kennenzu lernen.

völlig falsches, weil viel zu sehr auf die mo-mentane Situation bezogenes, Bild entstehenlassen. Hier sind Handys und E-Mails durchihre schnelle Übertragbarkeit von Informatio-nen eher gefährlich. Als noch Briefe schreibendie Hauptkommunikationsform war, vergingenstets einige Tage zwischen Schreiben und Ein-treffen beim Empfänger. Oftmals hatte sichaber innerhalb der Zeitspanne eine kritischeSituation, die häufig in den ersten Tagen auf-tritt, schon längst wieder gelegt und konntein einem Telefonat mit den Eltern erklärt wer-den.

In den letzten Jahren sind viele weitere Mög-lichkeiten hinzugekommen. Soziale Netzwerkewie z. B. Facebook, My Space, Lokalisten usw.sind alltäglich geworden. Kostenloses Telefo-nieren mit Bildübertragung über das Internetwie bei Skype sind gang und gäbe. WeitereMöglichkeiten werden in der rasant voran-schreitenden technischen Entwicklung hinzu-kommen. Das macht es nicht leichter, die Dis-ziplin zu entwickeln, sich nicht tagtäglich virtuell ins Heimatland zu katapultieren. DerKontakt nach Hause kann zwar unbestrittenmitunter hilfreich sein, er kann Heimweh lin-dern und manche kritische Situation leichterüberwinden helfen. Er sollte aber nicht über-strapaziert werden.

Grundsätzlich sollte das tatsächliche Lebenund Erleben im Gastland mit all den neuenMenschen im Alltag, in der Freizeit, in der Schu-le und Familie an oberster Stelle stehen. Dasist und bleibt eine große Herausforderung, dieeinen allerdings persönlich auch erheblichweiterbringt. Das Heimatland mit dem ver-trauten sozialen Umfeld kommt früh genug24 Stunden am Tag jahrein, jahraus zurück.Manchmal früher, als man es gern gehabthätte, weil man sich an vieles im Ausland ge-wöhnt und manches lieb gewonnen hat. Oft-mals zieht es einen in den Folgejahren auchwieder hinaus und dorthin zurück. Das kannaber dauern. Insofern sollte man jede kost-bare Minute im Gastland nutzen, da sie soschnell nicht mehr wiederkehrt.

4.9 Integration

Es ist absolut normal, dass nach einer an-fänglichen Euphorie eine gewisse Ernüchte-rung einsetzt. Die Vielzahl der Faktoren, die32

Zurechtfindenim Auslandstärkt Selbst-vertrauen

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4.11 Länge des Aufenthaltes

Die Länge des Auslandsaufenthaltes wirdvon den meisten Austauschschüler/-innen alsnahezu ideal empfunden, zumal sie in fast al-len Fällen eine mühelose Reintegration in dasheimische Schulsystem ermöglicht. Natürlichkönnte ein Auslandsaufenthalt immer längersein. Austauschschüler/-innen, die ein Jahr imAusland verbringen, sind häufig der Meinung,dass sie in den ersten Monaten noch gar nichtrichtig zurechtgekommen sind, sondern erstin den letzten Monaten. Offensichtlich ist dasZeitbudget, das man zur Verfügung hat, immerrelativ und man richtet sich auch entsprechendein. Wer weiß, dass er nur 8 bis 10 Wochen imAusland ist, muss anders mit der Zeit umgehenals jemand, der 9 Monate gestalten kann.

4.12 Alkohol und Drogen:Jugendschutzgesetze im Ausland

Über das Thema Alkohol ist schon einigesgesagt worden. Hier nur noch mal das Wichtig-ste: Grundsätzlich gilt, dass die Jugendschutz-gesetze in keinem der anderen am Austauschbeteiligten Länder mit Ausnahme von Frank-reich Alkoholkonsum und -erwerb für Jugend-liche unter 18 Jahren zulassen. Unter Teenagernim englischsprachigen Ausland kommt es den-noch vor, sich für Privatveranstaltungen über

ältere Jugendliche alkoholische Getränke zubesorgen und sie dann zu konsumieren. Diesist aber genauso ungesetzlich wie der Verzehrim öffentlichen Raum. Wenn die Polizei kommtund das Alter kontrolliert, kriegen diejenigen,die mit Alkohol erwischt werden, erheblicheProbleme. Auch ist es nicht empfehlenswert,als Ausländer/-in beim Verstoß gegen dasJugendschutzgesetz ertappt zu werden. EinGerichtsverfahren ist möglich, ebenso ein Zu-rücksenden ins Heimatland. Es empfiehlt sichtunlichst, sich hier rauszuhalten.

Noch einmal verschärft ist die Situation,wenn man mit Drogen in Kontakt kommt. Dasist natürlich genauso ungesetzlich wie bei unsin Deutschland. Wenn jemand im Besitz vonDrogen angetroffen wird, die gegen dortigeBetäubungsmittelgesetze verstoßen, so hatder Spaß sehr schnell ein Ende. Die Behördensind im Ausland eher unnachgiebig und beste-hen auf harten Bestrafungen, bei Ausländer/-innen zugleich auf einer Ausweisung aus demLand. Der Schaden, der hier für alle Parteien,d. h. auch die Gastfamilie und die gastgeben-de Schule entsteht, wäre erheblich. Deine Po-sition im Ausland ist außerordentlich schwach.Wir raten daher eindringlich, sich nicht aufirgendwelche Experimente einzulassen undsich hier restlos von allem fernzuhalten.

Zeitdauer vonzwei bis drei Monaten ideal

Streng:Jugendschutz-gesetzbeachten

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Leben in der Gastfamilie

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Alle Teilnehmer/-innen, die in den vergan-genen Jahren an diesen Exkursionen teilge-nommen haben, waren voll des Lobes überdie vielen neuen Eindrücke und interessantenErfahrungen und die gute Stimmung in derGruppe. Fast ausnahmslos raten sie zu einerTeilnahme. Das alles darf nicht darüber hin-wegtäuschen, dass diese Unternehmungenrecht anstrengend sind und durchaus auchauf eher rustikalem Niveau durchgeführt wer-den. Das Ganze ist recht strapaziös und bringtzum Teil beträchtliche körperliche Anstren-gungen mit sich. Deshalb ist eine gewisseDisziplin unumgänglich, da ansonsten die mitder Leitung beauftragten Begleitpersonen er-hebliche Schwierigkeiten bekommen. Es gibtzum Teil auch rechtliche Rahmenbedingun-gen, die von der Versicherungsseite und demjeweiligen Landesrecht her gesehen von denBegleitpersonen verlangen, dass bestimmteAuflagen erfüllt werden; anderenfalls könnendie Leiter/-innen persönlich zur Haftung her-angezogen werden. So kann etwa in Australienein Busfahrer mit 5.000 australischen DollarGeldbuße belegt werden, wenn bei einer Ex-kursion unter seiner Leitung ein Minderjähri-ger im Besitz von alkoholischen Getränkenerwischt wird. Daher gilt bei all diesen Aktivi-täten ein striktes Alkoholverbot von Anfangbis Ende der Reise. Das bezieht sich nicht nurauf den Verzehr, sondern auch auf den Kaufalkoholischer Getränke. Anderenfalls mussmit einer Rücksendung auf eigene Kosten undRisiko gerechnet werden. Ein Ausschluss vomProgramm stellt zudem eine Gefährdung derDurchführung der Aktivität für die Zukunft dar.Nach Rückmeldungen von ehemaligen Teil-

5. Exkursionen

Bei einigen Programmen werden zusätzlichzum Schüleraustausch von den Partnerstellendes BJR über Reisebüros in den Ländern Ex-kursionen oder Camps angeboten. Die Teil-nahme daran ist grundsätzlich freiwillig undmit zusätzlichen Kosten verbunden. Die Ex-kursionen oder Camps dienen als Ergänzungund Abrundung und sollen u. a. dazu beitra-gen, dem Gast mehr von Land und Leuten zuzeigen. Durchgeführt werden sie von Spezial-reisebüros, die Fahrten dieses Typs speziellauch für jugendliche Reisende anbieten. DieExkursionen bzw. Camps, die derzeit in Aus-tralien und Kanada/Alberta angeboten wer-den, sind stark naturkundlich ausgelegt.

Für die Austauschschüler/-innen, die in denletzten Jahren fast ausnahmslos an diesenAktivitäten teilgenommen haben, stellen die-se Ausflüge/Camps so etwas wie den Höhe-punkt eines insgesamt großartigen Erlebnis-ses dar. Es ist neben der Flugreise auch dieeinzige Gelegenheit, bei der sich praktisch dieganze Gruppe über etliche Tage hinweg be-gegnet, so dass auch hier häufig vielfältigeErfahrungen ausgetauscht werden könnenund durch die besondere Situation eine Inten-sität der Begegnung gefördert wird, wodurchzum Teil auch tolle Freundschaften entstehen.Diese Ausflüge werden generell nicht für dieausländischen Gastschüler/-innen, sondernnur für die deutsche Gruppe angeboten. Diesist wegen der Größe der Gruppe anders nichtzu bewältigen. Vorteilhaft ist, dass man malein paar Tage „unter sich“ ist. Auch die Gast-familie kann einmal „durchschnaufen“, wenndie Betreuung des Gastes für ein paar Tagewegfällt, sofern nicht die Exkursion ohnehinam Ende des Aufenthaltes ist und quasi naht-los in die Rückreise übergeht. Das Besonderein Südaustralien ist, dass an diesem Austausch-programm auch eine Hamburger Schüler-gruppe teilnimmt, die gemeinsam mit derbayerischen Gruppe die Outbacktour macht.Hier gibt es innerhalb des Austausches nocheinen interessanten innerdeutschen Nord-Süd-Austausch, der zu einem besseren gegensei-tigen Verständnis führt. Es gibt Überlegungen,eventuell statt einer Tour ein Camp anzubie-ten, was vom Erlebniswert keinen großenUnterschied macht.

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Exkursionen als Abrundungdes Auslands-aufenthaltes

Exkursionensind „rustikal“und auch strapaziös

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nehmer/-innen an diesen Camps hat es derguten Stimmung nicht im geringsten gescha-det, dass in keinerlei Weise Alkohol verzehrtwurde.

Zu beachten ist ebenfalls, dass eine erfolg-reiche Durchführung bei so vielen Teilnehmer/-innen nur funktioniert, wenn alle mithelfenund ein bestimmtes System der Arbeitsteilungfunktioniert und den Anweisungen der Betreu-ungspersonen auch wirklich Folge geleistetwird. Die Partnerstelle in Victoria hat zur Vor-bereitung der deutschen Teilnehmer/-innenfolgende Information entwickelt:

This is a camping trip, i.e. sleeping in tents,sometimes in camping grounds, sometimesout in the bush with no toilet/washing facilities

• Under Australian law it is illegal to drinkany alcohol if you are under 18 years of age

• Students will be expected to wash theirown eating utensils and help with otherchores like meal preparation and clean up

• There are some very early morning starts,perhaps even getting up at 4 a.m.

• It is important for students to go to sleepearly so that they have enough energy toenjoy the trip and even more importantlyfor obvious safety reasons, that the coachdriver especially gets a good night’s sleep

• Because of the long distances involved alot of time will be spent travelling in thecoach

• Students will be in the care and charge ofthe chaperones, the coach driver and cookand the students will be expected to followtheir directions and advice. These adultsmay well be stricter with the students thantheir German counterparts would be, butneeds to be accepted.

Grundsätzlich ist wichtig an Ausrüstungs-gegenständen, dass man sehr gutes robustesSchuhwerk bei sich hat, das auch für Wande-rungen und schwierigen Untergrund tauglichund möglichst rutschfest ist, bequem sitzt undeingelaufen ist. Ebenfalls benötigt wird einwarmer Pullover oder eine warme Fleecejackeund ein windschützender Anorak. Gleicher-maßen wichtig sind Sonnenbrille und Kopfbe-deckung. Alle anderen, ebenfalls benötigtenGegenstände wie Schlafsäcke etc. könnenzumeist von der Gastfamilie ausgeliehen wer-den und müssen nicht von Deutschland ausins Ausland mitgenommen werden.

Wiederholt sei noch einmal die Bitte, sichgegenüber den Leitungspersonen kooperativzu verhalten, da diese sich freiwillig und eh-renamtlich etliche Tage und manche Nacht umdie Ohren schlagen, um Dir und den anderendeutschen Jugendlichen dieses Erlebnis zuermöglichen! Es ist für sie auch keine unbe-dingt leichte Aufgabe, die unnötig erschwertwird, wenn sich manche Leute nicht an dieRegeln halten. Außerdem wäre es wünschens-wert, dass auch in Zukunft noch weitereSchülergenerationen an diesem unvergess-lichen Erlebnis teilnehmen können.

Wander-taugliche Ausrüstung erforderlich –für Wind und Wetter

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Exkursionen

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6.2 Versicherungsschutz

Der BJR schließt für alle Teilnehmer/-innenan den Austauschprogrammen ein Versiche-rungspaket ab. Mit diesem Paket sind wichti-ge Risiken abgesichert. Im Versicherungsfallgilt folgende Regel: Kleine Ausgaben sollenim Ausland gegen eine Originalrechnungoder -quittung ausgelegt werden und sofortunter Angabe der Versicherungspolicenum-mer, die Dir rechtzeitig vor Abreise mit denReiseinformationen mitgeteilt wird, direktüber den Versicherungsmakler eingereichtund somit dem Versicherer zugeleitet werden.Eine Rückerstattung erfolgt im Heimatland.Sollte der wenig wahrscheinliche, aber nichtrestlos auszuschließende Fall eines größerenmedizinischen Eingriffs oder stationärenKrankenhausaufhaltes nötig werden, so kannder deutsche Versicherer eine sofortige Kos-tenübernahmeerklärung an den Leistungsträ-ger im Ausland faxen oder per E-mail schicken,damit dieser weiß, dass er nicht auf seinenKosten sitzen bleibt. Dies ist bei den Telekom-munikationsmöglichkeiten heutzutage welt-weit überhaupt kein Problem. Im Fall eineszwingenden Handlungsbedarfs ist auch imAusland davon auszugehen, dass zuerst dienotwendige medizinische Erstversorgung ge-leistet wird und hinterher die Abrechnung ge-regelt wird. In jedem Fall ist es für Dich undDeine Eltern wichtig zu wissen, dass ein Aus-landskrankenschutz und bei medizinischerNotwendigkeit auch ein Rücktransport alsLeistungsbestandteil des Versicherungspaketsvorgesehen ist und somit hier keine Versiche-rungslücke entsteht. Das gleiche gilt für Un-fall, Haftpflicht, Rechtsschutz und Gepäck,

6. Reisepraktisches

6.1 Gesundheit und Impfungen

In den meisten Ländern, mit denen der BJRSchüleraustausch durchführt, bestehen keinebesonderen Impfbestimmungen, die für denBesuch zwingend erforderlich wären. Da aberzunehmend weltweit bestimmte Krankheitenwieder auf dem Vormarsch sind und man durchdie zunehmende Zahl von Flugreisen schwerkontrollieren kann, mit welchen Erregern manu. U. in Kontakt treten könnte, sollte man imeigenen Interesse über den Hausarzt das ak-tuelle Impfbuch überprüfen lassen und schau-en, ob ausreichender Impfschutz besteht.Wenn keine Unverträglichkeiten vorhandensind, empfehlen die meisten Gesundheitsbe-hörden zu prüfen, ob die Kinderlähmungs-(Polio) und Tetanus-Impfung noch wirksamsind oder aufgefrischt werden sollten.

Empfohlen von öffentlichen Impfberatungs-stellen werden in der Regel für überseeischeReisen zudem Schutzimpfungen gegen folgen-de Krankheiten:

1. Masern, Mumps, Röteln, Windpocken2. Diphterie, Pertussis (Keuchhusten)3. Meningitis C (Hirnhautentzündungen)4. Hepatitis B (evtl. auch Hepatitis A)

Es ist gemeinhin bekannt, dass die Haut-krebsrate in Australien und Neuseeland zu-nimmt, dass das Ozonloch auf der Südhalb-kugel groß ist und die Strahlung sehr intensivdie Oberfläche der Haut erreicht. Zum Zeit-punkt der Austauschprogramme ist der Som-mer meist noch in seiner Spätphase, wenn dieEuropäer aus dem kalten Winter eher blassdort eintreffen. Direkte Sonnenbäder sind inAustralien und Neuseeland lange nicht mehrso populär wie früher, ein hoher Lichtschutz-faktor beim Sonnenschutzmittel und eine re-gelmäßige Anwendung praktisch täglich ge-hören mittlerweile zu den normalen Hygiene-und Vorsorgemaßnahmen der dort lebendenBevölkerung. Dies sollte man unbedingt ernstnehmen. Ein Sonnenbrand ist schnell passiertund der Gesundheit in keiner Weise zuträg-lich.

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Impfpass aktualisierenlassen

Versicherungs-paket durch denBJR für die Zeitim Ausland

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die ebenfalls in dem Paket enthalten sind. Mitziemlicher Sicherheit bist Du in dem einenoder anderen Bereich auch noch über DeineEltern versichert, aber es wäre aufwändigerund teurer, einzelne Komponenten des Ver-sicherungspakets herauszulösen und die ein-zelnen Bestandteile zu buchen. So bist Du inTeilbereichen wahrscheinlich doppelt versi-chert, jedoch würde die Versicherung DeinerEltern, wenn überhaupt, nur subsidiär greifen.Vorrangig kommt das Versicherungspaket fürden Auslandsaufenthalt in Betracht.

6.3 Taschengeld

Die Ansprüche sind unterschiedlich undauch die finanziellen Voraussetzungen nichtüberall die gleichen.

Von der Mehrzahl aller Austauschschüler/-innen bestätigt wird ein Durchschnittswertder Ausgaben von ungefähr 150 € im Monat,so dass bei einem Aufenthalt von 10 bis 12Wochen rund 500 € wahrscheinlich realistischist, wenn auch eine kleine Reserve dabei seinsoll. Häufig wundern sich Eltern, wie dieseAusgaben zustande kommen. Das hat ver-schiedene Ursachen. Im Ausland geht man inder Freizeit vielen touristischen Neigungennach, man kauft Mitbringsel für die Liebendaheim, Souvenirs für sich selbst, mal einKleidungsstück als Erinnerungsstück oder einBuch oder eine CD, die einem auffallen, be-nutzt Verkehrsmittel, verzehrt manches Ge-tränk oder Eis, geht häufiger mal ins Kino.Hier und da ist ein Eintritt zu zahlen, vielleichtauch für ein Konzert. Im Gegensatz zu daheimkann im Ausland auch mal dieses und jenesfür den persönlichen Hygienebedarf notwen-dig werden.

Die Liste ließe sich noch um einiges verlän-gern, soll aber andeuten, dass es sich bei demAuslandsaufenthalt doch finanziell geseheneher um eine Ausnahmesituation handelt.Auch ist es für manchen ungewohnt, sein ei-genes Budget zu verwalten und es für die ge-samte Zeit einzuteilen, was sich allerdingsempfiehlt. Denn man macht sich ganz beson-ders unbeliebt, wenn man in den letzten zwei/drei Wochen die Gastfamilie „anpumpen“muss, um noch letzte unvermeidbare Ausga-ben bestreiten zu können. Bei Geld hört be-kanntlich die Freundschaft auf. Das Rückfor-

dern ist lästig, vom Heimatland aus der Gast-familie Geld zu überweisen, ist auch ein lang-wieriger und kostenträchtiger Weg, seineSchulden zu bezahlen. Dies sollte man unterallen Umständen vermeiden. Häufig gestelltwird die Frage, in welcher Form man das Geldam besten mitnehmen sollte. Hier gibt esmehrere Möglichkeiten. Die klassische Me-thode, die keineswegs ausgedient hat, ist deralte Reisescheck, auch „traveller’s cheque“genannt. Vorteil ist, dass die Reiseschecksversichert sind, sofern man den Kontrollab-schnitt und die Schecks getrennt voneinanderaufbewahrt, Gebühren im besten Fall nur ein-mal beim Kauf anfallen und man recht flexibelist. Um weitere Währungskursverluste zu ver-meiden, sollte man die Schecks unbedingt inder jeweiligen Landeswährung kaufen, wasbei Neuseeland derzeit nicht möglich ist. So-fern noch Zeit bis zur Ausreise ist, sollte mandie Wechselkursschwankungen beobachten,um in einem günstigen Moment die Scheckszu erwerben. Dadurch lassen sich einige Euroseinsparen.

Eine zweite zeitgemäße Möglichkeit ist, ei-ne Kreditkartenzusatzkarte zu der der Elternzu bekommen. Viele Schüler/-innen habenberichtet, dass bei ihrer Hausbank so etwasmöglich war, andere haben berichtet, dass esihnen verwehrt worden ist, eine eigene Kartezu bekommen. Es lohnt sich auf jeden Fallnachzuprüfen, weil Kreditkarten im Auslandeine hohe Akzeptanz besitzen und auch kleineDienstleistungen und Gegenstände damit be-zahlt werden können. Die Kreditkarte machteinen sehr flexibel und beugt „Cash flow“ -Engpässen vor. Im Notfall kann man damitauch Bargeld bei einer Bank bekommen. BeiDiebstahl oder Verlust ist die Eigenbeteiligungin der Regel begrenzt und eine Neuausstellungmöglich. Wichtig ist in jedem Fall, die Kartesofort sperren zu lassen, um einem möglichenMissbrauch einer gestohlenen Karte vorzu-beugen.

Von ehemaligen Austauschschüler/-innenwurde die „Sparcard“ der Deutschen Post ge-lobt, die es ermöglicht, an allen Visaplus Geld-automaten derzeit weltweit bis zu zehnmalim Jahr kostenlos Geld abzuheben. Ein äußerstprobater Weg, um ohne viel Gebührenschnei-derei und großes Risiko im Ausland an daseigene Geld zu kommen.

Taschengeldnicht zu knappkalkulieren

Reiseschecksund „Plastik-Geld“ sind gebräuchlich

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Reisepraktisches

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6.5 Gepäck

Es ist immer wieder erstaunlich, dass vieleReisende es nicht schaffen, sich an die Be-schränkung der Fluggesellschaften, in derRegel 20 kg, zu halten. In der Hoffnung, dassalles gut geht und eine Gruppe ohnehin alsGruppe behandelt wird, werden jede MengeGegenstände in den Koffer gestopft, bis die-ser ein Gewicht erlangt, das ein Tragen fastunmöglich macht und die Waage deutlichüber die 20 kg zum Ausschlag bringt. Die alteFaustregel lautet, dass man stets nur mit so-viel Gepäck reisen sollte, wie man selbst auchüber einen längeren Weg tragen kann. Des-halb empfiehlt es sich bei einer Reise dieserLänge, ein paar Tage vor dem AbflugterminProbe zu packen und vielleicht dreimal umden Häuserblock zu gehen, um zu sehen, obman es wirklich selbst tragen kann.Wahrscheinlich wird man dann einige Dingeheraustun. Geschäftsleute und Vielflieger, diehäufig unterwegs sind, reisen leicht und wis-sen warum. Alles lässt sich im Ausland wa-schen, denn die Waschmaschine ist überallschon erfunden und steht in jedem Haushalt.Die Hygienestandards stehen in den meistenenglischsprachigen Ländern ebenso in Frank-reich und Québec denen in Deutschland sicherum nichts nach. Alles kann ständig gewaschenwerden oder man wird Dir anbieten, es selbstzu waschen. Auch geht die Reise speziell aufdie Südhalbkugel in warme Zonen, wo mannicht soviel dicke Kleidung benötigt. SchwereKleidung, wie etwa Wanderstiefel, kann manbei der Flugreise anziehen und im Flugzeugausziehen. Lehrbücher sollten ohnehin zu-hause bleiben, und ein Buch zum Lesen kannauch ins Handgepäck. Nicht vergessen sollteman, dass man im Ausland meistens noch ei-niges hinzuerwirbt und Gastgeschenke fürEltern, Geschwister und Freunde mitbringt,die ebenfalls Platz im Koffer haben sollten.Deshalb ein dringender Appell: Sei professio-nell und versuche, Dich unter allen Umständenauf maximal 20 kg zu beschränken.

Auch Handgepäckstücke werden heutzutagegenauer überprüft und sollten ein bestimmtesGewicht und einen bestimmten Umfang nichtüberschreiten. Auch ist in der Regel nur einHandgepäckstück gestattet. Die Sicherheits-kontrollen sind zum Teil erheblich verschärftworden und man sollte nicht darauf hoffen,

Der Siegeszug der EC-Karte hat sich nichtaufhalten lassen. Auf Anfrage bestätigen deut-sche Geldinstitute, dass der Akzeptanzgradder EC-Karte mittlerweile weit über Europahinausgeht und sie weltweit einsetzbar ist,sofern das EC- oder Maestro-Symbol auf derKarte ist.

6.4 Wetter und Klima

Es gehört zu einer sinnvollen Vorbereitungder Auswahl der Kleidungsgegenstände, sichdamit vertraut zu machen, welche Witterungs-situation einen beim Auslandsaufenthalt er-wartet. Dazu gehört auch, welche Schwan-kungsbreite die Temperaturen nehmen könnenund wie der saisonale Fortgang der Jahreszeitist. Dies kann man hervorragend über Wetter-seiten im Internet nachschlagen, andererseitsaber auch in geographischen Handbüchernfinden bzw. einschlägigen Reiseführern und/oder mit dem Partner/der Partnerin bespre-chen. Selbst innerhalb eines Landes beste-hen z. T. erhebliche Unterschiede, wenn manetwa bei Neuseeland die 1800 km Nord-Süd-ausdehnung zwischen der Spitze der Nord-und der Südinsel bedenkt. Schüler/-innen,die in Auckland wohnen, haben mit ziemlicherSicherheit wärmeres Wetter als die in Christ-church oder Dunedin. Auch ist es in Adelaidezumeist trockener und heißer als in Melbourne,während es in Alberta außerordentlich schwan-kend sein kann und durch Fallwinde, wie denChinooke, auch kurzfristig starke Wetterände-rungen stattfinden können. In Großbritannienherrscht eher ein Seeklima, so dass es dortwährend der Sommermonate häufig kühler istals bei uns und im Winter milder. Andererseitsregnet es häufiger auch mal zwischendurchbei mitunter kräftigen Winden – dies verstärktim Winterhalbjahr. Diese Hinweise sind nurbeispielhaft gedacht und sollen andeuten, wiewenig es möglich ist, pauschale Angaben zumachen und dass auch innerhalb der Länderz. T. erhebliche Unterschiede bestehen. Aus-tauschschüler/-innen klagen aber oftmals,dass sie sich von der Kleidung und Auswahlder Garderobe etwas anders entschieden hät-ten, wenn sie präziser über das zu erwartendeWetter informiert gewesen wären.

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Wichtig ist dieVorbereitungauf das Klimadurch ent-sprechendeKleidung im Gepäck

20 kg Gepäckist die Ober-grenze im Flugzeug

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dass man mit allem durchkommt. Wer eintransportfähiges Musikinstrument hat unddarauf nicht verzichten will, kann dies in derRegel ohne Probleme mitnehmen, sollte abervorher mit der Fluggesellschaft kurz Rück-sprache nehmen. Die Bestimmungen sind nichtimmer ganz einheitlich. Am besten, Du klärstdies selbst beim nächstgelegenen Büro derFluggesellschaft oder der Deutschlandvertre-tung, die häufig in Frankfurt ihren Sitz hat.Das Gleiche gilt auch für sonstige sperrigeReisegegenstände, wie z. B. ein Skateboard,wenn dies unter allen Umständen mitgenom-men werden soll. Nicht zu vergessen ist aberauch, dass man sich vorher erkundigt, was imAusland vorhanden ist oder auch ausgeliehenwerden kann, da man sich so einigen Stressspart.

Vorsicht ist bei mitgebrachten Lebensmittelngeboten. Bei Flügen ins außereuropäischeAusland werden diese gerne vor Einreise ab-genommen.

7. Rückkehr ins Heimatland

7.1 Das „Re-entry“-Problem

Viele Austauschschüler/-innen schreibennach Rückkehr in ihren Berichten, dass sie an-genehm überrascht waren über die Freund-lichkeit der Bewohner ihres Austauschlandesund dass sie versuchen möchten, einen Teilder Freundlichkeit, die sie bei anderen fest-gestellt haben und die ihnen gut gefallen hat,mit herüberzuretten in die Zeit nach dem Aus-tausch, wenn sie wieder daheim sind.

Nicht wenige können sich zum Zeitpunkt derbevorstehenden Heimreise vorstellen, nocheine Zeit lang länger im Ausland zu bleiben.Andererseits freuen sich die meisten auch aufzu Hause, ihre Eltern, Geschwister, Freundeund alles, was ihnen lieb, teuer und vertrautist.

Zu den größten Problemen bei der Heimkehrgehört ein Phänomen, das alle Austauschorga-nisationen bei der Befragung ihrer zurückge-kehrten Austauschschüler/-innen feststellen:Es besteht ein unheimliches Mitteilungsbe-dürfnis, andere an den gemachten Erfahrun-gen teilhaben zu lassen. Dieses stößt aber nurauf ein begrenztes und eher mäßiges Interes-se. Das für Rückkehrer/-innen aus dem Aus-land typische und unfassbare Phänomen istdie Tatsache, dass für einen selbst währendder Zeit im Ausland so viel passiert ist, wasso schwer vermittelbar ist und auf so wenigtiefgreifendes Interesse bei den Daheimge-

Es gibt viel zu berichtenund keiner will es hören

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Rückkehr ins Heimatland

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innen zu antworten. Das Ganze könnte natür-lich auch in Form eines kleinen Referats gehal-ten werden und in der Benotung den münd-lichen Leistungen zugeschlagen werden. Wieschon bei der Vorbereitung erwähnt, könnteman dies umso qualifizierter gestalten, je mehrman sich im Ausland gezielt im Hinblick aufein zu haltendes Referat oder eine spätereFacharbeit mit einem bestimmten Thema be-schäftigt hat. Aber auch ohne dass dies erfolgtist, gibt es eine Menge Berichtenswertes, wasfür Deine Mitschüler/-innen und auch Deine/nEnglisch- und Französischlehrer/-in von Inte-resse ist. Immerhin bringst Du frischen Windins Klassenzimmer, bist auf dem neuestenStand bezüglich Politik, Gesellschaft und Lan-deskunde Deines Austauschlandes und sehrdaran gewöhnt, Englisch oder Französisch zusprechen.

Es wäre ebenfalls möglich, in anderen Fä-chern gezielt über dein Austauschland zu spre-chen. Das könnte Erdkunde sein oder ein Fachwie Sozialkunde. Unterschätze nicht, wie au-thentisch und wie unmittelbar Deine Erfahrun-gen sind, die sich zumeist auch noch mit einpaar eindrucksvollen Fotos unterlegen lassen.

Überhaupt gilt es in der Schule noch einmalzu forschen, ob irgendwelche Projekte laufen,eine Ausstellung geplant ist, etwa zu einemTag der Offenen Tür oder aus einem anderenGrund, bei dem sich Deine Fotos gut einsetzenlassen.

Auf jeden Fall solltest Du nicht insistieren,wenn Du merkst, dass keine Bereitschaft,sondern eher Widerstand besteht, Dich vonDeinen Erfahrungen berichten zu lassen.Nimm das nicht persönlich, denn es hat sehrwenig mit Dir zu tun, sondern sagt etwas überdie Person aus, die kein Interesse an DeinerErfahrung hat, aus welchen Gründen auch im-mer. Konzentriere Dich auf die Menschen, dieaufgeschlossen sind und das, was Du anzu-bieten hast, als eine Bereicherung sehen undDir einen Platz einräumen. Vielleicht solltestDu auch mit dem Austauschtutor bzw. der Aus-tauschtutorin sprechen, der/die an DeinerSchule für internationale Belange und Aus-tauschprogramme zuständig ist. Du könntestdann gemeinsam mit dieser Lehrkraft aucheinmal in jüngeren Klassenstufen über DeinAustauschprogramm informieren und Fragen

bliebenen stößt, für die das Leben eher ingleichförmigen vertrauten Bahnen seinen nor-malen Lauf genommen hat. Diese Diskrepanzist praktisch unauflöslich und schockiert „re-turnees“, wenn sie zum ersten Mal diese Er-fahrung machen. Wie sollte man am bestenmit dieser Problematik umgehen?

Es beugt einer gewissen Desillusionierungvor, wenn man sich vorher darüber im Klarenist, dass es nur begrenzt Möglichkeiten gibt,andere an seinen Erfahrungen teilhaben zulassen. Das ist einfach so und auch nicht zuändern!

7.2 Erfahrungsberichte an der eigenenSchule

Man sollte sich aber auch genau überlegen,wie man seine Erlebnisse und Erfahrungentrotzdem nicht nur mit sich selber herumträgt,sondern andere auch davon profitieren lässt.Da ist zum einen der Bereich Schule. Hier gibtes schon eine ganze Reihe von Möglichkeiten,die gemachten Erfahrungen einzubringen. Die-se werden von den Schulen im Großen undGanzen auch dankend entgegengenommen.So besteht die Möglichkeit, einen Artikel fürdie Schülerzeitung zu schreiben. Dies ist fürandere häufig echt interessant, weckt Inter-esse und vielleicht auch ein wenig Neid undWehmut, so etwas Außergewöhnliches selbstnicht erlebt zu haben. Bei manchen Jüngerenentsteht hier vielleicht der Wunsch, späterselbst einmal an einem Austauschprogrammteilzunehmen.

Außerdem gibt es die Möglichkeit, für denJahresbericht der Schule einen Beitrag überden Auslandsaufenthalt zu schreiben. Dies istebenfalls etwas, das viele Schulen gerne zu-lassen und hier ist der Streuungsgrad der Le-serschaft doch ganz erheblich und geht oftweiter über den unmittelbar schulischen Rah-men hinaus. Letztlich spricht es ja auch wie-derum für die Schule, dass sie es ihren Schü-ler/-innen ermöglicht, an Austauschprogram-men teilzunehmen, und sie erhält dafür ja aucheiniges „als Gegenleistung“ zurück.

Bestimmt freut sich auch Deine Englisch-oder Französischlehrkraft, wenn Du anbietest,im Unterricht von Deinem Auslandsaufenthaltzu erzählen und auf Fragen von Mitschüler/-40

Fremdsprachen-unterricht profitiert durchRückkehrer/-innen aus demAusland

Werbung fürAustausch anHeimatschule

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beantworten. Immerhin hast Du den Austauschgemacht und kannst sehr viel unmittelbarerdavon berichten als jeder andere. Es könnteauch einmal für einen Elternabend von Interes-se sein oder für eine Informationsveranstal-tung Deiner Schule, die das Internationale zumThema gemacht hat.

7.3 Pressearbeit

Eine andere Möglichkeit außerhalb derSchule besteht darin, dass Du Deiner örtlichenZeitung anbietest, einen kurzen Bericht überden Auslandsaufenthalt zu schreiben. WennDu dann noch ein oder zwei schöne Fotos da-zu anbieten kannst, ist das für so manche Re-daktion, nicht nur im Sommerloch, eine will-kommene Bereicherung der Berichterstattung.

Vor ein paar Jahren hat ein Austausch-schüler des BJR mit seiner örtlichen Zeitungsogar eine Art Serie vereinbart. So hat er ausdem Ausland schon in mehreren Fortsetzun-gen über die Erfahrungen berichtet und diesper E-mail und mit Fotos als Anlage auch ent-sprechend dokumentiert. Das war zweifellosjemand, der journalistische Neigungen undTalent in sich gespürt hat und auf eine aufge-schlossene Redaktion gestoßen ist. Vielleicht

lässt sich ja auch ein Artikel, den Du für dieSchülerzeitung schreibst, zugleich auch fürdie Presse verwerten. Das gleiche könnte auchbei einer lokalen Radiostation sein, die sichauch immer wieder freuen, wenn sie einenKnüller bringen können. Sei hier nicht schüch-tern und stelle Dein Licht nicht unter denScheffel. Speziell in der frischen Phase nachder Rückkehr steckt noch soviel Unmittelbaresin Dir, das sich herzerfrischend für andereLeute rüberbringen lässt.

7.4 Kontakt halten

Das Problem, dass die Umwelt nur begrenztInteresse hat, ist nicht zu 100 Prozent zu lösen.Was aber auf jeden Fall hilft, ist, Kontakt zuanderen Schüler/-innen Deiner Gruppe zuhalten und vielleicht sogar auf privater Basisein Nachtreffen zu organisieren. Das sindmeistens gelungene Veranstaltungen, man istunter sich, spricht die gleiche Sprache, tauschtFotos und Erfahrungen aus und pflegt dabeiim Ausland entstandene Bekanntschaftenoder Freundschaften. Hier ist mit Sicherheiteine gewisse Entlastungsfunktion, das im Aus-land hinzu Gewonnene mit Gleichgesinntenzu pflegen und nicht so im Alltag sang- undklanglos untergehen zu lassen.

Schriftliche Beiträge sind häufig willkommen

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Rückkehr ins Heimatland

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8. Der Gegenbesuch desAustauschpartners/der Austauschpartnerin

8.1 Die Verantwortung als Gastgeber/-in

Für diejenigen, die den Auslandsaufenthaltbereits hinter sich haben, ist – je nach Pro-grammtyp – eine kürzere oder längere ZeitAbstand bis zum Eintreffen des Gastes zumGegenbesuch. Je mehr Zeit zwischen beidenAustauschbestandteilen liegt, umso mehr Ge-legenheit besteht, bestimmte Eindrücke zuverarbeiten und sich im hiesigen Leben zu-rechtzufinden. Egal, ob es kürzer oder längerist, irgendwann naht der Termin, den Gast amFlughafen abzuholen, und der zweite Teil desAustausches beginnt. Letztlich ist es auchnicht so wichtig, ob man zuerst gereist ist undhinterher den Gegenbesuch empfängt oderumgekehrt.

Beim Austausch auf Gegenseitigkeit ist derGegenbesuch des Partners/der Partnerin eingenauso wichtiger Bestandteil wie der eigeneAuslandsaufenthalt, auch wenn es vom Erleb-niswert her sicherlich weniger spektakulär ist,seinen Partner/seine Partnerin beim Gegen-besuch zu betreuen. Es ist ungemein wichtig,sich im Vorhinein auf diese Aufgabe einzustel-len und sich vorzubereiten. Es ist leichter, einguter Gast zu sein als eine gute Gastgeberinoder ein guter Gastgeber. Es treten häufigerProbleme aus Sicht des Gastgebers/der Gast-geberin im Heimatland auf als im Austausch-land, und zwar jeweils aus Sicht der Betroffe-nen, für die Heimatland gleichbedeutend mitder Gastgeberrolle ist. Das regt zum Nachden-ken an, und man fragt sich, ob dies notwendi-gerweise so sein muss oder ob durch eine be-stimmte Einstellung oder auch durch bestimm-te Maßnahmen diesem Phänomen entgegen-gewirkt werden kann. Auch wird berichtet, dassje mehr Schwierigkeiten mit dem Partner/derPartnerin im Austauschland bestanden, destomehr Schwierigkeiten auch im Heimatlandauftreten.

Rund die Hälfte der am BJR-Austausch teil-nehmenden Austauschschüler/-innen sagt,dass sie keine besonderen Schwierigkeitenmit dem Partner/der Partnerin haben. Dasberuhigt einerseits, kann aber nicht zufriedenstellen, wenn knapp die Hälfte durchaus eini-

Auch lohnt es sich, mit den Dir wichtigstenPersonen im Austauschland Kontakt zu halten.Dies hält ein Stück der Erinnerung wach undträgt dazu bei, Kontakte zu pflegen und – so-fern es um den Austauschpartner/die Aus-tauschpartnerin geht – die Zeit zwischen denbeiden Austauschbestandteilen zu überbrük-ken.

7.5 Nachlernen und Leistungskontrollen

Ebenfalls zu den Rückkehrerproblemen ge-hört der Umstand, dass es durch die längereAbwesenheit vom Unterricht doch nicht seltenzu einem gewissen Nachlernstress kommtund auch versäumte Leistungsnachweise nach-geholt werden müssen. Das Kultusministeriumin Bayern überlässt es den Schulen, inwieweitsie es für notwendig erachten, versäumte Lei-stungsnachweise vollständig nachzuholen.Viele Schulen in Bayern gehen schonend undwohlwollend mit den aus dem Schüleraus-tausch Zurückgekehrten um. Häufig wird eineSchonfrist von ca. 4 Wochen gewährt undnicht alle Schüler/-innen müssen alle Testsnachschreiben, obwohl dies durchaus so seinkann. Aber sei beruhigt, nahezu ausnahmslosalle Austauschschüler/-innen versichern, dassdiese etwas stressreiche Phase der Mehrar-beit auch vorübergeht und bei weitem durchdie im Ausland gemachten positiven Erfahrun-gen aufgewogen wird. Auch stellt sich nachRückkehr vom Schüleraustausch häufig eineandere Einstellung zum Lernen ein, und eswird gezielter gearbeitet. Auch Sinn und Zweckdes Lernens und die Effektivität des Lernensan der eigenen Schule werden im Vergleichzu den im Ausland gemachten Einblicken ineinem neuen Licht gesehen. Häufig findet nacheiner erhöhten Nachlernphase und einemkurzfristigen Leistungsabfall, mittel- und lang-fristig sogar eine Leistungssteigerung statt.Viele Austauschschüler/-innen betonen auch,dass sie etwas gelassener geworden sind undsich nicht künstlich unter Druck setzen lassen.Durch neue und eigene Prioritätensetzungkommt am Ende ein für einen selbst befriedi-genderes und erfreulicherweise für die schu-lischen Leistungen besseres Resultat heraus.

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Nicht stressen lassen!

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ge Schwierigkeiten mit dem Partner/der Part-nerin hat und dies verstärkt im Heimatland.

Es ist auf jeden Fall wichtig, die Verantwor-tung als Gastgeber/-in ernst zu nehmen.

8.2 Fremdsprache Deutsch

Für die englischsprachigen Austauschschü-ler/-innen gilt im besonderen Maße, dass sievon ihren sprachlichen Voraussetzungen er-heblich weniger Deutsch können, als die Deut-schen beim Auslandsaufenthalt Englischkennt-nisse bzw. Französischkenntnisse haben. Dasliegt an der besonderen Situation der Fremd-sprachen im englischsprachigen Ausland undder vergleichsweise geringen Anzahl von Jah-ren und Wochenstundenzahl, die Dein Partner/Deine Partnerin bisher Gelegenheit hatte,Deutschunterrricht zu erhalten. Damit sinddie kommunikativen Fähigkeiten – das bein-haltet sowohl das Verstehen als auch das ak-tive Sprechen und Lesen – äußerst begrenzt.Am Anfang sind viele Austauschschüler/-in-nen hoffnungslos überfordert und verstehenfast kein einziges Wort, wenn in normalemSprechtempo geredet wird oder der Fernseherläuft etc. Auch können sie häufig nur elemen-tare Sätze sprechen. Es ist absolut wichtig,dass Du Dir das noch einmal vor Augen führstund Deine Familienmitglieder und auch DeineKlassenkameraden und -kameradinnen in derSchule darauf vorbereitest. Denn die Alterna-tive darf unter gar keinen Umständen heißen,nun einfach auf Englisch umzuschalten. Das

wäre für beide Seiten zwar viel einfacher,bringt Deinen Austauschpartner/Deine Aus-tauschpartnerin aber keinen Millimeter weiter.

8.3 Kultur- und Klimaschock

Neben dem sprachlichen Problem ist auchzu bedenken, dass ein gewisser Kultur- undu. U. auch Klimaschock den Einstieg für DeinenGast besonders schwierig machen. Der BJR hatin seiner wissenschaftlichen Untersuchungzum Schüleraustausch herausgefunden, dassdeutsche Austauschschüler/-innen nicht nurüber mehr Sprachkenntnisse verfügen, son-dern auch über mehr Auslandserfahrungen.Sie haben mehr Länder bereist und sich längerim Ausland aufgehalten, und dies vor allemim nicht muttersprachlichen Ausland, als diesbei den ausländischen Austauschschüler/-in-nen der Fall ist. Von den ausländischen Aus-tauschschüler/-innen haben manche nur imenglisch-/französischsprachigen Ausland Er-fahrungen gesammelt, andere haben gar keineAuslandserfahrung. All dies ist am Anfang einganz schöner Stressfaktor.

Für die Schüler/-innen der Südhalbkugelkommt außerdem noch hinzu, dass sie auseiner eher warmen Klimazone stammen unddurch den gegenläufigen Rhythmus der Jahres-zeiten zu einer Zeit nach Deutschland kommen,zu der bei ihnen zu Hause Hochsommer ist,während hier das Tageslicht am kürzesten ist,die Bäume kahl sind und zum Teil klirrendeKälte vorherrscht, wie sie sie wahrscheinlich

Deutsch sprechen!

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Gegenbesuch des Austauschpartners/der Austauschpartnerin

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ein wenig hilflos macht. Diese Gründe könnendazu beitragen, dass es Deinem Austausch-partner/Deiner Austauschpartnerin in denersten Wochen ganz sicher nicht leicht fallenwird, zurechtzukommen, Tritt zu fassen undsich hier heimisch zu fühlen. All dies gilt na-türlich für einige mehr als für andere. Wäh-rend sich einige, je nach Persönlichkeit undsprachlicher Kompetenz recht souverän undschnell an vieles gewöhnen und durch eineaufgeschlossene, freundliche Art auch schnellviele Leute kennen lernen und Freunde finden,gibt es auch das andere Extrem von sehrschüchternen, sprachlich schwachen und vonstarkem Heimweh geplagten Austauschschü-ler/-innen, denen man scheinbar gar nichtsrecht machen kann, denen nichts zu schmek-ken scheint und die den Eindruck erwecken,als wollten sie am liebsten morgen nach Hau-se fliegen. Auch in diesen Fällen soll man dieFlinte nicht ins Korn werfen. Gerade solcheAustauschschüler/-innen machen zum Teil imLaufe der zwei bis zweieinhalb Monate eineerstaunliche Entwicklung durch, die ihnen amAnfang niemand zugetraut hätte. In solchenFällen ist natürlich besonders viel Geduldund Einfühlsamkeit erforderlich.

Viele Austauschschüler/-innen ahnen auch

noch nie erlebt haben. Wenn sie dann um6.3o Uhr früh bei Eis und Schnee und Dunkel-heit weite Strecken mit dem Fahrrad zur Schulefahren müssen, obwohl sie durch die Zeitver-schiebung noch nicht einmal ihren Jetlag über-wunden haben, dann wird verständlich, wie-viel der Gast zu beachten hat und wie schwerdies, besonders am Anfang, ist.

Viele Austauschschüler/-innen betonen,dass es ihnen nicht leicht fällt, Leute kennenzu lernen und sie diese auch in der Kennen-lernphase nicht immer als besonders freund-lich empfinden. Hier zeigen sich wohl auchunterschiedliche Kommunikationsmuster, wieUnbekannte miteinander interagieren undwelche Hemmschwellen manche Menschenhaben, unbefangen und freundlich auf eineunbekannte Person zuzugehen. So klagenviele Austauschschüler/-innen, dass Deut-sche, solange man sie noch nicht kennt, eheretwas zurückhaltend, zugeknöpft und manch-mal etwas unfreundlich wirken.

Auch trifft er/sie auf eine Reihe von neuenSituationen, bei denen eine Handlungskom-petenz verlangt wird, die ihn/sie unter er-schwerten Bedingungen, weil sie im Auslandstattfinden, kurzfristig überfordern kann und

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Dein Gast braucht Dich

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nicht annähernd, was wirklich auf sie zu-kommt, wenn sie im Ausland sind. Sofern Duals Erste/r im Ausland gewesen bist, solltestDu schon während der Zeit im Ausland auchimmer ein bisschen daran denken, DeinenGast auf bestimmte Dinge in Deinem Heimat-land vorzubereiten und auch gewisse Schwie-rigkeiten zu erwähnen. Je mehr Dein Gastauch schon eine ungefähre Ahnung von dembekommen kann, was auf ihn/sie zukommt,desto weniger krass wird unter Umständendie schockartige Umstellung auf das Lebenbei Dir zu Hause sein.

8.4 Der Schulbesuch beim Gegenbesuch

Für alle Austauschschüler/-innen gilt für denGegenbesuch das Gleiche wie für Dich beimAuslandsaufenthalt. Der Schulbesuch ist Be-standteil des Programms und absolut verpflich-tend. Dies gilt trotzdem, auch wenn es für vieleAustauschschüler/-innen gleichbedeutend istmit der Ferienzeit im Heimatland. Hier in Deut-schland gilt die Verpflichtung, regelmäßig amSchulunterricht teilzunehmen. Das wünschendie Partnerorganisationen im Ausland, die El-tern, die Deutschlehrkräfte an den Schulenund auch die Kultusministerien der Länder,die hinter diesen Aktivitäten stehen. Doch giltdas oben Gesagte in ganz besonderem Maßfür den Schulbesuch. Es ist für die englisch-sprachigen Austauschschüler/-innen aufgrundihrer begrenzten Deutschkenntnisse eine ex-treme Herausforderung, sich in unseren Schul-betrieb in Deutschland einzufügen. Erschwe-rend kommt hinzu, dass manche Schulen we-nig dazu beitragen, den Gastschüler/-innenentgegenzukommen und sie trotz ihrer be-sonderen Situation in den Unterricht einzu-binden.

8.4.1 Die Rolle des Gastgebers/derGastgeberin bei der schulischenIntegration

Hier erwächst für Dich als Gastgeber/-in ei-ne ganz besondere Verantwortung, im Rahmendes objektiv Möglichen Deiner Austausch-partnerin/Deinem Austauschpartner bei derIntegration in das schulische Leben behilflichzu sein. Es gibt eine Reihe von Dingen, die sichbewährt haben und die dazu beitragen, Dei-nem Gast den Einstieg etwas leichter zu ma-chen:

• Sag schon eine Woche, ehe Dein Gastkommt, im Schulsekretariat Bescheid undbitte die Sekretärin, auch die Schulleitungauf jeden Fall daran zu erinnern.

• Stell Deine Partnerin/Deinen Partner unbe-dingt gleich am ersten Tag Deiner Schullei-terin/Deinem Schulleiter vor. Dein Gastsieht, dass er/sie ernst genommen wird,und der Schulleiter/die Schulleiterin lerntauch gleich persönlich die neue Gastschüle-rin/den neuen Gastschüler kennen. Solltenirgendwelche Probleme auftreten, ist es indem Fall wohl weniger problematisch, beider Schulleitung um Hilfe nachzusuchen,wenn diese von Anfang an in den Gegenbe-such einbezogen wurde.

• Stell Deine Partnerin/Deinen Partner unbe-dingt allen Lehrkräften persönlich und na-mentlich vor. Auch dies ist nicht nur eineFrage der Etikette, sondern gehört zu denelementaren Grundvoraussetzungen, damitjede/r auch weiß, dass Dein Gast eingetrof-fen ist.

• Besprich auch möglichst sofort mit demLehrer/der Lehrerin die Möglichkeit undNotwendigkeit, dass Dein Gast Unterrichts-materialien, Lehrbücher etc. bekommt undob und inwieweit sprachlich und von denfachlichen Voraussetzungen her eine Teil-nahme an dem Unterricht sinnvoll erscheint.Vielleicht sollte man sich hier pro Lehrkraft5 Minuten Zeit nehmen und in einer Pauseohne Hetze das offen und ehrlich durch-sprechen. Auch dies trägt wiederum dazubei, dass beide Seiten sich ernst genommenfühlen, denn häufig klagen Austauschschü-ler/-innen, dass manche der Fachlehrer/-innen, die nicht Fremdsprachen unterrichten,kaum Notiz von ihnen nehmen und nichtversuchen, sie ins Unterrichtsgescheheneinzubinden. Das liegt natürlich nicht immeran der jeweiligen Lehrkraft, sondern manch-mal auch an der Abwehrhaltung von Aus-tauschschüler/-innen bzw. einer völligensprachlichen Ohnmacht, ein Wort dessenzu verstehen, was gerade behandelt wird.

• Auch gibt es Fächer, die bei uns unterrichtetwerden, an der Schule Deines Partners/Deiner Partnerin aber nicht, oder die er/sienicht belegt hat. Auch hier gibt es extremwenig Sinn, Zeit abzusitzen. So kann wederfür den Schüler/die Schülerin, noch für denLehrer/die Lehrerin irgendwas Gescheitesdabei herauskommen. Wichtig ist aber, dass

Integration des Gastes in die Schule ist wichtig, wenngleichschwierig

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Gegenbesuch des Austauschpartners/der Austauschpartnerin

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Was hat sich in der Vergangenheitbewährt?

• Viele Austauschschüler/-innen finden eshilfreich, wenn es ihnen ermöglicht wird,das Fach Deutsch in den Anfangsstufen(Klasse 5, 6 oder 7) zu besuchen. Hier wirddie deutsche Sprache auch noch als Fachgelernt und nicht nur in Form von Literaturangewendet. Die kleineren Schüler/-innenhaben in der Regel überhaupt kein Problemdamit – die Lehrkräfte noch viel weniger.Das kann außerordentlich hilfreich und ent-lastend sein.

• Umgekehrt empfiehlt es sich im Fach Eng-lisch bzw. Französisch, einmal zu überprü-fen, ob der Besuch einer höheren Jahrgangs-stufe, ggf. auch eines Leistungskurses,sinnvoll sein könnte. Wichtig ist hier in je-dem Fall, dass die dort anfallenden Inhalte,die in nächster Zeit Thema sein werden,Deinem Gast inhaltlich liegen (nicht jederliebt Shakespeare gleichermaßen) und na-türlich, ob die betreffende Lehrkraft denmuttersprachlichen Neuzugang wirklich alseine Bereicherung des Unterrichtsgesche-hens ansehen kann. Nicht alle Lehrer/-in-nen sind gleichermaßen begeistert, wasunterschiedliche Gründe haben kann. Auchhier ist wichtig, sich möglichst wenig ge-genseitig vorzumachen, sondern diese Din-ge miteinander zu besprechen. Sinn ergibtes jedenfalls nur, wenn die entsprechendeEnglisch- bzw. Französischlehrkraft den Gastauch wirklich zur Teilnahme einlädt und ihnweder unter- noch überfordert und auchbereit ist, dem Rechnung zu tragen, dassnicht alle Austauschschüler/-innen unbe-dingt Oxford-Englisch sprechen und auchkeine Literaturprofessoren sind, sondernenglischsprachige Teenager aus einemenglischsprachigen Land.

• Es gilt auch einmal zu überlegen, ob be-stimmte Fächer, die stärker auf nonverbaleKommunikation ausgerichtet sind und dieDeinem Partner/Deiner Partnerin von sei-nen/ihren Fähigkeiten und Kenntnissen lie-gen, mit in die Palette der Alternativen auf-genommen werden sollten. Hier könnten eskünstlerische, musische, handwerklicheoder sportliche Fächer sein, sofern in dernächsten Zeit nicht gerade die Theorie do-miniert und wieder alles von sprachlicherKommunikation abhängig ist. Das wäre

hier nicht weggeschaut wird, wenn es nichtläuft und sich alle Seiten etwas vormachen,was unweigerlich zu viel Frustration führt.Da muss frühzeitig etwas unternommenwerden.

8.4.2 Die Rolle des Austauschtutors/der Austauschtutorin

In diesem Zusammenhang gewinnt der Aus-tauschtutor/die Austauschtutorin eine beson-dere Rolle. Theoretisch sollte an jeder Schuledie Person benannt worden sein, die auch Be-standteil der von der Schule ausgefüllten undeingereichten Bewerbungsunterlagen ist.Wenn das noch dieselbe Lehrkraft wie zumZeitpunkt Deiner Bewerbung ist, solltest Dusie am besten noch vor Ankunft deines Gastesvorab ansprechen und mit ihr vereinbaren,dass Du in den ersten Tagen nach AnkunftDeines Gastes in einem Gespräch mit DeinemAustauschpartner/Deiner Austauschpartnerinund ihr gemeinsam eine Bestandsaufnahmeder schulischen Erfahrungen, Deines Stunden-plans und der Sinnhaftigkeit bestimmter Fä-cher, die zu Deinem Stundenplan gehören,macht. Wenn es diese/n Austauschtutor/innicht mehr geben sollte, versuche bitte überein Mitglied des Direktorats Deiner Schuleoder den/die Fachbetreuer/in Englisch/Fran-zösisch eine Person zu finden, die sich bereiterklärt, sich während der Dauer des Gegen-besuchs für Deine Austauschpartnerin/Dei-nen Austauschpartner zuständig zu fühlen.Hier wäre es auch schon gut, wenn dieserTutor/diese Tutorin Deine Fachlehrer/-innenund Deine/n Klassenlehrer/-in vorher infor-mieren könnte, was im Übrigen auch schonmal von Dir getan werden sollte.

8.4.3 Die Kunst, einen guten Stundenplan zu erstellen

In jedem Fall sollte Dein Gast nach einigenOrientierungstagen – im allgemeinen reichthier eine Woche absolut – sich mit der Aus-tauschtutorin/dem Austauschtutor und Dirzusammensetzen und eine schonungsloseBestandsaufnahme des Stundenplans machenund all die Fächer entrümpeln, bei denen er/sie absolut nichts versteht oder fachlich hoff-nungslos überfordert ist. Die sollte man strei-chen und durch Alternativen ersetzen.

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Tutor finden

FlexiblenStundenplan erstellen

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auch im Einzelfall zu überprüfen.• Ansonsten sollte Deine Klasse als Kerngrup-

pe und auch als sozialer Bezugsrahmen,bei dem Du sicherlich die Hauptrolle spielst,für Deine/n Austauschpartner/-in als ruhi-ger Pol inmitten all des Neuen bestehenbleiben.

• Eine Auflockerung des Stundenplans wirktaber häufig sehr entlastend auch auf derpersönlichen Ebene, um nicht ständig an-einander zu kleben. Auch kann Deine Part-nerin/Dein Partner durch bestimmte Fächerin anderen Lerngruppen ein bisschen Selb-ständigkeit entwickeln, neue Leute kennen-lernen, woraus auch eigenständige Sozial-kontakte erwachsen können. Dies wiederumkönnte sich auch bei der Freizeitgestaltungdahingehend positiv auswirken, dass er/sieauch eigenständig Kontakte zu anderenJugendlichen knüpft, mit denen er/sie sichin der Freizeit einmal treffen mag.

• Auch ist es ungemein wichtig, dass DeinePartnerin/Dein Partner sich nicht nur in derSchule langweilt und entsprechend einegewisse Antihaltung aufbaut und im bestenFall die Schule benutzt, um Bücher zu lesenoder Briefe zu schreiben oder anfängt, denUnterricht zu stören oder zu schwänzen.

Das gibt auch wenig Sinn, zumal durch denkurzen Schulvormittag in Deutschland schongenügend Zeit am Nachmittag, Abend undam Wochenende zu gestalten ist, so dassin keiner Weise eine Notwendigkeit besteht,sich vormittags irgendwo anders als in derSchule aufzuhalten.

8.4.4 Sonstige flankierende Maßnahmenfür den Gast an der Schule

• Auch für die ausländischen Austauschschü-ler/-innen gilt, dass es beim Schulbesuchnicht primär um den Wissenszuwachs geht,sondern um das Kennenlernen eines ande-ren Systems und der Mitschüler/-innen.Schule ist nun mal eine ideale Kontaktbör-se zu Gleichaltrigen, und je mehr und akti-ver man sich einbringen kann, umso mehrFreude hat man und umso mehr Leute lerntman kennen, und es kommt wesentlich mehrdabei raus.

- In diesem Zusammenhang ist es auch wich-tig, dass Du gerade am Anfang Deinen Gastmöglichst vielen Mitschüler/-innen vorstellst,sie miteinander bekannt machst und viel-leicht auch ein bisschen den anderen Mit-schüler/-innen erklärst und diese vielleicht

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Gegenbesuch des Austauschpartners/der Austauschpartnerin

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tet, Hausaufgaben machen zu müssen, soist es natürlich nahezu unmöglich, manchenUnterrichtsbestandteilen zu folgen, wennman nicht die gleichen Materialienvoraus-setzungen hat wie die Mitschüler/-innen.

8.4.5 Projekt für die Schule im Heimatland

Vielleicht solltest Du in Vorbereitung aufden Besuch Deines Gastes auch Deinen Part-ner/Deine Partnerin in der Richtung hin anstos-sen zu prüfen, ob er/sie für die Heimatschulenicht irgendein Projekt, Referat o. ä. machenkann, um möglicherweise sogar dafür im Hei-matland benotet zu werden und an den Nach-mittagen in Deutschland besser ausgelastetzu sein. Hier schlummert ein Potenzial, dasfür die ausländischen Gastschüler/-innen inDeutschland dazu beitragen kann, eine ge-wisse inhaltliche Beanspruchung zu verspüren,aktiv etwas zu recherchieren und dafür imHeimatland noch eine Note zu erhalten. Auchhilft dies in jedem Fall beim Durchdringen deranderen Kultur, dem Kennenlernen neuer Leuteund dem sich Zurechtfinden in anderen Struk-turen. Auch wenn Dein Gast wenig Neigungverspürt, Hausaufgaben zu machen, so könn-te dies ein Ansporn sein, sich in der Zeit nachder Schule weiterhin fachlich-inhaltlich aus-einander zu setzen. Dies kann für beide Seitenhilfreich sein. Denn wenn Du viele Hausauf-gaben zu erledigen hast und Dich auf Testsvorbereiten musst, kann es Deinem Gast auchschnell einmal langweilig werden.

auch bittest, sich ein bisschen um DeinenGast zu kümmern.

• Viele Austauschschüler/-innen klagen, dasssie an der Gastschule nicht ernst genommenwerden. Auch hier können geeignete Maß-nahmen getroffen werden: Vielleicht kannstDu ihn/sie dafür interessieren, ein Interviewfür die Schülerzeitung zu geben oder einenArtikel zu schreiben, einmal im Englisch-oder Französischunterricht über ihr Heimat-land zu berichten und auf Fragen der Schü-ler/-innen zu antworten.

• Vielleicht gibt es bestimmte Aktionen derSchule, z. B. Projekttage oder dergleichen,vielleicht ist eine Klassenfahrt geplant oderandere aus dem normalen Schulalltag her-ausragende Ereignisse. Auch hier könnteDein Gast eingespannt werden.

• Was für den Schulbesuch im Ausland er-wähnt wurde, gilt natürlich auch für denGegenbesuch: Wenn Dein Gast ein Instru-ment spielt, gerne singt oder sportlich ta-lentiert ist, dann gilt es zu prüfen, ob auchim schulischen Rahmen das Mitwirken ineiner Mannschaft, in einem Chor oder Or-chester möglich ist. Das kann viel Freudebereiten, sehr entlastend wirken und istabermals eine hervorragende Gelegenheit,andere Leute in einer Situation kennen zulernen, die einem selber Spaß macht undbei der man ein vorhandenes Talent in dieganze Gruppe einbringen kann.

• Achte bitte darauf, dass Dein Gast in jedemFall alle Lernmaterialien, Unterrichtsmittel,Lehrbücher etc. ausgehändigt bekommt.Auch wenn auf ihm/ihr keinerlei Druck las-

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Den Gast am schulischen Leben beteiligen

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9. Der Familienaufenthalt beimGegenbesuch

9.1 Gastgeberpflichten

Auch hier bist Du zusammen mit Deiner Fa-milie in der Gastgeberrolle, die sich erheblichvon der unterscheidet, im Ausland Gast zusein. Du bist das Bindeglied zwischen DeinemGast und Deiner Familie und kannst dazu bei-tragen, Missverständnisse gering zu halten,Verhaltensweisen Deines Partners/Deiner Par-tnerin deuten zu können und frühzeitig beiauftretenden Problemen Deiner Partnerin/Deines Partners Gesprächsbereitschaft zusignalisieren, um möglichst schnell Problema-tisches auszuräumen, ehe sich erst Missver-ständnisse einschleifen und Probleme verhär-ten. Denn Du kennst Euren Gast am besten.Du hast in seiner/ihrer Familie gelebt undkennst die persönlichen Freundinnen undFreunde, die Schule und hast in dem Landgelebt, aus dem Dein Gast stammt. Du hasteinen enormen Informationsvorsprung, deres Dir ermöglicht, Dich aber auch etwas in diePflicht nimmt, Deinem Gast, der zumindest inder Anfangsphase einen schweren Stand hat,bei der Eingewöhnung und dem Sich-wohl-fühlen-können behilflich zu sein. Dein Gast istvielleicht mehr auf Deine Hilfe angewiesen,als Du es beim Auslandsaufenthalt gewesenbist. All dies erfordert Toleranz, Geduld, Ein-fühlsamkeit und viel Kraft von Dir.

9.2 Förderung der Eigenständigkeit des Gastes

Wie schon mehrfach und an anderer Stellegesagt, hat jede Partnerschaft ihre Grenzen.Dies gilt umso mehr, wenn die Verbindungmenschlich zwar in Ordnung ist, aber nichtunbedingt eine tiefe Freundschaft aus ihr her-vorgegangen ist. In jedem Fall ist wichtig, ne-ben allen flankierenden Maßnahmen, die Duergreifst, um Deinem Gast das Einleben zu er-leichtern, dass er/sie von Anfang an in seiner/ihrer Persönlichkeit auch ernst genommenwird und eine gewisse Eigenständigkeit ent-wickelt. Das heißt, dass er/sie es auch früh-zeitig lernt, gewisse Erledigungen selbständigzu machen, eigenständig soziale Kontakte auf-zubauen, vielleicht dann und wann sich auchmit jemand aus der eigenen Gruppe zu treffen.Wenn ein flexibler Stundenplan entwickelt

wird, ist häufig auch die Folge, dass durch viel-fältige Berührungspunkte auch diverse Kon-takte entstehen. Trotzdem bleibt nach lang-jährigen Erfahrungswerten insbesondere dieerste Zeit – man kann etwa von einem Monatausgehen – in der Du in ganz besonderemMaße gefordert bist, Deinem Gast unter dieArme zu greifen.

9.3 Die Problematik der„freien Nachmittage“

Zu den fast unlösbaren Problemen beim Ge-genbesuch in Deutschland gehört die Proble-matik, dass Du nach der Schule in einem nichtzu unterschätzenden Umfang Hausaufgabenmachen und Dich auf Schulaufgaben vorbe-reiten musst und daher relativ wenig Zeit hast.Es gibt nicht wenige ausländische Gastschü-ler/-innen, für die die ungewohnte Situation,den Nachmittag bereits frei zu haben und zureigenen Gestaltung nutzen zu können, eineHerausforderung darstellt, die sie anfänglichüberfordert. Erschwerend kommt hinzu, dasseine Integration in die Schule häufig nicht sointensiv stattfindet, dass die Gäste in demUmfang Hausaufgaben erledigen, wie Du sieverständlicherweise machen musst. Tag fürTag muss Dein Gast in irgendeiner Weise denNachmittag für sich strukturieren und Stundengestalten, in denen Du nicht zur Verfügungstehst. Einige kommen ganz gut damit zurecht,ruhen sich aus, schreiben Briefe, machen Er-ledigungen oder schauen fern. Es ist vielleichthilfreich, wenn Du schon beim Auslandsauf-enthalt Deinen Gast auf diese Situation vor-bereitest. In jedem Fall erwächst keine Ver-pflichtung, dass Deine Mutter beispielsweisediese Lücke ausfüllt und täglich in irgendeinerWeise Programm für Deinen Gast macht. Auchkannst und sollst Du Deine schulischen Ver-pflichtungen nicht vernachlässigen, sondernin dem Umfang nachkommen, wie Du es selbstfür erforderlich hältst. Deshalb ist es u. a. hilf-reich, wenn der Gast von seiner Heimatschuleaus eine bestimmte Aufgabe gestellt bekom-men hat oder ein Projekt machen soll.

Überprüfe in jedem Fall, ob Deinem Gast ei-ne vollständige Liste der Gruppenmitgliederseiner/ihrer Austauschgruppe vorliegt. Manch-mal haben die Gäste so etwas nicht erhaltenoder haben sie zuhause gelassen. Denn eskann, gerade in den ersten Tagen, wenn das

Gastgeberrolleernst nehmen

Den Gast in dasFamilienlebeneinbinden

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Familienaufenthalt beim Gegenbesuch

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Situationen, Deutsch anzuwenden. Man soll-te dem Gast gegenüber stehen und ihn an-schauen, wenn man ihn anspricht. Gerade inder ersten Zeit ist dies hilfreich, da viel „vomMund abgelesen“ werden kann, was zu bes-serem Verständnis führt.

Oberstes Ziel sollte es von Anfang an sein,90 % der Kommunikation und Konversationauf Deutsch abzuhalten. Vielleicht muss dasSprechtempo am Anfang etwas verlangsamtwerden, mancher Satz vielleicht mit einfache-ren Worten wiederholt werden. Für wichtigeAbsprachen kann unter Umständen, zumindestam Anfang noch einmal auf Englisch oderFranzösisch eine Rückversicherung erfolgen,ob die Botschaft wirklich angekommen ist. Eswäre nämlich fatal, wenn Dein Partner/DeinePartnerin gleich am zweiten Tag zur falschenZeit in den falschen Bus oder Zug steigt oderam falschen Punkt auf Dich wartet. Aber bittenoch einmal: Es erfordert gerade am Anfangunheimlich viel Geduld und Toleranz, sich aufdas niedrige Sprechvermögen des Gastessprachlich einzustellen.

Immer wieder behaupten manche Familienund Austauschschüler/-innen, der Gast hättegar kein Interesse, Deutsch zu lernen. Das magzwar in einzelnen Fällen wirklich so sein, aberauf der anderen Seite sollte dabei bedachtwerden, dass der Gast Deutsch an der Heimat-schule lernt und das seit mehreren Jahren undsich sogar zur Teilnahme am Schüleraustauschentschlossen hat, nicht zuallerletzt auch, umdie Sprachkenntnisse zu verbessern. Fast alleAustauschschüler/-innen berichten, dass dieersten vier Wochen die schwersten sind undsich das Verständnis erst nach und nach ein-stellt. Auch Deine Eltern sollten hier Geduldüben. Wer Talent hat, kann ja auch mit seinemPartner/seiner Partnerin gezielte Übungenmachen, um so ein bisschen Sprachtrainingzu betreiben. Manchmal haben auch schonEltern, die selbst Lehrer/-in sind oder einepädagogische Begabung haben, sich bereiterklärt, hier ein-/zweimal die Woche einekleine Förderstunde einzurichten. Das gilt imÜbrigen mitunter auch für Lehrer/-innen.Vielleicht ist an Deiner Schule verhandelbar,wenn mehrere Austauschschüler/-innen zurgleichen Zeit oder gar aus dem gleichen Landda sind, dass eine Deutschförderstunde voneiner Lehrkraft gegeben werden kann, um

Heimweh noch groß ist und die ganze Situa-tion ihn/sie überfordert, ausgesprochen hilf-reich sein, wenn man jemand aus der eigenenGruppe anrufen kann, erste Erfahrungen aus-tauschen und sich vielleicht auch einmal tref-fen kann, wenn sich der/diejenige einigerma-ßen im Nahbereich befindet. Sei nicht eifer-süchtig, wenn Dein Gast eigene Kontakte auf-baut, sondern sieh darin den Vorteil, der fürEuch beide daraus erwächst.

Vielleicht kannst Du auch Deine Geschwis-ter – sofern vorhanden – am Anfang etwas indie Gästebetreuung einbinden. Das könnenbei jüngeren Geschwistern auch Spiele sein,die diese gerne spielen. Hierüber lassen sichauch hervorragend Sprachkenntnisse erwei-tern und häufig existieren – gerade gegenüberjüngeren Geschwistern – wenig Berührungs-ängste seitens der Gastschüler/-innen. Ehergleichaltrige oder ältere Geschwister könnenden Gast bei eigenen Unternehmungen mineh-men, was oftmals auch hilft, möglicherweiseauftretender Langeweile frühzeitig vorzubeu-gen.

9.4 Deutsch als Verständigungsmittel

Achte bitte darauf, dass auch Deine Familien-mitglieder, sofern sie der englischen oder fran-zösischen Sprache mächtig sind, diese nichtvon Anfang an übergebührlich einsetzen, son-dern mit dem Gast so ausschließlich wie mög-lich Deutsch sprechen und nur so viel Englischoder Französisch wie nötig einsetzen. Bayeri-scher Dialekt, sofern der bei Euch gesprochenwird, erschwert das Verständnis zumindestam Anfang. In der Schule wird ja auch mehroder weniger Hochdeutsch gesprochen, undes wäre hilfreich, wenn Ihr darauf auch Rück-sicht nehmen würdet.

Das normale Sprechtempo ist oftmals zuschnell, andererseits soll keine Kunstsprachegesprochen werden. Die Austauschschüler/-innen beklagen sich mitunter, dass man ihnenbei Nichtverstehen entweder mit Englisch be-gegnet oder „Babysprache“ benutzt. Beidesist wenig sinnvoll. Eine klare und deutlicheAussprache und ggf. eine Wiederholung mitanderen, etwas einfacheren Worten und unter-stützender Mimik und Gestik können erheb-lich zum Verständnis beitragen, sind manch-mal auch ganz lustig und bieten authentische50

Geschwistereinbeziehen

Deutsch sprechen!

Sprach-unterricht prüfen

Handbuch internationaler Schüleraustausch

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gezielt Unterstützung in sprachlicher Hinsichtzu bekommen. Es lohnt sich vielleicht aucheinmal zu prüfen, ob – wenn mit geringen Ko-sten verbunden – vielleicht an der örtlichenVolkshochschule oder einer anderen Einrich-tung die Möglichkeit besteht, einen Deutsch-kurs zu belegen. Häufig bekommen Schüler/-innen auch eine Ermäßigung.

Vielleicht solltest Du auch einmal überlegen,ob es einen bestimmten Jargon gibt, den Duund Deine Familie und/oder Deine Freundebesonders häufig verwenden. Dann könntestDu mit Deinem Gast ein paar Sprachlehrstun-den abhalten, um ihn/sie in dieses Insidervo-kabular einzuweihen. In jedem Fall schafft soetwas sofort das Gefühl, ein Teil einer Gruppezu werden, wenn man deren Insiderjargonschneller versteht und auch selber anwendenkann. Überhaupt wäre es toll, wenn Du Dichauch in sprachlicher Hinsicht ein kleines bis-schen als Mentor/Privatlehrer/-in sehen könn-test. Dabei darfst Du nicht vergessen, welchgroße Diskrepanz zwischen muttersprachlicherBeherrschung einer Sprache und dem elemen-taren Sprachniveau eines Anfängers/einer An-fängerin besteht. Doch gerade die natürlicheSprechsituation, die im Lande selbst im Alltagstattfindet, ist hervorragend geeignet, weilviele Situationen selbsterklärend sind.

Andererseits ist die Situation, wenn mehre-re Muttersprachler miteinander in ihrer Sprachekommunizieren, für Ausländer ein ganz be-sonderer Härtetest.

Vielleicht kannst Du Deinem Gast auch be-hilflich sein, aus dem heimischen Bücher-schrank oder aus Deinen Kinder- und Jugend-büchern früherer Jahre etwas auszuwählen,was ihm gefallen könnte und wo er durch Le-sen und das geschriebene Wort bei entspre-chendem Interesse und anregender LektüreLust hat, sich damit zu beschäftigen. Vielleichtkann er/sie auch jeden Tag versuchen, einenArtikel aus einer Zeitung zu lesen und mit Hilfedes Wörterbuchs zumindest den Sinn zu ver-stehen.

9.5 Handlungskompetenz im Alltag

Man sollte frühzeitig die Eigenständigkeitdes Gastes fördern, damit er/sie mit all denörtlichen Gegebenheiten, wie Verkehrsmittel-benutzung, den dazugehörigen Fahrscheinen,Post- und Bankgeschäften, Einkaufen etc. früh-zeitig auch selbständig zurechtkommt. AusSicht der ausländischen Gastschüler/-innentreten hier häufig beide Extreme der Unter-oder Überforderung auf. Manche Eltern oderAustauschpartner/-innen trauen ihrem Gastförmlich gar nichts zu und versuchen, allesabzunehmen und grundsätzlich bei allenSituationen, bei denen er auch für sich selbstsprechen könnte, das Wort zu führen. Anderesetzen voraus, dass jemand ohne Problemenach einer Kurzeinweisung es schaffen müs-ste, das Tarifsystem des Münchner Verkehrs-verbundes zu durchblicken und zu verstehen,wie sich Zonen berechnen und ihren Nieder-schlag auf Entwertung von Streifenkarten fin-den. Sie vergessen dabei, dass selbst altein-

Insider-Jargonerklären

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Familienaufenthalt beim Gegenbesuch

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kost, mittags aufgetischt, für den Gast un-gewohnt ist. Auch wird ihm/ihr nicht allesschmecken. Das darf auch eine Mutter, dienoch so gut und liebevoll kocht, nicht persön-lich nehmen. Was gut ankommt, ist, wenn manden Gast öfter beim Einkaufen mitnimmt undauffordert, Lebensmittel, Obst, „Cereals“ oderanderes zu kaufen, was ihm besonders gutschmeckt. Das ist nicht nur eine nette Geste,sondern hat in der Praxis viele Vorteile.

9.8 Missverständnisse in derKommunikation

Ein Grundproblem bei der Kommunikationist häufig, dass die Gäste zu höflich sind, umNEIN zu sagen oder annähernd das zu sagen,was sie tatsächlich in dem Moment denken.Das ist einerseits u. U. durch die kulturellePrägung zu erklären, zu der auch die höflicheIndirektheit gehört, mit der häufig in der eng-lischen Sprache operiert wird, zum anderenist es sicherlich auch die Höflichkeit eines Gas-tes, der den Gastgeber nicht verletzen will, zueinem Teil sicher auch Unsicherheit oder Ver-legenheit. Oftmals sagen die Gäste dannDankeschön oder Okay. Deshalb sollte mangezielt nachfragen und nicht vorschnell wirk-liches Einverständnis unterstellen. Das ist eingegenseitiger Lernprozess, der zu erstaunlichpositiven Resultaten und einer größeren Ehr-lichkeit und Offenheit führen kann.

9.9 Ausflugsprogramme: „Weniger ist mehr“

Generell sollte man keine zu hohen Erwar-tungen an den Besuch des Gastes setzen. Eskommt ein ganz normaler Teenager, keine/rjunge/r Wissenschaftler/-in. Die Kenntnisseüber Deutschland dürften relativ beschränktsein, das Interesse an Architektur, Städtebauund geschichtlichen Zusammenhängen istmöglicherweise nur schwach entwickelt. Mansollte deshalb das Besuchsprogramm für denGast auch nicht kulturell überfrachten. Man-che Eltern entwickeln hier ein Pflichtbewusst-sein, dem Gast möglichst viel bieten zu müs-sen. Sie arbeiten schon Wochen, bevor derGast kommt, generalstabsmäßig ein flächen-deckendes Besichtigungsprogramm aller kul-turhistorischen Baudenkmäler in der näherenund weiteren Umgebung aus. Sie sind dannletztlich schier am Verzweifeln, wenn ihr Gastam dritten Wochenende bei der fünfzigsten

gesessene Münchner schnell an ihre Grenzenkommen, wenn sie nicht täglich öffentlicheVerkehrsmittel benutzen oder gewohnte Fahrt-strecken verlassen. Soll heißen, dass man –je nach Komplexität der zu bewältigendenAufgabe – dem Gast eine gründliche Unter-weisung geben muss, ehe er/sie diese bewäl-tigen kann. Dabei sollte man sich rückversi-chern, ob der Gast auch wirklich verstandenhat, was man ihm erklären wollte. Auch diesist gewissermaßen eine pädagogische Auf-gabe, und man sollte wirklich nicht spotten.Es gibt Leute aus dem Ausland, die seit vielenJahren nach München kommen und immernoch elementare Fehler bei der Fahrschein-lösung oder beim Abstempeln von Ticketsmachen.

9.6 Fernsehen

Eine große Hilfe zum Lernen der Sprachebietet auch das Fernsehen. Gerade Kinder-und Zeichentrickfilme besitzen eine einfacheSprache, bei der der Gast einiges lernen kann.Vielleicht kennt er ja schon eine Serie, die beiuns läuft, auf Englisch.

Bei Fernsehkonsum wäre es sinnvoll daraufzu achten, dass nicht nur englischsprachigeKanäle geguckt werden, obwohl es natürlichfür den Gast eine erhebliche Erleichterungdarstellen kann, einmal Nachrichten auf CNNzu sehen oder z. B. ein bisschen Musik aufMTV zu hören. Entscheidend ist jedoch, ob je-mand sich ausschließlich darauf beschränkt,diese Ressourcen einzusetzen oder zusätzlich.

Vielleicht lässt sich auch ein Deutschsprach-kurs mit Kassetten oder noch besser auf CD/DVD besorgen, der für Deinen Gast einen zu-sätzlichen Lernanreiz stellt. Manche haben z. B. bei der Volkshochschule einen Sprach-kurs „Deutsch für Ausländer“ für ihren Gastausgeliehen und damit gute Erfahrungen ge-macht.

9.7 Ernährung

Was die Ernährung betrifft, weißt Du amehesten, was Dein Gast gerne isst. Es wirdzwar von keiner Familie erwartet, die Essens-gewohnheiten umzustellen, weil der Gast daist. Andererseits sollte auch niemand über-rascht sein, wenn u. U. die derbe Hausmanns-52

Geduldig sein

Deutschlektüreanbieten

Hilfestellung im Alltag gewähren

Handbuch internationaler Schüleraustausch

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Kirche und dem zehnten Museum erschöpftin sich zusammensackt. Hier gilt in jedem Fall„weniger ist mehr“, und man sollte eine ge-schickte und gezielte Auswahl ganz besonderswichtiger Sehenswürdigkeiten auswählen.Das magische Neuschwanstein liegt sicherlichhoch im Kurs bei englischsprachigen Besu-chern und ersetzt so manche andere Besichti-gung. Auch sollte man keineswegs jedes Wo-chenende von vornherein verplanen. Oftmalsmuss es auch gar nicht eine lange und weiteFahrt sein, weil für den Gast auch alles, wassich im Nahbereich befindet, genauso neu undunbekannt und faszinierend ist wie die Dinge,die Hunderte von Kilometern entfernt liegen.

Das heißt natürlich nicht, dass Du bzw. Ihrkeine Ausflüge machen solltet. Nur sollte esauch Wochenenden geben, an denen nichtsunternommen wird oder nur kleinere Aktivitä-ten im unmittelbaren Nahbereich angebotenwerden. Austauschschüler/-innen klagen häu-fig, dass man sie in die Planungen nicht ein-bezieht und ihnen auch nicht die Möglichkeitgibt, anhand von dargestellten Optionen eineEntscheidung zu beeinflussen oder gar selbsttreffen zu dürfen. Häufig – so heißt es von ge-stressten Austauschschüler/-innen – wird amSamstagmorgen in aller Herrgottsfrühe dernoch müde Gast nach einer schnellen TasseKaffee bei laufendem Motor ins Auto gezerrt,und es wird mit unbekanntem Ziel irgendwo-hin aufgebrochen. Dabei werden viele Kilo-meter zurückgelegt und allerhand auf demWege „mitgenommen“. Häufig verschläft derGast aus reiner Erschöpfung oder Reizüber-flutung einen nicht geringen Teil dessen, wasgerade ihm geboten werden soll. Das schafft

Frustrationen auf beiden Seiten, denn es kos-tet Deine Eltern neben den Spritkosten, Zeit,Nerven und auch sonstige Spesen.

Schön wäre es, was sich viele Austausch-schüler/-innen wünschen, wenn man am Frei-tagabend ein offenes Planungsgespräch fürdas bevorstehende Wochenende führen könn-te, bei dem anhand einer Landkarte dargestelltwird, was man machen könnte, wie lange esdauern würde, welche Besichtigungsmöglich-keiten bestehen. Wenn man zudem alternativanbietet, an diesem Wochenende auf einenAusflug zu verzichten und/oder eine kleineHalbtagestour zu benachbarten Freunden oderVerwandten am Sonntag Nachmittag zu ma-chen, oder dass jeder völlig eigenständig seinProgramm machen kann, dann besteht auchfür den Gast die Möglichkeit, aus mehrerenOptionen eine für sich auszuwählen. Wennder Gast vor einer größeren Besichtigungs-tour mehrere Varianten dargestellt bekommt,kann er nach eigener Interessenslage eine ab-gespecktere Variante wählen oder das volleProgramm. Nur dann hat er Einfluss auf dieGestaltung. Dies wird außerordentlich ge-schätzt und führt zu weniger Missverständ-nissen über die interessensmäßige Ausgangs-lage des Gastes. Häufig wird vergessen, dassschon das „Erlebnis Alltag“ in seinen Ausge-staltungsmöglichkeiten auch im absolutenNahbereich für den Gast etwas völlig Neuesund Ungewohntes darstellt und viel an Faszi-nation zu bieten hat.

9.10 Sportliche Aktivitäten

Ähnlich verhält es sich bei sportlichen Ak-

Freizeit-programm nicht überfrachten

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Familienaufenthalt beim Gegenbesuch

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so sehr den Gast mit eigenen Projektionenbelegen, was sie meinen, was für den Gastgut sei. Pädagogisch wertvoll und psycholo-gisch hilfreich wäre es, wenn man den Spießgenau umdrehen würde, nämlich herauszu-finden, was der Gast kann, was er will und sichwünscht. Das geht aber nur, wenn man ihn ge-danklich hinführt, verschiedene Möglichkeitenund Optionen darstellt und die damit verbun-denen Implikationen auch erläutert. Dann kannder Gast entsprechend seiner Fähigkeiten undInteressenlage mit gestalten und so kann Frei-zeitgestaltung mehr zu einem wirklich gemein-schaftlichen Erlebnis werden, bei dem der Gastnicht ständig fremdbestimmt irgendwohin ge-zerrt wird. Das mag im Moment ein wenig hartklingen, aber Hunderte von Austauschschüler/-innen haben bei Auswertungsgesprächenschon zahllose und zum Teil horrende Ge-schichten erzählt, die deutlich über das hin-ausgehen, was hier eher nur skizzenhaft an-gedeutet wurde.

Es wäre schön, wenn Du mit Deinen Elternhierüber, noch ehe der Gast kommt, ein Grund-satzgespräch führen könntest, um die Strate-gieplanung des Umgangs mit dem Gast stär-ker auf dessen Bedürfnisse hin abzustimmen.Dies scheint insbesondere bei den deutschenFamilien z. T. ein Problem darzustellen. In derwissenschaftlichen Untersuchung wurdenauch Eltern befragt: In der Selbsteinschätzungder Eltern waren es die deutschen, die amwenigsten bereit waren, sich auf den Gasteinzustellen. Es ist schwer zu sagen, ob diesan der mangelnden Toleranz liegt, die Anders-artigkeit des Gastes zu tolerieren und zu re-spektieren, oder ob die deutsche Selbstein-schätzung nur selbstkritischer ist als die derausländischen Gasteltern. Diese Selbstein-schätzung der Eltern hinterlässt ein großesFragezeichen, über das es sich sicherlich lohnt,mit den eigenen Eltern und deren Toleranz-grenzen einmal zu diskutieren. Dies kann mantheoretisch schon einmal machen, ehe derGast kommt, wirklich praktisch wird es natür-lich, wenn es darum geht, die Toleranzgrenzenauszutesten, wenn Verhaltensweisen des Gas-tes bei Eltern auf Widerstände stoßen. Dabeigeht es um grundsätzliche Fragen der Bereit-schaft und Toleranz, einen anderen Menschenin seiner Eigenständigkeit, seiner Persönlich-keit und seinen Bedürfnissen zu erkennen,ohne dass dabei die legitimen Bedürfnisse der

tivitäten. Wenn Du und Deine Familie eher diesportlichen Typen sind, dann ist es natürlichschön, wenn man den Gast in gewissem Um-fang auch daran teilhaben lassen kann. Aberauch hier gilt es zunächst einmal zu prüfen,welche Voraussetzungen der Gast eigentlichmitbringt. Kommt er oder sie im Winter, undes gibt die Möglichkeit, an einem bestimmtenWochenende oder während der Weihnachts-ferien zum Skilaufen zu fahren, dann sollteman in jedem Fall feststellen, ob Vorkenntnis-se existieren und ob die Bereitschaft besteht,sich wirklich darauf einzulassen. Dies gilt ins-besondere für die Schüler/-innen aus Austra-lien und Neuseeland, die aus einer warmenKlimazone kommen und zum Teil wenig bis garkeine Erfahrungen mit Wintersport haben. Indiesem Fall sollte man äußerst behutsam undim Voraus die Möglichkeiten besprechen unddem Gast die Gelegenheit anbieten, wenn eres will, vielleicht einen Anfängerkurs zu besu-chen oder entsprechend seinem Niveau aucheinen Fortgeschrittenenkurs.

Es hat immer wieder Situationen gegeben,bei denen die Gastgeber ihren Gast völlig über-schätzt und ihn in Situationen gebracht haben,die eher Angst auslösend wirken und im nach-hinein gesehen Traumata auslösen könnenbzw. auch in reale Verletzungsgefahr münden.Das kann und soll möglichst vermieden wer-den. Das gilt im Sommer genauso bei Wande-rungen oder längeren Fahrradtouren. Man soll-te vorher prüfen, wie bewegungsfreudig derGast ist und wie die sportliche Kondition ein-zuschätzen ist. Eine amerikanische Schülerinerzählte, dass sie am ersten Tag nach Ankunftaus den Vereinigten Staaten bei sengenderHitze eine 80 km lange Fahrradtour entlangder Donau mitmachen musste. Sie hatte inihrem Leben noch niemals vorher auf einemFahrrad gesessen. Der Ausflug wurde für siezu einer Höllentortur; der Familie war dies nochnicht einmal ganz bewusst, da sie häufig mitdem Fahrrad unterwegs ist und der Gast essich nicht in dem Umfang anmerken ließ, wiesie es später in einer Auswertungsrunde in derRückschau bewertete.

9.11 Paradigmenwechsel bei der Gestaltungdes Gegenbesuchs

Wichtig ist, dass psychologisch gesehen,die Gastgeber lernen umzudenken und nicht54

Den Gast nicht überfordern

Optionen anbieten

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anderen Mitglieder der Familie eingeschränktwerden sollen.

Bei all dem sollte man nicht vergessen, dassnicht nur für den Gast, sondern auch für die-jenigen, die in der Gastgeberrolle sind, dieseKonfliktfelder hervorragende interkulturelleLernfelder sind. Man darf es sich allerdings inder starken Gastgeberrolle nicht zu leichtmachen, indem man sämtliche „Schuld“ beimGast sieht. Häufig ist es ein Zusammenspielvon ineinandergreifenden Faktoren, bei denendas Verhalten der einen Seite bestimmte Ver-haltensweisen und Reaktionen bei der ande-ren Seite auslöst. Es ist immer leichter, Fehleroder das Versagen auf der anderen Seite zusehen, als selbstkritisch bei sich selbst anzu-fangen, was man selber besser machen kann.Dabei geht es nicht darum, dass jemand vonseiner Persönlichkeit her sich ändern kannoder soll, weil das gar nicht geht, sonderndurch die eigene Einstellung die Toleranz auf-zubringen, den anderen Menschen, so wieer/sie ist, zu akzeptieren.

9.12 Ausgaben beim Gegenbesuch

Viele Eltern fragen, ob sie dem Gast alleAusgaben während des Aufenthaltes bezahlensollen. Das ist natürlich nicht der Fall. AuchDein Gast hat Taschengeld dabei. Grundsätz-lich gilt, dass Aktivitäten, die Du und Dein/ePartner/-in unternehmen oder Dein/e Partner/-in völlig eigenständig macht, von dem eigenenTaschengeld bestritten werden sollen. Andersverhält es sich bei Aktivitäten, die die Familie

gemeinsam unternimmt. Hier sollte in derRegel alles, was damit verbunden ist, für denGast eine Einladung darstellen. Dazu gehörennicht nur die Mahlzeiten, die man u. U. unter-wegs einnimmt, sondern auch Eintrittsgelderund anderes mehr. Ist gar ein Skiurlaub ge-plant, dann sollte der Skipass oder das not-wendige Ausleihen von Skiern und Schuhenoder eines Snowboards auch nicht vom Ta-schengeld des Gastes bestritten werden, son-dern von Deinen Eltern. Natürlich soll hier je-der über seine eigenen finanziellen Möglich-keiten selber entscheiden und sich nicht zuirgendetwas genötigt fühlen. Auch sollte mannicht mit zu kleinlicher Elle messen, wie vielim Ausland mit einem unternommen wordenist und es dem Gast „mit gleicher Münze“heimzahlen. Es ist nun einmal so, dass nichtalle Familien gleichermaßen viel Zeit, Lustund Geld haben, unbegrenzt viele Ausflugs-möglichkeiten anzubieten. Anderen habenviel Zeit oder viel Geld und machen ständigspektakuläre Dinge. Da kann man zwar nei-disch werden, aber ändern kann man darannicht viel. Auf jeden Fall solltet Ihr tun, wasDu und Deine Eltern für richtig und angemes-sen halten, und die dabei entstehenden Ko-sten übernehmen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch,dass der Weg von und zur Schule nicht vomTaschengeld des Gastes bezahlt werden soll,sondern Bestandteil der Gastfreundschaft ist.Wenn der Sachaufwandsträger für Deine Schu-le Fahrkosten für Deinen Gast nicht überneh-men kann oder will, dann solltet Ihr dies für

Gast mit-entscheidenlassen

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Familienaufenthalt beim Gegenbesuch

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und der Kontrolle der dortigen Autoritäten, mit-unter experimentierfreudig, was Alkoholmen-gen betrifft. Zwar ist ein Jugendlicher für seineeigene Gesundheit und sein Wohlbefinden ver-antwortlich, und Du kannst nicht jede MinuteDeine schützende Hand über etwaige FehltritteDeines Gastes halten. Wichtig ist, dass bei Dirund bei Deinen Eltern eine gewisse Sensibilitätfür diese für den Gast ungewohnte Situationbesteht. Andererseits haben die meisten Schü-ler/-innen überhaupt kein Problem damit. ImGegenteil: Viele trinken gar keinen Alkohol. Indiesem Fall sollte man auch nicht den Gastwährend des Aufenthaltes an Alkohol heran-führen. Manche Jugendliche lehnen es von ih-rer Lebensführung her aus religiösen oder ge-sundheitlichen Motiven grundsätzlich ab, Alko-hol zu trinken. Das sollte absolut respektiertwerden.

9.14 Privatsphäre

In aller Regel hat der Gast ein eigenes Zim-mer zur Verfügung. Dies ist auch die Rückzugs-möglichkeit, ein bisschen Zeit für sich selbstzu finden, Kraftreserven zu tanken und ge-wisse Erlebnisse zu verarbeiten. Meist werdendiese in Tagebüchern festgehalten oder auchin E-Mails an Eltern oder Freunde mitgeteilt.Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, die-se Privatsphäre zu schützen und nicht Einblickzu nehmen, anderenfalls tritt häufig ein Ver-trauensverlust ein, der kaum wieder gutzu-machen ist.

den Gast tun.

Etwas anders verhält es sich bei eventuellenschulischen Aktivitäten wie einer Klassenfahrt.Sollte etwas in den Zeitraum des Gegenbe-suchs fallen, dann ist dies meist langfristigvorher bekannt, ebenso wie die dazugehörigenKosten. Dies sollte frühzeitig dem Austausch-partner/der Austauschpartnerin und seinen/ihren Eltern bekannt gemacht und angefragtwerden, ob Interesse an einer Teilnahme be-steht und ob der Kostenfaktor möglicherweiseein Problem sein könnte. Die Teilnahme ist injedem Fall anzuraten, da dies für den Gasteine hervorragende Gelegenheit ist, etwasanderes kennenzulernen und mehrere Tagemit gleichaltrigen Jugendlichen zu erlebenund Deutsch zu sprechen. Sollte aus finanzi-ellen Gründen eine Teilnahme für den Gastnicht möglich sein, solltest Du gemeinsam mitDeinen Eltern überlegen, ob es eine andereMöglichkeit gibt, dass man sich die Kostenmit den Gasteltern teilt oder ob die Schule,etwa aus dem Schulverein, einen Zuschusserhält. Vielleicht wollen Deine Eltern auch diegesamten Kosten übernehmen.

9.13 Alkohol

Es ist für den Gast eine neue Erfahrung, nachdem deutschen Jugendschutzgesetz legal mit16 Jahren Bier und Wein zu erhalten. Die mei-sten haben damit keine Schwierigkeiten. Ande-re haben mit dieser für sie überraschenden Frei-heit ein Problem und sind, fernab der Heimat

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Ein Gast ist ein Gast

Privatsphäreschützen

Vorsicht beimUmgang mit Alkohol

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9.15 Eigenständige Reisetätigkeiten des Gastes

Was für die Deutschen im Ausland gesagtwurde, gilt umgekehrt genauso für die aus-ländischen Austauschschüler/-innen beimGegenbesuch in Deutschland. Eigene Reise-tätigkeiten sind grundsätzlich nicht gestattet.Auch ist der Schulbesuch Pflicht. Wiederumgilt als einzig denkbare Ausnahme, dass mög-licherweise ein Verwandtenbesuch oder einBesuch bei Freunden der Familie vor Beginndes Auslandsaufenthaltes der Partnerorgani-sation mitgeteilt wird, Adresse und genaueAnschrift der Familie bekannt gegeben wirdund über den BJR dies auch Dir und DeinerFamilie als Anfrage mitgeteilt wird. Solltendem keine familiären Interessen zuwiderlaufenund die leiblichen Eltern die Verantwortungund die damit verbundenen Unkosten über-nehmen, dürfte solchen Aktivitäten nichts imWege stehen. Es soll allerdings keine Schuleversäumt werden und auch nicht die Pläneder Familie während der Ferien durchkreuztwerden. Manche Partnerstellen des BJR bietenden Schüler/-innen an, eine solche Aktivitätam Ende des Aufenthaltes, sozusagen nachAbschluss des Programms, durchzuführen.

Umgekehrt kann es zu einem Problem fürdie ausländischen Eltern werden, wenn inDeutschland Aktivitäten geplant werden, beidenen Jugendliche etwas vorhaben, ohne dassErwachsene dabei sind und die Verantwortungübernehmen können. Dies kann ein Ausflugin eine andere Stadt sein mit Übernachtungin einer Jugendherberge oder im Winter in ei-ner Skihütte und dergleichen. Hier sollte mansensibel und behutsam vorgehen. Auf jedenFall sollte die Genehmigung der leiblichenEltern vorher eingeholt werden, ob sie damiteinverstanden sind, dass ihr Kind an der be-treffenden Aktivität teilnehmen darf, ohnedass Erwachsene dabei sind. Wenn diese Er-laubnis schriftlich erteilt worden ist, ist dasProblem gelöst. Auf jeden Fall sind hier häufigBefindlichkeiten, auf die Rücksicht genommenwerden muss, sonst kann ein solcher Plan zuerheblichen Problemen und zu einem Abbruchdes Austausches führen. Gegebenenfalls mussauf eine solche Aktivität verzichtet werden,auch wenn es im Einzelfall schade sein mag.

10. Besonderheiten beim Schüleraustausch mit Frankreich / Québec

Im Prinzip gelten die Aussagen in diesemHandbuch für alle Länder, für die der BJR Schü-leraustauschprogramme anbietet. Besonder-heiten zu einem speziellen Programm oderLand werden bei den Vorbereitungstreffensowie in den schriftlichen Programminforma-tionen zum jeweiligen Land angesprochen.An dieser Stelle sollen nur ein paar Dinge er-wähnt werden, die sich von den Programmenmit den meist englischsprachigen Ländernunterscheiden.

Sowohl beim Austausch mit Québec alsauch mit Frankreich ist die Reihenfolge so,dass die ausländischen Partner/-innen zuerstnach Bayern kommen. Das schafft spezielleVoraussetzungen, d. h. Du hast es gleich zuBeginn des Austauschprogramms mit der Ver-antwortung zu tun, für zwei Monate (Frank-reich) bzw. drei Monate (Québec) für DeinenGast zuständig zu sein. Das umfasst alles, wasin Kapitel 8 und 9 zum Thema Gegenbesuchbehandelt wird. Dazu gehört die Integrationin die Schule, die Unterstützung beim Erlernender deutschen Sprache, das Einleben in Fami-lie, Freundeskreis etc. Bei Frankreich undQuébec kommt der spannende Auslandsauf-enthalt erst hernach. Das hat für Dich dannden Vorteil, dass Du Deine Partnerin/DeinenPartner bereits kennst und schon manchesvorher in Erfahrung bringen konntest. Für dieQuébecois ist es in Deutschland insofern be-sonders schwer, als dass sie nur einen Grund-kurs Deutsch hatten und keine fundiertenSprachkenntnisse vorhanden sind. Dies bedarfviel Geduld und Deiner täglichen Mithilfe undwahrscheinlich zumindest am Anfang mitunterden Einsatz Deiner Französischkenntnisse.Anders verhält es sich bei den Schüler/-innenaus Frankreich. Sie zeichnen sich dadurch aus,dass sie zum Teil über gute bis sehr guteDeutschkenntnisse verfügen, die sie hier inder täglichen Anwendung nochmals erheblicherweitern können. Das ist ungemein hilfreichbei der Integration in Schule und Freizeit.Trotzdem können sie die Unterstützung ihrerbayerischen Partner/-innen bestens gebrau-chen, mit deren Hilfe sie es in Deutsch wirklichweit bringen können. Die Chance, Französischzu sprechen, kommt im zweiten Teil des Pro-

Eigene Reise-tätigkeiten nurin begründetenAusnahmefällen

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Besonderheiten Frankreich / Québec

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tiefer durchdringen wollen. Das gilt für Frank-reich und Québec in gleichem Maße. Erwähntwerden bisweilen die phonetischen Unter-schiede bei der französischen Aussprache inQuébec, an die man sich jedoch rasch gewöhntund die in der Regel keine größeren Schwierig-keiten darstellt. Das Besondere an dem Pro-gramm mit Québec ist, dass man sich durchdie Zugehörigkeit zu Kanada in einem Land inNordamerika befindet, das sich erheblich vonEuropa und Frankreich unterscheidet.

11. Die Berlinfahrt

Für die australischen und kanadischen Aus-tauschschüler/-innen bietet der BJR die Mög-lichkeit zur Teilnahme an einer knapp einwö-chigen Berlinfahrt. Es wird häufig gefragt, obman so etwas nicht auch für die Teilnehmer/-innen an anderen Austauschprogramm anbie-ten sollte und warum es gerade für diese Län-der angeboten wird. Die Begründungen, wa-rum es so ist, sind unterschiedlich:

Bei den kanadischen Austauschschüler/-innen handelt es sich um das älteste Aus-tauschprogramm auf Gegenseitigkeit mit ei-ner Länge von drei Monaten, das der BJR an-bietet. In der Zeit, in der das Programm ent-stand, war Deutschland noch geteilt und esgab Fördermittel vom Bund für die Teilnahmean einer landeskundlichen Berlinfahrt, um dieProblematik des geteilten Deutschlands undder geteilten Stadt den ausländischen Gast-schüler/-innen näher zu bringen. Diese För-derung wurde noch durch Landesmittel er-gänzt, so dass die Berlinfahrt für die kanadi-schen Austauschschüler/-innen kostenlosangeboten werden konnte. Inzwischen fließenzwar keine Bundesmittel mehr, und die Schü-ler/-innen müssen den größten Teil der Kostenselbst aufbringen. Die Stadt ist schon langenicht mehr geteilt, dafür aber Hauptstadt undfür die ausländischen Gastschüler/-innen sehrinteressant. Inzwischen gibt es ja auch einPendant für die deutsche Gruppe, die „Wilder-ness Tour“ in Alberta, die dort „Alberta Adven-ture“ genannt wird.

Für die australischen Gruppen gab es dieBerlinfahrt aus dem gleichen Grunde, nur gabes keine Bundeszuschüsse. Im Gegenzug gabund gibt es in Australien eine „Outback Tour“oder ein Camp.

gramms in Frankreich.

Der Schultag in Frankreich wird von vielendeutschen Schüler/-innen als lang empfunden.Er endet oft erst gegen 17.00 oder 18.00 Uhr.Die Lehrer werden meist als freundlich einge-stuft, teilweise aber auch als streng. NachAussage ehemaliger Austauschschüler/-innenfindet auch relativ viel Frontalunterricht statt,was gerade am Anfang sehr ermüden kann,weil man viel zuhören muss. Aufgrund deslangen Schultages und zusätzlicher etwaigerHausaufgaben bleibt der Freizeitanteil unterder Woche sehr begrenzt und konzentriert sicheher auf das Wochenende. In Kanada ist dieSchule schon früher aus und endet gegen15.30 bis 16.00 Uhr. Im Gegensatz zu Austra-lien und Neuseeland sind in Frankreich gänz-lich und Québec teilweise Schuluniformen un-üblich.

Der Vorteil sowohl bei Québec als auch beiFrankreich ist, dass die Partnerstellen staatlichsind und somit das Programm von der Stellungim System gut abgesichert ist. In Frankreichsind es die Akademien, welche echte Schul-behörden sind, in Québec ist es das Kultus-ministerium, das lediglich die Durchführungdes Austausches an eine nachgeordnete Ein-richtung delegiert hat.

Sowohl das noch eher junge Frankreichpro-gramm als auch der schon länger etablierteQuébec-Austausch laufen zur völligen Zufrie-denheit auf beiden Seiten und sind ein großerGewinn für alle, die sich Französisch alsSchwerpunkt auf die Fahne geheftet habenund die die französische Sprache und Kultur

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Für die anderen Programme gibt es keinderartiges Angebot, z. T. wegen der Kürze derProgramme oder aus anderen Gründen.

Die Berlinfahrt ist für die ausländischenAustauschschüler/-innen von hohem Erlebnis-wert. Die Großstadt Berlin unterscheidet sichdeutlich von der Austauschregion Bayern. Dertouristische Erlebniswert ist hoch. Durch dieArt und Weise, wie die Tour organisiert ist,werden auch eine ganze Menge Inhalte ver-mittelt, die die Schüler/-innen mit der Ge-schichte der Stadt und der politischen Situati-on im Wandel der Zeiten vertraut machen. Fürdie Schüler/-innen ist dies eine wertvolle Er-gänzung des Eindruckes von Deutschland. Zu-dem ist es für die Austauschschüler/-innenentlastend, ein paar Tage aus der Gastfamilieherauszukommen und im Kreise ihrer Lands-leute Erfahrungen auszutauschen, Problemezu besprechen, Freundschaften aufzufrischenoder auch neue Kontakte zu knüpfen.

Nicht selten entstehen bei diesen Aktivitä-ten wertvolle zwischenmenschliche Kontakte,die oft weiter über den Austausch hinaus imHeimatland anhalten. Ehemalige australischeAustauschschüler/-innen sagten, dass sie inDeutschland Gespräche mit Landsleuten ge-führt hätten in einer Offenheit und Intensität,wie sie in den 16 Jahren, in denen sie bisherin Australien gelebt hätten, nicht erlebt hätten.Aus diesen fern der Heimat entstandenen in-tensiven Begegnungen wären Freundschaften

zu neuen Menschen entstanden, die von einerganz neuen Qualität waren. Es ist psycholo-gisch interessant, dass gewissermaßen durcheine Art Ausnahmesituation, die völlig vomAlltag im Heimatland abweicht, die Bereit-schaft zum Teil größer ist, sich weiter zu öffnenund dadurch tiefere Kontakte herzustellen, alsdies zu Hause passiert. Die Australier/-innenhaben auch diese wichtigen neuen zwischen-menschlichen Beziehungen als eines der wert-vollsten Ergebnisse ihres Deutschlandsauf-enthaltes bezeichnet und konnten diese auchim Heimatland fortsetzen. Außerdem seien siebeim Schließen neuer Freundschaften an-spruchsvoller geworden und verfahren selek-tiver. Das ist für die Organisatoren von Aus-tausch und Austauschforscher ein interessan-ter Nebeneffekt.

Die Gruppe wird in Berlin je nach ihrer Größehäufig in Kleingruppen aufgeteilt, und es wer-den nach Neigungen unterschiedliche Dingeangeboten. Zumeist entwickelt sich eine guteGruppendynamik mit den Reisebegleiter/-innen des BJR, die häufig selbst ehemaligeAustauschschüler/-innen sind. So wird dieFahrt meist zu einem unvergesslichen Gesamt-erlebnis, das eine Abrundung des Schüler-austausches darstellt.

Es gilt ein kategorisches Alkoholverbotwährend der Berlinfahrt. Kein Tropfen! Es istmit den Partnerorganisationen des BJR abge-sprochen, dass bei Verstoß gegen diese Re-gelung, Austauschschüler/-innen von derBerlinfahrt ausgeschlossen und auf eigeneKosten und Risiko zurück nach Bayern ge-schickt werden.

Die lange Bahnfahrt von und nach Berlin,bei der Zustiegsmöglichkeiten auf der Bahn-strecke nach Berlin innerhalb Bayerns natür-lich gegeben sind, ist für die Schüler/-inneneine hervorragende Möglichkeit, ins Gesprächzu kommen. Auch die Leiter/-innen könnendas Programm miteinander durchsprechenund lernen auch die Schüler/-innen schon aufder Hinfahrt kennen. Von australischer Seitewerden zumeist auch Lehrkräfte, die als Be-treuer während der gesamten Zeit des Aus-tausches in Europa sind, als Betreuer für dieBerlinfahrt verpflichtet. Dadurch entstehengemischte deutsch-australische Teams, diesich in der Regel gut ergänzen.

Kontrast-programm Berlinfahrt

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Die Berlinfahrt

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gen merkt man deutlicher, was man aneinan-der hat. Es ist aber auch vor dem Austauschgut zu wissen, dass die wichtigsten zwischen-menschlichen Beziehungen durch die eigeneAbwesenheit nicht notwendigerweise einenQualitätsverlust erleiden, sondern im Gegen-teil eher hinterher als noch wertvoller emp-funden werden als vorher.

Auch sieht man manches, was man vorherim eigenen Land kritisch, vielleicht auch un-kritisch gesehen hat, hinterher in einem an-deren Licht. Es gibt Dinge, die man neu zuschätzen lernt, indem man klarer sieht, wiesie im eigenen Land geregelt sind und im Aus-tauschland anders ablaufen. Viele Austausch-schüler/-innen möchten zwar die Erfahrungnicht missen, finden aber letztlich ihr eigenesSchulsystem besser und sind zumeist rechtfroh, dass sie wieder an ihrer alten Schule imeigenen Land sind. Die deutschen Austausch-schüler/-innen berichten häufig, dass sie dieWissensvermittlung an der eigenen Schuleals effektiver ansehen.

Die erweiterte Beherrschung der Fremd-sprache steigert das Selbstbewusstsein imEnglisch- bzw. Französischunterricht, auchwenn sich dies nicht unbedingt in schriftli-chen Noten niederschlägt, sondern am ehe-sten in einem besseren Verständnis und ei-nem wesentlich größeren Ausdrucksvermögen.Eine leichte Steigerung der Lernmotivation –und das nicht nur wegen des Nachlerndrucks– scheint sich langfristig auf die schulischenLeistungen und die Einstellung zur Schule po-sitiv auszuwirken.

Niemand kann Dir allerdings eine Garantiegeben, dass alles hundertprozentig erfolgreichlaufen wird. Beim Zusammenleben mit derGastfamilie und dem Austauschpartner/derAustauschpartnerin gibt es in einigen FällenKonstellationen, die weniger gut miteinanderharmonieren. Dies muss letztlich den Gesamt-eindruck und den Wert des Austausches nichtunbedingt schmälern.

Durch den langen Schultag im Ausland unddie vielfältigen Sozialkontakte im Unterrichtbesteht die Möglichkeit, andere Leute DeinerGruppe und aus dem Austauschland kennenzu lernen und an Wochenenden und in denFerienzeiten zu treffen. Oft lässt sich mit ei-

12. „Think globally – act locally“oder „Was der Schüleraustauschwirklich bringt“

Der Schüleraustausch wird Dir soviel brin-gen, wie Du selbst bereit bist hineinzulegen.Je mehr Du bereit bist, auf andere Leute zuzu-gehen, offen zu sein für neue Menschen, an-dere Lebensstile, und je mehr Du bereit bist,Deine Persönlichkeit aktiv einzubringen, umsomehr wirst Du auch wieder zurückbekommen.Das beginnt mit einer Vielzahl neuer Kontakteinnerhalb der bayerischen Gruppe und setztsich fort mit den neuen Menschen im Aus-tauschland, die Du treffen wirst.

Ein Ergebnis der wissenschaftlichen Unter-suchungen ist die Erkenntnis, dass sich zwi-schen Austauschbeginn und Austauschendekeine wesentlichen Veränderungen der Per-sönlichkeit ergeben. Viele Austauschschüler/-innen sagen aber, dass sie ein Stück weit un-abhängiger und selbstsicherer geworden sind.Dies gilt vor allem auch im Umgang mit neuenMenschen und unbekannten Situationen oderbei auftretenden Schwierigkeiten. Die meistenEltern aller am Austausch beteiligten Länderbestätigen, dass sie ihre Kinder nach Rück-kehr als selbstsicherer empfinden und beob-achten, dass sie sich hinterher sprachlichbesser ausdrücken können.

Die Horizonterweiterung, ein anderes Schul-system, die Werte und Normen des Zusam-menlebens in einer anderen Gesellschaft ken-nen gelernt und sich erschlossen zu haben,gehört ohne jeden Zweifel zu den wichtigstenErgebnissen der Teilnahme. Der Bezugsrahmenzum eigenen Land, zur Schule, Familie und zuFreunden unterliegt im Lichte der gemachtenErfahrungen einer gewissen Neubewertung.Die meisten Austauschschüler/-innen gebenan, dass die Freunde, die vorher in ihrem Le-ben wichtig waren, genauso wichtig gebliebensind, sie aber besser gute von weniger gutenFreunden unterscheiden können.

Die Beziehung zu den Eltern wird von denmeisten Austauschschüler/-innen vor Beginndes Austausches als gut bezeichnet und wirdtrotz einer gewonnenen größeren Unabhängig-keit und Selbstsicherheit häufig nicht schlech-ter, sondern noch einmal besser. Durch diezeitweilige Trennung und die neuen Erfahrun-60

Handbuch internationaler Schüleraustausch

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ner gewissen Toleranz und Vertrauen in dieeigenen Fähigkeiten selbst etwas aufbauenund viel herausholen, was – im Nachhineingesehen – das Selbstvertrauen noch einmalmehr stärkt.

Für viele Austauschschüler/-innen ist derBezugsrahmen nach Rückkehr größer und dieWelt kleiner geworden. Viele planen, zu einemspäteren Zeitpunkt in das Austauschland zu-rückzukehren, die Gastfamilie zu besuchenund alte Freunde wiederzusehen, vielleichteinen Teil des Studiums zu absolvieren oderüberhaupt eine Zeitlang dort zu leben und zuarbeiten. Sie vermissen die Freundlichkeit derMenschen im Austauschland und wollen ihrer-seits durch ihr neues und etwas geändertesAuftreten in ihrem Einflussbereich dazu bei-tragen, die Kommunikation zwischen denMenschen freundlicher zu gestalten. Generellsteigt die Motivation für weitere Auslands-aufenthalte. Es wächst die Lust und Neugier,auch andere Kulturen kennen zu lernen.

In vielen Fällen entstehen auch Freundschaf-ten zwischen den Familien. Jüngere Geschwi-ster werden zur Austauschteilnahme ermun-tert; gegenseitige Besuche ganzer Familienim Rahmen touristischer Reisen in den Jahrennach dem Austausch sind keine Seltenheit.Auch halten viele noch über Jahre Kontakt zuihren Austauschpartner/-innen und den wich-tigsten Freunden, die sie im Lande hatten.Eine ehemalige Austauschschülerin berichte-te, dass sie sogar zur Hochzeit ihrer Austausch-partnerin nach Australien eingeladen war. Einunvergessliches Erlebnis. Auf jeden Fall gibtes wohl niemanden, der es bereut hat, amAustausch teilgenommen zu haben. Fast allewürden ihre eigenen Kinder auch in den Aus-tausch schicken und jedem, der sie fragt, ra-ten, am Austausch teilzunehmen. So vieleMenschen können sich nicht irren. Das heißt,Du hast Dich richtig entschieden!

Viel Erfolg und einen ganz tollen Austauschwünscht Dir im Namen des BJR Austausch-teams ...

Gerhard Böttcher

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Think globally – act locally

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Handbuch internationaler Schüleraustausch

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Allgemein• Gatzky, Janina; Richter Bent: Die Rückkehr aus dem Austauschjahr. Das Ende vom Anfang. Norderstedt: Books on Demand

GmbH, 2006• Gundlach, Christian, Schill Silvia: Ein Schuljahr in den USA und weltweit. Berlin: Recherchen Verlag Schill, 2010• Richter, Bent: Austauschjahr – vom Zauber des Dazugehörens. Norderstedt: Books on Demand GmbH, 2004• Terbeck, Thomas: Handbuch Fernweh – Der Ratgeber zum Schüleraustausch. Selm-Cappenberg: Weltweiser Verlag, 2010

Internet:• www.abi-ev.de• www.austauschjahr.de• www.ausgetauscht.de• www.schueleraustausch.info• www.schueleraustausch-info.com• www.schueleraustausch.net• www.schueleraustausch.de• www.rausvonzuhaus.de• www.wikipedia.org

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Handbuch internationaler Schüleraustausch