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Literatur und Kritik. 89 terkorn hervor, dass Verf. die Arbeit Tulasnc'd zwar im Auszuge gelesen, aber nicht iiberall richtig verstanden habe. Man sicht aus den genannten Proben zur Geniigc, dass das ,, Waa- ren -Lexicon I' nur mit grosser Vorsicht zu benutzen ist. H. Utile cum dulci. Heft IX. Acotyledonische Mu- scnklange oder: Der Cryptogamen Liebesfreu- den und Familienleben. Eino bliithenlosc Erbauungs-, Zeitvertreibungs- und Repeti- tions-Lcctiire von Franz Hagen. Breslau 1870. 88 Seiten. Ueber Format und Ausstattung, sowie uber die ganze Tendehz der unter obigem Titel erscheinenden Sammlung habcn wir uns fruher bereits zur Geniige ausgesprochen und konnen um so eher auf jene Besprechun- gcn verweisen, als das 9. Heft sich ganz in demselben Sinne den friihcr erschienenen anreiht , nur dass es etwas sorgfaltiger ausgearbeitet ist, 81s jcne, und sich innerhalb der Grenzen des Anstandes halt. An einzelncn Tjnrichtigkeiten iind Cngcnauigkeiten fehlt es auch in diesem Werkchen nicht. Wir heben nur einige Beispiele hervor. Auf Seite 13 wird von den Pilzcn schlechtweg gesagt: ,,Indcm beim Athmen sic dor Luft dcn Sauerstoff entziehen. I' Jcdenfalls entnehnien die Pilze ihrcn Sauerstoff nur unter bcsondcren Verhiiltnisscn der atmospharischen Luft direct, wie Pasteur das fur 1Iefe- und ,Schimmelpilre schlagend nachgewicsen hat. Die einzelligen Pilzformen merden ganz unberiicksich- tigt gelassen. Das Mycelium, dcssen I3au nicht weiter bcschriebcn wird, als durch den Ausdruck ,, fasrig verewcigt, I' sol1 auch als W'urzel gelten. Die Pruchtbehalter sollen ,, Fungin sich nennen laasen." 1st das Licentia poEtica, so geht sic doch etwas wit. Die Sporenschlauche werden bald ,, Theca" und bald ,, Teca Die Keimung der Pilze sol1 meist unhekannt sein (S. 15) und Verf. kommt gar auf die Vcrmuthung, die Spore werde ,,irgendwie auf unbe- kanntcn Wegen zuerst Wruehtet." Dcr Polymorphie der Pilze wird nicht Ermahnung gethan, in Folge desscn steht auch die zu Grunde ge- legte Eintheiluug in dem starkstcn \viderspruch gegen die neueren Pilz- forschungen seit Tulasnes klassischen Arbeiten. n e i den ,,Basidiosporae," einer an sich schon unhaltbaren Pilzgruppc, sollon die Sporen meist zu Vieren stchen, cinc Behauptung, die hochstens auf die Hynienomyceten passt uud welche zeigt, dass Verf. die Pilze nur aus Biichern, nicht aber aus der Natur kennt. Der Seidenraupcnpilz wird Botrytis Rassyana (statt Rassiana) genannt und zu den Schimmelpilzen gercchnet. Bekanntlich ist aber die gcfiirch- tetc Gattinc gar nicht diesem Pilz, sondern der IIcfe von Plcospora her- barum Tul. zuzuschreiben. 8tatt Oidium Tuckeri schreibt Verf. : ,,O. Tuceri." Uebrigens weiss man langst durch Tulasne, dass dieser Pila riner Erysibe angehiirt. Die Peronospora wird in die vom Verf. beibehaltene Gruppe der Schimmclpilzc gcbracht. Verfasser trmnt die Tuberaceen von den Pyrcnomyccten, ohne einen Grund daEr anzugeben. Yon den Diacomyce- ten wird behauptet, dass sie sich ,,dicht an die Hautpilze reihen." geschrieben.

Utile cum dulci. Heft IX. Acotyledonische Musenklänge oder: Der Cryptogamen Liebesfreuden und Familienleben. Eine blüthenlose Erbaungs-, Zeitvertreibungs- und Repetitions-Lectüre

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Page 1: Utile cum dulci. Heft IX. Acotyledonische Musenklänge oder: Der Cryptogamen Liebesfreuden und Familienleben. Eine blüthenlose Erbaungs-, Zeitvertreibungs- und Repetitions-Lectüre

Literatur und Kritik. 89

terkorn hervor, dass Verf. die Arbeit Tulasnc'd zwar im Auszuge gelesen, aber nicht iiberall richtig verstanden habe.

Man sicht aus den genannten Proben zur Geniigc, dass das ,, Waa- ren -Lexicon I' nur mit grosser Vorsicht zu benutzen ist. H.

U t i l e c u m d u l c i . H e f t IX. A c o t y l e d o n i s c h e M u - s c n k l a n g e oder: D e r C r y p t o g a m e n L i e b e s f r e u - d e n u n d F a m i l i e n l e b e n . E i n o b l i i t h e n l o s c E r b a u u n g s - , Z e i t v e r t r e i b u n g s - u n d R e p e t i - t i o n s - L c c t i i r e v o n F r a n z H a g e n . Breslau 1870. 88 Seiten.

Ueber Format und Ausstattung, sowie uber die ganze Tendehz der unter obigem Titel erscheinenden Sammlung habcn wir uns fruher bereits zur Geniige ausgesprochen und konnen um so eher auf jene Besprechun- gcn verweisen, als das 9. Heft sich ganz in demselben Sinne den friihcr erschienenen anreiht , nur dass es etwas sorgfaltiger ausgearbeitet ist, 81s jcne, und sich innerhalb der Grenzen des Anstandes halt.

An einzelncn Tjnrichtigkeiten iind Cngcnauigkeiten fehlt es auch in diesem Werkchen nicht. Wir heben nur einige Beispiele hervor. Auf Seite 13 wird von den Pilzcn schlechtweg gesagt: ,,Indcm beim Athmen sic dor Luft dcn Sauerstoff entziehen. I' Jcdenfalls entnehnien die Pilze ihrcn Sauerstoff nur unter bcsondcren Verhiiltnisscn der atmospharischen Luft direct, wie Pasteur das fur 1Iefe- und ,Schimmelpilre schlagend nachgewicsen hat. Die einzelligen Pilzformen merden ganz unberiicksich- tigt gelassen. Das Mycelium, dcssen I3au nicht weiter bcschriebcn wird, als durch den Ausdruck ,, fasrig verewcigt, I' sol1 auch als W'urzel gelten. Die Pruchtbehalter sollen ,, Fungin sich nennen laasen." 1st das Licentia poEtica, so geht sic doch etwas wit. Die Sporenschlauche werden bald ,, Theca" und bald ,, Teca

Die Keimung der Pilze sol1 meist unhekannt sein (S. 15) und Verf. kommt gar auf die Vcrmuthung, die Spore werde ,,irgendwie auf unbe- kanntcn Wegen zuerst Wruehtet." Dcr Polymorphie der Pilze wird nicht Ermahnung gethan, in Folge desscn steht auch die zu Grunde ge- legte Eintheiluug in dem starkstcn \viderspruch gegen die neueren Pilz- forschungen seit Tulasnes klassischen Arbeiten.

n e i den ,,Basidiosporae," einer an sich schon unhaltbaren Pilzgruppc, sollon die Sporen meist zu Vieren stchen, cinc Behauptung, die hochstens auf die Hynienomyceten passt uud welche zeigt, dass Verf. die Pilze nur aus Biichern, nicht aber aus der Natur kennt.

Der Seidenraupcnpilz wird Botrytis Rassyana (statt Rassiana) genannt und zu den Schimmelpilzen gercchnet. Bekanntlich ist aber die gcfiirch- tetc Gattinc gar nicht diesem Pilz, sondern der IIcfe von Plcospora her- barum Tul. zuzuschreiben. 8tatt Oidium Tuckeri schreibt Verf. : ,,O. Tuceri." Uebrigens weiss man langst durch Tulasne, dass dieser Pi la riner Erysibe angehiirt. Die Peronospora wird in die vom Verf. beibehaltene Gruppe der Schimmclpilzc gcbracht. Verfasser t rmnt die Tuberaceen von den Pyrcnomyccten, ohne einen Grund d a E r anzugeben. Yon den Diacomyce- ten wird behauptet, dass sie sich ,,dicht an die Hautpilze reihen."

geschrieben.

Page 2: Utile cum dulci. Heft IX. Acotyledonische Musenklänge oder: Der Cryptogamen Liebesfreuden und Familienleben. Eine blüthenlose Erbaungs-, Zeitvertreibungs- und Repetitions-Lectüre

90 Literatur und Kritik.

Es mijgen der Beispiele genug sein, um zu zcigcn, dase das Wcrk- chen cineri Geiibtcii wohl auf cinc Stundc amiisiren knnn, dass es aber eincm Anl'bnger durchaus nicht zu empfehlell i s t , weil dieser zahlreiche Irrthiinier daraus achiipfcn wiirde. H.

Die E l e m e n t e d e r P h a r m a c i e . D r i t t e r Theil . Zoologie. Bearbeitct von Prof. Dr. Ji iger. E r s t e Lieferung. Breslau-1870. 8. 96 Seiten.

Dic Ausstattung ist die ncmlichc, wic bci deni von IIcnkel selbst bearbeitctcn Theil.

Nutiirlich zerfallt dcm Yerf. seino Aufgnbe in einen allgemcinen und cincn besonderen Thcil. Die Benrbcitung macht iin Ganzen den Eindruck dcr Griiiidlichkeit uud ciner sorgfiiltigen Bcnutzung dcr Literatur. An einzelnen Pehlcrn und Miingcln fchlt cs natiirlich nicht. Uetrachten wir zuniichJt den allgenicincn Tlicil.

I n dcr Zoochcniic heisst es nuf Scitc 5 : die Piihigkcit, thierische Substaiiz zu bilden, komme tiur den Pflauzcn zu. Daa klingt etwas para- dox, wenn Verf. a w h das Richtigo gerneiiit haben mag. Dem , , P r o - t i s t e n r e i c Ii " wird ohne Weitercs zugestimmt und iiicht A k t davon genoninien , dnss die incisten Zoologen und 13otanikcr dicscr Ansicht noch keineswegs beigctretcn sind.

Die Uebersicht iiber die Zuochemic ist iibrigcns fir Anfanger nicht iibel, wenn aueh keincswcgs ausreicheud. E i n nicht bloss in dieseni IIeft, sondcrn auch im botanischcn Thcil sehr fih1b:irer Mangel ist der einer ausfuhrlichcn Erlauterung der bcigcfugten Abbildungcn. Diese sind oft nicht einmal ini Tes t citirt, auch hiittcn dic Originalquellen gcnannt wer- den miissen, denn cs sincl ogcnbnr lautcr Copieen.

Recht geschickt , unbcschadet ciuzelncr Fehlcr , is t dic Histologic bearbcitet.

Ein griindliches Urthcil k6nnen wir uns jcdenfnlls erst nach dem vollutiindigen Erschcinen des Werkcs bilden , doch berechtigen die vor- liegcndcn Abschnitte zur Erwartung cines gedicgcncn und brauchbaren Werkcs. H.