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[email protected] I www.sjwz.ch Update SchKG – Neuere Entwicklungen im Zwangsvollstreckungsrecht 05. Februar 2019 Tagungsleitung: Daniel Hunkeler Postfach 3334 I 8034 Zürich Telefon 043 541 17 17 I Fax 043 541 17 74

Update SchKG Neuere Entwicklungen im …€¦ · 1 Der Schuldner kann jederzeit nach Einleitung der Betreibung verlan-gen, dass der Gläubiger aufgefordert wird, die Beweismittel

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Update SchKG – Neuere Entwicklungen im

Zwangsvollstreckungsrecht

05. Februar 2019

Tagungsleitung: Daniel Hunkeler

Postfach 3334 I 8034 Zürich Telefon 043 541 17 17 I Fax 043 541 17 74

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05.02.2019: Update SchKG – Neuere Entwicklungen im Zwangsvollstreckungsrecht

Inhalt Tagungsunterlagen

Teil 1: Informationen

Liste der Teilnehmenden / Programm / Referierende / Informationen über SJWZ

Teil 2: Unterlagen Daniel Hunkeler

Einführung

Teil 3: Unterlagen Franco Lorandi

Potpourri zu Art. 260 SchKG Übersicht über die Abtretung von Rechtsansprüchen gem. Art.260 SchKG und Auswahl verschiedenster Einzelfragen

Teil 4: Unterlagen Hansjörg Peter

Neuere kantonale Rechtsprechung

Teil 5: Unterlagen Thomas Engler

Aktuelle Entscheide des Kantons Zürich (und des Bundesgerichts)

Teil 6: Unterlagen Daniel Hunkeler

Übersicht und ausgewählte Einzelfragen zum neuen Sanierungsrecht

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05.02.2019: Update SchKG – Neuere Entwicklungen im Zwangsvollstreckungsrecht

Programm

13:15 Begrüssung und Einleitung 13:45 Potpourri zu Art. 260 SchKG Übersicht über die Abtretung von Rechtsansprüchen gem. Art.260 SchKG und Auswahl verschiedenster Einzelfragen 14:30 Kurzpause 14:35 Neuere kantonale Rechtsprechung 15:20 Kaffeepause 15:45 Aktuelle Entscheide des Kantons Zürich und des Bundesgerichts 16:30 Kurzpause 16:35 Übersicht und ausgewählte Einzelfragen zum neuen Sanierungsrecht 17:20 Frage- und Diskussionsrunde 17:30 Ende der Veranstaltung mit anschliessendem Apéro

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05.02.2019: Update SchKG – Neuere Entwicklungen im Zwangsvollstreckungsrecht

Tagungsleitung

Daniel Hunkeler Dr. iur., Rechtsanwalt, L.L.M., Partner Baur Hürlimann AG, Zürich

Referierende

Thomas Engler lic. iur., Leitender Gerichtsschreiber am Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, und nebenamtlicher Ersatzrichter an den Bezirksgerichten Meilen und Hinwil

Franco Lorandi Prof. Dr. iur., Rechtsanwalt, LL.M., Partner Holenstein

Rechtsanwälte AG, Zürich, Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen

Hansjörg Peter Prof. Dr. iur., Ordinarius Universität Lausanne

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05.02.2019: Update SchKG – Neuere Entwicklungen im Zwangsvollstreckungsrecht

Wer wir sind. Zweck und Ziele.

Die Stiftung juristische Weiterbildung Zürich führt durch ausgewiesene Referentinnen und Referenten aktuelle und praxisnahe Weiterbildungsveranstaltungen durch. Diese Veranstaltungen richten sich an Juristinnen und Juristen in Gerichten, Anwaltschaft, Verwaltungen und Unternehmen.

Die vor über dreissig Jahren durch den Kanton (Gerichte und rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität), den Zürcherischen Juristenverein und den Zürcher Anwalts-verband gegründete Stiftung hat neben der Weiterbildung den Erfahrungsaustausch von Dozenten und Praktikern zum Zweck.

Der Stiftungsrat setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Gerichte, der Universität, der Anwaltschaft, des Zürcher Juristenvereins sowie der Verwaltung und der Wirtschaft zusammen und zeichnet für die Gestaltung des Jahresprogrammes verantwortlich. Ihr gegenwärtiger Präsident ist RA Dr. iur. Markus Vischer, LLM.

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05.02.2019: Update SchKG – Neuere Entwicklungen im Zwangsvollstreckungsrecht

Unterlagen Referierende

Teil 2: Unterlagen Daniel Hunkeler

Einführung

Teil 3: Unterlagen Franco Lorandi

Potpourri zu Art. 260 SchKG

Übersicht über die Abtretung von Rechtsansprüchen gem. Art.260 SchKG und Auswahl verschiedenster Einzelfragen

Teil 4: Unterlagen Hansjörg Peter

Neuere kantonale Rechtsprechung

Teil 5: Unterlagen Thomas Engler

Aktuelle Entscheide des Kantons Zürich (und des Bundesgerichts)

Teil 6: Unterlagen Daniel Hunkekler

Übersicht und ausgewählte Einzelfragen zum neuen Sanierungsrecht

Begrüssung und Einführung

www.sjwz.ch

Daniel HunkelerBaur Hürlimann AG

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Einführung• Änderungen von Art. 8a, 73 und 85a

SchKG(Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 16. Dezember 2016; in Kraft 1. Ja-nuar 2019 (BBl 2016 8897; AS 2018 4583 f.)

Vgl. Beilage 1 Vgl. ferner Beilage 2 (Weisung Dienststelle

Oberaufsicht)www.sjwz.ch3

Art. 8a Abs. 3 Bst. d

3Die Ämter geben Dritten von einer Betreibung keine Kenntnis, wenn:

Der Schuldner nach Ablauf einer Frist von drei Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls ein entsprechendes Gesuch gestellt hat, sofern der Gläubiger nach Ablauf einer vom Betreibungsamt angesetzten Frist von 20 Tagen den Nachweis nicht erbringt, dass rechtzeitig ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages (Art. 79-84) eingeleitet wurde; wird dieser Nachweis nachträglich erbracht oder wird die Betreibung fortgesetzt, wird sie Dritten wieder zur Kenntnis gebracht.

www.sjwz.ch4

• Initiative Abate zur Löschung ungerechtfertigter Zahlungsbefehle (11.12.2009; 09.530)Sog. „Schikanebetreibungen“

• Möglichkeiten nach geltendem Recht: – Feststellung der Nichtigkeit der Betreibung

(BGE 115 III 18 E. 3.d.)– Ggf.: Beschwerde an AB (Art. 17 SchKG)– Feststellungsklage gem. Art. 85 SchKG– Feststellungsklage gem. Art. 85a SchKG– Allg. Feststellungsklage gem. Art. 88 ZPO

www.sjwz.ch5

• Gesuchsmöglichkeit des S. zur Unterlassung der Mitteilung einer hängigen Betreibung an einen Dritten („Löschung“) - Frist: (bereits) nach drei Monaten

• Nicht nur „Schikanebetreibungen“ (teilweise: Kritik, da Aussagekraft des Registerauszuges verwässert werde)

www.sjwz.ch6

• Nachweis des Gläubigers: Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages (Art. 79 - 84 SchKG) eingeleitet

• Gebühr: pauschal CHF 40.-; vom S gleichzeitig mit Gesuchseinreichungvorzuschiessen (vgl. neuer Art. 12b GebVSchKG). – Spätere Rückforderung gegenüber dem

Gläubiger?

www.sjwz.ch7

Sonderfragen:

• Nachträgliche Bezahlung der Forderung? (vgl. Materialien)

• Nachträgliches Rö-Gesuch?• S. erhebt keinen Rechtsvorschlag?• Betreibung erfolgte vor 01.01.2019?(vgl.

Weisung Oberaufsicht, Ziff. 19)• Was heisst „rechtzeitig“?• Umgehungsmöglichkeit des Betreibenden

durch Perpetuierung (Widerholung) der Betreibung?

www.sjwz.ch8

Neuer Art. 85a SchKG

• Möglichkeiten nach geltendem Recht: – Feststellung der Nichtigkeit der Betreibung

(BGE 115 III 18 E. 3.d.)– Ggf.: Beschwerde an AB (Art. 17 SchKG)– Feststellungsklage gem. Art. 85 SchKG– Feststellungsklage gem. Art. 85a SchKG– Allg. Feststellungsklage gem. Art. 88 ZPO

www.sjwz.ch9

Neuer Art. 85a Abs. 1 SchKG

Ungeachtet eines allfälligen Rechtsvorschlages kann der Betriebene jederzeit vom Gericht des Betreibungsortes feststellen lassen, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist.

www.sjwz.ch10

2015-0775 4583

Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs

(SchKG) Änderung vom 16. Dezember 2016

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

nach Einsicht in den Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 19. Februar 20151 und in die Stellungnahme des Bundesrates vom 1. Juli 20152,

beschliesst:

I

Das Bundesgesetz vom 11. April 18893 über Schuldbetreibung und Konkurs wird wie folgt geändert:

Art. 8a Abs. 3 Bst. d

3 Die Ämter geben Dritten von einer Betreibung keine Kenntnis, wenn:

d. der Schuldner nach Ablauf einer Frist von drei Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls ein entsprechendes Ge-such gestellt hat, sofern der Gläubiger nach Ablauf einer vom Betreibungsamt angesetzten Frist von 20 Tagen den Nachweis nicht erbringt, dass rechtzeitig ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages (Art. 79-84) eingeleitet wurde; wird dieser Nachweis nachträglich erbracht oder wird die Betrei-bung fortgesetzt, wird sie Dritten wieder zur Kenntnis ge-bracht.

Art. 73

1 Der Schuldner kann jederzeit nach Einleitung der Betreibung verlan-gen, dass der Gläubiger aufgefordert wird, die Beweismittel für seine Forderung zusammen mit einer Übersicht über alle gegenüber dem

1 BBl 2015 3209 2 BBl 2015 5785 3 SR 281.1

B. Vorlage der Beweismittel

Schuldbetreibung und Konkurs. BG AS 2018

4584

Schuldner fälligen Ansprüche beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen.

2 Die Aufforderung hat keine Auswirkung auf laufende Fristen. Falls der Gläubiger der Aufforderung nicht oder nicht rechtzeitig nachge-kommen ist, berücksichtigt das Gericht beim Entscheid über die Prozesskosten in einem nachfolgenden Rechtsstreit den Umstand, dass der Schuldner die Beweismittel nicht hat einsehen können.

Art. 85a Abs. 1

1 Ungeachtet eines allfälligen Rechtsvorschlages kann der Betriebene jederzeit vom Gericht des Betreibungsortes feststellen lassen, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist.

II

1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Nationalrat, 16. Dezember 2016

Der Präsident: Jürg Stahl Der Sekretär: Pierre-Hervé Freléchoz

Ständerat, 16. Dezember 2016

Der Präsident: Ivo Bischofberger Die Sekretärin: Martina Buol

Ablauf der Referendumsfrist und Inkraftsetzung

1 Die Referendumsfrist für dieses Gesetz ist am 7. April 2017 unbenützt abge-laufen.4

2 Es wird auf den 1. Januar 2019 in Kraft gesetzt.5

14. September 2018 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

Der Bundespräsident: Alain Berset Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

4 BBl 2016 8897 5 Der Beschluss über das Inkrafttreten wurde am 13. September 2018 im vereinfachten

Verfahren gefällt.

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement EJPD

Bundesamt für Justiz BJ Direktionsbereich Privatrecht Dienststelle Oberaufsicht für Schuldbetreibung und Konkurs

V1.1.2018

Bundesamt für Justiz BJ Rodrigo Rodriguez Bundesrain 20, 3003 Bern Tel. +41 58 464 81 17 Fax +41 58 462 37 46 [email protected] http://www.bj.admin.ch

Weisung der Dienststelle Oberaufsicht für Schuldbetreibung und Konkurs Nr. 5 (neuer Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG) Vom 18. Oktober 2018

A. Hintergrund der Revision von Art. 8a SchKG

1. Die Eidgenössischen Räte haben am 16. Dezember 2016 eine Änderung der Art. 8a, 73 und 85a SchKG beschlossen (BBl 2016 8897). Diese Änderung tritt auf den 1. Januar 2019 in Kraft. Die am 16. Dezember 2016 beschlossenen Änderungen sind auf eine parlamentari-sche Initiative vom 11. Dezember 2009 (p.I. Abate, 09.530, Löschung ungerechtfertigter Zah-lungsbefehle) zurückzuführen. Diese parlamentarische Initiative hatte eine Gesetzesände-rung verlangt mit dem Ziel, ungerechtfertigte Betreibungen rascher und einfacher zu löschen bzw. dem Einsichtsrecht Dritter zu entziehen.

2. Die vorliegende Weisung hat folgende Zwecke:

- Information über die vorgenommenen Anpassungen, insb. über den revidierten Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG.

- Förderung einer einheitlichen Anwendung der betreffenden Bestimmung, insbesondere in Bezug auf die vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelten Fragen.

- Anpassung der Weisung Nr. 4 (einfacher Betreibungsregisterauszug 2016).

B. Weisungen zur einheitlichen Anwendung von Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG

1. Allgemeines

3. Das Kernstück der Änderungen vom 16. Dezember 2016 bildet der revidierte Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG. Dieser lautet wie folgt:

Art. 8a Abs. 3 Bst. d Einsichtsrecht

3 Die Ämter geben Dritten von einer Betreibung keine Kenntnis, wenn:

d. der Schuldner nach Ablauf einer Frist von drei Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls ein entsprechendes Gesuch gestellt hat, sofern der Gläubiger nach Ablauf einer vom Betreibungsamt angesetzten Frist von 20 Tagen den Nachweis nicht erbringt, dass rechtzeitig ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages (Art. 79-84) eingeleitet wurde; wird dieser Nachweis nachträglich erbracht oder wird die Betreibung fortgesetzt, wird sie Dritten wieder zur Kenntnis gebracht.

2/6

4. Gemäss dieser Bestimmung, die den Katalog der Tatbestände einer Löschung eines Be-treibungseintrags (Bst. a-c) erweitert, kann ein Schuldner, welcher der Ansicht ist, die gegen ihn gerichtete Betreibung sei ungerechtfertigt, und der daher wünscht, dass diese Betreibung künftig für Dritte nicht einsehbar ist, wie folgt vorgehen:

- Der Schuldner hat zunächst drei Monate ab der Zustellung des Zahlungsbefehls ab-zuwarten.

Für die Berechnung dieser Frist ist Art. 31 SchKG i.V.m. Art. 142 Abs. 2 ZPO mass-gebend.1 Ein mehr als zwei Tage vor Ablauf dieser Frist eingereichtes Gesuch kann das Amt abweisen. Massgebend ist das Datum des Eingangs des Gesuchs.

- Hat der Gläubiger während dieser drei Monate (oder jederzeit danach) kein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages (provisorische oder definitive Rechtsöffnung oder Anerkennungsklage) eingeleitet, so kann der Schuldner ein Gesuch stellen, dass die betreffende Betreibung Dritten fortan nicht mehr zur Kenntnis gebracht wird (Vgl. unten Ziff. 6). Er hat dieses Gesuch an das Betreibungsamt zu richten, bei wel-chem die beanstandete Betreibung eingereicht worden ist. Ein unzuständiges Amt hat ein entsprechendes Gesuch nach Art. 32 SchKG an das zuständige Amt weiter-zuleiten. Für das Gesuch kann (muss aber nicht) das in Anhang II aufgeführte Formu-lar verwenden werden. Das angerufene Amt kann die Behandlung des Gesuchs von der Bevorschussung der Pauschalgebühr nach Art. 12b GebV SchKG (vgl. hinten Ziff. 8) abhängig machen.

- Hat das Amt zum Zeitpunkt des Eingangs des Gesuchs (und allenfalls der Bezahlung der vorgenannten Gebühr) Kenntnis davon, dass betreffend die beanstandete Betrei-bung ein Verfahren um Beseitigung des Rechtsvorschlags eingeleitet oder erfolgreich ein Fortsetzungsbegehren gestellt worden ist, lehnt das Amt das Gesuch ab. Hat das Amt davon keine Kenntnis, so fordert das Amt den betreibenden Gläubiger umge-hend auf, zum Gesuch Stellung zu nehmen. Das Amt verwendet für diese Mitteilung das hierzu vorgesehene obligatorische Formular (vgl. hinten Ziff. 15).

- Ist daraufhin nach Ablauf der vorgesehenen 20-tägigen Frist (vgl. zur deren Berech-nung nachfolgend Ziff. 5) keine Mitteilung des Gläubigers eingetroffen, wonach dieser ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages eingeleitet hat, so gibt das Amt dem Gesuch statt und macht die betreffende Betreibung fortan für Dritte nicht mehr sichtbar. Das Amt teilt dem Gesuchsteller die Gutheissung des Gesuchs mit.

- Der Nachweis der Einreichung eines Verfahrens zur Beseitigung des Rechtsvor-schlags kann sich aus einer Postaufgabe- oder Eingangsbestätigung des Gesuchs um Rechtsöffnung oder der Anerkennungsklage ergeben, in einzelnen Kantonen auf-grund einer Rechnung (bzw. stets auch einer entsprechenden Kopie). Reicht der Gläubiger dem Amt einen solchen Nachweis ein, so wird die Betreibung Dritten fortan wieder zur Kenntnis gebracht (Art. 8a SchKG). Erfolgt diese Mitteilung noch während der Frist von Art. 8a Abs. 3 Bst. d (vgl. nachfolgend Ziff. 6), so führt dies auch zur Abweisung des Gesuchs des Schuldners.

- Jede Abweisung des Gesuchs des Schuldners erfolgt in Form einer schriftlichen Ver-fügung an den Schuldner. Es darf weder für die Gutheissung noch für die Abweisung

1 Demnach endigt die Frist „im letzten Monat an dem Tag, der dieselbe Zahl trägt wie der Tag, an dem

die Frist zu laufen begann. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endigt die Frist mit dem letzten Tag

dieses Monats“ (Art. 142 Abs. 2 ZPO). Der Tag, an dem die Frist ausgelöst wird (der Zustellungstag)

wird nicht mitberechnet (Abs. 1). Beispiel: Bei einer Zustellung am 15. März endet die Frist am 16.

Juni. Bei einer Zustellung am 30. August endet die Frist am 30. November (vgl. Abs. 2, 2. Satz, Frist-

ablauf an Wochenenden und Feiertagen vorbehalten, Abs. 3).

3/6

des Antrags eine zusätzliche Gebühr verlangt werden. Der Gläubiger erhält eine Ko-pie der Verfügung, sofern er sich im Rahmen der Prüfung des Gesuchs geäussert hat.

5. Betrifft ein Gesuch eine Betreibung, die vor mehr als fünf Jahren eingeleitet wurde und folglich nicht mehr im Betreibungsauszug für Dritte einsehbar ist, so ist auf das Gesuch mangels Rechtsschutzinteresse nicht einzutreten.

2. Berechnung der 20-tägigen Frist

6. Artikel 8a Abs. 3 Bst. d SchKG spricht von einer „vom Betreibungsamt angesetzten Frist von 20 Tagen“, ohne weitere Angaben zum Fristenlauf (Startpunkt, auslösende Handlung, Geltung der Art. 63 SchKG). Im Dienste der Rechtssicherheit und einer einheitlichen Anwen-dung des Gesetzes werden die Ämter hiermit angewiesen, den Fristenlauf wie folgt zu hand-haben:

- Die Frist wird, wie im Gesetz festgehalten, vom Betreibungsamt festgelegt. Das Amt teilt daher dem Gläubiger bereits bei der Aufforderung (vgl. zum entsprechenden Formular hinten Ziff. 15) den Zeitpunkt des Ablaufs der Frist mit. Es rechnet dabei der für die gewählte Zustellungsform normalerweise zu erwartenden Dauer 20 Tage hin-zu. Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Samstag oder Sonntag, so lautet die Frist auf den darauf folgenden Werktag.

- Art. 63 SchKG ist auf diese Frist anwendbar.

- Ist spätestens am zweiten Tag nach Ablauf dieser Frist keine Rückmeldung einge-gangen, so sorgt das Amt dafür, dass die betreffende Betreibung nicht mehr für Dritte einsehbar ist.

7. Diese Fristenrechnung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass weder dem Gläubiger noch Dritten aus einer „verpassten“ Frist ernsthafte Nachteile erwachsen: auch ein nach dieser Frist zugestellter Nachweis des Gläubigers führt dazu, dass die Betreibung fortan Dritten wieder zur Kenntnis gebracht wird.2 Gemäss dem Willen des Gesetzgebers soll aber nach der „vom Amt festgesetzten“ 20-tägigen Frist über das Schicksal seines Gesuchs entschie-den werden können, d.h. diese Frist soll sich nicht systematisch massgeblich verlängern.

3. Gebühren

8. Mit der neuen Gesetzesbestimmung geht auch die Einführung einer neuen Gebühr einher. Ab dem 1.1.2019 sieht Art. 12b GebV SchKG eine vom gesuchstellenden Schuldner zu ent-richtende Pauschalgebühr vor. Die Gebühr weist zwei Besonderheiten auf: zum einen wird sie einzig dem Gesuchsteller auferlegt, sie wird nicht zu den Betreibungskosten oder –Auslagen hinzugerechnet und ist unabhängig vom Schicksal des Gesuchs geschuldet. Zum anderen handelt es sich um eine Pauschalgebühr, welche auch sämtliche Auslagen (Zustel-lungen an den Gläubiger, Verfügung an den Gesuchsteller, allfällige Mitteilung an den Gläu-biger, etc.) umfasst. Somit dürfen diese Auslagen nicht zusätzlich verlangt werden.

2 Das Risiko, dass während eines Zeitfensters ein Auszug erhältlich ist, aus welchem eine Betreibung

nicht ersichtlich ist, welche erst später mittels Gesuch oder Klage fortgesetzt wurde, besteht ohnehin,

da die Betreibung noch über den Zeitraum eines Jahres fortgesetzt werden kann.

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4. Sonderfälle

4.1 Kein Rechtsvorschlag

9. Hat der Schuldner gegen die Betreibung keinen Rechtsvorschlag (oder nur Teilrechtsvor-schlag) erhoben, so ist das Gesuch unmittelbar (ohne Mitteilung an den Gläubiger) abzuwei-sen. Der Grund liegt darin, dass das Gesuch an die Voraussetzung anknüpft, dass die Be-treibung ungerechtfertigt erfolgt ist. Hat der Schuldner keinen Rechtsvorschlag erhoben, so gibt er damit zum Ausdruck, dass er sowohl die Forderung als auch das Recht, diese in Be-treibung zu setzen, nicht bestreitet. In einem solchen Kontext den Betreibungseintrag nicht sichtbar machen zu wollen mit der Behauptung, die Betreibung sei ungerechtfertigt, stellt ein widersprüchliches Verhalten dar, welches keinen Rechtschutz verdient.

4.2 Bezahlung der beanstandeten Forderung

10. Die unter Ziff. 4.1 genannten Erwägungen zum fehlenden Rechtsvorschlag gelten grund-sätzlich auch für die Situation, bei welcher der Schuldner die Forderung, die angeblich unge-rechtfertigterweise in Betreibung gesetzt worden ist, bezahlt hat. Im Lichte des hierzu geäus-serten Willens des Gesetzgebers3 ist das Gesuch abzuweisen, wenn klar ist, dass der Schuldner die in Betreibung gesetzte Schuld bezahlt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner gegen die Betreibung Rechtsvorschlag erhoben hatte.

11. Dies ist leicht festzustellen, wenn die Forderung beim Betreibungsamt beglichen wurde. Ist über das Gesuch noch nicht entschieden worden, so ist dieses in diesem Falle abzuwei-sen. Ist das Gesuch bereits gutgeheissen worden und die Betreibung nicht mehr einsehbar, so ist sie (als „bezahlt“) wieder einsehbar zu machen.

12. Gleich ist vorzugehen, wenn die Forderung direkt beim Gläubiger beglichen worden ist und der Gläubiger dem Amt eine entsprechende Mitteilung macht oder dem Amt einen Nachweis der Zahlung vorlegt. Allfällige Streitigkeiten sind auf dem Beschwerdewege zu regeln.4

4.3 Selbstauskunft

13. Das Recht auf eine Auskunft ohne die gemäss der neuen Bestimmung „nicht für Dritte einsehbaren“ Betreibungen gilt auch (entgegen dem Wortlauft, aber dem Sinn und Zweck der Regelung folgend) für die sogenannte Selbstauskunft (standardisierter Auszug, der vom Schuldner selbst verlangt wird).

C. Formulare

1. Gesuchsformular (fakultativ)

14. Dieser Weisung liegt ein Muster für ein Gesuchsformular des Schuldners bei.5 Dieses ist nicht obligatorisch. Die Ämter können eigene Gesuchsformulare erstellen und zur Verfügung stellen. Sie haben auch Gesuche entgegenzunehmen, die nicht auf der Grundlage eines Gesuchsformulars eingereicht werden, ebenso mündlich gestellte Begehren.6 In sämtlichen Formularen (ebenso wie bei einer mündlichen Entgegennahme) ist der Schuldner über die

3 Votum des Kommissionssprechers (RK-N) im Nationalrat vom 5. Dezember 2016, AB 2016 N 2012:

«Der betriebene Schuldner kann sich deshalb nicht auf das Verfahren nach Art. 8a Absatz 3 Buchsta-

be d berufen, wenn er die Forderung beglichen hat.» 4 Eine Abweisung des Gesuchs des Schuldners aufgrund einer Mitteilung des Gläubigers ist dem Ge-

suchsteller in Form einer Verfügung unter Hinweis auf die Beschwerdewege mitzuteilen. 5 Abrufbar unter https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/wirtschaft/schkg/musterformulare.html (fakultative

Formulare). 6 Letztere sind gemäss Art. 3 Abs. 2 VFRR in einem Formular aufzunehmen, welches der Gläubiger

zu unterzeichnen hat (im vorliegenden Kontext vom Gesuchsteller).

5/6

Kostenfolgen zu orientieren sowie über den Umstand, dass das Gesuch nur zulässig ist, wenn es sich gegen eine aus Sicht des Schuldners ungerechtfertigte Betreibung richtet.

2. Formular Mitteilung an Gläubiger (obligatorisch)

15. Erhält ein für dessen Bearbeitung zuständiges Amt ein Gesuch (Ziff. 4), welches die mi-nimal erforderlichen Angaben enthält (Identifikation des Gesuchstellers, der betroffenen Be-treibung oder der Forderungen aus einer Betreibung sowie Äusserung des Wunsches, dass diese Betreibung künftig Dritten nicht zur Einsicht offen stehen soll)7 innerhalb der Frist, in-nert welcher ein solches Gesuch zulässig ist (Ziff. 4, 1. Gedankenstrich und Ziff. 5) und ist das Gesuch nicht unmittelbar abzuweisen (Ziff. 4 Gedankenstriche 1-3, Ziff. 10-12), so teilt das Amt dem Gläubiger den Eingang des Gesuchs unter Verwendung des entsprechenden Formulars (Nr. 44c, «Anzeige an den Gläubiger betreffend ein Gesuch um Nichtbekanntgabe einer Betreibung»)8 mit.

16. Die kantonale Aufsichtsbehörde kann, nach Genehmigung durch die OA SchKG, formale Abweichungen vom obligatorischen Formular (Einbezug der „corporate ID“, Anpassung der Hinweise bzgl. Behörden, zusätzliche Referenzfelder) vorsehen und dieses Formular im ei-genen Kantonsgebiet verwenden.

3. Überarbeiteter Hinweistext im Betreibungsregisterauszug (Weisung Nr. 4)

17. Auf dem Betreibungsregisterauszug ist die folgende Bemerkung anzubringen (ersetzt Ziff. 11 der Weisung Nr. 4):

"Dieser Auszug enthält alle Betreibungen, die im Laufe der vergangenen fünf Jahre im Betrei-

bungskreis des ausstellenden Betreibungsamts gegen die oben genannte Person eingeleitet wor-

den sind. Aufgeführt werden auch eingestellte Betreibungen sowie die Betreibungen, welche in-

folge Ablaufs der Jahresfrist von Art. 88 SchKG nicht fortgesetzt werden können. Die Betrei-

bungsauskunft enthält auch die Zahl und den Gesamtbetrag der im Betreibungskreis verzeichne-

ten und noch nicht getilgten Verlustscheine aus Pfändungen der letzten 20 Jahre. Aufgeführt

sind ferner die Eröffnung und der Abschluss der Konkursverfahren, die im Laufe der vergangenen

fünf Jahre dem betreffenden Betreibungsamt gemeldet worden sind.

Nicht aufgeführt sind Betreibungen, die der Gläubiger zurückgezogen hat, die durch Gerichtsent-

scheid aufgehoben wurden, die aufgrund eines Gesuchs des Schuldners nicht einsehbar sind (Art.

8a Abs. 3 SchKG), oder die in den Registern eines anderen Betreibungskreises geführt werden.

Ebenfalls nicht aufgeführt sind Verlustscheine aus Konkursen.

[Ob die oben genannte Person im massgeblichen Zeitraum ihren Wohnsitz bzw. Sitz tatsächlich

im Betreibungskreis des ausstellenden Betreibungsamtes hat oder gehabt hat, wurde nicht

überprüft.] 9 Wenn sich der Wohnsitz bzw. Sitz der oben genannten Person in einem anderen Be-

treibungskreis befindet oder innerhalb der letzten 5 Jahre befunden hat, sollte beim dortigen Be-

treibungsamt ein Betreibungsregisterauszug eingeholt werden. “

7 Evtl. unter Nennung von Art. 8a Abs. 3 Bst. d SchKG. Auch nicht ganz korrekte, aber sinngemässe

Formulierungen (bspw. auf „Streichung“) sind als solche Ersuchen entgegenzunehmen. 8 Abrufbar unter https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/wirtschaft/schkg/musterformulare.html. 9 Diese Aussage trifft für diejenigen Ämter nicht zu, welche zumindest die Anmeldung des Schuldners

an der betreffenden Adresse prüfen und allfällige Auffälligkeiten im Bemerkungsfeld aufführen. Solche

Ämter können im Hinweistext auf diesen Satz verzichten.

6/6

D. Inkrafttreten und Übergangsvorschriften

18. Diese Weisung tritt per 1. Januar 2019 in Kraft.

19. Die neue gesetzliche Regelung enthält keine Übergangsbestimmungen. Somit kommen die allgemeinen Grundsätze des Art. 1 SchlT ZGB zur Anwendung (unmittelbare Anwend-barkeit verfahrensrechtlicher Vorschriften)10. Das Einsichtsrecht bezieht sich, auch wenn es Betreibungen betrifft, die vor dem Inkrafttreten eingeleitet worden sind, stets auf die Einsicht-nahmen in die Register ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens. Somit sind die neuen Bestim-mungen auch auf Betreibungen anwendbar, die vor dem 1. Januar 2019 eingeleitet worden sind. Zu beachten sind aber stets die vorgesehenen Fristen (vgl. vorne Ziff. 4 und 5). Für die Umsetzung der Ziff. 17 besteht eine Übergangsfrist bis 31.7.2019.

Rückfragen Für Rückfragen steht Ihnen die Dienststelle Oberaufsicht für Schuldbetreibung und Konkurs des Bundesamts für Justiz ([email protected]) jederzeit zur Verfügung.

DIENSTSTELLE FÜR OBERAUFSICHT SCHKG

FACHBEREICH ZIVILRECHT UND ZIVILPROZESS-

RECHT

Prof. Rodrigo Rodriguez Dr. David Rüetschi

10 Vgl. statt vieler BGE 137 III 417, E. 7.4; 136 III 186, E. 3.1; 126 III 431, E. 2.b.; 122 III 324 E. 7.

Literaturhinweise (Auswahl; je m.w.H.)

RÜETSCHI DAVID, Das neue Verfahren zur «Löschung», in:

plädoyer 6/18, 42 ff.

SCHELLENBERG SABINA/ONEYSER STÉPHANIE, EIN KLEINER SCHRITT

FÜR DEN MENSCHEN, EIN (RELATIV) GROSSER SCHRITT FÜR DEN

UNRECHTMÄSSIG BETRIEBENEN, in: Froriep Law Blog vom

17. Mai 2018 (https://blog.froriep.com/de/aenderung-des-

schkg [zuletzt besucht am 25.01.2019])

WIGET LUKAS, Geplante Änderungen von Art. 8a, 73 und 85a

SchKG, in: swissblawg vom 3. Januar 2017

(http://swissblawg.ch/2017/01/geplante-anderungen-von-art-

8a-73-und.html [zuletzt besucht am 25.01.2019])

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05.02.2019: Update SchKG – Neuere Entwicklungen im Zwangsvollstreckungsrecht

Unterlagen Referierende

Teil 2: Unterlagen Daniel Hunkeler

Einführung

Teil 3: Unterlagen Franco Lorandi

Potpourri zu Art. 260 SchKG

Übersicht über die Abtretung von Rechtsansprüchen gem. Art.260 SchKG und Auswahl verschiedenster Einzelfragen

Teil 4: Unterlagen Hansjörg Peter

Neuere kantonale Rechtsprechung

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Aktuelle Entscheide des Kantons Zürich (und des Bundesgerichts)

Teil 6: Unterlagen Daniel Hunkekler

Übersicht und ausgewählte Einzelfragen zum neuen Sanierungsrecht

Potpourri zu SchKG 260Praxisrelevantes aus Optik des Gerichts und der Parteivertreter

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2. Februar 2019 / ZürichStiftung Juristische Weiterbildung Zürich

Franco LorandiHolenstein Rechtsanwälte AG

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Inhaltsübersicht

I. Grundsätzliches zu Art. 260 SchKGII. Löschung der schuldnerischen AG im HRIII. Abtretung im Prozess und beim VergleichIV. Mehrheit von AbtretungsgläubigernV. Auskauf eines unliebsamen Abtretungs-

gläubigersVI. SchKG 260-Abtretung vs. Freihandverkauf

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I. Grundsätzliches zu Art. 260 SchKG Anwendungsbereich Konkurs (SchKG 260)

inkl. Konkursverfahren zufolge Organisationsmängeln (OR 731b)

Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (SchKG 325) [Forderungsüberweisung i.S.v. SchKG 131 II als „kleiner Bruder“]

Wesen Vollstreckungsrechtliches Institut sui generis Akt der Verwertung (vgl. Gesetz: V. Verwertung)

unentgeltlich

Keine Zession im zivilrechtlichen Sinn Übertragung des Prozessführungsrechts

Betrifft eine Prozessvoraussetzung (BGE 121 III 494)

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I. Grundsätzliches zu Art. 260 SchKG Prozessstandschaft (BGE 139 III 384 E. 2.2.2.)

im eigenen Namen aus fremdem Recht (dem Recht des Gemeinschuldners)

Der Abtretungsgläubiger macht denselben Anspruch geltend, wie wenn die Masse agieren würde (4A_623/2017 E. 3.4)

auf eigenes Risiko Leistung an sich selbst (auch bei der Herausgabe von Sachen) Abtretung begründet per se die Aktivlegitimation (BGE 132 III 342

E. 2.2.1.) Einwendungen gegen die Abtretungsverfügung

Einrede der ungerechtfertigten Kollokation des Abtretungsgläubigers ist im Prozess ausgeschlossen (BGE 132 III 342 E. 2.2.1)

Nichtigkeit (SchKG 22) der Abtretungsverfügung Wenn kein Verzicht der Gläubigergesamtheit auf die Geltendmachung

vorliegt (BGE 134 III 78 E. 2.3) Nichtigkeit ist von Amtes wegen beachtlich Grundsätzlich von der SchKG-Aufsichtsbehörde (SchKG 22) und nicht

vom Zivilgericht zu beurteilen (BGE 132 III 342 E. 2.2.1) Sistierung des Gerichtsverfahrens und Überweisung der Frage der

Nichtigkeit an die SchKG-Aufsichtsbehörden (SchKG 173 II analog)www.sjwz.ch5

I. Grundsätzliches zu Art. 260 SchKG

Abtretungsverfügung als Nebenrecht (OR 170) Die Abtretung (Kaugummi) folgt als Nebenrecht i.S.v. OR 170

der Insolvenzforderung (BGE 132 III342 E. 2.2.1) (Schuh) –der Kaugummi klebt am Schuh Die Abtretung ist akzessorisch zur Insolvenzforderung (vgl. BGE 111 II

81 E. 3a, BGE 109 III 27 E. 1a) Die Abtretung kann nicht gesondert übertragen werden

Verwendung des Prozessgewinns Vorabbefriedigungsrecht des Abtretungsgläubigers

höchstens bis zur vollen Deckung der Forderung (SchKG 260 II) Überschussablieferung an die Masse (SchKG 260 II) Bei der Herausgabe von Sachen (z.B. zufolge paulianischer

Anfechtung; SchKG 285 ff.) Ablieferung an die Masse zur Verwertung Zuweisung des Erlöses in der Verteilungsliste

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I. Grundsätzliches zu Art. 260 SchKG

Gegenstand Strittige Aktivansprüche

Auf Geldzahlung oder sonstige Leistungen Z.B. aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit (OR 752 ff.) oder

paulianischer Anfechtung (SchKG 285 ff.)

Bestreitungs-/Verteidigungsrechte bei der Aussonderung (SchKG 242; KOV 47 ff.; 5C.242/2004

E. 3) Im bei Konkurseröffnung hängigen Passivprozess (KOV 63 II)

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II. Löschung der schuldnerischen AG im HR Registertod Bei Schluss der Generalexekution wird die AG im HR

gelöscht (OR 939 III; HRegV 159 V lit. b) Dies ist eine automatische/zwingende Folge

Der Konkurs kann auch geschlossen werden, wenn noch Abtretungen ausstehend sind (wenn kein Über-schuss erwartet wird; KOV 95) Es entspricht dem Regelfall, dass der Konkurs geschlossen

wird, obwohl noch Abtretungsverfügungen ausstehend sind (weil praktisch nie ein Überschuss resultiert)

Trotz Schluss des Konkurses (und Löschung im HR) können in einem Nachkonkurs (SchKG 268) Abtre-tungsverfügungen ausgestellt werden (SchKG 269 III)

Ob dies möglich ist, dabei handelt es sich um voll-streckungsrechtliche Fragen

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II. Löschung der schuldnerischen AG im HR Zivilrechtliche Folgen der Löschung im HR Es ist strittig, ob die Löschung im HR konstitutiv oder

deklaratorisch wirkt Das Bundesgericht hat sich in verschiedenen Entscheiden

unterschiedlich geäussert (Nachweise in AJP 2018 724 ff.) M.E. wirkt die Löschung im HR (wie schon der Eintrag)

konstitutiv die jur. Person geht zivilrechtlich unter (BGE 132 III 731 E. 1) Ihre Existenz hört auf (BGE 117 III 39 E. 3b)

Der Untergang ist nicht definitiv, sondern findet nur „zunächst“ statt (BGE 64 II 150 E. 1)

Eine Wiedereintragung im HR ist möglich (HRegV 164 I) Diese wirkt ex nunc (h.L.), also nicht rückwirkend

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II. Löschung der schuldnerischen AG im HR Auswirkungen auf die Abtretungsverfügung Die zwei Ansichten des Bundesgerichts

Löschung im HR führt nicht automatisch zum Untergang der angetretenen Forderung oder zum Untergang der Forderung des Abtretungsgläubigers (4A_5/2008 E. 1.4)

Mit der Löschung fehlt es an einem Rechtsträger, die abgetretene Forderung geht unter und dem Abtretungsgläubiger fehlt es an der Aktivlegitimation (4A_384/2016 E. 2.1.3 und E. 2.3)

Und nun?

Mit Löschung im HR fehlt es an einem Rechtsträger(4A_5/2008 E. 2.1.2.3)

Eine Forderung ohne Gläubiger (BGE 73 III 61 E. 1) oder ohne Schuldner (BGE 42 III 37) ist zivilrechtlichundenkbar

Ergo geht die Forderung (des Abtretungsgläubigers) zivilrechtlich unter (a.M. 4A_5/2008, E. 1.4) www.sjwz.ch10

II. Löschung der schuldnerischen AG im HR Dem Abtretungsgläubiger fehlt es an der Aktiv- (bzw.

im Passivprozess an der Passiv-)Legitimation(4A_384/2016 E. 2.3; offengelassen in 4A_231/2011 E. 2) Folge: Klageabweisung

Zufolge Akzessorietät (als Nebenrecht) geht (uno actu) jedoch auch die Abtretungsverfügung unter Dem Abtretungsgläubiger fehlt es (auch) an der Prozessfüh-

rungsbefugnis Folge: Nichteintreten

Prozessuales Schmankerl Löschung und Wiedereintragung finden ihren Niederschlag im

HR und werden im SHAB publiziert (HRegV 35 I) Damit gelten sie als notorisch (OR 933; BGE 139 III 293 E. 3.3;

BGE 98 II 211 E. 4a) Damit muss die Löschung bzw. die Wiedereintrag weder

behauptet noch bewiesen werden (ZPO 151) www.sjwz.ch11

III. Abtretung im Prozess und beim Vergleich

Abtretung beim Vergleichsschluss Frage: Erfordert ein Vergleichsschluss im Prozess, dass

den Gläubigern die Abtretung angeboten werden muss? Kompetenz zum Entscheid über einen Vergleich

Im summarischen Konkursverfahren Beschluss der Gläubigergesamtheit notwendig (SchKG 252 II; BGE

86 III 124 E. 3) Im ordentlichen Konkursverfahren

Konkursverwaltung und Gläubigerausschuss (SchKG 237 III) Gläubigergesamtheit (wenn kein GLA bestellt worden ist) (SchKG

253 II) Liquidationsvergleich (Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung)

nach Massgabe des Nachlassvertrages; in der Regel Liquidator und Gläubigerausschuss zusammen

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III. Abtretung im Prozess und beim Vergleich

Kommt bei einem Vergleich SchKG 260 zur Anwendung? SchKG 260 setzt einen „Verzicht“ der Masse voraus Vergleich ist eine Einigung mit gegenseitigen Zugeständnissen

(7B.166/2000 E. 7a/cc) – Geben und Nehmen Grundsatz

ein Vergleich ist eine Art der Geltendmachung des Anspruchs und kein Verzicht, so dass SchKG 260 nicht zur Anwendung kommt (BGE 86 III 124 E. 3, BGE 78 III 138)

Ausnahme Wenn ein Anspruch „kampflos und ohne auch nur die gegnerischen

Akten einzusehen und zu prüfen“ preisgegeben wird (BGE 86 III 124 E. 3)

In diesem Fall kommt SchKG 260 zur Anwendung Freiwillige und analoge Anwendung beim Vergleich

Das Konkursamt kann (muss aber nicht) SchKG 260 bei einem Vergleich analog anwenden

Die Abtretung wird den Gläubigern nicht (wie sonst unentgeltlich), sondern nur gegen Erstattung des Vergleichsbetreffnissesangeboten (BGE 86 III 124 E. 3, BGE 67 III 100 E. 1; 7B.116/2002 Sachverhalt B.) www.sjwz.ch13

III. Abtretung im Prozess und beim Vergleich

Folgen beim gerichtlichen Vergleich der Masse Es braucht einen Genehmigungsvorbehalt (Zustimmung der

zuständigen SchKG-Orange) und einen Widerrufsvorbehalt (wenn eine Abtretung gegen Erstattung des Vergleichsbetreffnisses von der Konkursverwaltung offeriert wird und Gläubiger die Abtretung verlangen)

Prozessuale Auswirkungen Wenn ein Gläubiger die Abtretung verlangt, findet zwar keine

materiellrechtliche Veräusserung der Forderung (und damit des Prozessgegenstands) statt

Die Übertragung des Prozessführungsrechts hat m.E. aber ebenfalls einen Parteiwechsel (i.S.v. ZPO 83) zur Folge, da mit dem Prozessführungsrecht auch die Parteirolle wechselt

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III. Abtretung im Prozess und beim Vergleich

Beim Klagerückzug der Masse Frage: Erfordert der Klagerückzug der Masse (im Aktiv-

prozess), den Gläubigern die Abtretung anzubieten? Klagerückzug ist eine Prozesserklärung. Sie beschlägt das

Verfahren und nicht unmittelbar die Forderung der Masse Mittelbare wird aber über die Forderung verfügt, da der

Abschreibungsbeschluss materielle Rechtskraft erlangt M.E. muss deshalb die Konkursverwaltung SchKG 260 zur

Anwendung bringen Da Prozesserklärungen vorbehaltlos sein müssen (ZPO 208

I), ist das Verfahren nach SchKG 260 vorgängig zum (unbe-dingten) Klagerückzug durchzuführen

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IV. Mehrheit von Abtretungsgläubigern Ausgangslage

SchKG: Es können mehrere Gläubiger die Abtretung desselben Anspruchs verlangen eine Handlungspflicht besteht nicht Jeder Abtretungsgläubiger kann jederzeit „aussteigen“

ZPO: kennt die notwendige (ZPO 70) und die einfache Streitgenossenschaft (ZPO 71)

Vorgaben/Axiome Es geht um denselben materiellen Anspruch (BGE 121 III

488 E. 2e) Es muss im selben Verfahren vor dem gleichen Richter

entschieden werden (BGE 121 III 488 E. 2e) Es kann nur in einem einheitlichen Urteil entschieden

werden (BGE 136 III 534 E. 2.1, BGE 121 III 499 E. 2d 5A_344/2018 E. 4.1.1.)

Dadurch sollen widersprüchliche Urteile vermieden werden (BGE 136 III 534 E. 2.1, BGE 121 III 499 E. 2c)

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IV. Mehrheit von Abtretungsgläubigern

Jeder Gläubiger kann die Abtretung verlangen, er muss nicht vorgehen und kann jederzeit „aussteigen“ (BGE 136 III 534 E. 2.1, BGE 121 III 295 E. 3a, ZR 1999, S. 150)

Zwischenfazit Die Abtretung gem. SchKG 260 ist weder Fisch (notwen-

dige) noch Vogel (einfache Streitgenossenschaft) Sie ist etwas eigenständiges

Uneigentlich notwendige Streitgenossenschaft Bedingt notwendige Streitgenossenschaft Notwendige Streitgenossenschaft sui generis

Bundesgericht (BGE 107 III 91 E. 3c) Keine generellen Regeln In jeden Einzelfall sind sachgerechte Regeln zu suchen für das

sich stellende prozessuale Problem Und was bedeutet das nun? www.sjwz.ch17

IV. Mehrheit von Abtretungsgläubigern Einheitlichen Vorgehensweise

Prozessstandschaft (5A_344/2018 E. 4.1.2.) Ist als Prozessvoraussetzung vom Gericht von Amtes wegen zu

prüfen Beweislast liegt bei den klagenden Abtretungsgläubigern

Weitgehend unklar, in welcher Hinsicht einheitlich vorge-gangen werden muss!

Selbständigkeit Eine einheitliche Prozessführung kann nicht verlangt werden (BGE

136 III 534 E. 2.1, BGE 121 III 488 E. 2e, 4C.264/2004 E. 1.1) Widersprechende Tatsachenbehauptungen und unterschiedliche

Bestreitungen zulässig (BGE 121 III 291 E. 3a, BGE 121 III 488 E. 2c)

Vergleichsschluss: Auch durch einzelne Abtretungsgläubiger möglich (BGE 138 III 628 E. 5.3.2., BGE 121 III 488 E. 2c, BGE 5A_344/2018 E. 4.1.1.)

Gemeinschaftliches Vorgehen Es ist nicht denkbar, dass für einen Teil aufgrund deren

Behauptungen und Bestreitungen geschützt, und für andere aufgrund ihrer fehlenden Behauptungen die Klage abgewiesen wird (BGE 136 III 534 E. 2.1)

Ja was nun? www.sjwz.ch18

IV. Mehrheit von Abtretungsgläubigern

Koordination Durch das Konkursamt mittels Weisungen (BGE 121 III

488 E. 2d): KA wird zum „Schiedsrichter“ Weisungen sind Verfügungen i.S.v. SchKG 17 und

unterliegen der Beschwerde Das KA kann die Abtretungsverfügung abändern oder

einzelnen Abtretungsgläubigern gegenüber widerrufen Dies ist ein Ermessensentscheid Wertung

Diese ist konzeptionell nachvollziehbar, da die Abtretungsver-fügung vom KA stammt

Sachlich/fachlich ist das KA nicht berufen, über zivilprozessuale Aspekte zu befinden (Gerichtsstand, Rechtsbegehren, geforderte Summe etc.)

Umso mehr, als die Masse ja auf die Geltendmachung des Anspruchs verzichtet hat

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IV. Mehrheit von Abtretungsgläubigern Die „richtige“ Lösung/“das Konzept“

Das Besondere der SchKG 260-Streitgenossenschaft ist jederzeitige opting out jedes Abtretungsgläubigers

Solange mehrere Abtretungsgläubiger vorgehen, müssen sie dies als echte notwendige Streitgenossenschaft gemein-schaftlich tun Sie müssen einheitlich vorgehen In jeder Hinsicht

Gilt auch beim Abschluss eines Vergleichs Das Konkursamt kann die Abtretungsverfügung nur bei

Rechtsmissbrauch (ZGB 2) widerrufen Namentlich, wenn ein Gläubiger (als „trojanisches Pferd“) nur die

anderen (im Interesse der Gegenpartei) behindern/blockieren will Ansonsten soll und darf das Konkursamt nicht eingreifen

Das Institut ist ein Fisch (d.h. eine notwendige Streitgenossen-schaft) – der Fisch kann aber fliegen (d.h. es gilt ein optingout)!

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V. Auskauf eines unliebsamen Abtretungs-gläubigers Frage:

Kann man einen unliebsamen Abtretungsgläubiger einfach auszahlen, um ihn los zu werden?

Zivilrecht Zahlungen können auch von Dritten erfolgen (OR 68) Die Konkursforderung des Abtretungsgläubigers geht mit

Zahlung unter (OR 114 I) Prozessrecht

Prozessführungsrecht ist mit der Abtretung ausgewiesen Der Zivilrichter darf diese nicht überprüfen (BGE 111 II 85)

Die Aktivlegitimation bleibt erhalten (5A_682/2011 E. 7.2) Die Klage kann weitergeführt werden Der Kläger kämpft für die Masse (SchKG 260 II) Einzig die Verteilung (im Konkurs) ist eine andere Den Prozessgegner tangiert dies nicht (BGE 113 III 20;

5A_682/2011 E. 7.2) Ergo: Der Auskauf ist ein untaugliches Mittel!

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VI. SchKG 260-Abtretung vs. Freihandverkauf

Für die Verwertung von strittigen Aktivforderun-gen gilt eine gesetzliche Stufenordnung Prioritär: Abtretung (SchKG 260 I/II)

Nachteile Abtretung ist unentgeltlich Überschuss (der an die Masse abzuliefern ist; SchKG 260 II)

findet in der Praxis nicht statt

Subsidiär: Verwertung des Anspruchs (SchKG 260 III) Wenn keine Gläubiger die Abtretung verlangt Verwertung durch Zwangsversteigerung oder Freihandverkauf Geldzufluss für die Masse

Tertiär: Rückfall an den Gemeinschuldner (BGE 69 III 104) Kein Geldzufluss für die Masse

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VI. SchKG 260-Abtretung vs. Freihandverkauf

Ratio legis der Stufenordnung Durch Verwertung kann kaum ein vernünftiger Erlös

erzielt werden Folge bei Verletzung der Stufenfolge

Nichtigkeit (SchKG 22), weil nicht allen Gläubigern die Möglichkeit geboten wurde, vorab Abtretungsbegehren zu stellen (BGE 93 III 27, BGE 79 III 12, BGE 58 III 112)

Verwertung durch Zwangsversteigerung oder Freihandverkauf

Geldzufluss für die Masse Ausnahmen

Bei Verpfändung des Anspruchs Da nur so dem Pfandgläubiger ein Pfanderlös zugewiesen

werden kann

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VI. SchKG 260-Abtretung vs. Freihandverkauf Bei Freihandverkauf zu einem „vernünftigen“ Preis

Umkehrschluss aus der ratio legis BGE 93 III 23 E. 3 f.

Erwerbsangebot, das anzunehmen sich im Interesse der Gläubigergesamtheit aufdrängt („an offer you cannotrefuse“)

Wenn das Konkursamt annehmen darf, die Annahme des Angebotes liege im Interesse der Masse

„vernünftiger“ Preis/Kasuistik» Preis DEM 85’000 (18.8% von nominal DEM 450’000;

BGE 93 III 28)» Preis CHF 120’000 (3.25% von nominal CHF 3.7 Mio.;

7B.11/2004 vom 13. Februar 2004; Sachverhalt)» CHF 45’000 (2.6% von nominal CHF 1.7 Mio.;

Forderungen gegen 92 Gegenparteien; Urteil BG Meilen vom 4. Oktober 2010)

Es muss den Gläubigern immer das Recht zum höheren Angebot eingeräumt, werden als Ausgleich dafür, dass keine Abtretungsbegehren gestellt werden können (BGE 93 III 22 E. 4b)

Ausschluss: paulianische Anfechtungsansprüche (SchKG 256 IV) Es ist einzig die Abtretung gemäss SchKG 260 zulässigwww.sjwz.ch24

Tribunale federale Tribunal federal

{T 0/2} 4A_5/2008 /len

Urteil vom 22. Mai 2008 I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung Bundesrichter Corboz, Präsident, Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien X.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Alois Näf,

gegen

1. A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Urs Haegi, 2. B.________, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Adrian Rüesch, 3. C.________, 4. D.________, 5. E.________, alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Markus Diggelmann, 6. Y.________ AG, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Eggimann, Beschwerdegegner.

Gegenstand Aktienrechtliche Verantwortlichkeit,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts von Appenzell Ausserrhoden, 2. Abteilung, vom 29. Mai 2007.

Sachverhalt:

A. Bis Ende 1995 betrieb die X.________ AG (Beschwerdeführerin) eine Weberei und unterhielt im Rahmen dieser Tätigkeit umfangreiche Geschäftsbeziehungen zur Z.________ AG (nachfolgend die Gesellschaft). Diese fiel am 1. Dezember 1995 in Konkurs, in welchem die Beschwerdeführerin mit Fr. 647'111.-- zu Verlust kam. Dafür macht diese die Y.________ AG (Beschwerdegegnerin 6) als Revisionsstelle der konkursiten Gesellschaft, B.________ (Beschwerdegegner 2) und C.________ (Beschwerdegegner 3) als Mitglieder des Verwaltungsrates, A.________ (Beschwerdegegner 1) als Geschäftsführer sowie D.________ (Beschwerdegegner 4) und E.________ (Beschwerdegegner 5) als Berater im textilen Bereich verantwortlich. Sie liess sich von der Konkursverwaltung die aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüche abtreten und reichte am 19. September 1997 beim Kantonsgericht von Appenzell Ausserrhoden Klage ein mit dem Antrag, es seien die Beschwerdegegner unter solidarischer Haftbarkeit zur Zahlung von Fr. 647'111.-- nebst Zins zu verpflichten.

B. Am 28. April 1999 wies das Kantonsgericht die Klage ab. Gleich entschied am 27. Juni 2000 auf Appellation der Beschwerdeführerin das Obergericht von Appenzell Ausserrhoden. Es kam zum Schluss, die

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Beschwerdeführerin habe sowohl unmittelbar ihr selbst entstandenen Schaden geltend gemacht als auch mittelbaren Schaden, der durch die Schädigung der Aktiengesellschaft infolge verspäteter Konkursanmeldung entstanden sei. B.a In Bezug auf den direkten Schaden machte die Beschwerdeführerin geltend, sie sei von den Beschwerdegegnern über die finanziellen Verhältnisse der konkursiten Gesellschaft getäuscht und so veranlasst worden, diese weiter zu beliefern. Das Obergericht war der Auffassung, das Bestehen eines direkten Schadens könne von vornherein ausgeschlossen werden, da sich die Ausstände der konkursiten Gesellschaft seit den fraglichen Zusicherungen nicht vermehrt, sondern vermindert hätten, so dass kein Schaden eingetreten sei. B.b Mit Blick auf den mittelbaren Schaden zählte das Obergericht die ergriffenen Massnahmen zur Erhöhung der Liquidität auf und kam im Rahmen einer Gesamtwürdigung zum Schluss, die Sanierungsbemühungen seien nicht zu beanstanden. Daher sei bedeutungslos, wann die Überschuldung eingetreten sei.

C. Gegen dieses Urteil führte die Beschwerdeführerin sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch Berufung. Während das Bundesgericht die staatsrechtliche Beschwerde abwies, soweit es darauf eintrat, hiess es die Berufung teilweise gut (Urteil des Bundesgerichts 4C.366/2000 vom 19. Juni 2001). C.a Das Bundesgericht erkannte, die tatsächliche Reduktion der Ausstände schliesse das Bestehen eines unmittelbaren Schadens nicht aus, da der Schaden sich aus der Differenz zwischen dem tatsächlichen Vermögenstand und dem hypothetischen ohne das behauptete schädigende Ereignis ergebe. Da das Obergericht bezüglich des hypothetischen Vermögensstandes keine Feststellungen getroffen hatte, wies das Bundesgericht die Angelegenheit zur Ergänzung des Sachverhalts zurück. C.b Was die Sanierungsmassnahmen anbelangt, kam das Bundesgericht zum Schluss, die Erhöhung der Liquidität durch Kreditaufnahme sei im zu beurteilenden Fall nur zulässig gewesen, wenn sie für die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit notwendig war und zudem nach dem gewöhnlichen Geschäftsgang mit Gewinnen gerechnet werden durfte oder wenn durch flankierende Massnahmen derartige Gewinnaussichten geschaffen wurden. Es wies die Sache auch diesbezüglich zur Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen zurück inklusive des Werts des Warenlagers, da dieser für die Erfolgsaussichten der Sanierungsbemühungen von Belang sein konnte.

D. Mit Urteil vom 29. Mai 2007 wies das Obergericht die Appellation der Beschwerdeführerin erneut ab. D.a Mit Bezug auf den mittelbaren Schaden prüfte das Obergericht, ob die Beschwerdeführerin im jetzigen Zeitpunkt überhaupt noch zur Geltendmachung eines mittelbaren Schadens legitimiert sei. Dies verneinte das Obergericht, da die Z.________ AG am 24. April 1997 von Amtes wegen im Handelsregister gelöscht worden sei, womit die aus Art. 260 SchKG abgeleitete Prozessführungsbefugnis der Beschwerdeführerin als Nebenrecht untergegangen sei. D.b Auch einen unmittelbaren Schaden schloss das Obergericht aus. Die Beschwerdeführerin habe um die angespannte finanzielle Lage der Gesellschaft gewusst, so dass diesbezüglich keine Täuschung denkbar sei.

E. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht im Wesentlichen, die Klage gutzuheissen, eventuell die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, gegebenenfalls nachdem der Beschwerdeführerin Gelegenheit eingeräumt worden sei, die Wiedereröffnung des Konkursverfahrens und die Wiedereintragung der Gesellschaft im Handelsregister zu erwirken, sofern dies nach Auffassung des Bundesgerichts für die Durchsetzung ihrer Forderung notwendig sei. Das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung wies das Bundesgericht am 1. Februar 2008 ab. Mit Verfügung vom 7. März 2008 hiess es das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung des Beschwerdegegners 1 gut. Die Beschwerdegegner schliessen im Wesentlichen auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist, während das Obergericht auf Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1. Mit Bezug auf den mittelbaren Schaden ist die Beschwerdeführerin im Wesentlichen der Auffassung, die Vorinstanz hätte die Aktivlegitimation gar nicht überprüfen dürfen, da dieser Punkt von der Rückweisung nicht betroffen sei. Darüber hinaus hält sie die von der Vorinstanz gezogenen Schlüsse auch in rechtlicher Hinsicht für unzutreffend.

1.1 Nach Art. 66 Abs. 1 OG, welcher bei Erlass des Rückweisungsentscheides galt, durfte die kantonale Instanz, an die eine Sache im Rahmen der Gutheissung einer Berufung zurückgewiesen wurde, neues Vorbringen berücksichtigen, soweit es nach dem kantonalen Prozessrecht noch zulässig war. Die nach kantonalem Prozessrecht zulässigen Noven hatten sich dabei aber stets innerhalb des rechtlichen Rahmens zu bewegen, den das Bundesgericht mit seinem Rückweisungsentscheid vorgegeben hatte. Der von der Rückweisung erfasste Streitpunkt durfte also nicht ausgeweitet oder auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt werden (BGE 131 III 91 E. 5.2 S. 94; 116 II 220 E. 4a S. 222, je mit Hinweisen). Die mit der Neubeurteilung befasste kantonale Instanz hatte vielmehr die rechtliche Beurteilung, mit der die Zurückweisung begründet wurde, ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Diese Beurteilung war auch für das Bundesgericht bindend (BGE133 III 201 E. 4.2 S. 208; 125 III 421 E. 2a S. 423, je mit Hinweis).

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1.2 Die Bindung an den Rückweisungsentscheid galt grundsätzlich auch im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde, wobei deren Natur die Bindung des kantonalen Gerichts an den Entscheid des Bundesgerichts in bestimmtem Ausmass einschränkte, da das Bundesgericht den kantonalen Entscheid lediglich auf der Grundlage der im Beschwerdeverfahren erhobenen Rügen überprüfte und sich im Allgemeinen mit der Aufhebung dieses Entscheides begnügte, womit die gerügte Verfassungsverletzung behoben war. Zudem griff das Bundesgericht in der Regel nur ein, wenn der kantonale Entscheid nicht nur durch seine Begründung, sondern auch im Ergebnis die Verfassung verletzte. Das gab dem Bundesgericht die Möglichkeit, die verfassungswidrige Begründung des angefochtenen Entscheides durch eine verfassungskonforme zu ersetzen. Hatte es jedoch auf eine solche Substitution der Motive verzichtet, konnte das kantonale Gericht nach der Rückweisung selbst so vorgehen, soweit das Bundesgericht nicht bereits bestimmte Urteilsgründe im Rückweisungsentscheid ausdrücklich oder implizit verworfen hatte (BGE

112 Ia 353 E. 3c/bb S. 354 f.; Urteil des Bundesgerichts 4P.244/2005 vom 6. Februar 2006, E. 1.2, publ. in Pra 96/2007 Nr. 8 S. 40 f.).

1.3 Entsprechende Bestimmungen finden sich im BGG nicht, da die Bindung der kantonalen Instanz an den Rückweisungsentscheid als selbstverständlich angesehen wurde (vgl. Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4346). Inwieweit die unterschiedliche Bindung an den Rückweisungsentscheid in der Berufung und in der staatsrechtlichen Beschwerde analog auch gemäss BGG Geltung hat, braucht nicht vertieft behandelt zu werden. Die Beschwerdeführerin hatte gegen den ersten Entscheid des Obergerichts neben der Berufung auch staatsrechtliche Beschwerde geführt. Diese wies das Bundesgericht ab, soweit es darauf eintrat (Urteil des Bundesgerichts 4P.284/2000 vom 30. Mai 2001). Die Rückweisung erfolgte im Berufungsverfahren, so dass die diesbezüglich ergangene Rechtsprechung massgeblich bleibt. Daher können die Beschwerdegegner aus der zum staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren ergangenen Rechtsprechung, namentlich aus BGE 112 Ia 353 E. 3c/bb S. 354 f., auf welchen der Beschwerdegegner 1 mehrfach verweist, nichts zu ihren Gunsten ableiten.

1.4 Bei der "Abtretung" nach Art. 260 SchKG handelt es sich nicht um eine Abtretung im zivilrechtlichen Sinne, sondern vielmehr um ein betreibungs- und prozessrechtliches Institut sui generis (BGE 109 III 27 E. 1a S. 29 mit Hinweisen), mit dem die Prozessführungsbefugnis übertragen wird. Diese entspringt einer vollstreckungsrechtlichen Spezialregelung, mit welcher dem Gläubiger das Klagerecht der Konkursmasse übertragen wird (BGE 117 II 432 E. 1b/ff S. 439). In seiner Rechtsprechung, wonach die Wiedereintragung einer Gesellschaft verlangt werden kann, wenn eine "Abtretung" nach Art. 260 SchKG erwirkt werden soll (BGE 132 III 731 E. 3.3 S. 734; 110 II 396 E. 2 S. 397; Urteile des Bundesgerichts 4A.8/1988 vom 4. Juli 1988, E. 2; vgl. auch 7B.244/1997 vom 27. November 1997), hat das Bundesgericht sich entgegen der Auffassung der Beschwerdegegner nicht zu den Folgen einer Löschung der Gesellschaft nach erfolgter Abtretung gemäss Art. 260 SchKG ausgesprochen. Art. 260 SchKG eröffnet eine besondere Möglichkeit, der Konkursmasse zu Aktiven zu verhelfen, die zwar bestritten sind, aber zur Masse gehören (BGE 111 II

81 E. 3b S. 85). Sie dient dem mit der Konkurseröffnung über eine Gesellschaft allgemein verfolgten Zweck, im Interesse der Gesellschaftsgläubiger das zur Masse gehörende Vermögen erhältlich zu machen (BGE

117 II 432 E. 1b/ee S. 440 mit Hinweis). Ob es sich mit dem von Art. 260 SchKG und dem Konkursverfahren an sich verfolgten Zweck vereinbaren liesse, die Prozessführungsbefugnis bei Löschung der Gesellschaft im Handelsregister dahinfallen zu lassen, erscheint zweifelhaft. Die Löschung der Gesellschaft führt weder automatisch zum Untergang der dieser zustehenden Forderungen noch zum Untergang der Konkursforderung des prozessführenden Gläubigers, als deren Nebenrecht die Prozessführungsbefugnis gemäss Art. 260 SchKG angesehen wird (BGE 109 III 27 E. 1a S. 29 mit Hinweisen), und auch der Abschluss des Konkursverfahrens zeitigt keine derartigen Konsequenzen (vgl. BGE 127 III 526 E. 3 S. 528, wonach mit dem Schluss des Konkursverfahrens nicht bis zum Abschluss der Prozesse über nach Art. 260 SchKG "abgetretene" Forderungen zugewartet werden muss). Tauchen nach Löschung einer Gesellschaft noch Forderungen oder Verbindlichkeiten auf, kann die Gesellschaft vielmehr jederzeit wieder eingetragen werden (BGE 132 III 731 E. 3.1 ff. S. 733 f. mit Hinweisen). Von der Löschung wird mithin nicht der Bestand der Forderungen betroffen, sondern die Möglichkeit der Gesellschaft, am Rechtsverkehr teilzunehmen. Diese Teilnahme ist nach erfolgter "Abtretung" nach Art. 260 SchKG zur Geltendmachung der Forderung aber nicht mehr notwendig, da der Konkursgläubiger in eigenem Namen klagt und ein allfälliger Überschuss auch nach Abschluss des Konkursverfahrens nicht der Gesellschaft, sondern der Konkursverwaltung abzugeben wäre (BGE 122 III 341 E. 2 S. 342 f.). Die Frage braucht indessen nicht abschliessend behandelt zu werden. 1.4.1 Die Vorinstanz ging in ihrem ersten Entscheid davon aus, den Beschwerdegegnern könne aus der Tatsache, dass der Richter erst am 1. Dezember 1995 benachrichtigt wurde, kein Vorwurf gemacht werden, da der Verwaltungsrat hinreichende Sanierungsbemühungen unternommen habe. Ob diese Auffassung bundesrechtskonform war, konnte das Bundesgericht nicht überprüfen, da Feststellungen zu den Erfolgsaussichten der Sanierungsmassnahmen fehlten. Deswegen wies es die Angelegenheit zur Sachverhaltsergänzung zurück. 1.4.2 Demgegenüber waren bezüglich der Frage der Aktivlegitimation keine weiteren tatsächlichen Feststellungen notwendig, denn die Vorinstanz hatte in ihrem ersten Entscheid die Frage nicht offen gelassen, sondern festgehalten: "Bezüglich der materiellrechtlichen Frage der Aktiv- bzw. Passivlegitimation der Parteien, welche im Appellationsverfahren nicht streitig ist, kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden." 1.4.3 In diesem Punkt hat das Bundesgericht den ersten Entscheid nicht beanstandet. Der Beschwerdegegner 1 weist zwar grundsätzlich zu Recht darauf hin, dass die Sachlegitimation als materiellrechtliche Voraussetzung des eingeklagten Anspruchs vom Richter jeder Stufe von Amtes wegen zu prüfen ist (BGE 126 III 59 E. 1a S. 63 mit Hinweisen). Unter der Herrschaft der Verhandlungsmaxime gilt

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dies allerdings bloss nach Massgabe des behaupteten und festgestellten Sachverhalts (BGE 118 Ia 129 E. 1 S. 130 mit Hinweis). Da die Vorinstanz die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister im ersten Urteil nicht festgestellt hatte, konnte sich die im zweiten Urteil aufgeworfene Frage nach der Auswirkung der Löschung auf die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin gar nicht stellen und war von keiner Instanz zu prüfen. Indem die Vorinstanz die Aktivlegitimation nach der Rückweisung auf einer anderen tatsächlichen Grundlage erneut beurteilt, obwohl das Bundesgericht ihren ursprünglichen Entscheid in diesem Punkt nicht kritisiert hat, verlässt sie den Rahmen des Rückweisungsentscheides und prüft den Anspruch unter Gesichtspunkten, welche vom Bundesgericht gar nicht in Erwägung gezogen worden sind. Das ist unzulässig (BGE 116 II 220 E. 4a S. 222 mit Hinweis; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 4C.86/2004 vom 7. Juli 2004, E. 1.2, publ. in sic! 11/2004 S. 854 f.). Daran vermag der von den Beschwerdegegnern 2-5 erhobene Einwand, bei der Löschung der Gesellschaft handle es sich um eine gerichtsnotorische Tatsache und beim aktualisierten Handelsregisterauszug lediglich um eine Aktualisierung eines klägerischen Aktenstückes, nichts zu ändern. Er geht an der zentralen Frage, was vom Rückweisungsentscheid erfasst wurde, vorbei. Ebenfalls unbehelflich sind die Ausführungen, wonach die Aktivlegitimation im Laufe des Verfahrens wegfallen könnte. Sollte die Löschung die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin tatsächlich beeinflussen, wäre diese Wirkung bereits vor dem ersten Entscheid der Vorinstanz eingetreten. War die Löschung im ersten Entscheid nicht festgestellt, konnte sie das Bundesgericht auch im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht berücksichtigen.

1.5 Ob eine Berücksichtigung allenfalls zulässig wäre, wenn die nachträgliche Entdeckung der Löschung einen Revisionsgrund bilden würde (vgl. Art. 123 BGG), kann offen bleiben. Dass die Voraussetzungen für eine Revision gegeben wären, geht aus dem angefochtenen Entscheid nicht hervor. Insbesondere dürfte sich auf neu in Erfahrung gebrachte Umstände nur berufen, wem diese trotz hinreichender Sorgfalt im Prozess verborgen blieben. An genügender Sorgfalt mangelt es, wenn die Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel auf Nachforschungen zurückzuführen ist, die bereits im früheren Verfahren hätten angestellt werden können und müssen (Seiler/von Werdt/ Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], N. 8 zu Art. 123 BGG). Dass es einer Prozesspartei unmöglich war, eine bestimmte Tatsache bereits im früheren Verfahren vorzubringen, ist nur mit Zurückhaltung anzunehmen, da der Revisionsgrund der unechten Noven nicht dazu dient, bisherige Unterlassungen in der Prozessführung wieder gutzumachen (vgl. Escher, Basler Kommentar, N. 8 zu Art. 123 BGG). Die Löschung der Gesellschaft vom 24. April 1997 wurde im Handelsregister publiziert. Demnach hätten die Beschwerdegegner die entsprechende Information ohne weiteres bereits im ersten kantonalen Verfahren beibringen können. Dass die Beschwerdeführerin in ihren Rechtsschriften allenfalls einen veralteten Handelsregistereintrag eingereicht hat, vermag daran nichts zu ändern. Die vom Beschwerdegegner 1 zitierte Rechtsprechung, wonach die Nichteinsicht in das Handelsregister dem Gutgläubigen namentlich dann nicht schadet, wenn die Gegenpartei zum guten Glauben an eine vom Registereintrag abweichende Rechtsgrundlage Anlass gegeben hat (BGE 106 II 346

E. 4a S. 351 mit Hinweis), ist nicht einschlägig. Ohnehin betrifft die zitierte Rechtsprechung nur die Tragweite der Publizitätswirkung nach Art. 933 Abs. 1 OR und damit die Frage, ob die Beschwerdegegner mit dem Vorbringen, sie hätten von der Löschung nichts gewusst, zuzulassen sind. Dass die Beschwerdegegner tatsächlich nichts von der Eintragung gewusst haben, genügt aber keinesfalls, um die Revision zuzulassen. Diese ist trotz der Unkenntnis ausgeschlossen, wenn die Beschwerdegegner die Löschung bereits im Verlaufe des ersten kantonalen Verfahrens hätten erkennen können und müssen. Da der eingereichte Auszug nicht mehr aktuell ist, hätten sie Anlass gehabt und jederzeit prüfen können, ob sich seit dessen Ausstellung Veränderungen ergeben haben. Die Voraussetzungen, unter denen eine Revision zulässig sein könnte, sind nicht gegeben.

1.6 Auch soweit der Beschwerdegegner 1 mit Blick auf die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin verneint, kann er nach dem Gesagten nicht durchdringen, da er in seiner Argumentation voraussetzt, dass die Löschung einer Gutheissung der Klage entgegensteht. Diese Annahme trifft nicht zu.

1.7 Die Vorinstanz hat bezüglich des indirekten Schadens die notwendigen Ergänzungen des Sachverhalts, wie sie vom Bundesgericht in seinem Rückweisungsentscheid angeordnet worden waren, nicht vorgenommen. Daher erweist sich eine erneute Rückweisung als unumgänglich. Auch eine Klageabweisung nur mit Bezug auf bestimmte Beschwerdegegner, welche in den Beschwerdeantworten teilweise gefordert wird, scheidet mangels der notwendigen tatsächlichen Feststellungen aus.

2. Zu prüfen bleiben die Einwände der Beschwerdeführerin mit Bezug auf den unmittelbaren Schaden. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, die Beweiswürdigung der Vorinstanz sei offensichtlich unzutreffend und damit willkürlich. Die Vorinstanz habe zu Unrecht die Glaubwürdigkeit der Zeugen in Zweifel gezogen, aus deren Aussagen sich ergebe, dass die Beschwerdeführerin über die Zahlungsfähigkeit beziehungsweise die Überschuldung der Gesellschaft getäuscht worden sei. Eine angespannte finanzielle Situation bedeute einen Liquiditätsengpass und keine Überschuldung. Es spreche geradezu eine natürliche Vermutung dafür, dass niemand einer zahlungsunfähigen Gesellschaft auf Kredit liefere, da er ja keine Zahlung erhalten werde. Auch dass die Vorinstanz auf die Akten des durchgeführten Strafverfahrens abstellte, erachtet die Beschwerdeführerin als willkürlich. Im Zusammenhang mit der behaupteten Täuschung rügt sie überdies eine Bundesrechtsverletzung, da die Vorinstanz davon ausging, Voraussetzung für die Annahme einer Täuschung sei ein persönliches Handeln und damit ein Sozialkontakt der belangten Personen. Eine unerlaubte Handlung könne indessen auch ohne direkten Sozialkontakt begangen werden, beispielsweise im Rahmen einer Anstiftung.

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2.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhaltes kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252). Der Beschwerdeführer, der die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz anfechten will, kann sich nicht damit begnügen, den bestrittenen Feststellungen eigene tatsächliche Behauptungen gegenüberzustellen oder darzulegen, wie die Beweise seiner Ansicht nach zu würdigen gewesen wären. Das Bundesgericht ist keine letzte Appellationsinstanz, die von den Parteien mit vollkommenen Rechtsmitteln angerufen werden könnte (vgl. Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4342). Der Beschwerdeführer hat klar und substantiiert aufzuzeigen, inwiefern die gerügten Feststellungen bzw. die Unterlassung von Feststellungen offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 254 f.; 133 III 462 E. 2.4 S. 466 f.).

2.2 Willkürlich ist ein Entscheid nach konstanter Rechtsprechung nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen Entscheid wegen Willkür vielmehr nur auf, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dabei genügt es nicht, wenn sich nur die Begründung des angefochtenen Entscheides als unhaltbar erweist. Eine Aufhebung rechtfertigt sich nur dann, wenn der Entscheid auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211 mit Hinweisen).

2.3 Bezüglich der Glaubwürdigkeit der Zeugen berücksichtigte die Vorinstanz die Tatsache, dass ein Zeuge den Anwalt der Beschwerdeführerin bei der Ausarbeitung der Rechtsschriften instruiert hatte. Vor diesem Hintergrund ist es nicht willkürlich, wenn die Vorinstanz die Beweiskraft dieser Aussage relativierte, auch wenn der Zeuge, wie die Beschwerdeführerin ausführt, am 3. Januar 2002 aus ihrem Verwaltungsrat ausgeschieden ist. Ferner zog die Vorinstanz in Betracht, dass sich die Aussagen der Zeugen über die behauptete Täuschung nicht deckten. Von Willkür kann dabei keine Rede sein.

2.4 Die Vorinstanz kam zum Schluss, die finanziellen Probleme der Gesellschaft seien gegenüber der Beschwerdeführerin offen gelegt worden. Soweit dies zutrifft, ist eine Täuschung von vornherein ausgeschlossen, unabhängig davon, ob ein persönlicher Sozialkontakt bestand. Die Beschwerdeführerin legt ausführlich dar, wie ihrer Meinung nach die Glaubwürdigkeit der Zeugen einzuschätzen ist und welche Schlüsse aus den vorhandenen Beweismitteln zu ziehen sind. Derartige Ausführungen sind indessen bestenfalls geeignet aufzuzeigen, dass auch eine andere Lösung denkbar gewesen wäre. Sie genügen nicht, um die Beweiswürdigung der Vorinstanz als offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich auszuweisen.

2.5 Dass im Strafverfahren andere Fragen zu beurteilen sind als im Zivilverfahren, bedeutet nicht, dass die im Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse im Zivilprozess von vornherein nicht berücksichtigt werden dürften. Die Beschwerdeführerin kritisiert den aufgrund des Strafverfahrens festgestellten Sachverhalt, indem sie diesem ihre eigene Auffassung entgegensetzt, was zur Begründung eines Willkürvorwurfes nicht ausreicht. Sie zeigt nicht hinreichend auf, inwiefern sich die Übertragung der Erkenntnisse aus dem Straf- auf das Zivilverfahren zufolge der unterschiedlichen Fragestellungen als unstatthaft erweist.

2.6 Soweit die Beschwerdeführerin ausführt, einer zahlungsunfähigen Gesellschaft würde niemand auf Kredit liefern, blendet sie wesentliche Gesichtspunkte aus. Gerade wenn bereits substantielle Ausstände bestehen, kann ein Gläubiger ein vitales Interesse daran haben, den Zusammenbruch einer Gesellschaft zu verhindern, in der Hoffnung, durch eine geglückte Sanierung Verluste zu vermeiden. Auch dieses Argument genügt mithin nicht, um den angefochtenen Entscheid als willkürlich auszuweisen.

2.7 Die Beschwerdeführerin macht zwar geltend, es sei willkürlich, aus der Kenntnis der Liquiditätsprobleme auf die Kenntnis einer Überschuldungssituation zu schliessen. Dass mangelnde Liquidität und Überschuldung nicht gleichzusetzen sind, ändert indessen nichts daran, dass die mangelnde Liquidität einen Hinweis auf ernste finanzielle Probleme einer Gesellschaft bilden kann. Wenn die Vorinstanz gestützt auf die Aussagen der Zeugen und die eingereichte Korrespondenz zwischen der Beschwerdeführerin und der Gesellschaft davon ausgeht, es sei keine Täuschung nachgewiesen, ist dies nicht offensichtlich unhaltbar, zumal sie dabei auch die Ergebnisse des Strafverfahrens heranzog. Insoweit erweist sich die Beschwerde als unbegründet.

3. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen. Bezüglich des indirekten Schadens ist der angefochtene Entscheid aufzuheben, und die Vorinstanz wird die bereits im ersten Rückweisungsentscheid angeordnete Sachverhaltsergänzung betreffend den indirekten Schaden vorzunehmen haben. Es kann vollumfänglich auf den ersten Rückweisungsentscheid verwiesen werden, dessen Anordnungen die Vorinstanz nicht nachgekommen ist. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerdeführerin dringt mit ihrer Beschwerde nur zum Teil durch, der Ausgang des Verfahrens ist offen. Dies rechtfertigt es, die Gerichtskosten je zur Hälfte der Beschwerdeführerin und den Beschwerdegegnern aufzuerlegen, wobei der Anteil des Beschwerdegegners 1 zufolge Bewilligung der

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unentgeltlichen Rechtspflege auf die Gerichtskasse genommen wird. Die Parteikosten sind wettzuschlagen, wobei dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners 1 ein Honorar aus der Gerichtskasse auszurichten ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit diese bezüglich des indirekten Schadens die im Rückweisungsentscheid 4C.366/2000 angeordneten Ergänzungen des Sachverhalts vornimmt. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 9'000.-- werden mit Fr. 4'500.-- der Beschwerdeführerin und mit je Fr. 750.-- den Beschwerdegegnern 1-6 auferlegt, wobei der Anteil des Beschwerdegegners 1 auf die Gerichtskasse genommen wird.

3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners 1 wird ein Honorar von Fr. 10'000.-- aus der Gerichtskasse ausgerichtet.

5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht von Appenzell Ausserrhoden, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. Lausanne, 22. Mai 2008 Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Luczak

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Bundesgericht Tribunal fédéral Tribunale federale Tribunal federal

{T 0/2}

4A_384/2016

Urteil vom 1. Februar 2017

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung Bundesrichterin Kiss, Präsidentin, Bundesrichterinnen Klett, Hohl, Gerichtsschreiber Hurni.

Verfahrensbeteiligte A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Peter Rösler, Beschwerdeführer,

gegen

1. B.________, 2. C.________, beide vertreten durch Rechtsanwalt Christian Heydecker, Beschwerdegegner.

Gegenstand aktienrechtliche Verantwortlichtkeit,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 28. Januar 2016.

Sachverhalt:

A.Dr. A.________ (Beklagter und Beschwerdeführer) wurde an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 14. Dezember 2006 zum alleinigen Verwaltungsrat der in U.________ domizilierten D.________ gewählt. Dr. C.________ (Kläger 2 und Beschwerdegegner 2) gewährte der D.________ AG Anfang 2007 ein zu 5.5 % verzinsliches Darlehen von maximal EUR 600'000.--. Mit Entscheid vom 15. Januar 2009 eröffnete der Präsident des Bezirksgerichts Arbon über die D.________ AG den Konkurs. Am 17. März 2009 wurde das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt. Am 24. Juni 2009 wurde die D.________ AG von Amtes wegen im Handelsregister gelöscht.

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B.

B.a. Am 30. Juni 2010 erhoben Dr. C.________ und B.________ (Kläger 1 und Beschwerdegegner 1) als Gläubiger der im Handelsregister gelöschten D.________ AG gegen deren ehemaligen (alleinigen) Verwaltungsrat Dr. A.________ Klage beim Bezirksgericht Arbon. Sie beantragten, Dr. A.________ sei gestützt auf Art. 757 Abs. 2 OR i.V.m. Art. 754 OR zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, den er durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung seiner Pflichten verursacht habe. Der Gesamtschaden betrage Fr. 578'356.70, bestehend aus Passiven von Fr. 478'356.70 zuzüglich Fr. 100'000.-- Aktionärsdarlehen. Das Ergebnis sei vorab zur Deckung ihrer Forderungen gegenüber der D.________ AG von Fr. 472'245.95 (Dr. C.________) und Fr. 5'027.10 (B.________) zu verwenden. Mit Klageantwort vom 9. November 2010 beantragte Dr. A.________ die Abweisung der Klage und erhob eventualiter Widerklage mit dem Antrag, Dr. C.________ sei zu verurteilen, ihm den ganzen Betrag zu ersetzen, zu dessen Ausrichtung er verpflichtet werde. Mit Verfügung vom 1. Dezember 2010 trat der Vizepräsident des Bezirksgerichts Arbon auf die Widerklage nicht ein. Mit Entscheid vom 23. April 2015 hiess das Bezirksgericht die Klage teilweise gut und verurteilte Dr. A.________ dazu, Dr. C.________ EUR 144'724.03 zuzüglich 5 % Zins seit 15. Januar 2009 zu bezahlen. Im Mehrbetrag sowie in Bezug auf B.________ wies es die Klage ab.

B.b. Am 26. Mai 2015 erhob Dr. A.________ Berufung beim Obergericht des Kantons Thurgau mit dem Antrag, der Entscheid des Bezirksgerichts Arbon sei aufzuheben und die Klage sei abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei. Mit Berufungsantwort vom 17. August 2015 beantragten B.________ und Dr. C.________ die Abweisung der Berufung und erhoben Anschlussberufung mit dem Antrag, Dr. A.________ sei zu verurteilen, ihnen Fr. 315'514.88 zuzüglich 5 % Zins seit 15. Januar 2009 zu bezahlen. Mit Entscheid vom 28. Januar 2016 wies das Obergericht die Berufung ab. Die Anschlussberufung hiess es hingegen gut und reformierte den angefochtenen Entscheid dahingehend, dass es Dr. A.________ zur Zahlung von Fr. 315'514.88 nebst Zins zu 5 % seit dem 15. Januar 2009 an B.________ und Dr. C.________ verurteilte.

C.Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt Dr. A.________ dem Bundesgericht, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und die Klage sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. B.________ und Dr. C.________ beantragen in ihrer Beschwerdeantwort die Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz verlangt in ihrer Stellungnahme die Abweisung der Beschwerde. Die Parteien haben repliziert und dupliziert.

Erwägungen:

1.Die Beschwerde richtet sich gegen einen verfahrensabschliessenden Rechtsmittelentscheid eines oberen kantonalen Gerichts (Art. 75 BGG), ist innert der Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) von der mit ihren Rechtsbegehren unterlegenen Partei (Art. 76 BGG) eingereicht worden und bei der Streitsache handelt es sich um eine Zivilsache (Art. 72 BGG) mit einem Streitwert von über Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Auf die Beschwerde ist unter Vorbehalt rechtsgenüglicher Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG) einzutreten.

2.Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe die Aktivlegitimation der Beschwerdegegner zu Unrecht bejaht. Denn die angeblich geschädigte D.________ AG sei aus dem Handelsregister gelöscht worden, nachdem der über sie eröffnete Konkurs mangels Aktiven eingestellt worden sei. Mangels Gesellschaft gebe es nun aber auch keinen Schadenersatz "an die Gesellschaft" i.S.v. Art. 757 Abs. 1 OR und auch keine "Gesellschaftsgläubiger" mehr; es fehle eine "Konkursmasse", in die ein "Überschuss" gemäss Art. 757 Abs. 2 OR fallen könnte. Die Beschwerdegegner als angebliche Gesellschaftsgläubiger hätten spätestens im Hinblick auf die Geltendmachung des Verantwortlichkeitsanspruches die Wiedereintragung der D.________ AG im Handelsregister verlangen müssen. Der Text von Art. 757 Abs. 1 und 2 OR und dessen Sinn und Zweck wiesen nämlich darauf hin, dass eine Verantwortlichkeitsklage für die Konkursitin nur dann und solange zulässig sei, als diese im Handelsregister eingetragen sei.

2.1.

2.1.1. Nach Art. 754 Abs. 1 OR sind die Mitglieder des Verwaltungsrats und alle mit der Geschäftsführung oder mit der Liquidation befassten Personen sowohl der Gesellschaft als auch den einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern für den Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung ihrer Pflichten verursachen. Verantwortlichkeitsansprüche ausser Konkurs können sowohl von der Gesellschaft als auch von den einzelnen Aktionären geltend gemacht werden, wobei der Aktionärsanspruch nur auf Leistung an die Gesellschaft geht (Art. 756 Abs. 1 OR). Für mittelbar geschädigte Gläubiger gibt es keine Möglichkeit, ihren eigenen Reflexschaden mittels Individualklage geltend zu machen (BGE 131 III 306 E. 3.1.1 S. 310 f.).

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2.1.2. Nach der Konkurseröffnung ist in erster Linie der Konkursverwalter berechtigt, die Verantwortlichkeitsansprüche der konkursiten Gesellschaft gegenüber den verantwortlichen Organmitgliedern geltend zu machen. Verzichtet er darauf, können die Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger den Schaden der Gesellschaft gegenüber den verantwortlichen Organen einklagen (Art. 757 Abs. 1 und 2 OR) - dies mit der Besonderheit, dass der Erlös der Klage zunächst zur Deckung der Forderungen des klagenden Gläubigers dient (Art. 757 Abs. 2 Satz 2 OR; BGE 132 III 342 E. 2.1 S. 345). Art. 757 OR begründet nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung einen einheitlichen Anspruch der Gläubigergesamtheit (BGE 142 III 23 E. 4.4; 136 III 148 E. 2.3 S. 149; 132 III 564 E. 3.2.2 S. 570 mit Hinweisen; 117 II 432 E. 1b/ee-ff S. 439 f.), wobei der in Art. 757 Abs. 3 OR enthaltene Vorbehalt der Abtretung von Ansprüchen der Gesellschaft gemäss Art. 260 SchKG keine weiteren Rechte verleiht. In materiellrechtlicher Hinsicht besteht kein Unterschied zwischen dem Anspruch, den sich ein Gläubiger nach Art. 260 SchKG abtreten lässt, und demjenigen, den die Aktionäre oder Gläubiger direkt aus Art. 757 Abs. 1 und 2 OR erheben (Urteil 4A_449/2009 vom 8. Dezember 2009 E. 2.4, nicht publ. in: BGE 136 III 107; inwieweit ein Vorgehen gestützt auf Art. 757 Abs. 2 OR ebenfalls einer formellen Abtretung nach Art. 260 SchKG bedarf, konnte die Rechtsprechung bisher offen lassen: Urteile 4A_446/2009 vom 8. Dezember 2009 E. 2.4, nicht publ. in: BGE 136 III 107; 4C.263/2004 vom 23. Mai 2005 E. 1.2, nicht. publ. in: BGE 132

III 222). Der Gesellschaftsgläubiger macht den Anspruch aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit im Namen der Gläubigergesamtheit geltend, sei es gestützt auf Art. 757 OR oder nach Art. 260 SchKG (vgl. BGE 117

II 432 E. 1b/ff. S. 439 f.). Er tritt dabei als Prozessstandschafter, d.h. als Partei in eigenem Namen auf und nimmt die verfahrensrechtliche Stellung der Konkursmasse ein; die Masse ist nicht Partei, bleibt aber Rechtsträgerin der (behaupteten) Ansprüche (BGE 132 III 342 E. 2.2 S. 345 f., 564 E. 3.2.2; Urteil 4A_231/2011 vom 20. September 2011 E. 2).

2.1.3. Mit der Löschung einer sich in Liquidation befindenden Aktiengesellschaft im Handelsregister geht deren Rechtspersönlichkeit unter (BGE 132 III 731 E. 3.2 S. 733; Urteile 5A_65/2008 vom 15. Dezember 2008 E. 2.1; 4A_188/2008 vom 9. September 2008 E. 4.4). Damit fehlt der Rechtsträger des Verantwortlichkeitsanspruchs auf Ersatz des Gesellschaftsschadens und es stellt sich die Frage, ob dieser von den Gesellschaftsgläubigern dennoch gestützt auf Art. 757 Abs. 2 OR geltend gemacht werden kann: Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung können sich Gesellschaftsgläubiger auch dann noch auf Art. 757 Abs. 2 OR berufen, wenn das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt worden ist (BGE 110 II

396 E. 2 S. 397). Denn ein mangels Aktiven geschlossener Konkurs kann vom Konkursrichter wiedereröffnet werden, wenn nachträglich noch zur Masse gehörendes Vermögen der Gesellschaft entdeckt wird, z.B. ein Verantwortlichkeitsanspruch (BGE 110 II 396 E. 2 S. 397; Urteil 5A_306/2014 vom 17. Oktober 2014 E. 3.1 m.H.). Der Gesellschaftsgläubiger, der einen Verantwortlichkeitsanspruch gestützt auf Art. 757 Abs. 2 OR geltend machen will, kann zu diesem Zweck die Wiedereintragung der Aktiengesellschaft im Handelsregister verlangen (BGE 132 III 731 E. 3.2, 3.3 S. 734 f.; 110 II 396 E. 2 S. 397; Urteil 4A.3/1993 vom 29. Juli 1993 E. 1a). Damit wird der Rechtsträger des Verantwortlichkeitsanspruchs wieder konstituiert und dem Gesellschaftsgläubiger wird ermöglicht, zunächst eine Kollokation seiner Forderung gegenüber der Gesellschaft zu erwirken. Anschliessend kann er eine Abtretung des Prozessführungsrechts nach Art. 260 SchKG verlangen oder den Anspruch auf Ersatz seines mittelbaren Gläubigerschadens gestützt auf Art. 757 Abs. 2 OR geltend machen (vgl. BGE 132 III 731 E. 3.3 S. 734). Denn nur ein rechtskräftig kollozierter Gesellschaftsgläubiger ist zur aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsklage nach Art. 757 Abs. 2 OR befugt (BGE 136 III 322 E. 4.7 S. 333 m.H.). Mit der Wiedereintragung der Gesellschaft wird mithin die Grundlage geschaffen, um die zur Durchsetzung des mittelbaren Gläubigerschadens notwendigen Schritte einzuleiten (vgl. auch Urteil 4C.162/1998 vom 11. Dezember 1998 E. 4b, nicht publ. in: BGE 125 III 86).

2.2. Die Vorinstanz kam demgegenüber zum Schluss, dass eine Wiedereintragung der gelöschten Gemeinschuldnerin nicht notwendig sei. Wenn nämlich die Gesellschaft in Konkurs falle, so werde die Forderung, welche die Gesellschaft gegen das verantwortliche Organ hätte geltend machen können, gestützt auf Art. 757 Abs. 1 OR durch eine Forderung der Gläubigergemeinschaft ersetzt. Diese könne von einzelnen oder allen Gesellschaftsgläubigern eingeklagt werden, wenn die Konkursverwaltung sie nicht geltend mache. "In gewisser Weise" werde damit die Forderung der Gesellschaft eine solche der Gläubigergemeinschaft. Diese aber bestehe auch nach dem Untergang der juristischen Person noch mit der Rechtsfolge, dass sich an der fortbestehenden Prozessführungsbefugnis einzelner Gläubiger nichts ändere. Weiter komme hinzu, dass der aktivenlose Konkurs ein starkes Indiz dafür sei, dass die Gesellschaftsorgane besonders nachlässig und pflichtvergessen gewesen seien. Es wäre daher widersinnig, gerade diese Organe "aus formalistischen Erwägungen" vor der Verantwortlichkeitsklage zu schützen. Denn wenn der Konkurs mangels Aktiven eingestellt und die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht werde, könnten die Gesellschaftsorgane für ihre Handlungen und Unterlassungen nicht mehr belangt werden, was zu einem stossenden Ergebnis führte. Die Vorinstanz kam daher zum Schluss, dass die Beschwerdegegner ihren mittelbar erlittenen Schaden gestützt auf Art. 757 Abs. 1 und 2 OR auch ohne Antrag auf Wiedereintragung der D.________ AG geltend machen können. Die Konkursverwaltung habe mit der Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven auf die Geltendmachung der Ansprüche der Gesellschaft verzichtet, womit die Voraussetzungen von Art. 757 Abs. 2 OR erfüllt seien.

2.3. Diese Erwägungen sind unzutreffend: Der einheitliche Anspruch der Gläubigergesamtheit steht nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht in der Rechtszuständigkeit der Gläubigergesamtheit, sondern der Gemeinschuldnerin. Rechtsträgerin ist nach wie vor die konkursite Gesellschaft; ein Gesellschaftsgläubiger, der den Anspruch aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit gestützt auf Art. 757 OR im Namen der Gläubigergesamtheit geltend macht, tritt dabei lediglich als Prozessstandschafter auf. Fehlt

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aber der Rechtsträger der eingeklagten Forderung, ermangelt es dem als Prozessstandschafter klagenden Gläubiger der Aktivlegitimation, womit dessen Klage als unbegründet abzuweisen ist. Ohne Wiedereintragung der Gemeinschuldnerin waren die Beschwerdegegner vorliegend mithin nicht zur Geltendmachung des Gesellschaftsschadens legitimiert. Darüber hinaus fand im vorliegenden Fall noch gar kein Kollokationsverfahren statt, in dem die behaupteten Forderungen der Beschwerdegegner gegenüber der in Konkurs geratenen D.________ AG hätten kolloziert werden können. Die Beschwerdegegner können sich folglich auch nicht als rechtskräftig kollozierte Gläubiger ausweisen und sind auch aus diesem Grund nicht zur Erhebung der Verantwortlichkeitsklage nach Art. 757 Abs. 2 OR befugt. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hätte im vorliegenden Fall mithin kein Weg an einer Wiedereintragung der Gemeinschuldnerin im Handelsregister vorbei geführt. Denn nur dies hätte dem Konkursgericht erlaubt, den Konkurs über die D.________ AG neu zu eröffnen, in dem die Beschwerdegegner ihre Forderungen gegenüber der Gesellschaft hätten kollozieren lassen können.

2.4. Die Vorinstanz hat die Verantwortlichkeitsklage damit zu Unrecht gutgeheissen. Die Beschwerde ist begründet, der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Klage ist abzuweisen. Im Übrigen ist die Sache zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen (vgl. Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG).

3.Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdegegner unter solidarischer Haftbarkeit kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 sowie Art. 68 Abs. 2 und 4 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid wird aufgehoben und die Klage der Beschwerdegegner gegen den Beschwerdeführer wird abgewiesen. Im Übrigen wird die Sache zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.Die Gerichtskosten von Fr. 6'500.-- werden den Beschwerdegegnern auferlegt (unter solidarischer Haftbarkeit und intern zu gleichen Teilen).

3.Die Beschwerdegegner haben den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 7'500.-- zu entschädigen (unter solidarischer Haftbarkeit und intern zu gleichen Teilen).

4.Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Februar 2017

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Hurni

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Urteilskopf

86 III 124

30. Entscheid vom 22. September 1960 i.S. Konkursamt Riesbach- Zürich.

Regeste

1. Welche Verfügungen unterliegen dem Rekurs an das Bundesgericht nach Art. 19 SchKG? (Erw. 1.) 2. Rekursbefugnis der Konkursverwaltung. (Erw. 2.) 3. Mit Vorbehalt der Vorschriften über die Bereinigung der Konkurspassiven (Kollokation; Art. 250 SchKG

und 66 KV) hat über Führung eines Prozesses oder Abschluss eines Vergleiches in der Regel die Gesamtheit der Gläubiger zu entscheiden. Kann es auch in einem nicht dringlichen Falle die Konkursverwaltung ausnahmsweise von sich aus tun? Jedenfalls dann nicht, wenn die Masse nach dem Vorschlag des Gegners ohne Prüfung seiner Beweismittel auf einen Teil ihres streitigen Anspruchs verzichten müsste. - Art. 207, 237 Abs. 3 Ziff. 3, 240, 243, 253 Abs. 2, 260 SchKG. (Erw. 3.)

Sachverhalt ab Seite 125

BGE 86 III 124 S. 125

A.- Anlässlich des Konkurses der Conrad Sigg A.-G. erteilte die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich dem Konkursamt Riesbach-Zürich am 9. März 1960 die Weisung, "künftig in allen Fällen sowohl die Frage der Geltendmachung als des Verzichts auf streitige Ansprüche der Gläubigergesamtheit zu unterbreiten, sei es an der 2. Gläubigerversammlung, sei es - bei fehlender Beschlussfähigkeit und im summarischen Verfahren (hier ohne Aussonderungsansprüche, Art. 49 KV) - auf dem Zirkularweg."

B.- In dem vom nämlichen Konkursamt im summarischen Verfahren durchzuführenden Konkurs der Firma Fluri & Cie ist streitig, ob der Restbetrag eines Guthabens, das die Gemeinschuldnerin seinerzeit einer Bank und hernach der Firma Hefti & Cie abgetreten hatte, nun zum Konkursvermögen gehöre oder aber der zweiten Zessionarin zustehe. Die Bank hat diesen Restbetrag von rund Fr. 1200.-- gemäss ihrer Abrechnung frei gegeben, doch erhebt nun die erwähnte zweite Zessionarin darauf Anspruch, mit der Begründung, die ihr erteilte Zession enthalte eine Abtretung auf den Überschuss.

C.- Das Konkursamt hat diesen Sachverhalt der Verwaltungskommission

BGE 86 III 124 S. 126

des Obergerichts unterbreitet, um mit der Firma Hefti & Cie "in eigener Kompetenz", ohne Befragung der Konkursgläubiger, einen Vergleich abschliessen zu können. Es hält die Ansprache der erwähnten Firma zwar nicht für begründet: "Hefti & Cie nehmen offenbar an, die Zession an die Bank sei bedingter Natur; bis heute konnten aber keine Anhaltspunkte dafür gegeben werden." Dennoch erscheine es für die Konkursmasse als vorteilhaft, das Vergleichsangebot der Ansprecherin, die sich mit einem Teilbetrag von Fr. 700.-- begnügen würde, anzunehmen. Die Firma knüpfe dieses Angebot jedoch an die Bedingung, dass die Konkursverwaltung es vorbehaltlos annehme, ohne darüber einen Gläubigerbeschluss herbeizuführen. Das Konkursamt hält dies - entgegen der Weisung der Oberbehörde vom 9. März 1960 - für zulässig. Es weist ausserdem auf die ungefähr Fr. 200.-- betragenden Kosten eines Zirkulars an die Gläubiger hin und bezeichnet einen solchen Aufwand als ungerechtfertigt. Der Antrag an die Oberbehörde lautet:

"Sie möchten im Hinblick auf die in Ihrer Anweisung enthaltene Wendung "künftig in allen Fällen" präzisieren, dass die Anweisung nicht in absolutem Sinne gilt, sondern dass auf den Einzelfall abzustellen ist, und dass insbesondere der vorgenannte Fall Fluri & Cie nicht unter jene Anweisung (zur Befragung der Gläubiger) fällt."

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D.- Mit Bescheid vom 24. August 1960 hat die angegangene Behörde die nachgesuchte Erlaubnis nicht erteilt. Der Bescheid führt aus, ob die Zustimmung der Gläubiger zum Abschluss des vorgeschlagenen Vergleichs erforderlich sei, hange einzig von den gesetzlichen Bestimmungen ab. Eine von der Gegenpartei gestellte Bedingung könne daran nichts ändern. Die Behörde halte an ihrer Weisung vom 9. März 1960 fest. Es habe dabei nicht die Meinung, ein Gläubigerbeschluss sei nur in bedeutsameren Fällen erforderlich. Übrigens sei der in Frage stehende Anspruch nicht geringfügig.

E.- Gegen diesen Bescheid hat das Konkursamt Riesbach-Zürich namens der Konkursmasse F. Fluri & Cie an

BGE 86 III 124 S. 127

das Bundesgericht rekurriert mit dem Antrag auf Feststellung, "dass wir für die Geltendmachung des eingangs genannten streitigen Anspruches durch die Masse keinen Gläubigerbeschluss benötigen."

Erwägungen

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Allgemeine Weisungen, die eine kantonale Aufsichtsbehörde einem oder mehreren, allenfalls sämtlichen ihm unterstellten Ämtern erteilt, haben grundsätzlich nicht als weiterziehbare Entscheide im Sinne des Art.

19 SchKG zu gelten (BGE 35 I 478/79 = Sep.-Ausg. 12 S. 98/99; BGE 82 III 77 Erw. 6 und BGE 83 III 3). Anders verhält es sich jedoch, wenn die Aufsichtsbehörde, sei es auch ohne mit einer Beschwerde oder einem Rekurs befasst zu sein oder ausserhalb der mit einem solchen Rechtsmittel gestellten Anträge, kraft ihres Aufsichtsrechtes (Art. 13 SchKG) in ein hängiges Vollstreckungsverfahren eingreift (BGE 43 III 279). Das trifft hier zu; denn die Vorinstanz hat auf Gesuch der Konkursverwaltung eine bestimmte Anordnung getroffen, nämlich die Konkursverwaltung angewiesen, das Vergleichsangebot der Firma Hefti & Cie der Gläubigergesamtheit durch Zirkular zur Beschlussfassung zu unterbreiten.

2. Um Interessen der Konkursmasse, d.h. der Gesamtheit der Gläubiger, zu verfechten, steht der Konkursverwaltung das Recht zu Beschwerde und Rekurs zu (BGE 75 III 21 Erw. 1). Im vorliegenden Rekurs wird geltend gemacht, der angefochtene Bescheid verletze solche Interessen in gesetzwidriger Weise. Somit ist auf den Rekurs einzutreten.

3. Die Vorinstanz ist der Ansicht, über die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen der Konkursmasse und ebenso über den Abschluss von Vergleichen über solche Ansprüche habe stets die Gläubigergesamtheit zu beschliessen, sei es in der zweiten Gläubigerversammlung, sei es (was im summarischen Verfahren die Regel bildet,

BGE 86 III 124 S. 128

Art. 96 lit. a KV) auf dem Zirkularwege. Die Konkursverwaltung ist damit einverstanden, dass ein Verzicht nur von der Gläubigergesamtheit beschlossen werden könnte (mit Vorbehalt von Abtretungen gemäss Art.

260 SchKG). Sie hält jedoch dafür, die gerichtliche Geltendmachung und ebenso der Abschluss eines Vergleiches, sei es im Prozess oder auch schon vor dessen Anhebung, stehe ihr in eigener Kompetenz zu. Diese Frage braucht indessen hier nicht näher geprüft zu werden. Zu bemerken ist dazu nur, dass jedenfalls normalerweise Veranlassung besteht, die Frage der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen und auch eines Vergleichsabschlusses der Gläubigergesamtheit zu unterbreiten, wie dies Art. 207 SchKG für die schon vor Konkurseröffnung hängig gewordenen, die Konkursmasse berührenden Rechtssachen "mit Ausnahme dringlicher Fälle" ausdrücklich vorschreibt. Das obligatorische Konkursformular Nr. 5 sieht im übrigen ganz allgemein die "Erteilung von Prozessvollmacht" als Traktandum der (ersten oder zweiten) Gläubigerversammlung vor. Und wenn nach Art. 237 Abs. 3 Ziff. 3 SchKG die Gläubigerversammlung einem allfällig ernannten Gläubigerausschuss die Befugnis zum Abschluss von Vergleichen erteilen kann (worauf die für Kollokationsprozesse geltende Vorschrift des Art. 66 Abs. 3 KV Bezug nimmt), so geht das Gesetz offensichtlich davon aus, jedenfalls in der Regel habe die Gläubigerversammlung selbst (bezw. die Gläubigergesamtheit durch Zirkularbeschluss) über den Abschluss eines Vergleiches zu befinden. Nichts Abweichendes folgt aus Art. 240 SchKG, wonach die Konkursverwaltung die Masse vor Gericht vertritt. Dies hat eben auch dann zu geschehen, wenn die Prozessführung von der Gläubigerversammlung beschlossen worden ist, und besagt nichts darüber, ob und wann die Konkursverwaltung aus eigenem Entschluss gerichtlich vorgehen dürfe. Art. 243 Abs. 1 SchKG bezieht sich sodann ausdrücklich nur auf unbestrittene fällige Guthaben der Masse und fasst keine andern rechtlichen Massnahmen als Betreibungen ins Auge (mit Einschluss

BGE 86 III 124 S. 129

der Einleitung betreibungsrechtlicher Zwischenverfahren, namentlich auf Rechtsöffnung; vgl. A. ZIEGLER in BlSchK 4 S. 71). Daraus endlich, dass Abtretungen nach Art. 260 SchKG nur zulässig sind nach einem von der Gläubigergesamtheit für die Masse beschlossenen Verzicht, lässt sich nicht folgern, der Entschluss zur Prozessführung durch die Masse brauche dagegen überhaupt nicht von der Gläubigergesamtheit (durch Mehrheitsbeschluss) gefasst zu werden. Vielmehr kann sich angesichts der umfassenden Entscheidungsbefugnis der zweiten Gläubigerversammlung (Art. 253 Abs. 2 SchKG) nur fragen, ob der Konkursverwaltung ein gewisses Ermessen zustehe, von der Herbeiführung eines Gläubigerbeschlusses

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auch in nicht dringlichen Fällen (wie der vorliegende einer ist, nach der einleuchtenden Begründung der Vorinstanz) dann abzusehen, wenn sie des Erfolges sicher ist und die für das geplante Vorgehen erforderlichen Mittel vorhanden sind. Selbst wenn man aber von einem solchen Ermessen der Konkursverwaltung ausgeht, lässt sich die vorinstanzliche Anordnung nicht beanstanden. Denn die Aufsichtsbehörde konnte und musste ihr eigenes Ermessen bei der ihr anheim gegebenen Entscheidung walten lassen. Und rechtswidrig war es keineswegs, die Gläubigerbefragung anzuordnen.

Im übrigen kann der Vergleichsabschluss, wie ihn die Konkursverwaltung vorhat, unter den gegebenen Umständen nicht als ernstliche Geltendmachung des streitigen Anspruches gelten. Freilich ist die gütliche Beilegung eines Streitfalles, zumal nach Beweisführung im gerichtlichen Verfahren, grundsätzlich als eine Art der Geltendmachung des Anspruches zu betrachten. Man hat es hiebei - abgesehen von Kollokationsstreitigkeiten, wofür die besondern Vorschriften des Art. 66 KV gelten - nicht mit einem Verzicht im Sinne des Art. 260 SchKG zu tun. Die Gläubigergesamtheit kann daher einem solchen Vergleich auch ohne Vorbehalt von Abtretungen an einzelne Gläubiger zustimmen (BGE 52 III 67 unten; bisweilen wird gleichwohl die Möglichkeit von Abtretungen vorbehalten, etwa in der

BGE 86 III 124 S. 130

Weise, dass dahingehenden Begehren nur bei Sicherstellung des der Masse nach dem Vergleich zukommenden Betreffnisses entsprochen werde; vgl. BGE 67 II 100, BGE 78 III 138). Im vorliegenden Falle gedenkt die Konkursverwaltung nun aber den grössern Teil der streitigen Forderung von Fr. 1200.--, nämlich Fr. 700.--, kampflos, und ohne auch nur die gegnerischen Akten einzusehen und zu prüfen, preiszugeben, obwohl nach ihren eigenen Ausführungen in der Eingabe an die Vorinstanz und in der Rekursschrift (S. 2) für die "offenbare" Annahme der Gegnerin, die vorausgegangene Zession an die Bank sei bedingter Natur, "bis heute keine Anhaltspunkte gegeben werden konnten". Es liegt somit ein reiner (Teil-) Verzicht vor, wie ihn auf alle Fälle nur die Gläubigergesamtheit, und auch sie nur unter Vorbehalt von Abtretungen nach Art. 260 SchKG, aussprechen darf (BGE 71 III 137 Erw. 2). Vollends ist bei dieser Sachlage nicht einzusehen, wieso in der auf Wahrung der Gläubigerrechte abzielenden Entscheidung der Vorinstanz eine Beschwerung eben der Gläubigergesamtheit und damit der Konkursmasse liegen soll. Vielmehr hätte jeder einzelne Gläubiger Grund gehabt, eine gegenteilige Entscheidung anzufechten.

Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammmer:Der Rekurs wird abgewiesen.

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Urteilskopf

138 III 628

94. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. SA contre Masse en faillite de A. (recours en matière civile)

5A_170/2012 du 24 août 2012

Regeste a

Art. 17 SchKG; Berechtigung zur SchKG-Beschwerde. Berechtigung der ausländischen Konkursmasse zur SchKG-Beschwerde gegen den Entscheid,

Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse an einen kollozierten Gläubiger abzutreten (E. 4).

Regeste b

Art. 170 Abs. 1 und Art. 172 Abs. 1 IPRG; Art. 260 Abs. 1 und 2 SchKG; Art. 262 Abs. 2, Art. 144 Abs. 3 und Art. 131 Abs. 1 SchKG sowie Art. 85 KOV; Abtretung der Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse.

Teilweise Abtretung der Rechtsansprüche der Hilfskonkursmasse an die Pfandgläubiger (Art. 172 Abs. 1 lit. a IPRG) an Zahlungs statt und Abtretung des Überschusses an die privilegierten Gläubiger (Art. 172 Abs. 1 lit. b IPRG) beziehungsweise an die ausländische Konkursmasse, wenn es an solchen Gläubigern fehlt (E. 5).

Sachverhalt ab Seite 629

BGE 138 III 628 S. 629

A. Par jugement du 11 décembre 2007, le Tribunal d'arrondissement de B. (Pologne), a prononcé la faillite de la société polonaise à responsabilité limitée A. Le 24 juin 2010, sur requête du syndic de la masse en faillite de ladite société, le Tribunal de première instance du canton de Genève a, conformément aux art. 166 ss LDIP (RS 291), reconnu en Suisse le jugement de faillite en question et ordonné l'exécution de la faillite ancillaire.

Le dépôt de l'état de collocation et de l'inventaire, sur lequel figuraient, à son point 1, deux créances à l'encontre de Z. SA et Y. SA pour les sommes de 12'155'747.16 USD et 49'437.75 PLN (17'521.18 USD), a été annoncé par publication dans la Feuille officielle suisse du commerce (FOSC) du 27 avril 2011. X. SA est la seule créancière à avoir été admise à l'état de collocation en "gage mobilier" pour une créance de 1'576'756 fr. 49 garantie par le nantissement des créances de A. figurant au chiffre 1 de l'inventaire, créances qui sont sises en Suisse en vertu de l'art. 167 al. 3 LDIP.

B. Par circulaire du 28 juin 2011, l'office a demandé à X. SA, seule créancière colloquée, si elle renonçait à ce que l'administration procède au recouvrement des créances portées au chiffre 1 de l'inventaire et lui a offert la cession des droits de la masse conformément à l'art. 260 LP, cession que celle-ci a acceptée par courrier du 5 juillet 2011.

BGE 138 III 628 S. 630

Par décision du 9 février 2012, la Cour de justice du canton de Genève, autorité de surveillance des Offices des poursuites et faillites, a, sur plainte de la masse en faillite polonaise, annulé la décision de l'office du 28 juin 2011 et a invité celui-ci à céder les droits de la masse ancillaire à la masse en faillite étrangère.

C. Par arrêt du 24 août 2012, le Tribunal fédéral a partiellement admis le recours en matière civile formé par X. SA contre cet arrêt et a invité l'Office des faillites de Genève à donner en paiement à celle-ci les créances de A. contre Z. SA et Y. SA à concurrence de 1'576'756 fr. 49 et à en céder le solde à la masse en faillite étrangère.

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(résumé)

Erwägungen

Extrait des considérants:

4. La recourante conteste tout d'abord la qualité de l'administration de la masse étrangère pour former plainte contre la décision de l'administration de la masse ancillaire de céder des droits à un créancier colloqué.

La qualité pour porter plainte selon l'art. 17 LP est reconnue à toute personne lésée ou exposée à l'être dans ses intérêts juridiquement protégés, ou à tout le moins atteinte dans ses intérêts de fait, par une mesure ou une omission d'un organe de la poursuite (ATF 138 III 219 consid. 2.3; ATF 129 III 595 consid. 3; ATF 120 III 42 consid. 3). En cas de faillite internationale, une fois que la faillite ancillaire a été ouverte (art. 170 al. 1 LDIP), l'office suisse des faillites est exclusivement compétent pour administrer et réaliser les droits patrimoniaux du débiteur commun en Suisse à l'exclusion de l'administration de la faillite étrangère (ATF 135 III 40 consid. 2.5.1; ATF 137 III 631 consid. 2.3.3). Cela étant, dès lors que la masse de la faillite étrangère invoque qu'elle a un droit à obtenir une cession, même partielle, des droits de la masse ancillaire, son intérêt à former plainte contre une décision de céder l'entier de ceux-ci à un créancier colloqué ne fait aucun doute.

5. La question litigieuse est de savoir si tous les créanciers colloqués dans la faillite ancillaire (art. 172 al. 1 let. a et b LDIP) ou si seuls les créanciers privilégiés (art. 172 al. 1 let. b LDIP) peuvent obtenir la cession de prétentions avant que celle-ci ne soit proposée à l'administration de la faillite étrangère.

5.1 En vertu de l'art. 170 al. 1 LDIP, la reconnaissance de la décision de faillite rendue à l'étranger a, en principe, les effets de la faillite tels que les prévoit le droit suisse pour tout le patrimoine du débiteur sis

BGE 138 III 628 S. 631

en Suisse. La procédure en Suisse est désignée par le terme de "faillite ancillaire". Par le mécanisme particulier de cette mini-faillite, le droit international suisse de l'exécution forcée tend à assurer la protection des créanciers gagistes dont le gage est situé en Suisse et celle des créanciers privilégiés domiciliés en Suisse (ATF 134 III 366 consid. 5.1.2 et les références citées). Les effets de la faillite ancillaire sont régis par le droit suisse, à savoir la LP, sauf dispositions contraires de la LDIP (art. 170 al. 1 LDIP).

Dans la faillite ancillaire en Suisse, les actifs servent en premier lieu à payer les créanciers gagistes désignés à l'art. 219 LP et les créanciers non gagistes privilégiés qui ont leur domicile en Suisse (art. 172 al. 1 LDIP). Un solde éventuel est remis à la masse en faillite étrangère ou à ceux des créanciers qui y ont droit (art. 173 al. 1 LDIP). Toutefois, ce solde ne peut être remis qu'après reconnaissance de l'état de collocation étranger (art. 173 al. 2 LDIP). Lorsque cet état ne peut pas être reconnu, le solde n'est pas remis à la masse en faillite étrangère ou aux créanciers de la faillite principale, mais il est réparti entre les créanciers non privilégiés de la faillite ancillaire suisse (art. 174 al. 1 LDIP).

5.2 Selon la jurisprudence, lorsque la masse en faillite ancillaire renonce à réaliser une prétention, l'art. 260 LP s'applique et chacun des créanciers peut en demander la cession. A défaut de créanciers, la prétention peut être cédée à l'administration de la faillite étrangère (ATF 137 III 374 consid. 3 et les références citées). Le Tribunal fédéral a considéré que l'art. 171 LP prévoit expressément que la masse étrangère peut faire valoir des prétentions révocatoires, mais que cette disposition a pour seul but de clarifier la qualité pour agir de l'administration de la faillite étrangère, les art. 260, 285 ss et 214 LP étant déjà applicables à la faillite ancillaire par le renvoi de l'art. 170 al. 1 LDIP (ATF cité; s'agissant des prétentions fondées sur l'art. 214 LP, cf. BERTI, in Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2e éd. 2007, n° 14 ad art. 171 LDIP; BRACONI, in Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, n° 3 ad art. 171 LDIP; KAUFMANN-KOHLER/SCHÖLL, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 4 ad art. 171 LDIP). Il a jugé qu'il en allait donc de même des autres prétentions que la masse ancillaire renoncerait à recouvrer (art. 170 al. 1 LDIP). Dans cet arrêt, le Tribunal fédéral a appliqué l'art. 260 LP alors qu'il n'y avait pas de créanciers colloqués dans la faillite ancillaire et a admis, de manière générale, que lorsqu'aucun des créanciers colloqués ne demande la

BGE 138 III 628 S. 632

cession des droits litigieux, la cession peut être allouée à la masse étrangère (ATF cité).La question de savoir si les créanciers qui doivent renoncer à demander la cession sont les seuls

créanciers privilégiés (art. 172 al. 1 let. b LDIP) ou les créanciers gagistes et les créanciers privilégiés (art. 172 al. 1 let. a et b LDIP) n'a cependant jamais été expressément tranchée. Dans des obiter dicta, le Tribunal fédéral semble toutefois avoir admis que l'offre ne doit être faite qu'aux créanciers privilégiés (cf. ATF 135 III 666 consid. 3.2.1 qui mentionne les créanciers privilégiés, mais renvoie à l' ATF 135 III 40consid. 2.5.1, qui lui retient le terme de créanciers colloqués, et l'arrêt 5A_483/2010 du 8 février 2011 consid. 2.2 où il est fait référence aux seuls créanciers privilégiés avec indication de l'art. 171 al. 1 let. b LDIP).

Il y a ainsi lieu d'examiner plus avant cette question qui est controversée en doctrine (pour une renonciation des seuls créanciers privilégiés au sens de l'art. 172 al. 1 let. b LDIP: cf. BRACONI, op. cit., n° 19 ad art. 171 LDIP; GEHRI/KOSTKIEWICZ, Anerkennung ausländischer Insolvenzentscheide in der Schweiz - ein neuer Réduit National?, RSDIE 2009 p. 215 s.; WÜTHRICH, Kann eine ausländische

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Konkursmasse in der Schweiz eine Klage gegen einen ihrer Schuldner mit Sitz oder Wohnsitz in der Schweiz einleiten?, Jusletter du 25 octobre 2004, n. 5; plus nuancé dès lors qu'ils ne font pas référence à l'art. 172 al. 1 let. b LDIP mais utilisent le terme de créanciers privilégiés: STAEHELIN, Konkurs im Ausland - Drittschuldner in der Schweiz, in Festschrift für Karl Spühler, Schweizerisches und internationales Zwangsvollstreckungsrecht, 2005, p. 416 s.; WALTHER, Paulianische Anfechtungsansprüche im internationalen Verhältnis - ausgewählte Probleme, in Internationales Zivilprozess- und Verfahrensrecht V, 2005, p. 97; pour une renonciation de tous les créanciers colloqués: cf. BERTI, op. cit., n° 9 ad art. 171 LDIP; BOMMER, Die Zuständigkeit für Widerspruchs- und Anfechtungsklagen im internationalen Verhältnis, 2001, p. 158; BREITENSTEIN, Internationales Insolvenzrecht der Schweiz und der Vereinigten Staaten, 1990, n. 308; DUTOIT, Droit international privé suisse, Commentaire de la LDIP, 4e éd. 2005, n° 1 ad art. 171 LDIP; GILLIÉRON, Les dispositions de la nouvelle loi fédérale sur le droit international privé sur la faillite internationale, 1991, [ci-après: Dispositions], p. 100;JUCKER, Der internationale Gerichtsstand der schweizerischen paulianischen Anfechtungsklage, 2007, p. 332; KAUFMANN-KOHLER/SCHÖLL, op. cit., n° 15 ad art. 171 LDIP; THEUS SIMONI, Englische, walisische und

BGE 138 III 628 S. 633

französische Konkursverwalter in der Schweiz, 1997, p. 351; VOLKEN, in Zürcher Kommentar zum IPRG, 2004, n° 17 ad art. 171 LDIP).

5.3 Il convient tout d'abord d'examiner quelle est, en général, la position des créanciers garantis par gage dans la faillite de la LP, ainsi que la portée de l'art. 260 LP.

5.3.1 Lorsqu'un débiteur est déclaré en faillite, ses biens sur lesquels il existe un gage entrent dans la masse en faillite, sous réserve des droits de préférence du créancier gagiste (art. 198 LP). Le produit de la réalisation du gage doit profiter audit créancier dans une mesure rigoureusement identique à ce qui serait survenu si ce gage avait été réalisé indépendamment de la procédure de liquidation; sa réalisation n'est placée dans les mains de l'administration de la faillite que dans la mesure où un excédent éventuel doit revenir à la masse (arrêt 7B.172/2002 du 12 novembre 2002 consid. 2; STAEHELIN, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 2e éd. 2010 [ci-après: Basler Kommentar], n° 38 ad art. 262 LP;JEANDIN/ CASONATO, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 32 ad art. 262 LP; JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 4e éd. 1997/99, n° 9 ad art. 262 LP). Inversement, la masse en faillite ne doit pas payer les frais de la réalisation des gages (STAEHELIN, Basler Kommentar, n° 41 ad art. 262 LP).

Les créances garanties par un gage sont colloquées par préférence sur le produit de ce gage (art. 219 al. 1 LP). Ainsi, le produit de la réalisation de ce gage sert à couvrir en premier lieu les frais d'inventaire, d'administration, de réalisation et de distribution dudit gage (art. 262 al. 2 et 144 al. 3 LP), puis les prétentions garanties par le gage et admises au passif (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, vol. III, 2001 [ci-après:Commentaire], n° 30 ad art. 261 LP). Conformément à l'art. 85 del'ordonnance du 13 juillet 1911 sur l'administration des offices de faillite (OAOF; RS 281.32), le tableau de distribution de la faillite indique en premier lieu, d'une manière précise, pour chaque objet remis en gage, le produit de sa réalisation ainsi que les frais d'inventaire, d'administration et de réalisation auxquels il a donné lieu, frais qui doivent être prélevés sur ce produit (art. 85 premier tiret OAOF). Ce n'est que s'il reste un excédent après le paiement des frais et le remboursement intégral des créances garanties par gage que cet excédent est versé au compte général de réalisation de l'actif; si, au

BGE 138 III 628 S. 634

contraire, la réalisation n'a pas suffi pour désintéresser les créanciers gagistes, ceux-ci seront inscrits dans les classes une à trois pour le montant dont ils restent à découvert, lorsque le failli était personnellement obligé au paiement de leurs créances (art. 85 2

e tiret OAOF).En conséquence, à moins que le failli ne se soit personnellement obligé à l'égard du créancier (gagiste),

celui-ci n'est pas colloqué dans les classes de l'art. 219 al. 4 LP.

5.3.2 En vertu de l'art. 260 LP, si l'ensemble des créanciers renonce à faire valoir une prétention, chacun d'eux peut en demander la cession à la masse (al. 1); le produit, déduction faite des frais, sert à couvrir les créances des cessionnaires dans l'ordre de leur rang et l'excédent est versé à la masse (al. 2).

L'office accorde la cession à tous les créanciers de la masse qui la demandent. Le droit d'obtenir une cession des droits de la masse au sens de l'art. 260 LP est lié ex lege à la qualité d'intervenant du créancier colloqué (ATF 55 III 65 consid. 2; GILLIÉRON, Commentaire, n° 15 ad art. 260 LP). Ainsi, chaque créancier porté à l'état de collocation a le droit de requérir et d'obtenir la cession des droits de la masse aussi longtemps que sa créance n'a pas été définitivement écartée de l'état de collocation à la suite d'un procès intenté conformément à l'art. 250 LP (ATF 128 III 291 consid. 4; BERTI, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. I, 2e éd. 2010, n° 28 ad art. 260 LP; GILLIÉRON, Commentaire, n° 42 ad art. 260 LP; JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, op. cit., n° 2 ad art. 260 LP; JEANNERET/CARRON, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 15 ad art. 260 LP). Chaque créancier cessionnaire se voit transférer, à titre individuel, le droit d'agir (Prozessführungsrecht) à la place de la masse, en son propre nom, pour son propre compte et à ses propres risques, mais il ne devient pas le titulaire de la prétention de droit matériel, qui continue d'appartenir à la masse (ATF 132 III 342 consid. 2.2; ATF 121 III 488 consid. 2a et 2b; arrêt 5A_169/2008 du 29 janvier 2009 consid. 2.3.2, non publié in ATF 135 III 321; HOHL, Procédure civile, tome I, 2001, n. 543). Lorsque plusieurs créanciers cessionnaires font valoir en justice la prétention cédée, ils forment une consorité nécessaire (ATF 136 III 534 consid. 2.1; ATF

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121 III 488 consid. 2). Le créancier cessionnaire a la faculté d'agir: il n'est pas obligé d'intenter action; s'il laisse s'écouler le délai qui lui a été fixé sans agir, la cession ne devient caduque que pour autant que l'administration de la faillite la révoque (ATF 121 III 291 consid. 3c; arrêt

BGE 138 III 628 S. 635

5C.194/2001 du 25 février 2002 consid. 5a, in SJ 2002 I p. 494). Il peut conclure une transaction extrajudiciaire ou judiciaire (ATF 102 III 29; HOHL, op. cit., n. 546).

5.3.3 Le créancier garanti par un gage n'est pas un créancier de la "masse générale", à moins que le failli ne soit personnellement tenu envers lui (art. 85 2

e tiret OAOF), auquel cas le solde de sa créance est colloqué, s'il n'est pas privilégié, en 3e classe (art. 219 al. 4 LP).

5.4 Dans la faillite ancillaire, ne sont colloqués que deux types de créanciers: les créanciers gagistes (art. 172 al. 1 let. a LDIP) et les créanciers non-gagistes privilégiés qui ont leur domicile en Suisse (art. 172 al. 1 let. b LDIP). Le créancier gagiste n'est garanti que par le gage (art. 219 al. 1 LP): en effet, il n'est en principe pas simultanément un créancier de la masse ancillaire générale - à moins d'être également un créancier privilégié au sens de l'art. 172 al. 1 let. b LDIP, ce qui n'est pas le cas en l'espèce - puisque les créanciers de 3e classe, classe dans laquelle il serait colloqué si le failli était personnellement tenu envers lui, ne sont pas colloqués dans la faillite ancillaire.

Le système instauré par les art. 166 ss LDIP ne permet donc pas d'attribuer au créancier gagiste plus que le montant de sa créance. Il y a ainsi lieu d'appliquer par analogie les règles relatives à la poursuite en réalisation de gage (art. 156 et 131 LP). Selon l'art. 131 al. 1 LP, lorsque tous les créanciers gagistes le demandent, les créances du débiteur non cotées à la bourse ou au marché leur sont données en paiement (dation en paiement; Hingabe an Zahlungsstatt). Une attribution partielle des créances du débiteur (Teil-Zession) suffit lorsque la créance du créancier gagiste est d'un montant inférieur à celles-là; le créancier n'est subrogé aux droits du débiteur que jusqu'à concurrence de sa créance (art. 131 al. 1, 2e phrase, LP; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 2008, § 27 n. 51 p. 260; BETTSCHART, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 15 ad art. 131 LP). Le reste des créances du débiteur est cédé aux créanciers privilégiés (art. 172 al. 1 let. b LDIP) conformément à l'art. 260 LP et, à défaut de tels créanciers, à la masse en faillite étrangère conformément à la jurisprudence (cf. supra consid. 5.2).

5.5 En l'espèce, la créance garantie par gage mobilier de la recourante se monte, selon l'état de collocation à 1'576'756 fr. 49. Elle doit être payée par le produit de la réalisation du gage et, dès lors que la recourante est la seule créancière gagiste, par remise à titre de dation

BGE 138 III 628 S. 636

en paiement des créances de A. contre Z. SA et Y. SA à concurrence de 1'576'756 fr. 49. Pour ce faire, il y aura lieu de convertir cette somme en USD, selon le site http://www.fxtop.com, qui donne les taux officiels diffusés par la Banque centrale européenne (cf. ATF 135 III 88 consid. 4.1 in fine), au moment de la dation en paiement.

L'objection formulée par l'intimée à toute cession doit être rejetée. En effet, elle invoque qu'il serait contraire à la bonne foi et à la ratio legis de l'art. 260 LP que la recourante, société mère de Z. SA, une des débitrices, obtienne des créances de la faillie. Elle requiert l'application analogique de la jurisprudence prohibant la cession des droits à un cessionnaire qui en est lui-même débiteur. Certes, la jurisprudence considère comme inadmissible la cession des droits à un cessionnaire qui est lui-même débiteur des droits cédés (ATF 54 III 211; 113 III 135 consid. 2b), mais on ne saurait simplement assimiler le cas d'espèce à cette situation. Il est tout à fait possible qu'une société mère puisse faire valoir une prétention contre sa société fille. L'intimée ne démontre d'ailleurs pas que les conditions d'une application du principe de la transparence seraient manifestement réalisées en l'espèce.

5.6 Le solde des créances de A. contre Z. SA et Y. SA inventoriées, soit 12'155'747.16 USD et 49'437.75 PLN représentant 17'521.18 USD, soit au total 12'173'268.34 USD - 1'576'756 fr. 49 à convertir en USD (cf. supra consid. 5.5), doit être cédé, faute de créanciers privilégiés au sens de l'art. 172 al. 1 let. b LDIP, à la masse en faillite étrangère.

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Urteilskopf

136 III 534

78. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Bank X. und Y. AG gegen Z. (Beschwerde in Zivilsachen)

5A_421/2010 vom 22. Oktober 2010

Regeste

Abtretung von Rechtsansprüchen nach Art. 260 Abs. 1 SchKG. Über den von mehreren Abtretungsgläubigern eingeklagten Anspruch der Masse kann nur einheitlich

entschieden werden (E. 2). Der Vorschlag der Konkursverwaltung an die Gläubiger, auf die Geltendmachung eines Anspruchs durch

die Masse zu verzichten, und die Aufforderung, für den Fall des Verzichts die Abtretung zu verlangen, können im gleichen Rundschreiben Platz finden (E. 3 und 4).

Sachverhalt ab Seite 534

BGE 136 III 534 S. 534

A. Am 13. Mai 2008 erhob die Bank X. beim Bezirksgericht Visp Klage gegen Z. und verlangte die Bezahlung von Fr. 241'297.80 nebst Zinsen. Am 19. Mai 2008 reichte die Y. AG beim Bezirksgericht ebenfalls Klage gegen Z. ein und verlangte die Bezahlung von Fr. 19'234.- nebst Zinsen. Beide Klägerinnen machen eine Forderung aus einem Beratungsverhältnis geltend, welche ihnen im Konkurs über A. nach Art.

260 SchKG abgetreten wurde.

B. Nach Vereinigung der Klagen und Beweisaufnahme durch das Bezirksgericht wurden die Akten am 21. Oktober 2009 zwecks Schlussverhandlung und Urteil an das Kantonsgericht des Kantons Wallis gesandt. Vor dem Kantonsgericht stellten die Bank X. und die Y. AG das Rechtsbegehren, dass Z. ihnen Fr. 241'297.80 zu bezahlen habe; weiter habe Z. ihnen einen (näher bezeichneten) Verzugszins zu bezahlen. Mit Urteil vom 16. April 2010 trat das Kantonsgericht infolge fehlender Prozessführungsbefugnis auf die Klagen nicht ein.

BGE 136 III 534 S. 535

C. Mit Eingabe vom 2. Juni 2010 führen die Bank X. und die Y. AG Beschwerde in Zivilsachen. Die Beschwerdeführerinnen (1 und 2) beantragen dem Bundesgericht, das Urteil des Walliser Kantonsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Sodann ("sekundär") verlangen sie, dass Z. zur Bezahlung der im kantonalen Verfahren bezeichneten Forderungen verpflichtet werde.

(...)Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut.(Auszug)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Das Kantonsgericht ist auf die Klagen der Beschwerdeführerinnen zufolge fehlenden Prozessführungsrechts nicht eingetreten. Mit Bezug auf die Klage der Beschwerdeführerin 2 hat es festgehalten, dass diese selbst im Falle des Eintretens abzuweisen wäre, da sie keine Tatsachenbehauptungen vorgebracht habe und sich nicht auf diejenigen der Beschwerdeführerin 1 berufen

Zurück

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könne. Zu prüfen ist, ob der angefochtene Entscheid auf mehreren selbständigen Begründungen beruht, die anzufechten sind (BGE 133 IV 119 E. 6.3 S. 120).

2.1 Die Beschwerdeführerinnen haben die gleiche, nach Art. 260 SchKG abgetretene Forderung (Inventaranspruch Nr. 116) eingeklagt. Die beiden Abtretungsgläubigerinnen stellen - wie die Vorinstanz festgehalten hat - eine (uneigentliche) notwendige Streitgenossenschaft dar (BGE 121 III 488 E. 2c S. 492). Wohl verlangt die Rechtsprechung von den Abtretungsgläubigern keine einheitliche Prozessführung (BGE

121 III 488 E. 2e S. 494). Über den eingeklagten Anspruch der Masse kann jedoch nur einheitlich entschieden werden (BGE 121 III 488 E. 2b S. 492). Daher ist nicht denkbar, dass für einen Teil der Abtretungsgläubiger aufgrund ihrer Behauptungen, Bestreitungen und Beweisanträge die Klage geschützt, gegenüber einem anderen Teil aber aufgrund fehlender Behauptungen die Klage abgewiesen würde (LEUENBERGER, Die Streitgenossenschaft der Abtretungsgläubiger nach Art. 260 SchKG, in: Festschrift Karl Spühler, 2005, S. 202).

2.2 Vorliegend hat das Kantonsgericht in der Eventualbegründung die Klage der Beschwerdeführerin 2 (mangels Tatsachenbehauptungen) abgewiesen; die Klage der Beschwerdeführerin 1 hat sie jedoch in der Sache nicht weiter beurteilt. Vor dem Hintergrund, dass nur ein einheitliches Urteil ergehen kann, weist das angefochtene Urteil

BGE 136 III 534 S. 536

demnach keine selbständig tragende Begründung über den eingeklagten Anspruch auf. Es genügt, wenn die Beschwerdeführerinnen sich gegen die Verweigerung der Prozessführung wenden. Auf ihre Kritik gegen die angeblich unzureichend begründete Klage der Beschwerdeführerin 2 ist nicht einzugehen.

3. Das Kantonsgericht hat das Prozessführungsrecht der Beschwerdeführerinnen als Abtretungsgläubigerinnen verneint mit der Begründung, dass die Abtretung gemäss Art. 260 SchKG nichtig sei. Die Konkursverwaltung habe den Konkursgläubigern im Gläubigerzirkular vom 26. März 2008 Frist angesetzt, um zur Frage des Verzichts auf Geltendmachung des Inventaranspruchs Nr. 116 durch die Konkursverwaltung Stellung zu nehmen, und ihnen gleichzeitig Frist angesetzt, um die Abtretung des betreffenden Anspruchs zu verlangen. Damit habe sie die Abtretung vor Vorliegen eines Verzichtsbeschlusses offeriert, was die Nichtigkeit der Abtretung zur Folge habe, so dass auf die Klagen nicht eingetreten werden könne.

Die Beschwerdeführerinnen halten demgegenüber fest, es sei nicht gesetzwidrig, wenn die Konkursverwaltung den Gläubigern im gleichen Zirkular den Verzicht der Geltendmachung eines Anspruchs durch die Masse vorschlage und die Abtretungsofferte unterbreite. Gestützt auf die gültige Abtretung müsse das Kantonsgericht auf die Klagen eintreten.

4. Anlass zur vorliegenden Beschwerde geben die Abtretungsverfügungen gemäss Art. 260 SchKG, auf welche die Beschwerdeführerinnen als Klägerinnen ihre Prozessbefugnis stützen. Es ist unbestritten, dass das Konkursamt des Bezirks Visp als Konkursverwaltung in dem im summarischen Verfahren durchgeführten Konkurs über A. den Beschwerdeführerinnen am 15. April 2008 die Forderung Inventar-Nr. 116 nach Art. 260 SchKG abgetreten hat. Nach dem Sachverhalt hatte das Konkursamt den Konkursgläubigern mit Schreiben vom 26. März 2008 das Folgende mitgeteilt:

"Wir beantragen den Konkursgläubigern, auf die Durchsetzung der sub Nr. 116 im Inventar aufgeführten Forderung gegen Dr. Z., Visp, durch die Masse zu verzichten und auch diesen Anspruch den Gläubigern im Sinne von Art. 260 SchKG zur Abtretung zu offerieren. Einsprachen und Abtretungsbegehren sind innert 10 Tagen ab Zustellung des vorliegenden Zirkularschreibens schriftlich an das Konkursamt Visp zu richten."

Umstritten ist, ob das Kantonsgericht die Abtretungen an die Beschwerdeführerinnen als unwirksam betrachten durfte.

BGE 136 III 534 S. 537

4.1 Die Abtretung an einzelne Konkursgläubiger setzt den Verzicht der Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung der abzutretenden Rechtsansprüche voraus (Art. 260 Abs. 1 SchKG). Wird der Konkurs - wie hier - im summarischen Verfahren durchgeführt und daher in der Regel keine Gläubigerversammlung einberufen (Art. 231 Abs. 3 Ziff. 1 SchKG), wird der Beschluss über den Verzicht grundsätzlich auf dem Zirkularweg oder durch Publikation herbeigeführt (BGE 134 III 75 E. 2.3 S. 78). Der Verzicht ist zwingende Voraussetzung für eine gültige Abtretung: Eine Abtretung oder Abtretungsofferte, die vor einem gültigen Verzichtsbeschluss an einzelne Gläubiger erfolgt, ist nichtig (BGE 79 III 6 E. 2 S. 12; zuletzt: BGE 134 III 75

E. 2.3 S. 78). Die Nichtigkeit ist auch im Abtretungsprozess von Amtes wegen zu beachten (BERTI, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. III, 1998, N. 22 zu Art. 260

SchKG).

4.2 Im konkreten Fall ist das Kantonsgericht zum Ergebnis gelangt, das Konkursamt habe die Abtretung des Anspruchs Nr. 116 offeriert, bevor ein gültiger Verzichtsbeschluss vorgelegen habe. Diese Auffassung ist nicht haltbar. Das Konkursamt hat im Gläubigerzirkular vom 26. März 2008 ausdrücklich den Antrag an die Gläubiger gestellt, auf die Geltendmachung des Anspruchs Nr. 116 durch die Masse zu verzichten. Wohl trifft zu, dass das Konkursamt die Abtretung des Anspruchs nicht ausdrücklich für den Fall vorbehalten hat,

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dass die Gläubigergesamtheit auf die Geltendmachung verzichtet. Im gleichen Gläubigerzirkular hat sich das Konkursamt für andere Forderungen (mit dem Hinweis "Sofern nicht die Mehrheit ...") präziser geäussert. Aus dem Hinweis auf die Möglichkeit zur "Einsprache" gegen das Vorgehen der Konkursverwaltung (Verzicht auf Geltendmachung) geht jedoch hinreichend hervor, dass die Abtretung nur für den Fall offeriert wurde, dass die Gläubiger sich für den Verzicht der Geltendmachung durch die Masse aussprechen. Aus dem Gläubigerzirkular vom 26. März 2008 kann nicht abgeleitet werden, die Abtretung des Anspruchs Nr. 116 werde ohne Verzichtsbeschluss vorgenommen. Sodann steht nach dem angefochtenen Entscheid nicht in Frage, dass die Abtretungsverfügungen vom 15. April 2008 - wie diese bescheinigen (Formular 7K) - erlassen wurden, nachdem die Mehrheit der Gläubiger auf die Geltendmachung tatsächlich verzichtet hat. Insoweit kann von Nichtigkeit der Abtretung nicht gesprochen werden.

BGE 136 III 534 S. 538

4.3 Das Kantonsgericht hat sich weiter gefragt, ob überhaupt als Zustimmung zum Verzicht gelten könne, wenn das Konkursamt von den Gläubigern verlangt, gegen den beantragten Verzicht Einsprache zu erheben. Diese Bedenken sind unbegründet. Entscheidend ist, dass den Gläubigern vor der Abtretung streitiger Ansprüche die Gelegenheit geboten wird, sich darüber zu äussern, ob auf deren Realisierung durch die Masse selbst verzichtet werden soll (BGE 102 III 78 E. 3b S. 82). Für den Verzicht ist die Stimmenmehrheit der Gläubiger massgebend, wobei Stillschweigen als Zustimmung zum Vorschlag der Konkursverwaltung gilt (BGE 75 III 14 E. 2 S. 17; JEANNERET/CARRON, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 13 zu Art. 260 SchKG). Wie das Kantonsgericht durchaus richtig ausgeführt hat und dargelegt wurde, erfolgt die Abtretung in zwei Schritten: Zunächst erfolgt der Vorschlag auf Verzicht der Geltendmachung eines Anspruchs durch die Masse, und im Fall, dass der Verzicht erfolgt, wird der Anspruch den Gläubigern zur Abtretung offeriert. Entgegen der Meinung des Kantonsgerichts schliesst dies jedoch nicht aus, dass die Aufforderung an die Gläubiger, eventuell Abtretungsbegehren zu stellen, im gleichen Rundschreiben Platz finden kann. Dies hat das Bundesgericht bereits in einem Urteil aus dem Jahre 1951 erklärt (BGE 77 III 79 E. 3 S. 85) und wird in der Lehre bestätigt (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 47 a.E. zu Art. 260 SchKG; SCHLAEPFER, Abtretung streitiger Rechtsansprüche im Konkurs, 1990, S. 83 und 86). Nach dem Dargelegten ist mit Art. 22 bzw. Art. 260 Abs. 1 SchKG nicht vereinbar, wenn das Kantonsgericht die Nichtigkeit der Abtretungen festgestellt und die Prozessführungsbefugnis der Beschwerdeführerinnen verneint hat. Ihre Rüge ist begründet.

4.4 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Prüfung der weiteren Rügen, wie die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) und des Willkürverbotes (Art. 9 BV), soweit den Vorbringen überhaupt eine eigenständige Bedeutung zukommt.

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Urteilskopf

121 III 488

94. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. November 1995 i.S. S. AG gegen I. AG (Berufung)

Regeste

Art. 260 SchKG; Abtretung an mehrere Gläubiger. Haben sich mehrere Gläubiger denselben Anspruch der Masse abtreten lassen, bilden sie unter sich eine

notwendige Streitgenossenschaft, da nur ein einziges Urteil über den Anspruch ergehen kann; es muss ihnen aber das Recht gewahrt bleiben, unabhängig voneinander Tatsachenbehauptungen aufzustellen, ihren Rechtsstandpunkt zu vertreten und auf eine Weiterführung des Prozesses ohne Rechtsverlust für die übrigen Gläubiger zu verzichten.

Sachverhalt ab Seite 489

BGE 121 III 488 S. 489

Die S. AG (im folgenden Klägerin) gelangte am 28. März 1994 mit Klageschrift und Weisung an das Handelsgericht des Kantons Zürich und beantragte, die I. AG Basel (im folgenden Beklagte) sei zu verpflichten, ihr 200 Namenaktien der M. AG herauszugeben. Sie begründete ihr Begehren im wesentlichen damit, die Beklagte habe die Aktien am 1. Dezember 1987 von F. zur Hinterlegung erhalten; der Kaufvertrag vom selben Tag sei nur simuliert gewesen. Im Konkurs von F. habe das Konkursamt D. ein Aktivum "Anfechtung des Verkaufs von 200 Aktien der M. AG" ins Inventar aufgenommen. Dieser Anspruch sei am 16. August 1988 von der Konkursmasse F. an die Masse der inzwischen ebenfalls konkursiten O. AG abgetreten worden. Die Klägerin belegte, dass ihr dieser Anspruch am 1. April 1993 gemäss Art. 260

SchKG abgetreten worden war und bemerkte, neben ihr seien noch dreizehn weitere Gläubiger zur gerichtlichen Geltendmachung ermächtigt worden. Sie hielt ihre Aktivlegitimation dadurch jedoch in keiner Weise in Frage gestellt, da bis anhin noch keiner der weiteren Gläubiger gerichtlich tätig geworden sei und die anderen Abtretungsgläubiger dem klägerischen Prozess allenfalls beizutreten hätten.

Das Handelsgericht des Kantons Zürich trat mit Entscheid vom 12. Juni 1995 auf die Klage nicht ein, nachdem es der Klägerin mit Beschluss vom 24. August 1994 Frist angesetzt hatte, entweder eine Verzichtserklärung der andern elf Gläubigerinnen - die inzwischen ebenfalls Klage eingereicht hatten - oder eine Erklärung dieser elf Klägerinnen sowie der Beklagten beizubringen, dass sie zum Beitritt im Prozess bereit bzw. mit dem entsprechenden Parteiwechsel einverstanden seien. Zur Begründung hatte das

BGE 121 III 488 S. 490

Handelsgericht im Beschluss vom 24. August 1994 ausgeführt, die prozesswillige Abtretungsgläubigerin könne im Fall einer mehrfachen Abtretung den Prozess nur zusammen mit den andern Abtretungsgläubigerinnen führen, soweit diese den Anspruch ebenfalls gerichtlich geltend machen wollten; zur selbständigen Prozessführung hingegen sei sie nicht legitimiert. Da der Zwang zur Koordination zur Abtretungsbedingung gemacht worden sei, fehle der Klägerin mangels Einhaltung dieser Bedingung das Prozessführungsrecht.

Mit Berufung vom 20. Juli 1995 stellt die Klägerin den Antrag, die Ziffern 1 bis 4 des Beschlusses des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 12. Juni 1995 aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf die von der Klägerschaft am 28. März 1994 erhobene Klage auf Herausgabe von 200 Namenaktien der "M. AG", Pfäffikon SZ, je à nom. Fr. 1'000.-- einzutreten.

Das Handelsgericht des Kantons Zürich hält in der Vernehmlassung an seiner Rechtsauffassung fest. Die Beklagte enthält sich in ihrer Antwort eines Antrages zum materiellen Teil des Berufungsbegehrens, verwahrt sich gegen die von der Klägerin beantragte Kosten- und Entschädigungsfolge und schliesst sich in der Begründung der Ansicht der Vorinstanz an.

Erwägungen

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Aus den Erwägungen:

2. Das Handelsgericht hat im angefochtenen Entscheid auf den Beschluss vom 24. August 1994 verwiesen und es demnach gestützt auf Art. 260 SchKG abgelehnt, auf die Klage einzutreten. Die Klägerin macht im Ergebnis in einer Art. 55 Abs. 1 lit. c OG entsprechenden Weise geltend, das Handelsgericht habe Art. 260

SchKG verletzt, indem es davon ausgegangen sei, zwischen den einzelnen Gläubigerinnen, denen Ansprüche der Masse abgetreten worden sind, bestehe notwendige Streitgenossenschaft.

Nach Art. 260 Abs. 1 SchKG ist jeder Gläubiger berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Rang. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern (Abs. 2). Das obligatorische Formular 7F betreffend die Abtretung sieht namentlich vor, dass die Gläubiger gemeinsam vorgehen müssen, wenn derselbe Anspruch an mehrere unter ihnen abgetreten worden ist. Ziffer 5 bestimmt: "Sind hinsichtlich

BGE 121 III 488 S. 491

der gleichen Massarechte mehrere Abtretungen an verschiedene Gläubiger erfolgt, so haben letztere in einem allfälligen Prozessverfahren als Streitgenossen aufzutreten und werden die auf jeden entfallenden Anteile am Erlös von der Konkursverwaltung in einer nach Eingang des Berichts über das Resultat der Geltendmachung der Ansprüche zu erstellenden Verteilungsliste bestimmt" (vgl. FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. II, Zürich 1993, S. 353 N 38). Die Verpflichtung zu gemeinsamem Vorgehen trifft dabei freilich nur diejenigen Gläubiger, welche tatsächlich von der Abtretung Gebrauch machen und gerichtlich vorgehen wollen (BGE 121 III 291 E. 3a mit Verweisen auf die einhellige Lehre; vgl. auch den in der amtlichen Sammlung nicht veröffentlichten Entscheid des Bundesgerichts vom 3. September 1993 i.S. M./B., E. 3b, publiziert in SJ 1994 S. 62). Ob dagegen die Mehrzahl der prozesswilligen Gläubiger, denen derselbe Anspruch nach Art. 260 SchKG abgetreten wird, unter sich eine notwendige Streitgenossenschaft bilden oder nur eine einfache, ist in der Lehre umstritten und wurde in der Rechtsprechung bislang offengelassen (BGE 121 III 291 E. 3a S. 295, BGE 107 III 91 E. 3c S. 96).

a) Die Streitgenossenschaft ist eine notwendige, wenn mehrere Personen Rechte nur gemeinsam geltend machen oder wenn Rechte ihnen gegenüber nur als Gesamtheit geltend gemacht werden können bzw. wenn mehrere Personen an einem Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass für alle Beteiligten nur im gleichen Sinn entschieden werden kann; in diesem Fall können sie auch im Prozess nur gemeinsam als Partei auftreten; ob dies zutrifft, ergibt sich aus dem materiellen Recht (GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Zürich 1979, S. 296, VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, 4. Aufl., Bern 1995, S. 138, HABSCHEID, Schweizerisches Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, 2. Aufl., Basel 1990, S. 153, STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., Zürich 1982, N 1 zu § 39, LEUCH/MARBACH/KELLERHALS, Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 4. Aufl., Bern 1995, N 1a und N 2a zu Art. 36, M.-F. SCHAAD, La consorité en procédure civile, Diss. NE 1993, S. 42). Ob sich aus Art. 260 SchKG in gleicher Weise wie aus gewissen Vorschriften des materiellen Bundesrechts eine notwendige Streitgenossenschaft derjenigen Abtretungsgläubiger ergibt, die den abgetretenen Anspruch gerichtlich geltend machen wollen, ist im vorliegenden Fall zu entscheiden. Denn nur unter der Voraussetzung einer notwendigen Streitgenossenschaft durfte die Vorinstanz der Klägerin ohne

BGE 121 III 488 S. 492

Verletzung von Bundesrecht verwehren, den Prozess unabhängig von den übrigen prozesswilligen Abtretungsgläubigerinnen zu führen.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts handelt es sich bei der Abtretung nach Art. 260 SchKG

um ein betreibungs- und prozessrechtliches Institut sui generis (BGE 113 III 135 E. 3a; BGE 109 III 27 E. 1a S. 29). VOGEL (a.a.O., 5. Kap. N 40, S. 136) bezeichnet sie als eine Form der Prozessstandschaft. Die Abtretungsgläubiger handeln zwar im Prozess in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko, werden durch die Abtretung indes nicht Träger des abgetretenen Anspruchs; abgetreten wird ihnen nur das Prozessführungsrecht der Masse (FRITZSCHE/WALDER, a.a.O., S. 344 N 21, GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 3. Aufl. Lausanne 1993, S. 348). Dass sie denselben, einheitlichen Anspruch geltend machen, spricht im Grundsatz dafür, sie auch zu einem einheitlichen prozessualen Verhalten im Sinn einer notwendigen Streitgenossenschaft zu verpflichten, wie dies die Vorinstanz mit einem Teil der Doktrin vertritt (GILLIÉRON, a.a.O., S. 350 und JdT 1983 II S. 124/125, LEUCH/MARBACH/KELLERHALS, a.a.O., N 1d, 2a zu Art. 36, GULDENER, a.a.O., S. 297 lit. 1e). Denn mit dem Institut der Abtretung nach Art. 260 SchKG geht es nicht nur darum, widersprechende Urteile zu vermeiden (BGE 121 III 291 E. 3a); vielmehr muss die beklagte Partei sich auch nicht auf einen Prozess eines einzelnen Abtretungsgläubigers einlassen, nachdem jeder die gesamte abgetretene Forderung einklagen und der Beklagte mit befreiender Wirkung nur an sämtliche prozessführenden Gläubiger leisten kann (GILLIÉRON, JdT 1983 II S. 125). Diesen Anforderungen haben jedoch kantonale Gerichte zum Teil dadurch Rechnung getragen, dass sie auf Begehren der beklagten Partei oder von Amtes wegen auch bei Ablehnung der Notwendigkeit einer Streitgenossenschaft die Prozesse vereinigt haben (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 30. April 1953, ZR 52/1953 Nr. 149 S. 250/51, Urteil des Amtsgerichts Luzern-Stadt vom 10. Oktober 1989 in LGVE 1989 I Nr. 16 S. 38, vgl. auch STRÄULI/MESSMER, a.a.O., N 2 und 3 zu § 40).

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c) Art. 260 SchKG belässt jedem Abtretungsgläubiger nicht nur das Recht, von der Klageeinleitung überhaupt abzusehen; vielmehr ist ihm auch freigestellt, einen aussergerichtlichen oder gerichtlichen Vergleich abzuschliessen oder aber eine eingeleitete Klage wieder zurückzuziehen (BGE 105 III 135 E. 3 S. 138 mit Verweis). Das Bundesgericht hat denn auch betont, selbst wenn es sich bei der Abtretung nach Art.

260 SchKG um eine

BGE 121 III 488 S. 493

notwendige Streitgenossenschaft handeln würde, bildeten die Streitgenossen kein unteilbares Ganzes. Keiner von ihnen werde an der prozessualen Durchsetzung seines Rechtes gehindert; auch bei der Annahme, es liege eine notwendige Streitgenossenschaft vor, könne der einzelne von den übrigen Gläubigern unabhängige - selbst widersprechende - Vorbringen geltend machen und sich durch einen eigenen Anwalt vertreten lassen (BGE 121 III 291 E. 3a S. 294; BGE 107 III 91 E. 3c S. 96). In diesem Sinn gebietet Art. 260 SchKG somit im Unterschied zu gewissen, eine notwendige Streitgenossenschaft begründenden Normen des materiellen Bundesrechtes nicht, dass sämtliche gemeinsam Berechtigte den Prozess einleiten, führen und übereinstimmend handeln (VOGEL, a.a.O. 5. Kap. N 58 S. 141). In der Lehre wird denn auch von einer uneigentlichen notwendigen Streitgenossenschaft (FRITZSCHE/WALDER; a.a.O., S. 355 N 43 Fn. 75; HABSCHEID, a.a.O. S. 154 N 284) bzw. von einer bedingten notwendigen Streitgenossenschaft (SCHAAD, a.a.O., S. 372) gesprochen.

d) Art. 260 SchKG verlangt indes, dass der Richter über einen Anspruch der Masse auch dann in einem einzigen Urteil entscheidet, wenn die Prozessführungsbefugnis über diesen Anspruch an mehrere Gläubiger abgetreten wurde. Nur unter dieser Voraussetzung ist gewährleistet, dass das Ergebnis nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen der prozessführenden Abtretungsgläubiger entsprechend ihrem Rang verwendet werden kann, wie es Art. 260 Abs. 2 SchKG vorschreibt. Das Anliegen, widersprechende Urteile über denselben Anspruch zu vermeiden, - das namentlich dann unabdingbar ist und nicht nur im Interesse des Beklagten liegt, wenn wie im vorliegenden Fall ein Anspruch auf Herausgabe einer bestimmten Sache oder Sachgesamtheit Gegenstand der Abtretung bzw. der prozessualen Geltendmachung durch die Gläubiger bildet - könnte zwar auch durch die Grundsätze der materiellen Rechtskraft und der Litispendenz gewahrt werden. Damit wäre jedoch dem Prinzip der Gleichbehandlung nicht Rechnung getragen. Die Gläubiger, welche sich einen Anspruch abtreten lassen und diesen mittels Klage durchsetzen wollen, haben sich daher abzusprechen, wie es Ziffer 5 des Formulars verlangt. Sie bilden in dem Sinn eine notwendige Streitgenossenschaft, als der Richter die Klage eines einzelnen oder einzelner Gläubiger nicht beurteilen darf, solange nicht feststeht, dass kein anderer mehr klagen kann. Sofern der mit der Klage einzelner Gläubiger befasste Richter zur Beurteilung des abgetretenen Anspruchs ausschliesslich zuständig ist, erscheint es zwar bundesrechtlich

BGE 121 III 488 S. 494

nicht als ausgeschlossen, verschiedene Klagen zu vereinigen und den bundesrechtlichen Anforderungen auf diese Weise Rechnung zu tragen (BGE 107 III 91 E. 3c S. 96, LGVE 1989 Nr. 16, STRÄULI/MESSMER, a.a.O., N 2 und 3 zu § 40). Stehen jedoch verschiedene Gerichtsstände zur Verfügung oder vermögen sich die prozesswilligen Abtretungsgläubiger auf ein prozessual abgestimmtes Vorgehen nicht zu einigen, so ist es Sache des Konkursamtes, auf entsprechendes Begehren eines Gläubigers die erforderlichen Weisungen zu erteilen, um ein gemeinsames prozessuales Vorgehen sicherzustellen.

e) Der Richter ist somit von Bundesrechts wegen nicht verpflichtet, die Klage bloss einzelner prozesswilliger Abtretungsgläubiger zu behandeln, und ist überdies auch nicht berechtigt, auf einzelne Klagen einzutreten, wenn z.B. wegen verschiedener möglicher Gerichtsstände die Klagen sämtlicher Gläubiger nicht vereinigt werden können. Besteht die Möglichkeit, alle Klagen in einem einheitlichen Verfahren zu vereinigen, so ist es Sache des kantonalen Prozessrechts, zu bestimmen, in welchem Zeitpunkt und auf welche Weise dies zu geschehen hat. Das Bundesrecht hingegen schreibt vor, dass sämtliche Klagen im selben Verfahren beurteilt werden und dass über den einheitlichen Anspruch, der Gegenstand der mit der Abtretung verliehenen Prozessführungsbefugnis bildet, ein einheitliches Urteil ergeht. In diesem Sinn ist die Streitgenossenschaft der Abtretungsgläubiger eine notwendige. Eine einheitliche Prozessführung darf indes von den Gläubigern nicht verlangt werden. Auch wenn sie nach dem massgebenden kantonalen Recht die Verfahrensregeln der notwendigen Streitgenossenschaft zu beachten haben, muss ihnen daher vorbehalten bleiben, unabhängig von den andern Klägern Tatsachenbehauptungen aufzustellen, ihren Rechtsstandpunkt zu vertreten und auf eine Weiterführung des Prozesses zu verzichten, ohne dass dies den Rechtsverlust für die übrigen Gläubiger zur Folge hätte.

f) Im vorliegenden Fall ist die Vorinstanz auf die Klage nicht eingetreten, weil weitere elf Gläubigerinnen denselben Anspruch ebenfalls eingeklagt haben. Sie hat auf den Beschluss vom 24. August 1994 verwiesen und es damit aus Gründen des kantonalen Prozessrechts als unmöglich bezeichnet, die Verfahren im aktuellen Stadium der Prozesse zu vereinigen, was der Überprüfung durch das Bundesgericht im vorliegenden Verfahren nicht zugänglich ist (Art. 43 OG). Mit der Auffassung, sämtliche prozesswilligen Gläubigerinnen seien nach Art. 260 SchKG notwendigerweise zu einer

BGE 121 III 488 S. 495

Streitgenossenschaft verpflichtet, wenn sie den identischen Anspruch der Masse einklagen wollen, hat die Vorinstanz demnach die massgebliche Norm des Bundesrechts zutreffend ausgelegt. Dies führt zur Abweisung der Berufung.

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Urteilskopf

113 III 20

7. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. Januar 1987 i.S. Gautschi und Gautschi gegen Noldin, Einzelrichter im beschleunigten Verfahren am Bezirksgericht Zürich und Obergericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)

Regeste

Abtretung von Rechtsansprüchen der Masse (Art. 260 SchKG). Die Abtretung eines Rechtsanspruchs der Masse an einen Konkursgläubiger fällt mit dessen vollständiger

Befriedigung nicht von selbst dahin. Solange die Abtretungsverfügung nicht widerrufen worden ist, bleibt der Abtretungsgläubiger zur Verfolgung des abgetretenen Anspruchs legitimiert.

Sachverhalt ab Seite 20

BGE 113 III 20 S. 20

Im Konkurs über die Paul Gautschi AG wurde die Konkursmasse Autopark AG mit einer Forderung von Fr. 3'537'417.50 in der 5. Klasse kolloziert. Mit Kollokationsklage vom 4. September 1984 verlangten Max und Yvon Gautschi beim Einzelrichter im beschleunigten Verfahren am Bezirksgericht Zürich die Wegweisung dieser Forderung. Am 26. April 1985 teilte die Konkursverwaltung der Autopark AG dem Einzelrichter mit, dass die Gläubiger in deren Konkurs am 25. September 1984 auf die Geltendmachung des streitigen Anspruchs verzichtet hätten und dass dieser im Sinne von Art. 260 SchKG an Else Noldin abgetreten worden sei. In der Folge wurde der Prozess auf seiten der Konkursmasse Autopark AG durch Else Noldin weitergeführt. Mit Urteil vom 26. August 1986 wies der Einzelrichter die Klage ab. Gegen dieses Urteil erhoben die Kläger unabhängig voneinander Nichtigkeitsbeschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich. Mit Entscheiden vom 3. Oktober 1986 trat das Obergericht auf die von Yvon Gautschi erhobene Beschwerde nicht ein und wies die von Max Gautschi erhobene ab, soweit es darauf eintrat. Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV verlangen

BGE 113 III 20 S. 21

Max und Yvon Gautschi die Aufhebung der Entscheide des Obergerichts und des Einzelrichters.Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. In seiner Nichtigkeitsbeschwerde hatte auch Max Gautschi die Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin bestritten, mit der Begründung, diese könne unmöglich Abtretungsgläubigerin sein, da sie gemäss der provisorischen Verteilungsliste im Konkurs der Autopark AG vom 10. Januar 1986 vollständig befriedigt worden sei. Das Obergericht hat dazu ausgeführt, dass eine Gutheissung der Klage im Prozess gegen die Beschwerdegegnerin nicht möglich gewesen wäre, wenn deren Passivlegitimation zu verneinen gewesen wäre. Mit der Abweisung der Klage sei der Beschwerdeführer demzufolge nicht schlechter gestellt, als wenn die Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin verneint worden wäre, weshalb es an einem Nachteil im Sinne von § 281 ZPO ZH fehle. Es erübrige sich deshalb, näher darzulegen, dass die Bejahung der Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin nicht an einem Nichtigkeitsgrund gelitten habe, solange die Verteilungsliste - ungeachtet ihres Inhaltes - jedenfalls eine erst provisorische gewesen sei.

Die Hauptbegründung des Obergerichts ist fragwürdig. Die Beschwerdeführer weisen zu Recht darauf hin, dass die Klage im Falle der Verneinung der Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin gegen die ursprüngliche Beklagte, die Konkursmasse Autopark AG, hätte gutgeheissen werden müssen, nachdem

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diese auf die Geltendmachung des streitigen Anspruchs verzichtet und damit die Kollokationsklage - unter Vorbehalt der Abtretung an die Gläubiger - sinngemäss anerkannt hatte. Seinen Eventualstandpunkt hat das Obergericht anderseits nicht näher begründet. Wie es sich mit der Tragweite der provisorischen Verteilungsliste verhält, kann indessen dahingestellt bleiben, da die Bejahung der Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin jedenfalls im Ergebnis nicht willkürlich ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer trifft es nämlich nicht zu, dass die Abtretung eines Rechtsanspruchs der Masse an einen Konkursgläubiger mit dessen vollständiger Befriedigung von selbst dahinfiele. Zwar setzt die Abtretung gemäss Art. 260 SchKG eine Konkursforderung voraus. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entfällt daher die Befugnis

BGE 113 III 20 S. 22

zur weiteren Verfolgung des abgetretenen Rechtsanspruchs der Masse, wenn im Kollokationsprozess festgestellt wird, dass eine Konkursforderung gar nie bestanden hat, oder wenn der Gläubiger nachträglich auf seine Forderung verzichtet (BGE 109 III 27 ff.). Im vorliegenden Fall ist aber nie behauptet worden, die Beschwerdegegnerin sei im Konkurs der Autopark AG nicht mehr kolloziert. Sie hat daher ihre Eigenschaft als Gläubigerin in diesem Konkurs nicht verloren, selbst wenn sie durch die provisorische Verteilung voll befriedigt worden sein sollte. Dazu kommt, dass es sich bei der Abtretung von Rechtsansprüchen der Masse um eine besondere Art der Aktivenverwertung handelt, die für den Fall vorgesehen ist, dass die Gesamtheit der Gläubiger auf die Realisierung verzichtet, und die der Verbesserung des Konkurserlöses dient (BGE BGE 111 II 85, BGE 103 III 50). Die Besonderheit dieser Verwertungsart besteht darin, dass das Verwertungsergebnis in erster Linie den das Risiko der Prozessführung übernehmenden Konkursgläubigern zukommt und die Masse nur den Überschuss erhält. Ist ein Abtretungsgläubiger bereits anderweitig befriedigt worden, so hat dies daher nur zur Folge, dass er der Masse den gesamten Prozessgewinn abliefern muss. Die allfällige Befriedigung des Abtretungsgläubigers hat somit nur einen Einfluss auf die Verteilung. Dabei handelt es sich jedoch um eine interne Angelegenheit des Konkursverfahrens, die den Prozessgegner des Abtretungsgläubigers nichts angeht. Mit der Vorlegung der Bestätigung der Konkursverwaltung, wonach ihr der streitige Anspruch abgetreten worden sei, hat sich die Beschwerdegegnerin im vorliegenden Prozess hinreichend legitimiert. Der Richter ist nicht befugt, die Abtretungsverfügung auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen (BGE 111 II 85); er hat sich vielmehr daran zu halten, solange sie nicht von der Konkursverwaltung oder auf Beschwerde hin von der Aufsichtsbehörde widerrufen worden ist. Dass ein Widerruf der Abtretung an die Beschwerdegegnerin erfolgt sei, behaupten die Beschwerdeführer nicht. Im übrigen hat die Beschwerdegegnerin zumindest insoweit auch ein eigenes Interesse am Ausgang des Prozesses, als sie das Ergebnis zur Deckung der Prozesskosten verwenden kann (Art. 260 Abs. 2 SchKG). Diese Kosten sind nicht Bestandteil der Konkursforderung der Beschwerdegegnerin und wurden durch die provisorische Verteilung nicht gedeckt.

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Bundesgericht Tribunal fédéral Tribunale federale Tribunal federal

{T 0/2} 5A_682/2011

Arrêt du 29 mai 2012 IIe Cour de droit civil

Composition Mme et MM. les Juges Escher, Juge présidant, L. Meyer et Herrmann. Greffier: M. Braconi.

Participants à la procédure A.________, représentée par Me Ivan Cohen, avocat, recourante,

contre

1. B.________, 2. C.________, 3. D.________, tous trois représentés par Me J.________, avocat, 4. E.________, représenté par Me Luc Argand, avocat, intimés.

Objet action révocatoire,

recours contre l'arrêt de la Chambre civile de la Cour de justice du canton de Genève du 26 août 2011.

Faits:

A. F.________ SA, société sise à X.________, a été déclarée en faillite le 3 octobre 2006 sur requête de A.________; son actionnaire et administrateur unique était G.________. Y.________ SA est une société sise aux Etats-Unis (Wyoming), dont l'actionnaire est H.________.

En 2002, B.________, C.________ et D.________, tous domiciliés dans le canton de Genève, ont investi 1'400'000 USD dans les affaires de G.________, en constituant avec lui une nouvelle société dont la raison sociale était, en dernier lieu, I.________ Limited; G.________ et les investisseurs genevois, tous actionnaires de la société, étaient liés par une convention de société simple.

Un litige survenu entre G.________ et les investisseurs genevois a donné lieu à une plainte pénale de ceux-ci, représentés par Me J.________, contre celui-là, représenté par Me E.________; des pourparlers ont abouti le 13 septembre 2005 à la signature d'un accord aux termes duquel G.________ s'est engagé à verser à ses trois associés la somme de 950'000 USD, moyennant le retrait de la plainte pénale.

Une somme de 960'000 USD a été virée le 26 octobre 2005 du compte bancaire de F.________ SA sur un compte «Avoirs de clients» de Me E.________; la cause de ce versement était «I.________». Le surlendemain, cet avocat a viré la somme de 950'000 USD sur un compte de l'Etude de Mes K.________, L.________ et J.________, en mentionnant la même cause de paiement.

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B. Dans le cadre de la faillite de F.________ SA, l'Office des faillites de Genève a colloqué en 3e classe une créance de A.________ à hauteur de 1'519'347 fr.98 et inventorié une prétention révocatoire, à concurrence de 960'000 USD, à l'encontre de Me E.________, B.________, C.________ et D.________, dont il a offert la cession aux créanciers de la faillite. Selon l'estimation de l'office des faillites, aucun dividende n'était escompté pour les créanciers chirographaires. Agissant en qualité de cessionnaire des droits de la masse en faillite, A.________ a assigné, le 3 octobre 2008, Me E.________, B.________, C.________ et D.________, en paiement de la somme de 960'000 USD avec intérêts à 5% dès le 26 octobre 2005. Statuant le 24 juin 2010, le Tribunal de première instance de Genève a notamment déclaré recevable l'action révocatoire (ch. 1), révoqué le paiement de 960'000 USD opéré le 26 octobre 2005 (ch. 2), condamné le défendeur E.________ à payer à A.________ la somme de 10'000 USD (ch. 3), condamné les défendeurs B.________, C.________ et D.________, conjointement et solidairement, à payer à A.________ la somme de 950'000 USD (ch. 4) et mis tous les dépens à la charge des défendeurs (ch. 5).

Par arrêt du 26 août 2011, la Chambre civile de la Cour de justice du canton de Genève a annulé les chiffres 2, 4 et 5 du dispositif de cette décision, en la confirmant pour le surplus, et condamné A.________ aux dépens de première instance et d'appel, comprenant une indemnité de procédure de 40'000 fr. à titre de participation aux honoraires d'avocat des défendeurs B.________, C.________ et D.________, et une indemnité de procédure de 15'000 fr. à titre de participation aux honoraires d'avocat de E.________.

C. Par acte du 30 septembre 2011, A.________ interjette un recours en matière civile au Tribunal fédéral; elle conclut à ce que B.________, C.________ et D.________ soient condamnés à lui verser la somme de 950'000 USD avec intérêts à 5 % dès le 26 octobre 2005, à ce que la condamnation de E.________ à lui verser la somme de 10'000 USD soit confirmée, à ce que la condamnation de ce dernier aux dépens de première instance, y compris la participation aux honoraires d'avocat, soit confirmée et à ce que les intimés soient condamnés aux frais et dépens de la procédure fédérale.

Les intimés B.________, C.________ et D.________ concluent au rejet du recours dans la mesure de sa recevabilité; à titre éventuel, ils contestent la qualité pour agir de la recourante, proposant le renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour complément d'instruction. L'intimé E.________ conclut au rejet du recours dans la mesure où il est recevable et au rejet des conclusions prises à son égard.

D. Par ordonnance du 17 janvier 2012, le Juge instructeur de la IIe Cour de droit civil a invité la recourante à verser jusqu'au 31 janvier 2012 la somme de 12'000 fr. à titre de sûretés en garantie des dépens. Cette caution a été versée dans le délai fixé.

Considérant en droit:

1. 1.1 Le recours a été déposé dans le délai légal (art. 100 al. 1 LTF) à l'encontre d'une décision finale (art. 90 LTF) rendue en matière de poursuite pour dettes et de faillite (art. 72 al. 2 let. a LTF) par une autorité cantonale de dernière instance statuant sur recours (art. 75 LTF); la recourante, qui a été déboutée de ses conclusions par la juridiction précédente, a qualité pour recourir (art. 76 al. 1 LTF).

1.2 Sous réserve d'exceptions non pertinentes en l'occurrence (art. 74 al. 2 LTF), le recours en matière civile n'est recevable que si la valeur litigieuse s'élève à 30'000 fr. au moins (art. 74 al. 1 let. b LTF).

D'après la jurisprudence, lorsque l'action révocatoire tend au paiement d'une somme d'argent, la valeur litigieuse équivaut au montant réclamé (ATF 99 III 27 consid. 1); celui-ci étant exprimé en monnaie étrangère, il doit être converti en francs suisses selon le cours en vigueur au jour de l'ouverture d'action (arrêt 4A_274/2011 du 3 novembre 2011, publié in: SJ 2012 I 160). Vu les conclusions demeurées litigieuses devant l'autorité précédente (art. 51 al. 1 let. a LTF; i.e. 950'000 USD) et le taux de change à la date déterminante (i.e. 3 octobre 2008), le seuil légal de 30'000 fr. est largement atteint (1'074'526 fr.).

1.3 En appel, l'intimé n° 4 a conclu à la confirmation du jugement de première instance en tant qu'il le concerne; sa condamnation à payer à la recourante la somme de 10'000 USD est ainsi définitive. Dans ces circonstances, la recourante ne justifie d'aucun intérêt à la confirmation de cette condamnation (art. 76 al. 1 let. b LTF).

2. En l'espèce, la cause présente un caractère international, dès lors que la recourante - demanderesse à l'action révocatoire - a son siège aux Etats-Unis (art. 1er al. 1 LDIP; ATF 131 III 76 consid. 2.3). Comme l'a rappelé la cour cantonale, l'action révocatoire dans la faillite est soustraite au champ d'application de la Convention de Lugano (ATF 129 III 683 consid. 3.2; 131 III 227 consid. 4), solution qui vaut aussi lorsque l'action émane d'un créancier cessionnaire des droits de la masse au sens de l'art. 260 LP (BRACONI, in: Commentaire romand, 2011, n° 13 ad art. 171 LDIP et la doctrine citée). La compétence à raison du lieu est ainsi réglée par l'art. 289 LP, aux termes duquel l'action est intentée au domicile du défendeur en Suisse, condition qui n'est pas contestée en l'espèce (cf. au sujet de la compétence locale: PETER, in:

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Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 4; STAEHELIN, in: Basler Kommentar, SchKG II, 2e éd., 2010, n° 8 ad art. 289 LP, qui soumettent la question à l'art. 23 CC).

Même si ce point n'a aucune incidence sur le sort du litige, la référence à l'art. 171 LDIP - qui renvoie de toute façon aux art. 285 ss LP - est inexacte; cette norme ne vise en effet que l'action révocatoire exercée dans le cadre de la faillite ancillaire suisse (art. 166 ss LDIP), alors que, en l'espèce, cette action s'inscrit dans une faillite principale ouverte en Suisse (cf. à ce sujet: BRACONI, ibidem, n° 5 et les citations).

3. La recourante se plaint d'établissement inexact - à savoir arbitraire au sens de l'art. 9 Cst. (ATF 137 III 268

consid. 1.2) - des faits en relation avec la bonne foi des intimés nos 1 à 3.

Comme on le verra plus loin (cf. infra, consid. 4.2), l'éventuel vice est sans incidence sur le sort de la cause (art. 97 al. 1 in fine LTF).

4. La recourante reproche à l'autorité cantonale d'avoir violé les art. 286 et 290 LP. En bref, elle fait valoir que le motif de révocation invoqué est objectif, de sorte qu'il est réalisé indépendamment de la bonne ou de la mauvaise foi du bénéficiaire de l'acte; de surcroît, les intimés ne sont pas des «tiers» dont la bonne foi devrait être prise en compte.

4.1 Après un rappel des principes généraux de la révocation, la Cour de justice a constaté que la recourante est l'unique cessionnaire de la masse en faillite de la société anonyme qui a versé la somme litigieuse à l'intimé n° 4, avocat de son actionnaire et administrateur unique. La société n'a reçu aucune contre-prestation de son actionnaire unique, ou d'un tiers, et l'intimé n° 4 a conservé 10'000 USD pour lui-même, avant de transférer le solde (950'000 USD) à un confrère, représentant les intimés nos 1 à 3, lesquels ont fini par recevoir la somme à titre de paiement d'une dette personnelle de l'actionnaire unique à leur égard; autrement dit, la société a acquitté, sans y être juridiquement tenue ni recevoir de contre-prestation, une dette privée de 950'000 USD de son actionnaire unique envers les intimés nos 1 à 3, ainsi qu'une somme de 10'000 USD, destinée à l'avocat personnel de l'actionnaire unique. Ce paiement est dès lors révocable en vertu de l'art. 286 al. 1 LP.

L'autorité précédente a néanmoins débouté la recourante pour le motif suivant: Le «bénéficiaire direct» du paiement effectué par la société est l'actionnaire et administrateur unique de celle-ci, alors que les intimés sont des «tiers» au sens de l'art. 290 LP et doivent être traités comme des «successeurs singuliers successifs» du prénommé. Dans la chaîne des tiers, les derniers étaient les intimés nos 1 à 3, qui ne connaissaient pas la provenance initiale de la somme versée - c'est-à-dire le compte bancaire de la société faillie - et ne pouvaient même pas la connaître, car les fonds ont transité par les comptes bancaires de deux études d'avocats avant de parvenir chez eux; d'ailleurs, la recourante n'allègue même pas que les intéressés connaissaient ou auraient dû connaître le caractère révocable du paiement de la société. Partant, ils sont de toute manière protégés dans leur acquisition, sans qu'il soit nécessaire de trancher la question de la bonne ou mauvaise foi de l'intimé n° 4, qui était le «premier maillon de la chaîne» de transmission des fonds finalement reçus par les intimés nos 1 à 3. 4.2 4.2.1 Aux termes de l'art. 286 al. 1 LP, sont révocables toute donation et toute disposition à titre gratuit, à l'exception des cadeaux usuels, si elles sont faites par le débiteur dans l'année qui précède la saisie ou la déclaration de faillite. En l'espèce, il n'est pas contesté que le paiement litigieux a été effectué dans le délai rétrograde prévu par la disposition précitée et que l'action a été introduite à temps (art. 292 ch. 2 LP). En outre, comme l'a démontré l'autorité précédente, les conditions posées à l'art. 286 al. 1 LP sont réalisées; il n'y a pas lieu d'y revenir.

C'est avec raison que la recourante rappelle que les actes énumérés à l'art. 286 LP reposent sur des critères objectifs et sont ainsi révocables abstraction faite de la bonne ou mauvaise foi des protagonistes (arrêt 5A_555/2011 du 16 mars 2012 consid. 2.2.4, avec les références). La recourante soutient que ce principe s'applique aussi aux successeurs à titre universel ou singulier du bénéficiaire originaire «dans les cas où il n'existe pas de conditions subjectives, par exemple dans le cas de l'art. 286 [LP]» (PETER, ibidem, n° 15 in fine); partant, il n'y avait pas lieu de s'interroger sur l'éventuelle bonne foi des intimés, fussent-ils même des «tiers» au sens de l'art. 290 LP. Cette opinion est contredite par GILLIÉRON, qui affirme que «la mauvaise foi imputée au successeur à titre particulier est un élément subjectif indépendant des conditions de révocabilité établies aux articles 286 à 288 LP» (Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, vol. IV, 2003, n° 12 ad art. 290 LP); la Cour de céans s'est ralliée à ce dernier avis dans un arrêt du 7 février 2008 (5A_210/2007 consid. 5.2.1 in fine). Quoi qu'il en soit, il n'y a pas lieu d'approfondir la question, car le grief pris d'une violation de l'art. 290 LP apparaît fondé (cf. infra, consid. 4.2.2). 4.2.2 En vertu de l'art. 290 LP, l'action révocatoire est intentée contre les personnes qui ont traité avec le débiteur ou bénéficié d'avantages de sa part, et notamment contre les tiers de mauvaise foi; elle ne porte pas atteinte aux droits des tiers de bonne foi. Par «tiers», au sens de cette disposition, il faut entendre le successeur à titre singulier (ayant cause) du premier acquéreur (ATF 130 III 235 consid. 6.1.1; 51 III 204

consid. 2; arrêt 5A_201/2007 précité).

L'intimé n° 4 n'est pas le «premier acquéreur», dès lors que les fonds litigieux - hormis la somme qu'il a conservée par devers lui - n'ont fait que transiter par son compte bancaire «Avoirs de clients». Le même

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raisonnement s'applique pour le conseil des intimés nos 1 à 3, qui s'est simplement limité à encaisser la somme sur le compte de son étude, puis à la transférer à ses clients, même si elle lui a été versée par son confrère. Il s'ensuit que les deux prénommés - le premier pour ce qui excède la somme de 10'000 USD - n'ont pas la légitimation passive au regard de l'art. 290 LP (ATF 30 II 154 consid. 5).

La juridiction précédente estime, sans motivation particulière, que le bénéficiaire du paiement révocable est «l'actionnaire et administrateur unique» de la société en faillite. Il est exact que ce paiement a eu pour effet de libérer l'intéressé de sa dette à l'égard des intimés nos 1 à 3. Il n'en demeure pas moins que la loi mentionne expressément tous ceux qui ont «bénéficié d'avantages» de la part du débiteur; en d'autres termes, l'action peut être exercée d'une manière générale «contre tout tiers qui, directement ou indirectement, a acquis des valeurs sorties du patrimoine du débiteur par l'effet de l'acte attaqué et intervenu dans les conditions prévues aux art. 286 à 288 [LP]» (JAEGER, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, vol. III, 1920, n° 1 ad art. 290 LP); la doctrine est unanime (cf. notamment: GILLIÉRON, ibidem, n° 11; BRAND, Die Anfechtungsklage, in: RDS 62/1943 p. 218; GAUGLER, Die paulianische Anfechtung, vol. I, 1944, p. 161; SCHÜPBACH, Droit et action révocatoires, 1997, nos 49 ss ad art. 290 LP, avec les références citées; UMBACH-SPAHN, in: Kurzkommentar SchKG, 2009, n° 3 ad art. 290 LP) et la jurisprudence adopte la même position (ATF 135 III 265 consid. 3). Or, tel est le cas des intimés nos 1 à 3, qui ont été les bénéficiaires, par l'intermédiaire de leur mandataire, de la somme que la société débitrice a versée; ils en étaient d'ailleurs contractuellement les destinataires à teneur de l'accord du 13 septembre 2005 (cf. supra, let. A); le fait qu'ils n'aient pas collaboré personnellement à l'opération est dépourvu de pertinence dans ce contexte (PETER, ibidem, n° 6 et les citations).

Vu ce qui précède, c'est à tort que l'autorité précédente a débouté la recourante pour le motif tiré de l'absence de légitimation passive; par conséquent, les intimés nos 1 à 3 sont en principe tenus de restituer le montant perçu.

5. La recourante réclame un intérêt moratoire depuis le 26 octobre 2005, date à laquelle le paiement litigieux a été opéré; le premier juge - dont la décision fait l'objet d'une procédure cantonale de révision qui a été suspendue jusqu'à droit connu sur le présent recours - a omis de se prononcer sur cette prétention, alors que la Cour de justice n'a pas eu à en connaître, puisqu'elle a intégralement rejeté l'action.

Le dies a quo invoqué à l'appui de ce moyen est erroné. La somme à restituer ne porte pas intérêt du jour de l'acte révocable, mais de celui où le demandeur a mis en demeure le bénéficiaire recherché (ATF 135 III

513 consid. 9.6.1, avec les références; GILLIÉRON, ibidem, n° 20 et la jurisprudence citée); à défaut de mise en demeure antérieure, l'intérêt moratoire n'est ainsi dû qu'à partir du lendemain de la notification de la demande aux intimés (THÉVENOZ, in: Commentaire romand, CO I, 2003, n° 9 ad art. 104 CO; WEBER, Berner Kommentar, VI/1/5, 2000, n° 40 ad art. 104 CO et les citations; en faveur d'une généralisation de la règle de l'art. 105 al. 1 CO, qui prévoit le jour de la demande en justice: VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, vol. II, 3e éd., 1974, § 73 n. 23). Il appartiendra à l'autorité précédente de compléter ses constatations et de statuer à nouveau sur ce point (art. 107 al. 2 LTF).

Il n'y a pas lieu d'examiner en l'espèce si le taux de l'intérêt moratoire doit correspondre à celui dont les parties sont convenues dans l'acte révocable (cf. sur cette question: MORAND, Le taux de l'intérêt moratoire applicable aux créances libellées en monnaie étrangère payables en Suisse, in: RSDA 1992 p. 167 ss) ou à celui que prévoit le droit suisse en tant que loi régissant l'obligation révocatoire (cf. STAEHELIN, ibidem, n° 15b et les citations). La recourante ne se plaint pas d'une violation du droit étranger sur ce point (art. 96 LTF), et les intimés nos 1 à 3 ne prétendent pas que le taux serait inférieur à 5 %, de sorte que celui-ci doit être retenu (ATF 135 III 513 consid. 9.6.1).

6. Enfin, la recourante se plaint d'avoir été astreinte à verser des dépens à l'intimé n° 4; elle dénonce une application arbitraire de l'art. 176 al. 1 LPC/GE.

6.1 Le jugement de première instance ayant été rendu avant l'entrée en vigueur du Code de procédure civile du 19 décembre 2008 (CPC), l'allocation des dépens en instance d'appel est réglée par l'ancien droit de procédure cantonal (art. 404 al. 1 CC). Sous réserve d'exceptions qui n'entrent pas en considération ici (art. 95 let. c à e LTF), la violation du droit cantonal ne constitue pas un motif de recours; le recourant peut cependant faire valoir que ce droit a été appliqué de façon arbitraire au sens de l'art. 9 Cst. (ATF 138 V 67

consid. 2.2 et les arrêts cités; cf. sur la définition de l'arbitraire: ATF 138 IV 13 consid. 5.1 et les citations).

6.2 Aux termes de l'art. 176 al. 1 LPC/GE, applicable en procédure d'appel (art. 313 LPC/GE; BERTOSSA/GAILLARD/GUYET/SCHMIDT, Commentaire de la loi de procédure civile genevoise, vol. II, 2007, n° 3 ad art. 313), tout jugement, même sur incident, doit condamner aux dépens la partie qui succombe (i.e. principe du résultat [«Erfolgsprinzip»]; BERTOSSA ET AL., op. cit., n° 6 ad art. 176 et les arrêts cités).

En l'espèce, l'intimé n° 4 n'a pas formé appel du jugement de première instance, qui est ainsi définitif à son égard; devant la Cour de justice, il a conclu à la confirmation de cette décision en tant qu'elle le concernait, «sachant qu'il s'en rapporte à justice pour le surplus». De son côté, la recourante a conclu au rejet de l'appel déposé par les intimés nos 1 à 3 et, sur appel incident, à la condamnation de ceux-ci à payer un intérêt moratoire de 5 % dès le 26 octobre 2005; pour le surplus, elle a conclu à la confirmation du jugement

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entrepris en tant qu'il concernait l'intimé n° 4 (non visé par l'appel incident). Dans ces conditions, ce dernier n'a pas obtenu gain de cause vis-à-vis de la recourante qui, par là même, ne peut pas être qualifiée de partie ayant «succombé». Cela étant, la condamnation de la recourante aux dépens de deuxième instance en faveur de l'intimé n° 4 apparaît arbitraire et doit, par conséquent, être annulée.

7. Les intimés nos 1 à 3 font valoir que, même si le Tribunal fédéral devait suivre l'argumentation de la recourante, il ne pourrait statuer au fond, mais devrait renvoyer la cause à la juridiction précédente pour qu'elle complète l'instruction. En effet, la recourante - à savoir pour elle son actionnaire H.________ - a été intégralement désintéressée grâce au produit de la réalisation des actifs de l'actionnaire et administrateur unique de la société débitrice, de sorte qu'elle a perdu la légitimation active.

7.1 Les intimés nos 1 à 3 l'ont emporté en instance cantonale, si bien qu'ils n'avaient pas d'intérêt à recourir au Tribunal fédéral; ils peuvent néanmoins soulever des griefs propres dans leur réponse aux fins de prévenir l'issue victorieuse du recours de la partie adverse (cf. sur ce point: ATF 135 IV 56 consid. 4.2 et la jurisprudence citée). Il s'ensuit que le chef de conclusions (implicite) tendant au renvoi de la cause à la juridiction précédente pour complément d'instruction est en principe recevable.

7.2 Selon la jurisprudence citée par les intimés nos 1 à 3, le demandeur à l'action révocatoire perd sa qualité pour agir lorsque la créance constatée dans l'acte de défaut de biens a été éteinte (arrêt 5A_58/2009 du 28 septembre 2009, consid. 2.1, in: Praxis 2010 n° 115). Toutefois, cet arrêt concerne l'action révocatoire dans la saisie, situation qui n'est pas réalisée ici. Or, le créancier cessionnaire des droits de la masse qui a été entièrement désintéressé ne perd pas sa légitimation active; ce sont les créanciers (colloqués) renvoyés perdants qui profitent alors du gain du procès conformément à l'art. 260 al. 2 LP; il s'agit d'une question de répartition de l'actif qui ressortit à la compétence de l'office des faillites et n'intéresse pas le défendeur à l'action révocatoire (ATF 113 III 20 et la jurisprudence citée; dans le même sens, pour l'action en contestation de l'état de collocation: ATF 115 III 68). L'instruction complémentaire que sollicitent les intéressés est donc sans incidence sur leur obligation de restituer ce qu'ils ont reçu en vertu de l'acte révocable.

8. En conclusion, le présent recours apparaît bien fondé dans la mesure de sa recevabilité, en ce sens que l'action révocatoire doit être admise sur le fond; il appartiendra à la juridiction précédente de compléter ses constatations sur le point de départ de l'intérêt moratoire et de statuer à nouveau sur les dépens de la procédure d'appel entre la recourante et l'intimé n° 4, puis de fixer derechef les frais et dépens des instances cantonales. Les frais et dépens de la présente procédure sont mis à la charge des intimés, proportionnellement à l'enjeu du litige.

Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce:

1. Le recours est partiellement admis dans la mesure où il est recevable, l'arrêt attaqué est annulé et l'affaire est renvoyée à l'autorité précédente pour nouvelle décision dans le sens des considérants.

2. Les frais judiciaires, arrêtés à 12'000 fr., sont mis à raison de 11'000 fr. à la charge des intimés nos 1 à 3, solidairement entre eux, et à raison de 1'000 fr. à la charge de l'intimé n° 4.

3. Une indemnité de 12'000 fr., à payer à la recourante à titre de dépens, est mise à raison de 11'000 fr. à la charge des intimés nos 1 à 3, solidairement entre eux, et à raison de 1'000 fr. à la charge de l'intimé n° 4.

4. Le présent arrêt est communiqué aux parties et à la Cour de justice du canton de Genève (Chambre civile).

Lausanne, le 29 mai 2012 Au nom de la IIe Cour de droit civil du Tribunal fédéral suisse

La Juge présidant: Escher

Le Greffier: Braconi

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Urteilskopf

93 III 23

6. Entscheid vom 5. April 1967 i.S. Kredit- und Verwaltungsbank Zug in Konkursliquidation.

Regeste

Bankenkonkurs, Freihandverkauf einer Forderung der Masse. Befugnisse der Konkursverwaltung (Art. 36 Abs. 2 BankG, Art. 253 Abs. 2 und 256 Abs. 1 SchKG) und

Rechte der Gläubiger (Erw. 1). Ist ein Guthaben der Masse zwar unbestritten und fällig, aber schwer einbringlich, so darf die

Konkursverwaltung davon absehen, es gemäss Art. 243 Abs. 1 SchKG einzuziehen. Fall einer Forderung gegen überschuldete Firmen im Ausland (Erw. 2).

Voraussetzungen, unter denen die Konkursverwaltung ein solches Guthaben durch Freihandverkauf (Art.

256 Abs. 1 SchKG) verwerten darf, ohne den Konkursgläubigern gemäss Art. 79 Abs. 2 KV Gelegenheit zu geben, die Abtretung nach Art. 260 SchKG zu verlangen (Erw. 3).

Fristsetzung an die Konkursgläubiger zur Stellung höherer Angebote (Erw. 4). Beschwerde und Rekurs wegen Unangemessenheit der von der Konkursverwaltung im Bankenkonkurs

getroffenen Verfügungen über die Verwertung der Aktiven (Art. 36 Abs. 2 BankG in Verbindung mit Art. 17

Abs. 1 SchKG; Art. 53 Abs. 2 der VV zum BankG) (Erw. 5).

Sachverhalt ab Seite 24

BGE 93 III 23 S. 24

A.- Im Konkurs über die Kredit- und Verwaltungsbank Zug erliess die Schweiz. Treuhandgesellschaft als Konkursverwalterin am 25. November 1966 die folgende - im Schweiz. Handelsamtsblatt vom 26. November 1966 veröffentlichte - Verfügung:

"Die ausserordentliche Konkursverwaltung hat mit einer Firmengruppe in Deutschland, welche zu den noch verbleibenden Hauptschuldnern der Konkursmasse gehören, im Jahre 1960 eine langfristige Abzahlungsvereinbarung getroffen. Die Zahlungsraten gingen in den ersten Jahren regelmässig ein, blieben jedoch in letzter Zeit

BGE 93 III 23 S. 25

infolge der angespannten finanziellen Lage der Schuldnerfirmen aus. Gemäss Vereinbarung wäre die Konkursverwaltung der Kredit- und Verwaltungsbank Zug berechtigt, die gesamte Restforderung geltend zu machen, was zum Konkurs der Schuldnerfirmen in Deutschland führen würde.

Von dritter Seite erhielt die Schweiz. Treuhandgesellschaft als ausserordentliche Konkursverwaltung ein Angebot, wonach die Forderung gegen Bezahlung eines Betrages von DM 85 000.-- erworben werden soll. Sie hat dieses Angebot angenommen in der Überzeugung, dass damit den Gläubigern der Kredit- und Verwaltungsbank Zug gedient wäre.

Die Annahme dieses Angebotes gilt jedoch unter dem Vorbehalt, dass bis Montag, den 5. Dezember 1966, kein Gläubiger gegen Hinterlegung der Summe von DM 85 000.-- bzw. des Gegenwertes in Schweizerfranken gemäss Art. 260 SchKG die Abtretung der Gläubigerrechte verlangt. Die Unterlagen können bis zu diesem Termin bei der Schweiz. Treuhandgesellschaft, Talstrasse 80, Zürich, eingesehen werden."

Die in dieser Verfügung erwähnte Forderung beläuft sich auf rund DM 450 000.--. Sie richtet sich gegen die Firmen Karl Heinz Urgatz und Kicker-Tischfussballspiele GmbH in Nieder bardenberg bei Aachen als Solidarschuldner.

B.- Gegen die Verfügung vom 25. November 1966 führte der Konkursgläubiger Max Kaufmann am 5. Dezember 1966 Beschwerde mit dem Antrag, sie aufzuheben.

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Das Kantonsgericht des Kantons Zug, das die Beschwerde als einzige kantonale Instanz im Sinne von Art.

36 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (BankG) zu beurteilen hatte, hat mit Entscheid vom 22. Februar 1967 die angefochtene Verfügung aufgehoben und die Konkursverwaltung angewiesen, "die Restforderung der Konkursmasse gegen Kicker/Urgatz einzuziehen, nötigenfalls auf dem Betreibungswege". Das Kantonsgericht ist der Auffassung, der freihändige Verkauf der in Frage stehenden - unbestrittenen - Forderung verstosse gegen Art. 243 Abs. 1 SchKG.

C.- Die Konkursverwalterin hat den Entscheid des Kantonsgerichtes an das Bundesgericht weitergezogen mit dem Antrag, er sei aufzuheben und ihre Verfügung vom 25. November 1966 sei "als rechtens zu bestätigen".

Erwägungen

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Im Konkurs über eine Bank übt nach Art. 36 Abs. 2

BGE 93 III 23 S. 26

BankG die Konkursverwaltung "sämtliche Rechte auch der Gläubigerversammlung aus". Sie ist also insbesondere berechtigt, im Sinne von Art. 253 Abs. 2 SchKG "alles Weitere für die Durchführung des Konkurses" anzuordnen und im Sinne von Art. 256 Abs. 1 SchKG den freihändigen Verkauf von Vermögensgegenständen der Masse zu beschliessen. Im übrigen sind im Konkurs über eine Bank die allgemeinen Regeln des Konkursverfahrens anwendbar. Das gilt auch für die Verwertung der Aktiven, da das Bundesgericht von der ihm durch Art. 36 Abs. 3 BankG eingeräumten Befugnis, hierüber (sowie über den Schuldenruf und die Kollokation der Gläubiger) vom SchKG abweichende Vorschriften aufzustellen, bisher nicht Gebrauch gemacht hat. Die Gläubiger können die ihnen nach dem allgemeinen Konkursrecht zustehenden Rechte auch im Bankenkonkurs voll ausüben (BGE 86 III 119 Erw. 3).

2. Gemäss Art. 243 Abs. 1 SchKG werden unbestrittene fällige Guthaben der Masse von der Konkursverwaltung eingezogen, nötigenfalls auf dem Betreibungswege. Darnach hat die Konkursverwaltung fällige Guthaben, die der Drittschuldner auf eine Zahlungsaufforderung hin weder bezahlt noch ausdrücklich bestreitet, in Betreibung zu setzen und, wenn kein Rechtsvorschlag erfolgt, die Betreibung weiterzuführen (JAEGER N. 1 zu Art. 243 SchKG; BLUMENSTEIN, Handbuch, S. 762; zur Frage, ob der Konkursverwaltung auch die Stellung von Rechtsöffnungsbegehren obliegt, vgl. ausser den eben genannten Autoren BGE 86 III 128 /129 mit Hinweis auf A. ZIEGLER, BlSchK 4 S. 71, sowie FRITZSCHE, Schuldbetreibung, Konkurs und Sanierung, II S. 136). Solche Guthaben durch Versteigerung oder Freihandverkauf zu verwerten, ist grundsätzlich nicht zulässig (BGE 50 III 68 Erw. 3). Der Verwertung unterliegt erst ein allfälliger Verlustschein (BGE 26 II 485 = Sep. ausg. 3 S. 143; vgl. BGE 50 III 69 Erw. 5).

Diese Regelung beruht auf der Erwägung, dass die Einziehung von Guthaben der Masse durch die Konkursverwaltung, falls ohne grosse Kosten und Umtriebe möglich, den Interessen der Gesamtheit der Konkursgläubiger in der Regel am besten dient und dass das SchKG für die Eintreibung von unbestrittenen fälligen Guthaben ein Verfahren zur Verfügung stellt, das sich normalerweise mit verhältnismässig wenig Kosten und Umtrieben durchführen lässt. Dementsprechend können die erwähnten Grundsätze nicht uneingeschränkt gelten, wenn die Eintreibung,

BGE 93 III 23 S. 27

obwohl das Guthaben unbestritten und fällig ist, ausnahmsweise besondern Schwierigkeiten begegnet, insbesondere wenn sie nicht in der Schweiz nach Massgabe des SchKG erfolgen kann, sondern wenn es dazu eines Zwangsvollstreckungsverfahrens im Ausland bedarf. In solchen Fällen muss es zulässig sein, ein dem Bestand nach anerkanntes und fälliges Guthaben wie ein bestrittenes Guthaben zu behandeln. In BGE 50 III 68 /69 Erw. 4 werden denn auch die sogenannten dubiosen Forderungen, wozu neben den ihrem Bestande nach zweifelhaften auch die schwierig einzubringenden Forderungen gehören, zu den bestrittenen Forderungen gerechnet. Auf der gleichen Auffassung beruht ferner Art. 37 der bundesgerichtlichen Verordnung vom 11. April 1935 betreffend das Nachlassverfahren von Banken und Sparkassen (VNB), wo die schwer einbringlichen Ansprüche hinsichtlich des Verzichts auf die Geltendmachung für Rechnung der Masse den bestrittenen Ansprüchen gleichgestellt werden.

Im vorliegenden Falle können die Drittschuldner nicht in der Schweiz betrieben werden. Vielmehr müsste ein Zwangsvollstreckungsverfahren in Deutschland nach den dort geltenden Vorschriften durchgeführt werden. Damit wären ohne Zweifel bedeutende Kosten und Umtriebe verbunden, und der Erfolg eines solchen Vorgehens wäre überdies nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz "höchst ungewiss", da die Schuldnerfirmen überschuldet sind. Die Konkursverwaltung hat deshalb Art. 243 Abs. 1 SchKG nicht verletzt, indem sie davon absah, die fragliche Forderung auf dem Wege der Zwangsvollstreckung einzuziehen.

3. Streitige Ansprüche der Masse dürfen nach Art. 79 Abs. 2 KV, der gemäss Art. 96 lit. b KV auch für das summarische Verfahren gilt (vgl. z.B. BGE 58 III 112, BGE 64 III 37, BGE 79 III 12 Erw. 3), erst versteigert werden, nachdem die Mehrheit der Gläubiger auf ihre Geltendmachung verzichtet hat und die für die Stellung von Abtretungsbegehren nach Art. 260 SchKG angesetzte Frist unbenützt verstrichen ist. BGE 58 III 112 und, BGE 78 III 169 stellen in dieser Hinsicht den Freihandverkauf der Versteigerung gleich. Vorkehren, die gegen Art. 79 KV verstossen, sind nichtig (BGE 58 III 112, BGE 79 III 12 Erw. 3).

Seite 2 von 493 III 23 - Schweizerisches Bundesgericht

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Die normalerweise der Mehrheit der Gläubiger zustehende Befugnis, auf die Geltendmachung eines Anspruchs für Rechnung der Masse zu verzichten, wird im Konkurs einer Bank

BGE 93 III 23 S. 28

gemäss Art. 36 Abs. 2 BankG von der Konkursverwaltung ausgeübt. Im übrigen gelten im Bankenkonkurs für die Behandlung streitiger Ansprüche die allgemeinen Regeln (vgl. Erw. 1 hievor). Darnach hätte die Konkursverwaltung im vorliegenden Falle nach dem Verzicht auf die Geltendmachung des Guthabens für Rechnung der Masse zunächst den Konkursgläubigern durch Ansetzung einer Frist freie Gelegenheit zur Stellung von Abtretungsbegehren im Sinne von Art. 260 SchKG bieten sollen und erst nach unbenütztem Ablauf dieser Frist zur Verwertung des Guthabens auf dem Wege der Versteigerung oder des Freihandverkaufes schreiten dürfen.

Zwischen der Versteigerung und dem Freihandverkauf bestehen jedoch Unterschiede, die bei der Anwendung von Art. 79 Abs. 2 KV berücksichtigt zu werden verdienen.

Das Ergebnis einer Versteigerung ist stets ungewiss. Die Versteigerung streitiger Rechtsansprüche zeitigt erfahrungsgemäss in den allermeisten Fällen nur einen geringen Erlös. Sie darf daher in keinem Falle angeordnet werden, ohne dass die Konkursgläubiger vorher Gelegenheit erhalten haben, die Abtretung nach Art. 260 SchKG zu verlangen.

Bei Freihandverkäufen können die Verhältnisse ähnlich liegen (vgl. den Fall BGE 58 III 108 ff., wo nur sehr bescheidene Angebote vorlagen). Es ist aber auch möglich, dass die Konkursverwaltung Kaufsangebote erhält, die anzunehmen sich im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger jedenfalls dann aufdrängt, wenn kein Gläubiger seinerseits ein noch besseres Angebot macht. Gegenüber dem Interesse der Gläubigergesamtheit an der Wahrnehmung einer solchen Verwertungsgelegenheit muss das Interesse der einzelnen Gläubiger an einer Abtretung im Sinne von Art. 260 SchKG zurücktreten, m.a.W. den Gläubigern ist in einem solchen Falle nicht oder jedenfalls nicht bedingungslos zu erlauben, Abtretungsbegehren zu stellen.

Durfte die Konkursverwaltung annehmen, die Annahme des ihr zugegangenen Angebotes liege im Interesse der Masse, so war sie folglich nicht gehalten, den Konkursgläubigern freie Gelegenheit zur Stellung von Abtretungsbegehren zu bieten.

4. Um der Masse das finanzielle Ergebnis, das von der Annahme des eingegangenen Kaufsangebotes zu erwarten war, auf alle Fälle zu sichern, der Vorschrift von Art. 79 Abs. 2 KV aber doch in einem gewissen Masse Rechnung zu tragen, hat die Konkursverwaltung das Angebot unter der Bedingung angenommen,

BGE 93 III 23 S. 29

dass innert einer von ihr angesetzten Frist kein Gläubiger gegen Hinterlegung der ihr angebotenen Kaufpreissumme die Abtretung nach Art. 260 SchKG verlangen sollte. Sie lehnte sich dabei an die Rechtsprechung an, wonach die Abtretung eines streitigen Anspruchs von der Einzahlung des Betrages abhängig gemacht werden darf, welcher der Masse nach dem bisherigen Ergebnis eines von ihr geführten Prozesses bzw. auf Grund eines unter Vorbehalt der Abtretung nach Art. 260 SchKG geschlossenen Vergleiches zukommen würde (BGE 52 III 67 /68, BGE 67 III 102, BGE 78 III 138 und 170, BGE 86 III 129 /130).

Dieses Vorgehen kann nicht gutgeheissen werden. Wenn für den freihändigen Erwerb eines Masserechtsanspruches ein Angebot vorliegt, dessen Ausnützung mit Rücksicht auf die Interessen der Gläubigergesamtheit nicht durch eine unbeschränkte Anwendung von Art. 79 Abs. 2 KV gefährdet werden darf (vgl. Erw. 3 hievor), sind nämlich die Interessen der einzelnen Gläubiger überhaupt nicht nach dieser Bestimmung, sondern auf andere Weise zu wahren.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes darf die Konkursverwaltung im ordentlichen Verfahren den Gläubigern einen Freihandverkauf von Vermögensstücken der Masse nicht zur Genehmigung unterbreiten, ohne ihnen Gelegenheit zu geben, höhere Angebote zu machen (BGE 82 III 61 ff., bes. 63; vgl. auch BGE 50 III 67 Erw. 1, BGE 88 III 39 Erw. 6; im Falle BGE 86 III 102 ff., wo diese Gelegenheit anscheinend nicht allen Gläubigern ausdrücklich geboten wurde, lagen besondere Verhältnisse vor). Für das summarische Verfahren wurde in BGE 63 III 87 entschieden, die Konkursverwaltung dürfe einen Freihandverkauf nicht abschliessen, ohne allen Gläubigern Gelegenheit zu geben, Angebote zu stellen. In BGE 76 III 102 ff. wurde dann aber dem Ermessen der Konkursverwaltung anheimgestellt, ob sie vor dem Abschluss eines Freihandverkaufs sämtlichen Gläubigern diese Gelegenheit einräumen wolle.

b) Im Konkurs einer Bank kann sich die Konkursverwaltung wie im summarischen Konkursverfahren (Art. 231 Abs. 3 Sch KG) unter Vorbehalt des Art. 256 Abs. 2 SchKG und der Art. 75-79 KV von sich aus für einen Freihandverkauf entscheiden (Art. 36 Abs. 2 BankG in Verbindung mit Art. 256 Abs. 1 SchKG). Ob im Bankenkonkurs die Fristansetzung zur Stellung höherer Angebote wie im ordentlichen Konkursverfahren obligatorisch sei oder wie im summarischen Konkursverfahren im

BGE 93 III 23 S. 30

Ermessen der Konkursverwaltung liege, braucht im vorliegenden Fall nicht allgemein entschieden zu werden. Vielmehr genügt die Feststellung, dass den Gläubigern im Bankenkonkurs auf jeden Fall dann eine solche Frist zu setzen ist, wenn wie hier eine schwer einbringliche hohe Forderung der Masse freihändig verkauft werden soll, ohne dass die Gläubiger Gelegenheit erhalten, bedingungslos (ohne Gegenleistung) die Abtretung nach Art. 260 SchKG zu verlangen. Die Fristsetzung zur Stellung höherer Angebote dient den Interessen der einzelnen Gläubiger besser als die von der Konkursverwaltung im vorliegenden Fall erlassene Fristsetzung zur Stellung von Abtretungsbegehren im Sinne von Art. 260 SchKG gegen

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Hinterlegung der vom Drittinteressenten als Kaufpreis angebotenen Summe, da der Gläubiger, der das höchste Angebot macht, die Masseforderung ohne die Verpflichtung, einen allfälligen Überschuss des Prozessergebnisses über die Kosten, die eigene Forderung und den hinterlegten Betrag an die Masse abzuliefern (vgl. Art. 260 Abs. 2 SchKG), abgetreten erhält. Auf der andern Seite rechtfertigt es sich, dass die Masse auf einen solchen (wenig wahrscheinlichen) Überschuss verzichtet, wenn im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger eine Masseforderung freihändig verkauft wird, ohne dass den einzelnen Gläubigern bedingungslos die Stellung von Abtretungsbegehren nach Art. 260 SchKG erlaubt wird.

Die Konkursverwaltung hat daher im vorliegenden Falle ihren Entschluss, die fragliche Forderung zu DM 85 000.-- freihändig zu verkaufen, den Gläubigern unter Angabe des Nennwertes der Forderung durch eine neue Ausschreibung mitzuteilen und den Gläubigern rechtzeitig eine angemessene (mindestens zehn volle Tage umfassende) Frist zur Stellung höherer Angebote und zur Sicherstellung des angebotenen Betrages zu setzen.

5. Während im ordentlichen Konkursverfahren Entscheide der Gläubigermehrheit über die Art der Verwertung nur wegen Gesetzwidrigkeit angefochten werden können (BGE 86 III 103 mit Hinweisen, BGE 87 III 113) und fraglich ist, wieweit im summarischen Verfahren derartige Entscheide der Konkursverwaltung der Beschwerde unterliegen (BGE 76 III 106 Erw. 3), sind im Bankenkonkurs die Entscheide der Konkursverwaltung allgemein auch wegen Unangemessenheit weiterziehbar (Art. 36 Abs. 2 BankG in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 SchKG; BGE 85 III 156; REIMANN, Kommentar zum BankG, 3. Aufl. 1963, N. 4 zu Art. 36 BankG). Überdies können im Konkurs einer Bank

BGE 93 III 23 S. 31

die Entscheide des Konkursgerichtes als Beschwerdeinstanz in Abweichung von Art. 19 SchKG auch wegen Unangemessenheit an das Bundesgericht weitergezogen werden (Art. 53 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung vom 30. August 1961 zum BankG; BGE 85 III 155 /156). Diese Regelung bedeutet, wie REIMANN (a.a.O. N. 5) ausführt, einen gewissen Ausgleich für die Abschaffung der Gläubigerversammlung.

Ob die Interessen der Gläubigergesamtheit der Konkursverwaltung bei der gegebenen Sachlage geboten, das ihr unterbreitete Kaufsangebot unter Vorbehalt des Rechts der Konkursgläubiger zur Stellung höherer Angebote anzunehmen, ist eine Frage der Angemessenheit (vgl. BGE 87 III 115). Das Kantonsgericht hat diese Frage nicht geprüft, weil es die angefochtene Verfügung als gesetzwidrig betrachtete. Seine tatsächlichen Feststellungen erlauben jedoch der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, die Frage zu beurteilen. Da festgestellt ist, dass die Geltendmachung der gesamten Restforderung aus der Abzahlungsvereinbarung vom Jahre 1960 zum Konkurs der Schuldnerfirmen führen würde und dass "höchst ungewiss ist, welcher Teilbetrag der Forderung wegen der Überschuldung der Schuldnerfirmen überhaupt eingebracht werden kann", lässt sich nicht als unangemessen bezeichnen, dass die Konkursverwaltung das ihr gemachte Angebot nach einer sorgfältigen Prüfung unter Vorbehalt der Rechte der einzelnen Konkursgläubiger annahm.

Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen und der angefochtene Entscheid

aufgehoben.

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[email protected] I www.sjwz.ch

05.02.2019: Update SchKG – Neuere Entwicklungen im Zwangsvollstreckungsrecht

Unterlagen Referierende

Teil 2: Unterlagen Daniel Hunkeler

Einführung

Teil 3: Unterlagen Franco Lorandi

Potpourri zu Art. 260 SchKG

Übersicht über die Abtretung von Rechtsansprüchen gem. Art.260 SchKG und Auswahl verschiedenster Einzelfragen

Teil 4: Unterlagen Hansjörg Peter

Neuere kantonale Rechtsprechung

Teil 5: Unterlagen Thomas Engler

Aktuelle Entscheide des Kantons Zürich (und des Bundesgerichts)

Teil 6: Unterlagen Daniel Hunkekler

Übersicht und ausgewählte Einzelfragen zum neuen Sanierungsrecht

1

Weiterbildungsveranstaltung der Stiftung Juristische

Weiterbildung

Zürich, 5. Februar 2019

Rechtsprechung zum Schuldbetreibungs- und Konkursrecht

Hansjörg Peter, Professor an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne

Inhaltsverzeichnis1

1 Aktuelle Rechtsprechung ....................................................................................................... 3

1.1 ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ......................................................................................................................... 3

1.1.1 Einsichtsrecht.............................................................................................................................................. 3 1.1.2 Beschwerde .................................................................................................................................................. 4 1.1.3 Nichtigkeit .................................................................................................................................................... 6 1.1.4 Fristen und Betreibungsferien ............................................................................................................. 6 1.1.5 Betreibungsort ............................................................................................................................................ 7 1.1.6 Zustellung von Betreibungsurkunden .............................................................................................. 7 1.1.7 Betreibungsart ............................................................................................................................................ 9 1.1.8 Tarife und Kosten ...................................................................................................................................... 9

1.2 EINLEITUNGSVERFAHREN ................................................................................................................................ 10

1.2.1 Definitive Rechtsöffnung ...................................................................................................................... 12 1.2.2 Provisorische Rechtsöffnung .............................................................................................................. 15 1.2.3 Rechtsöffnungsverfahren ..................................................................................................................... 17 1.2.4 Aberkennungsklage ................................................................................................................................ 19

1.3 PFÄNDUNG.......................................................................................................................................................... 20

1.3.1 Pfändbarkeit, Pfändung und Schätzwert ....................................................................................... 20 1.3.2 Widerspruchsverfahren ........................................................................................................................ 23 1.3.3 Lastenverzeichnis, Verwertung und Verlustschein ................................................................... 24

1.4 PFANDVERWERTUNG ........................................................................................................................................ 26

1 Diese Dokumentation konnte dank der Hilfe von Frau Louise Hauptmann, Assistentin an der

rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne, und Herrn Nicolas Reymond, Hilfsassistent an der

rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne, erstellt werden.

2

1.5 KONKURS ............................................................................................................................................................ 27

1.5.1 Eröffnung des Konkurses ..................................................................................................................... 27 1.5.2 Weiterzug und Aufhebung des Konkursurteils ........................................................................... 29 1.5.3 Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung ........................................................................ 29 1.5.4 Inventar, rechtliche Wirkungen und Liquidation ...................................................................... 30 1.5.5 Kollokationsplan ...................................................................................................................................... 32 1.5.6 Abtretung .................................................................................................................................................... 32 1.5.7 Neues Vermögen ...................................................................................................................................... 32

1.6 ARREST ............................................................................................................................................................... 33

1.6.1 Steuerarrest ............................................................................................................................................... 36

1.7 PAULIANISCHE ANFECHTUNGSKLAGE ........................................................................................................... 37

1.8 NACHLASSVERTRAG .......................................................................................................................................... 38

2 Abkürzungen ........................................................................................................................... 39

3

1 Aktuelle Rechtsprechung

1.1 Allgemeine Bestimmungen

Obergericht des Kantons Zürich, 3. März 2014, ZR 2014 145: Die Betreibung ist die

Behauptung, gegen den Betriebenen eine Forderung zu haben. Sie sagt nichts über die

Leistungsbereitschaft, namentlich die Zahlungsfähigkeit aus. Eine Betreibung ist daher nicht

objektiv auf eine Beeinflussung der Wettbewerbsverhältnisse angelegt, sie ist nicht

wettbewerbsrelevant, selbst wenn sie für Dritte bzw. Abnehmer erkennbar ist. Daher ist die

Behauptung, gegen jemanden eine Forderung zu haben, keine Herabsetzung im Sinne von

Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG. Sie ist daher auch strafrechtlich irrelevant (Art. 23 UWG).

Das gilt auch im Falle von missbräuchlichen und Schikanebetreibungen.

Würde eine Betreibung als mögliches strafbares Verhalten qualifiziert (Art. 3 UWG in

Verbindung mit Art. 23 UWG), so wären im Geschäftsverkehr nur Betreibungen zulässig, die

sich mit einer gewissen Sicherheit auf zu Recht bestehende Forderungen stützen.

Bundesgericht, 28. Januar 2016, BlSchK 2016 232: Mit der Beschwerde ans Bundesgericht

gegen die Aufnahme des Retentionsverzeichnisses kann man nur die Verletzung

verfassungsmässiger Rechte rügen, nicht aber die Verletzung des Gesetzes. Verweis wegen

beleidigender Äusserungen.

Bundesgericht, 20. Oktober 2016, SZZP 2017 75: Ein Mitglied eines Kantonsgerichts muss

nicht in den Ausstand treten, weil ebendieses Gericht den Kanton im Betreibungsverfahren

vertritt. Die Zughörigkeit zum Kantonsgericht alleine begründet noch keine Befangenheit.

Bundesgericht, 7. Juni 2017, BlSchK 2018 20: Wer weiss, dass ein Verfahren stattfindet, an

dem er beteiligt ist, muss mit eingeschriebener Post rechnen.

Bundesgericht, 13. Juni 2017, BN 2017 187: Es widerspricht der sorgfältigen und

gewissenhaften Ausübung des Anwaltsberufs, wenn nach Erhalt einer

Verjährungsverzichtserklärung kein Rückzug der Betreibung vorgenommen wird.

BGE 142 II 307, 9. Mai 2016: Weder Art. 321 Ziff. 2 StGB noch Art. 13 BGFA nennen die

für die Entbindung massgeblichen Kriterien. Seit der bundesrechtlichen Vereinheitlichung des

anwaltlichen Berufsrechts sind die massgeblichen Kriterien ausschliesslich dem Bundesrecht

zu entnehmen, wobei für die Erteilung einer Entbindung mindestens die Voraussetzungen für

einen strafrechtlichen Rechtfertigungsgrund vorliegen müssen. Ein Anwalt hat regelmässig

ein schutzwürdiges Interesse an der Entbindung zwecks Eintreibung offener

Honorarforderungen; er muss aber darlegen, weshalb ihm eine Deckung mittels

Kostenvorschuss nicht möglich war.

1.1.1 Einsichtsrecht

Obergericht des Kantons Obwalden, 11. Dezember 2012, BlSchK 2016 61: Besteht ein

aktuelles, besonderes Interesse, so können Akten im Konkurs umfassend eingesehen werden.

Das Geheimhaltungsinteresse der Konkursitin ist regelmässig untergeordnet. Strafrechtliche

Beschlagnahme der Akten hindert das Einsichtsrecht nur vorübergehend.

4

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 12. September 2013, BlSchK 2015 235: Ausser

internen Arbeitsnotizen gehören alle Unterlagen, welche die Konkursverwaltung

zuständigkeitshalber erhält, zum Dossier und müssen entsprechend eingesehen werden

können.

Wenn jemand Interessen geltend macht, die nicht diejenigen eines Gläubigers sind oder die

keinen direkten Bezug zur Betreibung haben, so kann ihm die Einsicht verweigert werden.

Obergericht des Kantons Bern, 18. Juni 2014, BlSchK 2015 238: Verwandtschaft

begründet für sich alleine kein Einsichtsrecht.

Obergericht des Kantons Zürich, 25. Juli 2014, BlSchK 2015 107: Führt die Konkursitin

gegen die Revisionsstelle einen Verantwortlichkeitsprozess, so kann letztere Akteneinsicht im

Zivilprozess verlangen, nicht aber im Konkurs. Die zivilprozessuale Bestimmung ist in einer

solchen Konstellation lex specialis.

Obergericht des Kantons Solothurn, 20. April 2015, BlSchK 2016 57: Der Schuldner kann

einen Betreibungsregisterauszug verlangen, der lediglich über die letzten fünf Jahre Auskunft

erteilt.

Obergericht des Kantons Zürich, 1. Januar 2017, BlSchK 2017 256: Das Interesse ist

gegeben und mit einer Rechnungskopie ausreichend glaubhaft gemacht, wenn bereits ein

Geschäft in bar abgewickelt wurde und der Lieferant um einen Betreibungsauszug ersucht,

um künftige Geschäfte auf Kredit abwickeln zu können.

Bundesgericht, 14. April 2016, BlSchK 2017 5: Kraft Bundesrechts ist das Betreibungsamt

nicht verpflichtet, über erteilte Auskünfte Buch zu führen. Auskunftsbegehren sind keine

Betreibungsakten.

Gegen eine unzulässigerweise erteilte Auskunft kann man nicht Beschwerde führen.

1.1.2 Beschwerde

Obergericht des Kantons Thurgau, 21. Februar 2013, BlSchK 2015 15: Ebenso wie die

Aufsichtsbehörden haben auch die verfügenden Betreibungsämter in ihrer

Rechtsmittelbelehrung die konkrete Rechtsmittelinstanz anzugeben.

Obergericht des Kantons Basel-Landschaft, 4. März 2014, BlSchK 2014 178: Eine

schriftliche Ablehnung eines Gesuchs stellt eine Verfügung dar. Spätere Mitteilungen in

derselben Sache sind nicht mehr selbständig anfechtbar. Das Gesuch um Rückschaffung von

Retentionsgegenständen hat rechtzeitig zu erfolgen, und die einzelnen Tatbestandsmerkmale

sind summarisch vorzutragen.

Bezirksgericht Zürich, 16. Juli 2014, ZR 2014 238: Die Aufsichtsbehörde über

Schuldbetreibung und Konkurs wird grundsätzlich nur auf Beschwerde hin tätig.

Sie ist an die (gemeinsamen) Anträge der Parteien gebunden und darf, unter dem allgemeinen

Vorbehalt der Nichtigkeit (Art. 22 SchKG), nicht darüber hinausgehen (Art. 20a Abs. 2 Ziff.

3 SchKG).

Auf den abweichenden Standpunkt bzw. Antrag der Vorinstanz, hier des Betreibungsamtes,

kommt es nicht an.

Bundesgericht, 23. Mai 2014, BlSchK 2015 221: Wenn sich aus dem Betreibungsbegehren

ergibt, dass ein Pfandrecht – hier gegen den Solidarschuldner – möglicherweise besteht, so

5

hat der Betreibungsgläubiger ein genügendes Interesse an der Beschwerde gegen das

Betreibungsamt, das sich weigert, den Zahlungsbefehl in der Betreibung auf Pfandverwertung

auszustellen.

Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, 25. November 2014, BlSchK 2016 110:

Die Beschwerde gegen den Pfändungsvollzug hat grundsätzlich keine aufschiebende

Wirkung. Der Schuldner kann nicht wünschen, wann ihm die Pfändung angekündigt werde.

Kantonsgericht des Kantons St. Gallen, 5. Juni 2015, BlSchK 2017 205: Es besteht keine

generelle Pflicht für Betreibungs- und Konkursämter auf ihren Verfügungen eine

Rechtsmittelbelehrung anzubringen.

Bundesgericht, 11. Dezember 2015, BlSchK 2018 145: Die Beschwerde ans Bundesgericht

ist nur wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte möglich. Der Richter kann auf Beweise

verzichten, die nicht wichtig erscheinen. Er muss sich davon überzeugen, dass die

Überschuldung der Gesellschaft wahrscheinlich ist.

Bundesgericht, 9. Juni 2015, BlSchK 2016 146: Die am Verfahren interessierten Parteien,

insbesondere der Beschwerdeführer, müssen an der Feststellung des Sachverhaltes mitwirken.

Bundesgericht, 30. November 2015, BlSchK 2016 217: Wer geltend machen will, dass der

Betreibungsgläubiger, welcher auf Pfändung oder Pfandverwertung betreibt, zuerst auf

Pfandverwertung zu betreiben hat, muss Beschwerde – und nicht Rechtsvorschlag – erheben.

Obergericht des Kantons Zürich, 14. Oktober 2016, ZR 2016 210: Der Beschwerde gegen

die Aufhebung der definitiven Stundung mit Konkurseröffnung gestützt auf Art. 296b SchKG

kommt analog der Beschwerde gegen den Bestätigungsentscheid über den Nachlassvertrag

nach Art. 307 SchKG von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu.

Obergericht des Kantons Bern, 1. Februar 2017, BlSchK 2018 102: Auf eine fehlerhafte

Rechtsmittelbelehrung darf sich nur derjenige verlassen, der deren Unrichtigkeit nicht kannte

und nicht hätte kennen müssen. Bei einer Spezialliquidation nach einem Konkurs ist ein

Kollokationsplan zu erstellen und dann besteht die Möglichkeit der Kollokationsklage.

Obergericht des Kantons Zürich, 9. November 2017, ZR 2017 220: Das SchKG regelt das

Verfahren über Ausstandsgesuche gegenüber Mitgliedern der Aufsichtsbehörden nicht. Das

massgebliche Recht des Kantons Zürich verweist auf die ZPO. Nach Art. 50 Abs. 1 ZPO

i.V.m. § 127 lit. c GOG entscheidet daher die untere Aufsichtsbehörde über

Ausstandsbegehren gegenüber ihren Mitgliedern. Dieser Entscheid ist mit Beschwerde

anfechtbar (Art. 50 Abs. 2 ZPO).

Obergericht des Kantons Zürich, 16. November 2017, ZR 2017 225: Eine

«Sprungbeschwerde» in einer Betreibungssache, die direkt beim Obergericht als oberer

kantonaler Aufsichtsbehörde erhoben wird, ist unzulässig. Von einer Weiterleitung der

Beschwerdeeingabe an die untere Aufsichtsbehörde wird abgesehen, wenn die Beschwerde

führende Partei in Kenntnis der Zuständigkeitsordnung absichtlich an die falsche Instanz

gelangte.

Obergericht des Kantons Bern, 19. April 2017, BlSchK 2018 28: Eingreifen der

Aufsichtsbehörde in ein konkretes Verfahren, ohne dass eine Beschwerde vorliegt.

6

Bundesgericht, 1. September 2017, BlSchK 2018 41: Das Betreibungsamt ist nicht

legitimiert, die Interessen Dritter geltend zu machen. Auch kann es die Verletzung des Art. 16

Abs. 4 GebV SchKG nicht geltend machen, wenn diese nicht die Kosten betrifft.

1.1.3 Nichtigkeit

Kantonsgericht des Kantons Freiburg, 14. Januar 2013, BlSchK 2015 144: Ein

Rechtsmissbrauch kann (praktisch) ausgeschlossen werden, wenn der Gläubiger das Ziel, eine

Forderung durchzusetzen, effektiv verfolgt. Dann hat das Betreibungsamt keine

Prüfungsbefugnis.

Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, 15. Februar 2013, BlSchK 2014 154: Eine

offensichtlich rechtsmissbräuchliche Betreibung liegt dann vor, wenn Gläubiger und

Schuldner einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen haben, der die in Betreibung gesetzte

Forderung zweifelsfrei enthält.

Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, 20. Januar 2015, BlSchK 2016 68:

Verfolgt der Gläubiger mit der Betreibung offensichtlich sachfremde Ziele, die nicht das

Geringste mit der Zwangsvollstreckung zu tun haben, so ist die Betreibung

rechtsmissbräuchlich und damit nichtig. Das Betreibungsamt ist befugt, ein solches Begehren

abzuweisen und den Betreibenden damit auf den Beschwerdeweg zu verweisen. In diesem

Fall hat der Betriebene auch keinen Betreibungsregistereintrag.

Cour de Justice des Kantons Genf, 26. Juni 2014, BlSchK 2015 155: Ein

Fortsetzungsbegehren ohne Zahlungsbefehl ist nur aufgrund eines Verlustscheines und

innerhalb der Sechsmonatsfrist möglich.

Bundesgericht, 29. August 2016, SJ 2017 I 109: Verfügungen, die das Existenzminimum

grob verletzen oder gepfändete Gegenstände betreffen, welche sich aber nicht eindeutig

bestimmen lassen, sind im Sinne von Art. 22 SchKG nichtig.

Bundesgericht, 2. November 2015, SJ 2016 I 210: Eine nicht richtige Bezeichnung des

Gläubigers hat die Nichtigkeit der Betreibung zur Folge, wenn sie den Betriebenen irreführt

und hindert, seine Rechte geltend zu machen, namentlich kraft Rechtsvorschlages. Die

Betreibung ist dagegen nicht nichtig, wenn der Betriebene die wahre Identität des Gläubigers

kennt. Diesfalls sind Betreibungsdokumente zu korrigieren und zu vervollständigen.

Bundesgericht, 15. Januar 2014, BlSchK 2016 150: Wer sich auf die Nichtigkeit beruft, wo

sie das Gesetz im öffentlichen Interesse oder zum Schutze Dritter bestimmt, handelt nicht

rechtsmissbräuchlich.

Bundesgericht, 26. April 2016, BlSchK 2017 7: Wenn das Konkursamt bereits angefangen

hat, das vom örtlich unzuständigen Richter ausgesprochene Konkursurteil zu vollziehen

(Einvernahme, Inventar, Kontosperre), so kann dieses nicht mehr nichtig erklärt werden.

1.1.4 Fristen und Betreibungsferien

Bezirksgericht Zürich, 11. Februar 2014, ZR 2014 164: Betreibungsferien hemmen den

Fristenlauf nicht. Eine während der Betreibungsferien ablaufende Frist wird um drei

Werktage verlängert.

7

Obergericht des Kantons Bern, 18. Dezember 2014, AJP 2015 667: Sofern die

Vorschriften über die Betreibungsferien anwendbar sind (was das Vorliegen einer

Betreibungshandlung voraussetzt), geht Art. 56 Ziff. 2 SchKG seinem Pendant in Art. 145

Abs. 1 ZPO als lex specialis vor, und zwar unabhängig von der im gerichtlichen Verfahren

anzuwendenden Verfahrensart.

Bundesgericht, 21. Januar 2014, BlSchK 2015 61: Das Gesuch um Wiederherstellung einer

Frist ist sofort zu stellen, sobald die Verhinderung entfällt, und nicht erst, wenn die verspätete

Eingabe aus dem Recht gewiesen wird.

Obergericht des Kantons Bern, 28. Mai 2014, BlSchK 2015 191: Die Wiederherstellung

einer Frist kann bei falscher behördlicher Auskunft in Betracht kommen. Für die Erhebung

des Rechtsvorschlags ist der Schuldner beweispflichtig.

Obergericht des Kantons Schaffhausen, 30. Dezember 2014, BlSchK 2016 100: Das

Betreibungsamt hat seinen Briefkasten zu Ende der Schalteröffnungszeit zu leeren, damit der

Tag des Eintreffens richtig festgehalten werden kann.

Bundesgericht, 5. April 2017, BlSchK 2018 1: Es ist die für den Postverkehr oder für die

Wahrung der Interessen der Partei nötige Zeit zu berücksichtigen.

1.1.5 Betreibungsort

Bezirksgericht Uster, 28. Februar 2013, BlSchK 2014 138: Eine Administrativadresse

eines Schuldners kann nicht dessen Wohnort sein. Wohnt der Schuldner in einem Heim, einer

Pflegeanstalt, einem Gefängnis oder wie vorliegend in einem Massnahmezentrum und hat

jegliche Brücken hinter sich abgebrochen, so kann er nur dort betrieben werden.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 10. Mai 2013, RTiD 2014 I 814 N. 44c: Der

Betreibungsort bestimmt sich einzig und allein gemäss den Art. 46 ff. SchKG. Das LugÜ ist

nicht massgebend. Wurde kein Spezialdomizil im Sinne von Art. 50 Abs. 2 SchKG gewählt,

ist es auch ausgeschlossen, eine ausländische Gesellschaft in der Schweiz zu betreiben, selbst

dann, wenn man einen Gerichtsstand vereinbart hat.

Kantonsgericht des Kantons Freiburg, 25. Januar 2016, FZR 2016 37: Das

Betreibungsamt ist nicht gehalten, den Wohnsitz des Schuldners ausfindig zu machen, muss

aber immerhin die Angaben des Gläubigers überprüfen, da seine Zuständigkeit davon

abhängt. Die Angabe einer Abgabeadresse bei einem Verwandten genügt nicht, um ein

Spezialdomizil im Sinne von Art. 50 Abs. 2 SchKG zu begründen, denn dieses muss genau

bezeichnete Verpflichtungen gegenüber einem bestimmten Gläubiger betreffen.

1.1.6 Zustellung von Betreibungsurkunden

Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, 31. Juli 2013, BlSchK 2014 138: In die

Türkei zuzustellende Dokumente sind zu übersetzen, wenn dies der Betroffene verlangt.

Rechtsmissbrauch liegt nicht schon vor, wenn der Betroffene längere Zeit in der Schweiz

wohnhaft war und deshalb der deutschen Sprache mächtig sein soll. Eine Publikation der

Betreibungsurkunde ist erst dann zulässig, wenn die Adresse des Betroffenen nicht nur

unvollständig, sondern gänzlich unbekannt und er unerreichbar ist.

8

Bundesgericht, 19. März 2014, BlSchK 2015: Die fehlerhafte Zustellung des

Zahlungsbefehls ist anfechtbar und nicht nichtig, selbst wenn sie Art. 60 SchKG verletzt. Der

Schuldner, der gegen die Pfändung keine Beschwerde erhebt, kann die Zustellung des

Zahlungsbefehls nicht mehr anfechten, wenn die Betreibung abgeschlossen ist.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 18. Dezember 2014, RTiD 2015 II 884 N. 50c:

Ist ein Beistand oder eine vorsorgebeauftragte Person für die Vermögensverwaltung des

volljährigen Schuldners zuständig und hat die Erwachsenenschutzbehörde dies dem

Betreibungsamt mitgeteilt, so werden die Betreibungsurkunden dem Beistand oder der

vorsorgebeauftragten Person zugestellt (Art. 68d Abs. 1 SchKG). Ist die Handlungsfähigkeit

des Schuldners nicht eingeschränkt, so werden die Betreibungsurkunden auch diesem

zugestellt (Art. 68d Abs. 2 SchKG).

Die Zustellung an den Betreibungsschuldner allein ist nichtig, wenn das Betreibungsamt von

der Beistandschaft Kenntnis hatte. Wusste das Amt nichts von der Beistandschaft, sind solche

Zustellungen nur anfechtbar. Die zehntägige Anfechtungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in

welchem der gesetzliche Vertreter von der Zustellung erfährt.

Bezirksgericht Zurzach, 22. Mai 2015, BlSchK 2016 241: Die Zustellung eines

Rechtsöffnungsentscheids durch die Krankenkasse mittels Versandart A-Post Plus ist

rechtsgenüglich. Nur der Schuldner und nicht das Betreibungsamt kann eine fehlerhafte

Zustellung geltend machen.

BGE 142 III 599, 4. Juli 2016: Die Krankenversicherer dürfen ihre Verfügungen, mit denen

sie den Rechtsvorschlag beseitigen, mit A-Post Plus zustellen.

Obergericht des Kantons Schaffhausen, 22. Mai 2015, BlSchK 2016 102: War die

förmliche Zustellung des Rechtsöffnungsentscheids erfolglos, begründet die erneute

Zustellung mittels Versandart A-Post Plus ein genügendes lndiz, dass der Schuldner vom

Entscheid Kenntnis erhalten hat.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 26. Juni 2016, RTiD 2016 I 718 N. 42c: Mit "zur

Haushaltung gehörende Person" im Lichte von Art. 64 Abs. 1 SchKG ist jede Person gemeint,

die mit dem Betriebenen im gleichen Hause wohnt und deren körperliche und psychische

Entwicklung den Eindruck von Reife vermittelt.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 26. April 2016, RTiD 2016 II 645 N. 32c: Die

Zustellung des Zahlungsbefehls mittels Publikation ist eine einschneidende Massnahme.

Bundesgericht, 30. Mai 2016, BlSchK 2017 117: Der Zahlungsbefehl ist nicht nichtig, wenn

die mangelhafte Bezeichnung die Parteien nicht täuscht.

Bundesgericht, 4. Juli 2016, BlSchK 2017 112: Eine fehlerhafte Postzustellung ist nicht

«ausserhalb jeder Wahrscheinlichkeit»; sie ist aber nicht zu vermuten, sondern nur dann

anzunehmen, wenn sie plausibel erscheint.

Bundesgericht, 20. Oktober 2016, BlSchK 2017 74: Die Zustellung an die Privatadresse des

Verwaltungsrates ist möglich, aber es gibt keinen Anspruch darauf. Nach gescheiterter

polizeilicher Zustellung hat das Betreibungsamt ein sehr grosses Ermessen.

9

Bundesgericht, 30. November 2016, BlSchK 2017 75: Der Gläubiger muss die nötigen

Nachforschungen unternehmen, um den Betreibungsort zu bestimmen. Das gilt auch für eine

Krankenkasse.

Bundesgericht, 21. Februar 2018, BlSchK 2018 159: Eine Zustellung mit A-Post Plus

genügt den gesetzlichen Anforderungeng von Art. 85 Abs. 2 StPO grundsätzlich nicht. Die

Zustellung kann ungeachtet der Verletzung von Art. 85 Abs. 2 StPO gültig sein, wenn die

Kenntnisnahme des Empfängers auf andere Weise bewiesen werden kann und die zu

schützenden Interessen des Empfängers (Informationsrecht) gewahrt werden. Bestehen

besondere Zustellvorschriften, wie etwa die in Art. 85 Abs. 2 StPO vorgesehene Zustellung

gegen Empfangsbestätigung, genügt es nicht, dass die Sendung in den Machtbereich des

Empfängers, gelangt. Massgebend ist vielmehr die tatsächliche Kenntnisnahme durch den

Adressaten.

1.1.7 Betreibungsart

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 17. Dezember 2014, RTiD 2015 II 880 N. 47c:

Die Betreibung kann solange nicht auf dem Weg des Konkurses fortgesetzt werden, wie der

Betriebene nicht wirklich im Handelsregister eingetragen ist.

Obergericht des Kantons Zug, 9. Dezember 2016, BlSchK 2017 160: Der Gläubiger kann

wählen, ob er die ordentliche Betreibung oder Betreibung auf Pfandverwertung einleitet. Für

die gleiche Forderung darf aber nicht mehrfach betrieben werden.

1.1.8 Tarife und Kosten

Bundesgericht, 25. September 2014, SJ 2015 I 33: Die Verfügung, die den Stundenansatz

der Konkursverwaltung festlegt, ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG.

Das gilt auch dann, wenn die Aufsichtsbehörde schon über die Anwendung der Art. 44-46

GebV SchKG entscheidet.

Kantonsgericht des Kantons Freiburg, 5. Mai 2015, FZR 2015 164: Der Gläubiger kann

durch die Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht von der vom Konkursamt

geforderten Leistung eines Kostenvorschusses befreit werden.

Bundesgericht, 15. Juni 2015, BlSchK 2015 233: Innerhalb der Beschwerdefrist seit

Kenntnis der Kostenbelastung kann man eine detaillierte Kostenrechnung verlangen. Diese

kann man wiederum innert zehn Tagen seit Erhalt mit Beschwerde anfechten.

Auch ein älterer Bundesgerichtsentscheid – hier aus Band 63 – kann für die Praxis bedeutend

sein.

Bundesgericht, 6. Juni 2016, BlSchK 2017 115: Der Vorschuss muss sich auf die

wirklichen oder vermutlich zu bezahlenden Kosten beziehen. «Ungenügende

Zahlungsfähigkeit oder Kreditwürdigkeit» des Betreibungsgläubigers kann kein Kriterium

sein.

Bezirksgericht Zürich, 7. Juli 2016, ZR 2017 131: Verlangt das Gericht im

Rechtsöffnungsverfahren einen Vorschuss für die Spruchgebühr, hat es die Säumnisfolge des

Nichteintretens schon mit der ersten Verfügung anzudrohen.

Bundesgericht, 2. August 2016, BlSchK 2017 143: Der Kostenvorschuss beruht auf einer

Schätzung der voraussichtlichen Kosten.

10

BGE 142 III 648, 19. August 2016: Der Rückzug der Betreibung durch den Gläubiger führt

zu einer nicht besonders tarifierten Eintragung des Betreibungsamtes, welche gemäss Art. 42

GebV SchKG gebührenpflichtig ist.

Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt, 18. Oktober 2016, BJM 2018 28: Die Kosten eines

vom Gläubiger mandatierten Inkassounternehmens können in der Regel nicht unter dem Titel

«Verzugsschaden» dem Schuldner überbunden werden.

Kantonsgericht des Kantons Freiburg, 4. November 2016, FZR 2017 88: Legt der

Gläubiger, der die Verjährung unterbrechen will, seinem Betreibungsbegehren eine

Rückzugserklärung bei, muss das Betreibungsamt auf die Ausstellung des Zahlungsbefehls

verzichten und kann nur eine Pauschalgebühr verlangen.

Bundesgericht, 8. Mai 2017, BlSchK 2017 245: Streitwert der Beschwerde gegen einen

kantonalen Kostenentscheid. Art. 48 GebV SchKG bestimmt die Gerichtskosten im

summarischen Verfahren. Die Gerichte haben ein Ermessen. Ziel und Zweck ist es, die dem

Staat entstandenen Kosten zu ersetzen und aussichtslose Verfahren zu vermeiden.

Aufsichtsbehörde des Kantons Basel-Land, 16. Mai 2017, BlSchK 2018 97 : Die

Gebührenrechnung des rechtshilfeweise beauftragten Betreibungsamts ist durch das

auftraggebende Amt anfechtbar. Gebühren für Zustellung, Abholungsaufforderung,

polizeiliche Zustellung und Rücksendung.

Cour de Justice des Kantons Genf, 21. September 2017, BlSchK 2018 152: Das

Betreibungsamt kann dem Gläubiger keine Gebühr dafür verrechnen, dass es eine Anfrage

des Gläubigers beantwortet hat, soweit diese Anfrage wegen einer unerlaubten

Rechtsverzögerung desselben Betreibungsamts erfolgte.

1.2 Einleitungsverfahren

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 19. November 2013, RTiD 2014 II 885 N. 50c:

Der beim Betreibungsamt eingegangene Rückzug des Rechtsvorschlags ist definitiv. Die

Situation ist nun die, wie wenn nie ein Rechtsvorschlag erhoben worden wäre.

Obergericht des Kantons Bern, 27. November 2013, ZZZ 2013 211: Gemäss Art. 128 Ziff.

1 OR verjähren periodische Leistungen, jede für sich, nach Ablauf von jeweils fünf Jahren.

Der Umstand, dass schlussendlich ein Gesamtbetrag aus Unterhaltspflicht offen bleibt, ändert

nichts daran, dass nicht dieser Gesamtbetrag zu einem einheitlichen Zeitpunkt verjährt,

sondern die einzelnen Unterhaltsbetreffnisse je nacheinander.

Eine Teilzahlung kann demnach bei Unterhaltsforderungen nicht in Bezug auf die gesamte

ausstehende Schuld verjährungsunterbrechend wirken, sondern nur in Bezug auf eine

Monatsschuld. In der Leistung einer Teilzahlung liegt keine generelle Anerkennung noch

nicht honorierter Unterhaltspflichten.

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 23. Januar 2014, BlSchK 2015 195: Allein der

Willensvollstrecker kann, wenn es um das Erbschaftsvermögen geht, betreiben und betrieben

werden. Die Quittung für den Erbvorbezug ist nicht zwingend ein Rechtsöffnungstitel.

11

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 11. Februar 2014, RTiD 2014 II 885 N. 49c:

Kann der Betriebene aus dem Zusammenhang ableiten, für welche Forderung man ihn

betreibt, so genügen auch allgemeine Angaben im Hinblick auf den Forderungsgrund. Das

Betreibungsbegehren oder der Zahlungsbefehl ist hier nicht ungültig. Der Betriebene muss

aber die verfolgte Forderung genau bestimmen können und eine Verwechslung mit anderen

Forderungen, zwischen den gleichen Parteien, muss ausgeschlossen sein.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 24. April 2014, RTiD 2014 II 891 N. 54c: Der

Betreibungsschuldner kann seinen Rechtsvorschlag teilweise zurückziehen. Erfolgt der

Rückzug für einen Teil der Forderung, ist das endgültig. Der Betreibungsschuldner kann

später nicht auf den Rückzug zurückkommen und erneut Rechtsvorschlag gegen ebendiesen

Teil erheben.

Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, 19. August 2014, BlSchK 2015 239: Im

Betreibungsbegehren ist der Schuldner eindeutig zu bezeichnen. Ob ein einzelner Erbe – bei

mehreren Erben ein jeder für sich – oder die unverteilte Erbschaft Betreibungssubjekt bildet,

ist allenfalls durch Rückfrage beim Gläubiger zu ermitteln. Ist unklar, wer Partei ist, hat dies

Nichtigkeit zur Folge.

Bundesgericht, 10. September 2015, SJZ 2015 612: Wer betreibt, statt vom Schuldner einen

Verzicht auf die Verjährung zu verlangen, handelt keineswegs rechtsmissbräuchlich. Das

Gesetz sieht die Betreibung ausdrücklich als verjährungsunterbrechende Handlung vor.

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 2. Dezember 2015, BlSchK 2017 158: Die

Betreibung ist missbräuchlich, wenn sie einzig dazu dienen soll, dem Betreibungsschuldner

zu schaden.

BGE 142 III 78, 3. Dezember 2015: Der ehemals sorgeberechtigte Elternteil ist nicht

berechtigt, nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes in eigenem Namen Unterhaltsbeiträge

für die Zeit der Minderjährigkeit des Kindes in Betreibung zu setzen und dafür Rechtsöffnung

zu verlangen.

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 16. Februar 2016, BlSchK 2017 162: Die Wendung

«Nicht zurückerstattete Zahlung» bezeichnet den Forderungsgrund nicht genügend.

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 3. März 2016, BlSchK 2017 89: Der Ehegatte kann

Rechtsvorschlag erheben, auch um die Forderung im allgemeinen zu bestreiten und selbst

wenn der Güterstand auf ausländischem Recht beruht.

Obergericht des Kantons Zürich, 10. März 2016, ZR 2016 113: Es besteht bei der

Umrechnung von Fremdwährungsforderungen grundsätzlich kein Raum für eine

ausschliesslich den Interessen des Gläubigers dienende Wahl zwischen dem Devisenkurs im

Zeitpunkt des Betreibungsbegehrens und dem Kurs bei Fälligkeit seiner Forderung.

Obergericht des Kantons Bern, 19. Juli 2016, Plädoyer 2017/1 59: Die Berner

Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen akzeptiert die Praxis von Gläubigern,

ein Betreibungsbegehren und zugleich dessen Rückzug einzureichen, um so kostengünstig zu

einer Bestätigung einer verjährungsunterbrechenden Handlung zu kommen. Ob dieses

Vorgehen materiell-rechtlich die Verjährung tatsächlich unterbricht, lässt sie aber offen.

12

Kantonsgericht des Kantons St. Gallen, 4. August 2016, BlSchK 2016 246: Grundsätzlich

ist es möglich, gleichzeitig die Betreibung und deren Rückzug zu verlangen. Es unterliegt

aber ernsthaften Zweifeln, ob dieses Vorgehen auch geeignet ist, die Verjährung zu

unterbrechen.

Obergericht des Kantons Zug, 21. November 2016, BlSchK 2017 121: Rechtsvorschlag

kann formfrei erhoben werden, auch per E-Mail.

BGE 143 III 149, 20. Januar 2017: Für die im ordentlichen oder vereinfachten Verfahren

eingeleitete Klage in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen sind auf die Fristen -

insbesondere zur Beschwerde - nicht die Betreibungsferien, sondern die Gerichtsferien

gemäss ZPO anwendbar.

BGE 143 III 221, 24. März 2017: Mehrere Forderungen können nur dann in einer einzigen

Betreibung geltend gemacht werden, wenn genau dieselbe Person Gläubigerin der

Forderungen ist bzw. genau dieselben Personen Gläubiger der Forderungen sind.

Cour de justice des Kantons Genf, 29. Juni 2017, BlSchK 2018 189: Das

Betreibungsbegehren, welches einzig zur Unterbrechung der Verjährung eingereicht wird,

darf den Hinweis enthalten, dass auf die Zustellung eines Zahlungsbefehls verzichtet werden

kann und der Rückzug der Betreibung sofort nach Registrierung der Betreibung erfolgt. Die

Frage, ob die Verjährung rechtsgültig unterbrochen wurde, muss der Zivilrichter entscheiden.

Bundesgericht, 3. Mai 2018, BlSchK 2018 181: Das Gesetz schränkt die Anzahl

Forderungen, für welche in einem Begehren die Betreibung verlangt werden kann, nicht ein.

Das Gesetz kann nicht mittels Verordnung oder Weisung abgeändert werden.

Bundesgericht, 21. Juni 2018, BlSchK 2018 186: Die «stille» Betreibung dient dem

Verjährungsunterbruch, und ein Zahlungsbefehl wird nicht aus- und zugestellt. Die Gebühr

für die Registrierung des Betreibungsbegehrens beträgt Fr. 5.-.

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 28. Juni 2018, BlSchK 2018 191: Das

Betreibungsamt muss das Betreibungsbegehren, dessen Rückzug gleichzeitig erklärt wird,

abweisen, da sich die beiden Willensäusserungen gegenseitig ausschliessen.

1.2.1 Definitive Rechtsöffnung

Cour de Justice des Kantons Genf, 6. März 2014, BlSchK 2015 147: Der

Rechtsöffnungsentscheid einer Krankenkasse gilt als zugestellt, wenn der Schuldner dessen

Annahme verweigert. Das auf einem solchen Entscheid beruhende Fortsetzungsbegehren, das

vor Ablauf der 30-tägigen Rechtsmittelfrist gestellt wurde, muss zurückgewiesen werden.

Bezirksgericht Zürich, 2. April 2014, ZR 2014 193: Die Erteilung der definitiven

Rechtsöffnung setzt voraus, dass die Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen

Entscheid oder einer gleichgestellten Urkunde beruht (Art. 80 SchKG).

Gesetzliche Bestimmungen über das Bestehen einer Leistungspflicht bilden als allgemein-

abstrakte Normen keine Rechtsöffnungstitel.

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern Art. 34a in Verbindung mit Art. 205 AHVV eine Ausnahme

bilden sollte.

13

Kantonsgericht des Kantons Neuenburg, 5. Juni 2014, RJN 2014 575: Der Entscheid, der

zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen verurteilt, ist ein definitiver Rechtsöffnungstitel,

zumindest solange, wie kein anderes Urteil, das die Situation verändert, ergeht und in

Rechtskraft erwächst.

BGE 140 III 372, 23. Juni 2014: Der Zessionar kann sich auf ein vom Zedenten erstrittenes

Urteil als definitiven Rechtsöffnungstitel berufen, wenn seine Rechtsnachfolge liquide

nachgewiesen ist. Der Richter kann definitive Rechtsöffnung bewilligen, auch wenn

provisorische Rechtsöffnung beantragt worden ist.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 30. Juli 2014, RTiD 2015 I 884 N. 16c: Eine

Vereinbarung betreffend Nebenpunkte der Scheidung ist ein definitiver Rechtsöffnungstitel,

sofern der Richter die Vereinbarung billigt.

Der Rechtsöffnungsrichter hat das von Amtes wegen zu prüfen.

Kantonsgericht des Kantons Graubünden, 9. Dezember 2014, PKG 2014 125:

Mindestanforderungen an einen verwaltungsrechtlichen Akt, um als definitiver

Rechtsöffnungstitel gelten zu können: Für den Empfänger muss der Akt klar von einer

blossen Rechnung unterscheidbar sein. Es muss leicht erkennbar sein, dass der Akt

Entscheidcharakter hat und dass er vollstreckbar ist, wenn er nicht angefochten wird.

Dementsprechend muss er unter anderem eine Rechtsmittelbelehrung enthalten.

Bundesgericht, 12. Februar 2015, SJ 2015 I 467: Der Rechtsöffnungsrichter darf nicht

untersuchen, ob die betriebene Forderung vielleicht vor dem Urteil, welches als

Rechtsöffnungstitel dient, schon erloschen ist.

BGE 141 III 185, 28. April 2015: Das Anfechtungsurteil gilt als definitiver

Rechtsöffnungstitel, soweit es den Beklagten dazu verpflichtet, dem Kläger Schadenersatz zu

leisten.

Kantonsgericht des Kantons Freiburg, 3. Juli 2015, FZR 2015 282: Die Nichtigkeit eines

definitiven Rechtsöffnungstitels ist von sämtlichen rechtsanwendenden Behörden jederzeit

und von Amtes wegen zu beachten.

Bundesgericht, 5. Oktober 2015, BlSchK 2016 41: Die Paritätische Berufskommission kraft

Gesamtarbeitsvertrags kann für den Entscheid des Beruflichen Schiedsgerichts definitive

Rechtsöffnung verlangen.

Bundesgericht, 3. Mai 2016, SZZP 2017 375: Tatsachen eines anderen zwischen denselben

Parteien geführten Verfahrens sind notorische Tatsachen, die nicht bewiesen zu werden

brauchen und nicht als neue Tatsachen gelten. Daraus folgt, dass selbst ein Urteil

berücksichtigt werden muss, welches nach dem als definitiven Rechtsöffnungstitel dienenden

Urteil ergangen ist.

Bundesgericht, 18. Mai 2016, BlSchK 2017 145: Die Verfügung, nicht geschuldete

Leistungen zurückzuzahlen, verwirkt in fünf Jahren.

Kantonsgericht des Kantons Graubünden, 23. Mai 2016, PKG 2016 135: Die Frage, ob

die vorgelegten Urkunden einen gültigen Rechtsöffnungstitel darstellen, ist von Amtes wegen

zu prüfen. Das gilt auch noch im Beschwerdeverfahren. Liegt kein gültiger

14

Rechtsöffnungstitel vor, ist die Rechtsöffnung von der Beschwerdeinstanz zu verweigern,

selbst wenn sich der Schuldner auf keinen entsprechenden Mangel beruft oder dies erst im

Beschwerdeverfahren tut.

In der Betreibung auf Pfandverwertung muss der Gläubiger sowohl den Rechtsvorschlag für

die Forderung als auch denjenigen für das Pfandrecht beseitigen. Dazu muss er einen Titel für

die Forderung und einen Titel für das Pfandrecht haben. Denkbar ist, dass in einem Fall die

definitive, im anderen die provisorische Rechtsöffnung erteilt wird. Ausgeschlossen dagegen

ist die Rechtsöffnung nur für die Forderung oder nur für das Pfandrecht. Diesfalls wäre das

Betreibungsverfahren weiterhin blockiert.

Die provisorische Rechtsöffnung kann grundsätzlich nur aufgrund privatrechtlicher, nie

aufgrund öffentlich-rechtlicher Ansprüche erteilt werden. Einzig dort, wo die Verwaltung

nicht durch hoheitliche Verfügung handeln kann, sondern zur Geltendmachung ihrer

Ansprüche ein kantonales Verwaltungsgericht anrufen muss, ist eine provisorische

Rechtsöffnung mit anschliessender Aberkennungsklage vor dem Verwaltungsgericht möglich.

Obergericht des Kantons Zürich, 4. Juli 2016, ZR 2016 173: Auch für Mahngebühren

kann nur dann definitive Rechtsöffnung erteilt werden, wenn diese durch einen

Rechtsöffnungstitel (in dessen Dispositiv) ausgewiesen sind.

Bundesgericht, 18. Juli 2016, BlSchK 2017 79: Die vorsorgliche Massnahme für die Dauer

des Scheidungsprozesses wird hinfällig, wenn das Scheidungsurteil über die dort geregelten

Fragen rechtskräftig wird. Von diesem Moment an kann die vorsorgliche Massnahme nicht

mehr zur Verrechnung dienen.

Bezirksgericht Zürich, 29. August 2016, ZR 2017 120: Der mit einer

Rechtskraftbescheinigung versehene Leistungsentscheid einer Verwaltungsbehörde berechtigt

grundsätzlich zur Rechtsöffnung. Zu verweigern ist die Rechtsöffnung aber, wenn sich aus

den Akten ergibt, dass die Zustellung des Entscheids nur mit gewöhnlicher A-Post erfolgt

war, mithin nicht nachgewiesen ist.

Kantonsgericht des Kantons Freiburg, 7. September 2016, FZR 2017 85: Gemäss der

Rechtsprechung des Kantonsgerichts muss die Vollstreckbarkeit des Urteils, welches im

definitiven Rechtsöffnungsverfahren als Beweis vorgelegt wird, aus diesem selbst oder einem

sich darauf beziehenden Dokument hervorgehen.

Ist jedoch die Verwaltungsbehörde, die den im definitiven Rechtsöffnungsverfahren als

Beweis vorgelegten Entscheid gefällt hat, auch zuständig, um über die Einsprache dagegen zu

befinden, muss die Bescheinigung der formellen Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit nicht

zwingend aus dem vorgelegten Entscheid oder einem sich darauf beziehenden Dokument

hervorgehen. Sie kann sich auch aus dem Gesuch um Rechtsöffnung ergeben.

Bundesgericht, 21. September 2016, BlSchK 2017 144: Die vollstreckbare öffentliche

Urkunde ist wie ein Urteil zu vollstrecken. Sie ist aber kein Urteil.

Bezirksgericht Zürich, 13. Januar 2017, ZR 2017 104: Hinsichtlich des Bruttolohns besteht

eine Gläubigermehrheit.

Im Umfang des Nettolohns ist der Arbeitnehmer Gläubiger, hinsichtlich der Abzüge sind es

andere Gläubiger, beispielsweise die Ausgleichskasse, die Unfallversicherung und die

Vorsorgeeinrichtung (Pensionskasse). Diese können und müssen ihre Forderungen im eigenen

Namen durchsetzen.

15

Legt der Arbeitnehmer einen Titel vor, der nur den Bruttolohn ausweist, ist ihm die

Rechtsöffnung zu verweigern.

Bezirksgericht Zürich, 24. Januar 2017, ZR 2017 111: Definitive Rechtsöffnung ist

gestützt auf einen Verwaltungsentscheid nur zu erteilen, wenn dessen Vollstreckbarkeit

feststeht. Dies setzt voraus, dass er rechtskonform eröffnet worden ist. Eine

Negativbescheinigung, wonach innert Frist kein Rechtsmittel erhoben worden ist, taugt zum

Beweis nur, wenn gleichzeitig die Zustellung des Entscheides nachgewiesen wird. Eine

gewöhnliche A-Post-Zustellung erbringt diesen Beweis nicht.

Bezirksgericht Zürich, 27. Januar 2017, ZR 2017 106: Eine Scheidungskonvention stellt

keinen definitiven Rechtsöffnungstitel dar, wenn sie nur vorsieht, wer im Innenverhältnis

welche Drittschulden zu begleichen hat, nicht aber jener Partei ein Rückgriffsrecht einräumt,

die dem Drittgläubiger mehr bezahlt als im Innenverhältnis vorgesehen.

Für eine provisorische Rechtsöffnung wäre der Vertrag mit dem Drittschuldner vorzulegen,

der die Solidarschuld ausweist. Zudem müsste die eigene Mehrleistung durch Urkunden

nachgewiesen sein.

BGE 143 III 162, 27. Februar 2017: Bedingungen, unter denen eine Rechnung der Suva

betreffend Prämien der obligatorischen Unfallversicherung einen definitiven

Rechtsöffnungstitel darstellt.

Bundesgericht, 31. Mai 2017, BlSchK 2017 225: Es ist nicht willkürlich, anzunehmen, dass

derjenige, der sich der Anerkennung eines ausländischen Entscheids widersetzt, die Gründe

beweisen muss, welche der Anerkennung entgegenstehen.

BGE 143 III 404, 6. Juni 2017: Die Rechtsprechung zur definitiven Rechtsöffnung gestützt

auf einen in einem anderen Vertragsstaat der Lugano-Übereinkommen von 1988 und 2007

ergangenen Entscheid ist auch anwendbar, wenn das Rechtsöffnungsgesuch auf einer in

einem solchen Staat erstellten öffentlichen Urkunde gründet.

Wie der Libor-Zinssatz, stellen die Euribor- und T4M-Zinssätze keine gerichtsnotorischen

Tatsachen dar.

Bundesgericht, 24. August 2017, SZZP 2017 566: Tatsächliche Vorbringen müssen vor dem

Rechtsöffnungsgericht rechtzeitig vorgebracht werden, ansonsten sie im

Rechtsöffnungsverfahren infolge Verspätung und im Beschwerdeverfahren infolge

Novenausschluss unberücksichtigt bleiben. Entsprechend bleiben auch

Anerkennungsverweigerungsgründe unbeachtlich, die sich auf solche Vorbringen abstützen.

BGE 143 III 564, 23. Oktober 2017: Es steht dem Rechtsöffnungsrichter nicht zu, einen

gerichtlichen Vergleich nach Art. 18 Abs. 1 OR auszulegen.

1.2.2 Provisorische Rechtsöffnung

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 25. Juni 2012, CdB 2014 123: Der Mietvertrag ist nur

für den anfänglich vereinbarten Mietzins ein Rechtsöffnungstitel. Die Mitteilung der

Mietzinserhöhung, die der Mieter nicht unterzeichnet hat, genügt nicht als

Rechtsöffnungstitel. Das trifft selbst dann zu, wenn der Mieter die Mietzinserhöhung nicht

anficht.

Das Gegenteil ist bei gestaffeltem Mietzins zu beachten. Denn den gestaffelten Mietzins kann

der Mieter sowieso nicht anfechten.

16

Kantonsgericht des Kantons Freiburg, 19. Juli 2012, BlSchK 2016 72: Eine öffentlich-

rechtliche Körperschaft kann nur dann provisorische Rechtsöffnung verlangen, wenn sie

selber keinen Entscheid fällen kann. Wenn eine Behörde selber eine Verfügung erlassen kann,

so vermag weder eine Schuldanerkennung noch ein Verlustschein zur provisorischen

Rechtsöffnung zu verhelfen.

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 28. Oktober 2013, JdT 2014 III 60: Die Klausel,

wonach "das vorliegende Dokument ein Schuldbekenntnis im Sinne von Art. 82 SchKG" ist,

entfaltet keinerlei Wirkung und bindet den Richter nicht.

Bundesgericht, 24. Juli 2014, BlSchK 2015 9: Provisorische Rechtsöffnung kraft eines

Darlehensvertrages, der «in geringfügiger Weise» Art. 28 KKG (betreffend die

Kreditfähigkeitsprüfung) verletzt.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 14. September 2016, RTiD 2017 I S. 370 N. 39c:

Der Arbeitsvertrag berechtigt in der Regel nur zur Rechtsöffnung für den Nettolohn. Die

Parteien können diesen ausdrücklich festlegen oder bestimmen, dass der Arbeitgeber die

Sozialversicherungsbeiträge trägt.

Obergericht des Kantons Bern, 27. November 2014, AJP 2016 380: Verlustscheine, denen

öffentlich-rechtliche Forderungen zugrundeliegen, stellen weder einen provisorischen noch

einen definitiven Rechtsöffnungstitel dar. Als definitive Rechtsöffnungstitel dienen die

zugrunde liegenden Steuerveranlagungsverfügungen.

Obergericht des Kantons Bern, 1. Dezember 2014, AJP 2016 380: Bei einer geltend

gemachten Schlechterfüllung der Gegenleistung eines zweiseitigen Vertrages sind die

Einwendungen nicht bloss vorzutragen (im Sinne einer reinen Behauptung), sondern

substanziiert zu behaupten (was faktisch einer Glaubhaftmachung gleichkommt).

Bundesgericht, 1. Juni 2015, BlSchK 2016 91: Provisorische Rechtsöffnung kraft eines

Grundstückkaufvertrages. – Der Schuldner muss sowohl die Mängel der Kaufsache glaubhaft

machen als auch, dass er jene rechtzeitig und korrekt gerügt hat.

Bezirksgericht Zürich, 15. Marz 2016, ZR 2017 112: Die Zeichnungsberechtigung einer für

eine Gesellschaft unterzeichnenden Person muss weder behauptet noch belegt werden, wenn

sie sich ohne Weiteres aus dem Handelsregister ergibt.

Eine Bestätigung von werkvertraglichen Leistungen stellt keine Schuldanerkennung dar,

wenn sie keinen Mindestbetrag nennt, sondern nur eine Obergrenze («Budgetdach»).

Die sog. Basler Rechtsöffnungspraxis kommt auch bei Werkverträgen zum Zug.

Verfassungsmässige Bedenken sind unbegründet.

Es gilt die uneingeschränkte Basler Rechtsöffnungspraxis, wonach der Schuldner die Einrede

der mangelhaften Erfüllung nicht glaubhaft zu machen hat, sondern nur in nicht haltloser

Weise behaupten muss.

Bundesgericht, 25. August 2016, BlSchK 2017 10: Der Schuldner soll seine Einreden und

Einwendungen mit Urkunden geltend machen. Nur wenn der Urkundenbeweis nicht möglich

ist, kommen andere Beweismittel in Betracht.

Das Urteil überzeugt nicht.

17

Bundesgericht, 6. September 2016, BlSchK 2017 147: Die Aberkennungsklage betreffend

Forderung und Grundpfandrecht einerseits und die Klage auf Feststellung des Pfandrechts an

Miet- und Pachtzinsen (Art. 93 Abs. 2 VZG) anderseits sind verschiedene Verfahren und

separat zu behandeln. Dass jene hängig ist, schliesst nicht aus, eine Frist für diese anzusetzen.

Bundesgericht, 15. November 2016, BlSchK 2017 119: Die provisorische Rechtsöffnung ist

bei öffentlich-rechtlichen Forderungen ausgeschlossen.

Bezirksgericht Zürich, 6. Februar 2017, ZR 2017 96: Der Zessionar erwirbt die Forderung

trotz Rückwirkungsklausel erst im Zeitpunkt der Zession.

Geht die Forderung erst nach der Zustellung des Zahlungsbefehls auf den Gläubiger über, ist

sein Gesuch um Rechtsöffnung abzuweisen.

Nichts daran ändert die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach ein später erfolgter

Forderungsübergang zu berücksichtigen ist. Diese Praxis bezieht sich nur auf das

Erkenntnisverfahren der Aberkennung, nicht auf das vollstreckungsrechtliche

Rechtsöffnungsverfahren.

Bundesgericht, 11. September 2017, SZZP 2018 58: Im Normalfall braucht der Richter im

Rechtsöffnungsverfahren keine Edition von Schriftstücken anzuordnen, die ihm nicht

vorgelegt werden.

Bundesgericht, 11. Januar 2018, SZZP 2018 155: Bei der Vereinbarung wöchentlicher

Ratenzahlungen handelt es sich um eine Zahlungsmodalität, die der Rechtsöffnung nicht

entgegensteht. Die Schuldanerkennung unterliegt deshalb nicht einer Bedingung, sondern ist

gemäss Art. 75 OR sofort einforderbar.

1.2.3 Rechtsöffnungsverfahren

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 17. Februar 2012, BlSchK 2014 112: Art. 34 Ziff. 2

des Übereinkommens von Lugano. – Der schweizerische Vorbehalt zu dieser Vorschrift gilt

für alle Parteien, gegen die in der Schweiz Anerkennung begehrt wird, selbst wenn sie nicht

in unserem Land wohnen.

Obergericht des Kantons Luzerns, 6. Juni 2012, BlSchK 2014 182: Der Gerichtsstand des

Betreibungsorts ist für das Rechtsöffnungsverfahren zwingend und eine Prorogation oder

vorbehaltlose Einlassung nicht möglich. Entscheide örtlich unzuständiger Gerichte sind

jedoch nicht nichtig, sondern grundsätzlich zu beachten, sobald sie in Rechtskraft erwachsen

sind.

Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, 29. Mai 2012, BlSchK 2014 135: Die

gegenüber dem Zahlungsbefehl versäumte Unzuständigkeitseinrede ist auch für das am

gleichen Ort angehobene Rechtsöffnungsverfahren verwirkt.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 7. August 2013, RTiD 2014 I 813 N. 43c: Die

örtliche Zuständigkeit des Richters kann nicht mittels Beschwerde gegen die

Pfändungsanzeige gerügt werden. Geeignetes Instrument ist die Beschwerde (im Sinne der

ZPO) gegen den Rechtsöffnungsentscheid.

Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, 29. Mai 2012, BlSchK 2014 135: Die

gegenüber dem Zahlungsbefehl versäumte Unzuständigkeitseinrede ist auch für das am

gleichen Ort angehobene Rechtsöffnungsverfahren verwirkt.

18

Obergericht des Kantons Luzern, 19. Juli 2012, BlSchK 2014 74: Für die

Betreibungskosten ist keine Rechtsöffnung zu erteilen. Wird sie dennoch beantragt, kann der

Gläubiger deswegen nicht mit Kosten belastet werden.

Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, 21. August 2013, BlSchK 2014 227: Der

Rechtsöffnungsentscheid ist sofort vollstreckbar, und daher kann die damit

zusammenhängende Betreibung fortgesetzt werden, selbst wenn dagegen Beschwerde

eingereicht wurde. Es sei denn, die Rechtsmittelinstanz erteilte aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich, 11. Februar 2014, ZR 2014 65: Indessen hat das

Bundesgericht geklärt, dass Art. 6 EMRK auch im Verfahren der Vollstreckung Anwendung

findet.

Ausnahmen seien, abgesehen vom Sozialversicherungsrecht, nur zurückhaltend zu machen.

Es müssen aussergewöhnliche Umstände vorliegen. Diese sind hier nicht vorhanden.

Insbesondere die Überlastung der Gerichte ist kein Ausnahmetatbestand.

Obergericht des Kantons Zürich, 28. Februar 2014, ZR 2014 68: Gemäss

höchstrichterlicher Rechtsprechung stellt die Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB eine

privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme sui generis dar, die an die Stelle einer

definitiven Rechtsöffnung mit nachfolgender Pfändung tritt. Das Vollstreckungsgericht ist

nicht zuständig.

Das Verfahren fällt nicht unter den Berufungsausschluss von Art. 309 lit. a ZPO.

Obergericht des Kantons Zürich, 30. Mai 2014, ZR 2014 180: Das summarische Verfahren

ist mit der Erstattung des Gesuchs und der Stellungnahme abgeschlossen; in der Regel findet

keine Replik und Duplik bzw. im schriftlichen Verfahren kein zweiter Schriftenwechsel statt.

Ausnahmsweise muss ein zweiter Schriftenwechsel mit Replik und Duplik angeordnet

werden, wenn die gesuchsgegnerische Partei entscheidrelevante Einwendungen oder Einreden

vorbringt, zu welchen sich die gesuchstellende Partei nicht äussern konnte.

BGE 140 III 456, 22. August 2014: Es obliegt dem Betreibenden, soweit dies von ihm

zumutbarerweise verlangt werden kann, den Inhalt ausländischen Rechts zu ermitteln,

vorliegend hinsichtlich der Fälligkeit der Forderung.

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 24. März 2014, BlSchK 2015 150: Das

Rechtsöffnungsverfahren kann man nicht sistieren, bis in einem anderen Prozess der

Entscheid gefällt ist.

Bundesgericht, 30. April 2014, ZZZ 2014/2015 96: Es gibt keinen konventionsrechtlichen

Anspruch auf Durchführung einer öffentlichen (mündlichen) Verhandlung in einem

Verfahren auf definitive Rechtsöffnung.

Bundesgericht, 28. Mai 2015, BlSchK 2016 48: Der Rechtsöffnungsrichter prüft von Amtes

wegen die Urteilsfähigkeit der Parteien. Bei Anzeichen von Geisteskrankheit oder

Geistesschwäche ist Urteilsunfähigkeit zu vermuten.

Bundesgericht, 16 Juni 2015, SZZP 2015 424: Rechtsöffnungsgesuche sind im

summarischen Verfahren zu beurteilen. Da das Verfahren beschleunigt ist, sollte ein zweiter

Schriftenwechsel die Ausnahme bilden.

19

Im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Richter ein Replikrecht gewährt und keinen

zweiten Schriftenwechsel anordnet.

In einem zweiten Schriftenwechsel könnte man das, was man in der ersten Stellungnahme

verpasst hat, nachholen.

Obergericht des Kantons Zürich, 7. Oktober 2015, ZR 2015 289: Gerichts- und

Parteikosten des Rechtsöffnungsverfahrens können auch separat in Betreibung gesetzt

werden.

Obergericht des Kantons Zürich, 13. November 2015, ZR 2015 316: Bei internationalen

Sachverhalten beurteilt sich die (von Amtes wegen zu prüfende) Frage, ob die der

Schuldanerkennung zugrundeliegende Forderung fällig ist, nach dem materiellen Recht, das

auf die Forderung selbst anwendbar ist. Im provisorischen Rechtsöffnungsverfahren findet

Art. 16 Abs. 1 Satz 1 IPRG keine Anwendung. Das Gericht ist deshalb nicht verpflichtet, den

Inhalt des massgeblichen ausländischen Rechts von Amtes wegen festzustellen. Der

entsprechende Nachweis obliegt vielmehr den Parteien, insbesondere dem Kläger. Fehlt es an

entsprechenden Bemühungen, darf nicht ersatzweise schweizerisches Recht angewendet

werden, sondern muss das Rechtsöffnungsgesuch abgewiesen werden.

BGE 143 III 46, 10. Januar 2017: Erhebt ein Betriebener die Verrechnungseinrede in seiner

Stellungnahme zum Rechtsöffnungsgesuch und wird das Rechtsöffnungsgesuch deshalb

abgewiesen, so können dem Betriebenen die Kosten des Rechtsöffnungsverfahrens nicht

deshalb auferlegt werden, weil er die Verrechnung bereits bei Erhebung des Rechtsvorschlags

hätte einwenden können, denn der Rechtsvorschlag muss grundsätzlich nicht begründet

werden.

Obergericht des Kantons Zürich, 14. Juli 2017, ZR 2017 165: Im summarischen Verfahren

findet in der Regel nur ein Schriftenwechsel statt. Das gilt auch im Verfahren über den

nachträglichen Rechtsvorschlag nach Art. 77 SchKG. Die Einreden gegen den neuen

Gläubiger sind im Gesuch glaubhaft zu machen. Danach sind neue Tatsachenvorbringen und

neue Beweismittel nur noch unter den Voraussetzungen von Art. 229 Abs. 1 ZPO zulässig.

Eine Verhandlung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben.

Bundesgericht, 17. August 2017, SZZP 2017 564: Die abschliessende Vertragsauslegung ist

nicht Sache des Rechtsöffnungsgerichts.

1.2.4 Aberkennungsklage

Kantonsgericht des Kantons Wallis, 19. Juli 2012, BlSchK 2014 183: Solange die

Aberkennungsklage hängig ist, kann man auch die provisorische Pfändung verlangen.

Bundesgericht, 12. Januar 2016, BlSchK 2016 195: Der Betreibungsschuldner muss die

Forderung und das Pfandrecht im Rechtsöffnungsverfahren und allenfalls mit einer

Aberkennungsklage bestreiten. Die Lastenbereinigungsklage ist dafür nicht der richtige Weg.

Im Lastenbereinigungsprozess gibt es kein Schlichtungsverfahren.

In einem allfälligen zweiten Schriftenwechsel kann man die Berufungsschrift weder

verbessern noch ergänzen.

Bundesgericht, 27. April 2016, BlSchK 2017 151: Der allfällig vorhergehende Entscheid

auf definitive Rechtsöffnung ist für den Richter, der über die Klage aus Art. 85a entscheidet,

nicht verbindlich.

20

Kantonsgericht des Kantons Appenzell Innerrhoden, 16. Dezember 2016,

BlSchK 2017 128: Wird ein vollstreckbarer Eheschutzentscheid von der Berufungsinstanz

aufgehoben, nachdem die definitive Rechtsöffnung erteilt worden ist, so kann die

Rechtsöffnung nicht mit Beschwerde angefochten werden. Vielmehr ist die Klage auf

(teilweise) Aufhebung oder (teilweise) Einstellung der Betreibung einzuleiten.

BGE 143 III 38, 14. Dezember 2016: Die Frist, die Aberkennungsklage anzustrengen,

beginnt mit der Zustellung, und nicht mit Ablauf der Beschwerdefrist, des

Rechtsöffnungsurteils.

Das provisorische Rechtsöffnungsurteil ist eine Betreibungshandlung. Mit seiner Zustellung

beginnt die von Art. 83 Abs. 2 SchKG vorgesehene Frist zu verstreichen. Auch kommen hier

die Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes über die Betreibungsferien und

den Rechtsstillstand zum Tragen. Das findet in Art. 145 Abs. 4 ZPO seine Bestätigung.

Bezirksgericht Zürich, 5. Mai 2017, ZR 2017 198: Im summarischen Verfahren haben die

Parteien grundsätzlich je nur einen freien Parteivortrag; dies unabhängig davon, ob das

Verfahren mündlich oder schriftlich geführt wird. Ausnahmen sind etwa denkbar bei

unerwarteten Einwendungen, bei Einreden im technischen Sinne oder wenn es das Gericht

unterlassen hatte, gerichtlich nachzufragen. Dies hat im Rechtsöffnungsverfahren umso mehr

zu gelten, als hier mit Art. 84 Abs. 2 SchKG eine Spezialreglung besteht, deren Formulierung

keinen Raum für weitere freie Parteivorträge lässt. Vorbehalten bleibt jedoch stets das ewige

Replikrecht. In dessen Rahmen sind aber neue Vorbringen nicht mehr zulässig, insbesondere

keine solchen, die dazu dienen, das ursprüngliche Gesuch oder die Stellungnahme dazu zu

verbessern. Erhebt die Gesuchsgegnerin in der Stellungnahme zum Gesuch die Einrede des

nicht erfüllten Vertrages, darf sich die Gesuchstellerin hierzu dann noch äussern, wenn ihr

dieser Einwand nicht bereits vorprozessual bekannt gewesen war. Die Möglichkeit, noch zu

einem Punkt Stellung zu nehmen, gibt ihr aber nicht das Recht, ihr Gesuch auf eine neue

Grundlage abzustützen.

Obergericht des Kantons Zug, 7. November 2017, SJZ 2018 176: Der Betriebene, der

beweist, dass er die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt hat, kann gemäss Art. 85 SchKG

beim Gericht des Betreibungsortes jederzeit Klage auf Aufhebung der Betreibung einreichen.

Obsiegt der Betriebene in diesem Verfahren, sind die Prozesskosten dem unterlegenen

Betreibenden aufzuerlegen, wenn dieser vom Betriebenen vor Einreichung der Klage

erfolglos zum Rückzug der Betreibung aufgefordert worden war und im Verfahren gemäss

Art. 85 SchKG die Abweisung der Klage beantragt hat.

1.3 Pfändung

1.3.1 Pfändbarkeit, Pfändung und Schätzwert

Kantonsgericht des Kantons Graubünden, 23. November 2011, BlSchK 2018 151: Die

Zustimmung sämtlicher Gläubiger der betreffenden Pfändungsgruppe zu einer stillen

Lohnpfändung ist zwingend. Ebenso zwingend ist die Anzeige der Lohnpfändung an den

Arbeitgeber, wenn die Zustimmung nicht erteilt wird.

Kantonsgericht des Kantons Freiburg, 19. Dezember 2012, BlSchK 2014 76: Der

Versicherte kann frei entscheiden, ob er sich sein Guthaben aus beruflicher Vorsorge als

Kapital auszahlen lassen will. Das ausgezahlte Kapital dient keinen Vorsorgezwecken mehr,

21

sondern gehört hinfort ohne Einschränkung zum Vermögen des Berechtigten. Es ist daher

weder unpfändbar noch beschränkt pfändbar.

Obergericht des Kantons Obwalden, 27. Februar 2013, BlSchK 2015 114: Auch bei nicht

börsenkotierten Aktien, die gepfändet wurden, ist zwingend eine Schätzung vorzunehmen.

Allenfalls können bei der Steuerbehörde relevante Auskünfte eingeholt werden.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 17. Juli 2013, RTiD 2014 I 184 N. 36: Das

Kapital, das der Betriebene als Altersvorsorge erhält, ist nicht unpfändbar und daher

verarrestierbar.

Kantonsgericht des Kantons Neuenburg, 26. September 2013, RJN 2013 614: Solange

der Versicherte nicht verlangt, dass ihm die Austrittsleistung bar auszuzahlen sei (Art. 5 Abs.

1 lit. b FZG), ist auch die Freizügigkeitsleistung nicht fällig. Diese ist dann unpfändbar (Art.

92 Abs. 1 Ziff. 10 SchKG) und somit auch dem Arrest entzogen.

Bundesgericht, 4. Oktober 2013, ARV 2013 309: Das Zwangsvollstreckungsrecht kennt

keine Bestimmung, welche die Entschädigung wegen ungerechtfertigter Entlassung (Art.

337c Abs. 3 OR) oder andere Zahlungen mit Genugtuungsfunktion generell von der

Pfändbarkeit ausnehmen würde. Nach Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9 SchKG sind

Genugtuungsleistungen nur dann unpfändbar, wenn sie wegen einer Gesundheitsstörung

geschuldet werden oder bezahlt worden sind.

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 8. Oktober 2013, BlSchK 2015 75:

Grundstücksschatzung. Im Pfändungsverfahren gibt es zwei Schätzungen, die erste bei der

Pfändung, die zweite vor der Verwertung. Bei der Pfandverwertung gibt es in der Regel eine

einzige Schätzung, aber das Betreibungsamt kann eine neue Schätzung anordnen. Gegen jede

Schätzung kann man Beschwerde erheben.

Aufsichtsbehörde des Kantons Basel-Land, 21. Januar 2014, BlSchK 2017 259: Der

Betreibungsbeamte hat die für die Berechnung des Existenzminimums massgeblichen

Umstände von Amtes wegen abzuklären und sich dokumentieren zu lassen. Eine

Disziplinarmassnahme ist nur dann angebracht, wenn diese verhältnismässig und opportun

erscheint.

Cour de Justice des Kantons Genf, 10. April 2014, BlSchK 2015 72: Überweist ein von

seiner Ehefrau getrennt lebender Ehemann an diese regelmässig einen monatlichen Betrag,

kann dieser als familienrechtlicher Unterhaltsbeitrag qualifiziert werden. Auf welche Weise

dieser Beitrag entrichtet wird, ist für diese Qualifikation nicht entscheidend.

BGE 140 III 337, 22. Mai 2014: Die Berücksichtigung der laufenden und aufgelaufenen

Steuern im betreibungsrechtlichen Existenzminimum des Unterhaltsschuldners ist willkürlich.

Verfassungskonform ist hingegen die Aufnahme der vollen Raten für ein geleastes Fahrzeug

mit Kompetenzcharakter.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 2. Juli 2014, RTiD 2015 I 981 N. 86c: Wo es die

Dringlichkeit verlangt, kann man von der Sicherungsmassnahme von Art. 99 SchKG

Gebrauch machen, auch ohne den Betreibungsschuldner von der Pfändung vorgängig in

Kenntnis gesetzt zu haben.

22

BGE 140 V 441, 20. August 2014: Beschränkte Pfändung von Arbeitslosentaggeldern.

Das für einen ganzen Kalendermonat von der Zwangsvollstreckungsbehörde im Rahmen einer

Lohnpfändung festgesetzte betreibungsrechtliche Existenzminimum darf von der

Arbeitslosenkasse nicht pro rata temporis auf den Zeitraum des innerhalb einer

Kontrollperiode (Kalendermonat) zustehenden Arbeitslosentaggeldanspruchs umgerechnet

werden. Eine solche Abschöpfung des Ersatzeinkommens unterhalb des betreibungsrechtlich

fixierten Existenzminimums zuhanden des Betreibungsamtes ist nicht rechtens.

Kantonsgericht des Kantons Graubünden, 29. August 2014, PKG 2014 122: Die

Betreibungsbehörden sind nicht an den richterlichen Entscheid über die vom Schuldner an

den Unterhalt von Familienmitgliedern zu leistenden Beiträge gebunden.

BGE 140 III 512, 3. September 2014: Eine Forderung, welche auf Beziehungen des

Schuldners mit einer ausländischen Niederlassung des in der Schweiz domizilierten

Drittschuldners beruht, gilt als an dessen schweizerischem Wohnsitz belegen.

Bundesgericht, 9. September 2014, BlSchK 2015 62: Die Entschädigung für

unrechtmässige Haft ist nur dann eine unpfändbare Genugtuung, wenn sie wegen

Körperverletzung ausgerichtet wird. Mit Beschwerde an die Aufsichtsbehörde – und nicht mit

Arresteinsprache – ist geltend zu machen, dass der Arrestvollzug rechtsmissbräuchlich ist.

Bundesgericht, 11. November 2014, BlSchK 2016 53: Das Einkommen aus einer als

Therapie ausgeübten Beschäftigung ist pfändbar, selbst wenn es noch so bescheiden ist.

Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, 25. November 2014, BlSchK 2016 110:

Die Zusatzversicherung wird nicht im Existenzminimum berücksichtigt, auch nicht bis zum

nächsten Kündigungstermin.

Cour de Justice des Kantons Genf, 23. Januar 2015, BlSchK 2016 74: Einigen sich

Gläubiger und Schuldner über die Höhe der pfändbaren Quote, so kann dies unter bestimmten

Voraussetzungen genehmigt werden.

Obergericht des Kantons Bern, 17. September 2015, AJP 2016 222: Gemäss Art. 277 Abs.

2 ZGB sind die Eltern gegenüber volljährigen Kindern nur noch zur Leistung von

Unterhaltsbeiträgen verpflichtet, sofern ihnen dies u.a. auch finanziell zumutbar ist. Die

volljährigen Kinder eines Schuldners dürfen demnach nicht zu Lasten der Gläubiger

unterstützt und damit bevorzugt werden.

Bezirksgericht Frauenfeld, 16. Oktober 2015, BlSchK 2017 32: Die privilegierte

Anschlusspfändung setzt voraus, dass noch andere Gläubiger an der Pfändung teilnehmen.

Hat eine Gemeinde Unterhalt bevorschusst, so ist dies ein anderer Gläubiger als der

Unterhaltsberechtigte.

Bundesgericht, 6. November 2015, SJ 2016 I 176: Verletzt eine Massnahme des

Betreibungsamtes das Existenzminimum, ist sie nichtig. Nichtigkeit kann jederzeit geltend

gemacht werden.

Eine Invalidenrente (Art. 18 UVG) ist nicht absolut unpfändbar im Sinne von Art. 92 Abs. 1

Ziff. 9 SchKG, wenn sie den Arbeitslohn ersetzt.

23

Bundesgericht, 14. Januar 2016, BlSchK 2016 221: Emittierte Aktien sind bewegliche

Sachen und daher dort zu pfänden, wo sie sich befinden. Das Recht auf die noch nicht

emittierte Aktie liegt dagegen am Wohnort des Inhabers.

Bundesgericht, 15. Januar 2016, BlSchK 2016 223: Kompetenzstücke gibt es nur für die

natürliche Person, nicht für die juristische. Punkto Art. 92 Abs. 2 SchKG – geringer Wert der

gepfändeten Sache – greift das Bundesgericht nur ein, wenn die Vorinstanz ihr Ermessen

missbraucht oder überschritten hat.

Obergericht des Kantons Solothurn, 4. Februar 2016, Plädoyer 2016/3 66: Wird während

einer Pfändung des Einkommens über einen Schuldner der Konkurs eröffnet, fallen Lohn und

13. Monatslohn nur dann in die Konkursmasse, wenn sie zum Zeitpunkt der

Konkurseröffnung bereits zur Auszahlung fällig waren.

Bezirksgericht Horgen, 31. März 2016, BlSchK 2017 212: Sind Unterhaltsbeiträge von der

Gemeinde bevorschusst worden und daher auf sie übergegangen, so kann auch sie das

"Vorfahrprivileg" geltend machen.

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 29. April 2016, BlSchK 2017 91: Die Direktzahlung

an den Landwirt (Art. 70 des Bundesgesetzes über die Landwirtschaft) ist beschränkt

pfändbares Einkommen.

BGE 143 III 385, 29. Mai 2017: Die liechtensteinische AHV-Rente ist in der Schweiz

grundsätzlich absolut unpfändbar.

Bundesgericht, 20. Juni 2017, BlSchK 2017 229: Wenn die Pfändung im Grundbuch

vorgemerkt ist, kann man den Betrag eines vorrangigen Schuldbriefes nicht mehr erhöhen.

Daher kann man auch den Betrag, welchen der zu Sicherungszwecken begebene Schuldbrief

sichern soll, nicht heraufsetzen.

Obergericht des Kantons Bern, 20. Oktober 2017, BlSchK 2017 123: Im Rahmen einer

Gesamtrechnung bleiben die Steuern des nicht betriebenen Konkubinatspartners

unberücksichtigt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der nicht betriebene Konkubinatspartner

seine Steuern aus dem ihm verbleibenden Überschuss decken kann (Änderung der

Rechtsprechung).

BGE 143 III 532, 27. Oktober 2017: Relevante Kriterien zur Schätzung des vermutlichen

Verkehrswertes einer Liegenschaft, vorliegend die Bestimmungen des kantonalen

öffentlichen Rechts, welche die Schätzung beeinflussen

1.3.2 Widerspruchsverfahren

Bundesgericht, 13. Februar 2014, SZZP 2014 294: Das Interesse des Schuldners, die

Stellung seiner Gläubiger im Widerspruchsverfahren zu verschlechtern, ist nicht schutzwürdig

im Sinne von Art. 76 al. 1 lit. b BGG.

Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, 12. Januar 2015, BlSchK 2016 76: Über die

Frage der wahrscheinlicheren Berechtigung an einer Nutzniessung entscheidet das

Betreibungsamt nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage.

24

Bundesgericht, 22. April 2016, BlSchK 2017 16: Der «Durchgriff» drängt sich auf, wenn

die Existenz zweier verschiedener Personen geltend gemacht wird, die in Tat und Wahrheit

wirtschaftlich identisch sind oder von denen die eine die andere wirtschaftlich beherrscht.

1.3.3 Lastenverzeichnis, Verwertung und Verlustschein

Obergericht des Kantons Thurgau, 19. Mai 2010, BlSchK 2014 194: Keine unentgeltliche

Prozessführung für die Kosten der neuen Schätzung im Hinblick auf die

Grundstückversteigerung.

Bezirksgericht Andelfingen, 15. April 2013, BlSchK 2015 153: Wenn der Schuldner ein

entsprechendes Interesse glaubhaft macht, sind Abschlagsverteilungen ab einem Betrag von

Fr. 1000.– angebracht.

Obergericht des Kantons Zug, 27. Juni 2013, BlSchK 2014 231: Ist der Wert des

Anteilsrechts an einem Gemeinschaftsvermögen nicht annähernd bestimmbar, insbesondere

weil zwischen dem Schuldner und den Mitanteilhabern im Rahmen des

Gesamthandverhältnisses Forderungen strittig sind, so ist regelmässig die Liquidation der

Gesamthandschaft anzuordnen.

Kantonsgericht des Kantons Luzern, 9. September 2013, ZZZ 2013 325: Die Pfändung

eines Anteilsrechts erstreckt sich nur auf den dem betriebenen Schuldner zufallenden

Liquidationsanteil. Das gilt auch, wenn das gemeinschaftliche Eigentum aus nur einem

Gegenstand besteht.

Gemäss Art. 12 VVAG trifft das Betreibungsamt (oder ein von der Aufsichtsbehörde

bezeichneter Verwalter) die zur Liquidation notwendigen rechtlichen Vorkehren. Es übt dabei

die dem betriebenen Schuldner zustehenden Rechte aus.

Das Amt handelt somit als gesetzlicher Vertreter des Schuldners. Es hat weder mehr noch

weniger Kompetenzen, als sie dem vertretenen Schuldner zustünden.

Die Mitwirkungshandlungen des Amtes im Rahmen der Liquidation sind rechtsgeschäftlicher

Natur. Es handelt sich nicht um Verfügungen im Sinne von Art. 17 SchKG. Gegen sie ist

keine Beschwerde möglich.

Kantonsgericht des Kantons Luzern, 9. September 2013, BlSchK 2015 118: Ist der Wert

eines Liquidationsanteils an einer einfachen Gesellschaft nicht verlässlich ermittelbar, so ist

deren Liquidation anzuordnen. Der Gläubiger und nicht das Betreibungsamt hätte den

Auflösungsanspruch prozessual durchzusetzen.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 18. November 2013, RTiD 2014 II 896 N. 57c:

Die Pfändungsurkunde hat über Bestehen und Höhe allfälliger hypothekarischer Belastungen

zu unterrichten, selbst über nur provisorisch eingetragene (Art. 960 ZGB).

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 14. Januar 2014, RTiD 2014 II 912 N. 64c: Das

Betreibungsamt hat grundsätzlich Rechte im Lastenverzeichnis in dem Rang einzutragen, in

welchem man sie anmeldet, auch dann, wenn der angemeldete und der grundbuchliche Rang

nicht gleich sind.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 29. Januar 2014, RTiD 2014 II 912 N. 65c: Der

Zedent einer betreibungsrechtlich verfolgten Forderung ist nicht befugt, die

Zwangversteigerung derselben anzufechten.

25

BGE 140 III 234, 15. April 2014: Wie beim Lastenverzeichnis im Konkurs – welches

Bestandteil des Kollokationsplans ist – so kann auch im Rahmen einer Pfändung oder

Pfandverwertung Beschwerde gegen das Lastenverzeichnis geführt werden, wenn das

Betreibungsamt formelle Fehler bei dessen Errichtung begangen hat. Dagegen hat das

Lastenbereinigungsverfahren einzuleiten, wer Bestand, Höhe, Rang oder Fälligkeit eines im

Lastenverzeichnis eingetragenen Rechts bestreiten will.

In Ansehung von Art. 109 Abs. 4 SchKG (anwendbar kraft des in Art. 140 Abs. 2 SchKG

enthaltenen Verweises) teilt der zuständige Richter für den Lastenbereinigungsprozess dem

Amt Einleitung und Ausgang desselben mit.

Änderungen des Lastenverzeichnisses, welche das Betreibungsamt vornimmt, sind Ausfluss

des Lastenbereinigungsprozesses und zeigen keine eigenen materiellrechtlichen Wirkungen.

Das bereinigte Lastenverzeichnis wird den Steigerungsbedingungen angefügt. Das

Betreibungsamt ist durch den Ausgang des Prozesses vor dem Richter gebunden.

Obergericht des Kantons Bern, 20. Juni 2014, BlSchK 2016 79: Sind Vermögenswerte

besonderer Art zu verwerten, wie vorliegend eine Marke, so bestimmt die Aufsichtsbehörde

die Art des Verfahrens. Ein Freihandverkauf ist auch bei Nichtmitwirkung des Schuldners

möglich.

Bundesgericht, 21. Juli 2014, BlSchK 2015 185: Das Lastenverzeichnis enthält auch die im

Grundbuch vorgemerkten Verfügungsbeschränkungen gemäss Art. 960 Abs. 1 ZGB und

demzufolge diejenige, die sich aus einem Arrest ergibt.

Bundesgericht, 21. Juli 2014, BlSchK 2015 64: Kläger im Lastenbereinigungsprozess ist,

wer ein Recht bestreitet, das aus dem Grundbuch hervorgeht, oder ein ohne Grundbucheintrag

gültiges gesetzliches Pfandrecht oder wer ein im Grundbuch nicht eingetragenes Recht

geltend macht.

Bundesgericht, 30. Juni 2015, BlSchK 2015 224: Die Bedingungen des

Verwertungsaufschubs – hier der Aufschub einer Grundstückverwertung – sind strikte

einzuhalten. Dem Schuldner, der einen Zahlungstermin nicht beachtet, wird kein neuer

Aufschub gewährt.

Gegen den Entscheid, der den Aufschub gewährt oder ablehnt oder die damit verbundenen

Auflagen bestimmt, kann man Beschwerde führen.

Bundesgericht, 22. Februar 2016, BlSchK 2016 206: Die Aufsichtsbehörde bestimmt einzig

die Verwertungsart (Versteigerung des gepfändeten Anteilsrechts oder Auflösung und

Liquidation der Gesellschaft). Der Ersteigerer eines Anteilsrechts erwirbt nur den Anspruch

auf den Liquidationserlös und wird nicht an der Stelle des Schuldners neuer Gesellschafter.

Obergericht des Kantons Aargau, 24. März 2016, BlSckK 2017 125: Zahlt der Schuldner

eine Verlustscheinforderung an das Betreibungsamt, so hat der Gläubiger den Verlustschein

zu quittieren und dem Betreibungsamt zwecks Löschung einzureichen.

Bundesgericht, 4. Oktober 2016, BlSchK 2017 19: Das gemäss Art. 126 Abs. 1 und 142a

SchKG bestimmte Mindestgebot und der Schätzwert sind nicht das gleiche. Der

Betreibungsbeamte kann allenfalls, im Rahmen seines Ermessens, einen Mindestpreis

festlegen.

26

Bundesgericht, 21. Februar 2017, Pra 2017 N. 39: Dass die Grundstückgewinnsteuern zu

den Verwertungskosten gehören, gilt auch für die Betreibung auf Pfändung.

Bundesgericht, 22. Februar 2017, BlSchK 2018 9: Die bei der Verwertung entstehenden

Grundstückgewinnsteuern gehören zu den Verwertungskosten. Das gilt in allen drei

Betreibungsarten und daher auch bei der Pfändung.

Bundesgericht, 1. Mai 2017, BlSchK 2017 232: Art. 149a Abs. 1 SchKG geht, punkto

Verjährung, dem Steuerrecht vor. Verlustscheine aus der Zeit vor 1997 verjähren in zwanzig

Jahren ab dem 1. Januar 1997. Eine Betreibung im Jahr 2016 unterbricht diese Verjährung.

Obergericht des Kantons Bern, 22. Mai 2017, BlSchK 2018 24: Nach Erhalt einer ersten

Rate kann die Verwertung um maximal 12 Monate aufgeschoben werden. Eine mutwillige

und deshalb kostenpflichtige Beschwerde liegt dann vor, wenn wider besseres Wissens an der

Beschwerde festgehalten wird, obwohl diese gegenstandslos wurde.

Bundesgericht, 11. Juli 2017, BlSchK 2018 7: Der Grund, warum eine Steigerung neu

angesetzt werden muss, bestimmt die Frist für die neue Publikation.

1.4 Pfandverwertung

Kantonsgericht des Kantons Freiburg, 4. Oktober 2012, BlSchK 2014 101: Wenn ein

Schuldbrief als Garantie einer unabhängigen Forderung übergeben wird, dann enthält die

entsprechende Vereinbarung ein pactum de non petendo, das eine Einrede zu Gunsten des

Schuldners begründet; diese besteht darin, dass sich der Gläubiger verpflichtet hat, seine aus

dem Schuldbrief abgeleiteten Rechte nicht für einen höheren Betrag geltend zu machen, als

den zur Begleichung der Grundforderung nötigen Betrag.

Kantonsgericht des Kantons Freiburg, 21. Juni 2013, MP 2014 304: Der Mieter, der eine

Mietkaution hinterlegt hat, kann sich nicht auf die Vorausverwertung des Pfands berufen, um

den Vermieter während der Dauer des Mietvertrages zu zwingen, die Mietkaution für die

laufenden Mieten zu verwerten.

Bundesgericht, 16. Dezember 2013, BlSchK 2014 225: Wenn für eine Forderung mehrere

Schuldbriefe auf verschiedenen Grundstücken haften, so sind diese gleichzeitig zu verwerten,

und man kann die verschiedenen Schuldbriefforderungen in einem Betreibungsbegehren und

in einem Zahlungsbefehl zusammenfassen.

Bezirksgericht Muri/AG, 14. Januar 2014, BlSchK 2014 184: Der nicht zu Faustpfand

begebene lnhaberschuldbrief, welcher gepfändet und verwertet wird, ist nicht auf den Betrag

des Erlöses herabzusetzen.

BGE 140 III 180, 31. Januar 2014: Art. 81 Abs. 1 und Art. 82 Abs. 2 SchKG;

Sicherungsübereignung von Inhaberschuldbriefen; Betreibung auf Grundpfandverwertung

und gewöhnliche Betreibung; Einrede des beneficium excussionis realis.

Der Gläubiger muss zunächst die abstrakte Forderung auf dem Wege der

Grundpfandbetreibung geltend machen, es sei denn, der Schuldner habe durch ausdrückliche

Vereinbarung auf das beneficium excussionis realis verzichtet.

27

Prüfung der Einrede des beneficium excussionis realis in der gewöhnlichen Betreibung durch

den Richter der provisorischen Rechtsöffnung. Zulässigkeit dieser Einrede auch im Verfahren

auf definitive Rechtsöffnung.

Bundesgericht, 31. Januar 2014, SZZP 2014 289: Der Schuldner kann Rechtsvorschlag

erheben, wenn der Gläubiger gleichzeitig oder in der Folge Betreibung auf

Grundpfandverwertung über die gesamte Schuldbriefforderung und ordentliche Betreibung

über die gesamte Darlehensschuld einleitet.

Der Schuldner kann die Einrede des beneficium discussionis realis erheben. Der Richter prüft

die Einrede und kann die Rechtsöffnung ablehnen.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 27. Februar 2014, RTiD 2014 II 896 N. 58c: Art.

57 VVG, dessen Prinzipien für Grundstücke auch in Art. 822 ZGB niedergeschrieben sind,

findet auf alle Versicherungen, ob privater oder öffentlicher Natur, Anwendung, die gegen

Wertverminderung des Grundstücks, seiner Bestandteile und des Zugehörs absichern sollen.

Bundesgericht, 12. Januar 2016, BlSchK 2016 195: Der Betreibungsschuldner muss die

Forderung und das Pfandrecht im Rechtsöffnungsverfahren und allenfalls mit einer

Aberkennungsklage bestreiten. Die Lastenbereinigungsklage ist dafür nicht der richtige Weg.

Im Lastenbereinigungsprozess gibt es kein Schlichtungsverfahren.

In einem allfälligen zweiten Schriftenwechsel kann man die Berufungsschrift weder

verbessern noch ergänzen.

BGE 142 II 720, 10. November 2016: Grundsätzlich ist die Zustimmung des Ehegatten bei

der Pfandbestellung nötig, wenn die hypothekarische Belastung ungefähr 2/3 des

Verkehrswertes für nicht landwirtschaftliche Grundstücke übersteigt - oder die von Art. 73

BGBB festgelegte Belastungsgrenze bei landwirtschaftlichen Grundstücken. Die Zustimmung

ist unabhängig vom Umfang des Pfandes auch nötig, wenn offensichtlich ist, dass angesichts

der finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners der Schuldendienst nicht gewährleistet ist

oder sich die Familienwohnung auf andere Weise in Gefahr befindet.

Wenn sich der Ehegatte auf den von Art. 169 ZGB gewährten Schutz beruft, muss er

glaubhaft machen, dass die hypothekarische Verpflichtung die gebräuchlichen Normen

übersteigt oder die Familienwohnung auf irgendeine Art gefährdet.

Cour de Justice des Kantons Genf, 15. März 2018, BlSchK 2018 154: Die gemäss Art. 69

VZG erfolgte Hinterlegung des Betrags eines Schuldbriefs bleibt während zehn Jahren, d.h.

während der Verjährungsfrist der gewöhnlichen Forderung, welche die Forderung aus dem

Schuldbrief ersetzt hat, bestehen. Nach Ablauf der Verjährungsfrist von zehn Jahren kann der

hinterlegte Betrag, soweit der Gläubiger unbekannt ist, dem Schuldner überwiesen werden,

ohne dass dieser einen Gerichtsentscheid zur Annullierung des Schuldbriefs einholen muss.

1.5 Konkurs

1.5.1 Eröffnung des Konkurses

Cour de Justice des Kantons Genf, 12. Dezember 2013, BlSchK 2014 229: Der

Rechtsöffnungsentscheid ist sofort vollstreckbar und die aufgrund des gestellten

Fortsetzungsbegehrens auszustellende Konkursandrohung unverzüglich zuzustellen. Nur

wenn einer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, sind die Wirkungen der

28

Konkursandrohung suspendiert. Das Betreibungsamt hat den Entscheid über die Gewährung

der aufschiebenden Wirkung nicht abzuwarten.

Bundesgericht, 3. Februar 2014, SJ 2014 I 289: Das Gericht weist das Konkursbegehren

nur ab, wenn der Schuldner den strikten Beweis erbringt, dass die Schuld getilgt worden ist.

Das Gleiche gilt für die Aufhebung des Konkurses. Dagegen hat der Schuldner im Rahmen

eines provisorischen Rechtsöffnungsverfahrens nicht zu beweisen, sondern nur glaubhaft zu

machen, dass die Schuld gezahlt wurde.

Bundesgericht, 27. Februar 2014, BlSchK 2015 68: Das Urteil, welches über eine im

Ausland wohnhafte Person den Konkurs eröffnet, ist nichtig. Die betreibungsrechtliche

Aufsichtsbehörde kann indessen das Urteil nicht für nichtig erklären, wohl aber seine

Nichtigkeit feststellen.

Aufsichtsbehörde der Betreibungs- und Konkursämter des Kantons Genf, 10. April

2014, BlSchK 2015 200: Der Entscheid betreffend Konkurseröffnung über eine im

Handelsregister eingetragene natürliche Person, welche Wohnsitz im Ausland hat, ist nichtig,

wenn der Konkurs nicht auf die Geschäftsniederlassung beschränkt ist. Das Konkursamt kann

den Vollzug verweigern.

BGE 141 V 372, 28. Mai 2015: Die richterlich angeordnete, nach den Bestimmungen des

Konkursverfahrens durchzuführende Auflösung einer Gesellschaft nach dem seit 1. Januar

2008 in Kraft stehenden Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR ist im Rahmen von Art. 51 Abs. 1 lit. a

AVIG der Konkurseröffnung nach Art. 171 ff. SchKG gleichzustellen.

Bundesgericht, 16. Dezember 2015, BlSchK 2018 16: Der Richter, welcher die Stundung

verweigert, muss den Schuldner vor der Konkurseröffnung nicht zwingend anhören.

Das Bundesgericht gewährt die unentgeltliche Rechtspflege nur der Partei, die ihre

Bedürftigkeit vollständig belegt.

Bundesgericht, 14. Oktober 2016, BlSchK 2017 82: Untersuchungsmaxime. Einstellung der

Zahlungen.

Trotz der Untersuchungsmaxime muss der Schuldner, der die Konkurseröffnung ohne

vorgängige Betreibung vermeiden will, selbst einen Betreibungsregisterauszug ins Recht

legen, jedenfalls, wenn er einen Anwalt hat.

Die Nichtzahlung einer einzigen grossen Schuld oder öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen

kann ein Zeichen für Zahlungseinstellung sein.

Obergericht des Kantons Zürich, 25. Oktober 2016, ZR 2016 234: Die Zahlungsfähigkeit

nach Art. 174 Abs. 2 SchKG setzt die Lebensfähigkeit des schuldnerischen Betriebs voraus.

Eine Gesellschaft, die dauernd keine Aktiven und keine Geschäftstätigkeit vorweist, ist

wirtschaftlich nicht lebensfähig. Zusätzlich spricht es gegen die Zahlungsfähigkeit einer

solchen Gesellschaft, wenn unsicher ist, ob aus der früheren, mit Verlust abgeschlossenen

Geschäftstätigkeit noch Schulden existieren.

Bundesgericht, 19. Januar 2017, BlSchK 2018 95: Solange das ausländische Konkursurteil

in der Schweiz nicht anerkannt ist, kann die ausländische Konkursverwaltung – hier der

«Insolvenzverwalter» einer deutschen Erbschaft – in der Schweiz nicht auf Vermögen greifen,

insbesondere nicht einen Schuldner des Konkursiten betreiben, gegen ihn klagen oder in

seinem Konkurs eine Forderung eingeben.

29

Obergericht des Kantons Zürich, 5. Dezember 2017, BlSchK 2018 199: Eine Betreibung

kann jederzeit bezahlt werden, selbst nach Ausstellung der Konkursandrohung.

1.5.2 Weiterzug und Aufhebung des Konkursurteils

Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, 18. Februar 2014, BlSchK 2015 156: Um

die Konkurseröffnung aufzuheben, hat der Schuldner seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft zu

machen. Dies hat nur einen Sinn, wenn ein solcher Entscheid wirtschaftlich sinnvoll und der

Schuldner «lebensfähig» ist.

BGE 141 III 43, 19. Januar 2015: Ein rechtskräftiger Auflösungsentscheid nach Art. 731b

Abs. 1 Ziff. 3 OR kann nicht gestützt auf Art. 195 SchKG widerrufen werden.

BGE 143 III 208, 14. März 2017: Enthält der Eigenwechsel eine Domizilklausel, welche als

Zahlungsort das Domizil des Wechselnehmers bezeichnet, hält die Ansicht vor Bundesrecht

stand, dass die Vorlegung des Titels ebenfalls dort und nicht am Domizil des Ausstellers

stattzufinden hat.

Obergericht des Kantons Zoug, 29. März 2018, BlSchK 2018 201: Im Konkursverfahren

nach erfolgter Überschuldungsanzeige sind die Gläubiger nicht legitimiert, die Bewilligung

des Konkursaufschubs anzufechten.

1.5.3 Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung

Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, 17. September 2013, BlSchK 2014 196: Die Revisionsstelle ist zur Überschuldungsanzeige legitimiert, solange sie als solche im

Handelsregister eingetragen ist. Die Anzeigepflicht der Revisionsstelle besteht erst bei

offensichtlicher Überschuldung und nach Mahnung des Verwaltungsrates.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 23. Dezember 2013, RTiD 2014 II 899 N. 59c:

Auch juristische Personen können den Konkurs über sich selbst beantragen (Art. 192 SchKG).

Den Entschluss, einen derartigen Antrag zu stellen, hat die Generalversammlung zu fällen.

Bundesgericht, 14. Januar 2015, SJ 2015 I 181: Die Konkurseröffnung auf eigenes

Begehren ist nur möglich, wenn derjenige, der über sich den Konkurs eröffnet wissen will,

gewisse Vermögenwerte hat, die zur Befriedigung der Gläubiger dienen können. Art. 191

SchKG ist kein "Entschuldungsverfahren".

Wer den Konkurs über sich selbst beantragt, aber gar kein Vermögen hat, handelt

rechtsmissbräuchlich. Sein Begehren ist vom Richter abzuweisen.

Bundesgericht, 11. September 2015, BlSchK 2015 228: Wer gegen seinen Schuldner das

Begehren auf Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung stellt, muss glaubhaft machen,

dass er Gläubiger ist; die «einfache Glaubhaftmachung» genügt.

Zahlungseinstellung kann auch dann anzunehmen sein, wenn der Schuldner noch weiterhin

einige Schulden bezahlt.

Bundesgericht, 16. Januar 2016, BlSchK 2016 226: Die Überschuldungsanzeige ergeht

kraft gesetzlicher Pflicht. Ein Gesellschafterbeschluss ist nicht nötig. Wenn die Gesellschaft

nicht überschuldet ist, darf der Richter den Konkurs nicht eröffnen.

30

Bundesgericht, 17. Januar 2017, BlSchK 2017 235: Wenn der Schuldner nach seinem

Konkurs nicht mehr besteht, so richtet sich die Betreibung auf Pfandverwertung gegen den

Dritteigentümer des Pfandes (Art. 89 Abs. 2 VZG).

Bundesgericht, 9. Februar 2017, BlSchK 2018 13: Die Konkursverwaltung entscheidet

nach ihrem Ermessen, unter welchen Bedingungen und wie lange der Schuldner und seine

Familie in der zur Konkursmasse gehörenden Wohnung bleiben können. Der Schuldner kann

nicht beanspruchen, bis zur Verwertung dort zu bleiben.

Bundesgericht, 4. September 2017, BlSchK 2018 10: Auch in der Liquidation gemäss Art.

230a SchKG ist eine Verteilungsliste zu erstellen. Die Zinsen laufen gemäss Art. 209 SchKG.

1.5.4 Inventar, rechtliche Wirkungen und Liquidation

Aufsichtsbehörde der Betreibungs- und Konkursämter des Kantons Genf, 5. April 2012,

BlSchK 2014 109: Ist ein Konkurs mangels Aktiven eingestellt worden und lebt eine

Grundpfandbetreibung deshalb wieder auf, so ist das betreibungsamtliche Verfahren

fortzusetzen. Die Verwertung von verpfändeten Werten durch das Konkursamt ist subsidiär.

Bundesgericht, 26. März 2013, not@lex 2014 49: Der Konkurs beendigt den Güterstand der

Errungenschaftsbeteiligung, entgegen der Gütergemeinschaft, nicht. Eine blosse Anwartschaft

auf den Vorschlag oder auf Ersatzforderungen kann im Konkurs des Ehegatten nicht

angemeldet werden.

Obergericht des Kantons Zug, 6. Juni 2013, BlSchK 2014 188: Beim konkursamtlichen

Freihandverkauf ist insbesondere das Gleichbehandlungsgebot zu beachten. Wird einem

Kaufinteressenten die Möglichkeit gegeben, sein Angebot nachzubessern, und tut er dies, so

ist den anderen Kaufinteressenten dieselbe Möglichkeit zu gewähren.

Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, 13. August 2013, BlSchK 2014 189: Ein

Pfändungsverlustschein alleine bildet keine genügende Grundlage, um eine Forderung im

Konkurs zuzulassen. Vielmehr ist die Konkursverwaltung berechtigt, weitere Unterlagen,

welche die Forderung belegen, einzuverlangen.

Aufsichtsbehörde der Betreibungs- und Konkursämter des Kantons Genf, 31. Oktober

2013, BlSchK 2015 241: Der Dritte, der Vermögenswerte des Konkursiten verwahrt, ist dem

Konkursamt gegenüber vollumfänglich auskunftspflichtig. Eine Bank kann sich dieser Pflicht

nicht unter Hinweis auf das Bankgeheimnis entziehen. Auch Vermögenswerte, an welchen

der Konkursit lediglich wirtschaftlich Berechtigter ist, sind von konkursamtlichem Interesse.

Bundesgericht, 22. Januar 2014, SJ 2014 I 384: Im Falle des Konkurses einer Gesellschaft

sind die Befugnisse der Gesellschaftsorgane auf ein Minimum beschränkt (Art. 740 Abs. 5

OR). Die Liquidation besorgt in aller Regel die Konkursverwaltung.

Appellationsgericht des Kantons Tessin, 14. März 2014, RTiD 2014 II 903 N. 61c: Im

Rahmen des Konkurses ist die direkte Bundessteuer auf Liquidationsgewinne (Art. 58 Abs. 1

lit. c DBG) zu den Verwertungskosten zu rechnen, wenn das Grundstück pfandrechtlich

belastet ist.

31

Bundesgericht, 24. März 2014, BlSchK 2015 231: Nach der Konkurseröffnung über den

Mieter kann das Betreibungsamt kein Retentionsverzeichnis mehr aufnehmen.

Bundesgericht, 8. Juli 2014, SZZP 2014 573: Mit der Konkurseröffnung verliert der

Konkursit die Befugnis, sein Einzelunternehmen im Handelsregister löschen zu lassen. Art.

40 SchKG ist nicht mehr anwendbar, da das Interesse der Gläubiger im hängigen

Konkursverfahren berücksichtigt wird.

Nur nach dem Schluss des Konkursverfahrens kann das Einzelunternehmen gelöscht werden,

beziehungsweise nach Einstellung desselben mangels Aktiven, sofern das Einzelunternehmen

seinen Betrieb eingestellt hat.

BGE 140 III 651, 18. November 2014: Die Konkursverwaltung kann bereits vollzogene

Leistungen vom Vertragspartner des Gemeinschuldners zurückverlangen, muss jedoch

mangels Besitzes allenfalls den Prozessweg beschreiten. Die Konkursverwaltung ist nicht

befugt, den Vertragspartner, der an den in seinen Besitz gelangten Vermögenswerten

Eigentum geltend macht, mittels amtlicher Verfügung unter Strafandrohung zur Herausgabe

dieser Vermögenswerte aufzufordern.

Obergericht des Kantons Zürich, 19. Mai 2015, ZR 2015 243: Art. 230a Abs. 1 SchKG

erfasst sämtliche Vermögenswerte einer ausgeschlagenen Erbschaft, auch

Abtretungsforderungen gemäss Art. 260 SchKG.

Aufsichtsbehörde der Betreibungs- und Konkursämter des Kantons Genf, 25. Juni 2015,

BlSchK 2017 33: Die Beschlagnahme von Postsendungen durch das Konkursamt ist ein

massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Konkursiten und muss auf einer

gesetzlichen Grundlage beruhen. Art. 38 KOV ist keine genügende gesetzliche Grundlage.

Hingegen erlaubt bereits das Gesetz mit Art. 223 SchKG eine solche Sicherungsmassnahme.

Obergericht des Kantons Zürich, 19. August 2015, BlSchK 2016 117: Wird ein Konkurs

mangels Aktiven eingestellt, so leben auch diejenigen Betreibungen wieder auf, welche sich

im Stadium der Konkursandrohung befinden. Der Gläubiger kann in diesem Fall ebenfalls

vom – für ihn neuen – Wahlrecht profitieren und seine Betreibung (erneut) fortsetzen.

BGE 141 III 590, 10. Dezember 2015: Das Recht des Gläubigers, nach Einstellung des

Konkursverfahrens mangels Aktiven die Durchführung des Verfahrens zu verlangen und die

Sicherheit für die nicht gedeckten Kosten zu leisten, schliesst die Anfechtung der

Einstellungsverfügung des Konkursgerichts noch nicht aus.

BGE 142 III 23, 10. Dezember 2015: Die Konkurs- bzw. die Nachlassverwaltung ist nicht

befugt, mittels Verantwortlichkeitsklage (Gesellschaftsklage) gegen die Gesellschaftsorgane

den Schaden geltend zu machen, der ausschliesslich im Vermögen der Gesellschaftsgläubiger

entstand, ohne dass im Vermögen der Gesellschaft selber ein Schaden eintrat.

Bundesgericht, 15. Januar 2016, BlSchK 2016 200: Fortsetzung auf Pfändung nach

Einstellung des Konkurses mangels Aktiven. – Der Gläubiger, dessen Betreibung schon bei

der Konkursandrohung angelangt ist oder der eine Wechselbetreibung angehoben oder auf

Pfandverwertung betrieben hat, kann keine Fortsetzung auf Pfändung verlangen. Er muss neu

betreiben.

32

Bundesgericht, 22. Februar 2016, BlSchK 2016 203: Der Konkurs ist mangels Aktiven

eingestellt, wenn die zehntägige Frist gemäss Art. 230 Abs. 2 SchKG abläuft; das

Schlusserkenntnis des Konkursrichters ist nur deklarativ. Die Frist für das

Fortsetzungsbegehren in einer wiederauflebenden Betreibung beginnt zu laufen, wenn das

Eidgenössische Amt für das Handelsregister den Eintrag der Einstellung im Handelsamtsblatt

veröffentlicht.

Obergericht des Kantons Zürich, 16. Juni 2016, ZR 2016 179: Eine vor Konkurs

angehobene Klage nach Art. 85a SchKG fällt nicht dahin, wenn der Konkurs mangels

Aktiven eingestellt wird. Eine juristische Person verliert ihre Rechtspersönlichkeit nicht

bereits mit ihrer Löschung im Handelsregister, sondern erst durch die Beendigung der

Liquidation.

1.5.5 Kollokationsplan

BGE 141 III 382, 29. Mai 2015: Das LugÜ stellt kein Hindernis dar, um in der Schweiz als

Staat der Insolvenzeröffnung über die Kollokation zu entscheiden; das gilt auch bei einem

bereits im Ausland anhängigen Prozess gegen den Schuldner über eine zu kollozierende

Forderung.

Bundesgericht, 28. Juni 2017, BlSchK 2017 156: Die Konkursverwaltung nimmt die

Forderung in den Kollokationsplan auf, deren Existenz ihr wahrscheinlich scheint. Die

nachträgliche Anmeldung einer Forderung kann nicht dazu dienen, den Kollokationsplan zu

ändern.

Bundesgericht, 16. November 2017, SZZP 2018 156: Der Rangrücktritt erfasst auch

grundpfandrechtlich gesicherte Forderungen, soweit diese nicht vorbehalten werden.

Der Rangrücktritt ist weder auf einem Schuldbrief noch im Grundbuch anzumerken, damit er

für den Gläubiger verbindlich ist.

1.5.6 Abtretung

BGE 140 IV 155, 1. September 2014: Die Abtretung nach Art. 260 SchKG hat nicht zur

Folge, dass die Geschädigtenstellung des Gemeinschuldners auf den Abtretungsgläubiger

übergeht. Der Abtretungsgläubiger handelt nicht für den Gemeinschuldner, sondern in

eigenem Namen. Er ist nur geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO, wenn er selber

unmittelbar in seinen Rechten verletzt ist.

Bundesgericht, 13. Dezember 2017, SZZP 2018 158: Eine Forderungsabtretung schliesst

eine erneute zweite Abtretung derselben Forderung an einen verspäteten Gläubiger nicht aus.

Das Gesetz verbietet die Abtretung der Prozessführungsbefugnis an mehrere gültig

angemeldete Gläubiger nicht.

1.5.7 Neues Vermögen

Obergericht des Kantons Aargau, 29. August 2011, ZZZ 2011/2012 219: Erhebt der

Schuldner Rechtsvorschlag mit der Begründung, er sei nicht zu neuem Vermögen gekommen,

so hat er und nicht der Gläubiger den Kostenvorschuss für das summarische Verfahren zu

leisten.

Nur Vorladungen, nicht aber Verfügungen, Beschlüsse, oder Entscheide können von

Kanzleimitarbeitern gültig unterzeichnet werden.

33

Verfügungen, die nicht vom Gerichtspräsidenten unterzeichnet wurden, sind ungültig.

Die Zustellung der Verfügung, mit welcher dem betriebenen Schuldner in einem

betreibungsrechtlichen Verfahren Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses unter

Androhung der Säumnisfolgen gesetzt wird, gilt nach ständiger Praxis des Obergerichts als

Betreibungshandlung. Die Bestimmungen über die Betreibungsferien bzw. über den

Fristenlauf während den Betreibungsferien kommen zur Anwendung.

Obergericht des Kantons Solothurn, 7. Dezember 2012, BlSchK 2014 146: Die

Solothurner Praxis, dem Schuldner durch Gewährung eines 50%-Zuschlags auf dem

betreibungsrechtlichen Grundbetrag die Führung einer ihm zustehenden Lebenshaltung zu

ermöglichen, wird bestätigt.

Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, 13. Mai 2013, BlSchK 2015 199: Bei der

Berechnung des neuen Vermögens ist das in einer Einzelfirma vorhandene Vermögen als dem

Schuldner gehörend zu betrachten. Dem vormaligen Konkursschuldner ist zuzumuten, die

Substanz seines Unternehmens dafür zu verwenden, Konkursschulden zu tilgen.

Obergericht des Kantons Bern, 30. Januar 2014, ZZZ 2013 325: Bei

Bewilligungsverfahren nach Art. 265a Abs. 1–3 SchKG sind die Prozesskosten auch dann

nicht anteilsmässig zu verteilen, wenn der Richter neues Vermögen nur in einem Teilumfang

der in Betreibung gesetzten Verlustscheinsforderung feststellt. In diesem speziellen

summarischen Verfahren gibt es nur entweder ein gänzliches Obsiegen oder Unterliegen.

BGE 140 III 567, 27. Oktober 2014: Bestreitet der Schuldner zum einen, dass er zu neuem

Vermögen gekommen ist, zum anderen aber auch die Forderung selbst, so behandelt der

Rechtsöffnungsrichter beide Punkte in einem einzigen, summarischen Verfahren.

Ist die Tragweite des Rechtsvorschlages nicht eindeutig, so hat man die vom Schuldner

gemachte Erklärung nach Treu und Glauben auszulegen.

Obergericht des Kantons Zürich, 22. März 2017, ZR 2017 190: Nicht nur die materielle

Prüfung der Einrede des fehlenden neuen Vermögens ist der Anfechtung entzogen. Auch

andere (Vor-)Fragen, wie etwa, ob überhaupt ein Konkurs durchgeführt wurde, oder (falls das

zutrifft) ob die betriebene Forderung der Einschränkung des «neuen Vermögens» unterliegt,

können nicht mit Berufung/Beschwerde überprüft werden.

Obergericht des Kantons Zürich, 18. Mai 2017, ZR 2017 122: Der Entscheid des

Einzelgerichts im summarischen Verfahren über den Rechtsvorschlag nach Art. 265a Abs. 1

SchKG ist mit Beschwerde nach Art. 319 ff. ZPO anfechtbar, wenn das Rechtsmittel mit

Verfahrensmängeln begründet wird. Die Wiederherstellung von Fristen im Verfahren des

Einzelgerichts richtet sich nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung.

1.6 Arrest

Bundesgericht, 2. Februar 2011, ZBJV 2015 448: Ein Gläubiger, der in einem

Arrestverfahren gegen mehrere Schuldner vorgehen will, hat gegen jeden einzelnen Schuldner

einen sich auf diesem gehörende Aktiven beziehenden Arrestbefehl zu erlangen, zumal eine

gemeinschaftliche, mehrere Schuldner zusammen umfassende Zwangsvollstreckung

unzulässig ist.

34

Kantonsgericht des Kantons Wallis, 22. Oktober 2012, ZWR 2014 173: Ein ausländischer

Entscheid aus einem Staat, welcher nicht Mitgliedstaat des Lugano-Übereinkommens vom 30.

Oktober 2007 (LugÜ) ist, d.h. ein sogenanntes "Nicht-Lugano-Urteil", bildet einen definitiven

Rechtsöffnungstitel, über dessen Vollstreckbarkeit der Arrestrichter befinden kann (Art. 271

Abs. 1 Ziff. 6 SchKG).

Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG ist sowohl auf Entscheide aus LugÜ-Mitgliedstaaten als auch

auf solche aus Nicht-Mitgliedstaaten, welche vor Inkraftsetzung dieser Bestimmung gefällt

wurden, anwendbar.

Obergericht des Kantons Zug, 6. Dezember 2012, BlSchK 2014 192: Eine gewöhnliche

Forderung gegen eine ausländische Tochtergesellschaft gilt als im Ausland gelegen und ist

daher nicht verarrestierbar.

Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft, 13. August 2013, BlSchK 2014 191: Ein

Verlustschein wirkt nur gegen den Schuldner, nicht aber gegen einen Solidarschuldner und

genügt nicht als Arrestgrund gegen letzteren. Die Steuerveranlagungsverfügung ist ein

definitiver Rechtsöffnungstitel und deshalb ein eigener Arrestgrund.

Cour de Justice des Kantons Genf, 31. Oktober 2013, SJ 2015 I 49: Will der Gläubiger

einen Vermögenswert verarrestieren lassen, an welchem der Schuldner lediglich

wirtschaftlich Berechtigter ist, so obliegt dem Gläubiger die Pflicht, im Arrestgesuch die

Identität des Dritten anzugeben, selbst wenn er einen definitiven Rechtsöffnungstitel

vorweisen kann.

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 27. Dezember 2013, BlSchK 2015 151: Art. 281 Abs.

1 SchKG ist gegenüber Art. 83 Abs. 1 SchKG eine Spezialvorschrift.

Cour de Justice des Kantons Genf, 16. Januar 2014, BlSchK 2014 232: Die Arrestobjekte

sind im Arrestbefehl genügend bestimmt, wenn Fahrzeuge mit Marke und Autonummer

bezeichnet werden. Das Betreibungsamt hat, nachdem es den Schuldner einvernommen hat,

allenfalls auch von Dritten, welche Vermögenswerte des Schuldners besitzen, Auskunft zu

verlangen und alle Fahrzeuge, welche sich auf seinem Betreibungsgebiet befinden, zu

verarrestieren.

BGE 140 III 466, 16. Juli 2014: Zulässigkeit echter Noven im Verfahren der Beschwerde an

die richterliche Behörde und im Einspracheverfahren gegen den Arrestbefehl.

Willkürlich ist der kantonale Entscheid, der neue, im Rahmen des Rückweisungsverfahrens

vor dem Einspracherichter vorgebrachte Tatsachen für unzulässig erklärt, ohne zu prüfen, ob

es sich dabei um echte Noven handelt.

Aufsichtsbehörde vom Kantons Basel-Land, 19. August 2014, BlSchK 2017 211: Wird

das einzige Bankkonto des Arrestschuldners verarrestiert, so ist die Unpfändbarkeit nicht von

Amtes wegen zu beachten. Macht der Schuldner aber geltend, er benötige Barmittel für sich

und seine Familie, so hat das Betreibungsamt die geltend gemachte Unpfändbarkeit zu prüfen.

Cour de Justice des Kantons Genf, 9. Oktober 2014, BlSchK 2016 15: Will der Gläubiger

einen Arrest, der Vermögenswerte an verschiedenen Orten beschlägt, mittels Betreibung

prosequieren, so hat er diese an jedem Ort seperat einzuleiten. Eine einzige Betreibung am

Arrestort genügt nicht, um den Arrest im gesamten Umfang aufrecht zu erhalten.

35

Bundesgericht, 21. Oktober 2014, BlSchK 2015 6: Den Liquidationsanteil des im Ausland

wohnhaften Erben an der unverteilten Erbschaft kann man selbst dann nicht in der Schweiz

verarrestieren, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in der Schweiz hatte.

Das Urteil überzeugt nicht.

Bundesgericht, 9. September 2014, BlSchK 2015 62: Mit Beschwerde an die

Aufsichtsbehörde – und nicht mit Arresteinsprache – ist geltend zu machen, dass der

Arrestvollzug rechtsmissbräuchlich ist.

Bundesgericht, 11. Dezember 2014, SJ 2015 I 133: Beim Arrest obliegt es dem Gläubiger,

die zu verarrestierenden Gegenstände mit hinreichender Genauigkeit zu bezeichnen, so, dass

der Arrest vollzogen werden kann. Insbesondere kann er diese Aufgabe nicht dem

Betreibungsamt überbinden.

Zwar sind Fragen an den Schuldner auch innerhalb des Arrestverfahrens nicht völlig

ausgeschlossen. Diese Fragen können sich aber nur auf Gegenstände beziehen, die im

Arrestbefehl aufgeführt sind. Das Betreibungsamt ist nicht befugt, Nachforschungen

anzustellen und auf diese Weise verarrestierbare Gegenstände ausfindig zu machen.

Obergericht des Kantons Zürich, 18. Dezember 2014, BlSchK 2015 244: Ein

ausländisches Urteil bedarf der Anerkennung in der Schweiz. Erstinstanzlich ist die

Vollstreckbarkeit auszusprechen, ohne dass die Verweigerungsgründe überprüft werden. Bei

der Arrestbewilligung gilt die Verhandlungsmaxime.

Bezirksgericht Zürich, 12. Februar 2015, ZR 2015 308: Wer über einen definitiven

Rechtsöffnungstitel verfügt, kann sich nicht auf den Arrestgrund von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4

SchKG (Ausländerarrest) berufen.

Kantonsgericht des Kantons Waadt, 7. Januar 2016, BlSchK 2018 27: Wenn eine

Forderung verarrestiert ist, schliesst das nicht aus, dass sie auch fällig ist.

BGE 142 III 174, 15. Januar 2016: Werden Vermögenswerte, die zur Durchsetzung der

Ersatzforderung zugunsten des Staates (Art. 71 Abs. 3 StGB) mit Beschlag belegt worden

sind, von einem anderen Gläubiger gepfändet, so nimmt der Staat in analoger Anwendung

von Art. 281 SchKG von Rechts wegen provisorisch an der Pfändung teil.

BGE 142 III 291, 23. Februar 2016: Das Amt hat einen Arrestbefehl, der den formellen

Anforderungen nicht offensichtlich widerspricht, insbesondere die zu verarrestierenden

Gegenstände nur der Gattung nach bezeichnet, zu vollziehen.

Bundesgericht, 22. März 2016, SZZP 2016 463: Der Arrest gemäss Art. 271 Abs. 1 Ziff. 1

oder 2 SchKG kann auch für eine nicht verfallene Forderung verlangt werden.

Familienrechtliche Unterhaltsansprüche, auch wenn in einem Urteil festgelegt, entstehen

fortlaufend. Da Arrestforderungen auch auf Sicherheitsleistung in Geld gerichtet sein können,

begründen auch in einem Urteil festgelegte künftige Unterhaltsbeiträge eine Arrestforderung,

für welche definitive Rechtsöffnung verlangt werden kann.

Bundesgericht, 15. September 2016, BlSchK 2017 153: Die Auskunftspflicht des Dritten

gilt nur für diejenigen Gegenstände, deren Existenz der Arrestgläubiger wahrscheinlich

gemacht hat. Sie kann die für eine paulianische Anfechtung massgebliche Zeit betreffen.

36

Kantonsgericht des Kantons Wallis, 21. september 2016, ZWR 2017 324:

Sicherungsmassnahmen (Anzeige im Sinne von Art. 99 SchKG), welche im Zusammenhang

mit einer öffentlich-rechtlichen Schuld getroffen werden, sind dem Drittschuldner mit

Wohnsitz im Ausland in analoger Anwendung von Art. 66 Abs. 3 SchkG zur Kenntnis zu

bringen bzw. zuzustellen.

Obergericht des Kantons Zürich, 6. Oktober 2016, ZR 2016 207: Die vorläufige

Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts im Grundbuch nach Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3

i.V.m. Art. 961 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB lässt noch kein Pfandrecht entstehen. Das geschieht erst

mit der definitiven Eintragung. Die Forderung ist daher bei erst vorläufiger Eintragung nicht

pfandgesichert i.S.v. Art. 271 Abs. 1 SchKG, und die Gläubigerin kann zur Sicherung der

Forderung (auch) den Erlass eines Arrestbefehls verlangen.

Bundesgericht, 20. Dezember 2016, BlSchK 2018 21: Die Sicherstellungsverfügung

entspricht einem Arrestbefehl, den das Betreibungsamt gemäss Schuldbetreibungsrecht

vollzieht. Statt Arresteinsprache kann man eine steuerrechtliche Beschwerde erheben.

Indessen ist auch eine Beschwerde nach Art. 17 SchKG gegen den Arrestvollzug möglich.

Bundesgericht, 20. Dezember 2016, BlSchK 2017 252: Solange nicht erstellt ist, dass die

Aktien einer Aktiengesellschaft wirklich als Titel existieren, muss das Betreibungsamt die

Sicherungsmassnahme nach Art. 99 SchKG und nicht diejenige nach Art. 98 SchKG treffen.

Obergericht des Kantons Bern, 2. Mai 2017, BlSchK 2017 262: Bei Verarrestierung von

Einkommen ist dem Schuldner der Grundbetrag zu belassen, das Existenzminimum im

Nachgang zu ermitteln und dem Schuldner dieses allenfalls zurückzuzahlen. Ob Einkommen

oder Verdienst vorliegt, kann normalerweise erst nach der Arrestlegung abgeklärt werden.

Obergericht des Kantons Zürich, 5. September 2017, ZR 2017 209: Weil für den Arrest

auch das Vorhandensein von Vermögenswerten glaubhaft zu machen ist, erübrigt sich der

früher gängige Begriff des «Sucharrestes». Die ernsthafte Versicherung einer Person, sie habe

von einem Vierten erfahren, der Schuldner habe Vermögenswerte auf einer bestimmten Bank,

macht das nicht glaubhaft.

Bundesgericht, 11. September 2017, SZZP 2018 65: Die in Art. 279 SchKG bestimmte

Prosequierungsfrist beginnt frühestens zu laufen, wenn die Beschwerde endgültig beurteilt

worden ist oder wenn die Beschwerdefrist ungenutzt verstrichen ist. Dem Gläubiger steht es

aber frei, zur Prosequierung eines Arrests eine Betreibung bereits einzuleiten, während ein

Beschwerdeverfahren nach Art. 327a ZPO hängig ist.

BGE 143 III 578, 19. September 2017: Die Arrestprosequierungsklage kann in die

Zuständigkeit eines Schiedsgerichts fallen.

Obergericht des Kantons Zürich, 7. November 2017, ZR 2018 6: Das vom Arrestgericht

mit dem Vollzug eines Arrestes beauftragte Betreibungsamt hat nur Vermögenswerte zu

verarrestieren, die sich in seinem Sprengel befinden. Für den Arrestvollzug ist eine analoge

Anwendung von Art. 89 und Art. 4 SchKG abzulehnen.

1.6.1 Steuerarrest

Bundesgericht, 4. Juni 2015, SJ 2016 I 138: Art. 44 SchKG – welcher strafrechtliche und

fiskalische Gesetze vorbehält, die Sondervorschriften zur Zwangsvollstreckung enthalten –

37

findet auf die direkte Bundessteuer keine Anwendung. Das gilt nicht nur für die Verwertung,

sondern auch für die Konfiszierung von Gegenständen. Die Zwangsvollstreckung von

Steuerforderungen, die kraft direkten Bundessteuergesetzes entstehen, geschieht nach den

Regeln des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs.

Arrest und Sicherstellung von Steuerforderungen können aber eigenen Vorschriften

gehorchen, namentlich dann, wenn der Schuldner Wohnsitz im Ausland hat oder wenn das

kantonale Recht das vorsieht. Es ist dann möglich, dass eine Sicherstellungsverfügung

zugleich Arrestbefehl ist. Das Betreibungsamt hat dann gemäss den Regeln des

Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs den Arrest zu legen. Man kann sich

fragen, ob man es hier mit Sonderregeln zu tun hat, die den allgemeinen Regeln des SchKG

widersprechen.

Bundesgericht, 4. Juni 2015, BlSchK 2016 94: Es ist nicht willkürlich, anzunehmen, dass

nur der Steuerarrest, nicht aber der Arrest nach SchKG, zur Sicherstellung direkter Steuern

dienen kann.

Bezirksgericht Sitten, 21. Februar 2017, ZWR 2017 319: Art. 44 SchKG schliesst die

zwangsweise Verwertung solcher "beschlagnahmter" Gegenstände vom Anwendungsbereich

des SchKG aus.

Der Zweck der strafrechtlichen Sicherungs- oder Konfiskationsbeschlagnahme und ebenso

jener der Vermögensbeschlagnahme sind vergleichbar mit jenem der Art. 271 ff.SchKG (Art.

44 SchKG, 69 ff. StGB).

Die in Art. 44 SchKG vorbehaltene strafrechtliche Beschlagnahmung kann sich nur auf

Vermögensgegenstände beziehen, die in einem direkten Zusammenhang mit der Straftat

stehen.

Bundesgericht, 26. Oktober 2017, BlSchK 2018 90: Nachdem die Arresteinsprache

abgewiesen worden ist, kann man den Arrest nicht mehr widerrufen. Die Art. 271 ff. SchKG

gehen den Regeln der Zivilprozessordnung über die vorsorglichen Massnahmen vor.

1.7 Paulianische Anfechtungsklage

Kantonsgericht des Kantons Neuenburg, 18. Dezember 2014, RJN 2015 519: Die

Ehefrau, welche von ihrem Mann – dessen Firma sich in finanziellen Schwierigkeiten

befindet und der nichts mehr in den Haushalt einzubringen vermag – Weinflaschen im Wert

von mehr als 190'000 Franken geschenkt bekommt, kann nicht vorgeben, von der misslichen

Lage nichts gewusst zu haben. Die paulianische Anfechtung ist bis fünf Jahre nach der

Schenkung zuzulassen.

Obergericht des Kantons Zürich, 20. März 2017, ZR 2017 99: Nach dieser Bestimmung

umfasst ein und derselbe paulianische Rückerstattungsanspruch primär das Begehren auf

Realerstattung und sekundär dasjenige auf Wertersatz. Es ist daher zulässig, für den Fall, dass

eine Rückgabe in natura scheitert, ein Eventualbegehren auf Wertersatz und damit auf

Geldzahlung zu stellen.

BGE 143 III 167, 6. Februar 2017: Anfechtbarkeit der Bezahlung von

Versicherungsprämien, wenn die Gültigkeit des Versicherungsvertrages umstritten ist.

38

BGE 143 III 395, 12. Juni 2017: Die Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG gegen

den Fiskus gehört zu den gerichtlichen Angelegenheiten des SchKG, welche von der ZPO

geregelt werden. Sie fällt hingegen nicht unter die "Klagen gegen den Bund" im Sinne von

Art. 5 Abs. 1 lit. f ZPO, für welche eine einzige kantonale Instanz zuständig ist.

1.8 Nachlassvertrag

BGE 140 III 320, 8. Mai 2014: Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines

ausländischen Urteils gegen Gesellschaften in Nachlassliquidation nach Art. 317-331 SchKG.

Ausnahme gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. b LugÜ vorliegend bejaht.

BGE 141 III 188, 16. März 2015: Die Stellung des provisorischen Sachwalters (während der

provisorischen Stundung) entspricht derjenigen des definitiven Sachwalters. Man kann also

mittels Beschwerde an die Aufsichtsbehörde rügen, dass dieser nicht hinreichend qualifiziert

oder nicht objektiv sei.

Bundesgericht, 12. August 2015, SZZP 2015 538: Der Entscheid über die Anordnung der

definitiven Nachlassstundung ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG. Die Bejahung

der Sanierungsaussicht gestützt auf die mündliche Finanzierungszusage der

Muttergesellschaft ist nicht willkürlich.

BGE 142 III 364, 2. Mai 2016: Die Entscheidung, mit welcher der Richter die provisorische

Stundung verweigert und den Konkurs eröffnet, ist keine vorsorgliche Massnahme. Gegen die

besagte Entscheidung ist die Beschwerde in Zivilsachen wegen Rechtsverletzungen nach

Massgabe von Art. 95 BGG zulässig.

BGE 142 III 705, 13. Oktober 2016: Der bestätigte Nachlassvertrag, der unangefochten in

Rechtskraft erwachsen ist, kann privilegierten Forderungen, die eingegeben, vom Sachwalter

aber eigenmächtig nicht im ganzen Betrag aufgenommen wurden, entgegengehalten werden.

BGE 143 III 173, 19. April 2017: Der Rückgabeanspruch des Vermieters nach aufgelöstem

Mietverhältnis ist keine Nachlassforderung; dementsprechend kann der Mieter, dem eine

Nachlassstundung gewährt wurde, die Sistierung des Ausweisungsverfahrens nicht verlangen.

39

2 Abkürzungen

Abs. Absatz

Art. Artikel

ARV Zeitschrift für Arbeitsrecht und Arbeitslosenversicherung (Zürich)

AVIG Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung

und die Insolvenzentschädigung, SR 837.0

BGBB Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht, SR

211.412.11

BGE Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts

BGFA Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und

Anwälte, SR 935.61

BGG Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht, SR 173.110

BlSchK Blätter für Schuldbetreibung und Konkurs/Bulletin des poursuites et faillites

(Wädenswil)

CdB Cahiers du bail (Lausanne)

EMRK Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und

Grundfreiheiten, SR 0.101

f./ff. folgende

FZR Freiburger Zeitschrift für Rechtsprechung (Freiburg)

GebV Gebührenverordnung vom 23. September 1996 zum Bundesgesetz über

Schuldbetreibung und Konkurs, SR 281.35

i.S.v. im Sinne von

IPRG Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht, SR 291

JdT Journal des Tribunaux (Lausanne)

lit. lit(t)era

LugÜ Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die

Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-und Handelssachen,

SR 0.275.12

LwG Bundesgesetz vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft, SR 910.0

MP Mietrechtspraxis (Zürich)

N. Nummer

40

not@lex Revue de droit privé et fiscal du patrimoine (Lausanne)

OR Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen

Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht), SR 220

PKG Die Praxis des Kantonsgerichtes von Graubünden (Chur)

Pra Die Praxis des Bundesgerichts (Basel)

RJN Recueil de jurisprudence neuchâteloise (Neuenburg)

RTiD Rivista ticinese di diritto (Bellinzona)

SchKG Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs, SR 281.1

SJ La Semaine Judiciaire (Genf)

SJZ Schweizerische Juristen-Zeitung (Zürich)

SR Systematische Rechtssammlung des Bundesrechts

St. Sankt

StGB Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937, SR 311.0

SZZP Schweizerische Zeitschrift für Zivilprozessrecht (Basel)

vgl. vergleiche

VVAG Verordnung des Bundesgerichts vom 7. Januar 1923 über die Pfändung und

Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen, SR 281.41

ZGB Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, SR 210

Ziff. Ziffer

ZPO Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008, SR 272

ZR Blätter für Zürcherische Rechtsprechung (Zürich)

ZWR Zeitschrift für Walliser Rechtsprechung (Sitten)

VZG Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung

von Grundstücken, SR 281.42

ZZZ Schweizerische Zeitschrift für Zivilprozess- und Zwangsvollstreckungsrecht,

(Zürich)

[email protected] I www.sjwz.ch

05.02.2019: Update SchKG – Neuere Entwicklungen im Zwangsvollstreckungsrecht

Unterlagen Referierende

Teil 2: Unterlagen Daniel Hunkeler

Einführung

Teil 3: Unterlagen Franco Lorandi

Potpourri zu Art. 260 SchKG

Übersicht über die Abtretung von Rechtsansprüchen gem. Art.260 SchKG und Auswahl verschiedenster Einzelfragen

Teil 4: Unterlagen Hansjörg Peter

Neuere kantonale Rechtsprechung

Teil 5: Unterlagen Thomas Engler

Aktuelle Entscheide des Kantons Zürich (und des Bundesgerichts)

Teil 6: Unterlagen Daniel Hunkekler

Übersicht und ausgewählte Einzelfragen zum neuen Sanierungsrecht

Aktuelle Entscheide des Obergerichts Zürich und des Bundesgerichts zum SchKG

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ReferentThomas Engler

2

Inhaltsüberblick• Verfahrensrechtliches zur Beschwerde nach Art. 17 ff. SchKG • Nichtigkeit nach Art. 22 SchKG• Betreibungsbegehren• Betreibung des Willensvollstreckers für Nachlassschuld?• Zustellung / Fristwiederherstellung• Rückforderung (Art. 86 SchKG) bei öff.-rechtlichen Forderungen• Verschiedenes zum Rechtsöffnungsverfahren• Unpfändbarkeit von Renten (Art. 92 Abs. 1 lit. 9a SchKG)• "Vorfahrprivileg" in der Einkommenspfändung• Verjährung der Verlustscheinforderung bei ausländischer Forderung• Betreibung auf Verwertung der Sicherheit nach Art. 257e OR• Rechtsmissbräuchliche Insolvenzerklärung (Art. 191 Abs. 1 SchKG)• Verschiedenes zum Konkurs• Arrest und Arresteinsprache• Nachlassverfahren

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Vorbemerkung• Persönliche Meinung des Referenten.

• Nachfolgend angegebene OGer- Geschäftsnummern bezeichnen Entscheide des Zürcher Obergerichts und sind (allenfalls nach einer gewissen Wartefrist) abrufbar unter:

www.gerichte-zh.ch/entscheide/entscheide-suchen.html

• Kursiv angegebene Entscheide finden Sie in den Tagungsunterlagen.

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Beschwerde "im Voraus"• OGer ZH PS180228 vom 7. Januar 2019:

– Gläubiger verlangte (nach zwischenzeitlichen Einigungs-gesprächen) Fortsetzung des Verwertungsverfahrens.

– Schuldner teilt BA am 18.10.2018 schriftlich mit, Liegen-schaft dürfe nicht verwertet werden (Art. 92 Abs. 2 SchKG) - Weiterleitung an untere AB.

– Untere AB behandelt Eingabe als Beschwerde gegen Verfügung des BA vom 31.10. 2018 (Festsetzung Steigerungstermin) und weist sie am 7.11. 2018 ab.

– Schuldner erhebt am 9.11.2018 (nun anwaltlich vertreten) Beschwerde gegen Verfügung vom 31.10.2018.

– Res judicata? Nicht haltbar. – Nebenbei: Art. 92 Abs. 2 SchKG: Berücksichtigung eines

WEF-Vorbezugs und eines noch nicht (auch nicht vorsorglich) eingetragenen Bauhandwerkerpfandrechts?

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Beschwerdeverfahren / Fragepflicht, Treu und Glauben

• OGer ZH PS180246 vom 21. Januar 2019: – Begehren um Neuschätzung (Art. 9 Abs. 2 VZG). – Frist für Leistung eines Vorschusses von Fr. 2'000.00. – Missverständnis: Betriebener meinte offensichtlich, innert

Frist müsse er eine Neuschätzung einreichen. – Fristerstreckungsgesuch, da Frist dafür zu kurz sei.– Fristerstreckung: Stempel "letztmals erstreckt".– Innert erstreckter Frist: Betriebener reicht neue Schätzung

ein und erklärt, die Kosten dafür habe er bereits bezahlt und die Vorschussleistung erübrige sich daher.

– Nichteintreten mangels Bevorschussung.– Verletzung von Treu und Glauben / Fragepflicht.

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Nichtigkeit nach Art. 22 SchKG• OGer ZH PS170273 vom 15. Januar 2018:

– "Ausstrahlung" nichtiger Verfügungen auf spätere Akte in derselben Betreibung: stets wenn es um systemimmanen-te Grundvoraussetzungen von Betreibungshandlungen geht. Ansonsten: Abwägung mit Rechtsbeständigkeit.

– Nichtigkeit der Streichung von Gläubigern im Kollokations-plan macht den Zuschlag in der Verwertung nicht nichtig.

– Rechtskraft von Entscheiden über Nichtigkeitsrügen.

• OGer ZH PS180105 vom 17. August 2018:– Nichtige Zustellung des Zahlungsbefehls wegen einer

Interessenkollision zwischen Schuldner und Domizilhalter. – Nichtigkeitsgründe als Noven in der Beschwerde vor OG.

• OGer ZH PS180023 vom 20. März 2018:– Nichtigkeit einer Schikane-Betreibung (Rechtsmissbrauch).– vgl. weiterführend ZZZ 2016 S. 44 ff.

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Betreibungsbegehren• BGE 144 III 353:

– Inkasso der Zürcher Gerichte betreibt 13 Kostenforderungen. – Art. 2 der Verordn. EJPD (SR 281.311): nur 10 Forderungen

pro Betreibungsbegehren.– BGer konkretisiert Art. 67 SchKG: Mehrere Forderungen in

einem Betreibungsbegehren sind bei gleicher Betreibungsart zulässig. Die Einschränkungen auf Verordnungsebene sind daher nicht gesetzmässig.

– (dasselbe zur Beschränkung der Zeichen je Zeile).

• BGE 144 III 425:– Für die "stille Betreibung" (auch ausdrücklich zur Verjähr-

ungsunterbrechung) gilt Art. 16 Abs. 4 GebV SchKG.– Gebühr nach Zeitaufwand (Art. 4 Abs. 2 GebV SchKG) nicht

zulässig. – Daher: nicht Fr. 40.00, sondern Fr. 5.00.

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Betreibung gegen Nachlass am Wohnsitz des Willensvollstreckers?

• OGer ZH PS180049 vom 11. Juli 2018:– Erblasser mit letztem Wohnsitz im Ausland, Willensvoll-

strecker W. im Kanton Zürich. – Gläubiger setzt Schuld des Erblassers in Betreibung,

betreibt W. an dessen Wohnsitz. – Art. 49 SchKG (Betreibung gegen unverteilte Erbschaft am

letzten Wohnsitz des Erblassers) vs. Art. 46 SchKG (persönliche Betreibung am Wohnsitz des Schuldners)?

– Keine BGE- und kantonale Praxis; zwei Autoren sprechen sich kurz für die Geltung von Art. 49 SchKG aus.

– Unstrittig: Willensvollstrecker handelt in Prozessstand-schaft und damit im eigenen Namen als Partei, nicht als Vertreter des Nachlasses - auch in Betreibungen.

– Auslegung: historisch und systematisch nicht schlüssig. Frage nach Sinn und Zweck ist zu prüfen.

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Fortsetzung

– Problematik: persönliche Betreibung, in der fremdes Vermögen als Haftungssubstrat.

– Am Wohnsitz des WV zwar geringerer Bezug zum Nachlass als am letzten Wohnsitz des Erblassers.

– Art. 49 SchKG will nicht eine Regelung für sämtliche gegen den Nachlass gerichteten Betreibungen aufstellen, sondern primär nur Grundlage, dass unverteilte Erbschaften überhaupt selbständig betrieben werden können.

– WV persönlich hat Schuldnerstellung, Betreibung am ordentlichen Betreibungsort ist daher möglich.

– Art. 28 Abs. 1 ZPO lässt sich nicht auf den Fall übertragen. – Betreibung am Wohnsitz von W. ist korrekt. – Bezeichnung des Schuldners als Willensvollstrecker im

Zahlungsbefehl ist nicht erforderlich, wenn Bezug zum Nachlass aus Angaben zur Forderung hervorgeht.

– BGer 5A_638/2018: Entscheid noch ausstehend.

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Zustellung / Fristwiederherstellung• BGer 5A_87/2018 vom 21. September 2018

(bestätigt OGer ZH PS170248 vom 15. Januar 2018):– Art. 64 Abs. 1 SchKG: Zustellung des Zahlungsbefehls

erfolgte an Mutter des Schuldners an dessen Wohnort. – Schuldner hat nicht Anspruch darauf, dass er zuerst am

Arbeitsort gesucht wird und erst dann die (Ersatz-) Zustellung in seiner Wohnung erfolgt.

– Mutter vergass aufgrund Geburt eines Enkels einen Tag nach der Zustellung, den Schuldner zu informieren.

– Weiteres Schicksal der Zustellung war unbekannt. – Keine Fristwiederherstellung nach Art. 33 Abs. 4 SchKG:

Geschäftserfahrener Schuldner mit häufigen Betreibungen durfte sich nicht ohne weitere Vorkehren darauf verlassen, dass die Mutter ihn von sich aus auf von ihr entgegen genommene Betreibungsurkunden hinweist.

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Rückforderungsklage (Art. 86 SchKG) bei öffentlich-rechtlichen Forderungen

• OGer ZH PP170028 vom 14. Juli 2017:– Art. 1 lit. c ZPO: "gerichtliche Angelegenheiten des

Schuldbetreibungs- und Konkursrechts" umfasst nicht die Rückforderung öffentlich-rechtlicher Forderungen.

– Keine Zuständigkeit der Zivilgerichte in solchen Fällen.

• OGer ZH RU180006 vom 15. März 2018:– Bestätigt PP170028; nebenbei:

• Zuständigkeit am Betreibungsort entfällt bei ausserkantonalen Forderungen ganz.

• Nichtschuld wäre zu beweisen; Fehler des Betreibungsamts rechtfertigen alleine keine Rückforderung.

• Kein Aushebeln der materiellen Rechtskraft.

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Rechtsöffnungsverfahren / Basler Praxis bei vollständig zweiseitigen Verträgen

• BGer 5A_1017/2017 vom 12. September 2018, zur BGE-Publikation vorgesehen (deutsch in Pra 108 (2019) Nr. 5):– Begehren um provisorische Rechtsöffnung gestützt auf einen

vollkommen zweiseitigen Vertrag.– Einrede der Nichterfüllung muss der Betriebene nicht

glaubhaft machen, da es sich nicht um eine Einrede nach Art. 82 Abs. 2 SchKG handelt, sondern um die Frage, ob überhaupt ein Titel nach Art. 82 Abs. 1 SchKG vorliegt.

– Daher trägt der Betreibende die Beweislast, sobald der Be-triebene (ohne Vorleistungspflicht) Nichterfüllung behauptet.

– Basler Rechtsöffnungspraxis insoweit bestätigt (war bei gänzlicher Nichterfüllung aber weitgehend anerkannt)

– Bemerkungen zur Kognition des Rechtsöffnungsgerichts: Nicht Begründetheit einer Forderung, sondern Vorliegen eines Rechtsöffnungstitels.

www.sjwz.ch13

Rechtsöffnung für ausl. öffentliche Urkunde• BGer 5A_131/2018 vom 7. Dezember 2018:

– Definitive Rechtsöffnung für in Deutschland aufgenommene Grundschuldbestellungsurkunde mit persönlicher Haftungs-übernahme von 1997.

– Art. 50 Abs. 1 LugÜ 1988 (vgl. Art. 63 Abs. 1 LugÜ 2007).– Ordre public-widriger Wucherzinssatz von 16%?

• Ausnahmecharakter des ordre public-Vorbehalts;• Art. 14 KKG: idR 15% obere Grenze;• Konkordat über Massnahmen zur Bekämpfung von

Missbräuchen im Zinswesen: 12 % + 6 % als Maximalzinssatz;

• Zinsen waren 1997 allgemein höher als heute;• Argument, Hypo-Zinsen in D und CH hätten sich damals

im Durchschnitt auf 4,5% belaufen, war unbehelflich. • Daher kein Verstoss gegen ordre public ersichtlich.

www.sjwz.ch14

Rechtsöffnungsverfahren / weiteres• OGer ZH PS180077 vom 25. Juni 2018:

– Zuständigkeit der Krankenkassen gemäss Art. 49 ATSG zum Entscheid über Leistungspflicht und über Rechtsöffnung, wenn bei Einleitung der Betreibung keine vollstreckbare Verfügung vorliegt.

– Nur obligatorische Kranken-/ freiwillige Taggeldversicherung.– BGer 5A_577/2018: Entscheid noch ausstehend.

• BGE 144 III 193: – Urteil über Kindesunterhalt und fortlaufende "Zahlungspflicht"

über Mündigkeit hinaus ist auch für den Mündigenunterhalt ein genügender Rechtsöffnungstitel.

• BGE 144 III 164:– Höhe der Parteientschädigung der anwaltlich vertretenen

Partei nach Art. 95 Abs. 3 lit. b ZPO darf nicht davon abhän-gig gemacht werden, dass eine solche Vertretung nötig war.

www.sjwz.ch15

Unpfändbarkeit nach Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG

• BGE 144 III 407: – Berufung auf absolute Unpfändbarkeit einer AHV-Rente

kann Rechtsmissbrauch darstellen, wenn andere Mittel gehobenen Lebensstandard erlauben (Art. 2 Abs. 2 ZGB).

– Verneint bei Ehefrau, die mit Ehemann dank dessen BVG-Rente über einen Freibetrag von Fr. 2'100.00 verfügte.

• OGer ZH PS180043 vom 16. Mai 2018:– Grundsätzliche Pfändbarkeit von Sparguthaben aus

unpfändbaren Rente? Schwierige Ermessensfrage.– Ergänzungsleistungen zur IV bleiben absolut unpfändbar,

wenn sie nach Sistierung rückwirkend ausbezahlt werden. – Solche Zahlung ist kein Sparguthaben im erwähnten Sinn;

auch Pfändung nur der Hälfte ist nicht zulässig. – Keine Rechenschaftspflicht des Schuldners über die Ver-

wendung der nachbezahlten Gelder.

www.sjwz.ch16

Übergang des unterhaltsrechtlichen "Vorfahrprivi-legs" auf das subrogierende Gemeinwesen?

• OGer ZH PS180042 vom 25. Mai 2018:– Einkommenspfändung für UHB geht früherer Einkommens-

pfändung im Umfang der UHB im Jahr vor Einleitung der Betreibung vor, wenn UHB in der vorgehenden Einkommens-pfändung im Existenzminimum nicht berücksichtigt wurden.

– Betreibung des bevorschussenden Gemeinwesens? – Zürcher Praxis uneinheitlich (teils nach Grundsatzregel der

Subrogation, Art. 289 Abs. 1 ZGB: BlSchK 2007 S. 212).– BGE-Praxis zur (bejahten) Berechtigung des Gemeinwesens,

Schuldneranweisung und privilegierten Pfändungsanschluss geltend zu machen, ist nicht auf diesen Fall zu übertragen.

– Analogie zum persönlichen Privileg des Unterhaltsgläubigers zum Eingriff in das Existenzminimum liegt näher.

– Vorfahrprivileg geht nicht auf Gemeinwesen über. – BGer 5A_490/2018: Entscheid steht noch aus.

www.sjwz.ch17

Verjährung der Verlustscheinforderung für ausländische Forderung• BGE 144 III 360:

– Grundsatz: Art. 30a SchKG.– Verlustschein für Forderung, die sich nach ausländischem

Recht richtet (nach welchem Forderung bereits verjährt): Gilt Verjährungsfrist nach Art. 149a Abs. 1 SchKG?

– Zusammenhängende Privilegien des Verlustscheins: Unverzinslichkeit und ausserordentliche Verjährungsfrist.

– Privilegien stehen im Dienst des Zwangsvollstreckungs-rechts, sollen dem Schuldner und dem Gläubiger in der Zwangsvollstreckung in der Schweiz zugute kommen.

– Anwendung ist daher unabhängig davon berechtigt, welches Recht für die zugrunde liegende Forderung gilt.

– Nach der Ausstellung des Verlustscheins gilt somit auch bei ausländischen Forderungen die besondere Ver-jährungsfrist nach Art. 149a Abs. 1 SchKG.

www.sjwz.ch18

Betreibung auf Verwertung der Sicherheit nach Art. 257e OR• OGer ZH PD170009 vom 14. Februar 2018:

– Sicherheit ist keine Forderung gegen den Vermieter, und der Mieter kann Ansprüchen des Vermieters daher nicht die Verrechnung mit der Sicherheit entgegen halten.

– Sicherheit nach Art. 257e OR gilt als Pfandrecht; die Betreibung auf ihre Inanspruchnahme geht auf Pfandverwertung.

– Einrede des "beneficium excussionis realis". – Beneficium muss mit Beschwerde nach Art. 17 SchKG

geltend gemacht werden (Art. 41 Abs. 1bis SchKG), gegen den Zahlungsbefehl oder allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt, wenn bei Zustellung des Zahlungsbefehls das Mietverhältnis noch andauerte.

– Geltendmachung erst mit Aberkennungsklage ist verspätet.

www.sjwz.ch19

Rechtsmissbräuchliche Insolvenzerklärung (Art. 191 Abs. 1 SchKG)

• BGer 5A_435/2018 vom 25. Oktober 2018 (zur BGE-Publikation vorgesehen): – Schuldner bezieht Renten von total Fr. 3'832.00.– Bank erwirkte für Darlehensschuld von F. 83'000.00

Einkommenspfändung von Fr. 990.00 monatlich. – Insolvenzerklärung, (frei übersetzt) "um den Lebensabend

nicht auf dem Existenzminimum verbringen zu müssen". – Insolvenzerklärung bezweckt Ermöglichung eines wirt-

schaftlichen "Neustarts"; nicht: Schutz vor Einschränkung des Lebensstandards aufgrund einer Pfändung.

– Bezweckt eine Insolvenzerklärung nur, einer vollzogenen Pfändung eines einzigen Gläubigers zu entgehen, so ist sie rechtsmissbräuchlich.

– Frage, für wie lange die Zwangsvollstreckung den Schuldner einschränkt, ist kein entscheidendes Kriterium.

www.sjwz.ch20

Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets (Art. 166 Abs. 1 IPRG)

• OGer ZH PS180130 vom 3. Oktober 2018:– Anhörung des Gemeinschuldners (Art. 29 Abs. 2 IPRG):

• Gutheissung des Antrags durch erste Instanz: Publika-tion; Gemeinschuldner und anderen Betroffenen steht Beschwerde mit unbeschränktem Novenrecht offen (rechtliches Gehör);

• Abweisung und Beschwerde des Antragsstellers: OG gibt vor Entscheid mittels Publikation Betroffenen Gelegenheit, sich innert 10 Tagen zu äussern.

– Vom Schuldner selber veranlasste Sistierung des auslän-dischen Verfahrens führt nicht zu einer Zweiteilung in dem Sinn, dass für die spätere Fortsetzung des Verfahrens er-neut die rechtzeitige Ladung nach Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG dargetan werden müsste.

– Gutheissung der Beschwerde - Anerkennung.

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Konkurseröffnung nach Zahlungseinstellung, Replikrecht• BGer 5A_561/2018 vom 14. Dezember 2018:

– Zahlungseinstellung nach Art. 190 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG: • Unbestimmter Rechtsbegriff - Ermessen.• Anstieg unbezahlter öffentlich-rechtlichen Forderungen. • Hier: Steuerschulden 2011-2017 über rund Fr. 1 Mio.,

dafür insgesamt 8 Pfändungsverlustscheine.• Konkurseröffnung war trotz geltend gemachter

Abzahlungen anderer Schulden gerechtfertigt. – Gewährung eines effektiven Replikrechts:

• Zustellung am 29.5.2018, Entscheid am 1.6.2018;• Das ist auch in einem dringlichen summarischen

Verfahren unzureichend. – Zu den Anforderungen einer Rüge der Gehörsverletzung:

Angabe, was noch gesagt worden wäre und inwiefern das erheblich gewesen wäre.

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Weiteres im Zusammenhang mit Konkursen• OGer ZH PS180157 vom 17. Dezember 2018:

– Lohnpfändung vor Konkurseröffnung:– Bei Konkurseröffnung noch nicht ausbezahlter (aber

bereits verdienter) Lohn fällt (soweit nach Art. 93 SchKG pfändbar) in Konkursmasse. Von Konkurseröffnung an steht der Lohn dem Gemeinschuldner zu.

– Abgrenzung wird auf den Tag genau gerechnet.

• OGer ZH PS180018 vom 9. August 2018:– Einstellung mangels Aktiven: Sicherheit für die Durchführ-

ung des Konkursverfahrens (Art. 230 Abs. 2 SchKG): – Sicherheit von Fr. 30'000.00: klar über dem Durchschnitt,

ist eingehend zu begründen. – Heilung der Gehörsverletzung durch obere AB.– Sicherheit unter Diskussion der erwarteten Kosten und der

Aktiven auf Fr. 8'000.00 reduziert.

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Arrestforderung und Arrestgegenstand• OGer ZH PS160176 vom 6. Oktober 2016 (= ZR 115/2016

Nr. 49 S. 207): – "Fällig, nicht pfandgesichert" (Art. 271 Abs. 1 SchKG): – Erst vorsorglich eingetragenes Bauhandwerkerpfandrecht

schliesst den Arrest nicht aus (Pfandrecht entsteht erst durch definitive Eintragung).

– Konsequenz, wenn das Pfandrecht entsteht?

• OGer ZH PS180051 vom 14. Mai 2018:– Liquidationsanteil des Schuldners an unverteilter Erbschaft

des Vaters als Arrestgegenstand: – Glaubhaftmachen des Verwandtschaftsverhältnisses

genügt; – fehlendes Testament / Enterbung / Ausschlagung muss

nicht glaubhaft gemacht werden (vgl. auch BGE 109 III 90).

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Arrest gestützt auf ausländischen Schiedsspruch (Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG)• BGE 144 III 411:

– Vollstreckung gemäss "New Yorker Übereinkommen" vs. Erfordernis einer genügenden Binnenbeziehung bei der Vollstreckung von Entscheiden gegen ausländische Staaten ("iure gestionis").

– Prüfung der Versagensgründe nach Art. V NYÜ setzt schweizerische Zivilgerichtsbarkeit voraus (vgl. Art. III NYÜ) - diese bedingt genügende Binnenbeziehung.

– Das Fehlen der Binnenbeziehung hat zur Folge, dass gar kein Verfahren durchgeführt werden kann.

– Ob Binnenbeziehung nach NYÜ verlangt werden dürfte, ist somit nicht zu prüfen.

– Aufhebung des Arrests hält vor Willkürbeschwerde stand. – Offen gelassen, ob Arrest überhaupt zulässig war.

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Arrest / Widerspruchsverfahren• BGer 5A_559/2017 vom 14. Mai 2018 (bestätigt OGer ZH

PS170054 vom 12. Juli 2017):– Anmeldung des Drittanspruchs "innert nützlicher Frist"; 15

Tage nach Mitteilung, dass Arresteinsprache rechtskräftig beseitigt wurde, genügt.

– vgl. zur Bezifferung der Pfandforderung BGE 144 III 198.– Verrechnungseinrede ist nicht Gegenstand des Wider-

spruchsverfahrens - führt (nur) dazu, dass Forderung als bestritten verarrestiert wird. Prüfung folgt gegebenenfalls im materiellen Prozess, wenn Forderung verwertet wird.

– Parteirollenzuteilung für Widerspruchsprozess über Pfand-recht: Summarische Prüfung der Wahrscheinlichkeit der materiellen Berechtigung.

– Schriftliche Verpfändungserklärung, die nicht auf den er-sten Blick ungültig erscheint: Arrestgläubiger muss klagen.

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Arresteinsprache• OGer ZH PS170237 vom 18. Juli 2018:

– Novenrecht:• Erstinstanzliches Einspracheverfahren: Unbeschränkt im je

erstem Vortrag (dann Art. 229 Abs. 1 ZPO);• Beschwerdeverfahren (Art. 278 Abs. 3 SchKG): Echte

Noven unbeschränkt; unechte Noven nur wenn entschuld-bar nicht vor erster Instanz vorgebracht (strittig).

– Glaubhaftmachen der Arrestforderung: • Einsprache: u.a. Einrede der Simulation des Darlehens-

vertrags und der Fälschung von Unterschriften • Korrespondenz von Beteiligten enthielt Indizien, dass

Rückzahlung ursprünglich nicht gewollt, sondern anderer Zweck verfolgt wurde, und dass Unterschriften nachträglich von Dritten angebracht wurden.

• Einsprache daher gutgeheissen. • BGer 5A_626/2018: Entscheid steht noch aus.

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Nachlassstundung und Nachlassvertrag• OGer ZH PS180220 vom 22. November 2018:

– Art. 334 Abs. 2 SchKG, Aufhebung der Stundung: Das Gericht stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest; auch Informationen Dritter sind beachtlich; Schuldner und Sachwalter ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

– (konkret: Mitteilung des Hauptgläubigers, dass er dem Schuldner definitiv nicht entgegen kommen werde).

• OGer ZH PS180131 vom 3. September 2018:– Internationale und örtliche Zuständigkeit, anstehender

Wegzug des Schuldners ins Ausland, "perpetuatio fori": IdR entfällt Zuständigkeit des Nachlassgerichts, wenn Schuldner Wohnsitz vor Überweisung der Akten durch Sachwalter (Art. 304 SchKG) ins Ausland verlegt.

– Ausführungen zum Novenrecht. – BGer 5A_845/2018: Entscheid steht noch aus.

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Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs

Geschäfts-Nr.: PS180246-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur.

et phil. D. Glur und Oberrichter Dr. S. Mazan sowie Gerichtsschrei-

berin MLaw N. Seebacher

Urteil vom 21. Januar 2019

in Sachen

A.

Beschwerdeführer,

betreffend Schätzung

(Beschwerde über das Betreibungsamt X.)

- 2 -

Erwägungen:

1.1 Am 8. Oktober 2018 teilte das Betreibungsamt X. dem Beschwerdeführer die

betreibungsamtliche Schätzung der Liegenschaft Y. mit (act. 2/1). Mit Schreiben

vom 18. Oktober 2018 reichte der Beschwerdeführer beim Bezirksgericht C. als

untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs (nachfol-

gend Vorinstanz) eine Beschwerde gegen das Betreibungsamt X. (nachfolgend

Betreibungsamt) ein und machte geltend, in der Mitteilung sei die Pfandeigentü-

merin falsch aufgeführt. Die Schätzung sei zu tief ausgefallen und sei nicht profes-

sionell ausgeführt worden. Weiter beantragte er eine neue Schätzung (act. 1). Mit

Verfügung vom 25. Oktober 2018 setzte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer

Frist an, um für die Einholung einer neuen Schätzung durch einen Sachverständi-

gen einen Kostenvorschuss von Fr. 2'000.– zu leisten, ansonsten die Einholung

einer neuen Schätzung unterbleibe. Zudem wurde dem Betreibungsamt Frist zur

Vernehmlassung angesetzt (act. 3).

1.2 Am 1. November 2018 reichte das Betreibungsamt eine Vernehmlassung ein

und beantragte die Abweisung der Beschwerde. In Bezug auf die Höhe der vom

Beschwerdeführer bemängelten betreibungsamtlichen Schätzung brachte das Be-

treibungsamt dabei insbesondere vor, der Beschwerdeführer übersehe beim Ver-

gleich der betreibungsamtlichen Schätzung mit dem Wert der kantonalen Gebäu-

deversicherung, dass der Wert der Gebäudeversicherung von rund 1.84 Mio. das

gesamte Gebäude betreffe, die betreibungsamtliche Schätzung aber nur den

Wertquotenanteil von 570/1000 (act. 5).

1.3 Am 4. November 2018 ersuchte der Beschwerdeführer bei der Vorinstanz um

eine einmalige Fristerstreckung um 14 Tage für "die Einholung der neuen Schät-

zung sowie der Kostenvorschuss über Fr. 2'000.– zu bezahlen". Insbesondere

machte er geltend, die Frist für eine neue Schätzung sei zu kurz. Er habe den

Grundbuchauszug bereits erhalten, eine Besichtigung sowie ein Kostenvoran-

schlag sei aber noch offen und werde ihm am 7. November 2018 zugestellt

(act. 7). In der Folge erstreckte die Vorinstanz die dem Beschwerdeführer laufen-

- 3 -

de Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses mit Stempelverfügung vom

7. November 2018 ohne weiteren Kommentar bis zum 20. November 2018

(act. 7). Am 19. November 2018 reichte der Beschwerdeführer innert der ihm er-

streckten Frist eine neue Liegenschaftsschätzung der Firma W. ein. Zudem teilte

er mit, die Rechnung von ca. Fr. 1'500.– sei direkt durch ihn bezahlt worden, wes-

halb die Bezahlung eines Vorschusses an die Vorinstanz entfalle (act. 9). Den ver-

langten Vorschuss leistete er in der Folge nicht.

2.1 Mit Beschluss vom 5. Dezember 2018 trat die Vorinstanz nicht auf das Be-

gehren des Beschwerdeführers um Einholung einer neuen Liegenschaftsschät-

zung ein und wies seine Beschwerde ab (act. 14 ([= act. 11 = act. 16]). Dabei er-

wog sie namentlich, gemäss Art. 9 Abs. 2 VZG sei der Beschwerdeführer als

Schuldner berechtigt, gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung der Lie-

genschaft durch einen Sachverständigen zu verlangen. Mit Verfügung vom

25. Oktober 2018 sei ihm eine Frist von 10 Tagen angesetzt worden, um einen

Kostenvorschuss von Fr. 2'000.– zu leisten, unter der Androhung, dass im Säum-

nisfalle die Einholung einer neuen Schätzung unterbleibe. Diese Frist sei mit Ver-

fügung vom 7. November 2018 bis 20. November 2018 erstreckt worden. Innert

Frist habe der Beschwerdeführer den Kostenvorschuss nicht geleistet. Andro-

hungsgemäss unterbleibe damit die Einholung einer neuen Schätzung. Auf diesen

Antrag sei nicht einzutreten. Mit Schreiben vom 19. November 2018 habe der Be-

schwerdeführer statt dessen eine neue Schätzung der Firma W. eingereicht. Der

Auftrag zu dieser Liegenschaftenschätzung sei nicht durch die Aufsichtsbehörde

erfolgt, vielmehr habe der Beschwerdeführer den Auftrag selber erteilt. Diese

Schätzung sei daher als Parteigutachten zu würdigen und könne in einem betrei-

bungsrechtlichen Zwangsverwertungsverfahren nicht berücksichtigt werden

(act. 14 S. 2 f., E. II.1).

2.2 Gegen diesen Nichteintretensentscheid richtet sich die vom Beschwerdefüh-

rer am 27. Dezember 2018 rechtzeitig (vgl. act. 12) eingereichte Beschwerde an

die Kammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und

Konkurs. Darin beanstandet er einerseits, dass die Vorinstanz die von ihm einge-

reichte Schätzung als Parteigutachten bezeichne und deshalb nicht berücksichti-

gen wolle, obwohl diese von einem schweizweit erfahrenen Schätzer vorgenom-

- 4 -

men worden sei. Ausserdem habe diese Schätzung einen um fast Fr. 500'000.–

höheren Schätzwert ergeben als diejenige des Betreibungsamtes X., was zeige,

dass letztere zu tief gewesen sei. Andererseits bemängelt er sinngemäss, es sei

widersprüchlich, dass die Vorinstanz von ihm einen Kostenvorschuss von

Fr. 2'000.– verlangt habe und er gleichzeitig eine neue Schätzung habe vorlegen

müssen (act. 15).

3. Die Akten der Vorinstanz wurden beigezogen (act. 1-12). Von der Einholung

einer Beschwerdeantwort und einer Vernehmlassung der Vorinstanz wurde abge-

sehen (Art. 20a Abs. 3 SchKG i.V.m. § 18 EG SchKG i.V.m. § 84 GOG i.V.m. Art.

322 und 324 ZPO). Die Sache ist spruchreif.

4.1 Das Verfahren der Aufsichtsbeschwerde in Schuldbetreibungs- und Konkurs-

sachen richtet sich nach den Bestimmungen von Art. 20a Abs. 2 SchKG. Soweit

Art. 20a Abs. 2 SchKG keine Bestimmungen enthält, regeln die Kantone das Ver-

fahren (Art. 20a Abs. 3 SchKG; BSK SchKG I-COMETTA/MÖCKLI, 2. Aufl., Art. 20a

N 38). Im Kanton Zürich richtet sich das Beschwerdeverfahren gemäss §§ 17 und

18 EG SchKG nach §§ 80 f. und 83 f. GOG. Danach ist der Sachverhalt von Am-

tes wegen zu untersuchen und es sind die Bestimmungen der ZPO sinngemäss

anwendbar (§ 83 Abs. 3 GOG). Für den Weiterzug an das Obergericht gelten ins-

besondere die Bestimmungen über die Beschwerde gemäss Art. 319 ff. ZPO (§ 84

GOG).

4.2 Mit der Beschwerde können (a) die unrichtige Rechtsanwendung und (b) die

offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden

(Art. 320 ZPO). Die Beschwerde ist schriftlich und begründet einzureichen

(Art. 321 ZPO), was bedeutet, dass konkrete Rechtsbegehren zu stellen sind und

in der Begründung darzulegen ist, welche Beschwerdegründe nach Art. 320 ZPO

geltend gemacht werden und an welchen konkreten Mängeln der angefochtene

Entscheid leidet.

4.3 Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Vorinstanz bezeichne die

von ihm eingereichte Schätzung zu Unrecht als Parteigutachten, übersieht er,

dass gesetzlich nicht vorgesehen ist, dass eine Partei in einem betreibungsrechtli-

- 5 -

chen Zwangsverwertungsverfahren selbst eine neue Schätzung einreichen kann.

Sowohl die Vorinstanz (vgl. act. 3 und act. 16) als auch das Betreibungsamt (vgl.

act. 2/1) haben ihn diesbezüglich zu Recht auf Art. 9 Abs. 2 VZG hingewiesen,

wonach er als Schuldner berechtigt sei, gegen Vorschuss der Kosten eine neue

Schätzung der Liegenschaft durch einen Sachverständigen zu verlangen. Der

Beschwerdeführer übersieht denn auch, dass ihm die Vorinstanz nie Frist ange-

setzt hatte, um selbst eine Schätzung in Auftrag zu geben und diese der Auf-

sichtsbehörde einzureichen. Vielmehr wurde ihm von der Vorinstanz am

25. Oktober 2018 einzig Frist angesetzt, um für die Kosten einer neuen Schätzung

einen Vorschuss von Fr. 2'000.– zu leisten, wobei ihm für den Säumnisfall ange-

droht wurde, dass im Falle der Nichtbezahlung die Einholung einer neuen Schät-

zung unterbleibe (act. 3). Entgegen dem Beschwerdeführer ist es deshalb nicht zu

beanstanden, dass die Vorinstanz die von ihm eingereichte Schätzung, auch wenn

diese von einem renommierten Schätzer vorgenommen wurde, im betreibungs-

rechtlichen Zwangsverwertungsverfahren nicht berücksichtigen will. Die Be-

schwerde erweist sich insoweit als unbegründet und ist deshalb abzuweisen.

4.4 In Bezug auf das Nichteintreten der Vorinstanz infolge Nichtleistung des Kos-

tenvorschusses ist allerdings folgendes anzufügen: Zwar hat der Beschwerdefüh-

rer den von ihm verlangten Kostenvorschuss auch innert Nachtfrist nicht geleistet,

was grundsätzlich – der Androhung der Vorinstanz entsprechend – das Nichtein-

treten auf das Gesuch um Einholung einer neuen Schätzung zur Folge hat. Aller-

dings war vorliegend bereits aus dem Fristerstreckungsgesuch des Beschwerde-

führers vom 19. November 2018 ersichtlich, dass die Fristansetzung der Vo-

rinstanz falsch verstanden hatte und der Meinung war, er habe selbst eine neue

Schätzung in Auftrag zu geben und bei der Vorinstanz einzureichen (vgl. act. 9).

Die Vorinstanz wäre deshalb nach der auch ihr als Aufsichtsbehörde obliegenden

Pflicht des Handelns nach Treu und Glauben (Art. 9 BV; Art. 52 ZPO) und in Aus-

übung der gerichtlichen Fragepflicht (Art. 56 ZPO) verpflichtet gewesen, den Be-

schwerdeführer darauf aufmerksam zu machen, dass er ihre Verfügung vom

25. Oktober 2018 falsch verstanden habe. Indem sie sein Fristerstreckungsgesuch

kommentarlos guthiess, hat sie gegen diese Pflicht verstossen. In teilweiser Gut-

heissung der Beschwerde ist dem Beschwerdeführer deshalb nochmals Gelegen-

- 6 -

heit zu geben, um den von der Vorinstanz verlangten Kostenvorschuss zu leisten.

Wird der Vorschuss auch innert dieser neuen Frist nicht geleistet, unterbleibt die

Einholung einer neuen Schätzung definitiv.

4.5 …

5. Für das Verfahren vor der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbe-

treibungs- und Konkurssachen sind keine Kosten zu erheben (Art. 20a Abs. 2

Ziff. 5 SchKG). Gemäss Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG sind keine Parteientschädi-

gungen zuzusprechen.

Es wird erkannt:

1. In teilweise Gutheissung der Beschwerde wird Disp.-Ziff. 1 des Beschlusses

des Bezirksgerichts C. als untere Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung

und Konkurs vom 5. Dezember 2018 aufgehoben und dem Beschwerdefüh-rer wird eine Frist von 10 Tagen ab Zustellung dieses Urteils angesetzt, um

für die Einholung einer neuen Schätzung der Liegenschaft durch einen

Sachverständigen bei der Bezirksgerichtskasse C. (Postkonto …) einen Kos-

tenvorschuss von Fr. 2'000.– zu leisten. Geht der Kostenvorschuss nicht in-

nert Frist ein, unterbleibt die Einholung einer neuen Schätzung.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen.

3. Es werden keine Kosten erhoben.

4. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

5.-6. Mitteilung, Rechtsmittel

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs

Geschäfts-Nr.: PS180105-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur. et

phil. D. Glur und Oberrichter Dr. P. Higi sowie Gerichtsschreiberin

lic. iur. S. Kröger

Urteil vom 17. August 2018

in Sachen

A. GmbH, Beschwerdeführerin,

gegen

B. AG,

Beschwerdegegnerin,

betreffend Konkursandrohung / Betreibung

(Beschwerde über das Betreibungsamt Dietikon) Beschwerde gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Dietikon vom 23. Mai 2018 (CB180007)

- 2 -

Erwägungen:

1.

1.1. Am 14. Februar 2018 leitete die B. AG (nachfolgend als Gläubigerin bezeichnet)

gegen die A. GmbH (nachfolgend als Schuldnerin bezeichnet) Betreibung ein für eine

Forderung von Fr. 2'400.– nebst Zins zu 5 % seit 12. November 2017 und Kosten

von Fr. 390.– (act. 9/1). Am 16. Februar 2018 stellte das Betreibungsamt der

Schuldnerin den Zahlungsbefehl an deren im Handelsregister eingetragenen Domi-

ziladresse zu. Als Empfänger wurde X. protokolliert (act. 7/10).

1.2. Am 6. April 2018 händigte das Betreibungsamt dem Geschäftsführer der

Schuldnerin, Y., die Konkursandrohung aus, nachdem eine Zustellung an die Domi-

ziladresse der Schuldnerin nicht möglich war (act. 7/11).

1.3. Mit Schreiben vom 10. April 2018 wandte sich die Schuldnerin an das Betrei-

bungsamt. Sie beanstandete die Konkursandrohung, da ihr nie ein Zahlungsbefehl

zugestellt worden sei und sie überdies nie etwas mit der Gläubigerin zu tun gehabt

habe (act. 1). Das Betreibungsamt leitete die Eingabe als sinngemässe Beschwerde

gegen die Konkursandrohung an die untere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbe-

treibungs- und Konkurssachen (nachfolgend Vorinstanz) weiter (act. 2). Nach Durch-

führung des Verfahrens wies die Vorinstanz die Beschwerde mit Entscheid vom 23.

Mai 2018 ab (act. 12 = act. 16 = act. 18).

1.4. Dagegen erhob die Schuldnerin am 18. Juni 2018 beim Obergericht als obere

kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen rechtzeitig

Beschwerde (act. 17; zur Rechtzeitigkeit siehe 14/3). Die Akten des vorinstanzlichen

Verfahrens wurden beigezogen (act. 1-14). Mit Verfügung vom 20. Juli 2018 wurde

der Gläubigerin Frist zur Beschwerdeantwort angesetzt (act. 21). Diese ging rechtzei-

tig ein (act. 23). Das Verfahren ist spruchreif. Der Schuldnerin ist die Beschwerdean-

twort mit dem vorliegenden Entscheid zur Kenntnisnahme zuzustellen.

2.

2.1. Auf den Weiterzug einer betreibungsrechtlichen Beschwerde an die obere kan-

tonale Aufsichtsinstanz sind nebst Art. 20a Abs. 2 SchKG – gestützt auf Art. 20a

- 3 -

Abs. 3 SchKG i.V.m. § 18 EG SchKG und §§ 83 f. GOG – sinngemäss die Art. 319 ff.

ZPO als kantonales Recht anwendbar. Mit der Beschwerde können (a) unrichtige

Rechtsanwendung und (b) offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts

geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Beschwerden sind bei der Rechtsmitte-

linstanz schriftlich und begründet einzureichen (Art. 321 Abs. 1 ZPO). An die

Rechtsmitteleingaben von Laien werden nur minimale Anforderungen gestellt. Als

Antrag genügt eine Formulierung, aus der sich mit gutem Willen herauslesen lässt,

wie das Obergericht entscheiden soll. Zur Begründung muss wenigstens rudimentär

dargelegt werden, an welchen Mängeln der angefochtene Entscheid nach Auffas-

sung der Partei leidet (vgl. OGer ZH PF130050 vom 25. Oktober 2013 E. II./2.1; vgl.

auch BK ZPO-STERCHI, Art. 321 N 18 und 22).

2.2. Der Beschwerdeschrift lässt sich entnehmen, dass die Schuldnerin die Aufhe-

bung der Konkursandrohung verlangt, da der Zahlungsbefehl ihr nicht ordnungsge-

mäss zugestellt worden sei (vgl. act. 17 sowie nachfolgende E. 2.5.). Entgegen der

Auffassung der Gläubigerin (act. 23 S. 3 f.) stellt die Konkursandrohung ein taugli-

ches Anfechtungsobjekt dar, und die Beschwerde verfolgt mit dem Antrag auf Aufhe-

bung der Konkursandrohung einen praktischen Verfahrenszweck. Nachdem sich die

Schuldnerin im vorinstanzlichen Verfahren innert ihr angesetzter Frist nicht zur Ver-

nehmlassung des Betreibungsamtes und zur Stellungnahme der Gläubigerin geäus-

sert hat, stellen ihre Ausführungen in der Beschwerdeschrift ans Obergericht weitge-

hend neue Vorbringen dar (vgl. act. 17; act. 1). Neue Anträge, neue Tatsachenbe-

hauptungen und neue Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen

(Art. 326 Abs. 1 ZPO). Dies gilt auch in Verfahren, in denen der Sachverhalt – wie

vorliegend – von Amtes wegen festzustellen ist (vgl. Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG;

siehe auch statt vieler: OGer ZH PF120017 vom 10. Mai 2012 E. 3.2.). Da die Nich-

tigkeit betreibungsrechtlicher Verfügungen jederzeit geltend gemacht werden kann

und von Amtes wegen festzustellen ist, sind neue Vorbringen der Schuldnerin jedoch

zuzulassen, soweit sie die Nichtigkeit der angefochtenen Verfügung zur Folge hätten

(Art. 22 Abs. 1 SchKG; OGer ZH PS130007 vom 14. März 2013 E. II./1.). Dies ist

vorliegend – wie nachstehend ausgeführt wird – der Fall. Auf die Beschwerde ist da-

her einzutreten.

- 4 -

2.3. Wird eine Konkursandrohung erlassen, ohne dass ein ordnungsgemäss zuge-

stellter und rechtskräftiger Zahlungsbefehl vorliegt, so ist sie nichtig (vgl. dazu BSK

SchKG I-COMETTA/MÖCKLI, 2. Aufl. 2010, Art. 22 N 12). Richtet sich eine Betreibung

gegen eine juristische Person, so erfolgt die Zustellung der Betreibungsurkunden an

den Vertreter derselben (Art. 65 Abs. 1 SchKG). Weist die Gesellschaft an ihrem sta-

tutarischen Sitz kein Geschäftsbüro auf, so ist sie gehalten, ihr Domizil im Handels-

register eintragen zu lassen (Art. 43 Abs. 1 HRegV). Der Domizilhalter nimmt die

Stellung eines Bevollmächtigten ein und ist damit ermächtigt, Betreibungsurkunden

in Empfang zu nehmen. Ist eine Zustellung an den Domizilhalter nicht möglich (und

nur dann), darf eine Betreibungsurkunde wiederum direkt an den Betriebenen, z.B.

den Vertreter einer juristischen Person ausserhalb der Geschäftslokalitäten zugestellt

werden. Erfolgt die Zustellung einer Betreibungsurkunde nicht nach diesen Regeln,

so entfaltet sie ihre Wirkungen gleichwohl, sofern der Betriebene von deren Inhalt

Kenntnis erhält (vgl. BGer 5A_215/2007 vom 2. Oktober 2007 E. 2.1.; BGE 128 III

101 E. 2; KuKo SchKG-GEHRI, 2. Aufl. 2014, Art. 65 N 1 m.w.H.). Das Betreibungs-

amt trägt die Beweislast für die erfolgte Zustellung (KuKo SchKG-GEHRI, 2. Aufl.

2014, Art. 65 N 1 m.H.a. BGE 121 III 11).

2.4. Die Vorinstanz kam zum Schluss, der Zahlungsbefehl sei gültig zugestellt wor-

den, indem er X. an der im Handelsregister eingetragenen Domiziladresse der

Schuldnerin ausgehändigt worden sei. Die Konkursandrohung sei in der Folge dem

Geschäftsführer der Schuldnerin, Y., übergeben worden, nachdem eine Zustellung

an den Domizilhalter nicht möglich gewesen sei. Auch diese Zustellung sei wirksam

erfolgt (vgl. act. 16 E. 3.3.4.).

2.5. Die Schuldnerin bestreitet zu Recht nicht, dass X. als Domizilhalter grundsätz-

lich ermächtigt war, Zahlungsbefehle für die Schuldnerin entgegen zu nehmen. Sie

macht in ihrer Beschwerde an das Obergericht jedoch geltend, der Betreibungsforde-

rung liege die Rechnung von X. für die Gewährung der Domiziladresse über einen

Betrag von Fr. 2'400.– zugrunde. Diese Forderung habe X. an die Gläubigerin abge-

treten. Er habe den Zahlungsbefehl selbst ausstellen und an die Domiziladresse

schicken lassen. In der Folge habe er diesen nicht an die Schuldnerin weitergeleitet,

so dass sie keine Möglichkeit gehabt habe, Rechtsvorschlag zu erheben. X. und Ver-

treter der Gläubigerin seien über diverse Drittpersonen und Gesellschaften miteinan-

- 5 -

der verbunden (vgl. act. 17). Die Gläubigerin äussert sich in ihrer Beschwerdeantwort

nicht zu diesen Ausführungen (vgl. act. 23).

2.6. Die Zustellung einer Betreibungsurkunde kann bei Vertretungsverhältnissen

durch Interessenkonflikte begrenzt sein. So ist die Zustellung nichtig, wenn es sich

beim Empfänger zugleich um den betreibenden Gläubiger handelt (vgl. dazu BGer

5A_750/2013 vom 8. April 2014 E. 4.2.; BGE 45 III 27 E. 2; GVP 2007 S. 204,

S. 205; BlSchK 1990, S. 235; BlSchK 52, S. 169 f; BSK SchKG I-ANGST, 2. Aufl.

2010, Art. 65 N 10). Zudem entschied das Bundesgericht in einer Betreibung gegen

eine unverteilte Erbschaft, der Gläubiger handle rechtsmissbräuchlich, wenn er den

Zahlungsbefehl nur dem Miterben zustellen lasse, von dem er annehme, dass dieser

den Rechtsvorschlag unterlassen werde. Aufgrund des im konkreten Fall zwischen

den Erben bestehenden Interessenkonflikts habe dieser den Zahlungsbefehl nicht

gültig als Vertreter der Erben entgegen nehmen können (vgl. BGE 107 III 7 E. 1).

2.7. Vorliegend hat X. seine Forderung für das Überlassen der Domiziladresse an

die Gläubigerin abgetreten, welche sie nun bei der Schuldnerin einzutreiben sucht.

Die Gläubigerin führte vor Vorinstanz dazu aus, die Forderung sei ihr zum Inkasso

abgetreten worden (act. 6 S. 6). Auch wenn X. nicht selbst als betreibender Gläubi-

ger auftritt, hat er doch ein so gewichtiges eigenes Interesse an einer erfolgreichen

Eintreibung der Forderung, dass nicht gewährleistet erscheint, er werde bei Entge-

gennahme des Zahlungsbefehls im Sinne der Schuldnerin handeln und Rechtsvor-

schlag erheben bzw. den Zahlungsbefehl rechtzeitig an sie weiterleiten. Ähnlich wie

in den vorerwähnten Fällen besteht in dieser Konstellation eine derart grosse Inte-

ressenkollision, dass eine Zustellung des Zahlungsbefehls an X. als nichtig bezeich-

net werden muss. Dass der Zahlungsbefehl der Schuldnerin dennoch tatsächlich zu-

gegangen wäre, ist nicht nachgewiesen. Nachdem somit kein ordnungsgemäss zu-

gestellter Zahlungsbefehl vorliegt, erweist sich die Konkursandrohung als nichtig (vgl.

E. 2.3.). Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, und die Konkursandrohung des Be-

treibungsamtes Dietikon vom 20. März 2018 ist aufzuheben.

3.

- 6 -

4.

Für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu erheben und keine Parteient-

schädigungen zuzusprechen (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG; Art. 61 Abs. 2 GebV

SchKG; Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Es wird erkannt:

1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, und die Konkursandrohung des Betrei-

bungsamtes Dietikon vom 20. März 2018 wird aufgehoben.

2. Es werden keine Kosten erhoben.

3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.-5. Mitteilung, Rechtsmittel

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs

Geschäfts-Nr.: PS180042-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin

lic. iur. M. Stammbach und Ersatzrichterin Prof. Dr. I. Jent-Sørensen

sowie Leitender Gerichtsschreiber lic. iur. T. Engler

Urteil vom 25. Mai 2018

in Sachen

Gemeinde T., Beschwerdeführerin,

vertreten durch X.

gegen

V.,

Beschwerdegegner,

betreffend

Pfändungsurkunde / Betreibung (Beschwerde über das Betreibungsamt Zürich 3)

Beschwerde gegen einen Beschluss der 1. Abteilung des Bezirksgerichtes Zürich vom 13. März 2018 (CB170143)

- 2 -

Beschwerdeantrag vor dem Bezirksgericht Zürich (act. 1 S. 1):

"Das Betreibungsamt sei anzuweisen, bezüglich der betriebenen Unterhalts-beiträge für die Zeit vom 1. Februar 2017 bis 31. Juli 2017 (Betreibung Nr. …) das Vorfahrprivileg anzuwenden und die betriebenen Unterhaltsbei-träge von monatlich CHF 726.00 (CHF 242.00 für jedes der drei Kinder) ent-sprechend in den vorangehenden Pfändungen zu berücksichtigen."

Beschluss des Bezirksgerichts Zürich vom 13. März 2018 (act. 10 = act. 13 = act. 15):

"1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

[2.-3. Mitteilung, Rechtsmittel]"

Beschwerdeantrag vor dem Obergericht des Kantons Zürich (act. 14 S. 1):

"Es sei in Aufhebung des Entscheids des Bezirksgerichts Zürich vom 13. März 2018 das Betreibungsamt Zürich 3 anzuweisen, bezüglich der be-triebenen Unterhaltsbeiträge für die Zeit vom 1. Februar 2017 bis 31. Juli 2017 (Betreibung Nr. …) das Vorfahrprivileg anzuwenden und die betriebe-nen Unterhaltsbeiträge von monatlich CHF 726.00 (CHF 242.00 für jedes der drei Kinder) entsprechend in den vorangehenden Pfändungen zu be-rücksichtigen."

- 3 -

Erwägungen:

1.

1.1 Die Gemeinde T., vertreten durch X., betrieb den Schuldner V. mit Betrei-

bungsbegehren vom 24. August 2017 für bevorschusste Unterhaltsbeiträge für A.,

B. und C. Im Einzelnen geht es um die Unterhaltsbeiträge für die Monate Februar

bis Juli 2017 von monatlich Fr. 726.00 (Fr. 242.00 je Kind), total Fr. 4'356.00 zu-

züglich 5% Zins seit 24. August 2017 (act. 2/1). Die Unterhaltsbeiträge basieren

auf einem Unterhaltsvertrag vom 28. Mai 2012 (act. 2/6). Das Betreibungsamt Zü-

rich 3 erliess am 29. August 2017 den entsprechenden Zahlungsbefehl (Betrei-

bung Nr. 326486). V. erhob keinen Rechtsvorschlag (vgl. act. 2/2).

1.2 Am 4. September 2017 vollzog das Betreibungsamt Zürich 3 für Betreibun-

gen anderer Gläubiger die Pfändung Nr. … gegenüber dem Schuldner (vgl.

act. 2/4). Die Gemeinde T. stellte am 22. September 2017 das Fortsetzungsbe-

gehren (act. 2/3). Sie nahm daher an der Pfändung Nr. … teil (Art. 110 SchKG).

Das Betreibungsamt erliess am 26. Oktober 2017 die Pfändungsurkunde. Darin

hielt das Betreibungsamt fest, der Schuldner arbeite als selbständiger Taxichauf-

feur. Das Betreibungsamt beliess dem Schuldner daher seinen Personenwagen

P. als Kompetenzstück. Zur Thematik Einkommenspfändung wies das Betrei-

bungsamt zunächst darauf hin, die das monatliche Existenzminimum von

Fr. 2'672.00 übersteigenden Einkünfte des Schuldners seien bei einer Mindest-

quote von Fr. 300.00 in früheren Pfändungen gegen den Schuldner vorgepfändet

worden, im Gesamtbetrag von ca. Fr. 51'400.00, längstens auf Jahresdauer ab

dem massgebenden (früheren) Pfändungsvollzug, d.h. bis am 16. Juni 2018. So-

dann pfändete das Betreibungsamt die entsprechenden Einkünfte im Anschluss

und mit Wirkung ab der Erledigung der vorgehenden Pfändung längstens bis auf

Jahresdauer seit dem Pfändungsvollzug (vom 4. September 2017), d.h. bis am

4. September 2018 (vgl. act. 2/4). Die Pfändungsurkunde wurde gemäss Betrei-

bungsprotokoll des Betreibungsamts Zürich 3 am 10. November 2017 versandt

(act. 6/3).

- 4 -

1.3 Die Gemeinde T. machte bereits im Fortsetzungsbegehren vom 22. Sep-

tember 2017 das Vorfahrprivileg gestützt auf BGE 89 III 65 geltend (act. 2/3; auf

das Vorfahrprivileg wird weiter unten näher eingegangen). Das Betreibungsamt

berücksichtigte dieses Privileg in der Pfändungsurkunde vom 26. Oktober 2017

indes nicht (act. 2/4). Die Gemeinde T. gelangte daraufhin, nach zwischenzeitli-

cher E-Mail-Korrespondenz mit dem Betreibungsamt (in welcher dieses an den

Vorkehren in der Pfändungsurkunde festhielt, act. 2/5), mit Eingabe vom 23. No-

vember 2017 an das Bezirksgericht Zürich als untere kantonale Aufsichtsbehörde

über Betreibungsämter (nachfolgend Vorinstanz) und stellte den eingangs ange-

führten Beschwerdeantrag (act. 1).

Die Beschwerdeführerin Gemeinde T. wird nachfolgend als Gläubigerin bezeich-

net, der Beschwerdegegner V. als Schuldner.

1.4 Die Vorinstanz gab dem Betreibungsamt Zürich 3 und dem Schuldner Gele-

genheit, sich zur Beschwerde vernehmen zu lassen bzw. sie zu beantworten

(act. 3). Die Vernehmlassung des Betreibungsamts datiert vom 14. Dezember

2017 (act. 5). Der Schuldner reichte keine Beschwerdeantwort ein. Am 13. März

2018 erliess die Vorinstanz den eingangs angeführten Beschluss, mit welchem

sie die Beschwerde abwies (act. 10 = act. 13 = act. 15). Der Beschluss wurde der

Gläubigerin am 15. März 2018 zugestellt (act. 11/1).

1.5 Mit Eingabe vom 22. März 2018, beim Obergericht eingegangen am

23. März 2018, erhob die Gläubigerin Beschwerde gegen den Beschluss vom

15. März 2018. Sie stellte den eingangs angeführten Beschwerdeantrag (act. 14).

1.6 Die Akten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden beigezogen (act. 1-11).

Es wurde davon abgesehen, dem Schuldner Frist zur Beantwortung der Be-

schwerde anzusetzen (Art. 322 Abs. 1 ZPO). Das Verfahren ist spruchreif. Aller-

dings ist dem Schuldner noch ein Doppel von act. 14 zuzustellen.

2.

2.1 Das Verfahren der Beschwerde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen

richtet sich nach den Bestimmungen von Art. 20a Abs. 2 SchKG. Soweit das

- 5 -

SchKG keine Bestimmungen enthält, regeln die Kantone das Verfahren (Art. 20a

Abs. 3 SchKG). Im Kanton Zürich wird in § 84 i.V.m. § 85 GOG für das Verfahren

des Weiterzugs an die obere kantonale Aufsichtsbehörde auf das Beschwerde-

verfahren nach Art. 319 ff. ZPO verwiesen, welches dementsprechend als kanto-

nales Recht anzuwenden ist (vgl. dazu JENT-SØRENSEN, Das kantonale Verfahren

nach Art. 20a Abs. 3 SchKG: ein Relikt und die Möglichkeit einer Vereinheitli-

chung, BlSchK 2013 S. 89 ff., S. 103 f.).

2.2 Die Beschwerde ist innert der 10tägigen Beschwerdefrist nach Art. 17 Abs. 2

bzw. Art. 18 Abs. 1 SchKG zu erheben. Die Beschwerde vom 22. März 2018

(act. 14) gegen den Beschluss vom 13. März 2018 erfolgte in Wahrung der Be-

schwerdefrist.

3.

3.1 Die Gläubigerin (als Gemeinwesen) macht Unterhaltsansprüche geltend,

welche sie im Sinne von § 23 des zürcherischen Kinder- und Jugendhilfegesetzes

(KJHG) bevorschusste. Der Unterhaltsanspruch ging als Folge der Bevorschus-

sung nach Art. 289 Abs. 2 ZGB mit allen Rechten auf das Gemeinwesen, also auf

die Gläubigerin über (Art. 289 Abs. 2 ZGB). Die Bestimmung führt zu einer Legal-

zession im Sinne von Art. 166 OR (BGE 123 III 161; BSK ZGB I-BREITSCHMID/

KAMP, 5. Auflage 2014, Art. 289 N 9). Die Gläubigerin ist somit berechtigt, die Un-

terhaltsansprüche der eingangs erwähnten Kinder im Umfang der Bevorschus-

sung in eigenem Namen geltend zu machen.

3.2 Mit der Zession einer Forderung (auch mit der Legalzession nach Art. 289

Abs. 2 ZGB) gehen die Vorzugs- und Nebenrechte auf den Zessionar über. Da-

von ausgenommen sind die Rechte, welche untrennbar mit der Person des Abtre-

tenden verknüpft sind (Art. 170 Abs. 1 OR). Das vorliegende Verfahren betrifft die

Frage, ob die Gläubigerin im Vollstreckungsverfahren aufgrund der Legalzession

das sog. Vorfahrprivileg der Unterhaltsgläubiger für sich in Anspruch nehmen

kann.

- 6 -

3.3 / 3.3.1 Das Gesetz gewährt Gläubigern von Unterhaltsbeiträgen verschiedene

Privilegien bei der Durchsetzung ihrer Forderungen, insbesondere die Schuld-

neranweisung nach Art. 291 ZGB und den privilegierten Pfändungsanschluss

nach Art. 111 SchKG. Ferner ist auf das Konkursprivileg der 1. Klasse gemäss

Art. 219 Abs. 4 SchKG hinzuweisen.

3.3.2 Die Praxis entwickelte als weiteres Vorrecht das erwähnte Vorfahrprivileg:

Wurden Unterhaltsbeiträge in Betreibung gesetzt und verlangt der Unterhalts-

gläubiger daraufhin eine Einkommenspfändung gegenüber dem Unterhalts-

schuldner, so muss er sich eine vorgehende Einkommenspfändung, die gegen-

über dem Schuldner vollzogen wurde, zwar grundsätzlich entgegen halten lassen.

Eine Ausnahme gilt für die im letzten Jahr vor Einleitung der Betreibung verfalle-

nen Unterhaltsbeiträge, wenn diese in der vorgehenden Einkommenspfändung

nicht (als Teil des Existenzminimums des Schuldners) berücksichtigt wurden. Das

Betreibungsamt muss in diesem Fall für die neue Betreibung den Betrag pfänden,

auf den es diese Beitragspflicht bei Festsetzung der pfändbaren Einkommensquo-

te in der ersten Betreibung geschätzt hätte. Die in Betreibung gesetzte Unter-

haltsschuld wirkt in diesem Sinn unmittelbar notbedarferhöhend (vgl. BGE 89 III

65 E. 1 und BGE 80 III 65 E. 2 mit Hinweisen; PETER BREITSCHMID, Fragen um die

Zwangsvollstreckung bei Alimentenbevorschussung [Art. 289 ff. ZGB], SJZ

88/1992 S. 57 ff., S. 63).

Ein weiteres Vorrecht besteht nach der Praxis insoweit, als im Rahmen der Pfän-

dung in das Existenzminimum des Schuldners eingegriffen werden kann, wenn

Unterhaltsforderungen aus dem letzten Jahr vor Zustellung des Zahlungsbefehls

in Betreibung gesetzt wurden und der Unterhaltsgläubiger sein Existenzminimum

nicht selber decken kann. Dabei wird der Eingriff so bemessen, dass sich der

Schuldner und der Gläubiger im gleichen Verhältnis einschränken müssen (BGE

116 III 10 E. 2 mit Hinweisen).

3.4 Das Bundesgericht hat die Frage, ob das Gemeinwesen im Fall der Legal-

zession nach Art. 289 Abs. 1 ZGB in den Genuss der erwähnten Vollstreckungs-

bzw. Rechtsdurchsetzungsprivilegien des Unterhaltsgläubigers kommt, teilweise

geklärt:

- 7 -

Das Gemeinwesen, das Unterhaltsbeiträge bevorschusst, ist berechtigt, im eige-

nen Namen die Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB zu verlangen (BGE 137

III 193). Auch das Anschlussprivileg nach Art. 111 SchKG geht nach Art. 289

Abs. 2 ZGB auf das Gemeinwesen über (BGE 138 III 145). Dasselbe gilt für das

Konkursprivileg nach Art. 219 Abs. 4 SchKG (BGE 138 III 145 E. 3.4.3 mit Hin-

weis auf BGE 57 II 10). Es handelt sich hier um Vorrechte, die (so das Bundesge-

richt) nicht dem unmittelbaren Unterhalt bzw. der Existenzsicherung des Berech-

tigten dienen, sondern der Sicherung der Durchsetzung der Unterhaltsforderung

(vgl. BGE 138 III 145 E. 3.3.2).

Dagegen ist das bevorschussende Gemeinwesen anders als der ursprüngliche

Unterhaltsgläubiger nicht berechtigt, im Rahmen der Pfändung in das Existenzmi-

nimum des Unterhaltsschuldners einzugreifen. Die ausnahmsweise Zulässigkeit

eines solchen Eingriffs ist mit der Person des Unterhaltsschuldners verknüpft, in

dem Sinn, dass sich im Bedarfsfall beide Parteien im gleichen Verhältnis ein-

schränken müssen. Es handelt sich (so das Bundesgericht) um eine sozialpoliti-

sche Überlegung, die bezüglich des Gemeinwesens nicht gilt, weil dieses sich nie

in einer dem Rentenberechtigten vergleichbaren Notlage befindet (BGE 116 III 10,

bestätigt in BGE 138 III 145 E. 3.4.3).

3.5 Zur Frage, ob auch das Vorfahrprivileg auf das bevorschussende Gemein-

wesen übergeht, hat das Bundesgericht sich noch nicht geäussert (vgl. PHILIPP

ANNEN, BlSchK 2017 S. 215). Auch im Kanton Zürich besteht insoweit bislang

keine einheitliche Praxis:

Gestützt auf einen Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. März

1985 wies das Betreibungsinspektorat des Kantons Zürich die Betreibungsämter

in einem Mitteilungsblatt Nr. 18 vom 19. September 1985 darauf hin, dass dem

Gemeinwesen, welches Unterhaltsansprüche gestützt auf Art. 289 Abs. 2 ZGB

geltend mache, keine Privilegierung zukomme (das Mitteilungsblatt ist online ab-

rufbar unter http://www.vgbz.ch/wp-content/uploads/2016/11/Die-Lohnpf%C3%A4

ndung-Unterlagen-ERFA-2.pdf und dort S. 21 oben [zuletzt geprüft 22. Mai

2018]). In einem Entscheid vom 19. November 1990 relativierte das Obergericht

den absoluten Ausschluss der Privilegierung gemäss dem erwähnten früheren

- 8 -

Entscheid und gewährte dem Gemeinwesen das Konkursprivileg der ersten Klas-

se nach Art. 219 Abs. 4 SchKG. Wie es sich mit den weiteren Privilegien verhalte,

liess das Obergericht ausdrücklich offen (ZR 90/1991 Nr. 40).

Das Betreibungsamt Zürich 3 wies in seiner Vernehmlassung an die Vorinstanz

auf einen Entscheid des Bezirksgerichts Zürich als untere kantonale Aufsichtsbe-

hörde vom 25. Mai 2007 hin. In diesem Entscheid sei erwogen worden, das Vor-

fahrprivileg verlange, dass der Unterhaltsgläubiger effektiv auf die regelmässige

Überweisung angewiesen sei, was beim Gemeinweisen nicht der Fall sein könne

(act. 5 S. 2).

Das Bezirksgericht Horgen als untere kantonale Aufsichtsbehörde vertrat in einem

Entscheid vom 31. März 2016 demgegenüber die Auffassung, das Vorfahrprivileg

falle unter die Grundsatzregelung der Subrogation und das Unterhalt bevor-

schussende Gemeinwesen sei daher berechtigt, dieses Privileg in Anspruch zu

nehmen (act. 6/1; vgl. auch BlSchK 2017 S. 212).

Die Vorinstanz betrachtete das Vorfahrprivileg im angefochtenen Entscheid dage-

gen aufgrund seines Zweckes, das Wohl des Unterhaltsgläubigers zu schützen,

als höchstpersönliches Nebenrecht, welches nicht auf das Gemeinwesen überge-

he (vgl. act. 13 S. 6).

3.6 / 3.6.1 Die aufgezeigte bundesgerichtliche Praxis tendiert dazu, den Umfang

der Legalzession nach Art. 289 Abs. 2 ZGB weit zu verstehen, um dem Gemein-

wesen die Eintreibung bevorschusster Unterhaltsbeiträge beim Pflichtigen zu er-

leichtern (vgl. insb. die Formulierung in BGE 137 III 193 E. 3.4, wonach dem Ge-

meinwesen dieselben Inkassomöglichkeiten zustehen sollen wie dem Kind als

Unterhaltsgläubiger; vgl. auch PHILIP MANI, Die Subrogation des Unterhaltsan-

spruchs infolge öffentlicher Unterstützung, ZKE 2017 S. 277 ff., S. 279 [der Autor

äussert sich zu den meisten der vorstehend erwähnten Privilegien, aber nicht zum

Vorfahrprivileg]). Allerdings ist die zitierte Erwägung des Bundesgerichts ("diesel-

ben Inkassomöglichkeiten") nicht absolut zu verstehen, da das Bundesgericht wie

gesehen beim Eingriff in das Existenzminimum des Pflichtigen anders entschied

- 9 -

und dieses Vorrecht einzig dem Unterhaltsgläubiger persönlich gewährte (vgl.

vorne Ziff. 3.4).

3.6.2 Das Vorfahrprivileg ist zwar in gewisser Weise mit dem Recht, die Schuld-

neranweisung zu verlangen (welches nach dem Gesagten nach Art. 289 Abs. 2

ZGB auf das bevorschussende Gemeinwesen übergeht), vergleichbar bzw. steht

mit diesem in einem Zusammenhang (in diesem Sinn argumentiert die Gläubige-

rin, vgl. act. 14 S. 2). Beide Vorzugsrechte erleichtern dem Unterhaltsgläubiger

den Bezug des Unterhaltsbeitrags in einem einfachen Verfahren, welches rascher

zum Ziel führt als die ordentlichen Betreibungsschritte (zur Anweisung vgl. BSK

ZGB I-BREITSCHMID/ KAMP, 5. Auflage 2014, Art. 291 N 3).

Eine Parallele besteht auch zwischen dem Vorfahrprivileg und der privilegierten

Anschlusspfändung (die das bevorschussende Gemeinwesen nach Art. 289

Abs. 2 ZGB ebenfalls verlangen kann). Beide Vorzugsrechte sollen verhindern,

dass andere Gläubiger befriedigt werden und der Unterhaltsgläubiger sich mit der

reduzierten Pfändungsquote der nachfolgenden Pfändungsgruppe begnügen

müsste (so richtig die Gläubigerin, act. 14 S. 3).

3.7 Die folgenden Überlegungen sprechen indessen dagegen, das Vorfahrprivi-

leg hinsichtlich des Übergangs auf das bevorschussende Gemeinwesen gleich zu

behandeln wie die Schuldneranweisung und das Anschlusspfändungsprivileg:

3.7.1 Das Bundesgericht legte in seinen Erwägungen in BGE 137 III 193 zur

Schuldneranweisung dem Schwerpunkt auf den Willen des Gesetzgebers, wie er

aus der bundesrätlichen Botschaft zum Entwurf von Art. 289 Abs. 2 ZGB hervor-

ging. Danach sollte die Subrogation gemäss Art. 289 Abs. 2 ZGB alle mit dem Un-

terhaltsanspruch verbundenen Rechte umfassen, namentlich die Klage, die

Schuldneranweisung und die Sicherstellung nach den Art. 279 ff. ZGB (vgl. BBl

1974 II S. 64). Für die Berechtigung des Gemeinwesens, die Schuldneranweisung

für bevorschusste Unterhaltsbeiträge zu verlangen (bzw. für einen entsprechen-

den Willen des Gesetzgebers), gab es somit in der bundesrätlichen Botschaft kla-

re Anhaltspunkte. Das Bundesgericht hielt sodann fest, es sei nicht zu verkennen,

dass die Situation des Gemeinwesens eine andere sei als jene des unterhaltsbe-

- 10 -

rechtigten Kindes. Darin sah das Bundesgericht aber keinen Grund für ein Abwei-

chen von der ausdrücklichen Formulierung in der Botschaft des Bundesrats (vgl.

BGE 137 IIII 193 E. 3.2-3.4).

Das Vorfahrprivileg wurde in der bundesrätlichen Botschaft zur Legalzession nach

Art. 289 Abs. 2 ZGB nicht erwähnt (obwohl es bereits im damaligen Zeitpunkt in

der bundesgerichtlichen Praxis anerkannt war, vgl. BGE 89 III 65). Auch wenn die

Aufzählung der Rechte in der Botschaft, welche von der Subrogation erfasst sein

sollen, nicht abschliessend zu verstehen ist ("namentlich"), fehlt es für das Vor-

fahrprivileg und dessen Übergang auf das Gemeinwesen an einem deutlichen In-

diz für den Willen des Gesetzgebers. Das Vorfahrprivileg ergibt sich denn auch

gar nicht aus dem Gesetz, sondern es wurde von der Gerichtspraxis entwickelt.

Mit einem konkreten Willen des Gesetzgebers lässt sich im vorliegenden Fall da-

her – anders als im Fall der Schuldneranweisung, bei welcher der Wille des Ge-

setzgebers ein zentrales Argument war – nicht argumentieren.

3.7.2 Sachlich gibt es zwischen dem Vorfahrprivileg einerseits und der Schuld-

neranweisung sowie dem privilegierten Pfändungsanschluss andererseits erhebli-

che Unterschiede. Die Schuldneranweisung (die auch dem bevorschussenden

Gemeinwesen offen steht) beschlägt neben den laufenden auch die künftigen Un-

terhaltsbeiträge (vgl. BREITSCHMID/KAMP, a.a.O., Art. 291 N 4). Der privilegierte

Pfändungsanschluss (den das bevorschussende Gemeinwesen ebenfalls verlan-

gen kann) umfasst sämtliche ausstehenden Unterhaltsbeiträge (Art. 111 SchKG).

Das Gemeinwesen, das den Unterhalt bevorschusst, soll sich somit für sämtliche

verfallenen Unterhaltsansprüche einer anderen Pfändung anschliessen können,

ohne selbst Betreibung einleiten zu müssen. Ebenso soll es die Möglichkeit ha-

ben, sich die Kosten laufend (auch in Zukunft) via Schuldneranweisung erstatten

zu lassen, ohne dass weitere Schritte wie Betreibungen nötig wären. Das Gesag-

te zeigt, dass sowohl die Schuldneranweisung als auch das Pfändungsprivileg

nach Art. 111 SchKG in erster Linie bezwecken, die Durchsetzung der Unterhalts-

forderung zu sichern. Auch wenn die so erhältlich gemachten Mittel letztlich dem

Unterhalt des Berechtigten zugute kommen, dienen die beiden Vorzugsrechte

nicht dem Zweck, unmittelbar die Existenz des Unterhaltsberechtigten zu sichern

- 11 -

(vgl. BGE 138 III 145 E. 3.3.2). Das gilt insbesondere mit Blick auf den privilegier-

ten Pfändungsanschluss nach Art. 111 SchKG, da der Gläubiger im Falle einer

Bestreitung des Anschlusses nur mit dem Recht einer provisorischen Pfändung

an der ersten Pfändung teilnimmt und den Weg der Anschlussklage beschreiten

muss (Art. 111 Abs. 4-5 SchKG). Die unmittelbare Existenz des Gläubigers wird

damit nicht gesichert (vgl. Art. 118 und Art. 144 Abs. 5 SchKG).

Das Vorfahrprivileg in Betreibung gesetzter Unterhaltsansprüche gegenüber vor-

gehenden Einkommenspfändungen gilt dagegen nur als Ausnahme für die im

Jahr vor Anhebung der Betreibung verfallenen Unterhaltsbeiträge. Ansonsten gilt

der Grundsatz, dass der betreibende Unterhaltsgläubiger (wie jeder Gläubiger)

sich eine vorgehende Einkommenspfändung entgegen halten lassen muss (vgl.

vorne Ziff. 3.3.2 sowie BGE 80 II 65 E. 2). Das Vorfahrprivileg hat zur Folge, dass

die betriebenen Unterhaltsbeiträge für die Zeitdauer der vorgehenden Einkom-

menspfändung, in welcher sie nicht berücksichtigt wurden, vorab je monatlich von

der pfändbaren Quote bezogen (und für die neuere Betreibung des Unterhalts-

gläubigers gepfändet) werden. Dies gilt nur im Sinne eines Abzugs dessen, was

im entsprechenden Monat jeweils bezahlt werden müsste, und nicht in dem Sin-

ne, dass die gesamte verfallene Unterhaltsschuld den Forderungen anderer

Gläubiger vorginge (vgl. BGE 89 III 65 E. 1 S. 68). Das Vorfahrprivileg bzw. des-

sen Zweck beschränkt sich somit darauf, dass der Unterhaltsgläubiger unmittelbar

die Beträge erhalten soll, die ihm in der jeweiligen Periode als Unterhaltsbeitrag

zukommen müssten und auf welche er für seinen laufenden Unterhalt angewie-

sen ist (seit mehr als einem Jahr verfallene Unterhaltsbeiträge dienen nicht mehr

den laufenden Unterhaltsbedürfnissen und sind daher nicht vom Vorfahrprivileg

erfasst, vgl. BGE 89 III 65 E. 1). Eine weitergehende, allgemeine Erleichterung

des Inkassos von Unterhaltsansprüchen ist nicht Gegenstand des Vorfahrprivilegs

(vgl. in diesem Sinne BREITSCHMID, a.a.O., S. 64, der ausführt, das Vorfahrprivileg

sei unmittelbar auf den Unterhaltsbedarf des Berechtigten und nicht auf die Siche-

rung der Eintreibung seiner Forderung ausgerichtet).

Aufgrund dieser Unterschiede ist die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur

Schuldneranweisung und zum Anschlusspfändungsprivileg (vgl. vorne Ziff. 3.4)

- 12 -

nicht ohne weiteres auf das Vorfahrprivileg zu übertragen. Dasselbe gilt im Zu-

sammenhang mit dem Konkursprivileg (vgl. vorne Ziff. 3.3.1), das ohnehin erst in

einem späteren Stadium des Vollstreckungsverfahren zur Anwendung kommt.

3.7.3 Der aufgezeigte Zweck des Vorfahrprivilegs ist eher vergleichbar mit dem

Zweck des erwähnten weiteren Privilegs, welches dem betreibenden Unterhalts-

gläubiger in der Einkommenspfändung ausnahmsweise einen Eingriff in das Exis-

tenzminimum des Pflichtigen erlaubt (vgl. vorne Ziff. 3.3). Auch dieses Privileg soll

dem Unterhaltsgläubiger nach Möglichkeit zeitnah die Mittel verschaffen, auf die

er für seinen laufenden Unterhalt angewiesen ist. Dem entspricht, dass beide Pri-

vilegien (Vorfahrprivileg und Privileg des Eingriffs in das Existenzminimum) nach

bundesgerichtlicher Rechtsprechung auf die Unterhaltsansprüche aus dem Jahr

vor Einleitung der Betreibung bzw. Zustellung des Zahlungsbefehls beschränkt

sind, d.h. auf die Mittel, welche den laufenden Unterhaltsbedürfnissen des Unter-

haltsgläubigers dienen (vgl. vorne Ziff. 3.3.2 und soeben Ziff. 3.7.2).

Zum Privileg des Eingriffs in das Existenzminimum erwog das Bundesgericht im

vorne bereits erwähnten Entscheid, die (dem Privileg zugrundeliegende) Aus-

nahme gelte bezüglich des Gemeinwesens nicht, weil dieses sich nie in einer dem

Rentenberechtigten vergleichbaren Notlage befinde (BGE 116 II 10 E. 3). Für das

Vorfahrprivileg muss nach dem Gesagten dasselbe gelten, da es bei beiden Privi-

legien darum geht, eine Notlage des Unterhaltsgläubigers zu vermeiden (und

nicht primär darum, die Rechtsdurchsetzung sicherzustellen).

Das Vorfahrprivileg ist somit von seinem Zweck her untrennbar mit der Person

des ursprünglichen Unterhaltsgläubigers verknüpft (Art. 170 Abs. 1 OR). Dieser

Zweck (die Vermeidung einer Notlage des Unterhaltsgläubigers) wurde mit der

Bevorschussung der Unterhaltsbeiträge erfüllt (vgl. für den Fall des Vorfahrprivi-

legs PHILIPP ANNEN, BlSchK 2017 S. 215 [Kommentar zum erwähnten Entscheid

des Bezirksgerichts Horgen vom 31. März 2016.]). Das Gemeinwesen, das die

Unterhaltsbeiträge bevorschusst hat, kann nicht in eine solche Notlage geraten.

In Übereinstimmung mit den bereits erwähnten Autoren ist deshalb zu schliessen,

dass das Vorfahrprivileg im Rahmen der Legalzession nach Art. 289 Abs. 2 ZGB

- 13 -

als "privilegium personae" nicht auf das bevorschussende Gemeinwesen über-

geht (vgl. ANNEN, BlSchK 2017 S. 215, sowie BREITSCHMID, a.a.O., S. 64). Die

Gläubigerin im vorliegenden Fall war somit nicht berechtigt, das Vorfahrprivileg in

Anspruch zu nehmen. Der angefochtene Entscheid der Vorinstanz ist nicht zu be-

anstanden.

3.8 Die Beschwerde ist aus den geschilderten Gründen abzuweisen.

4.

Das Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und

Konkurssachen ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG), und es

werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

Ohnehin wäre der Gläubigerin mangels eines ihr entstandenen Aufwandes im Be-

schwerdeverfahren keine Entschädigung zuzusprechen.

Es wird erkannt:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Es werden keine Kosten erhoben.

3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.-5. Mitteilung, Rechtsmittel

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PS180130-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur.

et phil. D. Glur und Oberrichter Dr. S. Mazan sowie Gerichtsschrei-

ber Dr. S. Zogg

Urteil vom 3. Oktober 2018

in Sachen

1. A.

2. B.

als Konkursverwalter der Konkursmasse des C.,

Gesuchsteller und Beschwerdeführer,

betreffend

Anerkennung eines ausländischen Konkursdekretes Beschwerde gegen ein Urteil des Konkursgerichtes des Bezirksgerichtes Zürich vom 28. Juni 2018 (EK171202)

- 2 -

Erwägungen:

I.

1. Mit Bankruptcy Order vom 29. November 2016 des High Court … (nachfol-

gend High Court), wurde über das Vermögen des C. (nachfolgend Gemein-

schuldner) der Konkurs eröffnet (Verfahrensnummer …; act. 28/4/3/12; nachfol-

gend Konkursdekret). Mit Beschluss der Versammlung der Gläubiger des Ge-

meinschuldners vom 1. März 2017 wurden die Gesuchsteller und Beschwerdefüh-

rer (nachfolgend Beschwerdeführer) gemeinsam zur Konkursverwaltung ("joint

and several trustees of the property of the bankrupt") ernannt (act. 28/4/3/13).

2. Mit Eingabe vom 14. Juli 2017 (act. 1) stellten die Beschwerdeführer beim

Einzelgericht des Bezirksgerichts Zürich (nachfolgend Vorinstanz) ein Gesuch um

Anerkennung des oberwähnten Konkursdekrets und um Eröffnung des Konkurses

über das in der Schweiz gelegene Vermögen des Gemeinschuldners. Daraufhin

forderte die Vorinstanz die Gesuchsteller mit Verfügung vom 27. Juli 2017 (act. 4)

auf, eine Bestätigung des High Court einzureichen, dass das Konkursdekret nach

dem Recht von X. rechtskräftig bzw. vollstreckbar geworden sei, sowie durch Ur-

kunden zu belegen, dass der Gemeinschuldner im dortigen Verfahren gehörig

und rechtzeitig zur Konkursverhandlung vom 29. November 2016 geladen worden

sei. Mit Eingabe vom 11. September 2017 (act. 8) reichten die Beschwerdeführer

eine entsprechende Rechtskraftbescheinigung ein (act. 9) und nahmen mit Ein-

gabe vom 11. Oktober 2017 (act. 10) innert erstreckter Frist zur Frage der Ladung

des Gemeinschuldners Stellung. In der Folge setzte die Vorinstanz den Be-

schwerdeführern Frist an, um eine Bestätigung des High Court einzureichen, dass

die Vorladung vom 2. Juni 2016 dem Gemeinschuldner in dessen elektronisches

Postfach zugestellt worden sei, und darzulegen, weshalb diese nicht an eine vom

Gemeinschuldner früher im Verfahren bekannt gegebene Adresse bzw. an eine

Folgeadresse zugestellt worden sei (Verfügung vom 8. November 2017; act. 12).

Hierzu nahmen die Beschwerdeführer mit Eingaben vom 21. Dezember 2017 (act.

15) und vom 26. April 2018 (act. 20) Stellung; einen entsprechenden Zustell-

- 3 -

nachweis konnten sie indessen nicht beibringen (act. 20 S. 1). Mit Urteil vom 28.

Juni 2018 (act. 21) wies die Vorinstanz das Anerkennungsgesuch ab.

3. Gegen diesen Entscheid erhoben die Beschwerdeführer mit Eingabe vom

13. Juli 2018 (act. 26) Beschwerde mit den folgenden Anträgen:

" 1. Es sei das Urteil des Konkursgerichts des Bezirksgerichts Zürich vom 28. Juni 2018 (Geschäftsnummer EK171202) aufzuheben.

2a. Es sei der Bankruptcy Order des High Court … vom 29. November 2016 über C., Inhaber der Identitätskarte Nr. … von X. für das Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft anzuerkennen und über das in der Schweiz gelegene Vermögen von C. der Konkurs zu eröffnen, und es sei das Konkursamt Zürich (Altstadt) mit dem Vollzug des Konkurses zu beauftragen.

2b. Eventualiter sei das Verfahren zur Neubeurteilung an das Konkursge-richt des Bezirksgerichts Zürich zurückzuweisen.

alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich Mehrwertsteu-er zu Lasten der Staatskasse"

4. Mit Verfügung vom 26. Juli 2018 (act. 30) wurde ein Kostenvorschuss für

das Beschwerdeverfahren eingeholt und die Prozessleitung delegiert. Der Kosten-

vorschuss ging rechtzeitig ein (act. 32). Mit Verfügung vom 13. September 2018

(act. 33) wurde angeordnet, im Schweizerischen Handelsamtsblatt sowie im

Amtsblatt des Kantons Zürich die Mitteilung zu publizieren, dass vor der hiesigen

Beschwerdeinstanz ein Verfahren betreffend Anerkennung des vorerwähnten

Konkursdekrets sowie Eröffnung des Konkurses über das in der Schweiz gelege-

ne Vermögen des Gemeinschuldners hängig sei und dass interessierte Personen

aufgefordert würden, innert einer Frist von 10 Tagen bei der Beschwerdeinstanz

ihre Beschwerdelegitimation darzulegen, Anträge zu stellen und diese zu begrün-

den (vgl. dazu unten, E. III.2-4). Die Publikation erfolgte am 21. September 2018

(act. 34/2-3). Innert der zehntägigen Frist gingen keine Eingaben ein.

5. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-24). Das Verfahren

erweist sich als spruchreif.

- 4 -

II.

1. Ausländische Konkursdekrete bedürfen der Anerkennung, um in der

Schweiz Wirkung zu entfalten und um ein Konkursverfahren über in der Schweiz

gelegenes Vermögen des Gemeinschuldners zu ermöglichen (sog. "Hilfskon-

kurs"). Im Verhältnis zu X. besteht kein hier einschlägiges völkerrechtliches Ab-

kommen. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung des Konkursdekrets richten

sich folglich nach Art. 166 IPRG, das Verfahren nach Art. 29 und Art. 167 ff. IPRG

sowie Art. 335 ff. ZPO (vgl. Art. 335 Abs. 3 ZPO).

2. Gegen erstinstanzliche Entscheide über die Anerkennung oder die Verwei-

gerung der Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets steht die Be-

schwerde nach Art. 319 ff. ZPO offen (Art. 319 lit. a i.V.m. Art. 309 lit. a ZPO; vgl.

OGer ZH, PS130044 vom 19. Juni 2013, E. 3.1; BSK IPRG-DÄPPEN/MABILLARD,

Art. 29 N 22). Mit der Beschwerde können die unrichtige Rechtsanwendung

(Art. 320 lit. a ZPO) und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachver-

halts (Art. 320 lit. b ZPO) geltend gemacht werden. Neue Anträge, neue Tatsa-

chenbehauptungen und neue Beweismittel sind, vorbehältlich einer gesetzlich

vorgesehenen Ausnahme, ausgeschlossen (Art. 326 ZPO; vgl. aber unten,

E. III.2). Ob Art. 174 SchKG im Beschwerdeverfahren betreffend Anerkennung ei-

nes ausländischen Konkursdekrets (bzw. Eröffnung des "Hilfskonkurses") analog

anwendbar ist (vgl. hierzu BSK IPRG-BERTI/MABILLARD, Art. 167 N 20), kann hier

offen bleiben, da die Beschwerdeführer keine Noven vorbringen und ohnehin nur

eine Rechtsverletzung beanstanden.

3. Die Beschwerde ging rechtzeitig innert der zehntägigen Frist ein (Art. 321

Abs. 2 ZPO) und ist hinreichend begründet (Art. 321 Abs. 1 ZPO). Folglich ist auf

sie einzutreten.

III.

1. Über ein Gesuch um Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets ist

im summarischen Verfahren zu entscheiden (Art. 339 Abs. 2 ZPO). Es gilt die Un-

- 5 -

tersuchungsmaxime (Art. 255 lit. a und lit. b ZPO). Die Anerkennungsvorausset-

zungen sind glaubhaft zu machen (vgl. BGer, 5A_539/2007 vom 4. Januar 2008,

E. 3.2; KOSTKIEWICZ/RODRIGUEZ, Internationales Insolvenzrecht, 2013, N 218,

223); eine Beweismittelbeschränkung kommt grundsätzlich nicht zur Anwendung

(Art. 254 Abs. 2 lit. c ZPO; vgl. aber Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG).

2. Zur Antragstellung berechtigt sind die ausländische Konkursverwaltung und

die Konkursgläubiger (Art. 166 Abs. 1 IPRG). Art. 29 Abs. 2 IPRG sieht sodann

vor, dass die Partei, die sich dem Anerkennungsbegehren widersetzt, anzuhören

ist und Beweismittel vorlegen kann. Diese Bestimmung ist nach bundesgerichtli-

cher Rechtsprechung im Verfahren betreffend Anerkennung eines ausländischen

Konkursdekrets jedoch nur analog anzuwenden. Sie schreibt dem erstinstanzli-

chen Gericht insofern nicht vor, den Gemeinschuldner oder andere mögliche Ein-

sprecher von Amtes wegen beizuladen, sondern verlangt nur, dass die Partei, die

sich dem Begehren widersetzt, im Verfahren anzuhören ist. Wird das Anerken-

nungsgesuch gutgeheissen, so wird dieser Entscheid nach Art. 169 IPRG veröf-

fentlicht. Diese Publikation hat namentlich zum Zweck, sämtliche möglichen Inte-

ressierten über den Anerkennungsentscheid zu informieren und ihnen in Überein-

stimmung mit Art. 29 Abs. 2 IPRG die Möglichkeit zu eröffnen, Beschwerde nach

Art. 319 ff. ZPO zu ergreifen. Zur Beschwerde legitimiert sind – in analoger An-

wendung von Art. 6 und Art. 48 VwVG bzw. Art. 89 Abs. 1 BGG – alle Personen,

die durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt sind und ein schutz-

würdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung haben (BGE 139 III 504,

E. 3.2 und 3.3; OGer ZH, PS130044 vom 19. Juni 2013, E. 3.3, mit Hinweis auf

den unveröffentlichten Bundesgerichtsentscheid vom 27. November 1991

[B.144/1991]; BSK IPRG-BERTI/MABILLARD, Art. 167 N 11; vgl. auch BGE 142 III

110, E. 3.3; a.A. CHK IPRG-GASSMANN, Art. 167 N 7). Solche beschwerdelegiti-

mierten Personen, die am erstinstanzlichen Verfahren nicht teilgenommen haben

bzw. nicht teilnehmen konnten, sind alsdann im Beschwerdeverfahren anzuhören;

sie können sich in ihrer Beschwerdeschrift (einmalig) umfassend äussern und un-

terliegen – zur Wahrung des rechtlichen Gehörs – auch nicht dem Novenverbot

von Art. 326 Abs. 1 ZPO (OGer ZH, PS130044 vom 19. Juni 2013, E. 3.3.5).

- 6 -

3. Damit ist das erstinstanzliche Anerkennungsverfahren grundsätzlich als Ein-

parteienverfahren ausgestaltet (ähnlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Im Falle

einer erstinstanzlichen Gutheissung wird der (positive) Anerkennungsentscheid,

wie oben erwähnt, nach Art. 169 IPRG veröffentlicht und es erhalten die be-

schwerdelegitimierten Parteien die Möglichkeit zur Beschwerdeerhebung. Wird

das Anerkennungsgesuch demgegenüber abgewiesen, so ist eine Publikation

nach Art. 169 IPRG nicht vorgesehen (vgl. BSK IPRG-BERTI/MABILLARD, Art. 169

N 5, 7; CHK IPRG-GASSMANN, Art. 169 N 2). Dies hat zur Folge, dass im Falle ei-

ner Beschwerdeerhebung durch den unterlegenen Gesuchsteller Parteien, die

von einer Anerkennung besonders betroffen wären, namentlich der Gemein-

schuldner, auch im Beschwerdeverfahren noch immer keine Kenntnis vom Aner-

kennungsverfahren haben (bzw. haben können) und entsprechend auch nicht

nach Art. 29 Abs. 2 IPRG angehört werden können. Würde die Beschwerde gut-

geheissen und das Konkursdekret reformatorisch anerkannt, so würden die be-

schwerdelegitimierten Parteien erst mit einer im Beschwerdeentscheid angeord-

neten Veröffentlichung nach Art. 169 IPRG über das Verfahren informiert und hät-

ten entsprechend erst in einem allfälligen bundesgerichtlichen Beschwerdeverfah-

ren die Möglichkeit, sich zur Anerkennung zu äussern. Ähnliches würde auch im

Falle einer Rückweisung gelten, da die Vorinstanz (und alsbald auch die Be-

schwerdeinstanz) dann an die entsprechenden Erwägungen im Rückweisungs-

entscheid gebunden wäre(n) und allfällige Einsprecher diesbezüglich nicht mehr

gehört werden könnten. Dies kann nicht angehen. Vielmehr hat die Beschwer-

deinstanz, wenn sie eine Gutheissung der Beschwerde in Betracht zieht, in ana-

loger Anwendung von Art. 169 IPRG (und nicht nach Art. 141 ZPO) die Mitteilung

zu publizieren, dass ein Beschwerdeverfahren betreffend die Anerkennung des

fraglichen Konkursdekrets hängig ist und dass interessierte Personen innert zehn

Tagen (vgl. Art. 321 Abs. 2 ZPO) ihre Beschwerdelegitimation darlegen, Anträge

stellen und diese begründen können. Eine individuelle Mitteilung (Spezialanzeige)

hat demgegenüber nicht zu erfolgen, da eine solche auch bei erstinstanzlicher

Gutheissung nicht vorgesehen ist (OGer ZH, PS130044 vom 19. Juni 2013, E.

3.4).

- 7 -

4. Eine entsprechende Publikation wurde mit Verfügung vom 13. September

2018 (act. 33) angeordnet und erfolgte am 21. September 2018 im Schweizeri-

schen Handelsamtsblatt und im Amtsblatt des Kantons Zürich (act. 34/2-3). We-

der der Gemeinschuldner noch andere interessierte Personen liessen sich innert

Frist vernehmen. Folglich ist auch das Beschwerdeverfahren als Einparteienver-

fahren durch- bzw. zu Ende zu führen.

IV.

1. Ein ausländisches Konkursdekret wird in der Schweiz auf Antrag der aus-

ländischen Konkursverwaltung oder eines Konkursgläubigers anerkannt, wenn es

am Wohnsitz bzw. Sitz des Schuldners ergangen ist, im Urteilsstaat vollstreckbar

ist, kein Verweigerungsgrund nach Art. 27 IPRG vorliegt und der Urteilsstaat Ge-

genrecht hält (Art. 166 Abs. 1 IPRG). Dem Begehren sind eine vollständige und

beglaubigte Ausfertigung des Konkursdekrets, eine Rechtskraft- bzw. Vollstreck-

barkeitsbescheinigung sowie, im Falle eines "Abwesenheitsurteils", eine Urkunde

beizulegen, aus der hervorgeht, dass die unterlegene Partei gehörig und so

rechtzeitig geladen worden ist, dass sie die Möglichkeit gehabt hatte, sich zu ver-

teidigen (Art. 167 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Satz 2 IPRG).

2. Die Vorinstanz führt aus, Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG sehe als Spezialbestim-

mung zu Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG für den Fall eines Säumnisurteils eine Umkehr

der Beweislast für die Frage der gehörigen Ladung vor. Den entsprechenden Be-

weis müssten folglich die Gesuchsteller durch Vorlage der Ladung sowie einer

entsprechenden Zustellbescheinigung erbringen (act. 27 E. IV.1). Aus dem Proto-

koll der Konkursverhandlung vor dem High Court vom 29. November 2016 gehe

hervor, dass der Gemeinschuldner an dieser weder anwesend noch vertreten ge-

wesen sei. Zwar treffe zu, dass das Konkursverfahren bereits im Jahre 2012 ein-

geleitet und mit Verfügung des High Court vom 27. August 2013 auf Antrag des

Gemeinschuldners sistiert worden sei, dass der Gemeinschuldner dann noch an-

waltlich vertreten gewesen sei und dass er selbst verschiedene Anträge gestellt

habe. Zur Konkursverhandlung vom 29. November 2016 sei jedoch erst am 2. Ju-

ni 2016 geladen worden, mithin fast drei Jahre nach der Sistierung. Unter diesen

- 8 -

Umständen könne dem Sinne und Zweck von Art. 27 Abs. 2 lit. a und Art. 29

Abs. 1 lit. c IPRG nur dann Genüge getan werden, wenn der Schuldner auch auf

die Wiederaufnahme des Konkursverfahrens aufmerksam gemacht bzw. dazu

gehörig geladen worden sei. Eine vor der Sistierung erfolgte Einlassung ändere

somit nichts daran, dass es sich um ein Abwesenheitsurteil handle (act. 27 E. IV.2

und IV.5.1). Den Beweis einer gehörigen Ladung des Gemeinschuldners zur Wie-

deraufnahme des Konkursverfahrens hätten die Beschwerdeführer nicht erbracht.

Aus der Vorladung vom 2. Juni 2016 gehe bloss hervor, dass diese dem Gemein-

schuldner per E-Mail an die Adresse … hätte versendet werden sollen, nicht je-

doch, ob sie in der Folge auch tatsächlich in dieser Form zugestellt worden sei.

Eine entsprechende Bestätigung des High Court hätten die Beschwerdeführer

nicht beizubringen vermocht (act. 27 E. IV.3). Dasselbe gelte für die vom Anwalt

der konkursantragstellenden Gläubigerin (D.) an die vorgenannte Adresse des

Gemeinschuldners versandten E-Mails vom 19. Mai 2016 und vom 21. November

2016; auch bei diesen E-Mails sei nicht erwiesen, dass sie auch tatsächlich in das

elektronische Postfach des Gemeinschuldners zugestellt worden seien (act. 27

E. IV.4.1 und E. IV.5.2). Eine gehörige Ladung sei sodann auch nicht im Umstand

zu erblicken, dass D. dem (ehemaligen) Rechtsvertreter des Gemeinschuldners

am 3. März 2016 von Hand eine "Notice of Intention to Proceed" überbracht habe.

Damit habe die konkursantragstellende Gläubigerin erst ihre Absicht einer Wie-

deraufnahme des Konkursverfahrens kundgetan (act. 27 E. IV.4.2). Schliesslich,

so die Vorinstanz, spiele es auch keine Rolle, ob der Gemeinschuldner mit einer

Wiederaufnahme des Verfahrens habe rechnen müssen, jedenfalls dann nicht,

wenn diese nicht als geradezu sicher und unmittelbar bevorstehend habe er-

scheinen müssen (act. 27 E. IV.5.2).

3. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung von Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG.

Beim anzuerkennenden Konkursdekret handle es sich nicht um ein Abwesen-

heitsurteil im Sinne dieser Bestimmung, weshalb ein Nachweis der gehörigen La-

dung nicht erforderlich sei. Der Gemeinschuldner habe sich auf das X.-er Kon-

kursverfahren eingelassen, indem er aktiv daran teilgenommen habe; zudem sei

er anwaltlich vertreten gewesen und habe nie die Rüge einer nicht gehörigen La-

dung erhoben. Der Gemeinschuldner habe selbst eine Sistierung des Konkursver-

- 9 -

fahrens beantragt, welche nach neunmonatiger Verfahrensdauer im August 2013

gewährt worden sei, um den Ausgang eines zusammenhängenden Zivilverfah-

rens abzuwarten. Im Dezember 2016 [recte: 2015] sei der Gemeinschuldner in

diesem Zivilverfahren alsdann zur Zahlung von über USD 1.2 Milliarden verurteilt

worden, woraufhin das Konkursverfahren wieder aufgenommen worden sei. Am

3. März 2016 habe die konkursantragstellende Gläubigerin den Rechtsvertretern

des Gemeinschuldners eine Mitteilung der Verfahrenswiederaufnahme zugestellt;

diese sei zudem auch noch auf dem gerichtlich angeordneten Kommunikations-

weg, nämlich per E-Mail vom 19. Mai 2016, zugestellt worden. Am 2. Juni 2016

habe der High Court die Vorladung für die Konkursverhandlung dem Gemein-

schuldner formell zugestellt und am 21. November 2016 habe der Rechtsvertreter

der Gläubigerin per E-Mail auf die bevorstehende Verhandlung hingewiesen. Die

Konkursverhandlung vom 29. November 2016 habe schliesslich in Abwesenheit

des Schuldners stattgefunden (act. 26 Rz. 12 ff.).

4. Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, eine einmal erfolgte Einlas-

sung könne nicht durch eine zwischenzeitliche Sistierung des Verfahrens "hinfäl-

lig" werden; folglich habe die Vorinstanz das Konkursdekret zu Unrecht als Abwe-

senheitsurteil qualifiziert. Der Gemeinschuldner habe nicht nur die Möglichkeit

gehabt, seine Verteidigung zu organisieren, er habe eine solche vielmehr auch

tatsächlich organisiert. Wenn er sich anschliessend dazu entschlossen haben

sollte, sich nicht mehr über den weiteren Verlauf des Verfahrens orientiert zu hal-

ten, so sei dies sein freier Entscheid gewesen. Dies mache das Konkursdekret je-

doch nicht zu einem Abwesenheitsurteil (act. 26 Rz. 16 ff.). Hinzu komme, dass

Art. 27 Abs. 2 lit. a und Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG nicht den Nachweis einer Ladung

für jede einzelne Verhandlung verlangen würden, sondern bloss die Zustellung

der den Prozess einleitenden Ladung, und zwar auch nur dann, wenn der Beklag-

te seinen Wohnsitz im Ausland habe. Da der Gemeinschuldner seinen Wohnsitz

im Gerichtsstaat (…) gehabt habe, sei der Nachweis einer Ladung schon deshalb

entbehrlich gewesen. Zudem habe es sich bei der Konkursverhandlung vom 29.

November 2016 nicht um die erste Verhandlung im Konkursverfahren gehandelt,

sondern es habe eine solche bereits im Jahre 2013 stattgefunden. Der Gemein-

schuldner habe für diese Verhandlung sogar den Antrag gestellt, nicht persönlich

- 10 -

erscheinen zu müssen, woraus sich schliessen lasse, dass er deren Ladung er-

halten habe und seine Verteidigung habe organisieren können. Auch aus diesem

Grund sei ein Nachweis der Zustellung der Ladung zur Konkursverhandlung vom

29. November 2016 entbehrlich gewesen (act. 26 Rz. 20 ff.).

5. Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der Anerkennungsvor-

aussetzungen von Art. 166 IPRG liegt grundsätzlich bei den Beschwerdeführern

(Art. 8 ZGB). Art. 166 Abs. 1 lit. b IPRG verweist auf die allgemeine Bestimmung

in Art. 27 IPRG und versagt die Anerkennung eines Konkursdekrets bei Vorliegen

eines entsprechenden Verweigerungsgrundes. Ob eine ausländische Entschei-

dung nach Art. 27 Abs. 1 IPRG mit dem materiellen schweizerischen Ordre public

offensichtlich unvereinbar ist, hat das Anerkennungsgericht von Amtes wegen zu

prüfen. Die Verweigerungsgründe von Art. 27 Abs. 2 IPRG werden demgegen-

über grundsätzlich nur auf Vorbringen des Anerkennungsgegners geprüft, wobei

Letzterer insofern die Behauptungs- und Beweislast trägt (vgl. BGE 142 III 180,

E. 3.4; OGer ZH, 8. Februar 2001, ZR 2002 Nr. 3, E. 4.2.a). Dies kann jedoch im

Verfahren betreffend Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets nicht gel-

ten, da es sich hierbei – zumindest vor erster Instanz (vgl. oben, E. III) – in der

Regel um ein nicht streitiges Einparteienverfahren handelt. Ergeben sich aus den

Vorbringen des Antragsstellers oder aus den sonstigen Akten Anhaltspunkte für

ein Anerkennungshindernis, so muss das Gericht im Einparteienverfahren dem

Antragsteller den Beweis (bzw. die Glaubhaftmachung) des Gegenteils auferlegen

(BSK IPRG-BERTI/MABILLARD, Art. 167 N 18).

6. Nach Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG wird eine im Ausland ergangene Entschei-

dung nicht anerkannt, wenn die unterlegene Partei weder nach dem Recht an ih-

rem Wohnsitz noch nach dem am gewöhnlichen Aufenthalt gehörig geladen wur-

de, es sei denn, sie habe sich vorbehaltlos auf das Verfahren eingelassen. Art. 27

Abs. 2 IPRG ist Ausdruck des formellen schweizerischen Ordre public. Ziel der

Norm ist es, im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Ent-

scheidungen in der Schweiz die Beachtung fundamentaler verfahrensrechtlicher

Prinzipien sicherzustellen. Zum formellen Ordre public gehört das in Art. 27 Abs. 2

lit. a verankerte Erfordernis einer gehörigen Ladung im ausländischen Erkenntnis-

- 11 -

verfahren. Darunter ist die Vorladung zur ersten Verhandlung vor das urteilende

Gericht bzw. allgemein das verfahrenseinleitende Schriftstück zu verstehen, d.h.

die im Urteilsstaat vorgesehene Urkunde, durch deren Zustellung der Beklagte

erstmals Gelegenheit erhält, von dem gegen ihn angehobenen Verfahren Kennt-

nis zu nehmen. Diese erste Ladung soll den Beklagten formell auf das gegen ihn

gerichtete Verfahren aufmerksam machen und ihm die Organisation seiner Ver-

teidigung ermöglichen. Dazu zählen das Erscheinen vor Gericht, die Einreichung

einer Klageantwort und die Bestellung eines Prozessvertreters bzw. die Bezeich-

nung eines Zustellungsbevollmächtigten. "Gehörig" ist die Ladung, wenn sie den

Anforderungen des Rechts am Wohnsitz bzw. am Aufenthaltsort des Geladenen

entspricht. Gemeint ist das Recht des effektiven Zustellungsortes, das den Inhalt,

die Form und den Zeitpunkt der Ladung bestimmt (BGE 143 III 225, E. 5.1 und

E. 6.2; 142 III 180, E. 3.3; 122 III 439, E. 4). Obschon dies in Art. 27 Abs. 2 lit. a

IPRG nicht explizit erwähnt wird, muss die Zustellung des verfahrenseinleitenden

Schriftstückes zudem so rechtzeitig erfolgt sein, dass der Beklagte die Möglichkeit

gehabt hatte, sich zu verteidigen (vgl. Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG; BGE 142 III 180,

E. 3.3.3). Insofern bezweckt Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG letztlich, dem Beklagten

Kenntnis vom Prozess zu verschaffen, der gegen ihn angestrengt wurde, und ihm

dadurch die Möglichkeit einzuräumen, sich vor dem Prozessgericht zu verteidi-

gen. Freilich setzt der in dieser Bestimmung verankerte Rechtsschutz voraus,

dass das Schutzbedürfnis des Beklagten "echt" ist. Deshalb kann er sich nicht auf

den beschriebenen Verweigerungsgrund berufen, wenn er sich "taub stellt" oder

lediglich auf Formalismen beharrt, jedoch formell (durch nachweislichen Zugang

eines Schriftstücks) Kenntnis vom Verfahren und rechtzeitig die Möglichkeit erhal-

ten hatte, sich zu verteidigen (BGE 143 III 225, E. 5.2; 122 III 439, E. 4b; OGer

ZH, 10. September 2010, ZR 2010 Nr. 68, E. 4f). Schliesslich kann der Beklagte

auf die Einrede der ordnungswidrigen Zustellung verzichten, indem er sich vorbe-

haltlos auf das ausländische Verfahren einlässt; dadurch wird eine mangelhafte

Ladung geheilt (Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG; BGE 117 Ib 347, E. 2b/aa; 122 III 439,

E. 4b; BSK IPRG-DÄPPEN/MABILLARD, Art. 27 N 15).

7. Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG nimmt auf Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG Bezug und ver-

stärkt den Schutz des Beklagten im Falle eines Abwesenheitsurteils. Liegt ein sol-

- 12 -

ches vor, hat die antragstellende Partei ihrem Anerkennungsbegehren eine Ur-

kunde beizulegen, aus der hervorgeht, dass die unterlegene Partei gehörig und

rechtzeitig geladen wurde. Damit kehrt Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG die Beweislast für

den Fall eines Abwesenheitsurteils um, sodass die antragstellende Partei die kor-

rekte Ladung durch Urkunden beweisen (bzw. glaubhaft machen) muss (BGE 142

III 180, E. 3.4). Diese Beweislastumkehr ist vorliegend jedoch – abgesehen vom

(zumindest nach dem Wortlaut bestehenden) Erfordernis eines Urkundenbewei-

ses (vgl. im Übrigen aber Art. 254 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 255 lit. a und lit. b ZPO) –

nicht relevant, da im Verfahren betreffend Anerkennung eines Konkursdekrets,

zumal ein Einparteienverfahren, die Beweislast für das Nichtvorliegen eines Ver-

weigerungsgrundes nach Art. 27 Abs. 2 IPRG ohnehin bereits bei der antragstel-

lenden Partei liegt (s. oben, E. IV.5). Zu beachten ist ferner, dass in Art. 29 Abs. 1

lit. c IPRG die Ausnahme einer Einlassung der im ausländischen Verfahren unter-

legenen Partei zwar nicht explizit erwähnt wird, jedoch – da diese Bestimmung

auf den Verweigerungsgrund in Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG Bezug nimmt – gleich-

ermassen gelten muss. Hat sich die unterlegene Partei nämlich i.S.v. Art. 27

Abs. 2 lit. a IPRG (letzter Teilsatz) auf das ausländische Verfahren eingelassen,

so kann es sich umgekehrt nicht mehr um ein Abwesenheitsurteil handeln. Mit

anderen Worten schliessen sich die in Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG erwähnte "Einlas-

sung" und das in Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG erwähnte "Abwesenheitsurteil" gegen-

seitig aus; es kann nicht beides vorliegen.

8. Nach dem Gesagten hat die Partei, die ein Gesuch um Anerkennung eines

ausländischen Konkurdekrets stellt, entweder mit Urkunden glaubhaft zu machen,

dass der Gemeinschuldner im ausländischen Konkursverfahren gehörig und

rechtzeitig geladen wurde (Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG), oder aber – ohne Beweis-

mittelbeschränkung (Art. 254 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 255 lit. a und lit. b ZPO) –

glaubhaft zu machen, dass sich der Gemeinschuldner vorbehaltlos auf das aus-

ländische Konkursverfahren eingelassen hat. Somit stellen sich vorliegend drei

Fragen: Erstens, ob der Gemeinschuldner gehörig zum "ersten Teil" des Kon-

kursverfahrens vor dem High Court (vor der Sistierung) geladen wurde bzw. ob er

sich vor der Sistierung darauf eingelassen hat. Zweitens, ob die Sistierung und

der damit verbundene, längere Verfahrensunterbruch dazu geführt haben, dass

- 13 -

für den "zweiten Teil" des Konkursverfahrens gewissermassen eine neue (gehöri-

ge) Ladung bzw. eine erneute Einlassung des Gemeinschuldners notwendig wur-

de. Falls dies bejaht wird, stellt sich drittens die Frage, ob der Gemeinschuldner

tatsächlich gehörig zur Wiederaufnahme des Verfahrens geladen wurde bzw. ob

er sich darauf eingelassen hat.

9. Die erste Frage ist ohne Weiteres zu bejahen. Zwar geht aus den Ausfüh-

rungen der Beschwerdeführer vor Vorinstanz und auch im Beschwerdeverfahren

nicht deutlich hervor, ob und inwiefern ursprünglich eine Ladung für das Konkurs-

verfahren erfolgt war. Klar ist jedoch, dass sich der Gemeinschuldner wenigstens

auf den "ersten Teil" des Verfahrens, d.h. jener vor der Sistierung, eingelassen

hat. So gehen die Vorinstanz und die Beschwerdeführer übereinstimmend davon

aus, dass das Konkursverfahren im Jahre 2012 eingeleitet wurde, dass der Ge-

meinschuldner anwaltlich vertreten war und verschiedene Anträge gestellt hatte,

so namentlich einen Antrag auf Sistierung des Konkursverfahrens bis zum Ab-

schluss eines damit zusammenhängenden Verfahrens (act. 27 S. 6; act. 26

S. 5 ff., act. 10 Rz. 6, act. 28/4/11/1 [Affidavit], S. 1, act. 28/4/11/1 [Exhibit CJD-

4]). Sodann haben die Beschwerdeführer glaubhaft dargelegt, dass der Gemein-

schuldner dem High Court die Abweisung des Konkursbegehrens beantragt habe,

dass er in einer ersten Verhandlung vom 27. Mai 2013 vor dem High Court an-

waltlich vertreten gewesen sei, dass er den Antrag gestellt habe, nicht persönlich

zur ursprünglich auf den 27. August 2013 angesetzten Konkursverhandlung er-

scheinen zu müssen, dass er an dieser Verhandlung, anlässlich welcher er den

Sistierungsantrag habe stellen lassen, ebenfalls anwaltlich vertreten gewesen sei

und dass er nie die Rüge einer fehlerhaften Ladung erhoben habe (act. 1 Rz. 24,

act. 10 Rz. 6, act. 28/4/3/19 S. 2, act. 28/4/11/1 S. 1 f., act. 26 Rz. 15). Ob das

verfahrenseinleitende Schriftstück dem Gemeinschuldner gehörig zugestellt wor-

den war, kann damit offen bleiben. Jedenfalls steht fest, dass er Kenntnis vom

Verfahren hatte, dass er sich auch in der Sache darauf einliess und dass er seine

Verteidigung gegen den Konkursantrag hatte organisieren können und auch or-

ganisiert hatte. Damit entfiel – jedenfalls für den "ersten Teil" des Verfahrens –

der in Art. 27 Abs. 2 lit. a bzw. Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG vorgesehene Schutz des

Gemeinschuldners durch Einlassung.

- 14 -

10. Es stellt sich folglich die zweite Frage, nämlich ob – wovon die Vorinstanz

ausging – die Sistierung des Konkursverfahrens und der damit verbundene Ver-

fahrensunterbruch von fast drei Jahren die bereits erfolgte Einlassung gewisser-

massen "rückgängig" gemacht haben bzw. ob unter dem Gesichtspunkt von

Art. 27 Abs. 2 lit. a und Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG eine neue (gehörige) Ladung für

das wieder aufgenommene Verfahren bzw. eine erneute Einlassung des Gemein-

schuldners notwendig wurde. Dies ist zu verneinen. Der Sinn und Zweck der ge-

nannten Bestimmungen liegt wie gesagt darin, sicherzustellen, dass der Anerken-

nungsgegner so rechtzeitig in Kenntnis des Verfahren gesetzt wird, dass er die

Gelegenheit erhält, sich zu verteidigen bzw. seine Verteidigung zu organisieren.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz trifft es nicht zu, dass dieser Sinn und

Zweck es erfordert, den Gemeinschuldner im Falle einer (auch längeren) Sistie-

rung nochmals gehörig zum wieder aufgenommenen Prozess zu laden. Hat der

Gemeinschuldner – wie vorliegend – Kenntnis vom noch immer hängigen (wenn-

gleich sistierten) Verfahren und hat er sich bereits darauf eingelassen, so ist es

ihm ohne Weiteres zuzumuten, dem Gericht ein Zustelldomizil zu bezeichnen,

namentlich an der Adresse seines Rechtsvertreters. Entscheidet er sich hingegen

dazu, sich über den weiteren Fortgang des noch nicht abgeschlossenen Verfah-

rens nicht mehr informiert zu halten bzw. sich "taub zu stellen", namentlich indem

er seinem ursprünglichen Rechtsvertreter das Mandat entzieht und weder einen

neuen Vertreter noch eine neue Zustelladresse benennt, so hat er die negativen

Folgen davon zu tragen. Jedenfalls liegt in einer sich daran anschliessenden

Wiederaufnahme des Verfahrens ohne (weitere) gehörige Ladung bzw. Einlas-

sung des Schuldners kein Verstoss gegen den formellen schweizerischen Ordre

public. Der in Art. 27 Abs. 2 lit. a und Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG vorgesehene

Schutz setzt vielmehr voraus, dass das Schutzbedürfnis des Anerkennungsgeg-

ners bzw. die "ausländische Rücksichtslosigkeit" echt ist (BGE 143 III 225, E. 5.2;

OGer ZH, 10. September 2010, ZR 2010 Nr. 68, E. 4f). Dies ist vorliegend nicht

der Fall.

11. Zu beachten ist ferner, dass Art. 27 Abs. 2 lit. a und Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG

nicht verlangen, dass dem Anerkennungsgegner sämtliche gerichtlichen Doku-

mente gehörig zugestellt werden bzw. dass er zu sämtlichen Verhandlungen ge-

- 15 -

hörig geladen wird, sondern nur, dass ihm das verfahrenseinleitende Schriftstück

gehörig zugestellt wird oder er sich auf das Verfahren einlässt (BGE 143 III 225,

E. 5 und 6). Nicht nach Art. 27 Abs. 2 lit. a, sondern gegebenenfalls nach Art. 27

Abs. 2 lit. b IRPG zu beurteilen wäre der Fall, dass wesentliche Gerichtsurkunden,

namentlich Vorladungen zu Verhandlungen, dem Schuldner in Verletzung seines

rechtlichen Gehörs auch nicht (in irgendeiner Form) an ein von ihm benanntes, in-

ländisches Domizil, namentlich an seinen Rechtsvertreter, zugestellt werden. Da-

für, dass eine solche Gehörsverletzung vorliegen könnte, bestehen jedoch keine

Anhaltspunkte.

12. Eine Sistierung des ausländischen Verfahrens führt somit nicht – aus Sicht

des schweizerischen IPRG – zu einer Zweiteilung des Verfahrens, sodass das

wieder aufgenommene Verfahren gewissermassen als neues Verfahren zu be-

trachten wäre. Hierfür besteht aus der Sicht des Anerkennungsgegners kein hin-

reichendes Schutzbedürfnis. Namentlich muss er vernünftigerweise davon aus-

gehen, dass das nur sistierte (aber nicht beendete) Verfahren nach Wegfall des

Sistierungsgrundes weitergeführt werden würde, und sei es nur, um die endgülti-

ge Einstellung des Verfahrens zu verfügen. Entsprechend hat er dafür zu sorgen,

dass dem Gericht stets ein gültiges Zustelldomizil bekannt ist, um über die Wie-

deraufnahme des Verfahrens informiert zu werden. Vorliegend kommt hinzu, dass

der Gemeinschuldner die Sistierung sogar selbst beantragt hatte, zunächst mit

der Begründung, es sei der Ausgang eines zusammenhängenden, gegen ihn ge-

richteten Zivilprozesses abzuwarten (act. 1 Rz. 24, act. 10 Rz. 6, act. 26 Rz. 15,

act. 28/4/11/1 [Exhibit CJD-4]), und alsdann offenbar (auch noch) mit der Begrün-

dung, es sei ein Rechtsmittelverfahren gegen die Abweisung seines im fraglichen

Konkursverfahren gestellten Dispensationsgesuchs abzuwarten (vgl.

act. 28/4/3/19 S. 2, act. 28/4/11/1 [Affidavit], S. 2). Obschon im Sistierungsent-

scheid des High Court vom 27. August 2013 nur auf den zweiten Sistierungsgrund

abgestellt wurde (act. 28/4/3/20; vgl. auch act. 28/4/11/1 [Affidavit], S. 2), musste

der Gemeinschuldner, spätestens nachdem der parallel laufende Zivilprozess und

das Rechtsmittelverfahren gegen die Abweisung seines Dispensationsgesuchs

beendet worden waren, ohne Weiteres davon ausgehen, dass das noch hängige

Konkursverfahren alsbald weitergeführt werden würde.

- 16 -

13. Nach dem Gesagten betrifft die Einlassung des Gemeinschuldners i.S.v.

Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG das gesamte Konkursverfahren und nicht nur den "ers-

ten Teil" vor der Sistierung. Eine erneute (gehörige) Ladung war damit – aus der

Sicht von Art. 27 Abs. 2 lit. a und Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG – nicht erforderlich.

Aufgrund der für das gesamte Verfahren geltenden Einlassung handelt es sich

beim streitgegenständlichen Konkursdekret somit nicht um ein "Abwesenheitsur-

teil" i.S.v. Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG. Daran ändert weder die zwischenzeitliche

Verfahrenssistierung noch die Tatsache etwas, dass der Gemeinschuldner an der

abschliessenden Verhandlung vor dem erkennenden Konkursgericht vom 29. No-

vember 2016 nicht anwesend und auch nicht (mehr) vertreten war.

14. Im Ergebnis ging die Vorinstanz damit zu Unrecht davon aus, dass die Be-

schwerdeführer nach Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG eine Urkunde hätten vorweisen

müssen, aus welcher eine gehörige Ladung des Gemeinschuldners zur Verhand-

lung vom 29. November 2016 bzw. zum "zweiten Teil" des Konkursverfahrens

hervorgeht. Entsprechend kann die dritte Frage, nämlich ob der Gemeinschuldner

nach Wiederaufnahme des Verfahrens gehörig geladen wurde bzw. ob er sich

(nochmals) auf das Verfahren eingelassen hatte, offen bleiben. Ebenfalls offen

bleiben kann die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Frage, ob das Erfor-

dernis einer gehörigen Ladung i.S.v. Art. 27 Abs. 2 lit. a bzw. Art. 29 Abs. 1 lit. c

IPRG überhaupt nur dann zur Anwendung komme, wenn der Anerkennungsgeg-

ner seinen Sitz bzw. Wohnsitz nicht im (ausländischen) Gerichtsstaat habe.

V.

1. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet. Die Beschwerdeinstanz

kann bei Gutheissung den Entscheid aufheben und die Sache an die Vorinstanz

zurückweisen (kassatorischer Entscheid) oder neu entscheiden, sofern die Sache

spruchreif ist (reformatorischer Entscheid; Art. 327 Abs. 3 ZPO). Die beiden Ent-

scheidarten stehen grundsätzlich gleichwertig nebeneinander. Spruchreif ist die

Sache, wenn die Beschwerdeinstanz über alle für einen Sachentscheid notwendi-

gen Grundlagen verfügt und kein weiteres Beweisverfahren notwendig ist. Ob

dies der Fall ist, beurteilt die Beschwerdeinstanz grundsätzlich nach freiem Er-

- 17 -

messen und ohne Bindung an die Parteianträge. Entscheidet die Beschwerde-

instanz reformatorisch, tritt sie an die Stelle der Vorinstanz und urteilt mit freier

Kognition und freier Beweiswürdigung (vgl. BGer, 4A_44/2018 vom 5. März 2018,

E. 3.2; 4D_69/2016 vom 28. November 2016, E. 5.2; OGer ZH, RA120007 vom

12. April 2013, E. III.1.14; ZK ZPO-FREIBURGHAUS/AFHELDT, Art. 327 N 10 ff.).

2. Die Vorinstanz prüfte einzig den Verweigerungsgrund einer nicht gehörigen

Ladung nach Art. 27 Abs. 2 lit. a bzw. Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG, nicht aber, ob die

übrigen Anerkennungsvoraussetzungen gegeben sind. Da eine entsprechende

Prüfung ohne Weiteres durch die Beschwerdeinstanz erfolgen kann und ein Be-

weisverfahren nicht erforderlich ist, ist die Streitsache als spruchreif zu betrachten

und von der Beschwerdeinstanz ein neuer Entscheid zu fällen (Art. 327 Abs. 3

lit. b ZPO). Eine Rückweisung erwiese sich als formalistischen Leerlauf.

3. Art. 166 Abs. 1 IPRG setzt voraus, dass das Konkursdekret "am Wohnsitz

des Schuldners" ergangen ist (indirekte Zuständigkeit). Gemeint ist damit, dass

der Schuldner seinen Wohnsitz im Urteilsstaat haben muss, und zwar zu jenem

Zeitpunkt, der nach ausländischer lex fori funktional der schweizerischen Kon-

kursandrohung entspricht (BSK IPRG-BERTI/MABILLARD, Art. 166 N 14, 18). Die

Gesuchsteller haben glaubhaft dargelegt, dass der Gemeinschuldner wenigstens

zu jenem Zeitpunkt seinen Wohnsitz in X. gehabt hatte (act. 1 Rz. 25 f.). Davon

ging auch der High Court aus (act. 28/4/3/19 S. 23).

4. Sodann haben die Beschwerdeführer gemäss Art. 29 Abs. 1 lit. a IPRG eine

vollständige und beglaubigte Ausfertigung des anzuerkennenden Konkursdekrets

(act. 28/4/3/12) sowie gemäss Art. 29 Abs. 1 lit. b IPRG eine Bestätigung ins

Recht gelegt, dass dagegen nach der ausländischen lex fori kein ordentliches

Rechtsmittel mehr geltend gemacht werden kann bzw. die Entscheidung rechts-

kräftig geworden ist (act. 9/3, act. 28/4/3/15; vgl. act. 1 Rz. 20 f., 27, act. 8 S. 1).

Damit ist glaubhaft gemacht, dass das fragliche Konkursdekret in X. vollstreckbar

ist (Art. 166 Abs. 1 lit. a IPRG).

5. Weiter haben die Beschwerdeführer glaubhaft dargelegt, dass X. i.S.v.

Art. 166 Abs. 1 lit. c IPRG Gegenrecht hält (act. 1 Rz. 29, act. 28/4/3/23 S. 5,

- 18 -

act. 28/4/3/24 S. 7; vgl. hierzu namentlich auch BSK IPRG-BERTI/MABILLARD,

Art. 166 N 37).

6. Anerkennungsverweigerungsgründe i.S.v. Art. 166 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 27

IPRG sind weder aus den Ausführungen der Beschwerdeführer noch aus den

sonstigen Akten ersichtlich. Wie oben dargelegt liegt namentlich kein Verstoss

gegen Art. 27 Abs. 2 lit. a IPRG vor und es handelt sich beim streitgegenständli-

chen Konkursdekret auch nicht um ein Abwesenheitsurteil i.S.v. Art. 29 Abs. 1 lit c

IPRG.

7. Damit sind alle Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt. Das streitgegenständ-

liche Konkursdekret ist folglich anzuerkennen und über den Gemeinschuldner ist

für das Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft der Konkurs zu eröffnen.

Mit dem Vollzug des (Hilfs-)Konkurses ist das Konkursamt Zürich (Altstadt) zu be-

auftragen.

VI.

1. Das vorliegende Verfahren wurde auch vor der Beschwerdeinstanz als

nichtstreitiges, der freiwilligen Gerichtsbarkeit angenähertes Einparteienverfahren

durchgeführt (vgl. oben, E. III), weshalb den Beschwerdeführern keine eigentliche

Gegenpartei gegenüberstand. Die Kostenverteilungsregeln von Art. 106 ff. ZPO

sind auf solche Konstellationen nicht zugeschnitten, sondern vielmehr auf das für

den Zivilprozess sonst typische, streitige Zweiparteienverfahren. Weil ein Verfah-

ren der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Interesse und auf Antrag der gesuchstellen-

den Partei geführt wird, hat sie die erstinstanzlichen Prozesskosten auch dann zu

tragen, wenn sie "obsiegt". Für das Rechtsmittelverfahren gilt dies jedoch nicht

uneingeschränkt. Zwar trifft es zu, dass im Falle einer Gesuchsabweisung durch

die Erstinstanz auch das Rechtsmittelverfahren im Interesse und auf Antrag der

gesuchstellenden Partei durchgeführt wird, allerdings ist die Notwendigkeit, über-

haupt ein Rechtsmittel zu ergreifen, auf den Entscheid der ersten Instanz zurück-

zuführen. Heisst die Rechtsmittelinstanz das dagegen gerichtete Rechtsmittel gut,

so zeigt dies zugleich, dass die Kosten des Rechtsmittelverfahrens durch einen

- 19 -

von Anfang an korrekten Entscheid hätten vermieden werden können (BGE 142

III 110, E. 3.3). Da es im Rechtsmittelverfahren in der vorliegenden Konstellation

an einer eigentlichen Gegenpartei fehlt, die an der Aufrechterhaltung des erstin-

stanzlichen Entscheids ein Interesse hat, und welcher infolgedessen die Kosten

auferlegt werden können, sind die zweitinstanzlichen Gerichtskosten auf die

Staatskasse zu nehmen.

2. Demgegenüber ist in einer solchen Konstellation nicht in jedem Falle eine

Parteientschädigung für das Rechtsmittelverfahren geschuldet. Nach der Praxis

der Kammer ist bei Fehlen einer Gegenpartei nur dann eine Parteientschädigung

zulasten des Staates zu sprechen, wenn der erstinstanzliche Entscheid qualifiziert

unrichtig ist und die Vorinstanz dadurch gewissermassen zur Gegenpartei wird,

d.h. mit ihr (bzw. mit dem für sie verantwortlichen Gemeinwesen) ein Prozess-

rechtsverhältnis begründet wird. Der Umstand allein, dass ein Entscheid im

Rechtsmittelverfahren aufgehoben oder abgeändert wird, kann für sich genom-

men keine Entschädigungspflicht des Staates auslösen (grundlegend: OGer ZH,

PQ140037 vom 28. Juli 2014, E. 3 [mit Verweis auf § 17 Abs. 2 VRG]; s. auch

OGer ZH, PS140211 vom 9. September 2014, E. 4; PS160012 vom 18. Februar

2016, E. 4; PQ160008 vom 16. März 2016, E. 3). An dieser Praxis ist auch nach

BGE 142 III 110 festzuhalten. Ob, wie das Bundesgericht erwägt (E. 3.3), die Vor-

instanz auch dann in eine ähnliche Stellung gerät, wie sie eine Gegenpartei ein-

nehmen würde, wenn sie im Rahmen einer Vernehmlassung an ihrem Entscheid

festhält (Art. 324 ZPO), braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Zu einer

Vernehmlassung ist die Vorinstanz vorliegend nicht aufzufordern. Mit ihrem Ent-

scheid hat sie zwar das Recht unrichtig angewandt, jedoch ist ihre Auslegung von

Art. 27 Abs. 2 lit. a und Art. 29 Abs. 1 lit. c IPRG sowie ihre Antwort auf die rele-

vante – bisher weder von der Rechtsprechung noch der Lehre aufgegriffene –

Rechtsfrage nicht qualifiziert unrichtig. Unter diesen Umständen ist den Be-

schwerdeführern keine Parteientschädigung zuzusprechen.

3. Die Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets fällt nicht unter die

GebV SchKG (Art. 48 ff. i.V.m. Art. 61), weshalb die Prozesskosten nach kantona-

lem Recht zu bemessen sind. Die danach bemessene Höhe der erstinstanzlichen

- 20 -

Entscheidgebühr durch die Vorinstanz wurde nicht beanstandet, weshalb diese

auf CHF 7'000.– festzusetzen, den Beschwerdeführern aufzuerlegen und aus

dem vor Vorinstanz geleisteten Vorschuss zu beziehen ist.

4. Angesichts des Interessenwerts in der Höhe von mindestens rund

CHF 14 Mio. – abgeleitet aus zwei behaupteten Banküberweisungen von insge-

samt rund USD 14 Mio. auf ein Konto des Gemeinschuldners bei der UBS AG

(act. 1 Rz. 4 ff.) – ist die Entscheidgebühr für das Beschwerdeverfahren auf

CHF 7'000.– festzusetzen (§ 12 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 8 Abs. 4 GebV OG), jedoch,

wie oben ausgeführt, auf die Staatskasse zu nehmen.

5. Die Beschwerdeführer haften nach Art. 170 Abs. 1 IPRG i.V.m. Art. 169

Abs. 1 SchKG für sämtliche Kosten, die dem zuständigen Konkursamt für die

Durchführung des Hilfskonkursverfahrens bis und mit der Einstellung des Konkur-

ses mangels Aktiven oder bis zum Schuldenruf entstehen. Hierfür kann das Ge-

richt vom antragstellenden Gläubiger – bzw. im Falle einer Hilfskonkurseröffnung

von der antragstellenden ausländischen Konkursverwaltung – einen entsprechen-

den Vorschuss in Höhe der mutmasslich zu erwartenden Kosten verlangen

(Art. 169 Abs. 2 SchKG analog). Dieser ist auf CHF 5'000.– festzusetzen und –

weil ein von der Vorinstanz hierfür bezogener Vorschuss in entsprechender Höhe

bereits zurückerstattet wurde (vgl. act. 35) – aus dem von den Beschwerdeführern

für das vorliegende Beschwerdeverfahren geleisteten Kostenvorschuss zu bezie-

hen sowie der Kasse des Konkursamtes Zürich (Altstadt) zu überweisen. Im übri-

gen Umfang (CHF 2'000.–) ist der für das Beschwerdeverfahren geleistete Kos-

tenvorschuss den Beschwerdeführern zurückzuerstatten.

Es wird erkannt:

1. In Gutheissung der Beschwerde wird das Urteil des Einzelgerichts des Be-

zirksgerichts Zürich vom 28. Juni 2018 (Verfahrens-Nr. EK171202) aufge-

hoben.

- 21 -

2. Die "Bankruptcy Order" des High Court … vom 29. November 2016 (Verfah-

rensnummer …) betreffend Eröffnung des Konkurses über C., Inhaber der

Identitätskarte Nr. … von X., wird anerkannt.

3. Über C., Inhaber der Identitätskarte Nr. … von X., wird für das Gebiet der

Schweizerischen Eidgenossenschaft der Konkurs eröffnet.

4. Das Konkursamt Zürich (Altstadt) wird mit dem Vollzug des Konkurses be-

auftragt.

5. Die erstinstanzliche Entscheidgebühr wird auf CHF 7'000.– festgesetzt, den

Beschwerdeführern auferlegt und aus dem im erstinstanzlichen Verfahren

geleisteten Kostenvorschuss bezogen.

6. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf CHF 7'000.– festgesetzt und

auf die Staatskasse genommen.

7. Den Beschwerdeführern wird für die Kosten der Durchführung des Hilfskon-

kurses ein Vorschuss von CHF 5'000.– auferlegt. Dieser wird aus dem von

den Beschwerdeführern für das Beschwerdeverfahren geleisteten Kosten-

vorschuss bezogen und an die Kasse des Konkursamtes Zürich (Altstadt)

überwiesen.

Im übrigen Umfang (CHF 2'000.–) wird der von den Beschwerdeführern für

das Beschwerdeverfahren geleistete Kostenvorschuss an diese zurücker-

stattet.

8. Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

9.-10. Mitteilung, Rechtsmittel

[email protected] I www.sjwz.ch

05.02.2019: Update SchKG – Neuere Entwicklungen im Zwangsvollstreckungsrecht

Unterlagen Referierende

Teil 2: Unterlagen Daniel Hunkeler

Einführung

Teil 3: Unterlagen Franco Lorandi

Potpourri zu Art. 260 SchKG

Übersicht über die Abtretung von Rechtsansprüchen gem. Art.260 SchKG und Auswahl verschiedenster Einzelfragen

Teil 4: Unterlagen Hansjörg Peter

Neuere kantonale Rechtsprechung

Teil 5: Unterlagen Thomas Engler

Aktuelle Entscheide des Kantons Zürich (und des Bundesgerichts)

Teil 6: Unterlagen Daniel Hunkekler

Übersicht und ausgewählte Einzelfragen zum neuen Sanierungsrecht

Übersicht und ausgewählte Einzelfragen zum neuen Sanierungsrecht

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Daniel HunkelerBaur Hürlimann AG

Inhaltsübersicht

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I. Übersicht

II. Der sog. «Prepack-Nachlass»

a. worum geht es?

b. Vorzüge des neuen Sanierungsrechts

c. Der «Prepack»

d. Beispiele

e. Einzelfragen

III. Aufhebung der Stundung infolge gelungener Sanierung (Art. 296a SchKG)

IV. Weitere Einzelfragen

I. Übersicht

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• Rev. SchKG vom 21.06.2013; i.K. seit 01.01.2014

• Erleichterter Einstieg in die Nachlassstundung und erleichterter Ausstieg

• Neu: Zwingende Zweiteilung: prov. Stundung (max. 4 Monate), hernach def. Stundung (max. 2 Jahre)

• Stille prov. Stundung möglich

• Verbesserung der Sanierungsmöglichkeiten

• Möglichkeit zur Auflösung von Dauerschuldverhältnissen (vgl. Art. 297a SchKG)

• Erweiterung des Gläubigerschutzes (vgl. Art. 297 SchKG)

• Ggfalls: Konkurseröffnung von Amtes wegen (vgl. z.B. Art. 296b SchKG)

II. Der sog. «Prepack-Nachlass»: a. worum geht es?

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• «Prepackaged-Nachlasslösung»:• ausserhalb des Nachlassverfahrens

vorbereitete Sanierungslösung zur Sanierung des schuldnerischen Betriebs («Prepackaged»), die während einer Nachlassstundung vom Nachlassgericht gem. Art. 298 SchKG genehmigt und hernach sofort vollzogen wird («Nachlasslösung»)

• Genehmigung und Vollzug während der provisorischen und regelmässig stillenNachlassstundung

II. Der sog. «Prepack-Nachlass»: a. worum geht es?

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• «Macht sich gewisse Vorzüge des neuen Sanierungsrechts (der Nachlassstundung) zu Nutze.

• Sanierung, ohne dass dafür ein Nachlassvertrag abgeschlossen wird

• kurz: «Prepack»/»Prepack-Nachlass»; Begriff in der Schweiz noch weitgehend unbekannt

– vgl. Vandebroek/Hunkeler, in: SJZ 113/2017, S. 389-399)

- vgl. demnächst: Hunkeler/Schönmann, in:

Thomas Sprecher (Hrsg.), Sanierung und Insolvenz von Unternehmen IX, Zürich

Basel Genf 2019

II. Der sog. «Prepack-Nachlass»: b. Vorzüge des neuen

Sanierungsrechts

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• Keine öffentliche Bekanntmachung der provisorischen Nachlassstundung (sog. «stille Stundung»; Art. 293c Abs. 2 SchKG)

• max. 4 Monate (vgl. Art. 293a Abs. 2 SchKG)

• wenn Veröffentlichung nicht zum Schutze Dritter erforderlich

• Einsetzung eines provisorischen Sachwalters zwingend

II. Der sog. «Prepack-Nachlass»: b. Vorzüge des neuen

Sanierungsrechts

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Art. 293c Abs. 2 SchKG (3. Wirkungen der prov. Stundung)

1 …

2 In begründeten Fällen kann auf die öffentliche Bekanntmachung bis zur Beendigung der provisorischen Stundung verzichtet werden, sofern der Schutz Dritter gewährleistet ist und ein entsprechender Antrag vorliegt. In einem solchen Fall:

…..

d. Ist ein provisorischer Sachwalter einzusetzen.

II. Der sog. «Prepack-Nachlass»: b. Vorzüge des neuen

Sanierungsrechts

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• Anfechtungsresistenz von durch das Nachlassgericht während der Nachlassstundung genehmigten Rechtshandlungen (Art. 285 Abs. 3 i.V.m. Art. 298 SchKG)

• Art. 285 Abs. 3 SchKG (A. Grundsätze)

Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die während einer Nachlassstundung stattgefunden haben, sofern sie von einem Nachlassgericht oder von einem Gläubiger-ausschuss (Art. 295a) genehmigt worden sind.

II. Der sog. «Prepack-Nachlass»: b. Vorzüge des neuen

Sanierungsrechts

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• Art. 298 Abs. 2 SchKG (Wirkungen der Stundung / 3. Auf die Verfügungsbefugnis des Schuldners)

Ohne Ermächtigung des Nachlassgerichts oder des Gläubigerausschusses können während der Stundung nicht mehr in rechtsgültiger Weise Teile des Anlagevermögens veräussert oder belastet, Pfänder bestellt, Bürgschaften eingegangen oder unentgeltliche Verfügungen getroffen werden.

II. Der sog. «Prepack-Nachlass»: b. Vorzüge des neuen

Sanierungsrechts

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• Arbeitsrechtliche Neuregelung des Betriebsübergangs während der Nachlassstundung (Art. 333b OR i.V.m. Art. 333 Abs. 3 OR)

• Zulässigkeit des sog. «cherry pickings» bezüglich Arbeitsverhältnisse

• keine Solidarhaftung des Übernehmers für vor dem Betriebsübergang entstandene Forderungen von Arbeitnehmern

II. Der sog. «Prepack-Nachlass»: b. Vorzüge des neuen

Sanierungsrechts

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Art. 333b OR (3. Betriebsübergang bei Insolvenz)

Wird der Betrieb oder der Betriebsteil während einer Nachlassstundung, im Rahmen eines Konkurses oder eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung übertragen, so geht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber über, wenn dies mit dem Erwerber so vereinbart wurde und der Arbeitnehmer den Übergang nicht ablehnt. Im Übrigen gelten die Artikel 333, ausgenommen dessen Absatz 3, und 333a sinngemäss.

II. Der sog. «Prepack-Nachlass»: b. Vorzüge des neuen

Sanierungsrechts

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Art. 333 Abs. 3 OR (Übergang des Arbeitsverhältnisses / 1. Wirkungen)

Der bisherige Arbeitgeber und der Erwerber des Betriebes haften solidarisch für die Forderungen des Arbeitnehmers, die vor dem Übergang fällig geworden sind und die nachher bis zum Zeitpunkt fällig werden, auf den das Arbeitsverhältnis ordentlicherweise beendigt werden könnte oder bei Ablehnung des Überganges durch den Arbeitnehmer beendigt wird.

II.c. Der «Prepack»

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• «Prepack» (Sanierungspaket):

• Vereinbarung zwischen Nachlassschuldner und Übernehmer über Verkauf von Aktiven und (ev.) Übernahme von Arbeitsverhältnissen

• ev. Miteinbezug der wichtigsten Hauptgläubiger (z.B. Banken, Pfandgeber), verbunden mit Zusagen derselben

• ev. Miteinbezug von wichtigen Vertragspartnern des Nachlassschuldners (z.B. Vermieter/Leasinggesellschaften etc.)

• ev. Miteinbezug der Schlüsselfiguren des Managements

II.c. Der «Prepack»

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• Vorbereitung des Sanierungspakets: Abschluss einer Vereinbarung unter (aufschiebenden) Bedingung(en), dass

• prov. Nachlassstundung vom Nachlassgericht überhaupt bewilligt wird

• stille prov. Nachlassstundung bewilligt wird (sofern für das Gelingen der Sanierung zentral)

• Nachlassgericht den bedingt abgeschlossenen Rechtsgeschäften zustimmt

• allfällige zeitliche Vorgaben eingehalten werden (z.B. die Genehmigung des Nachlassgerichts spätestens bis zu einem b i Z i k li )

II.c. Der «Prepack»

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• ev. vorgängige Kontaktaufnahme mit zukünftigem Sachwalter und vielleicht (selten) auch mit Nachlassgericht

• Während Nachlassstundung: prov. Sachwalter prüft Rechtsgeschäft(e) und stellt dem Nachlassgericht Antrag auf Genehmigung

II.c. Der «Prepack»

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• Gläubiger haben anders als beim Abschluss eines Nachlassvertrags (Art. 305 SchKG) keine Mitwirkungsrechte; es entscheidet das Nachlassgericht - auf Empfehlung/Antrag des Sachwalters hin

• Kommunikation gegenüber aussen: regelmässig erst später (mit öff. Bekanntmachung definitiver Nachlassstundung)

• Von Gesetz und Gesetzgeber nicht eigens vorgesehen, m.E. aber zulässig (wenn richtig gemacht)

II.c. Der «Prepack»

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• Regelmässig von untergeordneter Bedeutung, ob Nachlassschuldner im späteren Verfahrensverlauf noch einen Nachlassvertrag abschliesst oder ob Konkurs

• Falls Abschluss eines Nachlassvertrags:

- mit Vermögensabtretung (Art. 317 ff. SchKG)

- (eher selten) ordentlicher (Art. 314-316 SchKG)

II.d. Beispiele

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1.

Übertragung von betriebsnotwendigen Aktiven eines Nachlassschuldners, ev. inkl. Arbeitsverhältnisse, auf eine Auffanggesellschaft zwecks Weiterführung des Betriebs oder Betriebsteils (klassischer assetdeal)

1. klassischer asset deal

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II.d. Beispiele

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2.

Übertragung der einer insolventen Muttergesellschaft gehörenden Anteile (100%-Beteiligung) an einer operativ tätigen Tochtergesellschaft

(faktischer share deal im Gewand eines assetdeals)

vgl. Beilage 1: richterlicher Entscheid betr. Verlängerung prov. NST + Bewilligung «Prepack»

2.: Verkauf von Aktiven einer Tochtergesellschaft

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II.e. Prepack - Einzelfragen

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• Rechtliche Zulässigkeit?

• Art. 293a SchKG: weite Auslegung

• keine sonstigen entgegenstehenden Bestimmungen ersichtlich

• zentral: Sanierungsgedanke

• Jedoch Vorsicht: Missbrauchspotential

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• Art. 293a Abs. 3 SchKG (Provisorische Stundung / 1. Bewilligung)

Besteht offensichtlich keine Aussicht auf Sanierung oder Bestätigung eines Nachlassvertrages, so eröffnet das Nachlassgericht von Amtes wegen den Konkurs.

II.e. Einzelfragen

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• Genehmigungsverfahren gem. Art. 298 SchKG:

• Verhandlung vor dem Nachlassgericht?• möglich aber nicht vorgeschrieben

• Anhörungsrechte der Gläubiger?• nein

• Rechtsmittelmöglichkeiten?• Gläubiger: m.E. keine, unabhängig davon, ob

Genehmigung erteilt oder verweigert wird (vgl. auch den Entscheid gem. Beilage 1)

• Schuldner: bei Verweigerung der Genehmigung ?

• Sachwalter: nein

II.e. Prepack - Einzelfragen

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• Übertragung auch eines Teils der Passiven(mit allfälliger damit verbundener Ungleichbehandlung der Gläubiger) ?

III. Aufhebung der Stundung infolge gelungener Sanierung (Art. 296aSchKG)

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7. Aufhebung1 Gelingt die Sanierung vor Ablauf der Stundung, so hebt das Nachlassgericht die Nachlassstundung von Amtes wegen auf. Artikel 296 gilt sinngemäss.2 Der Schuldner und gegebenenfalls der antragstellende Gläubiger sind zu einer Verhandlung vorzuladen. Der Sachwalter erstattet mündlich oder schriftlich Bericht. Das Gericht kann weitere Gläubiger anhören.3 Der Entscheid über die Aufhebung kann mit Beschwerde nach der ZPO angefochten werden.

III. Aufhebung der Stundung infolge gelungener Sanierung (Art. 296aSchKG)

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• Vorzeitige Ausstiegsmöglichkeit (bei prov. od. def. NST)

• Sanierung: ohne Nachlassvertrag (i.e.S.)

• Wann ist eine Sanierung gelungen? Nachweis?

• Beispiel: Dodax AG

vgl. Beilage 2

[NB: «Aufhebung» der Nachlassstundung und nicht

«Widerruf»]

III. Aufhebung der Stundung infolge gelungener Sanierung (Art. 296aSchKG)

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Öffentliche Bekanntmachung bei stiller NST?

(«Art. 296a gilt sinngemäss»)

Art. 296 SchKG

6. Öffentliche Bekanntmachung

Die Bewilligung der Stundung wird durch das Nachlassgericht öffentlich bekannt gemacht und dem Betreibungs-, dem Handelsregister- und dem Grundbuchamt unverzüglich mitgeteilt. Die Nachlassstundung ist spätestens zwei Tage nach Bewilligung im Grundbuch anzumerken.

IV. Weitere ausgewählte Einzelfragen

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• Neuere Rechtsprechung zum Nachlassvertragsrecht

vgl. Beilage 3; Übersicht Rechtsprechung zu Art. 293 ff. SchKG

Vgl. Beilage 4; BGE 144 III 247

Vgl. Beilage 5; BGE 142 III 705

Vgl. Beilage 6; BGE 141 III 188 und

Vgl. Beilage 7; Entscheid OGer ZH vom 03.09.2018 [PS180131]

• Unstimmigkeiten zwischen Sanierungs- und Handelsregisterrecht

Geschåftsnr

Entscheid vom

Genehmigung eines Aktienkaufuertrages I provisorische Nachlass-stu ndung (Verlängerung)

Parteien

Gegenstand

Beilage 1

Entscheid

Der wird bis

Nachlassstundung gewährt.

Der Aktienkaufuertra g zwlschen'

vom wird genehmigt,

(verlängerte) provísorische

i und der2.

3.

4.

5.

Der provisorische Sachwalter, Dr. iur. Daniel Hunkeler, Zurich, wird mit dem Vollzug

dieses Aktienkauñrertrages beauft ragt.

Auf eine öffentliche Bekanntmachung wírd zurzeit vezichtet.

Die Kosten dieses Entscheides von Fr. ,

und mit ihrem Kostenvorschuss verrechnet.

werden der Gesuchstellerin auferlegt

Zustellung an

Hinweis I Rechtsmittelbelehrun g

Eine schriftliche Begründung dieses Entscheids wird (voraussichtlich innert 14 Tagen) zugestellt.

Unabhångig der schriftlichen Begründung ist dieser Entscheid sofort vollstreckbar und nicht anfechtbar (Art. 2g3dund Art. 285 Abs. 3 i.V.m. Ar1. 298 Abs. 2 SchKG).

3t3

28.1.2019

Dodax AG

5itz:

Status:

cloi

Adresse:

PLZ I Ort:

Rechtsform:

UID:

CH-ID:

EHRA.ID:

Kantonaler Auszug:

Zuständ¡ges Amt:

Revisionsstelle/n:

Zefix - Zentraler Firmenindex - Firmensuche

7ug

aktiv

c/o VISTA CONSULT AG

Postplatz 1

6301 Zug

Aktiengesel lschaft

CHE-1 1 4.947.544 ø (https://www.uid.admin.ch/Detail.aspx?uid-id=CHE1 1 4947 544)

cH 1 70400901 42

949866

Web ø (https:/ /zg.chreg ister.ch/cr-portal/auszug /zef ix.xhtml?u id=CHE-l14.947.544&lang=de)

Handelsregister- und Konkursamt des Kantons Zug Ø(http: //www.zu g.ch / behoerden /volkswirtschaftsdirektion/ handelsreg istera mt)

BDO AG (Steinhausen) (/de/search/entity/listlfirm/807626?name=Dodax%204G&searchType=exact)

Zweck:

Handel mit und Versand von Büchern, Bild- und Tonträgern sow¡e EDV-Artikeln aller Art; vollständige Zweckumschreibung gemäss Statuten

frühere Fassungen Dodax GmbH

hat übernommen: *ev€l{J+ie€-6{+b+çzugCHE-227.325.737 (ldelsearch/entity/list/firml1016319?name=Dodax%204G&searchType=exact)

https://www.zefìx.ch/deisearch/entity/tisUfirm/949866?name=Dodaxo/o20AG&searchType=exact

mehr...

lm Handelsreg¡sterteil des SHAB publizierte Meldungen seit 03. Februar 2016

SHAB: Pub.Nr.1004499403 vom 16.11.2018 O Zug

Tagesregister: Nr. 16037 vom 13.11.2018 (http://wwwzug'ch/behoerden/volkswirtschaftsdirektion/handelsregisteramt)

Ë (https://www.shab.ch/shabforms/servlet/Search?ElD=7&DOCID=1004499403)

Dodax AG, in Zug, CHE-1 14.947.544, Aktiengesellschaft (SHAB Nr. 210 vom 30.10.2018, Publ. 1004486649). Eingetragene Personen neu

oder mutierend: Mayrhofer, Christian, österreichischer Staatsangehöriger, in Risch, Präsident des Verwaltungsrates, m¡tEinzelunterschrift Ibisher: Präsident des Verwaltungsrates, mit Kollektivunterschrift zu zweien]; Sedovnik, Marko, slowenischerStaatsângehöriger, in Miklavz (Sl), Mitglied des Verwaltungsrates, mit Einzelunterschrift [bisher: Mitglied des Verwaltungsrates, mitKollektivunterschrift zu zweienl.

SHAB: Pub.Nr.1004486649 vom 30.10.2018 O Zug

Tagesregister: Nr. 15115 vom 25.10.2018 (http://www'zugch/behoerden/volkswirtschaftsdirektion/handelsregisteramt)

Eà (https://www.sha b.ch /sha bforms/servlet/Search?El D=7 &DOCI D=1 004486649)

Berichtigung des im SHAB vom 08.10.2018, Meldungs Nr. 1'004'471'350, publizierten Tagesregistereintrages Nr. 14'037 vom 03.10.2018

Dodax AG. in Zug, CHE-1 14.947.544, Aktiengesellschaft (SHAB Nr. 194 vom 08.10.2018, Publ. 1004471350). Mit Entscheid vom02.10.2018 hat der Einzelrichter am Kantonsgericht d¡e provisorische Nachlassstundung infolge Sanierung gemäss Art. 296a SchKG

aufgehoben. Inicht: Mit Entscheid vom 02.10.2018 hat der Einzelrichter am Kantonsgericht die provisorische Nachlassstundung

widerrufen.l. Ausgeschiedene Personen und erloschene Unterschriften: Hunkeler, Dr. Daniel, von Wikon, in Winkel, Sachverwalte¿ mitEinzelu nterschrift.

SHAB: Pub. Nr.'1004471350 vom 08.10.2018 O Zug

Tagesregister: Nr. 14037 vom 03.10.2018 (htip://www zug ch/behoerden/volkswirtschaftsdirektion/handelsregisteramt)

æ (https: //www.sha b.ch /sha bforms/servlet/Sea rch?E I D=7 &DOCI D= 1 00447 1 3 50)

Dodax AG. in Zug, CHE-1 14.947.544, Aktiengesellschaft (SHAB Nr. 1 50 vom 07.08.2018, Publ. 4400941). Mit Entscheid vom 02.10.2018

hat der Einzelrichter am Kantonsgericht die provisorische Nachlassstundung widerrufen. Ibisher: Mit Entscheid vom 05.06.2018 hat derEinzelrichter am Kantonsgericht eine provisorische Nachlassstundung bis 06.08.2018 gewåhrt.l. [gestrichen: Mit Entscheid vom31.07.2018 hat der Einzelrichter am Kantonsgericht eine prov¡sorische Nachlassstundung bis letztmals 05.10.2018 verlängert.l

SHAB: Pub.Nr.4400941 vom 07.08.2018 O Zug

Tagesregister: Nr. 11206 vom 02.08.2018 (http://wwwzugch/behoerden/volkswirtschaftsdirektion/handelsregisteramt)

Ê (https://www.shab.ch/shabforms/servlet/Search?El D=7&DOC lD=44O0g41)

DodaxAG, in Zug, CHE-1 14.947.544, Aktiengesellschaft(SHAB Nr. 131 vom 1O.O7.2018,Pub!.4347933). Mit Entscheid vom 31.07.2018

hat der Einzelrichter am Kantonsgericht eine provisorische Nachlassstundung bis letztmals 05.10.2018 verlängert.

1t3

Beilage 2

28.1 .2019 Zefix - Zentraler F¡rmenindex - Firmensuche

SHAB: Pub Nr' 4347933 vom 10 07 2018 O t(nllo,rr***.rrg.ch/behoerden/volkswirtschaftsdirektion/handelsregisteramt)

Tagesregister: Nr' 9860 vom 05 07'2018 El (https://www.shab.ch/shabforms/servlet/search?EtD=7&DoctD=4347g33)

Dodax AG, in Zug, CHE-1 1 4.947.544, Aktiengesellschaft (SHAB Nr. 126 vom 03.07.2018, Publ. 4331533). Ausgeschiedene Personen und

erloschene Unterschriften: Hett, Chr¡stoph, deutscher Staatsangehörig er,inZug,Zeichnungsberechtigter, mit Kollektivunterschrift zu

zweien; Mandelli, Matteo, italienischer Staatsangehör¡ger. in Zug, Zeichnungsberechtigter, mit Kollektivunterschrift zu zweien; Sladek,

Ute Charlotte, genannt Charlotte, deutsche Staatsangehörige,inZijrich,Zeichnungsberechtigte, m¡t Kollektivunterschrift zu zweien;

Warschun, Alexander, deutscher Staatsangehöriger, in Hùnenberg, Zeichnungsberechtigter, mit Kollektivunterschrift zu zweien.

Eingetragene Personen neu oder mutierend: Sedovnik, Marko, slowenischer Staatsangehörigel in Miklavz (Sl), Mitglied des

Verwaltungsrates, m¡t Kollektivu nterschr¡ft zu zweien.

SHAB: Pub. Nr. 4331533 vom 03.07.20'18 O Zuq(htip : / /www.zu g.ch / behoerden /vol kswi rtschaftsd i rektion /handelsregistera mt)

Tagesregister:Nr'941 5 vom 28'062018 @(https://www.shab.ch/shabforms/servlet/search?ElD=7&DoctD=4331533)

Dodax AG, in Zug, CHE-1 1 4.947 .544, Aktiengesellschaft (SHAB Nr. 'l 13 vom 14.06.2018, Pu bl. 4289825). Ausgeschiedene Personen und

erloschene Unterschriften: Bomio-Giovanascini, Michele Pacifico Guido Maria, von Bellinzona, in Birmensdorf (ZH), Mitglied des

Verwaltu ngsrates. mit Kollektivu nterschrift zu zweien.

SHAB: Pub.Nr.4289825 vom 14.06.2018 O Zuq(htip : / /www.zug.ch /behoerden/vol kswi rtschaftsd i rektion /handelsreg isteramt)

Tagesregister: Nr' 8234 vom 1 1 06'2018 El (https://www.shab.ch/shabforms/servlet/search?EtD=7&DocrD=4289825)

Dodax AG, in Zug, CHE-1 1 4.947 .544, Aktiengesellschaft (SHAB Nr. 7 5 vom 19.04.201 8, Publ. 4181 551). Mit Entscheid vom 05.06.20'18

hat der Einzelrichter am Kantonsgericht eine provisorische Nachlassstundung bis 06.08.2018 gewährt. Eingetragene Personen neu oder

mutierend: Hunkeler, Dr. Daniel, von Wikon, in Winkel, Sachverwalter, mit Einzelunterschrift.

Rechtsprechung zu Art. 293 ff. SchKG

I. Bundesgericht

A. Publiziert

- BGE 144 III 247: Beschwerdelegitimation des Vollziehers des ordentlichen Nachlass-

vertrages; über Bestand und Zeitpunkt der Entstehung einer Forderung kann der Voll-

zieher nicht mittels Verfügung im Sinne von Art. 17 SchKG entscheiden

- BGE 142 III 705: der bestätigte Nachlassvertrag, der unangefochten in Rechtskraft er-

wachsen ist, kann privilegierten Forderungen, die eingegeben werden, vom Sachwalter

aber eigenmächtig nicht im ganzen Betrag aufgenommen wurden, entgegengehalten

werden

- BGE 141 III 188: Rechtsmittel gegen die Person des prov. Sachwalters und gegen Kos-

tenvorschüsse

B. Nicht publiziert

- 5A_495/2016 vom 11. November 2016 (Widerruf der provisorischen Nachlassstun-

dung; Konkurseröffnung [Eröffnung des Konkurses von Amtes wegen vor Ablauf der

provisorischen Nachlassstundung])

- 5A_772/2016 vom 12.6.2017 (die Gläubiger verfügen über keine eigene Rechtsmittel-

legitimation, um das Sachwalterhonorar anzufechten)

- 5A_778/2015 vom 16. Dezember 2015 [BlSchK 2018, S. 16] (der Richter, welcher die

Stundung verweigert, muss den Schuldner vor der Konkurseröffnung nicht zwingend

anhören

II. Kantonale Rechtsprechung

- Entscheid des OGer ZH vom 22.11.2018 [PS180220] (Aufhebung der Stundung im

Rahmen der privaten Schuldenbereinigung aufgrund Informationen Dritter; Parteistel-

lung der Gläubiger bei der privaten Schuldenbereinigung)

- Entscheid des OGer ZH vom 3.9.2018 [PS180131] (In der Regel entfällt die Zuständig-

keit des Nachlassgerichts, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz vor der Überweisung

der Akten durch den Sachwalter ins Ausland verlegt)

- Entscheid des Kantonsgerichtes Zug vom 11.7.2017 [GVP 2017, S. 167] (Anwendung

des Übergangsrechts ist abhängig vom Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs um

Nachlassstundung und nicht vom Zeitpunkt der Kollokation)

Beilage 3

2

- Entscheid des Appellationsgerichtes Basel-Stadt vom 19. 7. 2017 [BEZ.2017.24] (Sa-

nierung ohne Nachlassvertrag; Konkurseröffnung nach nicht erfolgtem Nachweis einer

möglichen Sanierung)

- Entscheid des OGer ZH vom 19.5.2017 [PS160146] (Honorar für Mitglied des Gläubi-

gerausschusses, insb. Abgeltung von Drittkosten; betreffend Honorar kann beim Nach-

lassverfahren mit Vermögensabtretung auf das Konkursverfahren verwiesen werden;

Zuständigkeit Honorarfestsetzung)

- Entscheid des OGer ZH vom 21.11.2016 [PS160185] (die Pflicht des Nachlassgerichtes,

eine unverzügliche Entscheidung betreffend prov. Nachlassstundung zu treffen,

schliesst Ansetzung einer Nachfrist zur Begründung/Dokumentation zugunsten des Ge-

suchstellenden nicht aus)

- Entscheid des OGer ZH vom 31.10.2016 [PS160190] (Widerruf der definitiven Stun-

dung gemäss Art. 296b lit. c SchKG und Konkurseröffnung)

- Entscheid des OGer ZH vom 25.10.2016 [PS160066] (Substanziierung und Kürzung

des Sachwalterhonorars; Verwertung durch den Sachwalter)

- Entscheid des OGer ZH vom 14.10.2016 [ZR 115/2016 S. 210] (Beschwerde gegen die

Aufhebung der definitiven Stundung mit Konkurseröffnung (Art. 296b SchKG) kommt

analog der Beschwerde gegen den Bestätigungsentscheid über den Nachlassvertrag

nach Art. 307 SchKG von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu)

- Entscheid des OGer ZH vom 14.3.2016 [PS160042] (Zwingende Publikation der defi-

nitiven Nachlassstundung; aufschiebende Wirkung)

- Entscheid des OGer ZH vom 8.3.2016 [PS160030] (Abweisung Vorschlag eines prov.

Sachwalters; Fristenlauf für Nachlassstundung)

- Entscheid der Chambre de Surveillance des Offices de poursuite et faillites vom 25.

März 2015 [BlSchK 2018, S. 76] (SchKG-Beschwerde, mittels welcher der Sachwalter

abgelehnt wird, ist im neuen Nachlassstundungsrecht nicht ausdrücklich vorgesehen.

Nichtsdestotrotz kann Beschwerde ergriffen werden)

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Urteilskopf 144 III 247

28. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Kanton St. Gallen (Beschwerde in

Zivilsachen)5A_645/2017 vom 14. März 2018

Regeste Art. 17, 310, 314 Abs. 2 SchKG; Vollzug des ordentlichen Nachlassvertrages und Kompetenzen des

Vollziehers.Beschwerdelegitimation des Vollziehers des ordentlichen Nachlassvertrages (E. 2.1 und 2.2).Ist der Bestand und der Zeitpunkt der Entstehung einer Forderung eines Gläubigers strittig, kann der

Vollzieher darüber nicht durch eine Verfügung gemäss Art. 17 SchKG entscheiden (E. 2.3). Sachverhalt ab Seite 248

BGE 144 III 247 S. 248

A.

A.a Das Kreisgericht St. Gallen bewilligte B.B. am 11. Februar 2015 die provisorische bzw. am 29. Mai

2015 die definitive Nachlassstundung; als Sachwalter wurde provisorisch bzw. definitiv A. eingesetzt. MitEntscheid vom 14. Juni 2016 bestätigte das Kreisgericht den ordentlichen Nachlassvertrag zwischen denSchuldnern B.B. und C.B. und den Gläubigern mit einem Dividendenvergleich von 6 % (und einerStundungsfrist von 3 Jahren). Das Nachlassgericht bestellte den bisherigen Sachwalter als Vollzieher desordentlichen Nachlassvertrages und übertrug ihm die zur Durchführung und Sicherstellung der Erfüllung desNachlassvertrages Überwachungs-, Geschäftsführungs- und Liquidationsbefugnisse. A.b Mit Strafurteil des Kreisgerichts St. Gallen vom 2. März 2016 wurde B.B. zu einer bedingten

Freiheitsstrafe sowie zur Tragung der Verfahrenskosten von Fr. 52'812.80 verurteilt; hiergegen erhob B.B.Berufung. Das Kantonsgericht St. Gallen schrieb das Berufungsverfahren infolge Rückzug am 3. November2016 (d.h. nach Bestätigung des Nachlassvertrages) als erledigt ab und auferlegte ihm die hierfürentstandenen Verfahrenskosten von Fr. 2'126.50. A.c In der Folge verlangte die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen die Bezahlung der

Verfahrenskosten zugunsten des Staates (Kanton St. Gallen) und gelangte hierfür an A. als Vollzieher desordentlichen Nachlassvertrages. A.d Mit Verfügung vom 10. Mai 2017 hielt A. als Vollzieher des ordentlichen Nachlassvertrages fest, dass

die vom Schuldner begangenen Straftaten vor der Bewilligung der Nachlassstundung begangen und daherauch die Verfahrenskosten des Strafurteils vor Bewilligung und Bestätigung des Nachlassvertragesentstanden seien; die betreffende Forderung unterstehe daher dem Nachlassvertrag und sei im Umfang von6 % spätestens bis 13. Juni 2019 zu befriedigen. B.

B.a Gegen diese Verfügung gelangte die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen für den Kanton an das

Kantonsgericht St. Gallen als kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs. DieStaatsanwaltschaft machte geltend, dass die Verfahrenskosten sowohl nach Bewilligung derNachlassstundung als auch nach Bestätigung des Nachlassvertrages rechtskräftig entstanden seien. Sieverlangte die Aufhebung der Verfügung und die Feststellung, dass die Forderung von (insgesamt) Fr.54'939.30 nicht dem gerichtlichen

BGE 144 III 247 S. 249

Nachlassvertrag vom 14. Juni 2016 unterliege, sondern "zu 100 % geschuldet" sei. B.b Die kantonale Aufsichtsbehörde hielt fest, dass die Forderung für die Verfahrenskosten zugunsten des

Staates und zulasten von B.B. erst durch die rechtskräftigen Urteile bzw. nach der Bewilligung derNachlassstundung und ohne Zustimmung des Sachwalters entstanden seien. Mit Entscheid vom 4. August2017 hob die Aufsichtsbehörde die angefochtene Verfügung vom 10. Mai 2017 auf und stellte fest, dass dieForderung von (insgesamt) Fr. 54'939.30 nicht dem gerichtlichen Nachlassvertrag vom 14. Juni 2016

Beilage 4

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unterliege und nicht mit einer Nachlassdividende von 6 % zu befriedigen sei, sondern "zu 100 %geschuldet" sei. C. Mit Eingabe vom 28. August 2017 hat A. als Vollzieher des ordentlichen Nachlassvertrages Beschwerde

beim Bundesgericht erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des Entscheides derkantonalen Aufsichtsbehörde vom 4. August 2017 bzw. die Bestätigung seiner Verfügung, wonach dieForderung des Kantons St. Gallen (Beschwerdegegner) unter den Nachlassvertrag falle. (...)Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.(Auszug)

Erwägungen Aus den Erwägungen:

2. Ob der Beschwerdeführer als Vollzieher im ordentlichen Nachlassvertrag zur Beschwerde in Zivilsachen

berechtigt ist (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG), wird von Amtes wegen und mit freier Kognition geprüft. DasBeschwerderecht ist Voraussetzung, damit auf die Beschwerde gegen den Entscheid der kantonalenAufsichtsbehörde eingetreten werden kann, wobei der Beschwerdeführer die Legitimationsvoraussetzungendarzulegen hat, soweit sie nicht ohne Weiteres ersichtlich sind (BGE 135 III 46 E. 4). 2.1 Seit der Regelung gemäss Teilrevision des SchKG von 1994/1997 kann der Nachlassrichter gemäss

Art. 314 Abs. 2 SchKG dem bisherigen Sachwalter oder einem Dritten zur Durchführung und Sicherstellungder Erfüllung des (ordentlichen) Nachlassvertrags Überwachungs-, Geschäftsführungs- undLiquidationsbefugnisse übertragen. Der Vollzieher des ordentlichen Nachlassvertrages übt insoweitöffentlichrechtliche Funktionen aus und ist damit nach allgemeiner Auffassung (atypisches) Organ derZwangsvollstreckung; gegen die Verfügungen und Unterlassungen des Vollziehers kann daher

BGE 144 III 247 S. 250

Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG geführt werden (u.a. GASSER, Nachlassverfahren [...], ZBJV 1996 S.11; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. IV, 2003, N. 17,19 zu Art. 314 SchKG; JUNOD MOSER/GAILLARD, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N.37 zu Art. 314 SchKG; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl.2013, § 55 Rz. 19). 2.2 Den Zwangsvollstreckungsorganen wird das Recht zur Weiterziehung zugestanden, um fiskalische

bzw. gebührenrechtliche Interessen wahrzunehmen (BGE 134 III 136 E. 1.3), welche vorliegend indes nichtin Frage stehen. Nach der Rechtsprechung sind die Konkursverwaltung sowie die Liquidatoren imNachlassvertrag mit Vermögensabtretung sodann zur Beschwerde an die kantonalen Aufsichtsbehördenbzw. das Bundesgericht grundsätzlich nur dann legitimiert, wenn sie Interessen der (Konkurs-)Masse unddamit der Gesamtheit der Gläubiger geltend machen (BGE 116 III 32 E. 1; LORANDI, BetreibungsrechtlicheBeschwerde und Nichtigkeit, 2000, N. 189 ff. zu Art. 17 SchKG). In entsprechender Weise muss sich derVollzieher im ordentlichen Nachlassvertrag auf die Interessen der Gesamtheit der Nachlassgläubigerberufen können. 2.3 Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, dass die Pflicht des Nachlassschuldners,

neben der Nachlassdividende noch hohe Zusatzforderungen zu begleichen, den ganzen Nachlass (d.h. dieDurchführung des Nachlassvertrages) ernstlich gefährden würde, m.a.W. die Nachlassdividende von 6 %nicht erfüllt werden könnte. Er wehrt sich gegen den angefochtenen Entscheid, weil er damit die umstritteneFrage, dass keine Nachlassforderung vorliege, zulasten aller Nachlassgläubiger als entschieden underledigt sieht. Bleibt zu prüfen, ob der Beschwerdeführer sich damit auf einen hinreichenden Grund zurBeschwerdeführung stützen kann. 2.3.1 Der Beschwerdegegner verlangt vom Schuldner die volle Bezahlung der Forderung für

Verfahrenskosten im Wesentlichen mit der Begründung, dass dieser dazu nach Bestätigung desNachlassvertrages durch rechtskräftiges Urteil verpflichtet worden sei. Nach Rechtsprechung und Lehresteht fest, dass der Schuldner, dem ein Dividendenvergleich bewilligt wird, seine Fähigkeit, sich zuverpflichten bzw. verpflichtet zu werden, nicht einbüsst; die Schulden, welche er nach Bestätigung desNachlassvertrages eingeht, nehmen an dieser besonderen Form der Zwangsvollstreckung nicht teil: DieGläubiger der späteren Schulden sind vollauf berechtigt, deren

BGE 144 III 247 S. 251

Zahlung zu verlangen, und sind keineswegs gehalten, den Schuldner zuerst die Nachlassschulden zahlenzu lassen, die schon viel früher hätten bezahlt werden sollen (BGE 110 III 40 E. 2c S. 45/46; ROBERT-TISSOT, Les effets du concordat sur les obligations, 2010, Rz. 750, 752). Entgegen der Darstellung desBeschwerdeführers kann von einer "Bevorzugung" eines Gläubigers keine Rede sein. Ist der Bestand undder Zeitpunkt der Entstehung einer Forderung strittig, entscheidet gegenüber dem Gläubiger indes wederder Vollzieher des ordentlichen Nachlassvertrages durch Verfügung nach Art. 17 SchKG - welche denVerfahrensgang zum Gegenstand hat (BGE 116 III 91 E. 1; AMONN/WALTHER, a.a.O., § 6 Rz. 7) - nochdie Aufsichtsbehörde im Beschwerdeverfahren. Für die neuen Schulden kann der Schuldner auf Pfändung

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oder Konkurs betrieben werden (STOFFEL/CHABLOZ, Voies d'exécution, 3. Aufl. 2016, § 12 Rz. 146), wiein der von der Vorinstanz zitierten Praxis ohne weiteres bestätigt wird (Luzerner Gerichts- undVerwaltungsentscheide [LGVE] 2003 I Nr. 51). 2.3.2 Im Weiteren fehlt es an der Kompetenz der Aufsichtsbehörde, im Streitfall darüber zu entscheiden,

ob eine Forderung gemäss Art. 310 Abs. 1 SchKG seit Bekanntmachung der Stundung "mit Zustimmungdes Sachwalters" eingegangen worden sei (was die Vorinstanz hier verneint hat) oder eineNachlassforderung darstelle. Im Streitfall entscheidet der Zivilrichter bzw. die in der Sache zuständigeInstanz (vgl. BGE 78 III 172 E. 2; HUNKELER/WOHL, in: Kommentar zum Bundesgesetz überSchuldbetreibung und Konkurs SchKG, 2017, N. 10 a.E. zu Art. 310 SchKG; ROBERT-TISSOT, a.a.O., Rz.913; LORANDI, Masseverbindlichkeiten und ihre Entstehung, AJP 2017 S. 476, mit Hinweisen). 2.3.3 Unbehelflich ist sodann, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, die volle Bezahlung der vom

Beschwerdegegner erhobenen Forderung gefährde die Befriedigung der Nachlassgläubiger. Wirdgegenüber einem Nachlassgläubiger der Nachlassvertrag nicht erfüllt, d.h. die versprochene Dividende nichtgeleistet, so kann dieser - der Nachlassgläubiger - beim Nachlassrichter gestützt auf Art. 316 Abs. 1SchKG für seine Forderung die Aufhebung des Nachlassvertrages verlangen. Eine Kompetenz zum Erlassder umstrittenen Verfügung kann der Beschwerdeführer daraus nicht ableiten. 2.3.4 Nach dem Dargelegten ist der Beschwerdeführer als Vollzieher des ordentlichen Nachlassvertrages

nicht befugt, über die

BGE 144 III 247 S. 252

umstrittene Qualifikation der Forderung gegenüber dem Beschwerdegegner durch Verfügung gemäss Art.17 SchKG zu entscheiden. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Interessen der Gesamtheit derNachlassgläubiger beschwert sein sollen, wenn die Aufsichtsbehörde die "Verfügung" vom 10. Mai 2017aufgehoben hat, da eine Verfügung im Sinne von Art. 17 SchKG nicht vorliegt. Soweit die Vorinstanz selber"festgestellt" hat, die Forderung des Beschwerdegegners "unterliege nicht dem Nachlassvertrag", sondernsei "zu 100 % geschuldet", werden die Nachlassgläubiger nicht beschwert, sondern kann darin höchstensein Parteistandpunkt erblickt werden, den die Aufsichtsbehörde anstelle des den Schuldner überwachendenVollziehers gegenüber dem Beschwerdegegner abgegeben hat. Inwiefern der Beschwerdeführer legitimiertsein soll, gegen eine derartige Mitteilung der Vorinstanz Beschwerde zu führen, wird nicht dargetan. 2.4 Mangels hinreichender Legitimation des beschwerdeführenden Vollziehers des ordentlichen

Nachlassvertrages kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

Dokument BGE 142 III 705

Urteilsdatum 13.10.2016

Gericht Bundesgericht

Publikation Sammlung der Entscheidungen des SchweizerischenBundesgerichts

Rechtsgebiete Schuldbetreibung- und Konkursrecht

Seiten 705-712

BGE 142 III 705

90. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A.AG gegen Ausgleichskasse des Kantons Thurgau (Beschwerde inöffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_300/2016 vom 13.Oktober 2016

Art. 306 Abs. 1 Ziff. 2 und Abs. 2, Art. 307 Abs. 1 und Art. 310 Abs. 1 SchKG; Nachlassvertrag, derbezüglich einer eingegebenen Forderung an einem auf das Verhalten der Sachwalterinzurückzuführenden Mangel leidet.

Der bestätigte Nachlassvertrag, der unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, kann privilegiertenForderungen, die eingegeben, vom Sachwalter aber eigenmächtig nicht im ganzen Betrag aufgenommenwurden, entgegengehalten werden (E. 4).

Art. 306 al. 1 ch. 2 et al. 2, art. 307 al. 1 et art. 310 al. 1 LP; concordat relatif à une créance produitequi souffre d'un défaut imputable au comportement de la commissaire.

Le concordat homologué, qui est entré en force sans avoir été contesté, est opposable aux créancesprivilégiées qui ont été produites mais n'ont pas été admises de son propre chef par le commissaire pour latotalité de leurs montants (consid. 4).

Art. 306 cpv. 1 n. 2 e cpv. 2, art. 307 cpv. 1 e art. 310 cpv. 1 LEF; concordato relativo a un creditoinsinuato, viziato da un errore imputabile al comportamento della commissaria.

Il concordato omologato, divenuto definitivo perché non impugnato, può essere opposto ai crediti privilegiatiinsinuati ma non ammessi dal commissario, di sua propria iniziativa, per la totalità dei loro importi (consid.4).

A.- Nachdem die Firma A. AG gegen die Betreibungen Nrn. x bis y des Betreibungsamtes B.Rechtsvorschlag erhoben hatte, beseitigte die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau diesen durch Erlassvon fünf Veranlagungsverfügungen vom 4. Juni 2015 betreffend auf die Monate Januar bis September 2013entfallende paritätische Beiträge. Die A. AG reichte hiergegen Einsprache ein mit der Begründung, dieverfügten Beiträge seien Gegenstand eines früheren Nachlassverfahrens gewesen, in welchem dieAusgleichskasse eine

BGE 142 III 705, 706

Forderung in der Höhe von insgesamt Fr. 84'746.45 angemeldet habe. Die als Sachwalterin fungierende C.AG habe die Forderung lediglich im Umfang von Fr. 12'658.50 in das Forderungsverzeichnis aufgenommen.Durch die Bezahlung der anerkannten Forderung in dieser Höhe sei der Nachlassvertrag auch für dieAusgleichskasse verbindlich geworden. Mit Entscheid vom 13. Juli 2015 lehnte die Ausgleichskasse dieEinsprache ab, weil sie trotz des gerichtlich genehmigten Nachlassvertrags das Recht auf

User-ID: [email protected], 07.01.2019 15:12:41Beilage 5

betreibungsrechtliche Durchsetzung der ausstehenden Beträge behalten habe; der Sachwalterin sei einschwerwiegender Fehler unterlaufen, indem sie die von der Arbeitslosenkasse für dieInsolvenzentschädigung geleisteten Beitragszahlungen zu Unrecht von der Forderung der Ausgleichskassein Abzug gebracht habe, weshalb der Nachlassvertrag, d.h. die darauf zurückzuführende Reduktion derForderung, für die Ausgleichskasse unverbindlich sei; entscheidend sei allein, dass sie der Sachwalterin (am4. März 2014) "eine Forderung in Höhe von Fr. 84'746.45 per 24. September 2013 angemeldet" habe.

B.- Beschwerdeweise liess die A. AG die Aufhebung des Einspracheentscheides beantragen; eventualiter seizu Gunsten der Ausgleichskasse der Betrag von Fr. 6'465.50 zu verfügen; subeventualiter seien dieVerzugszinsen der Veranlagungsverfügungen aufzuheben. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgaukorrigierte die angefochtenen Verwaltungsakte im Punkt der Verzugszinsen (Subeventualantrag), wies imÜbrigen die Beschwerde aber ab, weil die Sachwalterin nicht befugt gewesen sei, die Forderung zureduzieren und die Reduktion nicht geboten, sondern im Gegenteil falsch gewesen sei; darauf habe dieAusgleichskasse in ihrem Schreiben an die Sachwalterin vom 19. November 2015 hingewiesen (Entscheidvom 24. Februar 2016).

C.- Die A. AG führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, es seider kantonale Gerichtsentscheid aufzuheben; der Ausgleichskasse sei ein Gesamtbetrag von Fr. 6'465.50zuzusprechen. Ferner sei ihr für das Einsprache- und das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren eineParteientschädigung von Fr. 3'000.- (ohne Mehrwertsteuer), eventualiter eine Parteientschädigung nachErmessen, zuzusprechen.

Die Ausgleichskasse verzichtet unter Hinweis auf den kantonalen Gerichtsentscheid auf eineVernehmlassung. Auch das Bundesamt für Sozialversicherungen sieht von einer Stellungnahme ab.

BGE 142 III 705, 707

D.- Am 28. August 2016 führten die II. sozialrechtliche und die II. zivilrechtliche Abteilung einenMeinungsaustausch zur Rechtsfrage durch, ob der bestätigte Nachlassvertrag, der unangefochten inRechtskraft erwachsen ist, privilegierten Forderungen, die eingegeben, vom Sachwalter aber eigenmächtignicht im ganzen Betrag aufgenommen wurden, entgegengehalten werden kann. Die beiden Abteilungenhaben die Rechtsfrage bejaht (Beschluss der Vereinigung der Abteilungen vom 26. September 2016).

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt.

Aus den Erwägungen:

1.Die Beschwerdeführerin anerkennt die Gegenstand des Einsprache- und vorinstanzlichen Entscheidesbildenden Beitragsforderungen der Beschwerdegegnerin im Umfange von Fr. 6'465.50. Damit hat sich dasBundesgericht nicht zu befassen (Art. 107 Abs. 1 BGG).

2.Weder nach den vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen noch aufgrund der Vorbringen derVerfahrensbeteiligten besteht Anlass, die sozialversicherungsrechtliche Begründetheit der noch streitigenBeitragsforderung von Fr. 65'622.45 im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1BGG) näher zu prüfen. Vielmehr steht fest, dass die Beschwerdeführerin in der Zeit von Januar bis 24.September 2013 (Beginn der Nachlassstundung) massgebende Löhne zur Auszahlung gebracht hat, welchedie verfügten und vorinstanzlich bestätigten Beiträge, soweit angefochten, AHV-rechtlich im Grundsatz undquantitativ rechtfertigen (unbestritten).

3.Zu prüfen ist allein die Rechtsfrage (Art. 95 lit. a BGG), ob die Beschwerdeführerin die streitigen Beiträgedeswegen nicht schuldet, weil es die am Nachlassverfahren beteiligte Ausgleichskasse hingenommen hat,dass die entsprechende - am 4. März 2014 angemeldete - Beitragsforderung über Fr. 84'746.45 nur imUmfange von Fr. 12'658.50 von der Sachwalterin (durch Aufnahme ins Forderungsverzeichnis) zugelassenworden ist.

3.1Gestützt auf Art. 300 Abs. 2 und Art. 305 Abs. 3 SchKG hat die Vorinstanz erwogen, über den materiellenBestand bestrittener Forderungen entscheide nicht der Nachlassrichter; dieser entscheide lediglich, ob undzu welchem Betrag vom Schuldner bestrittene Forderungen bei der Berechnung des Quorums für dasZustandekommen des Nachlassvertrages mitzuzählen sind. Ob und mit welchem

BGE 142 III 705, 708

Betrag der Gläubiger einer bestrittenen oder einer bedingten Forderung Anspruch auf die Nachlassdividendehat, werde beim ordentlichen Nachlassvertrag allenfalls im ordentlichen Prozess (Art. 315 SchKG) und beimNachlassvertrag mit Vermögensabtretung im Rahmen des Kollokationsverfahrens (Art. 321 SchKG)entschieden; dies gelte analog für privilegierte Forderungen. Den privilegierten Gläubigern, zu welchen dieBeschwerdegegnerin gehört (Art. 219 Abs. 4 SchKG), komme im Nachlassverfahren insoweit eineSonderstellung zu, als der Nachlassvertrag gemäss Art. 306 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG nur genehmigt werdendarf, wenn die vollständige Befriedigung der angemeldeten privilegierten Gläubiger sichergestellt sei.

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Aufgrund ihrer Sonderstellung zählten Gläubiger privilegierter Forderungen nach der Rechtsprechung (BGE129 V 387 E. 4.2 S. 389) weder zu den Stimmberechtigten noch überhaupt zum Kreis der vomNachlassvertrag erfassten Gläubiger. Für sie werde der Nachlassvertrag daher nicht verbindlich, weshalb siesich eine Reduktion ihrer Ansprüche nicht gefallen lassen müssten und ihre ursprünglichen Ansprüche involler Höhe behielten. Die Frage, ob privilegierten Forderungen, die im Nachlassverfahren nicht angemeldetwurden, ein bestätigter Nachlassvertrag entgegengehalten werden kann, stelle sich hier nicht. Aus diesenGründen entfalte der Nachlassvertrag keine materielle Rechtskraft in Bezug auf Bestand oder Nichtbestandder Beitragsforderung der Beschwerdegegnerin, welche am 4. März 2014 eine solche im Betrag von Fr.84'746.45 angemeldet hatte, ohne auf deren Sicherstellung zu verzichten. Auch habe dieBeschwerdeführerin die Forderung nie bestritten und der Beschwerdegegnerin sei auch zu keiner Zeit Fristzur Klage angesetzt worden. Die Reduktion, welche die Beschwerdeführerin der Ausgleichskasseentgegenhalten wolle, beruhe "ausschliesslich auf einem eigenmächtigen Handeln der Sachwalterin". Diesesei nicht kompetent, eine Korrektur der eingegebenen Forderung vorzunehmen. Die materiell-rechtlicheUnrichtigkeit der Reduktion der eingegebenen Beitragsforderung um Fr. 72'087.95 sei offenbar daraufzurückzuführen, dass die Sachwalterin zu Unrecht angenommen hat, die im Rahmen derInsolvenzentschädigungen von der Arbeitslosenkasse bezahlten Sozialversicherungsbeiträge beträfendieselben Leistungen an die Arbeitnehmer, welche der Beitragsforderung der Beschwerdegegnerin zugrundelagen; dies treffe nicht zu.

3.2Die Beschwerdeführerin bestreitet weder die seitens der Ausgleichskasse erfolgte Eingabe der Forderungvon Fr. 84'746.45 in

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das Nachlassverfahren noch die Privilegierung dieser AHV-Beitragsforderung nach Art. 219 Abs. 4 ZweiteKlasse lit. b in Verbindung mit Art. 305 SchKG. Hingegen verweist sie darauf, dass die Nichtzulassung desDifferenzbetrages von Fr. 72'087.95 von der Sachwalterin offen vermerkt worden sei und sich dieBeschwerdegegnerin nie gegen die Nichtzulassung dieses Betrages gewehrt habe, obwohl sie über alleSchritte des Nachlassverfahrens informiert wurde und zu Recht nie behauptete, dass irgendwelchePublikationen und Informationen nicht erfolgt seien. Vielmehr sei das Nachlassverfahren über dieBeschwerdeführerin im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen abgewickelt worden. Nichtangemeldeten privilegierten Forderungen könne der bestätigte Nachlassvertrag laut BGE 130 V 526entgegengehalten werden. Auch sei nach dem klaren Wortlaut von Art. 306 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG eineprivilegierte Forderung, die angemeldet wurde und unstrittig blieb, vollkommen zu befriedigen bzw.sicherzustellen, damit der Nachlassvertrag überhaupt bestätigt werden könne.

Im vorliegenden Fall stelle sich indessen die Frage, wie es sich verhalte, wenn privilegierte Forderungenzwar angemeldet, vom Sachwalter aber nur teilweise anerkannt und ins Forderungsverzeichnisaufgenommen wurden und sich im weiteren Verlauf des Nachlassverfahrens die Gläubigerin, wie hier dieAusgleichskasse, "gegen diese Nichtzulassung überhaupt nicht zur Wehr" setze. Entgegen demangefochtenen Entscheid gehe es dabei nicht darum, ob die Schuldnerin die angemeldete Forderungbestritten hat; relevant sei einzig, dass der Sachwalter eine angemeldete Forderung nur teilweisezugelassen, dies allen Beteiligten gegenüber kommuniziert und die teilweise Nichtzulassung imForderungsverzeichnis offen vermerkt hat. Aus dem obiter dictum in BGE 130 V 528 E. 2 ("nur vomSachwalter anerkannte privilegierte Forderungen") und nach dem Wortlaut der französischen ("reconnu")und italienischen ("ammesso") Fassung könnten nur vom Sachwalter anerkannte Forderungen unter dieseGesetzesvorschrift fallen, woran der deutschsprachige Gesetzeswortlaut, welcher nur von angemeldetenForderungen spricht, nichts zu ändern vermöge. Vielmehr sei ein Nachlassvertrag auch demjenigenGläubiger, dessen privilegierte Forderung nicht voll zugelassen worden ist und der sich nicht dagegengewehrt hat, im Umfang der vom Sachwalter nicht zugelassenen Forderung entgegenzuhalten, was auchaus Art. 310 Abs. 1 SchKG hervorgehe, wonach der bestätigte Nachlassvertrag für sämtliche Gläubiger

BGE 142 III 705, 710

verbindlich ist. Die in Art. 310 Abs. 1 SchKG verankerte Verbindlichkeit verhindere insbesondere, dassdiejenigen, die sich mit ihren Investionen an der Sanierung beteiligen, von "alten" Forderungen bedrängtwerden. Damit umgekehrt alte Gläubiger nicht von einer Nachlasssanierung überrascht werden, sehe dasGesetz umfangreiche Informations- und Publikationsmechanismen vor. Daraus folge, dass ein privilegierterGläubiger, dessen angemeldete Forderung vom Sachwalter nicht voll zugelassen wurde, sich gegen dieteilweise Nichtzulassung zur Wehr setzen müsse. Unterlasse er dies, anerkenne er die teilweiseNichtzulassung.

Es gehe nicht um den - von der Vorinstanz erwähnten - Verzicht als aktive Handlung des Gläubigers,sondern um die Frage, wie die Gläubiger auf die vom Sachwalter kommunizierte teilweise Nichtzulassungreagierten. Hätte sich die Ausgleichskasse mit den ihr zustehenden Mitteln gegen die ihrer Ansicht nach

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ungerechtfertigte teilweise Nichtzulassung ihrer Forderung gewehrt, wäre sie damit erfolgreich gewesen mitder Folge, dass sie im Mehrumfang als privilegierte Gläubigerin vollständig befriedigt worden wäre; imGegenzug wäre die Nachlassdividende für die Drittklassgläubiger geringer ausgefallen. Die vorinstanzlicheRechtsauffassung führe hingegen dazu, dass nun die Beschwerdeführerin (als Schuldnerin) und nicht dieDrittklassgläubiger die Folgen der unterbliebenen Anfechtung der Nichtzulassung zu tragen habe. Einsolches Ergebnis entbehre einer Grundlage und widerspreche der Konzeption des Nachlassrechts. Sollte dievorinstanzliche Auffassung bestätigt werden, würden damit Sanierungen massiv erschwert, weil es für einenInvestor äussert unattraktiv wäre, in eine zu sanierende Gesellschaft zu investieren, wenn er damit rechnenmuss, dass seine Investition nicht für die Zukunft verwendet werden kann, sondern zur Begleichung alterprivilegierter Forderungen dienen wird.

4.

4.1Im Elften Titel (Nachlassverfahren) sieht Art. 306 SchKG im Abschnitt II. Allgemeine Bestimmungen überden Nachlassvertrag unter der Marginalie B. Bestätigungsentscheid 1. Voraussetzungen vor: DieBestätigung des Nachlassvertrages wird an folgende Voraussetzungen geknüpft: (...) 2. Die vollständigeBefriedigung der angemeldeten privilegierten Gläubiger (...), soweit nicht einzelne Gläubiger ausdrücklichauf die Sicherstellung ihrer Forderung verzichten. Das Nachlassgericht kann eine ungenügende Regelungauf Antrag eines Beteiligten oder von Amtes wegen ergänzen

BGE 142 III 705, 711

(Art. 306 Abs. 2 SchKG). Die Bestätigung des Nachlassvertrages ist somit ein richterlicher Entscheid, der mitBeschwerde nach der ZPO innert 10 Tagen nach der Eröffnung angefochten werden kann (Art. 307 Abs. 1SchKG). Der Entscheid des Nachlassgerichts über den Nachlassvertrag wird, sobald er rechtskräftig ist,öffentlich bekannt gemacht (Art. 308 Abs. 1 lit. b SchKG), womit die Wirkungen der Nachlassstundungdahinfallen (Art. 308 Abs. 2 i.V.m. Art. 293 ff. SchKG) und der bestätigte Nachlassvertrag für sämtlicheGläubiger hinsichtlich deren vor Bekanntmachung der Stundung entstandenen Forderungen verbindlich wird(Art. 310 Abs. 1 SchKG).

4.2Der der Beschwerdeführerin gewährte Nachlassvertrag leidet bezüglich der von der Ausgleichskasseeingegebenen Forderung an einem (offensichtlichen) Rechtsmangel, der weder im Verhalten der Gläubigerin(Ausgleichskasse) noch der Schuldnerin (Beschwerdeführerin) begründet liegt, sondern allein auf eineeigenmächtige Behandlung der eingegebenen Forderung durch die Sachwalterin zurückzuführen ist. Inseinem Genehmigungsentscheid vom 28. April 2014 hat das Nachlassgericht (Bezirksgericht Frauenfeld)diesen Rechtsmangel übersehen. Den Entscheid des Nachlassgerichts hätte die Ausgleichskasse mitBeschwerde an das Obergericht des Kantons Thurgau weiterziehen müssen. Dazu war sie als Gläubigerin,deren eingegebene Forderung von der Sachwalterin nur teilweise berücksichtigt wurde, zweifellos legitimiert.Der Beschwerdegegnerin standen schon vorher alle Rechte einer privilegierten Gläubigerin zu, z.B. jenesauf Teilnahme an der Verhandlung vom 28. April 2014 über die Bestätigung des Nachlassvertrages, womitsie Gelegenheit hatte, auf die unrichtige Behandlung ihrer Beitragsforderung durch die Sachwalterin in demallen Gläubigern am 31. März 2014 zugestellten Nachlassvertragsentwurf aufmerksam zu machen. Wennnach der Rechtsprechung der bestätigte Nachlassvertrag den überhaupt nicht eingegebenen privilegiertenForderungen entgegengehalten werden kann (BGE 130 V 526, insbesondere E. 2 S. 528 und E. 4.4 S. 531;129 V 387 E. 4.2 S.389; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl.2013, § 55 Rz. 4; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, 2003,N. 9 zu Art. 310 SchKG; HUNKELER, in: SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 6 zu Art. 310 SchKG), dann muss dasauch für eingegebene privilegierte Forderungen gelten, die von der Sachwalterin unrichtig behandelt werden,wogegen sich die Gläubigerin im nachlassrechtlichen und nachlassgerichtlichen Verfahren nicht zur Wehr

BGE 142 III 705, 712

setzt. Ansonsten ergäben die gerichtliche Genehmigung des Nachlassvertrages und der vom SchKGhiergegen eröffnete Rechtsmittelweg keinen Sinn. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz geht es nicht umeine Streitigkeit zwischen Gläubiger und Schuldner über die Begründetheit der eingegebenen Forderung,sondern um das richtige Handeln der SchKG-Organe bezüglich der angemeldeten Forderung. Letztlichverletzt die erfolgte Genehmigung des Nachlassvertrages hier den SchKG-rechtlichen Grundsatz, dass dieeingegebene privilegierte Forderung, soweit nicht vom Schuldner bestritten, voll befriedigt werden muss,widrigenfalls der Nachlassvertrag nicht genehmigt werden darf (Art. 306 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG). DerNachlassvertrag wäre auch mit Sicherheit entsprechend korrigiert worden, was, wie in der Beschwerdezutreffend festgehalten wird, Auswirkungen auf die übrigen nichtprivilegierten Gläubiger gehabt hätte, indemderen Nachlassdividende (gemäss Vertrag 9,62 %) um den an die Ausgleichskasse zu zahlenden Betragvermindert worden wäre. Indem die Beschwerdegegnerin als am Nachlassvertrag beteiligte privilegierteGläubigerin den Nachlassvertrag, wie gerichtlich genehmigt, in Rechtskraft erwachsen liess, hat sie ihn sich

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so entgegenhalten zu lassen, wie er lautet. Denn für die Nachlassgläubiger bedeutet die Bestätigung desNachlassvertrags, "dass sich ihre ursprünglichen Ansprüche auf die im Nachlassverfahren vorgesehenenLeistungen reduzieren", d.h. auf die Nachlassdividende, wie sie sich aus dem ordentlichenNachlassverfahren aus dem Dividendenvergleich ergibt (HUNKELER, Das Nachlassverfahren nachrevidiertem SchKG, 1996, N. 1030; derselbe, in: SchKG, a.a.O., N. 5 zu Art. 310 SchKG). Damit ist es derAusgleichskasse verwehrt, den angemeldeten, aber nicht berücksichtigten Teil ihrer Beitragsforderungen fürdie Zeit von Januar bis 24. September 2013 erneut auf dem Betreibungs- und Rechtsmittelweg geltend zumachen. (...)

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Urteilskopf 141 III 188

27. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. SA contre Fondation B. et consorts

(recours en matière civile)5A_22/2015 du 16 mars 2015

Regeste Art. 75 BGG, Art. 293d SchKG; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs, provisorische

Nachlassstundung.Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen gegen Entscheide betreffend die provisorische

Nachlassstundung (E. 4). Sachverhalt ab Seite 188

BGE 141 III 188 S. 188

Le 4 septembre 2014, la Fondation B. a saisi le Tribunal de première instance du canton de Genève d'unerequête de sursis concordataire provisoire, subsidiairement de faillite sans poursuite préalable, à l'égard dela société A. SA. Deux requêtes analogues ont été présentées par C., respectivement par quatorze caissesde prévoyance.Statuant le 17 décembre 2014 sur ces requêtes, le Tribunal a rendu la décision suivante:

"1. ...

2. Ordonne un sursis concordataire provisoire en faveur de A. SA, déployant ses effets jusqu'à droit jugé surrequête de sursis concordataire définitif, mais pour une durée de quatre mois au plus, soit jusqu'au 17 avril 2015,en vue d'élaborer un bilan et un compte de pertes et profits audités 2014, ainsi qu'un plan d'assainissement ou uneproposition de concordat et de fournir au Tribunal toute information de nature à permettre de statuer définitivementen vue soit d'un sursis définitif soit d'une faillite.

BGE 141 III 188 S. 189

3. Désigne en qualité de commissaire provisoire au sursis, aux charges de droit selon les articles 293b al. 1 LP:

Monsieur R.

4. Subordonne à l'approbation formelle et préalable du commissaire la validité de toutes les décisions du conseild'administration de A. SA, en particulier celles impliquant l'aliénation ou l'engagement d'éléments de l'actif ou lacréation de nouveaux passifs et ce jusqu'au 17 avril 2015 et au-delà, jusqu'au jugement final du Tribunal dans laprésente procédure.

5. Précise que la mission du commissaire consistera notamment à surveiller le déroulement des activités de lasociété pendant la durée du sursis provisoire, à prendre toutes les mesures utiles à la conservation des actifs de lasociété, à contrôler que les charges d'exploitation de celle-ci soient couvertes, à assurer le respect du principe del'égalité de traitement entre les créanciers et l'invite au surplus spécifiquement:

a) à faire établir aux frais de A. SA, un bilan aux valeurs de continuation et de liquidation et des comptes auditéspour 2014, ainsi qu'un état financier intermédiaire au 28 février 2015, comprenant un état détaillé des actifs(indiquant pour chacun d'eux leur caractère liquide ou non, à court ou moyen terme, ainsi que leur valeur deréalisation) ainsi qu'un état détaillé des passifs, cas échéant après l'inscription des provisions complémentaires quis'imposent en raison des incertitudes liées aux diverses procédures civiles et pénales en cours;

b) mener toute action utile en vue de la valorisation des actifs, notamment quant au recouvrement de créancesvis-à-vis de tiers;

c) veiller à ce que le conseil d'administration de A. SA lui soumette pour approbation préalable tout acte degestion impliquant l'aliénation ou l'engagement d'éléments de l'actif ainsi que la création de nouveaux passifs;

d) faire toutes constatations utiles et propositions au Tribunal dans la perspective éventuelle de l'octroi ou nond'un sursis définitif.

6. Dit qu'aucune poursuite ne pourra être exercée pendant la durée du sursis provisoire contre A. SA.

Beilage 6

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7. Invite A. SA à verser auprès des Services financiers du Pouvoir judiciaire d'ici au 9 janvier 2015 la somme deCHF 40'000.- à titre d'avance pour la couverture des frais et honoraires du commissaire provisoire.

8. (...)

9. (...)

10. Invite le commissaire à déposer, le 18 mars 2015 au plus tard, un rapport de son activité et de sesconstatations, y compris son pronostic et ses conclusions sur les modalités concrètes d'un éventuel

BGE 141 III 188 S. 190

assainissement de A. SA, dans la perspective d'un sursis définitif mais aussi à terme d'une sortie dusurendettement ainsi que le cas échéant un plan d'assainissement détaillé ou une proposition de concordat.

11. Invite le commissaire provisoire à informer sans délai et en tout temps le Tribunal si les conditions à l'octroi dusursis provisoire ne devaient plus être réunies et le présent sursis provisoire révoqué.

12. Ordonne la convocation des parties et du commissaire provisoire à l'audience du mercredi 25 mars 2015, à15 h. 00, salle B4, Palais de Justice, 1, place du Bourg-de-Four, 1204 Genève.

13. Ordonne la publication des chiffres 2 à 6 du présent dispositif dans la FAO et la FOSC, aux frais et à chargede A. SA.

14. (Frais)

15. (Dépens)

16. (...)

17. (Communication)

Le Tribunal fédéral a déclaré irrecevable le recours en matière civile formé par A. SA à l'encontre de cettedécision.(résumé)

Erwägungen Extrait des considérants:

4.

4.1 Depuis le 1er janvier 2011 (cf. art. 130 al. 2 LTF), le recours en matière civile - comme le recours

constitutionnel (art. 114 LTF) - n'est recevable qu'à l'encontre des décisions de dernière instance cantonalequi ont été rendues par des tribunaux supérieurs (abstraction faite du Tribunal administratif fédéral et duTribunal fédéral des brevets) et, sous réserve des exceptions énumérées par l'art. 75 al. 2 let. a-c LTF, surrecours (ATF 137 III 238 consid. 2.2; ATF 138 III 41 consid. 1.1; ATF 139 III 252 consid. 1.6).Le jugement entrepris, rendu en première instance, ne répond pas aux conditions précitées; reste à

déterminer si le recours serait néanmoins recevable pour d'autres motifs. 4.2 Le présent recours est dirigé à l'encontre d'une décision relative à un sursis provisoire au sens des art.

293a ss LP, dispositions entrées en vigueur le 1er janvier 2014 (RO 2013 4111); cette institution était parailleurs connue de l'ancienne loi (ancien art. 293 al. 3, 2e phrase, LP, dans sa teneur introduite par la LF du16 décembre 1994).La question de savoir si une telle décision était susceptible de recours était disputée sous l'empire de

l'ancien texte (cf. à ce sujet: HUNKELER, in SchKG, 2e éd. 2014, n° 1 ad art. 293d LP avec les

BGE 141 III 188 S. 191

références citées). Désormais, l'art. 293d LP y apporte une réponse claire: l'octroi du sursis provisoire et ladésignation d'un commissaire provisoire ne peuvent pas faire l'objet d'un recours. Cette formulation largeexclut tant le recours cantonal que le recours fédéral (HUNKELER, ibid., n° 7 ad art. 293d LP; pourl'ancienne loi: PHILIPPIN, La nouvelle loi sur le Tribunal fédéral, Effets sur le droit des poursuites etfaillites[supplément hors édition],JdT 2007 II p. 160 ss; contra: HARI, Le commissaire au sursis dans laprocédure concordataire, 2010, n. 35, qui évoque le recours immédiat au Tribunal fédéral si la décision estsusceptible de causer un préjudice irréparable au sens de l'art. 93 al. 1 let. a LTF); une voie de recoursn'est ouverte qu'à l'encontre de la "décision d'octroi du sursis définitif" (Message du 8 septembre 2010 relatifà une modification de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite [droit de l'assainissement], FF20105898 ch. 2.7). Le Message ne mentionne certes explicitement que l'exclusion du recours des"créanciers" (ibid.), mais la teneur neutre du texte légal n'autorise pas de solution différente lorsque ledébiteur n'est pas à l'origine de la requête (cf. HUNKELER, ibid., n° 7 ad art. 293d LP).

7.1.2019 relevancy.bger.ch/php/clir/http/index.php?lang=de&type=show_document&highlight_docid=atf://141-III-188:de&print=yes

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L'analogie que propose la recourante avec la solution consacrée pour la décision en procédure sommaire(art. 251 let. d CPC) sur le retour à meilleure fortune (art. 265a al. 1 LP) n'est pas déterminante. La normeen discussion - qui prévoit que pareille décision "n'est sujette à aucun recours" - a été modifiée à l'occasionde l'entrée en vigueur du Code de procédure civile du 18 décembre 2008 (CPC), dont la vocation n'est pasde régler les voies de recours au Tribunal fédéral. D'ailleurs, la loi ne fait que codifier la jurisprudencerelative à l'ancien texte (ATF 138 III 130 consid. 2.2 et les références), laquelle se rapportait à l'exclusiondes voies de recours cantonales (ATF 126 III 110 consid. 1b ["jegliche kantonale Rechtsmittel"], qui se fondesur le Message du 8 mai 1991 concernant la révision de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et lafaillite, FF 1991 III 183 ["toute voie de droit cantonale ordinaire ou extraordinaire est exclue"]). En outre, lapartie recourante n'est pas admise à discuter les conditions matérielles du retour à meilleur fortune,lesquelles doivent être tranchées dans l'action prévue par l'art. 265a al. 4 LP (ATF 134 III 524 consid. 1.3avec les citations). Enfin, la décision sur la répartition des frais et dépens de la procédure sommaire ne peutêtre soumise au Tribunal fédéral directement, mais doit préalablement faire l'objet d'un recours au sens desart. 319 ss CPC (ATF 138 III 130 consid. 2.2;

BGE 141 III 188 S. 192

arrêt 5A_295/2013 du 17 octobre 2013 consid. 1.1, non publié à l' ATF 139 III 498). 4.3 Une partie de la doctrine estime, il est vrai, que la désignation du commissaire provisoire pourrait être

contestée en présence de motifs de récusation (LORANDI, Ein- und Ausstieg der Nachlassstundung nachneuem Recht, in St. Galler SchKG-Tagung, 2014, p. 4; SCHWANDER, Aspekte des Verfahrens vorNachlass- und Konkursgericht, in Das neue Sanierungsrecht, p. 8 ch. III). Il n'y a pas lieu de se prononcersur cet avis, dont les auteurs ne préconisent nullement un recours direct au Tribunal fédéral. Autant qu'unevoie de recours existe pour se plaindre de la personne - et non de l'institution même - du commissaireprovisoire (imprécis: FF 2010 5898 ch. 2.7), ce ne peut être d'abord que le recours au sens des art. 319 ssCPC (cf. art. 50 CPC et 295c al. 1 LP; HUNKELER, ibid., n° 5 ad art. 293 LP). Comme le statut ducommissaire provisoire (pendant la phase du sursis provisoire) est identique à celui du commissaire définitif(art. 293b al. 1 LP; HUNKELER, op. cit., n° 4 ad art. 293b LP; cf. pour l'ancienne teneur: ATF 129 III 94consid. 3), la recourante peut saisir l'autorité judiciaire supérieure en matière de concordat (i.e . Chambrecivile de la Cour de justice [art. 120 al. 1 let. b LOJ/GE; rs/GE E 2 05) pour remettre en cause la qualificationou l'objectivité du commissaire (cf. ATF 103 Ia 76 consid. 4b; cf. sur cette question: HARI, op. cit., n. 64 sset les citations).Il s'ensuit que le moyen pris d'une violation de l'art. 10 LP, en raison de l'absence "d'indépendance" du

commissaire provisoire nommé, s'avère irrecevable faute d'épuisement des instances cantonales. 4.4 La recourante conteste en outre la mise à sa charge de "l'avance pour la couverture des frais et

honoraires du commissaire provisoire"; elle soutient qu'une telle obligation incombait aux requérants.Cette problématique n'est pas visée par la loi. D'après la jurisprudence, les décisions des autorités

concordataires ne peuvent pas faire l'objet d'une plainte ou d'un recours au sens des art. 17 ss LP (ATF120 III 107 consid. 3). Les questions concernant l'avance de frais (montant, débiteur, etc.) doivent dès lorsêtre liquidées dans le cadre du recours en nullité (cf. art. 319 ss CPC et art. 295c al. 1 LP), à l'instard'autres décisions rendues dans le contexte de l'octroi d'un sursis provisoire qui ne tombent pas sousl'énumération légale (cf. HUNKELER, op. cit., nos 3-6 ad art. 293d LP avec les exemples cités).

Art. 293 ff. SchKG, Nachlassverfahren (örtliche Zuständigkeit). In der Regel entfällt die Zuständigkeit des Nachlassgerichts, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz vor der Überweisung der Akten durch den Sachwalter (Art. 304 SchKG) ins Ausland verlegt (E. V). Art. 326 ZPO, keine Noven im Nachlassverfahren. In der Beschwerde gegen den Entscheid des Nachlassgerichts sind keine Noven zulässig. Dass sich der Gesuchsteller aufgrund des angefochtenen Entscheides entschied, den Sachverhalt zu verändern, begründet keine Ausnahme (E. IV).

Der Schuldner reichte ein Gesuch um Nachlassstundung ein, in welchem er unter anderem erklärte, er werde demnächst nach Ungarn auswandern. Dieses Gesuch wurde mit Hinweis auf diese Erklärung abgewiesen. Der

Schuldner ficht das an.

(aus den Erwägungen des Obergerichts:)

(III.) 4. Die Vorinstanz hat ihren Entscheid wie folgt begründet: Vor-

aussetzung für die Bewilligung eines Gesuchs des Schuldners um provisorische

Nachlassstundung sei, dass dieser die erforderlichen Unterlagen einreiche, dass

das Gesuch nicht missbräuchlich sei und dass eine Aussicht auf Sanierung oder

Bestätigung eines Nachlassvertrages nicht offensichtlich fehle. Örtlich zuständig

sei das Nachlassgericht am Betreibungsort, d.h. am Wohnsitz des Schuldners.

Aufgrund des Territorialitätsprinzips stehe das Nachlassverfahren ausschliesslich

Schuldnern mit Wohnsitz in der Schweiz zur Verfügung. Der Gesuchsteller habe

zwar noch Wohnsitz im Gerichtsbezirk, jedoch stehe nach dessen eigenen Aus-

führungen eine definitive Verlegung seines Wohnsitzes nach Ungarn unmittelbar

bevor. Insofern stehe bereits jetzt fest, dass der Gesuchsteller in unmittelbarer

Zukunft – nämlich per 14. August 2018 – über keinen Wohnsitz in der Schweiz

mehr verfügen werde, womit nur kurz nach der anbegehrten Nachlassstundung

eine Voraussetzung derselben wegfallen werde. Da der Gesuchsteller somit nicht

während der gesamten Dauer des Nachlassverfahrens Wohnsitz in der Schweiz

haben werde, sei das Gesuch um provisorische Nachlassstundung abzuweisen.

5. Nicht im Sinne einer selbständigen Eventualbegründung, sondern

bloss "obiter", führt die Vorinstanz alsdann aus, es sei im Übrigen ohnehin zwei-

felhaft, ob das Gesuch inhaltlich begründet gewesen wäre: Das Nachlassverfah-

ren zeitige schwerwiegende Konsequenzen für die (nicht zustimmenden) Gläubi-

ger; dies werde vorliegend noch dadurch verschärft, dass der durch eine Aus-

wanderung des Schuldners an sich geschaffene Arrestgrund (Art. 271 Abs. 1

Beilage 7

Ziff. 4 SchKG) durch die Wirkungen der provisorischen Stundung gleich wieder

beseitigt würde (Art. 293c Abs. 1 i.V.m. Art. 297 Abs. 3 SchKG). Ferner beabsich-

tige der Gesuchsteller, durch die Nachlassstundung von der Lohnpfändung befreit

zu werden und Zugang zur Juli-Lohnzahlung in der Höhe von etwa CHF 18'900.–

zu erhalten, die er zur Finanzierung seines Umzugs nach Ungarn, seines Le-

bensunterhalts für die nächsten vier Monate sowie zur Deckung der Verfahrens-

kosten zu verwenden gedenke, während die Gläubiger, die bereits eine Lohn-

pfändung erwirkt hätten, (praktisch) leer ausgehen würden. Zudem habe der Ge-

suchsteller nach eigenen Angaben "aus prozesstaktischen Gründen" mit einzel-

nen Gläubigern noch keine Gespräche geführt, wobei unklar sei, was damit ge-

meint sei. Schliesslich beantrage der Gesuchsteller, seinen Prozessvertreter als

Sachwalter einzusetzen, was ebenfalls Fragen hinsichtlich der Wahrung der

Gläubigerinteressen aufwerfe. Wie es sich mit diesen Aspekten aber im Einzelnen

verhält, liess die Vorinstanz letztlich offen und wies das Gesuch einzig aus dem

vorgenannten Grund eines fehlenden fortdauernden schweizerischen Wohnsitzes

des Beschwerdeführers ab. Da eine vertiefte Prüfung der finanziellen Verhältnisse

des Beschwerdeführers unterbleiben könne, sei nicht von Amtes wegen der Kon-

kurs zu eröffnen (Art. 293a Abs. 3 SchKG).

IV.1. Mit Eingaben vom 30. Juli 2018, vom 2. August 2018 sowie

vom 21. August 2018 stellt der Beschwerdeführer diverse neue bzw. modifizierte

Anträge und bringt verschiedene Noven in das Verfahren ein. Insbesondere lässt

er ausführen, dass er nun doch bis auf Weiteres in der Schweiz verbleiben werde

und dass er hier nun wieder eine Arbeitsstelle (bzw. -stellen) gefunden habe.

2. Nach Art. 326 Abs. 1 ZPO sind neue Anträge, neue Tatsachenbe-

hauptungen und neue Beweismittel im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen.

Vorbehalten bleiben jedoch besondere gesetzliche Bestimmungen (Art. 326 Abs.

2 ZPO). Solche finden sich namentlich in Art. 174 SchKG (Konkurseröffnung), in

Art. 278 Abs. 3 SchKG (Arrest) sowie in Art. 327a Abs. 1 ZPO (Anerkennungs-

bzw. Exequaturentscheid nach LugÜ). In den Bestimmungen über das Nachlass-

verfahren (Art. 293 ff. SchKG) findet sich kein entsprechender Ausnahmetatbe-

stand. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers handelt es sich hierbei

nicht um eine echte Lücke des Gesetzes. Eine solche besteht nur dann, wenn

sich eine Regelung als unvollständig erweist, weil sie jede Antwort auf die sich

stellende Rechtsfrage schuldig bleibt, d.h. sofern der Gesetzgeber etwas zu re-

geln unterlassen hat, was er hätte regeln sollen. Hat der Gesetzgeber aber eine

Rechtsfrage nicht übersehen, sondern stillschweigend – im negativen Sinne –

mitentschieden (qualifiziertes Schweigen), bleibt für eine richterliche Lückenfül-

lung kein Raum (BGE 140 III 206, E. 3.5.1). Dafür, dass der Gesetzgeber das in

einem Beschwerdeverfahren betreffend Bewilligung der Nachlassstundung gel-

tende Novenrecht nicht bedacht und nicht bewusst auf eine von Art. 326 Abs. 1

ZPO abweichende Regelung verzichtet hätte, bestehen keine Anhaltspunkte (vgl.

Botschaft zur ZPO vom 28. Juni 2006, BBl 2006, S. 7379; Botschaft zur Änderung

des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs [Sanierungsrecht], BBl

2010, S. 6482, 6485 f., 6491). Vielmehr schuf er im Rahmen der Revision des

Nachlassrechts gerade ein neues Rechtsmittelsystem (Art. 293d, Art. 295c,

Art. 296a und Art. 307 SchKG), das den Interessen aller Beteiligter gerecht wer-

den sollte. Namentlich sah er spezielle Bestimmungen zur aufschiebenden Wir-

kung vor (Art. 295c Abs. 2, Art. 307 Abs. 2 SchKG), die von Art. 325 ZPO abwei-

chen. Im Umkehrschluss muss folglich davon ausgegangen werden, dass der

Gesetzgeber eine Ausnahme zu Art. 326 Abs. 1 ZPO gerade nicht schaffen und

vom allgemeinen Novenverbot gerade nicht abweichen wollte. Insofern handelt es

sich beim Fehlen einer entsprechenden Bestimmung nicht um eine planwidrige

Unvollständigkeit des Gesetzes, sondern um ein qualifiziertes Schweigen. Davon

ging die Kammer im Ergebnis bereits in ihrem Entscheid vom 25. Mai 2016

(PS160089, E. III.1e Abs. 2 und E.III.1f Abs. 1) aus (insofern weist der Beschwer-

deführer zu Unrecht auf E.III.1d Abs.2-3 dieses Entscheids hin, wo es um das

Novenrecht im erstinstanzlichen Verfahren ging).

3. Gerade auch mit Blick auf den vom Beschwerdeführer ins Feld ge-

führten Art. 174 SchKG drängt sich – jedenfalls soweit im Nachlassverfahren nicht

der Konkurs eröffnet wird – eine durch Richterrecht zu schaffende Erweiterung

des Novenrechts nicht auf. Art. 174 SchKG lässt Noven nur in ganz engem Rah-

men zu. So kann namentlich in der Beschwerdeschrift (nicht aber später; vgl.

BGE 139 III 491, E. 4) geltend gemacht werden, die betriebene Forderung sei

bereits vor dem erstinstanzlichen Entscheid getilgt worden (Abs. 1; unechtes No-

vum), oder aber, die Forderung sei seither getilgt bzw. hinterlegt worden oder es

habe der Gläubiger auf die Durchführung des Konkurses verzichtet (echte No-

ven), wobei Letzteres durch Urkunden zu beweisen und zudem auch die Zah-

lungsfähigkeit des Schuldners glaubhaft zu machen ist (Abs. 2). Inwiefern sich ein

solch enges, ganz spezifisches Novenregime auf das Nachlassverfahren übertra-

gen liesse – jedenfalls sofern in diesem nicht der Konkurs eröffnet wird –, ist nicht

ersichtlich. Abgesehen davon, wäre dem Beschwerdeführer auch mit einer analo-

gen Anwendung von Art. 174 SchKG nicht geholfen, da er einerseits die relevan-

ten Noven nicht in seiner Beschwerdeschrift (bzw. innerhalb der Beschwerdefrist)

vorgebracht hat und weil er andererseits ein viel weitergehendes Novenrecht in

Anspruch nehmen möchte.

4. Nach dem Gesagten gilt im vorliegenden Beschwerdeverfahren so-

mit das allgemeine Novenverbot von Art. 326 Abs. 1 ZPO (s. aber einschränkend

sogleich E. IV.5). Echte Noven konnten mithin nur im vorinstanzlichen Verfahren –

und auch dort nur bis zum Beginn der Urteilsberatung (vgl. Art. 229 Abs. 3 ZPO) –

vorgebracht werden. Neue Tatsachen, die sich erst nach diesem, für den Ent-

scheid massgeblichen Zeitpunkt zugetragen haben, konnte weder die Vorinstanz

berücksichtigen, noch kann dies die Beschwerdeinstanz. Umgekehrt markiert die-

ser Zeitpunkt jedoch auch die zeitliche Rechtskraftgrenze, was sich bereits zwin-

gend aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ergibt (s. hierzu KUKO ZPO-OBER-

HAMMER, Art. 236 N 62 ff.). Später eintretende Sachverhaltsänderungen werden

somit von der Rechtskraft nicht erfasst und können in einem neuen Verfahren

(vorliegend in einem neuen Gesuch um provisorische Nachlassstundung) geltend

gemacht werden. Unechte Noven, d.h. Tatsachen, die vor dem entscheidungs-

massgeblichen Zeitpunkt eingetreten sind, müssen grundsätzlich, sofern die ent-

sprechenden Voraussetzungen gegeben sind, mit Revision geltend gemacht wer-

den (KUKO ZPO-OBERHAMMER, Art. 236 N 63). Die Streitfrage, ob zur Revision

berechtigende unechte Noven (Art. 328 ZPO) auch bereits in einem Beschwerde-

verfahren geltend gemacht werden können (vgl. in diesem Sinne BSK ZPO-

HERZOG, Art. 328 N 20 ff.; a.A. STAUBER, in: Kunz et al [Hrsg.], ZPO-Rechtsmittel,

Berufung und Beschwerde, 2013, Art. 326 N 5 f.; offen gelassen in BGE 139 III

466, E. 3.4), braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da der Beschwer-

deführer, soweit relevant, ausschliesslich echte Noven vortragen lässt.

5. Zu Recht bringt der Beschwerdeführer hingegen vor, dass Noven

auch im kantonalen Beschwerdeverfahren zumindest in jenem Umfang zulässig

sein müssen, als sie später in einem bundesgerichtlichen Verfahren zulässig wä-

ren (Art. 99 Abs. 1 BGG); dies ergibt sich aus einer analogen Anwendung von Art.

111 Abs. 3 BGG, wonach die Kognition – und damit auch die Zulässigkeit von

Noven – im kantonalen Rechtsmittelverfahren nicht enger sein darf als vor Bun-

desgericht (BGE 139 III 466, E. 3.4). Nach Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tat-

sachen und Beweismittel im bundesgerichtlichen Verfahren – und damit auch im

kantonalen Beschwerdeverfahren – so weit vorgebracht werden, als erst der Ent-

scheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Soweit für den vorliegenden Entscheid

relevant, bringt der Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdeverfahrens

neu vor, er würde nun doch an seinem bisherigen Wohnsitz in der Schweiz ver-

bleiben und habe hier nun auch (wieder) eine Arbeitsstelle (bzw. -stellen) gefun-

den. Anlass, diese Tatsache in das Verfahren einzubringen, habe er erst aufgrund

der vorinstanzlichen Erwägung gehabt, ein Gemeinschuldner müsse zwingend

während des gesamten Nachlassverfahrens Wohnsitz in der Schweiz haben.

6. Art. 99 Abs. 1 BGG setzt eine gewisse kausale Beziehung zwischen

dem vorinstanzlichen Entscheid (Dispositiv und/oder Erwägungen) und der Not-

wendigkeit, den eigenen Standpunkt mit den neuen tatsächlichen Behauptungen

zu untermauern, voraus (BSK BGG-MEYER/DORMANN, Art. 99 N 41). Soweit sich

echte Noven auf das vorinstanzlich beurteilte Prozessthema beziehen, können sie

von vornherein nicht durch das angefochtene Urteil veranlasst worden sein (BGer,

2C_94/2009 vom 16. Juni 2009, E. 2.2). Von Art. 99 Abs. 1 BGG erfasst sind

demgegenüber beispielsweise Noven, die für die Beurteilung der formellen

Rechtsmittelvoraussetzungen von Bedeutung sind, oder solche, die auf formelle

Mängel des angefochtenen Entscheids schliessen lassen, wie etwa auf eine Ver-

letzung des rechtlichen Gehörs oder einen fehlerhaft besetzten Spruchkörper.

Zulässig sind zudem (unechte) Noven, die erst durch die Art und Weise, in wel-

cher die Vorinstanz Recht gesprochen hat, Rechtserheblichkeit erlangen, nament-

lich in Fällen der überraschenden Rechtsanwendung (BGG-MEYER/DORMANN, Art.

99 N 45 ff. m.Nw.).

7. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Kausalität zwischen

dem Novum eines nunmehr bis auf Weiteres doch nicht stattfindenden Wegzugs

und dem vorinstanzlichen Entscheid besteht bei genauerer Betrachtung gerade

nicht darin, dass der angefochtene Entscheid die Notwendigkeit einer solchen

Behauptung erst ausgelöst habe, sondern vielmehr darin, dass der Beschwerde-

führer, nachdem er die negativen Folgen einer solchen (bestehenden) Tatsache

erkannt hatte, diese kurzerhand geändert hat. Mit anderen Worten verursachte

der vorinstanzliche Entscheid nicht die Notwendigkeit, Behauptungen zum aktuel-

len und zukünftigen Wohnsitz des Beschwerdeführers aufzustellen, sondern er

veranlasste den Beschwerdeführer dazu, diesen nachträglich zu verändern. Es

handelt sich folglich um ein sich auf den behandelten Prozessstoff beziehendes

echtes Novum, das von Art. 99 Abs. 1 BGG nicht erfasst sein kann (vgl. BGer,

2C_94/2009 vom 16. Juni 2009, E. 2.2). Hinzu kommt, dass der vorinstanzliche

Entscheid in Wahrheit nicht einmal den Entschluss des Beschwerdeführers, sei-

nen Umzug nach Ungarn bis auf Weiteres zu verschieben, ausgelöst haben kann.

In seiner Beschwerdeschrift lässt er nämlich ausführen, dass er – trotz Kenntnis

des vorinstanzlichen Entscheids – nach wie vor per 14. August 2018 nach Ungarn

auswandern wolle. Erst in seiner Noveneingabe vom 30. Juli 2018 lässt er ausfüh-

ren, er werde nun doch bis auf Weiteres in der Schweiz verbleiben. Vor diesem

Hintergrund kann nicht die Rede davon sein, der vorinstanzliche Entscheid habe

den Entschluss des Beschwerdeführers, nun doch nicht auszuwandern, oder gar

die Notwendigkeit, eine solche Behauptung aufzustellen, verursacht.

8. Folglich sind die vom Beschwerdeführer neu eingebrachten Tatsa-

chen, er ziehe nun doch nicht per Mitte August 2018 nach Ungarn und habe in der

Schweiz (wieder) eine Arbeitsstelle bzw. -stellen angetreten, im vorliegenden Be-

schwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen. Für den Entscheid massgeblich ist

mithin der Sachverhalt, wie er im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Entscheids (Be-

ginn der Urteilsberatung) bestanden hat. Es ist somit davon auszugehen, dass

der Beschwerdeführer per Mitte August 2018 definitiv nach Ungarn ziehen wird

(bzw. nunmehr gezogen ist). Die übrigen vom Beschwerdeführer eingebrachten

Noven sind ebenfalls unzulässig und darüber hinaus – wie noch zu zeigen sein

wird – unerheblich.

9. Mit Eingabe vom 30. Juli 2018 stellte der Beschwerdeführer

schliesslich diverse neue "Rechtsbegehren" und "Verfahrensanträge" bzw. modi-

fizierte er die bisherigen. Namentlich beantragt er neu, es sei im Falle der Abwei-

sung des Nachlassgesuchs der Konkurs über ihn zu eröffnen. Da solches ohnehin

von Amtes wegen angeordnet werden kann bzw. bei gegebenen Voraussetzun-

gen angeordnet werden muss (Art. 293a Abs. 3 SchKG) und insofern die Offi-

zialmaxime gilt, kommt diesem – unzulässigen (Art. 326 Abs. 1 ZPO) – neuen

Antrag keine selbständige Bedeutung zu. Dasselbe gilt für die neuerdings um

zwei Tage länger anbegehrte Dauer der provisorischen Nachlassstundung, für die

Massnahmen zur Erhaltung des schuldnerischen Vermögens (vgl. Art. 293a

Abs. 1 SchKG) sowie für die Person des allenfalls zu bestellenden provisorischen

Sachwalters (Art. 293b SchKG).

10. Der mit Eingabe vom 2. August 2018 und damit nach Ablauf der Be-

schwerdefrist sinngemäss gestellte, neue Rückweisungsantrag bzw. der neue

Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des vorinstanzlichen Urteils aufgrund einer

Gehörsverletzung durch mangelhafte Begründung ist verspätet und deshalb unzu-

lässig. Ein solcher wäre zwar in der Beschwerdeschrift selbst bzw. durch separate

Eingabe innerhalb der Beschwerdefrist ohne Weiteres zulässig gewesen; dassel-

be gilt für die entsprechenden Noven im Zusammenhang mit einer solchen Ge-

hörsverletzung (Art. 99 Abs. 1 BGG analog; s. dazu oben, E. IV.5-6). Einen sol-

chen Antrag und eine solche Beanstandung (mit den entsprechenden Noven) erst

nach Ablauf der Beschwerdefrist vorzubringen, geht nicht an. Die Beschwerdean-

träge sind nach Ablauf der Beschwerdefrist unveränderlich (Art. 326 Abs. 1 ZPO).

Dasselbe gilt für die nach Art. 99 Abs. 1 BGG ausnahmsweise zugelassenen No-

ven; auch diese müssen innerhalb der Rechtsmittelfrist vorgetragen werden, da

sie andernfalls nicht als durch den vorinstanzlichen Entscheid veranlasst gelten

können. Auf diese Anträge ist folglich nicht einzutreten.

V. 1. Der Beschwerdeführer scheint die Auffassung zu vertreten,

dass ein Nachlassverfahren nach Art. 293 ff. SchKG einen Wohnsitz des Ge-

meinschuldners in der Schweiz überhaupt nicht voraussetze, auch nicht im Zeit-

punkt der Einreichung des Gesuchs um provisorische Nachlassstundung, und

dass das Territorialitätsprinzip insofern "zu überwinden" sei. Dies trifft nicht zu.

Das sog. "Territorialitätsprinzip" stellt nicht etwa einen selbständigen, aus sich

selbst heraus anwendbaren Rechtsgrundsatz dar, sondern es lässt sich vielmehr

verschiedenen Bestimmungen des SchKG sowie des 11. Kapitels des IPRG ent-

nehmen, dass dem schweizerischen System der Zwangsvollstreckung ein solcher

Grundsatz zugrunde liegt. Die inhaltliche Bedeutung dieses

– für sich selbst genommen inhaltsleeren – Prinzips variiert freilich je nach kon-

kreter Fragestellung (vgl. zur Relativität des Territorialitätsprinzips auch OGer ZH,

LB150044 vom 13. Dezember 2016, E. IV.3). Im vorliegenden Zusammenhang

bedeutet es nichts anderes, als dass die angerufenen schweizerischen Gerichts-

und Zwangsvollstreckungsbehörden zur Einleitung, Durchführung und Abwicklung

des Nachlassverfahrens jeweils international und örtlich zuständig sein müssen

und dass diese Zuständigkeit als solche während des gesamten Verfahrens be-

stehen muss. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Zuständigkeit besteht,

lässt sich dem (für sich genommen inhaltsleeren) Territorialitätsprinzip nicht ent-

nehmen. Weil aber umgekehrt die relevanten Zuständigkeitsvorschriften mehr

oder weniger intensiv am schweizerischen Territorium anknüpfen, lässt sich inso-

fern von einem "Territorialitätsprinzip" sprechen.

2. Die internationale und die örtliche Zuständigkeit des Nachlassge-

richts richtet sich – gleichermassen wie die Zuständigkeit des Konkursgerichts –

nach dem SchKG und nicht nach dem LugÜ (Art. 1 Nr. 2 lit. b) oder dem IPRG

(vgl. ZK ZPO-SUTTER-SOMM/SCHRANK, Art. 46 N 6; BSK SchKG I-M. STAEHELIN,

Art. 30a N 2a). Art. 293 ff. SchKG regeln diese jedoch nicht explizit. Weil mit der

Zuständigkeit zur Bewilligung der Nachlassstundung bzw. mit der Zuständigkeit

zur Bestätigung des Nachlassvertrags immer auch eine Zuständigkeit zur Kon-

kurseröffnung einhergeht (Art. 293a Abs. 3, Art. 294 Abs. 3, Art. 296b und

Art. 304 i.V.m. Art. 309 SchKG), setzt eine Zuständigkeit des Nachlassgerichts

zwangsläufig voraus, dass am betreffenden Ort jeweils (auch) ein Konkursort be-

steht (vgl. ZK ZPO-SUTTER-SOMM/SCHRANK, Art. 46 N 6 sowie noch zum alten

Recht BSK SchKG I-VOLLMAR, Art. 293 N 35); umgekehrt ist jedoch nicht zwin-

gend, dass an jedem Konkursort auch ein "Nachlassort" vorhanden sein muss.

3. Jedenfalls möglich ist die Eröffnung eines Nachlassverfahrens am

ordentlichen Betreibungsort (Art. 46 SchKG; vgl. BGE 98 III 37, E. 2), am Betrei-

bungsort des Aufenthalts (Art. 48 SchKG) sowie am Betreibungsort der Erbschaft

(Art. 49 SchKG; KUKO SchKG-HUNKELER, Art. 293 N 6); diese Bestimmungen

stellen insofern nicht nur einen Betreibungs- und Konkursort zur Verfügung, son-

dern auch einen Nachlassort. Von vornherein ausgeschlossen ist die Durchfüh-

rung eines Nachlassverfahrens demgegenüber an den besonderen Betreibungs-

orten nach Art. 51 SchKG (Betreibungsort der gelegenen Sache), Art. 52 SchKG

(Arrestbetreibungsort) und – entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers –

Art. 50 Abs. 2 SchKG (Betreibungsort des Spezialdomizils), da ein Konkurs dort

nicht eröffnet werden kann. Ebenfalls ausser Betracht fällt – entgegen der Auffas-

sung des Beschwerdeführers – eine Bewilligung der Nachlassstundung am Kon-

kursort des flüchtigen Schuldners nach Art. 54 SchKG. Abgesehen davon, dass

der Beschwerdeführer vorliegend ohnehin nicht "flüchtig" im Sinne dieser Be-

stimmung wäre und diese schon deshalb nicht zur Anwendung käme, ist ein

Nachlassverfahren mit einem flüchtigen Schuldner schlechterdings nicht vorstell-

bar (vgl. etwa Art. 306 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG, wonach die vom Schuldner "angebo-

tenen Leistungen" angemessen sein müssen; vgl. auch Art. 296b SchKG). Ob –

wie in der Lehre teilweise vertreten (KUKO SchKG-HUNKELER, Art. 293 N 5; UM-

BACH-SPAHN/KESSELBACH/BURKHALTER, a.a.O., Art. 293 N 32) – ein Nachlassver-

fahren am Betreibungsort der Geschäftsniederlassung (Art. 50 Abs. 1 SchKG)

ausgeschlossen oder ob solches in Bezug auf Verbindlichkeiten der Niederlas-

sung gleichermassen wie ein "Niederlassungskonkurs" möglich wäre, braucht hier

nicht geklärt zu werden. Wenn der Beschwerdeführer schliesslich ausführen lässt,

dass er trotz seines Wegzugs ins Ausland seinen Betreibungsort in der Schweiz

aufrechterhalten wolle, so übersieht er, dass die gesetzliche Ordnung der zulässi-

gen Betreibungs-, Konkurs- bzw. Nachlassorte abschliessend und zwingend ist;

eine davon abweichende Prorogation ist nicht möglich (BSK SchKG I-SCHMID,

Art. 46 N 6 ff.).

4. Nach dem Gesagten steht fest, dass der Schuldner, der um Nach-

lassstundung ersucht, wenigstens im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung im vor-

erwähnten Sinne einen Nachlassort – d.h. in der Regel Sitz bzw. Wohnsitz – in

der Schweiz bzw. im jeweiligen Gerichtsbezirk haben muss; andernfalls kann das

angerufene Nachlassgericht mangels internationaler bzw. örtlicher Zuständigkeit

nicht auf das Gesuch eintreten. Da der Beschwerdeführer sowohl im Zeitpunkt der

Gesuchseinreichung wie auch im entscheidungsmassgeblichen Zeitpunkt (Beginn

der vorinstanzlichen Urteilsberatung; s. oben, E. IV.4 und E. IV.8) seinen Wohn-

sitz (noch) in Kloten hatte – daran änderte seine klare Absichtserklärung, diesen

in naher Zukunft ins Ausland zu verlegen, nichts –, erachtete sich die Vorinstanz

zutreffend als zuständig und trat zu Recht auf das Gesuch ein. Auf der Ebene der

Begründetheit des Gesuchs stellen sich jedoch zwei Fragen: Erstens, ob der ei-

nen Nachlassort begründende territoriale Bezug zur Schweiz bzw. zum jeweiligen

Gerichtsbezirk (d.h. in der Regel der dort gelegene Sitz bzw. Wohnsitz des

Schuldners) während des gesamten Nachlassverfahrens bestehen muss oder ob

und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt eine Fixierung des Nachlassortes (ana-

log zur perpetuatio fori im Zivilprozess) eintritt. Falls eine solche perpetuatio fori

erst nach dem geplanten, zukünftigen Wegzug des Beschwerdeführers eintreten

sollte, fragt sich zweitens, welche Auswirkungen dieser bereits heute feststehen-

de, dereinstige Wegfall der Zuständigkeit des befassten Nachlassgerichts auf die

Begründetheit des vorliegenden Gesuchs um provisorische Nachlassstundung

hätte.

5. Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfän-

dung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungs-

befehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung am

bisherigen Orte fortgesetzt (Art. 53 SchKG). Damit definiert das Gesetz den Zeit-

punkt, in welchem eine Fixierung des Betreibungs- bzw. Konkursortes eintritt

(perpetuatio fori), nur für die Betreibung auf Pfändung (Art. 89 ff. SchKG), die or-

dentliche Konkursbetreibung (Art. 159 ff. SchKG) sowie die Wechselbetreibung

(Art. 177 ff. SchKG) explizit. Daraus kann jedoch nicht im Umkehrschluss ent-

nommen werden, dass eine perpetuatio fori für die übrigen Betreibungsarten so-

wie für das Nachlassverfahren per se ausgeschlossen wäre; es liegt insofern kein

qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers vor (vgl. BGE 121 III 13, E. 1b und E.

2b): Für die Betreibung auf Pfandverwertung (Art. 151 ff. SchKG) erachtete die

Rechtsprechung den Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsbefehls als für die

Fixierung des Betreibungsortes massgeblich, da dieser die Pfändungsankündi-

gung funktional ersetze (BGE 116 III 1, E. 2). Für das Verfahren der Konkurser-

öffnung ohne vorgängige Betreibung – auf Gesuch eines Gläubigers (Art. 190

SchKG) oder von Amtes wegen (Art. 192 SchKG) – bestimmte das Bundesgericht

die Zustellung der Vorladung zur Konkurseröffnungsverhandlung an den Schuld-

ner (Art. 168 SchKG) als den für die perpetuatio fori massgeblichen Zeitpunkt.

Dies begründete es wie folgt: Der Grundsatz, wonach der Schuldner während des

gesamten Zwangsvollstreckungsverfahrens an seinem jeweiligen Sitz bzw.

Wohnsitz zu belangen sei, erfahre nach Art. 53 SchKG aus praktischen Gründen

eine vernünftige Einschränkung. Für die Fixierung des Betreibungs- bzw. Konkur-

sortes relevant sei jeweils derjenige Zeitpunkt im Verfahren, in welchem der

Schuldner darüber informiert werde, dass der Gläubiger nun die eigentliche

Zwangsvollstreckungsphase einleiten wolle. Im Verfahren nach Art. 190 bzw. Art.

192 SchKG sei dies die Zustellung der Vorladung zur Konkurseröffnungsverhand-

lung durch das Gericht an den Schuldner (BGE 121 III 13, E. 1b und E. 2b; 134 III

417, E. 4). Noch nicht abschliessend geklärt ist demgegenüber, wie es sich im

(wohl äusserst seltenen) Fall verhält, wenn der Schuldner nach Stellung eines

Konkursantrags nach Art. 191 SchKG seinen Wohnsitz wechselt. In Anwendung

der bundesgerichtlichen Erwägung, es sei für die perpetuatio fori nach Art. 53

SchKG derjenige Zeitpunkt relevant, in welchem der Schuldner Kenntnis von der

Einleitung des Zwangsvollstreckungsverfahrens i.e.S. erhalte, wäre hier wohl be-

reits der Zeitpunkt der Gesuchseinreichung ausschlaggebend (vgl. in diesem Sin-

ne wohl auch TALBOT, in: Kostkiewicz et al [Hrsg.], Kommentar SchKG, 4. Aufl.

2017, Art. 191 N 24). Diese Frage kann vorliegend aber offen bleiben.

6. Ob und in welchem Zeitpunkt eine perpetuatio fori im Nachlassver-

fahren (Art. 293 ff. SchKG) eintritt, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen und

wurde – soweit ersichtlich – auch in der Rechtsprechung bisher nicht behandelt,

weder unter altem noch unter neuem Recht. Ausgangspunkt bildet die Überle-

gung, dass das Nachlassgericht nach neuem Recht sowohl im Falle einer Abwei-

sung des Stundungsgesuchs (Art. 293a Abs. 3, Art. 294 Abs. 3 SchKG) wie auch

bei einem späteren Scheitern der Sanierung bzw. der Bestätigung eines Nach-

lassvertrages (Art. 296b, Art. 304 i.V.m. Art. 309 SchKG) immer auch den Kon-

kurs von Amtes wegen eröffnen können muss. Obschon zwar eine Konkurseröff-

nung bei Scheitern des Nachlassverfahrens nicht zwingend ist und in gewissen

Ausnahmefällen – namentlich bei Missbräuchlichkeit des Nachlassgesuchs – eine

"dritte Entscheidalternative" besteht (Abweisung des Nachlassgesuchs ohne Kon-

kurseröffnung), hatte der Reformgesetzgeber doch eine Konkurseröffnung von

Amtes wegen im Falle eines Scheiterns der Nachlasssanierung als klaren Regel-

fall vor Augen (vgl. Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbe-

treibung und Konkurs [Sanierungsrecht] vom 8. September 2010, BBl 2010,

S. 6471 f., 6480, 6484, 6486, 6491; vgl. auch BGE 142 III 364, E. 2). Entspre-

chend muss während des gesamten Nachlassverfahrens nicht nur ein Nachlass-,

sondern immer auch ein Konkursort bestehen.

7. Ging dem Nachlassverfahren ein Konkurseröffnungsverfahren vo-

raus (vgl. Art. 173a und Art. 293 lit. c SchKG), tritt eine Fixierung des Konkursor-

tes – und damit naheliegenderweise auch eine Fixierung des Nachlassortes –

bereits vor Einleitung des Nachlassverfahrens ein, nämlich mit Zustellung der

Konkursandrohung, des Zahlungsbefehls in der Wechselbetreibung bzw. der Vor-

ladung zur Konkurseröffnungsverhandlung an den Schuldner oder mit Einrei-

chung des Konkursbegehrens durch den Schuldner selbst. In allen anderen Fäl-

len kann eine perpetuatio fori nach den Art. 53 SchKG zugrunde liegenden Wer-

tungen demgegenüber frühestens in jenem Zeitpunkt eintreten, in welchem der

Schuldner vom Nachlassverfahren erstmals Kenntnis erhält (vgl. BGE 121 III 13,

E. 1b), d.h. mit Einreichung des Nachlassgesuchs durch den Schuldner selbst

oder mit Zustellung des Nachlassgesuchs eines Gläubigers an den Schuldner.

Umgekehrt muss eine Fixierung des Konkurs- bzw. Nachlassortes spätestens

dann eintreten, wenn das Nachlassgericht dem Schuldner zwecks Wahrung des

rechtlichen Gehörs mitgeteilt hat, dass es eine Konkurseröffnung von Amtes we-

gen in Betracht ziehe. Dies entspricht funktional der nach Art. 53 SchKG relevan-

ten Konkursandrohung bzw. der Zustellung der Vorladung zur Konkurseröff-

nungsverhandlung an den Schuldner (Art. 168 SchKG; vgl. BGE 121 III 13, E. 1b

und E. 2b). Eine solche Mitteilung erfolgt im Nachlassverfahren jedoch nicht

zwangsläufig; vielmehr ist es gut möglich, dass die provisorische und später auch

die definitive Nachlassstundung ohne Weiteres bewilligt und anschliessend ein

Nachlassvertrag ohne Einwendungen bestätigt wird. In einem solchen Fall stellt

sich die Frage, ob es für die Fixierung des (auch im Nachlassverfahren stets er-

forderlichen) Konkursortes nach Art. 53 SchKG ausreichend sein kann, dass der

Schuldner zwar Kenntnis vom Nachlassverfahren als solchem hat – womit nach

dem Gesagten immer auch eine gesetzlich vorgesehene, abstrakte Möglichkeit

der Konkurseröffnung einhergeht –, nicht jedoch davon, dass eine Konkurseröff-

nung im konkreten Einzelfall auch tatsächlich und unmittelbar droht.

8. Dies ist zu verneinen. Im Verfahren betreffend Bewilligung der provi-

sorischen Nachlassstundung ist eine Konkurseröffnung – mangels konkreten ge-

richtlichen Hinweises und Aufforderung des Schuldners zur diesbezüglichen

(mündlichen oder schriftlichen) Stellungnahme – doch noch relativ fernliegend.

Nach Art. 293a Abs. 3 SchKG hat eine Konkurseröffnung nur dann zu erfolgen,

wenn "offensichtlich keine Aussicht auf Sanierung oder Bestätigung eines Nach-

lassvertrages" besteht. Damit hat ein Schuldner, gerade wenn er selbst ein Ge-

such um Nachlassstundung eingereicht hat, in aller Regel nicht schon von Anfang

an ernsthaft mit einer unmittelbar bevorstehenden Konkurseröffnung zu rechnen.

Hinzu kommt, dass im Nachlassverfahren jedenfalls bis zum Ablauf der Stundung

bzw. bis zur Einleitung des Verfahrens betreffend Bestätigung des Nachlassver-

trages (vgl. Art. 304 SchKG) die eigentliche Zwangsvollstreckungsphase nicht

derart unmittelbar bevorsteht, wie dies bei einer Pfändungsankündigung bzw. bei

einer Konkursandrohung der Fall ist (vgl. BGE 121 III 13, E. 1b). Namentlich ist es

vor diesem Zeitpunkt stets möglich – und oft sogar das eigentliche Ziel der Nach-

lassstundung –, dass eine Sanierung i.e.S. erfolgen und der Abschluss bzw. die

Bestätigung eines Nachlassvertrages unterbleiben kann (vgl. Art. 296a SchKG).

In diesem Fall kommt es überhaupt nicht zu einer eigentlichen "Zwangsvollstre-

ckung". Schliesslich ist zu bedenken, dass die perpetuatio fori nach Art. 53

SchKG den Grundsatz, wonach der Schuldner während des gesamten Zwangs-

vollstreckungsverfahrens am nach Art. 46 ff. SchKG jeweils relevanten Ort zu be-

langen ist, aus praktischen Gründen einschränkt (BGE 121 III 13, E. 2b). Im Ge-

gensatz zum Konkursverfahren sprechen im Nachlassverfahren praktische Über-

legungen gerade gegen einen frühen Eintritt der perpetuatio fori. In Letzterem

braucht es nämlich eine aktive und freiwillige Mitarbeit des Schuldners sowie letzt-

lich ein von ihm zu unterbreitendes, "angemessenes Angebot" an die Gläubiger

(vgl. Art. 306 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG; KUKO SchKG-HUNKELER, Art. 306 N 5 ff.).

Wirkt der Schuldner nicht mit, ist eine Nachlasssanierung nicht möglich. Ferner

bedarf es zur Bestätigung eines Nachlassvertrages der Zustimmung einer be-

stimmten Mehrheit der Gläubiger (Art. 305 SchKG). Verlegt der Schuldner aber

seinen Wohnsitz bereits vor Ablauf der Stundung ins Ausland, so ist sowohl des-

sen Mitarbeit wie auch die Bereitschaft der Gläubiger, sich auf ein Nachlassver-

fahren einzulassen, in Frage gestellt. Möchte der Schuldner trotz einer bevorste-

henden Auswanderung seine Schulden im Wege eines Nachlassverfahrens in der

Schweiz sanieren, so ist es ihm zuzumuten, mit seinem Wohnsitzwechsel wenigs-

tens bis zur Einleitung des Bestätigungsverfahrens zuzuwarten und dadurch die

Unwägbarkeiten, die sich bei einem grenzüberschreitend durchzuführenden

Stundungsverfahren (Art. 299 ff. SchKG) andernfalls ergeben würden, zu vermei-

den.

9. Nach dem Gesagten tritt im Nachlassverfahren eine Fixierung des

Konkurs- und Nachlassortes wie folgt ein (a.A. HUNKELER/WOHL, in: Kostkiewicz et

al [Hrsg.], Kommentar SchKG, 4. Aufl. 2017, Art. 306 N 3, die ohne Begründung

von einem früheren Zeitpunkt einer perpetuatio fori ausgehen): Sofern dem Nach-

lassverfahren ein Konkurseröffnungsverfahren voranging (Art. 173a und Art. 293

lit. c SchKG), tritt die perpetuatio fori bereits in einem früheren Stadium ein, näm-

lich mit Zustellung der Konkursandrohung, des Zahlungsbefehls in der Wechsel-

betreibung bzw. der Vorladung zur Konkurseröffnungsverhandlung an den

Schuldner oder mit Stellung des Konkursbegehrens durch den Schuldner selbst.

Wird das Nachlassverfahren – wie vorliegend – ohne vorgängiges Konkursverfah-

ren auf Gesuch des Schuldners oder eines Gläubigers eingeleitet (Art. 293 lit. a

und lit. b SchKG), so tritt die perpetuatio fori entweder dadurch ein, dass das

Nachlassgericht dem Schuldner eine der Konkursandrohung funktional entspre-

chende Mitteilung macht (Aufforderung zur Stellungnahme zu einer möglichen

Konkurseröffnung) bzw. den Konkurs (bei Spruchreife) sogleich eröffnet. Andern-

falls tritt sie erst dann ein, wenn dem Schuldner die Einleitung des Bestätigungs-

verfahrens (Überweisung der Akten durch den Sachwalter an das Nachlassge-

richt; Art. 304 Abs. 1 SchKG) zur Kenntnis gebracht wird. Erst in diesem Stadium

des Nachlassverfahrens ist nämlich klar, dass – abgesehen von wenigen Aus-

nahmefällen – nun die eigentliche Zwangsvollstreckungsphase eingeleitet wird

(vgl. BGE 121 III 13, E. 1b), entweder durch "Zwangsvollstreckung" nach Mass-

gabe des zu bestätigenden Nachlassvertrages (Art. 314 ff. SchKG) oder aber

durch Konkurseröffnung.

10. Da vorliegend ein vorgängiges Konkurseröffnungsverfahren nicht

stattgefunden und die Vorinstanz dem Beschwerdeführer auch keine der Konkur-

sandrohung funktional entsprechende Mitteilung gemacht hat, ist eine perpetuatio

fori nach dem Gesagten noch nicht eingetreten. Im entscheidungsmassgeblichen

Zeitpunkt (Beginn der vorinstanzlichen Urteilsberatung; s. oben, E. IV.4) hatte der

Beschwerdeführer seinen Wohnsitz noch in der Schweiz, weshalb sich die Vor-

instanz zu Recht als zuständig erachtete. Wie bereits ausgeführt wurde (s. oben,

E. IV.8), ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren jedoch davon auszugehen,

dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz per Mitte August 2018 nach Ungarn

verlegen würde (bzw. nun bereits verlegt hat); dies hatte er vor Vorinstanz wie

auch in seiner Beschwerdeschrift als unumstössliche Tatsache dargestellt (vgl.

die insofern nicht beanstandeten Ausführungen der Vorinstanz). Obschon folglich

die internationale Zuständigkeit der Vorinstanz im massgeblichen Zeitpunkt des

Entscheids über die Bewilligung der provisorischen Nachlassstundung noch be-

stand, stand damals bereits fest, dass sie diese als Nachlassgericht für spätere,

im Nachlassverfahren notwendig werdende Entscheide (Bewilligung der definiti-

ven Stundung, definitive Einsetzung eines Sachwalters, Bestätigung eines Nach-

lassvertrages, allfällige Konkurseröffnung etc.) einbüssen würde. Da entspre-

chend von Anfang an feststand, dass das Nachlassverfahren aufgrund eines un-

mittelbar bevorstehenden Wegzugs des Schuldners ins Ausland ohnehin nicht

würde zu Ende geführt werden können und dass auch eine Sanierung i.e.S. in der

verbleibenden Zeit nicht möglich sein würde, wies die Vorinstanz das Nachlass-

gesuch des Beschwerdeführers zu Recht ab. Die provisorische Nachlassstundung

zu bewilligen, um sie dann nur kurze Zeit später – ohne jede Aussicht auf zwi-

schenzeitliche Sanierung – aufgrund wegfallender internationaler Zuständigkeit

wieder aufheben zu müssen, wäre nicht sinnvoll und mit den Interessen der Gläu-

biger nicht zu vereinbaren. Vielmehr erscheint ein solches Gesuch bei festste-

hendem Wille, in naher Zukunft ins Ausland zu ziehen, als missbräuchlich.

11. Da das Stundungsgesuch des Beschwerdeführers folglich zwar ma-

teriell unbegründet und deshalb abzuweisen ist, eine vertiefte Prüfung seiner fi-

nanziellen Verhältnisse jedoch unterbleiben kann, ging die Vorinstanz zu Recht

davon aus, dass (ausnahmsweise) der Konkurs nicht zu eröffnen ist (vgl. BGE

142 III 364, E. 2.3; UMBACH-SPAHN/KESSELBACH/BURKHALTER, a.a.O., Art. 293a

N 17; KUKO SchKG-HUNKELER, Art. 293a N 9). Die Beschwerde ist folglich abzu-

weisen, soweit darauf einzutreten ist. Ferner ist die Anweisung an das Betrei-

bungsamt Kloten, die Verteilung der Einkommenspfändung betreffend Juli-Lohn

samt Zulagen (Dienstaltersgeschenk und Anteil 13. Monatslohn) einstweilen auf-

zuschieben (Verfügung vom 20. Juli 2018), aufzuheben.

12. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass es dem Beschwerdeführer

freisteht, ein neues Gesuch um provisorische Nachlassstundung einzureichen. In

einem solchen Verfahren wäre die neue Tatsache eines nun doch nicht stattfin-

denden Wegzugs zu berücksichtigen, da diese von der Rechtskraft des vorlie-

genden Entscheids nicht erfasst wird (s. oben, E. IV.4). Rückwirkend könnte die

Nachlassstundung freilich auch dann nicht bewilligt werden, ebenso wenig wie

solches im vorliegenden Verfahren hätte angeordnet werden können (wovon der

Beschwerdeführer aber auszugehen scheint). Ebenso wie ein Konkurs nur mit

Wirkung für die Zukunft eröffnet werden kann, ist auch die Bewilligung der Nach-

lassstundung nur ex nunc und nicht per Gesuchseinreichung möglich.

Obergericht, II. Zivilkammer

Urteil vom 3. September 2018 Geschäfts-Nr.: PS180131-O/U