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Veranstaltung des Deutschen Vereins für öffentliche und private
Fürsorge e.V.:
Die Positionen von UNHCR im Bereich
der Familienzusammenführung von
Füchtlingen Rebecca Einhoff, Assistant Protection Officer
UNHCR-Vertretung in Deutschland
Überblick
I. UNHCR – Grundlagen und Fakten
II. Aktuelle Herausforderungen in Deutschland/Statistiken
III. Völkerrechtliche Grundsätze zu Familienzusammenführungen (Familienbegriff, Familienzusammenführung)
IV. Europarechtliche Grundsätze zu Familienzusammenführungen
V. Familienzusammenführungen auf nationaler Ebene (u.a. aktuelle praktische und rechtliche Probleme aus Sicht von UNHCR)
VI. Exkurse (Dublin III, Aufnahmeprogramme)
Die Vertretung von UNHCR in Deutschland
Zwei Büros (Berlin und
Nürnberg)
Zentrale Aufgabe: Schutz
und die Suche nach
dauerhaften Lösungen für
Asylsuchende und
Personen mit
internationalem
Schutzbedarf
Völkerrechtliche Grundsätze zur Familienzusammenführung: Familienbegriff
Wer gehört zur Familie?
Foto: UNHCR/S. Ndabazerutse
Völkerrechtliche Grundsätze zur Familienzusammenführung: Familienbegriff
Der Familienbegriff ist in verschiedenen völkervertragsrechtlichen Quellen behandelt, aber nicht abschließend definiert.
• Völkerrechtlich anerkannt ist die Kernfamilie, d.h. Ehegatten und deren minderjährige ledige Kinder;
• IPbpR: Weiter Familienbegriff, der alle Formen intensiver und regelmäßiger Beziehungen entsprechend des sozialen und kulturellen Verständnisses des jeweiligen Vertragsstaates mitumfasst;
• EGMR: Der Schutz von Art. 8 EMRK erstreckt sich auch auf sog. de-facto-Familien, welche durch ein tatsächliches Verhältnis von Nähe gekennzeichnet sind.
Völkerrechtliche Grundsätze zur Familienzusammenführung: Familienbegriff
UNHCR zum Familienbegriff:
• Das Flüchtlingsvölkerrecht geht vom Grundsatz der Familieneinheit aus;
• Kernfamilie: Eltern und minderjährige Kinder sowie Ehegatten (einschließlich u.a. adoptierter Kinder, gleichgeschlechtlicher Partner);
• Über den traditionellen Begriff der Kernfamilie hinaus sind sowohl die physische als auch soziale, finanzielle, psychische oder emotionale Abhängigkeit zu berücksichtigen (kulturelle Sensibilität).
Völkerrechtliche Grundsätze zur Familienzusammenführung
Familienzusammenführung
Foto: UNHCR/C. Russo
Völkerrechtliche Grundsätze zur Familienzusammenführung
Die Einheit der Familie wird in verschiedenen Dokumenten geschützt. Die „Familienzusammenführung“ wird allerdings nur in wenigen Dokumenten ausdrücklich erwähnt:
• Art. 17 IPbpR: Schutz des Privat- und Familienlebens als essentielle Voraussetzung für ein würdevolles Leben;
• Art. 23 IPbpR: Schutz der Familie als „natürliche Kernzelle der Gesellschaft“;
• Art. 10 IpwskR: Der Familie sollte größtmöglicher Schutz und Beistand gewährt werden, insbesondere bei der Betreuung und Erziehung von Kindern;
• U.a. Art. 10 Abs. 1 UN-KRK: Von einem Kind oder seinen Eltern zwecks Familienzusammenführung gestellte Anträge [...] sollen „wohlwollend, human und beschleunigt“ bearbeitet werden.
Völkerrechtliche Grundsätze zur Familienzusammenführung
Art. 8 EMRK: Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
Foto: G. Kotschy
Völkerrechtliche Grundsätze zur Familienzusammenführung
Im Rahmen der EMRK statuiert Art. 8 EMRK das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens:
• Zur Verwirklichung des Rechts auf Familienleben gebietet es Art. 8 EMRK, das Visumsverfahren zur Familienzusammenführung zu Flüchtlingen zügig, sorgfältig und unter besonderer Berücksichtigung des Flüchtlingsstatus und den damit verbundenen Schutzgarantien durchzuführen;
• Die Einheit der Familie ist ein grundlegendes Recht des Flüchtlings, das es ihm ermöglicht, wieder ein normales Leben zu beginnen;
• Flüchtlinge sollten bei der Familienzusammenführung gegenüber anderen ausländischen Staatsangehörigen privilegiert werden;
• Die schwierige Situation von Flüchtlingen ist hinsichtlich der Erbringung des Nachweises familiärer Bindung durch eine flexible Handhabung der diesbezüglichen Anforderungen zu berücksichtigen.
Völkerrechtliche Grundsätze zur Familienzusammenführung: UNHCR
Das Flüchtlingsvölkerrecht geht vom Grundsatz der Familieneinheit aus
Foto: UNHCR/G. Kotschy
Völkerrechtliche Grundsätze zur Familienzusammenführung: UNHCR
• Das Flüchtlingsvölkerrecht geht vom Grundsatz der
Familieneinheit aus;
• Das UNHCR-Exekutivkomitee hat in verschiedenen Beschlüssen die Thematik der Familienzusammenführung von Flüchtlingen aufgegriffen: u.a. Nr. 9, 15, 24 und 88;
• Nr. 24 zu Familienzusammenführung:
„In Anwendung des Grundsatzes der Familieneinheit und aus offensichtlichen humanitären Gründen sollte jede mögliche Anstrengung unternommen werden, dass die Zusammenführung getrennter Familien mit geringstmöglicher Verzögerung stattfindet; [...]
Um eine umfassende Familienzusammenführung zu fördern, steht zu hoffen, dass Asylländer bei der Bestimmung derjenigen Familienmitglieder, die aufgenommen werden können, liberale Kriterien anwenden. [...]
Bei der Entscheidung über die Familienzusammenführung sollte das Fehlen dokumentarischer Nachweise über die formelle Gültigkeit einer Eheschließung oder die Abstammung von Kindern nicht per se als Hinderungsgrund angesehen werden.“
Europarechtliche Grundsätze zur Familienzusammenführung
• Charta der Grundrechte
• EU-Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie)
• EU-Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie)
• Dublin III-Verordnung
• EU-Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie)
• Grünbuch der Europäischen Kommission zum Recht auf Familienzusammenführung (KOM [2011] 735)
Familienzusammenführung auf nationaler Ebene: Rechtsgrundlagen in Deutschland
• AufenthG (§§27-36)
• Besonderheiten: u.a. privilegierter Familiennachzug zu anerkannten Flüchtlingen iSv § 3 AsylG und Resettlement-Flüchtlingen iSv § 23 Abs. 4 AufenthG; Aussetzung des Familiennachzugs für Personen mit subsidiärem Schutz iSv § 104 Abs. 13 AufenthG (Aufnahme in humanitären Einzelfällen).
Foto: UNHCR/M. Hofer
Aktuelle praktische Probleme aus Sicht von UNHCR
• unterschiedliche Terminvergabesysteme;
• persönliche Vorsprache bei UMF;
• Dauer des Familiennachzugsverfahrens bei UMF;
• lange Wartezeiten (Termin bzw. Verfahren);
• praktische Erreichbarkeit der deutschen Auslandsvertretungen (insb. Libanon und Türkei).
Aktuelle rechtliche Probleme aus Sicht von UNHCR
• „Familienbegriff“;
• Familiennachzug zu Personen mit subsidiärem Schutz;
• Nachzug von minderjährigen Geschwistern bei UMF;
• Auslegung der Voraussetzungen des privilegierten Familiennachzugs für Flüchtlinge (insb. Verweis auf die Familieneinheit im Drittstaat);
• Zumutbarkeit der Pass- und Dokumentenbeschaffung (Identitätsnachweis, Nachweis der familiären Verbindungen) und alternative Formen der Glaubhaftmachung;
• Örtliche Zuständigkeit der deutschen Auslandsvertretungen.
Exkurs: Familienzusammenführung im Rahmen der Dublin III –Verordnung: Grundsätze
Grundsatz: Zuständigkeitsbestimmungsverfahren zwischen den „Dublin“- Staaten
Foto: UNHCR/G. Welters
Exkurs: Andere Aufnahme- bzw. Einreisemöglichkeiten für Familienangehörige
• Individuelle humanitäre Aufnahme gem. § 22 AufenthG
• Resettlement
• Humanitäre Aufnahmeprogramme (z.B. HAP für syrische Flüchtlinge)
• Aufnahmeprogramme der Bundesländer („Private Sponsorship“)
• Relocation
UNHCR-Projekt mit dem Informationsverbund Asyl & Migration
Website zu der Thematik „Familienzusammenführung“: https://familie.asyl.net/start/
Foto: UNHCR/G. Welters
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Kontakt:
Rebecca Einhoff
UNHCR-Vertretung in Deutschland