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Archly fiir Gewerbepathologie und Gewerbehygiene 18, 556--564 (1961) Aus dem Institut fiir Arbeitshygieneund Berufskrankheiten, Abteflung fiir experimentelleBiologie(Leiter: Prof. Dr. med. J. TEISlNG:~R), Prag Yeriinderungen in der chemischen Zusammensetzung derLunge wiihrend der Entwicklung der experimentellen Silikose Von M. CHVAPm,Prag Mit 5 Textabbildungen (Eingegangen am 24. Juni 1961) Das Ziel dieser Mitteilung ist es, auf einige gemeinsame biochemisehe Ziige der Entwicklung der fibroplastisehen Entziindung in den Lungen w~hrend der Bfldung der L~sion mit Entziindungen, hervorgerufen ent- weder durch die Anwendung fibroplastisch wirkender organischer Stoffe (Carragheen, Algins/iure) oder direkt im Verlauf der Heilung der Schnittwunde, aufmerksam zu maehen. Die Wirkung, sei es physikaliseher (Zug-Druek, W/irme, Strahlung), sei es ehemiseher Reize (z. B. Terpentin, Tetraehlormethan, Carragheen und alle Typen aggressiven Staubes) verursaeht in dem betroffenen Gewebe eine Reihe yon Ver/~nderungen, die vor allem in der biologisch reaktivsten Gewebssehieht, d.i. im Mesenchym, verlaufen. Diese Ver- /~nderungen haben ohne R/icksieht auf den Charakter des die Entzfin- dung hervorrufenden Agens einen v6Uig gesetzm/iBigen Verlauf. Di6 Zeitfolge und auch der Grad der quantitativen Ver/~nderungen w~hrend der einzelnen Entzfindungsetappen sind aUerdings verschieden und h/~ngen you den endo- und exogenen Faktoren ab. Von den endogenen Faktoren ist das Alter, das Gesehleeht des Organismus, die betroffene Stelle anzuffihren; yon den exogenen kommt die Art des Reizes, die Art der Ern~hrung, der Faktor der Di/~t iiberhaupt, zur Geltung. Die Folge der einzelnen Phasen des Entzfindungsprozesses und der Reaktionen des Bindegewebes ist /~hnlieh, ohne R/ieksicht auf die Art des Reizes, der die Entziindung hervorruft. Um eine bessere Ubersicht zu haben, ist es m6glieh, im Verlauf der fibroplastischen Entziindung vier Phasen zu unterscheiden, die aneinan- der ankniipfen und sich teilweise iiberdecken. Diese sind: I. Die Phase der Mobilisation der Zellen, II. die Phase der Vermehrung der Grundsubstanz, III. die Phase der Bildung der kollagenen EiweiBe, IV. die Phase der absehlieBenden Anordnung. Die angeffihrten vier Phasen der Entzfindung sind auf Abb. 1 ver- ansehaulieht, die unsere Erfahrungen mit der Entwicklung des fibr6sen Granuloms nach subcutaner Applikation yon Carragheenin bei l~eer-

Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung der Lunge während der Entwicklung der experimentellen Silikose

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Page 1: Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung der Lunge während der Entwicklung der experimentellen Silikose

Archly fiir Gewerbepathologie und Gewerbehygiene 18, 556--564 (1961)

Aus dem Institut fiir Arbeitshygiene und Berufskrankheiten, Abteflung fiir experimentelle Biologie (Leiter: Prof. Dr. med. J. TEISlNG:~R), Prag

Yeriinderungen in der chemischen Zusammensetzung der Lunge wiihrend der Entwicklung der experimentellen Silikose

Von M. CHVAPm, Prag

Mit 5 Textabbildungen

(Eingegangen am 24. Juni 1961)

Das Ziel dieser Mitteilung ist es, auf einige gemeinsame biochemisehe Ziige der Entwicklung der fibroplastisehen Entziindung in den Lungen w~hrend der Bfldung der L~sion mit Entziindungen, hervorgerufen ent- weder durch die Anwendung fibroplastisch wirkender organischer Stoffe (Carragheen, Algins/iure) oder direkt im Verlauf der Heilung der Schnittwunde, aufmerksam zu maehen.

Die Wirkung, sei es physikaliseher (Zug-Druek, W/irme, Strahlung), sei es ehemiseher Reize (z. B. Terpentin, Tetraehlormethan, Carragheen und alle Typen aggressiven Staubes) verursaeht in dem betroffenen Gewebe eine Reihe yon Ver/~nderungen, die vor allem in der biologisch reaktivsten Gewebssehieht, d.i. im Mesenchym, verlaufen. Diese Ver- /~nderungen haben ohne R/icksieht auf den Charakter des die Entzfin- dung hervorrufenden Agens einen v6Uig gesetzm/iBigen Verlauf. Di6 Zeitfolge und auch der Grad der quantitativen Ver/~nderungen w~hrend der einzelnen Entzfindungsetappen sind aUerdings verschieden und h/~ngen you den endo- und exogenen Faktoren ab. Von den endogenen Faktoren ist das Alter, das Gesehleeht des Organismus, die betroffene Stelle anzuffihren; yon den exogenen kommt die Art des Reizes, die Art der Ern~hrung, der Faktor der Di/~t iiberhaupt, zur Geltung.

Die Folge der einzelnen Phasen des Entzfindungsprozesses und der Reaktionen des Bindegewebes ist /~hnlieh, ohne R/ieksicht auf die Art des Reizes, der die Entziindung hervorruft.

Um eine bessere Ubersicht zu haben, ist es m6glieh, im Verlauf der fibroplastischen Entziindung vier Phasen zu unterscheiden, die aneinan- der ankniipfen und sich teilweise iiberdecken. Diese sind:

I. Die Phase der Mobilisation der Zellen, II. die Phase der Vermehrung der Grundsubstanz,

III. die Phase der Bildung der kollagenen EiweiBe, IV. die Phase der absehlieBenden Anordnung. Die angeffihrten vier Phasen der Entzfindung sind auf Abb. 1 ver-

ansehaulieht, die unsere Erfahrungen mit der Entwicklung des fibr6sen Granuloms nach subcutaner Applikation yon Carragheenin bei l~eer-

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schweinchen schematisch zusammengefaBt 3, 4, z:. Ich mache auf die groSe Ahnlichkeit des Verlaufs der einzelnen Parameter der Entzfindung beim Carragheenin- und beim BauehhShlengranulom nach der Applika- tion yon Quarz oder Kristobalit aufmerksam, wo COLLET und DA~ZEL- MOUSSARD ~ ungef~hr dieselben Stoffe im Verlauf einer hundert- t~gigen En~wicklung untersuchten.

Die Phase der Mobilisation der ZeUen ist durch den Inhalt ihrer Kernmasse (DNS) verfolgt. Im Verlauf yon 5--7 Tagen erreicht diese ihr Maximum, dann f/tilt sie wieder ab. Das anf/~nglich sehr zellenreiche Granulom kollageni- siert n/~mlich und ver/~ndert sieh zu einem kompakten fibrSsen Knoten, so dab die Zellen/~hnlich wie beim silikotischen Granulom degenerie- ren und verschwinden ~a.

W/~hrend beim Carragheenin- Granulom die maximale Anh/~u- lung der Zellen naeh 5--7 Tagen erreieht wird, t r i t t bei der Heilung einer Schnittwunde die grSllte Ak- kumulation sehon eher ein - - un- gef/~hr am 2. bis 3. Tag.

Die Untersuchung des prozen- tuellen Vorkommens der verschie- denen Zellformen in den einzelnen Tagen der Entwicklung des Granu- loms (bisher noeh nicht publiziert)

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Abb. 1. Schematischer Verlauf der Kon- zentrationsflnderungen (1) des im KoUagen gebundenen Hydroxyprolin, (2) der Des- oxyribonucleins~ure, (3) des Hexosamins, (4) des freien Hydroxyprolin, (5) der Hydr- oxyprolin enthaltenden Peptide im Verlaufe der Entwicklung des Granuloms (subcutane Injekt ion yon 5 ml 1% Garragheeninlfisung bei 350 g schweren Meerschweinchen). Der Stoffgehalt ist in ttg Je 100 mg Trocken-

substanz des Gewebes angegeben

zeigt einen allm/~hlichen l~bergang von polynuelearen Leukocyten zu F i b r o p l a s t e n . POLICARD, COLLET und PREGI~RMAIlq 20 verfolgten die Ent- wicklung der Anderungen in der Zellenpopulation der Lungen nach intratraehealer Einst/~ubung mit Quarz in drei versehiedenen Stadien der Entwicklung der Entziindung. Polynucleare Leukocyten und Makro- phagen, die fiir den Anfang der Entzfindung typisch sind, werden yon Histiocyten und Retieulocyten in den Hintergrund gedr~ngt, deren Auftreten mit der Entwieklung koUagener Fasern zusammenf~llt. Diese Autoren veffolgten nicht das Vorkommen yon Fibroblasten, die im Differentialbild am sp/~testen erscheinen.

Die Bildung von Mucopolysacchariden geht immer der Anh/~ufung von kollagenen Strukturen voran und ist ihnen gegenfiber, was die

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Menge anbetrifft, ausdrucksvoller; eine Vermehrung der Mucopoly- saccharide um 300 490 % fiber die normalen Werte ist bei der entzfind- lichen Reaktion keine Seltenheit.

Ein verschobener Verlauf der Vermehrung der MPS und der kollage- nen Strukturen bewirkt, dab wir in gewissen Phasen nur einen erhShten Gehalt an Hexosamin und nicht an Hydroxyprolin (die frfihere Phase der Entzfindung), oder im Gegenteil eine Vermehrung des Gehalts an Hydroxyprolin und normale Werte yon Hexosamin (die spate Phase der Entziindung) finden.

In letzter Zeit ist dann wiederholt fiberzeugend bewiesen worden 5, 9, dab Hexosamin, das den Mucopolysaeeharidengehalt am Orte der Ent- zfindung indiziert, vorwiegend aus den Serummueoproteinen des Blut- kreislaufs entsteht und die Mucopolysaecharide nur zu einem unbedeuten- den Teil durch die lokale Aktivit~t der Zellen gebfldet werden. Niehts- destoweniger haben wir bewiesen, dab in Gewebskulturen der Lungen- fibroblasten (embryonale Hfihnerlungen 11--13 Tage alt) der Hexos- amingehalt in Gewebefragmenten sieh ausdrueksvoller vermehrt als der Gesamtgehalt an Hydroxyprolin, naehdem eine adequate Konzen- tration der koUoiden Quarzs~ure (5.10 -a M) dem Medium hinzugeffigt wurde. ]:)as ist ein Beweis, daB unter bestimmten Bedingungen die Mueopolysaeeharide direkt dutch die Aktivit~t der Zellen entstehen. Darfiber hinaus erseheint die Bildung yon Mucopolysacehariden ein empfindlieher Parameter der Wirkung yon fibrogenen Staubarten zu sein als die Entwieklung von Kollagen 5.

Die Phase der Bildunq der I¢ollagenen Eiweiflsto//e ist die Erscheinung die sowohl vom morphologisehen als auch vom biochemischen Stand- punkt am besten erforscht ist. Nach unseren Erfahrungen mit dem Studium der Entzfindung nach Carragheenin oder nach der Applikation yon Quarzsauerstoff ist es bei Erw~gung fiber die Bfldung yon koUagenen Strukturen unumg~nglieh, schon mit /~nderungen des freien Hypro oder des an ultrafiltrabfle Peptide gebundenen Hypro zu beginnen. Beide Stoffe vermehren sich n~mlich frfiher, als die Bildung des Kollagens beginnt. Dariiber hinaus ist es aueh interessant, dab ihre Konzentration in der Zeit der maximalen Vermehrung des Kollagens sowohl im Granu- lore (Abb. 1) als auch in der Gewebskultur (Abb. 3) abf~llt.

Das ultrafiltrablie Hypro ist ein best~ndiger Bestandteil sowohl der Gewebe als aueh der biologisehen Flfissigkeiten. Im Verlaufe des Alterns der Tiere sinkt sein Gehalt18; im Verlaufe yon Zust~nden, die zur/~mde- rung des Stoffwechsels der Kollagene ffihren, ~ndert sieh sein Gehalt auf typische Art. Die Tatsache, daB die Konzentration des ultrafiltrabilen Hypro in den Geweben des Granuloms ungef~hr um zwei Dezimal- stellen kleiner ist als die Konzentration yon an kollagene EiweiBe ge- bundenem Hypro, sehlieBt die MSglichkeit nicht aus, dab diese klein-

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molekularen Stoffe metabolisch aktiver sind als kollagene Strukturen und so an der Bildung von Kollagenen beteiligt sein kSnnen. Die Be- hauptung, dab die Synthese yon Kollagen schon v o n d e r Bildung des Hypro selbst verfolgt werden muB, beruht auf unseren friiheren Er- gebnissen, dab n~mlich die Ent- stehung von Hydroxyprolin bei der Inhibition der Kollagenbildung durch Cortison gebremst ist s,7. Aus diesen Grfinden haben wir den Me- chanismen der Hydroxylation von Prolin s Aufmerksamkeit gewidmet. Vor kurzem haben in diesem Zu- sammenhang MARASAS und HA- RIl~aTOl~19 eine neue Hypothese der Bildung yon Bindegewebseiweifi- stoffen durch Quarz und andere Arten yon Industriestaub an-

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Abb. 2. Die V e r m e h r u n g des H e x o s a m i n s (Mucopolysacchar ide) in Gewebsku l tu ren yon Lungenf ib rob las t en i m K o n t r o l l m e d i u m (0 0) u n d im 5 .10 4 M kolloide Quarz- slture en tha l t enden Med ium (o- - -'- -o). Die K o n z e n t r a t i o n des Hexosa ra ins ist in 100 r ag Gewicht des feuch ten Gewebes angegeben

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Abb. 3. Die Gehal t s~nderungen des in kol- lagenen ElweiBen gebundenen H y d r o x y p r o - l in (oberer Tell), in Pep t iden gebundenen (Mitre) u a d des f re ien Hydroxyp ro l i n ira Ver laufe der K u l t i v a t i o n yon Lungeaf ib ro - p las ten i m K o n t r o l l m e d i u m ( 0 - - O ) und ira Medium, das 5 • 10 -a M kolloide Quarz-

s&ure (0 . . . . . 0) enth~l t

gefiihrt: die Autoren beweisen, dab die freien Radikale, die auf der Oberfliiche des Staubkristalls entstehen, Prolin und Lysin direkt hydroxylieren und dadurch die ffir das Kollagen charakteristischen Aminos~uren bilden. Diese Arbeit ist im Einklang mit unserer Meinung iiber die Bedeutung der Hydroxylation des Prolins als Weg zur Er- kenntnis der Mechanismen der Biosynthese yon Kollagen.

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5 60 M. CEvAem:

Wenn es auch wahrscheinlich erscheint, dab die Peptide, die Hypro enthalten, Meinmolekulare Vorl~ufer des Kollagens sind, kann man die MSglichkeit nicht ausschlieBen, dab es sich um Degradationsprodukte des Kollagenmetabolismus handelt.

I m Zusammenhang mit der Kollagenbildung diskutiert man schon einige Jahrzehnte fiber die Aufgabe der Ascorbins~ure in diesem Prozel].

Das Fehlen des C-Vitamins im Organismus beeinfluBt alle drei Phasen der Entziindung: die Fibroblasten reifen nicht zu Fibrocyten

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Abb. 4. Der Verlauf der Konzentrationsi inderungen der Aseorbinsllure ( O - - O ) und des an kollagene Eiweil~e gebundenen Hydroxypro l ins ( I - - I ) im Verlaufe der Entwickluilg des Carragheenin-Granu- lores. Die Ascorbinstture ist in ~g/100 mg Trocken- substanz, das Hydroxyprolin des Kollagens in ~g/mg

Trookensubstanz angegeben

aus und dadurch ist ihre fibrillogenetische Funktion gestSrt (HuNTla). Hingegen bildet sieh eine iiberm~Bige Menge yon Mucopolysac- chariden. Es ist bis jetzt noch nicht klar, in weleher Phase der Kollagenbildung die Ascorbins~ure wirkt. Einige Autoren behaupten, dab beim Skorbut die Hydroxylat ion des Prolins blockiert ist (GouLD xo) ; andere sind der Ansicht, dab es nicht zur Rekon- struktion aufl6sbarer For- men yon Kollagen in den

Fasern kommt (I~oBERTSON U. SCHWARZ22). Der interessante~Befuad yon HUNT 1~, dab die schon gebildeten Kollagenstrukturen sich bei Skorbut aufl5sen, wurde vor kurzem durch die Versuche von GOULD 9 best~tigt.

Eine andere Seite der Erforschung der Rolle des C-Vitamins bei der Fibrogenese bilden die Arbeiten fiber die ~nderungen seiner Konzen- tration wiihrend der Entzfindung, wiihrend der Wundheilung u.~. Hier wurde bewiesen, dab die Aseorbins~ure sich im pathologisch ver- mehrten Bindegewebe anh~uft 1.

Auch wir haben uns mit dieser Frage besch~ftigt und haben bewiesen, dab die /~nderungen der Ascorbins~urekonzentration dem Verlauf der Vermehrung des KoUagens folgen und zwar sowohl bei der Bildung des Carragheenin-Granuloms (Abb. 4) als auch bei der Entwicklung yon Silikose in den Lungen von Ratten, die einmal eingest~ubt wurden (50 mg Quarzstaub, 1,5 # monodispersiver Staub). Durch weitere Er- gebnisse haben wir uns aueh davon fiberzeugt, dab es sich um eine kausale Abh~ngigkeit der Beziehungen beider Stoffe handelt, denn die Ascorbins~ure ist an Kollagen gebunden, aus dem sie sich sehr leicht

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und schrmll zum gr66eren Teil extrahieren 1/i6t (bisher nicht publiziert). tJber die Bedeutung dieser Bindung kann man his jetzt nur Vermutuagen ans~ellen.

In Erw/~gungen fiber die Biosynthese des Kollagens zweifelt heute sehon niemand mehr daran, dal3 die 15slichen Formen tier kollagenen Eiwei6stoffe Vorl~ufer des Kollageas sind. Im Verlauf der Entwicklung lagera sich die einzelnen Molekfile allm/thheh zu grundlegenden kollage- nen Strukturen an und es steigt die Aazahl der die einzelnen kollagenen Molekfile bindenden Kr/~fte. Das bedeutet allerdings, dab im Verlauf der Ausreifung tier kollagenen Strukturert - - also allgemein im Verlauf des Alterns - - der Inhalt der 15sbaren kollageaen Eiweigstoffe in den Orga- hen uad Geweben vermindert wird. Dies wurde bei verschiedenen Organismen wirklich bewiesen. Wir selbst haben die allm/ihliche Ver- minderung tier 15sbaren Formea der kollagenen Eiweil3stoffe in den Lungen verschieden alter t ta t ten bewiesen le.

W/ihrend tier pathologisch gesteigerten Fibroplasie, deren Modell die Silikose ist, wiederholen sich in verkfirzter Form die Anderungen, die normalerweise w/~hrend des Alterns auftreten. So haben wir z.B. sehon naeh 14 Tagen nach einer einmaligen Einst/iubung yon Ratten eine ausdrucksvolle Vermehrung nur der 15sbaren Formen tier kollagenen Eiwei6stoffe gefunden is. Die niehtlSsbaren Kollagene waren erst 3 his 4 Monate naeh der Einst/iubung vermehrt. /Xhnliches wurde ffir die Ent- wieklung der experimentellen Lebercirrhose *x und andere Modelle der entzfindlich fibroplastisehen Entziindung bewiesen.

In unserer weiteren Arbeit hat uns der Befund yon H o v c x uad JACOB n interessiert, da6 es in dem nekrotisehen Herd der Haut naeh Kroton61injektion gleiehzeitig mit der Verminderung des Kollagen- gehaltes zur Steigerung des Gehaltes art Serum-Hydroxyprolin kommt. Es wfirde daher scheirten, dal~ das Hydroxyprolin aus dem degradierten Kollagen tier Haut stammt. Der Befund abet, da6 der Spiegel des freien Hypro im Serum sieh nach dem Waehstumshormon steigert 15 oder da6 w/~hrend der Schwangersehaft, in der sich der Kollagengehalt der Geb/~rmutter ausdrueksvoll vermehrt (seehsmal), der Hypro-Gehalt im Serum allm/thlich steigt 14, zeugt ffir eine weitere M6glichkeit, da6 das Serum-Hypro der Stufe des Kollagenmetabolismus entsprieht.

In urtserer Arbeit haben wir bewiesen, da6 der Spiegel des ultra- filtrabilen Hypro im Serum you Ratten und Meerschweinehen beim Altern sinkt. Bei erwaehsenen Tieren kanrt man alas an Peptide gebun- dene ultrafiltrabile Hypro nieht mehr nachweisen. W/~hrend des 6.--8. Tages tier Entwieklung des Carragheenin-Granuloms im Unter- hautgewebe der Meerschweinehen steigt alas Niveau des freien und des an Peptide gebundene Hypro im Serum gleiehzeitig mit der Steigerung

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562 M. CHVAPIL :

dieser Stoffe im Gewebe des Granuloms, wie man aus Abb. 5 er- sehen kann (Experientia - - im Press).

In den Vorstufen der fibroplastischen Entzfindung vermehrt sieh das ultrafiltrablle Hypro im Serum. Deshalb glauben wir, dab das Stu- dium dieser Stoffe zur frfihzeitigen Diagnose fibr5ser Erkrankungen (Pr~cirrhose, Pr~silikose) dienen kSnnte. In unserer gegenw&rtigen Arbeit sind wir bestrebt diese Behauptung zufiberprfifen.

Im Gegensatz dazu, dab die ersten drei Phasen bei den verschiede- nen Entziindungsprozessen analog verlaufen, ist die vierte Phase, die

8

Granu/om

3

"- Serum f ' ~ . Gesam/-

0 l0 20 30

A b b . 5. ~ [nde rungen des N iveaus des f re ien Hydrox-ypro l ins , des gebundenen u l t r a f i l t r ab i l en u n d des g e s a m t e n u l t r a f i l t r a b i l e n H y d r o x y p r o l i n s i m Meer schwe inchense r tun i m Vef laufe der E n t - w i c k l u n g des C a r r a g h e e n i n - G r a n u l o m s . A u f dem o h e r e n Bfld ist der Verlauf der ~[nderungen der- selben Stoffe i m G r a n u l o m g e w e b e s c h e m a t i s c h

v e r a n s c h a u l i c h t

Phase der abschlieflenden An- ordnung, ffir den die Entziin- dung hervorrufenden Reiz typisch.

Bei der Heilung einer Schnittwunde (Fraktur) bil- deten sich in der 3. Phase fiberm~Bige KoUagenmassen (hypertrophiseher Callus), die sich ohne Riicksicht auf die architektonisch-morpholo- gischen Eigenhei¢en des be- troffenen Gewebes anlegten. Im vierten Zeitabschnitt kommt es zur Orientierung der Fasern in der Richttmg der Wirkung des Ziehens-Driik- kens. Der ~]berschufl an Kol- lagen wird resorbiert und sehlieBlieh entstehen anch un- erwiinschte Kontraktionen der Narben. Das Carragheenin- Grannlom iiul3erte sich in der 3. Phase in ein iiberwiegend

fibrSses Gebilde mit einem minimalen Gehalt an Zellen und Grundsub- stanz. Im Verlaufe der Entwicklung des Granuloms ist das deponierte Carragheenin allm~hlich resorbiert worden. Gleichzeitig wird auch das Kollagen des fibrSsen Gewebes des Granuloms abgebaut, his sehlieBlich nach ungefi~hr 6--8 Wochen im Unterhautgewebe keine Spur yon einer fibrSsen Entziindung zu finden ist. Bei der Entwieklung eines sflikotischen Granuloms erreichte diese in der 3. Entwicklungsphase eine SSruktur mit typiseh konzentriseh angelegten Bindegewebsfasern. In der 4. Phase tr i t t die Hyalinisierung und eine massive fibrSse Um£nderung des Lungengewebes ein.

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Zusammenfassung Es wird auf den gesetzm/~$igen Verlauf der Reak t ions / inderungen

des Bindegewebes auf d ie verschiedensten Reize, die Entzf indungen hervorrufen, au fmerksam gemacht . D ie Phase der Mobil isat ion der Zellen, der Anh/iufung von Mucopolysacchar iden in der grundlegenden Subs tanz und der Vermehrung von kol lagenen S t ruk tu ren oder klein- moleku la ren Stoffen, die Hypro entha l ten , is t allen bisher un te r such ten En tz f indungs typen gemeinsam. Sie erscheint bei biologiseh aggressiven S tauba r t en , aber auch in quan t i t a t i v deut l ich kle inerem Ausmal3e bei iner ten S taubar ten . E r s t in der 4. P h a s e der abschlieBenden Anordnung en t s t eh t bei f ibroplas t i schen S t auba r t en eine weitere fibrSse Umwand- lung des Gewebes End eine Hyahn i s i e rung der Bindegewebss t rukturen .

Para l le l zu den Gewebs/~nderungen und den Anderungen des Kollagen- metabo l i smus bei der En tz i indung ve rmehr t sich das u l t ra f i l t rab i le H y d r o x y p r o l i n im Serum. Die MSghchkeit , diesen Befund zur Fr i ih- diagnose fibrSser E r k r a n k u n g e n auszuni i tzen, wird weiter erforscht.

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Dr. M. CHVAPIL, Praha II (CSSR), Karlovo n~m. 33