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V10 Iod-Stärke-Reaktion Fach Klasse Überthema Feinthema Zeit Chemie Q2 Kohlenhydrate Stärke 1 h Zusammenfassung Verschiedene Stärkehaltige Produkte und verschiedene Stärken werden auf ihre Reaktion mit Iod-Lösung hin untersucht. Ebenso wird die Hitzeeinwirkung auf eine Iod- Stärke-Lösung und die Speicheleinwirkung getestet. Einordnung in den Unterricht 1 Der Versuch kann in der Qualifikationsphase Q2 zum Thema Kohlenhydrate durchgeführt werden. Die Iod-Stärke-Reaktion sollte jeder Schüler und jede Schülerin einmal selbst durchführen, da es sich um einen wichtigen Nachweis handelt. Der Versuch kann im Anschluss an die Herstellung des Stärkekleisters gemacht werden. Zu diesem Zeitpunkt ist der Aufbau von Stärke den SuS bereits bekannt und auch die weiteren Aspekte der Zuckerchemie. Die Struktur der Stärkehelix sollte daher auch bekannt sein. Die restlichen theoretischen Hintergründe sollen mithilfe des Arbeitsblattes selbst erarbeitet werden. Zudem dürfte der Stärkenachweis den SuS bereits aus dem Fach Biologie bekannt sein, da in der Klasse 7G.3 Fotosynthese und Zellatmung bei den Themen, Bedeutung der Fotosynthese als Voraussetzung für das Wachstum, die Fortpflanzung und Überwinterung und Bedeutung der Fotosynthese für das Leben auf der Erde und unsere Ernährung, die Nachweisreaktionen von Glucose und Stärke durchgeführt wird. Allerdings geschieht dies dort nicht auf dem gleichen theoretischen Niveau. 1 Vgl. Hirt, A.: Lehrplan Chemie (2010).

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V10 Iod-Stärke-Reaktion

Fach Klasse Überthema Feinthema Zeit

Chemie Q2 Kohlenhydrate Stärke 1 h

Zusammenfassung

Verschiedene Stärkehaltige Produkte und verschiedene Stärken werden auf ihre

Reaktion mit Iod-Lösung hin untersucht. Ebenso wird die Hitzeeinwirkung auf eine Iod-

Stärke-Lösung und die Speicheleinwirkung getestet.

Einordnung in den Unterricht1

Der Versuch kann in der Qualifikationsphase Q2 zum Thema Kohlenhydrate

durchgeführt werden. Die Iod-Stärke-Reaktion sollte jeder Schüler und jede Schülerin

einmal selbst durchführen, da es sich um einen wichtigen Nachweis handelt. Der

Versuch kann im Anschluss an die Herstellung des Stärkekleisters gemacht werden. Zu

diesem Zeitpunkt ist der Aufbau von Stärke den SuS bereits bekannt und auch die

weiteren Aspekte der Zuckerchemie. Die Struktur der Stärkehelix sollte daher auch

bekannt sein. Die restlichen theoretischen Hintergründe sollen mithilfe des

Arbeitsblattes selbst erarbeitet werden. Zudem dürfte der Stärkenachweis den SuS

bereits aus dem Fach Biologie bekannt sein, da in der Klasse 7G.3 Fotosynthese und

Zellatmung bei den Themen, Bedeutung der Fotosynthese als Voraussetzung für das

Wachstum, die Fortpflanzung und Überwinterung und Bedeutung der Fotosynthese für

das Leben auf der Erde und unsere Ernährung, die Nachweisreaktionen von Glucose und

Stärke durchgeführt wird. Allerdings geschieht dies dort nicht auf dem gleichen

theoretischen Niveau.

1 Vgl. Hirt, A.: Lehrplan Chemie (2010).

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Der Versuch

Die Durchführung

Abbildung 1: Die für den Versuch benötigten Materialien.

Herstellung des Nachweisreagenzes

Aus Betaisodona® oder Braunol-Lösung wird eine wässrige Lösung hergestellt. Dazu

wird eine Verdünnung von 1(Betaisodona®):50 (Wasser) hergestellt.

a) Iod-Stärke Reaktion von verschiedenen Speisestärken

Der Boden eines Schnappdeckelglases wird mit der jeweiligen Speisestärke bedeckt,

etwa 5 cm hoch Wasser hinzugefügt und geschüttelt. Dann wird Iod-Lösung mithilfe

eines Strohhalms hinzu getropft, bis eine deutlich sichtbare Verfärbung bestehen bleibt.

b) Iod-Stärke Reaktion von Nudeln und Reis

Die Iod-Stärke Reaktion wird wie in Versuchsteil a) durchgeführt. Dafür werden einige

Nudeln (Reis) in einem Glas mit etwas Wasser bedeckt und etwas der Iod-Lösung dazu

getropft. Danach werden einige Nudeln in einem Kochtopf in ein wenig Wasser gekocht,

genauso wird mit dem Reis vorgegangen. Danach wird etwas des Reis- oder

Nudelwassers und einige Reiskörner oder Nudeln in ein Glas gefüllt und die Iod-

Stärkereaktion durchgeführt.

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Anschließend werden die mit Iod und Nudeln behandelten Lösungen erhitzt und es wird

beobachtet was geschieht.2

c) Iod-Stärke Reaktion von anderen Produkten

Vorgehensweise genauso wie in a).

Die Beobachtung

a) Wird zu den verschiedenen mit Wasser überschichteten, Speisestärke enthaltenen

Produkten etwas der Iod-Lösung getropft, so bilden sich blaue Schlieren. Wird mehr des

Nachweisreagenzes hinzugegeben, so färbt sich allmählich die gesamte Lösung blau.

Wird einige Zeit gewartet, so ist ersichtlich, dass sich die Lösung mit Maisstärke rötlich

verfärbt, wobei auch der Bodenkörper eine rote Färbung zeigt. Bei Produkten mit

Kartoffelstärke und Weizen stärke bleibt die blaue Färbung erhalten.

Verfärbung des Puddingpulvers bei Zugabe von Iod-Lösung:

Abbildung 2: Links: Verfärbung von Puddingpulver nach Zutropfen von 5 Tropfen Iod-Lösung. Blau-violette Verfärbung von Puddingpulver beim Zutropfen von 10 Tropfen Iod-Lösung.

2 Ein Film über das Erhitzen eines Iod-Stärke-Gemischs kann unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.chids.de/dachs/filme/ueberblick_filme02.html#F0075.

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Verfärbung der Maisstärke bei Zugabe von Iod-Lösung

Abbildung 3: Links: Zutropfen von 5 Tropfen Iod-Lösung. Mitte: Tiefe blau-violette Färbung beim Zutropfen von 10 Tropfen Iod-Lösung. Rechts: Rotfärbung des Bodenkörpers, nachdem die Lösung einige Zeit stehen

gelassen wurde.

Verfärbung des Backpulvers bei Zugabe von Iod-Lösung

Abbildung 4: Links: Verfärbung der Backpulverlösung nach Zugabe von 5 Tropfen Iod-Lösung. Rechts: Intensive Blaufärbung nach Zugabe von 10 Tropfen Iod-Lösung.

Abbildung 5: In der Übersicht Proben, nachdem sie einige Zeit stehen gelassen wurden. Rechts: Puddingpulver, Mitte: Backpulver, Links: Maisstärke

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b) Wird der Nachweis mit den nicht gekochten Proben von Nudeln und Reis

durchgeführt, so ist keine Verfärbung der Lösung erkennbar.

Abbildung 6: Links: Zutropfen von Iod-Stärke-Lösung zu ungekochtem Reis. Rechts: Zutropfen von Iod-Stärke-Lösung zu ungekochten Nudeln.

Bei den gekochten Proben zeigt sich jedoch eine besonders intensive Färbung bei

Zugabe von nur zwei Tropfen des Nachweisreagenzes.

Abbildung 7: Links: Blaufärbung des gekochten Reis bei Zugabe von wenigen Tropfen Iod-Stärke-Lösung. Rechts: Blaufärbung der gekochten Nudeln nach Zugabe von wenig Iod-Stärke-Lösung.

Abbildung 8: Links: Blaufärbung des gekochten Reis bei Zugabe von 6 Tropfen Iod-Stärke-Lösung. Rechts: Blaufärbung der gekochten Nudeln nach Zugabe von 6 Tropfen Iod-Stärke-Lösung.

Werden die blauen Lösungen erhitzt, verschwindet die Färbung. Beim Erkalten der

Lösung taucht die blaue Färbung allmählich wieder auf.

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Abbildung 9: Erhitzen der Iod-Stärke-Probe von Nudelwasser. Links Färbung vor dem Erhitzen. Rechts: Blaufärbung nach dem Erhitzen.

c) Die Probe mit den Haferflocken zeigt eindeutig einen positiven Stärkenachweis. Die

Probe erscheint intensiv blau. Beim Nachweis von Stärke in der Banane kann beobachtet

werden, dass auch diese Stärke enthält. Dabei zeigen sich zunächst an der Außenseite

blauschwarze Punkte. Wird das Stück Banane im Schnappdeckelglas gut geschüttelt so

ist eine leichte Blau Verfärbung der gesamten Lösung erkennbar. Der Nachweis ist

eindeutig positiv.

Abbildung 10: Links: positiver Stärkenachweis bei Haferflocken. Rechts: positiver Stärkenachweis bei einer Banane.

Entsorgung

Die Lösungen können mit viel Wasser in den Abfluss entsorgt werden. Sonstige Reste

können in den Bio- oder Haushaltsmüll entsorgt werden.

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Fachlicher Hintergrund

Kohlenhydrate in Form von Stärke stellen einen wichtigen Teil unserer Nahrung dar.

Doch was nehmen wir da eigentlich zu uns? Informiere dich über Stärke. Wie ist sie

aufgebaut?

Stärke ist das Reservekohlenhydrat der Pflanzen. Sie ist ein Polysaccharid, also ein

Polymer, dass aus Monosaccharid-Einheiten aufgebaut ist. Sie wird auch als Polyglucose

bezeichnet, da sie aus vielen -D-Glucose-Einheiten besteht. Der Präfix bezeichnet die

axiale Stellung der Hydroxy-Gruppe am anomeren Zentrum. Dieses ergibt sich beim

Ringschluss der Glucose als ein neues Stereozentrum mit zwei unterschiedlichen

Anordnungsmöglichkeiten der Hydroxy-Gruppe. Steht die Hydroxy-Gruppe äquatorial

wird sie als gekennzeichnet.

O

OHOH

HH

H

H

HOHOH

OH

O

OH

OH

HH

H

H H

OHOH

OH

( OH-Gruppe steht axial)

( OH-Gruppe steht äquatorial) ( OH-Gruppe steht äquatorial) ( OH-Gruppe steht äquatorial)

anomeres Kohlenstoffatom

anomeres Kohlenstoffatom

a-D-Glucose -D-Glucose

Hauptstärkequellen sind zum Beispiel Kartoffeln, Weizen, Mais und Reis. Stärke lässt

sich in ihre zwei Hauptbestandteile Amylose und Amylopektin unterteilen. Die Glucose-

Einheiten der Amylose sind über -1,4-glycosidische Bindungen miteinander verknüpft.

Dies bedeutet, dass jedes C1-Atom eines -D-Glucose-Monomers mit einem C4-Atom

eines anderen -D-Glucose-Monomers verbunden ist; es bilden sich quasi Maltose-

Einheiten.3

3 Vgl. Vollhardt, K.P.C., Schore, N.E.: Organische Chemie. S. 1292.

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Amylose

O

OOH

HH

H

H

HOHO

OH

O

OOH

HH

H

H

HOH

OH

O

OOH

HH

H

H

HOH

OH

Maltose-Einheit

1

4

-D-Glucopyranose

Aus dieser Konfiguration des anomeren C-Atoms ergibt sich eine lineare, spiralförmige

Helixstruktur für die Amylose. Eine Windung der Helix wird aus 6-8 Glucose-Molekülen

gebildet.

eine Windung der Spirale in Amylose

OH

O

O

OH

OHO

OH

OO

OH

OH

OHO

O

OH

OH

O

OOH

OH OH

OO

OH

OH

OH

O

OOH OH

OH

O

O OH OHOH

OH

O

OOH

OHOH

O OH

OH

OH

OO

OH

OHO

OOH

OH

OH

O

OH

OH

OH

OH

O

O

OH

OHOH

OH

OO

OH

OH

OHO

OOH

OH

OH

O

O

OH

OH OH

OO

OH

OH

OH

O

OOH OH

OH

Helixstruktur der Amylose

Im Gegensatz dazu besitzt Amylopektin Verzweigungen, die hauptsächlich vom C6 jeder

fünfundzwanzigsten Glucose-Einheit abgehen.4

4 Vgl. Vollhardt, K.P.C., Schore, N.E.: Organische Chemie. S. 1292.

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O

O

OOH

HH

H

H

HOHO

OH

O

OOH

HH

H

H

HOH

O

O

OOH

HH

H

H

HOH

OH

O

OH

HH

H

H

HOH

OH

Verzweigungspunkt

Ausschnitt aus der Struktur von Amylopektin

-1,6-glycosidisch-verbunden

Dies bedeutet, dass die Glucose-Einheiten der Grundketten von Amylopektin wie bei

Amylose -1,4-glycosidisch verknüpft sind, woraus sich auch hier eine Helixstruktur

ergibt. Diese werden jedoch von -1,6-glycosidischen Verzweigungsstellen

unterbrochen.5

OH

O

O

OH

OHO

O

OO

OH

OH

OHO

O

OH

OH

O

OOH

OH OH

OO

OH

OH

OH

O

OOH OH

OH

O

OH

OHO

OH

O

OH

OHOH

OH

1,6-Verzweigung

eine Windung aus der Amylopektinspirale

Da der Mensch in der Lage ist, Stärke zu verdauen, gehört sie zu den wichtigsten

Bestandteilen unserer Nahrung. Als Zutat in Lebensmitteln, wird Stärke als Bindemittel

sowie als Füll- und Trägerstoff verwendet. Überdies spielt sie in der Chemie-, Papier-

und Verpackungsindustrie als biologisch abbaubarer, nachwachsender Rohstoff eine

bedeutende Rolle. Zunehmend werden aus unterschiedlichen Stärken Kleister,

5 Vgl. Ebermann, R., Elmadfa, I.: Lehrbuch Lebensmittelchemie und Ernährung. S. 43-45.

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abbaubare Kunststoffe, abbaubare Verpackungen, Kleb- und Schmierstoffe sowie

sonstige Baumaterialien entwickelt.6

In der Industrie werden sogar sogenannte transgene Pflanzen kreiert, bei denen durch

Einklonieren von bestimmten Genen zum einen der Stärkegehalt an sich gesteigert wird

und zum anderen der Anteil von Amylopektin zu Amylose verändert wird. Dadurch

erhält die Stärke unterschiedliche Beschaffenheit, je nachdem für was sie verwendet

werden soll.7 Zum Beispiel werden spezielle Züchtungen von Maisstärken hergestellt,

bei denen der Amylopektingehalt um 90 % oder aber der Amylosegehalt um 80 %

gesteigert wird.8

Amylopektin wird vor allem industriell für die Herstellung von Stärkekleistern benötigt,

wohingegen Amylose eher zu gelierartigen Produkten führt, was nicht erwünscht ist. Da

die Trennung der beiden Bestandteile von Stärke chemisch und energetisch aufwändig

ist, wurde eine Industriekartoffel entwickelt, deren Stärke fast amylosefrei ist. Die

sogenannte Amflora sorgte als erste gentechnisch veränderte Nutzpflanze für viele

politische Grundsatzkonflikte, sodass sie erst am 02.03.2010 durch die EU-Kommission

zugelassen wurde – dreizehn Jahre nach dem ersten Zulassungsantrag.9

Was geschieht bei dem Nachweis von Stärke mit dem Reagenz aus Iod-

Kaliumiodid?

Elementares Iod ist kaum in Wasser löslich. Daher wird es normalerweise mit Kalium-

Iodid-Lösung vermischt, sodass Iod-Iodid-Komplexe, Polyiodid-Ionen, entstehen, die

sich im Wasser lösen. Eine solche Lösung wird auch Lugolsche Lösung genannt:10

6 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung: Lexikon, Stärke, das in der menschlichen Nahrung vorherrschende Kohlenhydrat. In: Biosicherheit Gentechnik-Pflanzen-Umwelt. URL: http://www.biosicherheit.de/lexikon/751.staerke.html. Letzter Zugriff am: 26.08.2011. 7 Vgl. Schmid, R.: Taschenatlas der Biotechnologie und Gentechnik. S.176. 8 Vgl. Ebermann R., Elmadfa, I.: Lehrbuch Lebensmittelchemie und Ernährung. S. 43-45. 9 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung: Gv-Stärkekartoffel als Nachwachsender Rohstoff Amflora- eine Kartoffel für die Industrie. In: Biosicherheit Gentechnik-Pflanzen-Umwelt. URL: http://www.biosicherheit.de/forschung/kartoffel/263.amflora-kartoffel-industrie.html. Letzter Zugriff am: 26.08.2011. 10 Vgl. Wiechoczek, D.: Der Iod-Stärke-Komplex. In: Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie. URL: http://www.chemieunterricht.de/dc2/mwg/g-iodsta.htm. Letzter Zugriff am: 26.08.2011.

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+ I2(aq/s)I-

(aq) I3-

(aq)

+ 2 I2(aq/s)I-

(aq) I5-

(aq)

+ 3 I2(aq/s)I-

(aq) I7-

(aq)

In Betaisodona® kommt Iod in Form eines wasserlöslichen Komplexes, Providon, vor.

Darin liegt das Triiodid-Anion, I3-(aq), bereits ionisch an ein Kation gebunden vor,

wodurch die Löslichkeit in Wasser gegeben wird.11

Die braune Farbe im Wasser kann aufgrund der Bildung von sogenannten Charge-

Transfer-Komplexen beobachtet werden. Diese entstehen zum einen, indem eine

Elektronenübertragung vom jeweiligen Lösungsmittel ausgehend auf die I2-Moleküle

erfolgt. Zum Beispiel können freie Elektronenpaare der O-Atome Elektronendonatoren

sein. Zum anderen können auch die Iodid-Ionen im Iod-Iodid-Komplex als solche

fungieren. Folgendes Gleichgewichtsschema liegt der Bildung dieses Komplexes

allgemein zugrunde:

I2(aq/s) D I2-

(aq) D+

D = Elektronendonor

Die Elektronen in diesen Charge-Transfer-Komplexen sind leicht durch Absorption von

Lichtquanten anzuregen. Im Polyiodid-Ion sind drei Charge-Transfer-

Elektronenübergänge möglich, die alle im blauen Wellenlängenbereich des sichtbaren

Lichtes absorbieren. Die noch verbleibenden roten und gelben Wellenlängenanteile des

Lichtes erzeugen den braunen Farbeindruck der Lösung.12

Wird die wässrige Lösung von Polyiodid-Ionen nun mit Stärke vermischt, so bildet sich

ebenfalls ein Komplex, der Iod-Stärke-Komplex.

11 Vgl. Strecker, W.: Science, Hintergrundwissen, Desinfektionswirkstoffe, Povidon-Iod (PVP-Iod). In: BODE Chemie GmbH. URL: http://bode-chemie.de/science/hintergrundwissen/desinfektionswirkstoffe_povidon.php. Letzter Zugriff am: 26.08.2011. 12 Vgl. Riedel, E.: Anorganische Chemie. 6. Auflage. Berlin 2004. S.400, 702-703.

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Iod + Stärke Iod-Stärke-Komplex

Dabei werden die Polyiodid-Ionen in die Spiralen der Stärkehelices eingelagert. Diese

Einschlussverbindung ist ebenfalls ein Charge-Transfer-Komplex, wobei die

Stärkemoleküle die Elektronendonatoren darstellen. Durch die dadurch entstehenden

Wechselwirkungen und die damit verbundene Elektronenanregung wird die

beobachtete blaue Farbe der Lösung hervorgerufen. Der auftretende Farbton wird durch

das Absorptionsmaximum beeinflusst, welches mit der Länge der Helix zusammenhängt.

Wird diese durch viele 1,6-Verzweigungen immer wieder unterbrochen, so wird das

Absorptionsmaximum verändert und die Lösung erscheint in einem anderen Blauton.

Bei Absorption von langwelligerem Licht, wie dies bei Amylose der Fall ist, wird eine

dunkelblaue Lösung erzeugt. Amylopektin hingegen absorbiert im kürzeren

Wellenlängenbereich, was zu einem roten Farbeindruck führt. Die Mischfarbe von

diesen zwei Anteilen ergibt dann den Gesamtfarbeindruck der Lösung. Dies erklärt auch,

warum bei dem Versuch der Farbnachweis mit Iod-Kaliumiodid zu unterschiedlichen

Blautönen führt. Je nachdem, in welchem Verhältnis die beiden Bestandteile der Stärke

vorliegen, erscheint die Lösung dem Betrachter eher dunkelblauviolett oder rotblau.

Daher kann so indirekt auf die Zusammensetzung der Stärken in den verschiedenen

Produkten geschlossen werden.13

Ein weiterer Punkt, der bei der Färbung mitschwingt, ist die unterschiedliche Löslichkeit

von Amylopektin und Amylose in Wasser. Beide Bestandteile der Stärke lösen sich in

heißem Wasser gut, allerdings löst sich Amylose schlechter in kaltem Wasser. Dies

konnte bei dem Versuch bei den Proben von Reis und Nudeln festgestellt werden. Die

Nudeln bzw. der Reis müssen zuerst gekocht werden, damit zum einen die Stäke aus den

Reiskörnern bzw. den Nudeln freigesetzt werden kann und sich zum anderen diese gut

im Kochwasser löst. Dies wird eindeutig durch die tiefblaue Farbänderung bei der

Zugabe von nur wenigen Tropfen Nachweisreagenz gezeigt.

Bei der Probe von Puddingpulver ist eine Mischfarbe zwischen rot und blau nach

Schütteln des Schnappdeckelgläschens zu erkennen, was darauf hinweist, dass beide

Anteile, Amylose und Amylopektin, in der Lösung vorliegen. Sobald das Gläschen jedoch

einige Zeit stehen gelassen wird, setzt sich ein eher rötlicher Bodenkörper ab. Dies

13 Vgl. Ebermann, R., Elmadfa, I.: Lehrbuch Lebensmittelchemie und Ernährung. S. 43-45.

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bedeutet, dass die im Puddingpulver enthaltene Stärke zu einem großen Anteil aus

Amylopektin besteht. Bei den Proben von Maisstärke und Weizenstärke, die im

Backpulver enthalten sind, konnte festgestellt werden, dass sich in der Weizenstärke ein

großer Anteil an Amylose befindet, da die Lösung einen tiefblauen Farbton aufweist. Der

nach einiger Zeit entstehende Bodenkörper zeigt allerdings keine Färbung, sondern

erscheint weiß. Maisstäke ergibt mit Iod-Kaliumiodid-Lösung eher einen rötlichen

Farbton, was auf einen hohen Anteil an Amylopektin schließen lässt. Auch der

Bodenkörper, der sich nach einiger Zeit bildet, ist rot.