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67 niche. Der Gedanke yon der Erziehbarkeit und Besserungsf~thigkeit aller Menschen widerspricht der Praxis. Die Grenze zwischen erziehbaren und unerziehbaren Personen kann bei Zusammem arbeit einsichtiger Fachbearbeiter, Psyehiater und Psychologen, yon Ffirsorgeerziehung und Be- wahrungsvollzug so variabel gestaltet werden, dab dauernde MiBgriffe ausgeschlossen sind. Die Gedanken yon Fr~u Prof. Siemsen (vgl. dies. Z. 16, 209) fiber die moderne Ffirsorge- erziehung lassen sich nieht auf das Bewahrungsproblem fibertragen. Bei den meisten Geistes- kranken, Geistesschwaehen und Psychopathen ist ohne einen gewissen Zwang nicht aus- zukommen. Georg Loewenstein (Berlin).~ Siemsen, Anna: Zu Dr. Steigertahls Erwidernng. Mitt. dtsch. Ges. Bek~tmpfg Geschl.krkh. 28, 269--271 (1930). Die Voraussetzungen des Bewahrungsvollzuges stehen aug unsieherem Boden, die Aus- ffihrung des Gesetzes aug Grund der vorliegenden Entwiirfe liiBt wiIikfirliche Anwendung voraus- sehen. Ganz besonders gef~hrlich ist 1. die absolute Unklarheit fiber den Bereich tier zu t~e- wahrenden; 2. der moralisierende M~Bstab, der sehon dann ZwangsmaBnahmen ffir angezeigt h~It, wenn ein bestimmter Moralstandpunkt nieht beachtet wird, bestimmte Triebregungen nicht sublimiert sind; 3. die Nichtbewertung des subjektiven Standpunktes des zu Bewahrenden. l~fir Zwangsbewahrung kann der Fall nur gegeben sein, wenn ein gesellschaftliches Interesse besteht. Wenn sic ausgeffihrt wird, mull bei der Verh~ngung mit aller Sch~rfe did MSgliehkeit klar begrenzt werden auf die Fiille, in denen naeh i~rztliehem Urteil infolge der Veranlagung des Einzelnen eine Gef~hrdung allgemeiner Interessen zu beffirchten ist, galls er unbewahrt bleibt. Im Verfahren selbst muB das Reeht des einzelnen roll gewahrt werden und Sicherheit geschaffen werden gegen willkfirliche Auslegung des Gesetzes. Die vorliegenden Entwfirfe genfigen diesen Ansprfichen nieht. Festgehalten werden muB daran, dab Asyle und Einriehtungen, die Arbeits- und Lebensm6gliehkeiten auf der Grundlage der Freiwilligkeit sehaffen, weir dringender sind, als Zwangseinrichtungen. Ehe man also die Zwangsbewahrung gesetzlich festlegt, muB die freiwillige Bewahrung gesehaffen und erprobt werden. Georg Loewenstein (Berlin).~ Arenaza, Carlos de: Vernaehl~issigte und kriminelle Kinder. Gesetzgebung und heutige Lage in Amerika. Bol. Inst. internac, amer. Protecc. Infancia 4, 187--214 (1930) [Spanisch]. Die Zahl der von Jugendlichen verfibten Verbreehen nimmt in erschreekender Weise zu. Die Ursache hiervon tiegt in den h~uslichen Verh~ltnissen. Aufgabe der Gesellschaft ist es, das Obel an der Wurzel zu fassen, indem sie ihr Augenmerk auf die hiiuslichen Verh~ltnisse richtet und fiir die heranwachsende Jugend dureh entspreehende Gesetze sorgt. Als Beispiel werden die Gesetze und FiirsorgemaSnahmen der nordamerikanischen Staaten im einzelnen angeffihrt. In den sfidamerikanischen Staaten sind in den letzten ]0 Jahren Jugendgerichts- h6fe eingerichtet worden yon Argentinien, Ko]umbien, Peru, Mexiko, Brasilien and Chile. Ganter (Wormditt). Wile, Ira S.: Behavior problems of children with special reference to delinquency. (Probleme des Verhaltens bei Kindern, mit besonderer Beriicksichtigung der straf- baren Handlung.) Amer. 5. Dis. Childr. 40, 1076--1088 (1930). Theoretisehe Bemerkangen fiber die Atiologie des strafbaren und verbrecherisehen Verhaltens yon Kindern und Jugendlichen, besonders im Hinblick auf unsoziale Hand- lungen. Der Bedeutung der Umwelt wird Bin welt grSl]eres Gewicht beigelegt als der ererbten An]age oder kSrperlichen Defekten. Die Umwelt wird betraehtet unter dem Gesichtspunkt, dal~ sic Konfliktstoffe gerade ffir den jungen Menschen liefert, wobei in- dividuelle Triebe und Wiinsehe zusarnmenstol]en mit den Forderungen der menschlichen Gesellsehaft. Der Druek von aul]en erzeugt Neurosen und Psychosen, die sich iiul]ern in Unsozialit~t, yon den einfachsten Formen kindlichen Ungehorsams, Liige usw. bis zur verbreeherischen Tat des Jugendlichen. Die l%rderung, solche Str~flinge in ihrem Verhalten zu studieren und sic ihre Stra:fe nieht als Siihne fiihlen zu lassen, da- flit, dal~ sic die Mi$billigung der Gesellschaft erregt haben, ist wohl im allgemeinen heute in Deutschland wie in den Vereinigten Staaten erfiillt. E. Lie]mann (Freiburg).o Vergiftungen. Lewin, Louis: Gottesurteile dureh Gifte und andere Yerhhren. (Beitr. z. Gift- kunde. Hrsg. v. Louis Lewin: H. 2.) Berlin: Georg Stilke 1929. 24 S. u. 4 Abb. RM. 1.50. Der kfirzlich verstorbene bekannte Autor berichtet iiber die verschiedenen Arten yon Gottesurteilen durch Gifte und andere Mittel in Europa, Afrika und Asien in 5*

Vergiftungen

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niche. Der Gedanke yon der Erziehbarkeit und Besserungsf~thigkeit aller Menschen widerspricht der Praxis. Die Grenze zwischen erziehbaren und unerziehbaren Personen kann bei Zusammem arbeit einsichtiger Fachbearbeiter, Psyehiater und Psychologen, yon Ffirsorgeerziehung und Be- wahrungsvollzug so variabel gestaltet werden, dab dauernde MiBgriffe ausgeschlossen sind. Die Gedanken yon Fr~u Prof. Siemsen (vgl. dies. Z. 16, 209) fiber die moderne Ffirsorge- erziehung lassen sich nieht auf das Bewahrungsproblem fibertragen. Bei den meisten Geistes- kranken, Geistesschwaehen und Psychopathen ist ohne einen gewissen Zwang nicht aus- zukommen. Georg Loewenstein (Berlin).~

Siemsen, Anna: Zu Dr. Steigertahls Erwidernng. Mitt. dtsch. Ges. Bek~tmpfg Geschl.krkh. 28, 269--271 (1930).

Die Voraussetzungen des Bewahrungsvollzuges stehen aug unsieherem Boden, die Aus- ffihrung des Gesetzes aug Grund der vorliegenden Entwiirfe liiBt wiIikfirliche Anwendung voraus- sehen. Ganz besonders gef~hrlich ist 1. die absolute Unklarheit fiber den Bereich tier zu t~e- wahrenden; 2. der moralisierende M~Bstab, der sehon dann ZwangsmaBnahmen ffir angezeigt h~It, wenn ein bestimmter Moralstandpunkt nieht beachtet wird, bestimmte Triebregungen nicht sublimiert sind; 3. die Nichtbewertung des subjektiven Standpunktes des zu Bewahrenden. l~fir Zwangsbewahrung kann der Fall nur gegeben sein, wenn ein gesellschaftliches Interesse besteht. Wenn sic ausgeffihrt wird, mull bei der Verh~ngung mit aller Sch~rfe did MSgliehkeit klar begrenzt werden auf die Fiille, in denen naeh i~rztliehem Urteil infolge der Veranlagung des Einzelnen eine Gef~hrdung allgemeiner Interessen zu beffirchten ist, galls er unbewahrt bleibt. Im Verfahren selbst muB das Reeht des einzelnen roll gewahrt werden und Sicherheit geschaffen werden gegen willkfirliche Auslegung des Gesetzes. Die vorliegenden Entwfirfe genfigen diesen Ansprfichen nieht. Festgehalten werden muB daran, dab Asyle und Einriehtungen, die Arbeits- und Lebensm6gliehkeiten auf der Grundlage der Freiwilligkeit sehaffen, weir dringender sind, als Zwangseinrichtungen. Ehe man also die Zwangsbewahrung gesetzlich festlegt, muB die freiwillige Bewahrung gesehaffen und erprobt werden. Georg Loewenstein (Berlin).~

Arenaza, Carlos de: Vernaehl~issigte und kriminelle Kinder. Gesetzgebung und heutige Lage in Amerika. Bol. Inst. internac, amer. Protecc. Infancia 4, 187--214 (1930) [Spanisch].

Die Zahl der von Jugendlichen verfibten Verbreehen nimmt in erschreekender Weise zu. Die Ursache hiervon tiegt in den h~uslichen Verh~ltnissen. Aufgabe der Gesellschaft ist es, das Obel an der Wurzel zu fassen, indem sie ihr Augenmerk auf die hiiuslichen Verh~ltnisse richtet und fiir die heranwachsende Jugend dureh entspreehende Gesetze sorgt. Als Beispiel werden die Gesetze und FiirsorgemaSnahmen der nordamerikanischen Staaten im einzelnen angeffihrt. In den sfidamerikanischen Staaten sind in den letzten ]0 Jahren Jugendgerichts- h6fe eingerichtet worden yon Argentinien, Ko]umbien, Peru, Mexiko, Brasilien and Chile.

Ganter (Wormditt). Wile, Ira S.: Behavior problems of children with special reference to delinquency.

(Probleme des Verhaltens bei Kindern, mit besonderer Beriicksichtigung der straf- baren Handlung.) Amer. 5. Dis. Childr. 40, 1076--1088 (1930).

Theoretisehe Bemerkangen fiber die Atiologie des strafbaren und verbrecherisehen Verhaltens yon Kindern und Jugendlichen, besonders im Hinblick auf unsoziale Hand- lungen. Der Bedeutung der Umwelt wird Bin welt grSl]eres Gewicht beigelegt als der ererbten An]age oder kSrperlichen Defekten. Die Umwelt wird betraehtet unter dem Gesichtspunkt, dal~ sic Konfliktstoffe gerade ffir den jungen Menschen liefert, wobei in- dividuelle Triebe und Wiinsehe zusarnmenstol]en mit den Forderungen der menschlichen Gesellsehaft. Der Druek von aul]en erzeugt Neurosen und Psychosen, die sich iiul]ern in Unsozialit~t, yon den einfachsten Formen kindlichen Ungehorsams, Liige usw. bis zur verbreeherischen Tat des Jugendlichen. Die l%rderung, solche Str~flinge in ihrem Verhalten zu studieren und sic ihre Stra:fe nieht als Siihne fiihlen zu lassen, da- flit, dal~ sic die Mi$billigung der Gesellschaft erregt haben, ist wohl im allgemeinen heute in Deutschland wie in den Vereinigten Staaten erfiillt. E. Lie]mann (Freiburg).o

Vergi f tungen.

�9 Lewin, Louis: Gottesurteile dureh Gifte und andere Yerhhren. (Beitr. z. Gift- kunde. Hrsg. v. Louis Lewin: H. 2.) Berlin: Georg Stilke 1929. 24 S. u. 4 Abb. RM. 1.50.

Der kfirzlich verstorbene bekannte Autor berichtet iiber die verschiedenen Arten y o n Gottesurteilen durch Gifte und andere Mittel in Europa, Afrika und Asien in

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friiherer und ietziger Zeit. Des Verf. schlie]t seine i nteressanten Darlegungen mit dem Hinweis, dal~ auch heute noch die Erkenntnisnot, die ja die Gottesnrteile in ~riiheren Zeiten verursacht hat, Verfahrungsweisen in Gebrauch bringt, die einen Angeklagten in Seelennot bringen kSnnen, wie inquisitorische Vernehmnngen gemiits- starker Richter oder die Abnahme eines Eides. SchSnber (Basel).

Fretwurst, Fritz, und Artur Hertz: Quantitative Bestimmung yon Blei in Stuhl und Urin und ihre Bedeutung fiir die Diagnose der gleivergiftung. (I. Med. Abt. u. Chem.-Physiol. Abt., Allg. K~ankenh., Hamburg-Barmbeck.) Arch. f. Hyg. 104, 215 bis 225 (1930).

Die Verff. untersuchten Stuhl und Urin yon 58 Personea auf Blei und fanden auch bei solchen, die nicht mit Blei in Beriihrung kamen, ferner bei Bleiarbeitern, die keine Vergiftungserscheinungen zeigten, Bleimengen yon 0--0,14 mg bzw. 0--0,2 mg in 100 g Stuhl, yon 0,01--0,07 mg bzw. 0--0,05 mg in 1000 cem Urin. Bei Bleiarbeitern mit Vergiftungserscheinungen fanden sie 0,02--0,9 und 0---0,13 rag. Ein positiver Bleibefund in Stuhl und Urin berechtigt demnach noeh nicht zur Annahme einer Blei- vergiftung. H6here Werte als 0,14= mg in 100 g Stuhl und 0,07 rag in 1000 ecru Urin vermSgen in unsicheren F~llen die Diagnose zu stiitzen. In dem Trinkwasser des Kran- kenhauses fand sich nach 12stiindigem Stehen in der Leitung 0,03 rag, in dem der Stadt Hamburg 0,07 mg Blei pro Liter. Engelhardt (Berlin).~

u Edward •.: A Roentgen sign o[ plumbism. The lead line in growing bone. (Ein rSntgenologisches Zeichen fiir Bleivergiftung. Die Bleilinie am wachsenden Knochen.) (Roentgenol. Dep., In]nut's a. Childr. Hosp., Boston.) Amer. J. Roentgenol. 24, 550--553 (1930).

Bei 8 Kindern, bei denen klinisch einwandfrei Bleivergiftung nachgewiesen wurde, fanden sich in typischer Weise etwa i/2 cm breite Zonen kr~iftigster Dichte an den Diaphysenenden des langen Knochen. Auch die Knorpelknochengrenzen an den Rippen sind Pr~dilektionsstellen fiir Bleiablagerung. Bei Skorbu t pflegen die Dichtigkeits- zonen bed eutend sehm~ler zu sein, ebenfalls bei R a c h i t i s, doch wird zugegeben, da6 bei gleichfalls bestehender Rachitis die Diagnose bisweilen sehr ersehwert ist. Bei einem zur Autopsie gelangten Falle ergab die chemische Analyse, dal] des Kalkgehalt an den im RSntgenbild festgestellten Zonen gr6Bter Dichtigkeit gegeniiber dem Kalk- gehalt des iibrigen Rindensubstanz herabgesetzt war, w~hrend des Bleigehalt etwa die vierfache Menge betrug. Reisner (Frankfurt a. M.).o

Koyanagi, S.: Pharmakologisehe Studien iiber das Thallium, mit besonfierer Be- rfieksiehtigung der Yergleiehung zwisehen Thallium und Blei. I. Mitt. t~ber die all- gemeinen Vergittungserseheinungen des Thalliums. (Pharmakol. Inst., Med. Fak., Nagasaki.) Nagasaki tgakkai Zassi 8, 676--685 u. dtsch. Zusammenfassung 686--687 (1930) [Japanisch].

Koyanagi, S,: l~harmakologisehe Studien fiber das Thallium, mit besonderer Be- rfieksiehtigung tier Yergleiehung zwiseheu Thallium und Blei. IL Mitt. |Jber die phar- makologisehen Wirkungen des Thalliums an[ einige ausgesehnittene Organe. (Phar- makol. Inst., Med. Fak., Nagasaki.) Nagasaki Igakkai Zassi 8, 688--693 u. dtsch. Zu- sammenfassung 693--694 (1930) [Japanisch].

Koyanagi, S.: Pharmakologisehe Studien fiber das Thallium, mit besonderer Be- riieksiehtigung der Vergleiehung zwisehen Thallium und Blei. III. Mitt. Uber die Ver- linderung des Blutbildes bei der Thalliumvergiftung. (Pharmakol. Inst., Med. Fak., Nagasaki.) Nagasaki Igakkai Zassi 8, 695--708 u. dtsch. Zusammenfassung 709 (1930) [Japanisch].

Das bei FrSschen beobachtete Bild des akuten Thalliumvergiftung zeigt als Haupt- symptom motorische Unruhe mit Krampfzusti~nden und nachfoIgender L~hmung, bis es sehliel]lich unter Abschwiichung der Atmung zum diastolischen Stillstand des Herzens kommt. Auch der Vergiftungstod beim Kaninchen spielt sich in derselben Weise ab. Als chronische durch wiederholte subcutane Iniektionen herbeigefiihrte

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Vergiftungserscheinungen werden Ern~hrungsst5rung, Haaraus~all, Durchfall, Ekzem und Speichelflul] hervorgehoben. Daneben wurden leichte Myosis, St~rung des Ge- schleehtstriebs, Albuminurie and Entziindung der M~gen-DarmscMeimhaut beobachtet. Bei gleichzeitiger Darreichung yon Thallium und Blei tritt die Wirkung des letzteren in den Hintergrund. IntravenSse Thalliuminjektion bewirkte eine Senkung des B]ut- drucks. Am ausgeschnittenen Eskulentenherz fibt das Thallium einen negativen bath- motropen sowie inotropen Einflul] aus; der Erfolg wird mit ErhShung der Konzentra- tion immer st~irker, his es schlie~lieh zum diastolischen Stillstand kommt. Der Angriffs- punkt liegt am Herzmuskel selbst. Am ausgeschnittenen Kaninchendarm kommt es bei kleinen Dosen zur Tonussteigerung, w~hrend hShere Dosen unter bisweilen anf~ng- licher Erregung Herabsetzung der Peristaltik bis zur vSlligen L~hmung herbeifiihren. Auch bier scheint der Angriffspunkt des Thalliums in der Muskulatur des Darms zu liegen. ~_hnlieh wie der Darm verh~ilt sich auch der ausgesehnittene Kaninehenuterus gegeniiber Thallium, und es ist ebenfalls die Erregung sowie die L~hmung des Uterus auf eine direkte Wirknng des Thalliums auf den Muskel zuriiekzufiihren. Sowohl bei akuter wie bei chroniseher Thalliumvergiftung wurde neben der Leukoeytose eine Abnahme der Erythroeytenzahl sowie ein Herabsinken des H~imoglobingehaltes beob- aehtet. Bei der akuten Vergiftung herrschten die Lymphocyten vor, wiihrend bei der chronischen Vergiftung letztere gegeniiber den Neutrophilen zurfiekgedNingt wurden. Daneben zeigte sieh bei beiden Arten der Vergiftung in gleieher Weise Eosinophilie, ferner eine Vermehrung der polyehromatisehen Erythroeyten, basophil punktierten Erythrocyten, kernhaltigen Erythrocyten und Poikilocyten. Das Auftreten der baso- philen Punktierung bei der akuten Thalliumvergiftung sehwankte zwischen 0,1~ uncl 36~ bei der ehronisehen zwisehen 0,1~ und 440/00. Bei Darreiehung yon Blei zeigte sich beziiglich der basophilen Punktierung kein Unterschied gegenfiber dem Thallium. B. Peiser (Berlin). o

Diethelm, 0skar: On bromide int.xieation. (~ber Bromvergiftungen.) (HenryPhipps Psychiatr. Clin., Johns Hopkins Hosp., Baltimore.) J. nerv. Dis. 71, 151--165 u. 278--292 (1930).

Ausfiihrlicher Bericht von 8 F~llen yon Bromvergiftung unter genauer Beriick- sichtigung der Literatur. Die Beobachtung ergibt zusammenfassend, dal] die An- spreehbarkeit auf das Mittel individuell ~iu~erst verschieden ist. Einige reagieren auf verhaltnism~]ig kleine Mengen mit deliranten Symptomen, wahrend andere Patienten hohe Dosen ohne Vergiftungserseheinungen vertragen. Die Annahme, da{~ exogene Krankheiten wie Neurolues, Arteriosklerose, Diabetes usw. die Darchl~issigkeit der Meningen vergrSi]ern, w~ihrend bei Sehizophrenen und Neurotikern dieselbe vermindert erscheint, kann nieht voll best~tigt werden. Jedoeh hat Diethelm keine Unter- suehungen des Liquors angestellt. Als sicher begiinstigende Faktoren seheinen Zir- kulationsstSrungen zu wirken sowie Alkoholismus und Syphilis. Die friihere Annahme,' daI~ his zu 25 (30) % Koehsalz dutch Brom ersetzt werden kann, ohne Intoxikationen hervorzurufen, seheint sieh zu bestatigen. Beziiglieh der psyehotisehen Erseheinungen wird hervorgehoben, dal] die experimentellen Arbeiten (Sehabelitz u. a.) mehr oder weniger individue]l gef~irbte Symptome aufweisen. Im allgemeinen ist eharal~eristiseh die ,,delirante toxisehe Reaktion". D. legt besondere Bedeutung auf die k6rperliehen akzessorischen Erkrankungen, we]ehe Abweiehungen yon dem Durehsehnittsbild er- kl~ren. Der Inhalt der Delirien ist h~ufig erotisch gefarbt. So kam es zu sexuellen Vorstellungen in Verbindung mit erotisehen Personen. D. ffihrt das auf den pharmako- dynamischen Faktor des Broms zurfiek, namlieh in kleinen Dosen zu beruhigen, in gro~en zu erregen. Aus der kritisehen ~bersicht des publizierten Materials kommt er zu dem Schlul], da~ die sexuelle Erregung sowohl dutch einmalige hohe Dosen wie aueh dutch fortgesetzten, his zur Intoxikation fiihrenden Mi]braueh verursaeht wird. Bei anderer Dosierung kommt es zur sexuellen Depression. Spezifiseh fiir das Bromdelir scheinen farbige Halluzinationen zu sein. Es kommt zu optischen Sinnestiiusehungen

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yon auff~llig bunten Lebewesen und toten Gegenstanden. Im fibrigen hat das Pharma- ken Einflul] auf die verschiedensten psyeho-biologischen Funktionen veto Vegetativen hin bis zu den hSheren Geistestgtigkeiten. Die Wiederherstellung beansprucht M.ufig lgngere Zeit. Fieberhaf~e Erkrankungen, Alkoholismus usw. verz6gern sie.

F. Fr~inkel (Berlin). o Oliver, Thomas: Elimination of arsenic after sheep-dilJping'. (Arsenikausscheidung

nach der Schafdesinfektion [sheep-dipping].) Lancet 1930 II, 740. Fin 35j~hriger Sohafhirte zeigte an den unteren Extremit~ten ein akutes Erythem. Einige

Tage sparer Di~rrh6e. 20 der behandelten Sehafe verendeten im Verlauf der folgenden Tage. 4 Jahre sphter, nachdem derselbe I-[irte wieder 200 Schafe mit dem arsenhaltigen Pulver behandelt hatte, befiel ihn ein Schw~chezustand, so dab er zusammeubrach und sich nieht mehr erheben konllte. Sehmerzha.ftes Rei6en in den Beinen. In weiterer Folge dureh 8 Ta.ge andauerndes Erbreohen und Schmerzen im Unterleib. Das Erbroohene war blutig. Durch einige Woehen sehlog sieh Gelbsucht an und ein betrachtlieher Haarver]ust. I Jahr nach der Vergiftung war noch As in Uriu und Haaren nachweisbar. Die Vorg~nge bei dieser Sehaf- desinfektion durch die arsenikhaltigen Pulver und desinfektorischen B~der, die Waschungen der Schafe, die mehrmals im Jahre stattfinden, werden des nhheren geschildert. Die Intoxi- kationserseheinungen kommen offenbar dutch Einatmung des verst~ubten As-Mittels zu- stande. K. Ullmann (Wien).o

Briillowa, L.P., A. S. Brussilowskaja, N. W. Lazarew, M. P. Liibimowa und D. I. Stalskaja: Das Blut bei der experimentellen Benzinvergiftung. (Toxikol.Laborat., Staatsinst. ]. Arbeitshyg. u. Sicherheitstechn., Leningrad.) Arch. f. Hyg. 104~ 226 bis 238 (1930).

Die Verff. stellten Tierversuehe (Kaninchen, Meerschweinchen, Mguse) fiber die Blutwirkung von Be nz i n bei Inhalation und zwar einmMige akute Versuche (100 his 200 mg pro Liter LuIt), wiederholte akute Versuche mit geringeren Dosen und chroni- sche Versuche (10--12 rag) an. Es kamen verschiedene Benzinsorten zur Anwendung. Es land sich bei einmMiger akuter Vergiftung eine Abnahme der Erythrocytenzahl und des H~moglobins, eine ausgesproehene vor~ibergehende Neutrophilie, meistens aueh eine vorfibergehende Leukocytose, toxische Granulation der Neutrophilen, Zunahme der Senkungsgesehwindigkeit der retch Blutzellen und eine geringe Abnahme ihrer Saponin- resistenz. Sobald Kr~mpfe aufgetreten waren, zeigte sich Hyperglyk~mie. Der Fett- gehalt des Blutes neigt.e zu einer Erhhhung. Bei mehrmalig wiederhol~er akuter Ver- gif~ung land sich eine Zuna,hme der Polychromaten, ferner traten vital gek6rnelte, basophil punktierte Erythrocyten und Normoblasten auf. Die toxische Granulierung der Leukoeyten trat starker hervor. Bei chronischer Vergiftung mit geringen Dosen liegen sich keine merkliehen Blutveranderungen feststellen (dies stimmt mit den im Druek befindlichen Ergebnissen yon Versuchen des Ref. iiberein). Die hamolytische Wirkung des Benzins tr i t t nur bei sehr hohen Konzentrationen auf und hat daher wohl keine Bedeutung far die chrorfische gewerbliche Benzinvergiftung. In Uberein- stimmung mit anderen Untersuchungen an Arbeiterinnen in Gummifabriken kann man daher sagen, dag bei der Benzinvergiftung keine typisehen und charakteristischen Blutver~nderungen auitreten (ira Gegensatz zur Benzolvergiftung; d. Ref.).

Engelhardt (Berlin).~ Chavigny: Double empoisonnement par la eantharidine. Gu6rison. (DoppeI-

~ergiftung durch Cantharidin. Ausgang in Heilung.) (See. de M~d. L@ de France, Paris, 10. XI. 1930.) Ann. M6d. 16g. etc. 10, 712--715 (1930).

Im Gegensatz zu der besonders im Mittelalter welt verbreiteten Meinung und in Widersprueh zu einem Teil der Literatur, die Canthariden als wenn aueh unsicheres und schwaches Aphrodisacum, wenigstens Iiir den Mann gelten t~St, leugnet Verf. jede derartige Wirkung. Dagegen weist er ausdrficklieh, in Ubereinstimmung mit anderen Antoren auI die schweren, teilweise t6dlichen Folgen der Cantharidenvergiftung him

Bei 2 jungen Leuteu, die zusammen 0,5 g Cantharidin in 2 Gl~sern Wein zu sieh genommen hatten, tratell unmittelbar darauf Erbreehen und sehwerste Vergiftungserseheinungen auf. Bei einem yon ihnen blieben als Folge davon pleuropulmonMe Erseheinungen zuriiek.

Heinz Kockel (Bonn a. l~h.).

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Aikman, John: Strychnine poisoning in children. (StrychnigVergiftungbe!Kinderfil) (Pediatric Dep., Genesee Itosp., Rochester.) J. amer. reed. Assoc: 95~ 1661--1665 (19301.

In Amerika enthalten Abffihrtabletten hitufig Strychnin und Belladonna in Mengen, welche for Erwachsene durchaus ungeff~hrlieh sind. Da diese Tabletten jedoch als harmlose Hausmittel bei Verstopfungen gelten, deshalb vielfach nicht besonders sorgfgltig aufbewahrt werden und zudem in gef~trbter und fiberzuckerter Form hergestellt sind, geraten sie nicl~t selten kleinen Kindern in die I~gnde, welche sie ihres bunten Aussehens und sfiBen Geschmackes wegen verzehren. Dadurch ist es zu Strychninvergiftungen gekommen, welehe nach Ansicht des Verf. h~ufiger sind, als es der Todesursachenstatistik nach den Anscheir~ hat. Verf: ver- mutet hinter manehen Todes~tllen, die unter der Diagnose Kinderkrgmpfe'geftihrtowerden, derartige Strychninvergiftungen. Er berichtet fiber 2 derartige Fglle und gibt einen Uberblick fiber die einsehl~tgige Kasuistik und Statistik. Die Vorschl~ge, die der Verf: zur Verhfitung maeht, treffen lecliglich auf amerikanisehe Vei:hgltnisse zu; in Deutschland sind derartige Vet- giftungsf~lle wohl hSchst selten, da ein Zusatz yon Strychnin in Abffihrmitteln nicht fiblich ist. Wiethold (Berlin).

Tuovinen, P. I.:" fiber den Alkoholgehalt des Blntes unter versehiedenen Bedingun- fen. (P/wsio[. Inst., Univ. Helsing/ors.) Skand. Arch. Physiol. (Berl. u. Lpz.) 60, 1--134 (1930).

Bei der G~rung im I)finndarm wird neben Milchs~ture, Essigs~ure und Bernsteins~ure ~thylalkohol gebildet. Er gelangt weiter in das Blur, in dem seine mittlere Konzentration yon verschiedenen Autoren zwischen 0,0107 und 0,368% ge~unden worden ist. Der Weft ist aber nicht einm~l bei ein und derselben Person einigermaBen konstant und 12--]5 Stunden nach der letzten Mahlzeit betr~gt er zwischen 0,006 und 0,051%, im Mittel 0,021%. Eine eindeutige Beeinflussung l~Bt sich durch eine einmalige Kohlehydratmahlzeit nicht erzielen. Nach Einfiihrung yon Alkohol in den KSrper wird er sehon nach 1l/2 Minuten im Blur und in der Ductuslymphe nachweisbar. Er geht in viele Organe und Gewebe fiber und i s t sogar im Sperma gefunden worden. Die Resorption erfolgt haupts~chlich im Jejunum, kleinere Teile entfallen auI Magen und Ileum, noch weniger auf das Duodenum. Die Alkoholkonzen- trationen in Pankreassaft, Galle, Blur, Lymphe, Speichel, Itarn und Cerebrospinalflfissigkeit sind gleich. Auch in den Organen ist die Verteilung ziemlich gleich gefunden worden. In Be- stimmungen an der Leiche eines Alkoholvergifteten schwankten die Zahlen nut yon 0,6% (Lunge) bis 0,425% (Leber und Muskeln). Im Harn und in der Milch nimmt der Alkohol ebenfalls die gleichen Konzentrationen an wie in dem Blur. Die Konzentration des genossenen Alkohols spielt ~iir die Geschwindigkeit der Resorption und fiir die Verbreitung im KSrper nach W i d m a r k nur eine geringe Rolle. Dagegen fand Miles im Blut hShere Alkoholkonzen- trationen nach Aufnahme st~rkerer Getr~nke, und zu den gleichen Ergebnissen gelangte Mel- l a n b y , w~hrend Verf. in fffiheren Versuchen dureh den Genu~ verdiinnterer Alkoh0115sungen hShere Konzentrationen im Blur erzielen konnte, als durch die gleichen Mengen in geringerer Verdfinnung. Bekannt ist die rausehabschw~chende Wirkung gleichzeitiger Nahrungsaufnahme. Der Kohlens~ure wird yon manchen Autoren ein resorptionsfSrdernder EinfluB zugeschrieben, den andere vermil~ten. Die Ausnutzung soll durch GewShnung verbessert werden. In der vorliegenden Arbeit wurde untersncht, wie eine konstante Alkoholmenge in verschiedenen Konzentrationen auf leeren Magen genossen auf den Alkoholgehalt des Blutes wirkt, wie sich eine mSglichst einseitige Nahrung aus Eiwei[~, Fett oder Kohlehydrat bei Genul~ der gleichen Alkoholmenge auswirkt und wie der Blutalkohol sich verh~lt, wenn die gleiche Menge vor, w~hrend oder nach der Mahlzeit genossen wird. Aul]erdem wurden die Schwankungen des yon den genossenen Alkoholmengen bedingten Rausches verfolgt. Die Bestimmungen wurden nach der Methode yon I-Iansen ausgeffihrt, Versuchspersonen waren neben dem Verf. vier kr~ftige junge M~inner, die sonst selten Alkohol genossen. Der Alkohol, in der Regel 60 ccm, wurde in 5-, 20-, 40- und 60volumproz. LSsung gegeben. Die subjektiven und ob- ]ektiven Symptome, die nach Alkoholgenul3 auftreten, haben bis jetzt bei den Arbeiten fiber seine Konzentration im Blur wenig Beachtung gefunden, sind jedenfalls trotz der Angaben yon Schweisheimer , Nie loux und anderen noch nicht ganz gekl~rt. Die Versuchsmenge yon 60 ccm rief meist keinen deutlichen Rausch hervor, wohl aber ein eigenartiges ,,Alkohol- gefiihl", das im Kopf verspiirt wurde. In der Geistest~tigkeit kamen St6rungen, wie Inkonse- quenz und Gedankenflucht, vor. Im einzelnen verhielten sich die Angaben der Versuchspersonen fiber das Alkoholgeffihl etwas verschieden. Sehr h~ufig war es subjektiv schon gut wahrnehm- bar, wenn noch keine objektiven Feststellungen gemacht werden konnten. Es beginnt mit "vV~rmegeffihl im Magen oder im ganzen KSrper, wenn der Alkoholgehalt im Blur erst 0,006 his 0,01% betr~gt, erreicht seinen HShepunkt etwa nach einer Stun@ ungef~hr mit dem Ein- tritt des Konzentrationsmaximums und versehwindet 21 /~5 Stunden nach der Alkohol- aufnahme. In diesem Stadium wird es aueh dureh hShere Alkoholkonzentrationen nicht wieder hervorgerufen. Zuweilen wurden Schlaffheit und Mfidigkeit empfunden. Das gew6hnlichste objektive Symptom ist Redseligkeit, seltener wurden Stottern, Unsicherheit bei feineren Bewegungen, RStung des Gesiehtes beobachtet, tm allgemeinen war die Summe der subjek-

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riven wie die der objektiven Symptome proportional der Mkoholkonzentration im Blur. Ge- hemmt wird es am meisten durch Misehkost. Wird der Alkohol vor der R[ahlzeit genossen, so ist das Mkoholgefiihlst/~rker, als wenner wahrendodernachder l~[ahlzeitgenossenwird. Starkere Konzentrationen der aufgenommenen Mkoholl6sung riefen schwacheres Alkoholgeffihl hervor als geringere. Der Alkoholgehalt des Bhtes war such bei ein und derselben Person und unter gleiohen Verhaltnissen nach Aufnahme yon 60 ecm nieht konstant. Die Schwankungen liegen jedoch gewisse Hauptziige erkennen. Wenn der Alkoho] zusammen mit Nahrung genossen wurde, war die Konzentration ira Blur bedeutend niedriger, als wenn er auf niiehternen Magen gegeben wurde. Bei ~4Jkoholgenu]] nach oder wahrend der Mahlzeit steigt der Blutalkohol viel langsamer als beim GenuB unmittelbar vor der 1Vfahlzelt. Wird der Alkohol nach der ~ahlzeit genommen, so hemmt Mischkost die ErhShung der Blutkonzentration viel mehr als eine an Calorlen gleich grebe, ~ber einseitigc Mahlzeit. Eiweig und Kohlehydrat hemmen beide betraehtlich, Fett weniger ausgesprochen, aber immer noch deutlich. Das gilt such fiir Alkoholzufuhr vor oder wahrend der 1VIahlzeit. Wird der Alkohol in versehieden starken L6sungen genommen, so sind im allgemeinen die yon den schwaehen L6sungen verursachten Blutalkoholgehalte besonders 20 Minuten und 1 Stunde nach der Einnahme h6her als die yon starkeren LSsungen bewirkten Gehalte. Zuweilen finder sich jedoch such das amgekehrte Verhalten. Ira weiteren Verlaufe nahern sich die Werte einander an. Der H6hepunkt war bet geringen Konzentrationen der anfgenommenen Flfissigkei~ eher erreich~ als bet starken. Auch bet gleiehzeitiger Nahrungsaufnahme ist die Konzentration der AlkohollSsung yon Bedeutung. Bet Fett- und EiweiBaufnahme bewirken kleinere Konzentrationen der L6sung grSflere des Blutes, bet Kohlehydraten ist der EinfluB weniger deutlieh. Schmitz (Breslau)~

�9 Mayer, Rudolf L.: Das Gewerbeekzem. Pathogenese. Diagnose. Yersicherungs- rechtltche Stellung. (Schriften a. d. Gesamtgeb. ~h Gewerbehyg. Hrsg. v. d. Dtsch. Ges. f, Gewerbehyg., Frankfurt a/M., N. F. H. 30.) Berlin: Julius Springer 1930. 89 S. u. 2 Abb. RM. 7.50.

Dutch die Einbeziehung gewisser Gewerbeekzeme - - in Zukunft vielleicht aller - - in die Unfallversicherung hat dee Aufsuchung der ekzemaus]6senden Ursaehe, die bisher nur aus therapeutischen Uberlegungen notwendig war, grol~e Wichtigkeit erlangt. An sich ist das Gewerbeekzem uneharakteristisch und klinisch yon einem solehen auf anderer Grundlage nieht zu unterscheiden. Die wichtigste Methode fiir den Nachweis der gewerblichen J~tiologie ist die Anstellung der Ekzemreizproben naeh Jadassohn . Hierfiir sind gewisse technische Kenntnisse erforderlich, die der Veff. in einem Abschnitt fiber die ekzematogenen Substanzen der verschiedenen Berufe dem Praktiker zu fibermitteln sueht. Nach Ansicht des Verf. ent- wiekeln sieh die Gewerbeekzeme auf Grund einer Uberempfindlichkeit, die in der grSgten Mehrzahl der F/~lle im und durch den Beruf erworben wird. Sehr interessant und yon grOBter praktiseher Bedeutung sind neben der eingehenden Behandlung der versicherungsreehtlichen Fragen (Meld..epflieht, Zusammenstellnng der der Versieherung unterliegenden Betriebe, Sondeffalle, Ubergangsrente usw.) die Absehnitte fiber die Therapie und die Prophylaxe sowie dee Differentialdiagnose des Gewerbeekzems. Die Schrift legt den augenblieklichen Stand der Frage in klarer und umfassender Form dar und wird jedem Arzt, der mit Gewerbe- krankheiten zu tun hat, willkommene Aufklarung fiber diese wiehtige und heute im Brenn- punkt des Interesses stehende Frage der Gewerbemedizin geben. Engelhardt (Berlin). ~176

Hanow: Haftung der Eisenbahn fiir eine Gesundheitssch~idigung dutch Teerfett61. Z. Bahn~rzte 26, 40 43 (1931).

Als w/~hrend des Krieges infolge der Blockade der Bezug des im Lokomotivbetriebdienste bisher verwendeten auslandischen 1V[ineralSls unm6glich geworden war, sah die Eisenbahn- Verwaltung sieh gezwungen, sieh mit einem deutschen Teeffett51 zu behelfen. Dieses enthielt Acridin, einen Giftstoff, der trotz seines schon stark verdfinnten Zustandes bet seinen Benutzern dann Hautkral]kheiten hervorrufen kann, wenn deren Hau~ besonders empfindlich ist. Nun hatte ein Lokomotivbediensteter viel mit dem TeerfettS1 zu tun und war dadurch fortgesetzt hautkrank geworden; er verlangte deshalb wegen verminderter Erwerbsfahigkeit Schaden- ersatz yon der vorgesetzten Reichsbahndirektion. Das Oberlandesgericht KSnigsberg ver- urteilte die beldagte Reiehsbahndirektion antragsgemag, und der Spruch erlangte die Rechts- kraft. Aus den ]~ntseheidungsgrfinden (veto 30. Juni 1930. 5. U. 456/28) erfahren wit: Naeh der sinngemag such auf das Beamtenverh/~ltnis anzuwendenden Bestimmung des w 618 Abs. 1 BGB. hat der Dienstberechtigte Vorrichtungen oder Geratschaften so zu gestalten und zu unterhalten, da~ der Dienstberechtigte gegen jede Gefahr fiir Gesundhei~ und Leben soweit geschfitzt ist, als die Natur des Dienstes es gestattet. Diese Fiirsorgepflicht hat aber hier die Beklagte dem Klager gegenfiber verletzt, die mit Unrecht gel~end macht, dab wegen der Ober- empfindliehkeit des Klagers seine Erkrankung naeh dem gew6hnlichen Verlaufe der I)inge nieht allgemein voraussehbar gewesen ware. Wie die Beweisaufnahme ergeben hat, ist, wenn Teerfett61 allgemein vcrwendet wird, die Erkrankung einer gewissen Anzahl yon Personen mit Sicherheit vorauszusehen, ein Umstand, der der Beklagten iibrigens bekannt war. Denn als die ersten Erkrankungen sich bei der Ba~erisehen Staatsbahn im Jahre 1915 zeigten, batten

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die Hersteller des 01es auf die hautreizende Wirkung des in ibm befindlichen Acridins hin- gewiesen und gleiehzeitig Sehutzma~nahmen angefiihrt. Diese Mitteilung war an s~mtliche Eisenbahndirektionen, also auch an die KSnigsberger, gelangt und in ihrem Bezirke ausgiebig gelegentlich des Dienstunterriehtes und aueh sonst bekannt gem~cht. Mit diesen Ma~nahmen genfigte die Beklagte abet nicht~ ihrer Fiirsorgepflicht, denn sie h~tte sieh vergewissern miissen, dab ihre Warnungen und Hinweise auf Verhaltungsma~regeln sowie Schutzmittel regelm~l~ig nach bestimmten Zeitr~umen wiederholt wurden, damit sie nicht vergessen und namentlich neu Hinzutretenden, wie dem Kl~ger, aueh sieher bekannt w~irden. Dies ist nicht geschehen. Ersehwerend kommt noeh hinzu, daft die Beklagte auch nach der Erkrankung des Kl~gers und trotz ausdrfieklicher ~rztlicher Anordnungen ihn in einem Arbeitsgebiete belassen hat, bei dem seine H~nde erneut mit dem Teerfett61 in Beriihrung kommen mul~ten. Hierdurch hat sie die ihr obliegende ~rsorgepflicht sehuldhaft verletzt. Lochte (GSttingen).

Fell, Andre: L'intoxieafion protessionnelle par les vapeurs nitreuses. Le nitrisme pro[essionel. (Gewerbliehe Vergiftung mit nitrosen Gasen.) Progr~s mgd. 193{} II, 2201 --2208.

Die Gefahr des Auftretens von n i t r o s e n Gasen besteht vorwiegend in der Sprengstoffindustrie, in der Industrie der Kunstseide, des Celluloid, der Sehwefels~ure. Die Zahl der gewerblichen Vergiftungen dutch ni~rose Gase ist ziemlieh erheblich. So kamen in Amerika in der- Sprengstoffindustrie 1916 1389 Falle, davon 28 tSdliche vor. In anderen L~ndern finden sich ~hnliehe Zahlen. Der Verf. gibt in gedr~ngter Form eine ffir den praktisehen Arzt bes~immte Ubersicht fiber die Chemie der nitrosen Gase, ihre Entstehung, ihre Giftwirkung (naeh Lehmann) , ihre Wirkung auf die ein- zelnen Organe: Atmungsorgane (Reizung, 0dem), Blur (Meth~moglobin, St5rung der Gerinnfahigkeit) und geht auf einige experimentelle Untersuehungen ein. Es folgt eine eingehende Aufstellung der gef~hrdeten Industrien und der einzelnen Arbeits- prozesse, bei denen eine besondere Gefahr besteht. Nach einem Streiflieht auf gewisse, die VergifCung pr~disponierende Faktoren (Empf~nglichkeit, hohes Alter, Tuber- kulose, Alkoholismus) sehildert er eingehend die Symptomatologie und teilt die Ver- gif~ung in verschiedene Formen: 1. Schwere Form, 2. plStzliehe (foudroyante), 3. leiehte, 4. lokalisierte Form (Lunge, Verdauungstrakt, Nerven, Kehlkopf), 5. ehro- nische Vergiftung. Er geht weiterhin ein auf die Diagnostik und die Behandlung, die nut symptomatisch sein kann. Von besonderer Wichtigkeit ist die Frophylaxe, neben der persSnliehen (Aufkl~rung fiber Entstehungsm6glichkeiten, Vorsicht, Tragen yon Masken) vor allem die industrielle. Naeh e~ner eingehenden Behandlung der bier auf- tretenden teehnischen Fragen folgen Angaben fiber Bestimmungsmethoden fiir nitrose Gase in der Luft. - - Die u durch nitrose Gase ist in Frankreich naeh dem Erlal~ vom 19. II. 1927 meldepfliehtig. Eine Entseh~digungspflieht als Gewerbekrankheit liegt nieht vor, es sei denn, da~ die Vergiftung als Unfall zu werten ist. In anderen L~n- dern ist eine Entschadigungspflicht eingefiihrt: Verf. gibt an England, Deutschland (trifft nieht zu. D. Ref.), Sehweiz, einige Staaten in Australien, Vereinigte Staaten. In Frankreich ist die Besch~ftigung yon Frauen und jugendlichen Arbeitern unter 18 Jahren in einigen dureh nitrose Gase ge~hrdeten Industrien verboten.

Engelhardt (Berlin).~

Gerich~iche GeburSshi~fe.

Manoilotf, E.: WeitereErfahrungen fiber eine einfaehe Serumreaktion zur Sehwan- gersehaftsbestimmung. (IL Mitt.) ( Biochem. Labo~at., Chit. Neuropathol. Inst., Len~n- graJ.) Arch. Gynak. 142, 474--476 (19~0).

Mano i lo f f berichtet fiber weitere Untersuehungen mit seiner Reaktion zur Schwangerschaftsbestimmung mittels Diuretin und Nilblau. Im ganzen wurden 2238 Sera yon niehtschwangeren und schwangeren Frauen untersucht. Dabei wurden 94% positive Resultate erzielt. Neben dem Diuretin gelang es aueh mit 2proz. w~riger Theophyllinl6sung und Nilblau an 60 F~llen die Sera yon schwangeren und nieht- schwangeren Frauen zu unterseheiden.

Ylanoiloff stell~ au~]erdem Versuehe an mit~ gewaschenen Erythroeyt~en und ging so vor, dab zu Uberresten yon Blutgerinnseln der WaR. in einer Eprouvette etw~ 20--30 ecru BTaC1