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Vergleich der Dreiecksgeometrie in der Euklidischen und Hyperbolischen Ebene Zulassungsarbeit Lehrstuhl f¨ ur Mathematische Methoden der Naturwissenschaften Mathematische Fakult¨ at Universit¨ at T¨ ubingen von Ulrike Z¨ urn Betreuer: Prof. Dr. Frank Loose Tag der Anmeldung: 16. Juni 2010 Tag der Abgabe: 17. November 2010

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Vergleich der Dreiecksgeometrie

in der Euklidischen und Hyperbolischen

Ebene

Zulassungsarbeit

Lehrstuhl fur Mathematische Methoden der Naturwissenschaften

Mathematische Fakultat

Universitat Tubingen

von

Ulrike Zurn

Betreuer:

Prof. Dr. Frank Loose

Tag der Anmeldung: 16. Juni 2010

Tag der Abgabe: 17. November 2010

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Erklarung

”Ich erklare, dass ich die vorliegende Arbeit selbstandig angefertigt und nur die ange-

gebenen Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach

anderen Werken, gegebenenfalls auch elektronischen Medien, entnommen sind, sind von

mir durch Angabe der Quelle als Entlehnung erkenntlich gemacht. Entlehnungen aus

dem Internet sind durch datierten Ausdruck der ersten Seite belegt.“

Tubingen, den 13.10.2010

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Danksagung

Mein herzlichster Dank gebuhrt Professor Doktor Frank Loose fur die eingehende Be-

treuung meiner Arbeit; insbesondere fur all die investierte Zeit und die hilfreichen Kor-

rekturen und Verbesserungsvorschlage. Auch danken mochte ich ihm fur seine durch

seine eigene Wissbegierde hervorgerufene Inspiration, die mich der Geometrie ein erheb-

liches Stuck naher gebracht hat, und fur die Hilfsbereitschaft mit der er mich durch das

Schreiben der Arbeit begleitet hat.

Weiterer Dank gilt meinem Bruder Oliver und meinem guten Freund Florian, die mir

mit bemerkenswerter Geduld LATEX beibrachten bzw. bei meinen Fragen und Problemen

stets zur Seite standen.

Meinem Vater mochte ich fur all die Hilfe in mathematischen Dingen, und ihm und

meiner Mutter fur die grenzenlose Unterstutzung in jeder Beziehung danken - ohne sie

ware mein gesamtes Studium nicht moglich gewesen.

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Inhaltsverzeichnis

1 Geschichte 3

1.1 Geometrie vor Euklid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.2 Euklidische Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.2.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.2.2 Postulate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.2.3 Axiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.3 Kritik an Euklid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1.4 Absolute Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1.5 Nicht-euklidische Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2 Axiomatik 12

2.1 Was ist Axiomatik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.2 Was wird von einem axiomatischen System verlangt? . . . . . . . . . . . . 14

2.3 Synthetische vs. Analytische Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.4 Definierte Terme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

3 Geometrie in der Schule 21

3.1 Hyperbolische Geometrie in der Schule? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

3.1.1 Hyperbolische Geometrie, leicht gemacht . . . . . . . . . . . . . . . 22

4 Euklidische Geometrie 26

4.1 Axiome der Euklidischen Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

4.1.1 Inzidenzaxiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

4.1.2 Axiome der Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

4.1.3 Kongruenzaxiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4.1.4 Stetigkeitsaxiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

4.1.5 Parallelenaxiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

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5 Hyperbolische Geometrie 32

5.1 Das Poincare-Halbebenenmodell der hyperbolischen Ebene . . . . . . . . . 32

5.2 Axiome der Hyperbolischen Geometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

5.2.1 Inzidenzaxiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

5.2.2 Axiome der Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

5.2.3 Kongruenzaxiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

5.2.4 Stetigkeitsaxiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

5.2.5 Parallelenaxiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

5.3 Hyperbolische Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

6 Dreiecksgeometrie 51

6.1”Absolute Geometrie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

6.2 Satze, die in der euklidischen Geometrie gelten . . . . . . . . . . . . . . . 68

6.3 Satze, die in der hyperbolischen Geometrie gelten . . . . . . . . . . . . . . 73

7 Konstruktionen im Poincare-Modell 87

8 Schlussbetrachtung 93

9 Anhang 95

9.1 Umkehrung des Parallelenaxioms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

9.2 Aquivalenzumformungen zum Beweis von (I1) . . . . . . . . . . . . . . . . 97

9.3 Spiegelung an der imaginaren Achse in der oberen komplexen Halbebene . 97

Literatur 98

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Abbildungsverzeichnis

1.1 Anschauliche Darstellung des Parallelenaxioms von Euklid . . . . . . . . . 7

2.1 Winkelbezeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2.2 Spezielle Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

3.1 Parallele Linien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3.2 Asymptotisch parallele Geraden und der zugehorige Parallelwinkel . . . . 24

5.1 Hyperbolische Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

5.2 Kongruente Winkel in der Poincare-Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

5.3 Re z1 = Re z2, aber z1 6= z2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

5.4 Anordnungsaxiome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

5.5 Kongruenz von Seiten und Winkeln in hyperbolischen Dreiecken . . . . . 44

5.6 Bijektion zwischen g und e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

5.7 Nicht asymptotische Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

5.8 Einfach asymptotische Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

5.9 Zweifach asymptotische Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

5.10 Dreifach asymptotische Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

6.1 Kongruente Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

6.2 Scheitelwinkel α und α′ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

6.3 AC < BC ⇔ �ABC < �BAC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

6.4 3. Kongruenzsatz”sss“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

6.5 4. Kongruenzsatz”wws“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

6.6 Eindeutige Existenz einer Winkelhalbierenden . . . . . . . . . . . . . . . . 61

6.7 Addition und Subtraktion von Winkeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

6.8 Schnittpunkt der Winkelhalbierenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

6.9 Dreiecksungleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

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6.10 Die Winkelsumme eines Dreiecks in der euklidischen Ebene. . . . . . . . . 69

6.11 Hohenschnittpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

6.12 Eulergerade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

6.13 Gemeinsames Lot der Grund- und Oberseite in einem Saccheri-Viereck . . 74

6.14 Die oberen Winkel eines Saccheri-Viereckes sind im hyperbolischen spitz. . 75

6.15 Winkelsumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

6.16 Kongruenzsatz www . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

6.17 Gemeinsames Lot zweier ultraparalleler Geraden . . . . . . . . . . . . . . 79

6.18 Mittelsenkrechte der Strecke z1z2, mit Imz1 = Imz2 . . . . . . . . . . . . . 80

6.19 Mittelsenkrechte der Strecke z1z2, mit Imz1 6= Imz2 . . . . . . . . . . . . . 81

6.20 Die Mittelsenkrechten treffen sich in einem Punkt . . . . . . . . . . . . . . 82

6.21 Ultraparallele Mittellote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

6.22 Asymptotisch parallele Mittelsenkrechten eines hyperbolischen Dreiecks . 85

7.1 Konstruktion von Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

7.2 Konstruktion von Loten, Falle 1 und 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

7.3 Konstruktion von Loten, Fall 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

7.4 Konstruktion von Mittelpunkt und Mittelsenkrechte . . . . . . . . . . . . 90

7.5 Konstruktion von Winkelhalbierenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

7.6 Gemeinsames Lot ultraparalleler Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

7.7 Gemeinsames Lot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

9.1 Umkehrung des Parallelenpostulats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

9.2 Abbildung nach Meschkowski . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

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Einleitung

”Insofern sich die geometrischen Satze auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher,

und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit“ wird Einstein

in Meschkowskis Denkweisen großer Mathematiker zitiert.

Was soll man nun mit einer derartigen Aussage anfangen, unterlag man doch in all den

Jahren Schulmathematik der Ansicht, zu jeder mathematischen Problemstellung gabe es

exakt eine richtige Losung? Schuler lassen sich im Allgemeinen von der Annahme leiten,

Geometrie sei der leichteste Bereich der Mathematik, da man sich hierzu alles genau

vorstellen und aufmalen kann. Die Nachricht, dass eine Gerade beispielsweise gar nicht

unbedingt in Form einer geraden, in beide Richtungen unendlich weit verlangerbaren

Linie (und was heißt uberhaupt”gerade“ und

”unendlich“?) dargestellt werden muss,

wurde bei ihnen tiefe Verwunderung auslosen. Ahnlich muss es auch den Mathematikern

im 19ten Jahrhundert ergangen sein. Jedoch wissen wir tatsachlich alle nicht, wie eine

Gerade ins Unendliche verlangert aussieht, da wir kein Bild vom”Unendlichen“ haben

oder was dort”passiert“.

Obwohl schon viel fruher in der Geschichte geometrische Fragen angegangen und gelost

wurden, ist es Euklid dem zugesprochen wird, derjenige zu sein, der”eine beweisende

Geometrie begrundete und uber die Fundamente nachdachte.“ [Mes90] Allerdings soll

es, wie in Kapitel 1 dargelegt wird, weitere 2000 Jahre dauern, bis sich die Mathematiker

einig sind, Euklids Elemente nun richtig verstanden zu haben und den Inhalt und Wert

eines formalen Axiomensystems vollstandig ergreifen zu konnen. Es ist schlussendlich

Hilberts Verdienst, dass fortan Geometrien neben der euklidischen akzeptiert werden

konnen, da er vermittelt, dass ein Axiomensystem ein wissenschaftliches Instrument ist,

das unter Umstanden verandert und verschieden gedeutet werden kann. Er zeigt auf, dass

das Euklidische Axiomensystem lediglich eine”Moglichkeit“ einer Geometrie ist; eben-

so wie diese moglich ist,”folgt nunmehr auch die Moglichkeit der Nicht-Euklidischen

Geometrie.“ [Hil30] Die schon bei Euklid eingefuhrte Beweistechnik, synthetische oder

axiomatische Geometrie genannt, soll in Kapitel 2 vorgestellt werden. Sie unterscheidet

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sich maßgeblich von der in der Schule und auch haufig in der Anwendung gebrauchten

Technik, der analytischen oder algebraischen Geometrie. Letztere Methode beruht stark

auf der Anschauung und fuhrt das geometrische Problem auf ein algebraisches zuruck -

es wird gerechnet und mit Formeln gearbeitet.

Ob sich die Aufnahme nichteuklidischer Geometrie in den Lehrplan an Gymnasien emp-

fiehlt, wird in Kapitel 3 erwogen; es kann daruber keine rechte Einigkeit erreicht werden.

Denn die Entdeckung nichteuklidischer Geometrien mag zwar die eine oder andere Fra-

gestellung gelost haben; gleichzeitig wirft sie aber auch jede Menge neuer Fragen auf, die

Schuler nur in großere Verwirrungen sturzen konnte als dass sie konstruktivem Mathe-

matikunterricht beiwirkt. Wie ist es moglich, dass es zu einer geraden Linie durch einen

nicht auf ihr liegenden Punkt mehr oder weniger als genau eine parallele Linie geben

soll? Welche Auswirkung hat die Anderung eines einzigen Axioms unter Beibehaltung

aller anderen Axiome innerhalb eines Axiomensystems? Welche Geometrie ist am ehes-

ten zur Beschreibung der Wirklichkeit geeignet? Ist nun im Bereich Geometrie alles in

Frage zu stellen, was bisher als wahr gelehrt wurde?

Zwei verschiedene Axiomensysteme werden in den Kapiteln 4 und 5 vorgestellt: das eu-

klidische und das hyperbolische. Die beiden Systeme unterscheiden sich auf den ersten

Blick kaum; bis auf ein einziges Axiom ist alles gleich. Dass diese kleine Anderung aber

eine beachtliche Umstrukturierung der Denkweise mit sich bringt, wird schon bei der

Angabe eines Modells deutlich, das die hyperbolische Ebene beschreiben soll. Geraden,

um bei diesem Beispiel zu bleiben, haben im hyperbolischen, je nach Modellwahl, ein

vollig ungewohntes Aussehen. Ebenfalls irritierend ist zunachst, dass die hyperbolische

Geometrie in der euklidischen Anschauungsebene dargestellt werden kann, obwohl es

sich doch um eine”andere“ Geometrie handelt.

Kapitel 6 beinhaltet Satze uber Dreiecke, die allesamt mittels der axiomatischen Metho-

de bewiesen werden. Dabei wird herausgearbeitet, welche Satze bezuglich der Dreiecke

im Euklidischen, welche im Hyperbolischen, und welche sowohl in ersterem als auch in

letzterem gultig sind.

Obige Fragen werden im Laufe der Arbeit hochstens teilweise geklart; ihre Beantwortung

ist mitunter auch nur individuell oder unter Einbezug philosophischer Gesichtspunkte

moglich. Es soll eher ein Vergleich zwischen der hyperbolischen und der euklidischen

Ebene, insbesondere bezuglich der Dreiecksgeometrie, gezogen und die Verwendung von

Axiomensystemen demonstriert werden.

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1 Geschichte

Viele Jahrhunderte lang wurde Geometrie auf der Basis der Euklidischen Axiomatik

gelehrt. In seinen Schriften Die Elemente fasste der griechische Mathematiker Euklid

in Definitionen, Axiomen und Postulaten zusammen, was man zu dem Zeitpunkt von

der Geometrie wusste. Sein Werk stellte uber mehr als 2000 Jahre hinweg das einzige

geometrische System dar und es schien undenkbar, dass auch vollig andere Geometrien

existieren konnten [Tru98]. Obwohl den Mathematikern an dem Euklidischen System

von Anfang an kleine Unstimmigkeiten auffielen und unermudlich versucht wurde, die-

se exakt zu bestimmen und zu korrigieren, sollte es doch bis ins 19. Jahrhundert nach

Christus dauern, bis man die Problematik der Parallelen aufdecken und gewissermaßen

zufriedenstellend auflosen konnte; wenn auch auf andere Weise als zunachst erwartet. Ge-

rade die intensive Beschaftigung mit Euklids Axiomen fuhrte zu einem revolutionaren

Verstandnis von Geometrie und im weiteren Verlauf zur Begrundung der nichteuklidi-

schen Geometrie.

1.1 Geometrie vor Euklid

Wortlich ubersetzt bedeutet Geometrie Vermessung der Erde; und seit jeher stand es

offenbar im besonderen Interesse der Menschen, ein Gespur und ein Maß fur Entfernung

zu entwickeln. Dass der direkte Weg zumeist der kurzeste ist, wurde intuitiv festgestellt;

zur gerechten Einteilung von Landereien benotigte man Konzepte einfacher geometri-

scher Figuren wie Rechtecke, Quadrate oder Dreiecke. Ein geworfener Stein beschreibt

eine Parabel; fallt er ins Wasser, so bildet er Kreise; Baumstamme gleichen Zylindern,

usw. Geometrische Konzepte liegen also in der Natur, ohne dass man uberhaupt genauer

daruber nachdenken musste.”Unbewusste Geometrie“ wird dieses Phanomen von Eves

bezeichnet. [Eve95] Es ist nicht genau zu sagen, wann sich die Geometrie zur Wissen-

schaft entwickelte; man mutmaßt jedoch, dass schon 3000 Jahre vor Christus klare An-

zeichen zu einer wissenschaftlichen Betrachtung von Geometrie gefunden werden konnen.

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Lange Zeit wurde in der Mathematik induktiv gearbeitet; das heißt, Gesetzmaßigkeiten

wurden aus Experimenten und Erfahrungen abgeleitet. Diese Mehode ist nicht unbedingt

hieb- und stichfest, wie ein kleines Beispiel zeigt: Der Winkelsummensatz im Dreieck

kann durch Messen und Addieren der Winkel im Dreieck schon gefunden werden. Doch

da man Messungenauigkeiten mit einbeziehen muss, kann nicht mit Sicherheit gesagt

werden, dass die Winkelsumme exakt 180◦ betragt. Zudem kann nicht vom Speziellen

auf das Allgemeine geschlossen werden; daher gilt der Winkelsummensatz streng genom-

men nur fur tatsachlich vermessene Dreiecke. Griechische Geometer stellten nun schon

einige hundert Jahre vor Euklid die Behauptung auf, dass geometrische Begebenhei-

ten nicht durch empirische Erhebungen, sondern durch deduktives Argumentieren, was

spater als”synthetische Geometrie“ bekannt werden sollte, erklart werden. Thales von

Miletus soll im sechsten Jahrhundert vor Christus der erste gewesen sein, mit dem die

deduktive Vorgehensweise in der Geometrie in Verbindung gebracht wird. Er begrundete

seine Ergebnisse nicht durch Intuition und Experimentieren, sondern durch logisches Ar-

gumentieren. Obwohl die Griechen nachweislich weiter dieser Idee nachgingen, gelang der

eigentliche Durchbruch der synthetischen Geometrie erst nach Erscheinen der Elemente

von Euklid um 300 vor Christus. [Eve95]

1.2 Euklidische Geometrie

Euklids Werk Die Elemente, auf dem die Euklidische Geometrie basiert, wurde zu den

nach der Bibel am zweithaufigsten gedruckten Buchern der Weltgeschichte und hat die

Entwicklung der Wissenschaften so nachhaltig beeinflusst wie kein anderes [Mlo02]. Doch

Euklid hat die meisten der in den Elementen enthaltenen mathematischen Satze nicht

selber entdeckt, sondern entnahm sie der damals schon umfangreichen antiken Tradition

der beweisenden Mathematik. Was war also uberhaupt neu an Euklids Herangehenswei-

se an mathematische, und insbesondere geometrische, Probleme?

Die von Euklid ausgehende anhaltende Pragung der Mathematik bestand darin, dass

er anhand eines von ihm aufgestellten Axiomengerusts das verfugbare mathematische

Wissen in eine systematische Ordnung und damit die Geometrie in Form einer axioma-

tischen Theorie brachte [Gra04]. Am Anfang einer mathematischen Theorie stehen die

unbewiesen bleibenden Axiome. Dann folgen Satze und deren Beweis, wobei in jedem

Beweis (außer den Axiomen) nur verwendet werden darf, was vorher bereits bewiesen

wurde.

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Die Elemente beginnen mit der Angabe einer Reihe von Definitionen, Postulaten und

Axiomen. Mit den Definitionen versucht Euklid nicht, neue Begriffe einzufuhren. Viel-

mehr sollen diese Definitionen etwas abgrenzen und beschreiben, das bereits existiert.

Zwischen Postulaten und Axiomen besteht ein fließender Ubergang. Beide, sowohl Postu-

late als auch Axiome, werden bei den Beweisen als gultig vorausgesetzt. Der Unterschied

besteht darin, dass Axiome als sicher und nicht sinnvoll anzweifelbar gelten. Die Postu-

late hingegen werden zwar als hochst plausibel eingestuft, gelten aber nicht in gleicher

Weise als uber jeden Zweifel erhaben [Scr05].

1.2.1 Definitionen

Euklid halt sich in seiner Abhandlung uber die Geometrie seiner Zeit nicht lange mit

Einfuhrungen und lyrischen Ausschmuckungen auf. Ohne jede Vorrede beginnt er so-

gleich mit der Auflistung derjenigen Definitionen, die er fur die Systematisierung der

Geometrie fur wichtig halt:

1. Ein Punkt ist, was keine Teile hat.

2. Eine Linie breitenlose Lange.

3. Die Enden einer Linie sind Punkte.

In ahnlicher Weise gibt er in seinem ersten Buch insgesamt 23 Definitionen an, unter

anderem klart er, was unter einem stumpfen oder spitzen Winkel verstanden wird oder

worum es sich bei einem gleichschenkligen Dreieck handelt.

1.2.2 Postulate

Postulate konnen als”Moglichkeit zur Konstruktion von Gebilden“ [Sch97] betrachtet

werden; wortlich aus dem Lateinischen ubersetzt ist ein Postulat eine Forderung - gefor-

dert wird die Anerkennung einer These, die nicht bewiesen und somit akzeptiert werden

kann oder auch nicht.

Euklid formuliert funf Postulate, von denen vier heutzutage in die so genannte Absolute

Geometrie mit aufgenommen werden. Das funfte jedoch hat schon seit Jahrhunderten

fur Missfallen gesorgt, wie eine genauere Betrachtung im Folgenden zeigen wird.

Gefordert soll sein:

1. Daß man von jedem Punkt nach jedem Punkt die Strecke ziehen kann,

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2. Daß man eine begrenzte gerade Linie zusammenhangend gerade verlangern kann,

3. Daß man mit jedem Mittelpunkt und Abstand den Kreis zeichnen kann,

4. Daß alle rechten Winkel einander gleich sind,

5. Und daß, wenn eine gerade Linie beim Schnitt mit zwei geraden Linien bewirkt, daß

innen auf derselben Seite entstehende Winkel zusammen kleiner als zwei Rechte

werden, dann die zwei geraden Linien bei Verlangerung ins unendliche sich treffen

auf der Seite, auf der die Winkel liegen, die zusammen kleiner als zwei Rechte sind.

1.2.3 Axiome

1. Was demselben gleich ist, ist auch einander gleich.

2. Wenn Gleichem Gleiches hinzugefugt wird, sind die Ganzen gleich.

3. Wenn von Gleichem Gleiches weggenommen wird, sind die Reste gleich.

4. Wenn Ungleichem Gleiches hinzugefugt wird, sind die Ganzen ungleich.

5. Die Doppelten von demselben sind einander gleich.

6. Die Halben von demselben sind einander gleich.

7. Was einander deckt, ist einander gleich.

8. Das Ganze ist großer als der Teil.

9. Zwei Strecken umfassen keinen Flachenraum.

1.3 Kritik an Euklid

Euklids funftes Postulat, das Parallelenpostulat, oder auch Parallelenaxiom1, hat die

Mathematiker vieler Jahrhunderte immer wieder beschaftigt. Im Gegensatz zu den vier

anderen Postulaten zeichnet es sich durch seine Komplexitat aus, und man glaubte,

dass es sich aus den anderen Postulaten herleiten und beweisen ließe, demnach also

kein unbeweisbares Postulat sondern eine Folgerung aus den Postulaten sei. Herbert

Meschkowski begrundet diese Vermutung damit, dass die Umkehrung des Postulates

durchaus bewiesen werden kann.2 [Mes64]

1Hier herrscht in der Literatur keine Einigkeit - beide Begriffe werden gleichwertig verwendet.2siehe Anhang

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Abbildung 1.1: Anschauliche Darstellung des Parallelenaxioms von Euklid

Es sind einige aquivalente Formulierungen des Parallelenpostulates bekannt:

• Zu jeder Geraden g und zu jedem nicht auf g liegenden Punkt A gibt es genau eine

Gerade h, die durch A verlauft und zu g parallel ist.

• Zwei parallele Geraden g und h haben uberall denselben Abstand.

• Wenn eine Gerade g eine von zwei parallelen Geraden h und i schneidet, so auch

die andere.

• Die Summe der Innenwinkel eines Dreiecks ist zwei Rechten gleich.

• Die Punkte, die auf einer Seite einer gegebenen Geraden in ein und demselben

Abstand von dieser liegen, bilden eine Gerade.

• Es gibt ahnliche Dreiecke.

• Es existiert mindestens ein Rechteck.

• Jedes Viereck mit drei rechten Winkeln ist ein Rechteck.

Efim Diese Aquivalenzen gelten genau dann, wenn man die euklidischen Axiome, insbe-

sondere unter Einschluss des Parallelenaxioms, zugrunde legt, d.h. als gultig voraussetzt.

Es sollte sich herausstellen, dass das Missfallen am Parallelenpostulat unvorhergesehe-

ne Auswirkungen haben wurde; letztendlich fuhrte es zu der Erkenntnis, dass Euklid

mit seinen Elementen nicht, wie lange vermutet, die exakte Beschaffenheit der Realitat

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beschreibt. Meschkowski sieht in der Schwierigkeit, die die Mathematiker seit jeher mit

Euklids funftem Postulat hatten, die Begrundung der nichteuklidischen Geometrie; denn

wegen dieser Unzufriedenheit mit dem Parallelenpostulat”sahen sich Generationen von

Mathematikern veranlaßt, Euklid zu verbessern durch einen Beweis dieses Satzes aus

den ubrigen Axiomen und Postulaten. Das Scheitern dieser Bemuhungen fuhrte dann

zur Entwicklung der nichteuklidischen Geometrien.“ [Mes90] Schließlich formulierte der

deutsche Mathematiker David Hilbert im Jahr 1899 die Elemente noch einmal neu; sein

Axiomensystem ist es, das heute als Euklidische Geometrie gilt. Hilbert ging es darum,

Klarheit uber Definitionen, Grundbegriffe, Grammatik und Sprache der Mathematik zu

schaffen und eine allgemeine Methode zur Betreibung von Mathematik zu entwickeln.

Qualitatsmerkmale seines Systems sind Unabhangigkeit, Vollstandigkeit und Wi-

derspruchsfreiheit.

Er unterteilt in drei Systeme von”Dingen“:

• die Punkte (Elemente der linearen Geometrie)

• die Geraden (Elemente der ebenen Geometrie)

• die Ebenen (Elemente der raumlichen Geometrie).

Diese brachte Hilbert in seinen Axiomen in gegenseitige”Beziehungen“ (

”liegen“,

”zwi-

schen“,”kongruent“,...). Wichtig und neu ist an Hilberts Ansatz, dass die Definitionen

fehlen; daher auch die Bezeichnung der Unterscheidung in”Dinge“. Es wird nicht mehr

zwingend an die Anschauung appelliert, und Hilbert betont dass man statt”Punkt“ oder

”Gerade“ jederzeit

”Tisch“ oder

”Bierseidel“ sagen konnte. Die obige Benennung der drei

Systeme von Dingen begrundet sich darin, dass sich die Geometrie am einfachsten im

euklidischen Anschauungsraum darstellen lasst - anhand von Punkten und Geraden kann

man sich geometrische Gebilde nun mal erfahrungsgemaß am leichtesten vorstellen. Es

ist jedoch wesentlich fur die Geometrie, dass es zu Begriffen wie”Punkt“ oder

”Gerade“

gar keine offiziell korrekte Definition gibt, sondern dass es sich um Abstraktionen han-

delt, die nur dadurch an Bedeutung gewinnen, dass sie zueinander in Beziehung stehen,

und das ist das eigentlich faszinierende an der Geometrie.3”Es ist das Ergebnis redlichen

Forschens in den uber 2000 Jahren zwischen Euklid und Hilbert, daß es gute Definitionen

der Grundbegriffe gar nicht geben kann.“ [Mes90] Vielmehr muss sich die Mathematik

3Nur durch dieses Verstandnis von Geometrie ist schließlich moglich, die nichteuklidischen Geometrien

zu akzeptieren und zu verstehen.

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damit begnugen, dass man sich zwar mit Hilfe eines Axiomensystems”implizit“ geome-

trische Grundbegriffe definieren kann; diese mussen jedoch auf das Axiomensystem, das

man sich zugrunde legt, angepasst sein und andern sich beim Wechsel des solchen.

1.4 Absolute Geometrie

Es hatte sich also im Laufe der Beschaftigung mit Euklids Elementen herauskristal-

lisiert, dass das dort zugrunde liegende Axiomensystem durchaus vielen Anspruchen

gerecht wird auch ohne dass sich der Verwender bewusst macht, wie ein solches System

eigentlich zu handhaben ist. Punkte und Geraden haben ein festes Bild im menschlichen

Verstand, und es fallt zunachst schwer zu akzeptieren, dass man sich davon zu losen hat,

wenn man wirklich Geometrie betreiben mochte.

Hat man jedoch erst mal verinnerlicht, dass es außer dem euklidischen noch weitere

Axiomensysteme geben kann, so stellt man fest, dass der Teil der euklidischen Geome-

trie, der nur auf den ersten vier Postulaten Euklids basiert und das Parallelenpostulat

außen vorlasst, selbst schon Basis einer eigenen Geometrie ist. Man nennt sie die ab-

solute Geometrie. Samtliche Aussagen, die sich in ihr beweisen lassen, sind sowohl in

der euklidischen als auch in der hyperbolischen Geometrie gultig. [Kel81] Behilft man

sich einer mengentheoretischen Ausdrucksweise, so konnte man sagen, dass die absolute

Geometrie (oder besser, die in der absoluten Geometrie gultigen Axiome und Satze) die

Schnittmenge von hyperbolischer und euklidischer Geometrie ist.

Die Axiome der absoluten Geometrie entsprechen denen der euklidischen (ebenso wie de-

nen der hyperbolischen) Geometrie mit dem entscheidenden Unterschied, dass sich kein

Parallelenaxiom darunter befindet. Es gibt also in der absoluten Geometrie genau ein

Axiom weniger als in der euklidischen und hyperbolischen Geometrie, die sich ihrerseits

lediglich in der Beschaffenheit des Parallelenpostulats und den daraus resultierenden

Gultigkeiten unterscheiden. Wir werden sehen, dass dieser augenscheinlich eher kleine

Unterschied gewaltige Konsequenzen nach sich zieht, die fur die einfache Vorstellungs-

kraft nicht unerhebliche Herausforderungen darstellen. Entsprechend schwer fiel es den

Mathematikern im 19. Jahrhundert zunachst, Schriften uber die Entdeckung der neuen

Geometrie Glauben zu schenken.

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1.5 Nicht-euklidische Geometrie

Karl Friedrich Gauß war wohl der erste, der erkannte, dass das Parallelenaxiom nicht

mit Hilfe der ubrigen Axiome beweisbar ist; er entdeckte, dass”man eine widerspruchs-

freie Geometrie aufbauen kann, in der das Parallelenpostulat nicht gilt.“ [Føl88] Er

veroffentlichte seine Schriften dazu jedoch nicht. Beinahe zur gleichen Zeit und un-

abhangig voneinander erkannten die Mathematiker Nicolai Lobatschewski und Johann

Bolyai ebenfalls Systeme nicht-euklidischer Geometrie. Ihre Entdeckungen stellen die

Basis der hyperbolischen Geometrie, die fur die Oberflache eines Hyperboloids, also ei-

ner Flache die wie ein Sattel gekrummt ist, gilt. Wenig spater sollte es zudem Bernhard

Riemann gelingen, eine andere nicht-euklidische Geometrie zu prasentieren; diese wird

elliptische Geometrie genannt und gilt fur die Oberflache einer Kugel oder eines ellipti-

schen Korpers.

Gauß, Lobatschewski und Bolyai entdeckten also unabhangig voneinander die hyperboli-

sche Geometrie. Nachdem Generationen von Mathematikern vergeblich versucht hatten,

das Parallelenpostulat aus den ubrigen Axiomen herzuleiten, gelangten diese drei und

einige weitere Mathematiker um die Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert

zu dem Schluss, dass Euklid doch richtig damit lag, den Satz uber die Parallelen zu

den Postulaten zuzuordnen, da er nicht beweisbar ist.”Als Konsequenz dieser Ansicht

ergab sich, daß die mit den indirekten Beweisen verbundene destruktive Absicht bei

der Verneinung des Parallelenpostulats aufgegeben wurde. Dies machte den Weg frei fur

einen positiven und konstruktiven Ansatz.“ [Gar07] Die neue Idee war, das euklidische

Parallelenaxiom durch ein anderes, das euklidische verneinende, Axiom zu ersetzen und

zu uberprufen, ob sich damit eine von der euklidischen Geometrie verschiedene und eher

unanschauliche, dabei aber ebenso widerspruchsfreie Geometrie entwickeln ließe.

Zwei Formulierungen eines neuen Parallelenpostulates kristallisierten sich also heraus:

1. Zu einer Geraden g und einem nicht auf g liegenden Punkt P in einer Ebene

existieren mehr als eine Parallele von g durch P .

2. Zu einer Geraden g und einem nicht auf g liegenden Punkt P in einer Ebene

existiert keine Parallele von g durch P .

Der zweite Ansatz wird, wie oben bereits angesprochen, als spharische oder elliptische

Geometrie bezeichnet und soll hier nicht naher betrachtet werden.

Obwohl Gauß, Lobatschewski und Bolyai sich beinahe zeitgleich mit ersterer Abwand-

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lung des Parallelenaxioms beschaftigten, schenkte man den Schriften Lobatschewskis

und Bolyais, die vor den Entdeckungen von Gauß der Offentlichkeit zuganglich gemacht

wurden, zunachst keine große Beachtung; und dass Gauß seine Uberlegungen zu einer

nicht-euklidischen Geometrie nicht veroffentlichte, liegt moglicherweise darin begrundet,

dass er bereits damit rechnete, dass eine derartige Umwalzung der seit etwa 2000 Jah-

ren geltenden Anwendung der euklidischen Geometrie nicht auf Verstandnis und Ak-

zeptanz stoßen wurde. War doch die unmittelbare Folgerung aus der Verneinung des

Parallelenpostulats die Erkenntnis, dass neben der euklidischen Geometrie, in der das

Parallelenaxiom gilt, noch mindestens eine andere”imaginare Geometrie“ moglich ist,

in der es nicht gilt. Derartige Ideen”schienen zeitgenossischen Geometern paradox und

wurden von ihnen mit Ironie abgetan.“ [Efi70] Man war nicht so ohne weiteres bereit

fur eine solche Sensation in der Mathematik, und somit sprach man den Werken von

Lobatschewski und Bolyai erst dann die entsprechende Wurdigung zu, nachdem man

nach Gauß‘ Tod in dessen Unterlagen ahnliche Erkenntnisse zur Moglichkeit einer nicht-

euklidischen Geometrie fand - ihm schenkte man durch seine große Bedeutung in vielen

Bereichen der Mathematik jedes Vertrauen.

Heute sind sowohl die euklidische als auch die nicht-euklidische (sei es die hyperbolische

oder die spharische) Geometrie gultige mathematische Modelle des uns umgebenden

Raums. Coxeter stellt fest, dass”[d]ie Frage, welche der beiden Geometrien wahr sei,

bedeutungslos ist, und dass es praktisch unmoglich ist zu entscheiden, welche der beiden

zur Beschreibung des astronomischen Raumes angemessener sei.“ [Cox63] Tatsachlich

ist es wohl nur eine Frage des individuellen Anspruchs und Blickwinkels - rein von der

Anschaulichkeit ist sicherlich jeweils die euklidische Geometrie nicht zu schlagen, und

daher beschrankt man sich in der Schule auf sie. Reprasentativ ist es Coxeter wichtiger

zu klaren, ob die beiden Axiomensysteme in sich geschlossen logisch vertraglich, also

widerspruchsfrei sind.

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2 Axiomatik

Geometrie basiert auf abstrakten und komplexen Uberlegungen. Hilbert leitet seine

Grundlagen der Geometrie mit folgendenWorten ein:”Die Geometrie bedarf - ebenso wie

die Arithmetik - zu ihrem folgerichtigen Aufbau nur weniger und einfacher Grundsatze.

Diese Grundsatze heißen Axiome der Geometrie.“ Und aus diesen Axiomen sollen alle

geometrischen Satze so abgeleitet werden,”daß dabei die Bedeutung der verschiedenen

Axiomgruppen und die Tragweite der aus den einzelnen Axiomen zu ziehenden Folge-

rungen klar zutage tritt.“ [Hil30] Ein Kritikpunkt an Euklids Axiomensystem war die

Angabe von Definitionen, denn diese”genugen nicht der logischen Exaktheit.“ [Fil93]

Euklids Definitionen erfordern ihrerseits weitere Definitionen wie Teile, Lange, Enden,

die nicht klar gefasst werden konnen; sie beschreiben vielmehr als dass sie definieren.

Wie lasst sich diese Problematik jedoch losen? Grundlegende Objekte oder Relationen

mussen definiert werden, denn”[e]rst wenn einige Grundbegriffe zur Verfugung stehen,

kann die Definition anderer Objekte auf die bekannte Weise erfolgen.“ [Fil93] Wie diese

”Definition“ erfolgt, soll im Folgenden geklart werden.

2.1 Was ist Axiomatik?

Sozusagen aus dem Nichts, also ohne auf klare und bekannte Begriffe zuruckzugreifen,

Definitionen zu schaffen, erfolgt, indem man von den zu bestimmenden Objekten Ei-

genschaften fordert, postuliert. Diese geometrischen Axiome konnen von dem anwenden-

den Mathematiker je nach Belieben frei gewahlt werden; welche Kriterien erfullt sein

mussen, wird im nachsten Abschnitt erklart. Bei der Untersuchung geometrischer Gebil-

de nimmt man sich zunachst zwei grundlegende Konzepte zur Hand, namlich eine Menge

von Punkten und eine Menge von Geraden; hierbei muss jedoch beachtet werden, dass es

sich dabei lediglich um Konzepte, um Ideen, nicht aber um festgelegte Objekte handelt.

Diese beiden Mengen werden anhand eines Axiomensystems zueinander in Beziehung ge-

bracht [Mil81]; erst dann nehmen die Elemente der Menge Gestalt an. Trudeau verwen-

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det den Begriff primitive Terme, das sind die Grundbegriffe, die allem zugrunde liegen

und ohne Beziehung mittels Axiomen inhaltsleer sind. Axiome sind Grundaussagen uber

die primitiven Terme, die diese erfullen sollen und, fur sich genommen, ebenfalls keine

Bedeutung haben. Begriffe, die anhand der primitiven Terme definiert werden konnen,

heißen definierte Terme; Satze oder Theoreme werden nun aus den Grundaussagen, den

Axiomen, abgeleitet (deduziert) und bewiesen. [Tru98]

Beispiel: Die Objekte Punkte und Geraden konnen mittels der folgenden Forderungen,

Axiome, definiert werden.

Es existieren Punkte und Geraden; diese besitzen folgende Eigenschaften:

1. Geraden sind Mengen von Punkten.

2. Zwei voneinander verschiedene Geraden haben hochstens einen gemeinsamen

Punkt.

3. Zu zwei verschiedenen Punkten existiert genau eine Gerade, die diese beiden

Punkte enthalt.

Der Grundgedanke bei der Betrachtung von Geometrie (oder besser gesagt, Geometrien),

ist laut Prof. Linhart der Universitat Salzburg, dass man sich unter den Grundbegrif-

fen wie”Punkt“,

”Gerade“,

”Kreis“,

”rechter Winkel“ im Prinzip vorstellen kann was

man will,”solange nur die Axiome erfullt sind“, denn diese Grundbegriffe sind

”nur

durch die Gultigkeit der Axiome definiert.“ 1 Somit untersucht man also jeweils nur

diejenigen Elemente aus Mengen, fur die die zugrunde gelegten Axiome erfullt sind. Da-

bei wird keine Aussage daruber getroffen, ob diese Axiome die reale Welt beschreiben

oder ob es sich”nur“ um ein Gedankenkonstrukt handelt. [Mil81] Hilbert ist derjenige,

dem die neuartige Betrachtung von Axiomen zugesprochen wird. Kennedy zitiert Weyl,

der Hilberts Herangehensweise als”metageometrische Ebene“ bezeichnet, und empfin-

det Hilberts Methodik als”Konstruktion von Modellen.“ [Ken72] Denn die Betreibung

von Geometrie erfolgt insbesondere im Schulunterricht anhand von Modellen; so ist die

euklidische Zeichenebene ein zweidimensionales Modell mittels dessen euklidische Geo-

metrie veranschaulicht werden kann; um die hyperbolische Ebene zu beschreiben behilft

man sich haufig der oberen Halbebene, die im Kapitel Hyperbolische Geometrie genauer

vorgestellt werden soll. Wichtig im Umgang mit Modellen ist, dass sie den”primiti-

ven Begriffen“ ihre Abstraktheit nehmen und ihnen konkrete Formen verleihen; diese

1VorlesungGeometrie im SoSe 2008. Erhaltlich unter http://www.sbg.ac.at/mat/staff/linhart/geom.pdf;

abgerufen am 07.09.2010.

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genaue Bestimmung ist jedoch modellspezifisch, es handelt sich dabei also nicht um

allgemeingultige Definitionen dieser Begriffe, sondern lediglich um modellbezogene Inter-

pretationen.

Wahlt man sich nun ein Axiomensystem aus, anhand dessen man Geometrie betreiben

mochte, so fallt die Wahl haufig auf das durch Hilbert”bereinigte“ Euklidische System.

Seit dem 19ten Jahrhundert ist allerdings bekannt, dass man auch eine andere Auswahl

an Axiomen zugrunde legen kann, die ebenfalls zu reichhaltigen Theorien fuhren, die

sich bedeutend von den euklidischen unterscheiden; insbesondere bietet sich da zum Bei-

spiel die Alternative zu Euklids Parallelenpostulat an, die unter Einschluss der ubrigen

euklidischen Axiome zur hyperbolischen Geometrie fuhrt. [Mil81]

2.2 Was wird von einem axiomatischen System verlangt?

Naturlich ergibt es wenig Sinn, vollig willkurlich eine Sammlung von Axiomen aufzustel-

len. So sollte man der Definition von Punkten und Geraden im oben genannten Beispiel

nicht die Forderung hinzufugen, dass zwei Geraden sich mindestens zwei Mal schneiden;

das wurde dem 2.Axiom widersprechen. Hilbert fordert zunachst von einem Axiomen-

system,”[w]enn sich die willkurlich gesetzten Axiome nicht einander widersprechen mit

samtlichen Folgen, so sind sie wahr, so existieren die durch die Axiome definierten Dinge.

Das ist fur mich das Criterium der Wahrheit und der Existenz.“ [Mes90]

Ein erstes Kriterium an ein Axiomensystem ist also Widerspruchslosigkeit. Dass sich

die Axiome innerhalb eines Systems nicht widersprechen lasst sich durch Angabe eines

Modells beweisen.

Ebenso wird Unabhangigkeit von einem Axiomensystem gefordert. Denn sobald eines der

Axiome von einem oder mehreren anderen abhangt, handelt es sich nicht mehr um ein

Axiom, sondern um ein Theorem oder einen Satz, zu dessen Beweis man die Grundlage

der Axiome benotigt. Die Axiome durfen also jeweils nicht voneinander ableitbar sein,

sondern mussen fur sich stehen.

Zuletzt muss vorausgesetzt werden, dass ein Axiomensystem eindeutig (bzw. vollstandig)

ist. Das bedeutet, dass Modelle, auf die eine bestimmte Sammlung an Axiomen ange-

wendet werden kann,”im Wesentlichen gleich“ [Kn6] sein mussen. Mathematisch ausge-

druckt sollen die jeweiligen Beispiele isomorph zueinander sein. Dies wird gezeigt, indem

man fur die zu untersuchenden Beispielebenen eine bijektive Abbildung findet, mittels

derer die eine Beispielebene in die andere Beispielebene abgebildet wird.

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2.3 Synthetische vs. Analytische Methode

Uber einen langen Zeitraum hinweg, bedienten sich die Geometer der”synthetischen

Geometrie“, die auf einer axiomatischen Beweisfuhrung begrundet ist. Damit bezogen

sie sich offensichtlich auf das euklidischen Axiomensystem, denn dieses stellte die Grund-

lage der als gegeben zu nehmenden Tatsachen der Geometrie dar, die man somit zum

Beweis komplizierterer Satze in der Geometrie verwenden durfte [Tru98].

Was jedoch heutzutage in der Oberstufe am Gymnasium gelehrt wird, unter dem Begriff

”algebraische Geometrie“, entspricht der von Rene Descartes im 17ten Jahrhundert ein-

gefuhrten”analytischen Geometrie“, was zu der falschen Annahme fuhren kann,

”analy-

tisch“ und”algebraisch“ seien Synonyme. Man sagt algebraisch, weil bei dieser Methode

Geraden und Kreise mittels algebraischer Gleichungen dargestellt werden.2 Analytisch

ist die Methode insofern, als dass gewissermaßen ruckwarts gearbeitet wird: die zu be-

weisende Aussage wird”in Teile zerlegt [...], die ihr logisch vorausgehen.“ [Tru98] Im

Gegensatz dazu wird beim synthetischen Beweisen deduktiv vorgegangen: separate Ele-

mente (also Axiome oder bereits bewiesene Satze) werden zusammengefugt und ergeben

insgesamt die zu beweisende Aussage [Tru98].

Bei der analytischen Vorgehensweise bedient man sich der Verwendung von kartesischen

Koordinaten; dies fuhrt in der weiteren Entwicklung zur Vektorrechnung, die eben-

falls sehr gebrauchlich zur Vereinfachung und Vereinheitlichung analytischer Geome-

trie geworden sind [Tru98]. Die Einfuhrung von Koordinatensystemen geht, wie bereits

erwahnt, auf den franzosischen Mathematiker Descartes zuruck - dessen”mathemati-

sche[r] Faulheit“ haben wir es zu verdanken, dass wir uns heute einem Schema bedienen

durfen,”mit dem das Beweisen geometrischer Satze weniger strapazios“ ist [Mlo02]. Ein

Punkt der reellen Ebene soll verstanden werden als ein Paar (a, b) reeller Zahlen, au-

ßerdem definiert man sich einen Abstandsbegriff (eine”Metrik“), man beschreibt eine

Bewegung mittels einer Funktionsvorschrift, etc. [Ben97]

Die analytische Methode ist also oftmals praktischer als die axiomatische Methode, da

sie geometrische Aufgaben oder Probleme rechnerisch lost; der Vorteil ist, dass”beim

analytischen Vorgehen [...] viele Beweise von gleicher Struktur [sind] - namlich Rech-

nen mit Koordinaten.“ [Kn6] Die axiomatische bzw. synthetische Methode hingegen

soll ausschließlich auf den Axiomen basieren und es stellt eine nicht zu unterschatzende

Schwierigkeit dar, sich von den anschaulichen Vorstellungen zu losen, die geometrische

2

”Die analytische Geometrie fuhrt jedes geometrische Problem auf ein algebraisches zuruck.“ [Wey66]

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Begriffe automatisch hervorrufen. Dafur erlaubt die axiomatische Methode, ihre”An-

wendungsmoglichkeit [...] in außerordentlich weiten Grenzen zu erkennen.“ [Efi70]

Es ist von den Konventionen jahrelangen Gebrauchs in der Mathematik vorgegeben,

in welcher Weise sich”Punkte einer Ebene bezuglich eines vorgegebenen kartesischen

Koordinatensystems durch zwei sie kennzeichnende Zahlen a, b, oder besser x1, x2, dar-

stellen lassen und sie damit in die Rechnungen eben genau als Elemente des R2 einge-

hen.“ [Ben97] Benz erklart im Folgenden, dass die Theorie des R2 nutzliche Werkzeuge

fur den Anwender sind, wahrend der Theoretiker, der sich der axiomatischen Methode

annimmt, nicht zu definieren braucht was ein anschaulich gegebener Punkt ist oder wie

ein Koordinatensystem mit einer x1- und einer x2-Achse aussieht.

In der Schule wird das Koordinatensystem in der siebten Klasse eingefuhrt (zumindest an

Gymnasien in Baden Wurttemberg); bis dahin wird Geometrie ausschließlich auf axio-

matischer Basis unterrichtet. Den Schulern ist dies nicht bewusst; die Axiome werden im

Schulunterricht nicht ausdrucklich formuliert, sondern als selbstverstandlich angenom-

men. Erst mit zunehmender Erfahrung im Umgang der Schuler mit mathematischen

Inhalten werden sie an die analytische Methode herangefuhrt, welche zwar fur Beweise

letztendlich die leichtere ist; es muss jedoch erst die Querverbindung hergestellt werden

zwischen Zahlen und geometrischen Gebilden.

2.4 Definierte Terme

Bevor wir zu der Vorstellung zweier Axiomensysteme, dem euklidischen und dem hy-

perbolischen kommen, ist die Einfuhrung einiger Begriffe erforderlich, die sowohl in der

euklidischen als auch in der hyperbolischen Geometrie gebraucht werden - je nach ver-

wendetem Axiomensystem konnen sie jedoch unterschiedliche Bedeutungen erhalten.

Man muss sich stets in Erinnerung bewahren, dass”ein Axiomensystem ein wissen-

schaftliches Instrument [ist], dessen Objekte unter Umstanden verschiedener Deutungen

fahig sind.“ [Mes90]

Was dann in der jeweiligen Ebene unter den Begriffen, angefangen bei Punkt uber Linie,

Gerade bis Winkel, genau verstanden wird, hangt von der Auswahl des Modells ab. Im

Euklidischen liegt in dieser Ebene konventionell die R2-Ebene zugrunde; fur die Darstel-

lung des Hyperbolischen habe ich das Halbebenenmodell nach Henri Poincare gewahlt.

Diese werden in den jeweiligen Kapiteln vorgestellt.

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Definition 2.4.1. Zwei Punkte P und Q mit P 6= Q bestimmen eine Gerade

Definition 2.4.2. Eine Strecke AB ist eine Teilmenge der Geraden durch A und B

mit A und B als Endpunkten.

Definition 2.4.3. Ein Punkt B liegt zwischen zwei Punkten A und C, falls AB+BC =

AC gilt sowie B von A und C verschieden ist.

AB + BC bedeutet, dass man an die Strecke AB die Strecke BC anlegt. Es kann nun

eine Strecke AB auch wie folgt beschreiben werden: AB enthalt alle Punkte der Geraden

durch A und B, die zwischen A und B liegen sowie die Punkte A und B selbst.

In der folgenden Arbeit habe ich, je nach individueller Zweckmaßigkeit, Winkel entweder

anhand von Punkten (z.B. �BAC), Geraden (z.B. �(g, h)) oder mithilfe von griechischen

Kleinbuchstaben (z.b. α) bezeichnet (siehe Abbildung). Die jeweilige Bezeichnung soll

nicht auf eine inhaltliche Bedeutung hinweisen.

Abbildung 2.1: Winkelbezeichnungen

Definition 2.4.4. Zwei Punkte P,Q liegen auf einer Seite einer Geraden g, wenn

die sie verbindende Strecke PQ die Gerade g nicht schneidet (also PQ∪g = ∅). Dagegen

liegt ein Punkr R auf der anderen Seite einer Geraden g als ein Punkt S, wenn die

Verbindungsgerade von R und S die Gerade g in einem Punkt schneidet.

Definition 2.4.5. Schneidet eine Gerade g zwei Geraden h und h′, so heißen die Win-

kel �(g, h) und �(g, h′) die auf derselben Seite von g und entweder beide oberhalb oder

beide unterhalb von h bzw. h′ liegen, Stufenwinkel.

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Als Scheitelwinkel bezeichnet man diejenigen Winkel, die einander an zwei kreuzenden

Geraden gegenuberliegen.

Liegen die Winkel auf unterschiedlichen Seiten von g und unterschiedlichen Seiten von

h bzw. h′, so heißen sie Wechselwinkel - sozusagen Scheitelwinkel zum Stufenwinkel.

Bei zwei sich schneidenden Geraden (z.B. g und h′), bezeichnet man ein Paar benach-

barter Winkel als Nebenwinkel.

Abbildung 2.2: Spezielle Winkel

Definition 2.4.6.”Wenn eine gerade Linie, auf eine gerade Linie gestellt, einander

gleiche Nebenwinkel bildet, dann ist jeder der beiden gleichen Winkel ein Rechter.“

[Euk97] Wir verabreden außerdem, die Winkel immer”in einem solchen Maß zu messen,

daß der rechte Winkel gleich [90◦] wird.“ [Coxe63]

Die Festlegung, dass ein rechter Winkel 90◦ betragen soll, lasst sich fur beide Ebe-

nen vertreten, da die Winkelmessung sich gegenseitig entspricht. 90◦ soll dabei keine

numerische Information beinhalten, sondern dient in gegebenen Fallen lediglich einer

einfacheren Ausdrucksweise.

Definition 2.4.7. Zwei Geraden g und h heißen senkrecht aufeinander, falls sie sich

in einem Punkt O schneiden, und an diesem Punkt rechte Winkel miteinander bilden.

Man schreibt dann g ⊥ h.

Definition 2.4.8. Sei P ein Punkt und g eine Gerade. Dann heißt eine Gerade h mit

P ∈ h und g ⊥ h Lot von P auf g, und der Punkt Q mit {Q} = g ∩ h heißt Fußpunkt

dieses Lotes.

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Definition 2.4.9. Eine Gerade mAB heißt Mittelsenkrechte einer Strecke AB, falls

mAB den Mittelpunkt von AB enthalt und auf der Geraden durch A und B senkrecht

steht.

Definition 2.4.10. Als Bewegungen werden Abbildungen der Ebene auf sich bezeich-

net, die Abstande beliebiger Punktepaare unverandert lassen.

Eine wichtige Eigenschaft von Bewegungen ist, dass es sich bei Bewegungen um bijektive

Abbildungen handelt, die Winkel erhalt; schlussendlich ist die Menge aller Bewegungen

eine Gruppe.

Definition 2.4.11. Falls A,B,C drei Punkte sind, die nicht auf einer Geraden liegen, so

heißt die Punktmenge, die aus den Punkten A,B und C sowie den Strecken AB,AC und

BC besteht, Dreieck ABC. A,B und C heißen dann Eckpunkte, und AB = c, AC = b

und BC = a sind die Seiten des Dreiecks. Des Weiteren bezeichnet α = �CAB den

Winkel bei dem Punkt A, β = �ABC den Winkel an B und γ = �BCA den Winkel an

C.

Definition 2.4.12. Der Winkeldefekt in einem Dreieck betragt 180◦ − (α+ β + γ).

Anmerkung: In der euklidischen Ebene ist dieser Defekt = 0 und daher eine irrelevante

Große. Dagegen ist die Winkelsumme im hyperbolischen Dreieck immer < 180◦, daher

wird der Defekt definitiv > 0.

Wahrend wir nun also konkrete Vorstellungen davon haben, wie sich diese Definitionen

in der euklidischen Ebene, wie wir sie kennen, veranschaulichen lassen, so mussen wir uns

fur die hyperbolische Ebene erst ein entsprechendes Modell einpragen:”Poincare ersetz-

te die abstrakten Begriffe”Gerade“ und

”Ebene“ durch konkrete Gebilde wie Kurven,

Oberflachen oder sogar Korper und formulierte die Axiome der hyperbolischen Geometrie

mit diesen neuen Begriffen. Das ist erlaubt, solange nur die Bedeutungen, die den Be-

griffen von den Postulaten zugewiesen werden, genau definiert und in sich schlussig sind.

Man konnte beispielsweise den Nicht-Euklidischen Raum als die Oberflache eines Zebras

darstellen und dabei die Haarwurzeln Punkte und die Streifen Geraden nennen - man

muss nur die Axiome widerspruchsfrei ubertragen. Angewandt auf die Zebraoberflache

wurde das erste Postulat Euklids lauten:”Gefordert soll sein, dass man von jeder Haar-

wurzel zu jeder anderen Haarwurzel den Abschnitt eines Streifens legen kann...“ [Mlo02]

Geometrie mithilfe des Musters eines Zebrafells zu betreiben ist nun nicht unbedingt die

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herkommlichste Methode (zweifelhaft, ob das Fell eines Zebras tatsachlich den hyperbo-

lischen Axiomen entsprechen kann) - die tatsachliche Durchfuhrung ist aber auch nicht

der entscheidende Punkt in Mlodinows Aussage. Es geht lediglich darum zu verdeutli-

chen, dass man theoretisch wirklich viel Spielraum in der Wahl eines Modells hat (dies

gilt fur die euklidische genauso wie fur die hyperbolische Ebene); wichtig ist im Grunde

nur, dass die zugrunde gelegten Axiome darauf gelten.

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3 Geometrie in der Schule

Wie konnte es geschehen, dass diejenige Geometrie, die uber zwei Jahrtausende lang

als der Weisheit letzter Schluss galt, auf einmal Konkurrenz bekam? Es stellte sich die

Frage, ob die Lehre Euklids nun, da sie zumindest nicht mehr allgemein gultig war in

der Mathematik, als hoffnungslos veraltet abgehakt werden musse. Ist dies ein Beispiel

dafur, wie Wissen durch den Fortschritt der Wissenschaften uberholt und zunichte ge-

macht wird?

Offensichtlich kann diese Frage verneint werden. Denn auch heute stellt die euklidische

Geometrie noch die Grundlage der in der Schule gelehrten und angewendeten Gemetrie

dar, obgleich sich die Schuler dessen nicht explizit bewusst sind.

Ist es nun sinnvoll, hyperbolische Geometrie im Mathematikunterricht vorzustellen, wo

doch viele bereits mit der anschaulichen euklidischen Geometrie Schwierigkeiten haben?

Konnen Schuler im Allgemeinen etwas verstehen, das sie sich nur unter großerer Anstren-

gung vorstellen konnen? Daruber vermag der einzelne selbst entscheiden; jedoch ist es

durchaus moglich, die Inhalte der hyperbolischen Geometrie auf eine Weise darzustellen,

dass Schulern ein verstandlicher Zugang geboten werden kann, der ihr Interesse und ihre

Wissbegier weckt.

3.1 Hyperbolische Geometrie in der Schule?

Jeder Lehrer muß notwendig etwas von der Nichteuklidischen Geometrie kennen; denn

sie gehort nun einmal zu den wenigen Teilen der Mathematik, die zumindest in einzel-

nen Schlagworten in weiteren Kreisen bekannt geworden ist; nach ihr kann daher jeder

Lehrer jeden Moment gefragt werden. [Kle68]

Dieses Zitat stammt von Felix Klein, einem deutschen Mathematiker des spateren 19.

Jahrhunderts, der einigen Beitrag zur hyperbolischen Geometrie geleistet hat. Nun ist

seine Auffassung daruber, dass jeder Mensch auf jeden Fall mit der hyperbolischen Geo-

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metrie konfrontiert werden sollte, sicherlich nicht mehr richtig zeitgemaß. An deutschen

Gymnasien hat die hyperbolische Geometrie nach wie vor keinen festen Platz im Lehr-

plan. Klein lebte eben in genau der Zeit, in der gerade die Vorstellung zerstort worden

war, dass die Axiome Euklids einen unveranderlichen Rahmen fur unsere Raumvorstel-

lung bilden; er befand sich also mitten in der”geometrischen Revolution“, und konn-

te sicher die Neuheit des geometrischen Denkens kaum genug lobpreisen. Heute hat

man einen klareren Uberblick daruber, dass es fur ein grundlegendes Verstandnis von

Geometrie vollkommen ausreicht, sich auf die Behandlung der euklidischen Geometrie

zu beschranken; die hyperbolische Geometrie ware hochstens ein Spezialgebiet, ein i-

Tupfelchen sozusagen, das man Schulern prasentieren kann.

Das heißt aber nicht, dass es keine Moglichkeiten gibt, die an sich komplexe hyperbolische

Geometrie auf vereinfachte Weise darzustellen, dass sie durchaus auch von denjenigen

Schulern eingesehen werden kann, denen hohere Mathematik eigentlich sehr fern liegt.

Abgesehen von den drei beruhmten Modellen der hyperbolischen Geometrie, namentlich

dem Poincare’schen Scheibenmodell, dem Poincare’schen Halbebenenmodell und dem

Scheibenmodell nach Klein und Beltrami, findet man oft auch eine stark vereinfachte

Darstellung hyperbolischer Parallelen, anhand derer man sich der Erfassung dieser Geo-

metrie, die man sich nicht ganz ohne weiteres vorstellen kann, erarbeiten kann. Besonders

in amerikanischen Lehrbuchern, die oft auch an Collegeschuler1 gerichtet sind, stoßt man

zunachst auf die nun folgende Annaherung an die hyperbolische Geometrie.2

3.1.1 Hyperbolische Geometrie, leicht gemacht

Schulern, deren mathematisches Verstandnis gerade in der Geometrie haufig auf Vor-

stellbarkeit oder am besten auf handfesten Zeichnungen basiert, ware die hyperbolische

Geometrie sicher zunachst recht schwer nahezubringen, da man sich hier von alteingeses-

1Amerikanische Colleges entsprechen in diesem Fall wohl am ehesten den deutschen Fachhochschulen;

meistens sind weiterfuhrende Hochschulen damit gemeint, an denen der Abschluss des Bachelor erlangt

werden kann. Es ist jedoch anzumerken, dass die Amerikaner noch recht jung sind wenn sie mit dem

College beginnen - Zielgruppe der Collegebucher waren in etwa die 18 bis 22jahrigen.2Beispiele hierfur sind Eves, College Geometry, in dessen Einleitung Howard Eves anspricht dass Lehrer

durch Vermittlung nichteuklidischer Geometrie versuchen sollten, die Schulgeometrie von der Flaute

ihrer momentanten”Notlage“ zu retten und ihr etwas der ihr zueigenen

”Romantik, Schonheit und

Spannung“ zuruckzugeben [Eve95], oder Trudeau, Die geometrische Revolution

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senen Handhabungen losen muss. Dass es zu einer Geraden mehr als eine Parallele geben

soll, die aber alle durch einen bestimmten Punkt, der nicht auf der Geraden liegt, gehen

sollen - das erscheint zunachst unmoglich, lernten wir doch, dass es zu einem gegebenen

Punkt und eine gegebene Gerade genau eine Parallele gibt, die durch den Punkt geht.

Behutsam konnte man mit der Prasentation dieses stark vereinfachten Bildes vorgehen:

Betrachten wir also eine Linie AB und einen Punkt P , der nicht auf AB liegt.

Abbildung 3.1: Parallele Linien

Die Geraden CD und EF sind beide parallel zu AB, was zunachst wie eine Falschaus-

sage wirkt. Intuitiv wurde man naturlich sagen, dass AB und EF sich bei ausreichender

Verlangerung beider Geraden recht bald schneiden wurden; doch es handelt sich ja nach

wie vor um ein Modell, und wir mussen uns von unserer euklidischen Denkweise ein we-

nig verabschieden. Tatsachlich schneiden sich die beiden Geraden in dieser Abbildung ja

nicht; wir konnen also nicht einfach davon ausgehen dass sie es irgendwann tun werden.

Wurden wir den Winkel �DPF extrem verkleinern, sagen wir dass er lediglich noch

0, 000000005◦ betragt. Dann ware von der Neigung der Gerade EF kaum noch etwas

zu sehen, laut dem bloßen Auge waren die Geraden AB und EF auch im euklidischen

Sinne parallel obwohl sie es tatsachlich gar nicht sind - jedenfalls eben nicht im Euklidi-

schen. [Tru98]

Ein erster Schritt in der Annaherung an die hyperbolische Geometrie ist es also, sich von

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der bisherigen Definition des Begriffes”parallel“ zu losen; wahrend im Euklidischen

”par-

allel“ bedeutet, dass zwei Geraden sich nicht schneiden und uberall denselben Abstand

voneinander haben, so wird in der hyperbolischen Geometrie unterschieden zwischen

zwei Arten von Parallelitat: Betrachten wir eine Gerade l, so nennt man diejenigen Ge-

raden (wir werden sehen, dass es derer immer genau zwei gibt), die l gerade so noch

nicht schneiden, asymptotische Geraden; alle anderen Geraden, die l nicht schneiden,

heißen ultraparallele oder divergierende Geraden. Zu jeder Geraden gibt es unendlich

viele ultraparallele Geraden. Betrachten wir hierzu eine Gerade l und einen Punkt P ,

der nicht auf l liegt. Wir zeichnen zunachst wiederum das Lot p von P aus auf l. Sei

nun x eine Gerade durch P , die l nicht schneidet; dabei sei der Winkel, den x und PB

bilden so klein wie es nur geht so dass x und l sich gerade so noch nicht schneiden.

Definition 3.1.1. Der Winkel, den das von einem Punkt P aus auf eine Gerade l gefallte

Lot p mit einer zu l asymptotischen Parallelen x einschließt, heißt Parallelwinkel Π(p);

er hangt ab von der Lange von p (und zwar ist Π(p) umso kleiner, je großer p ist).

Tragt man diesen Winkel auf der x gegenuber liegenden Seite von p ein weiteres Mal ab,

so erhalt man die Gerade y, die ebenfalls l gerade noch nicht schneidet; die Geraden x

und y sind dann die beiden asymptotisch parallelen Geraden zu l.

Abbildung 3.2: Asymptotisch parallele Geraden und der zugehorige Parallelwinkel

Alle Geraden durch P , die innerhalb des Winkels, den x und y miteinander bilden,

eintreten, sind ultraparallel zu l.

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Satz 3.1.2. Die asymptotischen Parallelen durch einen Punkt bilden gleiche und spitze

Winkel mit der Senkrechten von dem Punkt auf die Gerade.

Zum Beweis sei verwiesen auf Trudeau, S.209 ff.

Satz 3.1.3. Der Parallelwinkel Π(p) hangt ab von der Lange von p: Es gilt

(a)p < p′ ⇔ Π(p) < Π(p′).

(b)p ∼= p′ ⇔ Π(p) ≃ Π(p′).

Auch dieser Satz soll an dieser Stelle unbewiesen bleiben; der geneigte Leser findet den

Beweis in Hartshorne, S.375.

Anhand dieses Modells lassen sich viele in der hyperbolischen Ebene gultigen Satze recht

anschaulich beweisen; fur eine analytische Betrachtung jedoch ware es ungeeignet. In die-

ser Arbeit dient es lediglich zur Demonstration, wie oben erwahnte Collegebucher ihren

Lesern (also im Idealfall Collegeschulern) einen oberflachlichen Einblick in die hyperbo-

lische Geometrie bieten.

Es ist nach meiner personlichen Einschatzung eher unwahrscheinlich, dass die hyperbo-

lische (oder uberhaupt die nichteuklidische) Geometrie Einzug in den Mathematikunter-

richt finden wird. Zu fern ist sie dem, was der bestehende Lehrplan fur die geometrischen

Inhalte innerhalb der acht Jahre am Gymnasium vorsieht. Ich finde jedoch, dass man es

sich als Lehrer zumindest zur Aufgabe machen sollte, Schulern zu vermitteln dass es in

der Arbeit mit Geometrie nicht im eigentlichen darum geht, das Volumen eines Zylinders

oder die Hohe eines Dreiecks berechnen zu konnen. Der Schulermotivation ware es sicher

dienlich wenn sie verstunden, dass ihre euklidische Geometrie, in der sie so schon rech-

nen konnen, auf Festlegungen aufgebaut ist, die zunachst getroffen werden mussen. Denn

dieses Verstandnis wurde offenbaren, dass die Geometrie keineswegs eine abgeschlosse-

ne Wissenschaft ist, in der die interessantesten Dinge bereits erkannt und abgehandelt

worden sind. Vielmehr ist zu erwarten, dass es im Laufe der Zeit immer mehr und im-

mer aufregendere Schlusse uber Geometrie und ihren Bezug zur Beschaffenheit der Welt

geben wird.

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4 Euklidische Geometrie

Ein Blick in die Schulmathematik zeigt, dass die euklidische Geometrie auch heute ge-

lehrt und angewandt wird - sie hat den Status einer von vielen Raumformen, die sich

durch ihre Einfachheit auszeichnet. Sie ist ein trivialer Fall der zwei- und dreidimen-

sionalen Geometrie. Doch was beinhaltet der Ausdruck”Geometrie in der euklidischen

Ebene“ eigentlich? Dies soll im folgenden Kapitel geklart werden.

Definition 4.0.4. Die Euklidische Ebene setzt sich zusammen aus einer Menge E

(ublicherweise, aber nicht zwingend, die Menge der Punkte der Ebene), einem System

G von Teilmengen von E (die in der Ebene liegenden Geraden), einer Teilmenge Z von

E × E × E (diejenigen Punktetripel (A,B,C), bei denen B zwischen A und C auf einer

Geraden liegt), einer Aquivalenzrelation ∼= auf der Menge E × E (diejenigen Strecken

in der Ebene, die zueinander kongruent sind), und einer Aquivalenzrelation ≃ auf der

Menge {(P,Q,R) ∈ E× E× E : es gibt keine Gerade g mit P,Q,R ∈ g} (Kongruenz der

sich ergebenden Winkel wenn P,Q und R nicht auf einer Geraden liegen).

Dieses 5-Tupel, das aus (E,G,Z,∼=,≃) besteht und die Axiome der Euklidischen Geome-

trie erfullt, bildet die Euklidische Ebene.

4.1 Axiome der Euklidischen Geometrie

Wie bereits erwahnt orientiert sich die euklidische Geometrie heutzutage weitgehend an

Hilberts Axiomensystem. In seiner Einleitung schreibt Hilbert:”Die vorliegende Untersu-

chung ist ein neuer Versuch, fur die Geometrie ein vollstandiges und moglichst einfaches

System von Axiomen aufzustellen...“ Er teilte seine Axiome in funf Gruppen; diese sollen

im Folgenden vorgestellt werden.

4.1.1 Inzidenzaxiome

Die Inzidensaxiome werden auch als Axiome der Verknupfung bezeichnet.

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(I1) Durch je zwei verschiedene Punkte geht genau eine Gerade.

∀P,Q ∈ E : [P 6= Q ⇒ (∃!g ∈ G : P ∈ g ∧Q ∈ g)]. (4.1)

(I2) Jede Gerade enthalt mindestens zwei voneinander verschiedene Punkte.

∀g ∈ G ∃ P,Q ∈ g : P 6= Q. (4.2)

(I3) Es gibt drei Punkte, die nicht alle auf einer Geraden liegen.

∃P,Q,R ∈ E : [∀g ∈ G : (P,Q ∈ g ⇒ R /∈ g)]. (4.3)

Die Formulierung der Axiome ist hier zunachst wortlich, dann in mengentheoretischer

Schreibweise erfolgt.

4.1.2 Axiome der Lage

Die Axiome der Lage werden auch Anordnungsaxiome genannt.

(L1) Liegt ein Punkt Q zwischen zwei Punkten P und R, so sind P,Q,R drei verschie-

dene Punkte einer Geraden, und Q liegt dann auch zwischen R und Q.

(L2) Zu zwei Punkten P und R gibt es stets mindestens einen Punkt Q auf der Geraden

durch P und R, so dass R zwischen P und Q liegt.

(L3) Unter irgend drei Punkten einer Geraden gibt es genau einen, der der zwischen

den beiden anderen liegt.

(L4a) Ist g ∈ G, und liegen von drei Punkten P,Q,R sowohl P und Q als auch Q und

R auf derselben Seite von g, so liegen auch P und R auf derselben Seite von g.

(L4b) Ist g ∈ G, und liegen von drei Punkten P,Q,R weder P und Q noch Q und R auf

derselben Seite von g, so liegen P und R auf derselben Seite von g.

Mit anderen Worten teilt eine Gerade g die Ebene in zwei Gebiete Σg und Σ′g, die

”Halbebenen“ genannt werden; zwei Punkte P und Q liegen genau dann in derselben

Halbebene, wenn sie auf derselben Seite von g liegen.

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4.1.3 Kongruenzaxiome

Definition 4.1.1. Nach (I1) gibt es fur zwei Punkte P und Q genau eine Gerade g, die

durch diese beiden Punkte gehen. Der Strahl S(P,Q) von P aus in Richtung Q sei die

Teilmenge von Punkten auf g, die durch den Punkt P begrenzt wird, sich aber uber den

Punkt Q hinaus erstreckt.

S(P,Q) := {X ∈ g|X = P oder X = Q oder (P,X,Q) ∈ Z oder (P,Q,X) ∈ Z}(4.4)

Definition 4.1.2. Seien AB und CD Strecken, und S(A,B) der von A ausgehende

Strahl durch B. Ist E der eindeutig bestimmte Punkt auf S(A,B) so dass BE ∼= CD,

dann heißt AE die Summe von AB und CD: AE := AB + CD.

(K1) Seien P,Q Punkte und S(R, T ) ein Strahl mit Anfangspunkt R. Dann existiert

genau ein Punkt P ′ auf dem Strahl S(R, T ), so dass die Strecken PQ und RP ′

kongruent sind (in Zeichen: PQ ∼= RP ′).

(K2) Fur je zwei Punkte P und Q gilt PQ ∼= QP . (Symmetrie der Streckenkongruenz)

(K3) Seien PQ und QR zwei Strecken auf einer Gerade g, wobei Q zwischen P und R

liegt, und P ′Q′ und Q′R′ zwei Strecken auf einer Geraden g′, wobei Q′ zwischen

P ′ und R′ liegt, und ist PQ ∼= P ′Q′ und QR ∼= Q′R′, so ist auch PR ∼= P ′R′.

(Additivitat der Streckenkongruenz)

(K4) Seien P,Q,R drei verschiedene Punkte, die nicht auf einer Geraden liegen. Dann

gilt �PQR ≃ �RQP . Des weiteren gilt �PQR ≃ �P ′QR′ fur irgend zwei von Q

verschiedene Punkte P ′ ∈ S(Q,P ) und R′ ∈ S(Q,R).

(K5) Sind P,Q,R,X, P ′ 6= Q′ Punkte aus E, so dass die Punkte P,Q,R nicht auf einer

Geraden liegen und X nicht auf der Geraden durch P ′ und Q′ liegt, so gibt es

genau einen von Q′ ausgehenden Strahl S, so dass fur alle Punkte R′ von S, die

von Q′ verschieden sind, �PQR ≃ �P ′Q′R′ ist und R′ auf derselben Seite der

Geraden durch P ′ und Q′ liegt wie X.

(K6) Sind P,Q,R, P ′, Q′, R′ Punkte aus E, so dass weder P,Q und R noch P ′, Q′ und R′

auf einer Geraden liegen, und gilt PQ ∼= P ′Q′, QR ∼= Q′R′ und �PQR ≃ �P ′Q′R′,

so gilt auch PR ∼= P ′R′, �QPR ≃ �Q′P ′R′ und �QRP ≃ �Q′R′P ′. (Dieses

Axiom besagt, dass zwei Dreiecke genau dann kongruent sind, wenn zwei ihrer

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Seiten und der eingeschlossene Winkel kongruent sind. In der Schule lernt man

diesen Satz als Kongruenzsatz”sws“.)

4.1.4 Stetigkeitsaxiome

Hilbert formulierte zwei Stetigkeitsaxiome, von denen ersteres auch als Archimedisches

Axiom, letzteres als Dedekind´sches Axiom bekannt ist.

(S1) Zu zwei beliebigen Strecken PQ und R0T0 gibt es stets eine naturliche Zahl n ≥ 1

und Punkte R1, R2, ..., Rn so dass gilt:

1. Die Punkte liegen auf dem Strahl S(R0, T0),

2. PQ ∼= RiRi+1 ∀i = 0, ..., n− 1,

3. Ri liegt zwischen Ri−1 und Ri+1 ∀i = 1, ..., n− 1,

4. T0 liegt zwischen R0 und Rn.

(S2) Sind alle Punkte einer Geraden so in zwei nichtleere disjunkte Teilmengen einge-

teilt, dass zwischen zwei Punkten aus ein und derselben Teilmenge kein Punkt der

anderen Teilmenge liegt, so gibt es einen eindeutig bestimmten Punkt Q, der auf

jeder Strecke liegt, deren Endpunkte verschiedenen Teilmengen angehoren.

4.1.5 Parallelenaxiom

Schließlich gehort das Parallelenaxiom, welches ja den entscheidenden Unterschied der

euklidischen zur nichteuklidischen Geometrie ausmacht, zu Hilberts Axiomensystem da-

zu. Seine Formulierung lautet:

(P) Es sei a eine beliebige Gerade und A ein Punkt außerhalb a: dann gibt es in der

durch a und A bestimmten Ebene hochstens eine Gerade, die durch A lauft und a

nicht schneidet.

Hilbert schließt als Erklarung an, dass das Parallelenaxiom (P) in Kombination mit den

vorhergehenden Axiomen zur Folge hat, dass es in einer durch diese Axiome bestimmten

Ebene zu einer Geraden durch einen nicht auf ihr liegenden Punkt genau eine Parallele

gibt:”Nach dem Vorhergehenden und auf Grund des Parallelenaxioms erkennen wir, daß

es in der durch a und A bestimmten Ebene eine und nur eine Gerade gibt, die durch A

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lauft und a nicht schneidet; wir nennen dieselbe die Parallele zu a duch A. [Hil30]

Nun haben wir also zu Beginn des Kapitels geklart, wie eine euklidische Ebene aufgebaut

sein soll, und mit Hilberts Axiomensystem Bedingungen aufgestellt, die in dieser Ebene

erfullt sein sollen. Um einzusehen, dass eine derartige Ebene uberhaupt existiert und

andererseits aber nicht alle existierenden Ebenen euklidisch sind, sind drei Fragen zu

klaren:

1. Unabhangigkeit: Benotigt man alle der Axiome, oder konnte eines der Axio-

me aus den restlichen Axiomen hergeleitet werden? Mit anderen Worten, sind die

Axiome samtlich voneinander unabhangig? Da mit der hyperbolischen Ebene (die

im nachsten Kapitel behandelt wird) ein Beispiel eines Axiomensystems vorliegt, in

dem das Parellelenaxiom nicht gilt, ist dieses offensichtlich schon mal unabhangig

von den ubrigen. Hilbert gibt außerdem ausfuhrliche Nachweise dazu an, dass weder

Bestandteile verschiedener Axiomgruppen aus den jeweils voranstehenden Axiom-

gruppen abgeleitet werden konnen, noch hangen die einzelnen Axiome innerhalb

der Gruppen voneinander ab. (siehe hierzu Hilbert 1930, S.38ff.)

2. Widerspruchsfreiheit: Widersprechen sich die Axiome, moglicherweise nach ei-

ner langen Kette von logischen Schlussen, gegenseitig? Wenn dies der Fall ware,

wurde keine euklidische Ebene, wie sie hier definiert ist, existieren. Hilbert zeigt die

Widerspruchsfreiheit seines Axiomensystems indem er”aus den reellen Zahlen ein

System bilde[t], in dem samtliche Axiome der funf Gruppen erfullt sind.“ [Hil30]

Auch bei Knorrer findet man dieses Beispiel der reellen Ebene R2; Punkte werden

mittels reeller Koordinaten angegeben: x = (x1, x2 ∈ R2), Geraden sind von der

Form {(x1, x2) ∈ R2|ax1 + bx2 = c}, des Weiteren definiert er ein Skalarprodukt

und einen Langenbegriff, um die Aquivalenzrelationen ∼= und ≃ anzugeben.

3. Vollstandigkeit: Die Vollstandigkeit (oder Eindeutigkeit) des euklidischen Axio-

mensystems kann gezeigt werden, indem bewiesen wird, dass die Beispiele fur eine

euklidische Ebene bis auf Isomorphie gleich sind. Das bereits erwahnte Beispiel

der reellen Ebene ist also bis auf Isomorphie das einzige Beispiel einer euklidischen

Ebene. Knorrer formuliert hierzu folgenden Satz:

Satz 4.1.3. Seien (E,G,Z,∼=,≃) und (E′,G′,Z ′,∼=′,≃′)”euklidische Ebenen“. Dann

gibt es eine Bijektion F : E → E′ mit F (g) ∈ G′ fur alle g ∈ G, F−1(g′) ∈ G fur

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alle g′ ∈ G′, so dass fur alle P,Q,R, P1, Q1, R1 ∈ E gilt:

(P,Q,R) ∈ Z ⇔ (F (P ), F (Q), F (R)) ∈ Z ′

PQ ∼= P1Q1 ⇔ F (P )F (Q) ∼=′ F (P1)F (Q1)

�PQR ≃ �P1Q1R1 ⇔ �F (P )F (Q)F (R) ≃ �F (P1)F (Q1)F (R1)

Knorrer beweist diesen Satz nicht [Kn6], weist aber auf den Beweis bei Efimow hin;

dieser ist jedoch nicht besonders anschaulich und soll hier nicht weiter ausgefuhrt

werden.

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5 Hyperbolische Geometrie

In der hyperbolischen Geometrie gelten beinahe dieselben Axiome wie im Euklidischen;

statt dem Zusatz des Axioms”Fur einen Punkt P , der nicht auf der Geraden g liegt, gibt

es hochstens eine Gerade durch P , die g nicht schneidet.“ wird jedoch ein gegensatzliches

Axiom eingefuhrt:”Fur einen Punkt P , der nicht auf der Gerade g liegt, gibt es mindes-

tens zwei Geraden durch P , die g nicht schneiden.“ [Kel81]

Im Umgang mit der hyperbolischen Geometrie, die mitunter auch als”imaginare Geo-

metrie“ bezeichnet wird, behilft man sich zumeist verschiedener Modelle aus dem Eukli-

dischen fur ihre Darstellung. Hier soll das Modell der oberen komplexen Halbebene nach

H.POINCARE vorgestellt werden; weitere Beispiele solcher Modelle waren die jeweiligen

Scheibenmodelle von BELTRAMI-KLEIN und Poincare.

5.1 Das Poincare-Halbebenenmodell der hyperbolischen Ebene

Henri Poincare, ein franzosischer Mathematiker, Philosoph und Physiker entwarf zweier-

lei Modelle fur die hyperbolische Ebene. Zum einen das Poincare-Scheibenmodell, zum

anderen das Poincare-Halbebenenmodell. Ich werde mich in dieser Arbeit auf die Vor-

stellung des letzteren beschranken.

Da letztendlich gezeigt werden soll, dass eine hyperbolische Ebene existiert in der das-

selbe Axiomensystem gilt wie im Euklidischen, bis auf das Parallelenaxiom, benotigen

wir also, entsprechend der euklidischen Ebene, ein 5-Tupel (E,G,Z,∼=,≃).

Als Punktemenge betrachten wir die obere Halbebene

H := {z ∈ C : Imz > 0}1 (5.1)

Dabei sollte unterschieden werden zwischen der Menge der”eigentlichen Punkte“, welche

der Menge der euklidischen Punkte in dieser oberen Halbebene ausgenommen der be-

1Diese obere Halbebene soll im folgenden immer mit”Poincare-Ebene“ bezeichnet werden, um sie von

der Einteilung in Halbebenen innerhalb des Modells abzugrenzen.

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grenzenden x-Achse entspricht, und der Menge der”uneigentlichen Punkte“, die aus den

euklidischen Punkten auf der x-Achse und dem Punkt”unendlich“ besteht.

”Uneigent-

liche“ Punkte sind nicht Teil des Modells; sie werden lediglich als Hilfsmittel eingefuhrt,

wie vor allem im Kapitel Dreiecksgeometrie auffallen wird. Allgemein (also unabhangig

von der Wahl des Modells) sind die”eigentlichen“ Punkte diejenigen Punkte, die im In-

neren des jeweiligen Modells liegen, wahrend die”uneigentlichen“ Punkte sich auf dessen

Rand befinden.

Das System G von Teilmengen von H besteht zum einen aus so genannten Halbgeraden,

die senkrecht auf der reellen Achse stehen (G1 ist das System der Mengen gα := {z ∈ H :

Re z = α}, wobei α ∈ R ); zum anderen betrachten wir Halbkreise in H deren Mittel-

punkte auf der reellen Achse liegen (G2 ist das System der Mengen gx,r := {z ∈ H :

|z − x| = r}) mit x ∈ R und r ∈ R+. Dann ist G := G1 ∪ G2.

An dieser Stelle kann sogleich eine neue Definition von Parallelitat angegeben werden.

Wir erinnern uns, dass es im Hyperbolischen asymptotisch parallele und ultraparallele

Geraden gibt:

Definition 5.1.1. Zwei Geraden heißen asymptotisch parallel, wenn sie keinen”ei-

gentlichen“ Punkt gemeinsam haben, sich aber im Unendlichen treffen.

Zwei Geraden heißen ultraparallel oder divergent, wenn sie weder einen”eigentli-

chen“, noch einen”uneigentlichen“ Punkt gemeinsam haben.

Es gibt also drei verschiedene Moglichkeiten, wie zwei Gerade in der hyperbolischen

Ebene zueinander liegen konnen:

• sie haben einen”eigentlichen“ Punkt gemein, schneiden sich also innerhalb des

entsprechenden Modells;

• sie haben einen”uneigentlichen“ Punkt gemein, schneiden sich also am Rand des

Modells und sind damit asymptotisch parallel; oder

• sie schneiden sich uberhaupt nicht, sind also ultraparallel oder divergent.

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Abbildung 5.1: Beispiele fur asymptotisch parallele, ultraparallele und nicht parallele

hyperbolische Geraden

Als nachstes benotigen wir die Menge Z, welche die Beziehung”zwischen“ beschreibt.

Auch diese besteht aus zwei Teilen: Wir setzen

Z1 := {(z1, z2, z3) ∈ H × H × H : Rez1 = Rez2 = Rez3, z1 6= z3, es gibt ein t, 0 < t < 1,

so dass z2 = tz1 + (1− t)z3}, undZ2 := {(z1, z2, z3) ∈ H×H×H : Rez1 < Rez2 < Rez3 oder Rez1 > Rez2 > Rez3, es gibt

ein g ∈ G mit z1, z2, z3 ∈ g}.Zusammen erhalten wir die Menge Z = Z1 ∪ Z2.

Um nun auch noch zwei Beziehungen anzugeben, die das 5-Tupel vervollstandigen und

den Axiomen der absoluten Geometrie genugen, mussen wir eine Gruppe von Bijektio-

nen, namlich die gebrochen linearen Transformationen, angeben, anhand derer wir die

Kongruenz von Strecken und Winkeln definieren konnen. Hierzu ein kleiner Einschub zu

einer groben Vorstellung dieser Transformationen:

Gebrochen lineare Transformationen

Definition 5.1.2. Ist A =

a b

c d

eine komplexe (2 × 2)-Matrix mit det A :=

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ad− bc 6= 0, so nennt man die Abbildung ϕA, die gegeben ist durch

ϕA : C\{−d/c} → C (falls c 6= 0, sonst ϕA : C → C)

z 7→

az+bcz+d

= 1c(a− ad−bc

cz+d) fur c 6= 0

adz + b

dfur c = 0

eine gebrochen lineare Transformation oder Mobiustransformation.

Komplexe (2×2)-Matrizen A, deren Determinante detA ungleich Null ist, gehoren

der Gruppe GL(2,C) an.

Insbesondere bezeichnet man die Menge der (2 × 2)-Matrizen A, deren Determi-

nante detA gleich 1 ist, mit SL(2,R):

SL(2,R) :=

a b

c d

∈ GL(2,C) : det

a b

c d

= 1; a, b, c, d ∈ R

.

Es kann gezeigt werden, dass Transformationen ϕA mit A ∈ SL(2,R) die obere

HalbebeneH bijektiv auf sich selbst, und Elemente aus dem SystemG von Teilmen-

gen von H wieder auf Elemente aus G abbilden. An dieser Stelle soll auf eine detail-

liertere Vorstellung dieser Beweise verzichtet werden; es sei auf die Ausfuhrungen

von Knorrer in seinem Buch Geometrie verwiesen (vgl. Knorrer 1996, S. 104 ff).

Wird an einer Geraden aus G1 gespiegelt, so entspricht diese Abbildung der eu-

klidischen Spiegelung an einer Geraden; wird hingegen an einer Geraden aus G2

gespiegelt, so handelt es sich um eine euklidische Spiegelung am Kreis, eine so ge-

nannte Inversion. Sei gx,a ∈ G2 mit gx,a = {z ∈ H : |z − x| = r}, so nennt man a

den Inversionspol und r den Inversionsradius. Es kann gezeigt werden, dass es sich

sowohl bei den euklidischen Geradenspiegelungen wie auch bei den Inversionen um

Bewegungen im Poincare-Modell handelt; es lassen sich vier verschiedene Arten

von Bewegungen im Poincare-Modell darstellen:

1. Verschiebungen entlang einer Geraden

2. Spiegelungen an Geraden aus G1

3. zentrische Streckungen

4. Inversionen an Geraden aus G2, deren Inversionspole auf der reellen Achse

liegen.

35

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Da sich Verschiebungen als Hintereinanderausfuhrung zweier Spiegelungen, und

Streckungen als Hintereinanderausfuhrung zweier Inversionen darstellen lassen (auch

das kann gezeigt werden, jedoch soll hier auf eine Prasentation der Beweise ver-

zichtet werden), genugen sogar die Spiegelungen und Inversionen als Bewegungen

im Poincare-Modell [Fill93].

Anhand dieser Gruppe von Abbildungen konnen nun die erforderlichen Kongruenzrela-

tionen wie folgt definiert werden:

Die Kongruenz von Strecken wird beschrieben durch die Aquivalenzrelation ∼= auf H×H:

(z1, z2) ∼= (z′1, z′2) ⇔ es gibt A ∈ SL(2,R) mit ϕA(z1) = z′1, ϕA(z2) = z′2.

Die Kongruenz von Winkeln wird beschrieben durch die Aquivalenzrelation ≃ auf der

Menge {(z1, z2, z3) ∈ H×H×H: es gibt kein g ∈ G so dass z1, z2, z3 ∈ g}:(z1, z2, z3) ≃ (z′1, z

′2, z

′3) ⇔ es gibt A ∈ SL(2,R) so dass

ϕA(z2) = z′2 und

ϕA(z1) ∈ S(z′2, z′1) und ϕA(z3) ∈ S(z′2, z

′3)

oder

ϕA(z3) ∈ S(z′2, z′1) und ϕA(z1) ∈ S(z′2, z

′3)

.

Abbildung 5.2: Kongruente Winkel in der Poincare-Ebene [Kn6]

Eine entscheidende Frage ist zu klaren: Auf welche Weise erfolgt die Winkelmessung in

H? Erfreulicherweise werden Winkel in unserem Modell auf euklidische Weise gemessen.

36

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Winkel zwischen zwei Geraden g, h aus G2 entsprechen dem Winkel, den die Tangenten

an g und h in deren Schnittpunkt bilden; des Weiteren bestimmt man den Winkel zwi-

schen g aus G1 und h aus G2 indem man den euklidischen Winkel zwischen g und der

Tangenten an h im Schnittpunkt von g misst.

Im Folgenden wird gezeigt, dass diese beiden Aquivalenzdefinitionen nun das 5-Tupel

(H,G,Z,∼=,≃) vervollstandigen, das alle Axiome der euklidischen Geometrie bis auf das

Parallelenaxiom erfullt.

5.2 Axiome der Hyperbolischen Geometrie

Nachdem wir nun ein 5-Tupel derart bestimmt haben, dass es dem der euklidischen

Ebene entsprechen sollte, mussen wir zeigen, dass die Axiome der absoluten Geometrie

hierfur uberhaupt gelten.

Wenden wir uns zunachst den Inzidenzaxiomen zu. Dazu ist noch anzugeben, was wir

unter den Ausdrucken”der Punkt liegt auf der Geraden“,

”die Gerade geht durch den

Punkt“, usw. fur hyperbolische Punkte und Geraden in unserer Halbebene verstehen

wollen.”Es sei A ein nichteuklidischer Punkt, und a eine nichteuklidische Gerade, die

durch einen Halbkreis dargestellt wird ([...]) Wir wollen sagen, der Punkt A liegt auf der

(nichteuklidischen) Geraden a, wenn er im Sinne der Beziehungen in der Euklidischen

Geometrie auf dem euklidischen Halbkreis a liegt.“ [Efi70]

5.2.1 Inzidenzaxiome

(I1) zu zeigen: Fur je zwei verschiedene Punkte z1, z2 ∈ H gibt es genau ein g ∈ G, sodass sowohl z1 als auch z2 auf g liegen.

Beweis. Es ist eine Fallunterscheidung vorzunehmen.

1. Fall: Re z1 = Re z2 In diesem Fall gibt es genau ein g ∈ G1, das sowohl z1 als

auch z2 enthalt, namlich {z ∈ H : Re z = Re z1}. Des weiteren gibt es kein

g′ ∈ G2 so dass z1, z2 ∈ G2. Gabe es namlich ein solches g′, so gabe es ein

x ∈ R so dass

|z1 − x|2 = |z2 − x|2 , (5.2)

d.h.

(Re z1 − x)2 + (Im z1)2 = (Re z2 − x)2 + (Im z2)

2.

37

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Da Re z1 = Re z2 und Im z1, Im z2 > 0, impliziert diese Gleichung Im z1 =

Im z2, und somit ist z1 = z2. Voraussetzung war aber, das z1 und z2 verschie-

dene Punkte sind.

Abbildung 5.3: Re z1 = Re z2, aber z1 6= z2

2. Fall: Re z1 6= Re z2 In diesem Fall gibt es offensichtlich kein Element aus G1,

das sowohl z1 als auch z2 enthalt, da alle Elemente aus G1 denselben Realteil

haben.

Sei nun g = {z ∈ H : |z − x| = r}, x ∈ R, r > 0, ein Element aus G2. Dann

gilt:

z1, z2 ∈ g ⇒ r2 = |z1 − x|2 = |z2 − x|2

Nach einigen Umformungen [siehe Anhang] erhalt man x =|z21−z2

2|2(Re z1−Re z2)

;

demnach sind x und r = |z2 − x| durch z1, z2 eindeutig bestimmt.2

(I2) zu zeigen: Jedes g ∈ G enthalt mindestens zwei Punkte.

Beweis. trivial, denn die Definition von Geraden in unserem Modell erfullen diese

2x ist der Schnittpunkt der Mittelsenkrechten auf die Verbindungsstrecke von z1 und z2 mit der reellen

Achse, und r ist der Abstand von x zu z2.

38

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Bedingung offensichtlich.

(I3) zu zeigen: Es gibt in H drei Punkte, die nicht alle auf ein und demselben Element

aus G liegen.

Beweis. Wir wahlen z1 und z2 so, dass Re z1 = Re z2, aber z1 6= z2 (z.B. z1 =

i, z2 = 2i). Nach (I1) liegen z1 und z2 dann auf einer eindeutig bestimmten Geraden

g := {z ∈ H : Re z = Re z1}, g ∈ G1 dabei aber ausdrucklich nicht auf einem

Element aus G2. Wahle nun ein beliebiges z3 so, dass Re z3 6= Re z1 (z.B. z3 = 1+i).

Dann liegt z3 also offensichtlich nicht auf g; da z1 und z2 aber zugleich auf keinem

gemeinsamen Element von G2 liegen, gibt es schlussendlich weder ein Element aus

G1 noch aus G2, auf dem die drei Punkte z1, z2, z3 liegen.

5.2.2 Axiome der Lage

(L1) zu zeigen: Liegt ein Punkt z2 zwischen zwei Punkten z1 und z3, so liegen z1, z2, z3

auf einer Geraden, sind paarweise verschieden, und z2 liegt auch zwischen z3 und

z1.

Beweis. Liege z2 zwischen z1 und z3.

1. Fall: Sei Re z1 = Re z2 = Re z3, also z1, z2, z3 ∈ Z1. Dann gibt es laut Defini-

tion von Z1 ein t, 0 < t < 1, so dass z2 = tz1 + (1− t)z3, und es ist z1 6= z3.

Aus Re z1 = Re z1 = Re z3 folgt nach (I1), dass z1, z2, z3 auf einer eindeutig

bestimmten Geraden aus G1 liegen. Aus z1 6= z3 folgt wegen

z2 = tz1 + (1 − t)z3 = t︸︷︷︸

6=0

(z1 − z3)︸ ︷︷ ︸

6=0

+z3 auch z2 6= z3, also sind z1, z2, z3

paarweise verschieden.

Offensichtlich liegt z2 außerdem auch zwischen z3 und z1, denn wenn es ein t

gibt so dass z2 = tz1+(1− t)z3, dann gilt fur t′ = 1− t: z2 = t′z3+(1− t′)z1;

also liegt z2 auch zwischen z3 und z1.

2. Fall: Sei o.B.d.A. Rez1 < Re z3; da z2 zwischen z1 und z3 liegt, folgt dass

z1, z2, z3 ∈ Z2 und somit gilt Re z1 < Re z2 < Re z3 und es gibt ein g ∈ G2 mit

z1, z2, z3 ∈ g. Somit liegen die drei Punkte also schon mal auf einer Geraden.

Wegen Re z1 6= Re z3 6= Re z2 6= Re z1 sind z1, z2, z3 offensichtlich paarweise

verschieden.

39

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Wegen Re z1 < Re z2 < Re z3 gilt andererseits Re z3 > Re z2 > Re z1, was

laut Definition von Z2 soviel heißt wie dass z2 zwischen z3 und z1 liegt.

Dass (L1 - L3) auch in der hyperbolischen Ebene gelten, wird klar wenn man sich h als

irgendeine nichteuklidische Gerade durch einen Halbkreis mit dem Mittelpunkt x auf der

reellen Achse darstellt. Betrachten wir uns dazu eine euklidische Gerade e, die parallel

(im euklidischen Sinne) zu der reellen Achse ist; dann schneidet jede euklidische Gerade

durch x den Halbkreis h in einem Punkt z und die Gerade e in einem Punkt z′, den wir

als den dem Punkt z entsprechenden bezeichnen wollen. Sind dann a, b, c drei Punkte,

die auf dem Halbkreis h liegen, so liegt b als Objekt der nichteuklidischen Geometrie

zwischen a und c, falls in dem System der Punkte a′, b′, c′, die auf der euklidischen Gera-

den e liegen und den Punkten a, b, c entsprechen, der Punkt b′ zwischen a′ und c′ liegt.

Abbildung 5.4: Die Anordnung von Punkten im Poincare-Modell entsprechen

der Anordnung in der euklidischen Ebene.

Um zu zeigen dass auch die Axiome (L4a) und (L4b) gelten, definieren wir zunachst

Halbebenen in der hyperbolischen Geometrie.

Definition 5.2.1. Fur g ∈ G1 definieren wir Σg und Σ′g durch

Σg := {z ∈ H : Re z > α} und Σ′g := {z ∈ H : Re < α} (falls g = {z : Re z = α}, α ∈ R

40

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ist);

fur g ∈ G2 definieren wir Σg und Σ′g durch

Σg := {z ∈ H : |z − x| > r} und Σ′g := {z ∈ H : |z − x| < r} (falls g = {|z − x| = r}

ist).

Fur Geraden aus G1 liegen also diejenigen Punkte links der Geraden in Σ′g und rechts

der Geraden in Σg, und fur Geraden aus G2 liegen diejenigen Punkte innerhalb des

Halbkreises in Σ′g und außerhalb des Halbkreises in Σg.

(L4a) zu zeigen: Liegen von drei Punkten z1, z2, z3 sowohl z1 und z2 als auch z2 und z3 in

derselben Halbebene Σg oder Σ′g, so liegen auch z1 und z3 in derselben Halbebene.

Anmerkung: Die Punkte z, z′ ∈ H”liegen auf der gleichen Seite einer Geraden g,

wenn z, z′ ∈ Σg oder z, z′ ∈ Σ′.

Beweis. 1. Fall: Sei g = {Re z = α}, α ∈ R und o.B.d.A. z1, z2 ∈ Σg, also

Re z1,Re z2 > α. (Selbiges gilt naturlich fur Re z1,Re z2 < α.) Sind also Re z1

und Re z2 > α, und z3 liegt in derselben Halbebene wie z2, so ist auch Re z3 >

α, und somit liegt z3 auch in derselben Halbebene wie z1.

2. Fall: Sei g = {|z − x| = r}, x ∈ R, r > 0 und o.B.d.A. z1, z2 ∈ Σ′g, also

{|z1 − x| > r} und {|z2 − x| > r}. (Ebenso konnte man den Fall |z1 − x| < r}und |z2 − x| < r} betrachten.) Liegen nun auch z2 und z3 in derselben Halb-

ebene, so gilt auch |z3 − x| > r}, und somit liegt z3 in derselben Halbebene

wie z1.

(L4b) zu zeigen: Liegen von drei Punkten z1, z2, z3 weder z1 und z2 noch z2 und z3 in

derselben Halbebene Σg oder Σ′g, so liegen z1 und z3 in derselben Halbebene.

Beweis. 1. Fall: Sei g = {Re z = α} mit α ∈ R. Liegen z1 und z2 nicht in

derselben Halbebene, so gilt o.B.d.A. Rez1 > α und Rez2 < α. Da auch z2

und z3 nicht in derselben Halbebene liegen, gilt Rez3 > α, und damit liegen

z1 und z3 in derselben Halbebene.

2. Fall: Sei g = {|z − x| = r mit x ∈ R, r > 0. Da z1 und z2 nicht in derselben

Halbebene liegen, gilt o.B.d.A |z1 − x| < r} und |z2 − x| > r}. Nun liegen

41

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auch z2 und z3 nicht in derselben Halbebene, also gilt |z3 − x| < r}, undsomit liegt z3 in derselben Ebene wie z1.

5.2.3 Kongruenzaxiome

(K1) zu zeigen: Seien z1, z2, z′1, z

′3 vier Punkte in der Halbebende H mit z′1 6= z′3. Dann

gibt es genau einen Punkt z′2 ∈ S(z′1, z′3) so dass z1z2 ∼= z′1z

′2.

Beweis. Fur z1 = z2 gilt z1z2 ∼= z′1z′2 ⇔ z′1 = z′2.

Betrachte nun z1 6= z2. Knorrer beweist in seiner Abhandlung uber das Poincare-

Modell der hyperbolischen Ebene, dass es dann genau eine Abbildung ϕA gibt mit

A ∈ SL(2,R), so dass gilt

ϕA(z1) = z′1 und ϕA(S(z1, z2)) = S(z′1, z′2)

[Kn6]; das ist die Aussage von Knorrers Proposition 29.3, auf die im folgenden

mehrfach zuruckgegriffen wird.

Setze z′2 := ϕA(z2); somit liegt z′2 auf dem Strahl S(z′1, z′3) und es ist z1z2 ∼= z′1z

′2.

Dass es genau einen solchen Punkt z′2 gibt, wird klar wenn man einen weiteren

Punkt z′′2 auf dem Strahl S(z′1, z′3) annimmt so dass z1z2 ∼= z′1z

′′2 ; dann gibt es nach

Definition der Streckenkongruenz eine Matrix B ∈ SL(2,R) so dass ϕB(z1) = z′1

und ϕB(z2) = z′′2 . Dann ist ϕB(S(z1, z2) = S(z′1, z′3). Laut Knorrers Proposition

29.3 ist eine solche Abbildung eindeutig; somit ist ϕA = ϕB und folglich z′2 =

z′′2 .

(K2) zu zeigen: Die Streckenkongruenz ist symmetrisch, d.h. fur z1, z2 ∈ H gilt, z1z2 ∼=z2z1.

Beweis. Knorrers Proposition 28.3 besagt, dass es fur zwei verschiedene Punkte

z, z′ aus H eine (bis auf Multiplikation mit −1) eindeutig bestimmte Matrix A ∈SL(2,R) gibt, so dass ϕA(z) = i, ReϕA(z

′) = 0, ImϕA(z′) > 1. Wir konnen also

o.B.d.A. annehmen, dass z1 = i und z2 = it mit t > 0. Sei außerdem

A =

0 −

√t

1√t

0

.

Dann ist ϕA(i) = it und ϕA(it) = i, und schlussendlich gilt z1z2 ∼= z2z1.

42

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(K3) zu zeigen: Fur je sechs Punkte z1, z2, z3, z′1, z

′2, z

′3, von denen z2 zwischen z1 und

z3 liegt und z′2 zwischen z′1 und z′3 gilt: Aus z1z2 ∼= z′1z′2 und z2z3 ∼= z′2z

′3 folgt

z1z3 ∼= z′1z′3.

Beweis. Wegen Knorrers Prop. 29.3 kann man o.B.d.A. annehmen, dass S(z1, z3) =

S(z′1, z′3). Insbesondere kann man annehmen, dass z1 = z′1 = i, und somit S0 :=

{ti : t ∈ [1,∞[}, also der von z1 = i ausgehende, gegen ∞ gehende Teil der

imaginaren Achse, und z2, z3 ∈ S0. Es folgt, dass

z1 = z′1 = i und z2, z′2, z3, z

′3 ∈ S0

Nach Voraussetzung ist ja

z1z2 ∼= z′1z′2∼= z1z

′2.

Daher sind auch z1z2 und z1z′2 kongruente Strecken auf S0. Aus (K1) folgt, dass

z2 = z′2; ebenso folgt aus z2z3 ∼= z′2z′3∼= z2z

′3 wiederum mit (K1), dass z3 = z′3.

Folglich ist z1z3 ∼= z′1z′3.

(K4) zu zeigen: �z1z2z3 hangt nur von den Strahlen S(z2, z1) und S(z2, z3) ab.

Beweis. Diese Aussage folgt direkt aus der Definition von Winkeln im Poincare-

Modell.

(K5) zu zeigen: An jeden Strahl S kann ein vorgegebener Winkel �z1z2z3 auf jeder Seite

in genau einer Weise angetragen werden.

Beweis. Wieder verwenden wir Knorrers Prop. 29.3 und betrachten o.B.d.A. den

Strahl S = S0, also der Strahl, dessen Anfangspunkt z1 = i ist und der z2, z3

enthalt. Dann gilt wiederum nach derselben Proposition, dass es eindeutig be-

stimmte gebrochen lineare Transformationen ϕA, ϕB mit A,B ∈ SL(2,R) gibt, so

dass ϕA(z2) = ϕB(z2) = i, ϕA(S(z2, z1)) = S0 und ϕB(S(z2, z3)) = S0. Dann sind

S(i, ϕA(z3)) und S(i, ϕB(z1)) die beiden eindeutig bestimmten Strahlen, die mit

S0 einen zu �z1z2z3 kongruenten Winkel einschließen [Kn6].

(K6) zu zeigen: Sind von zwei Dreiecken z1z2z3 und z′1z′2z

′3 zwei Seiten und der einge-

schlossene Winkel kongruent, so sind auch die jeweils dritten Seiten und die beiden

weiteren Winkel in den Dreiecken kongruent.

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Beweis. Seien z1z2z3 und z′1z′2z

′3 zwei Dreiecke mit z1z3 ∼= z′1z

′3, �z2z1z3 ≃ �z′2z

′1z

′3

und z1z2 ∼= z′1z′2.

Auch hier verwenden wir Proposition 29.3 und wahlen o.B.d.A. z1 = z′1 = i und

z3, z′3 ∈ S0. Da laut Voraussetzung z1z3 ∼= z′1z

′3 ist, folgt aus (K1): z3 = z′3.

Wegen (K5) konnen die Strahlen z1z2 und z3z2 in genau einer Weise”auf die

andere Seite“ abgetragen werden; in unserem Fall, den wir ja ohne Einschrankung

betrachten durfen, erfolgt diese Abtragung auf der anderen Seite die Spiegelung an

der imaginaren Achse. Diese wollen wir mit σ bezeichnen. Es gilt σ(z) = −z. Fur

z1, z2, z3 gilt o.B.d.A. z1z2 ∼= σ(z1)σ(z2) und �z1z2z3 ≃ �σ(z1)σ(z2)σ(z3) (zum

Beweis siehe Anhang), wobei σ(z1) = z′1(= z1), σ(z3) = z′3(= z3) und σ(z2) = z′2;

daraus folgt unmittelbar, dass auch z2z3 ∼= z′2z′3, �z1z2z3 ≃ �z′1z

′2z

′3 und �z1z3z2 ≃

�z′1z′3z

′2 ist.

Abbildung 5.5: Kongruenz von Seiten und Winkeln in hyperbolischen Dreiecken

5.2.4 Stetigkeitsaxiome

(S1) zu zeigen: Zu vorgegebenen Punkten z1, z2, z′1, z

′2 mit z1 6= z2 und z′1 6= z′2 gibt es

eine naturliche Zahl n, so dass nach n-maligem Abtragen der Strecke z1z2 auf dem

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Strahl S(z′1, z′2) der Endpunkt uber z

′2 herausragt.

Beweis. Wahlen nach Knorrers Proposition 29.3 o.B.d.A. z1 = z′1 = i und z2 = it,

z′2 = it′ mit t, t′ > 1 und erhalten eine eindeutige Abbildung ϕA mit A ∈ SL(2,R),

fur die gilt

ϕA(z1) = z′1 und ϕA(S(z1, z2)) = S(z′1, z′2).

Betrachten wir die Strecke zwischen ir und is fur r > s > 0. Diese ist kongruent

zur Strecke zwischen i und it genau dann, wenn r = st. Dann ist namlich mit

A =

√s 0

0 1√s

ϕA(i) = is und ϕA(it) = its = ir; wegen (K1) ist t = rsdadurch eindeutig

bestimmt. Daraus folgt, dass die Strecken zwischen i und it, zwischen it und it2,

. . . , jeweils kongruent sind. Es gibt aber fur jedes t′ ein n ∈ N so dass tn > t′.

(S2) zu zeigen: Sind die Punkte einer Geraden in zwei Teilmengen geteilt, so dass kein

Punkt der einen Teilmenge zwischen zwei Punkten der anderen Teilmenge liegt,

dann gibt es einen eindeutig bestimmten Punkt z auf der Geraden, der auf jeder

Strecke liegt, deren Endpunkte verschiedenen Teilmengen angehoren.

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Beweis. Wir betrachten o.B.d.A. die hyperbolische Gerade g = g0,1 = {z ∈ H :

|z| = 1}, und projizieren alle Punkte auf g vom Ursprung aus auf die euklidische

Gerade e := {z ∈ H : Im = 1}.

Abbildung 5.6: Bijektion zwischen g und e

Diese Projektion ist bijektiv und erhalt die Zwischenrelation der euklidischen Ebe-

ne; da (S2) in der euklidischen Ebene gilt (wegen der Vollstandigkeit von R), gilt

(S2) auch fur unser hyperbolisches g und somit in der gesamten hyperbolischen

Ebene.

5.2.5 Parallelenaxiom

Bei der Beschreibung paralleler Geraden muss beachtet werden, dass zwei Geraden im

Hyperbolischen immer dann parallel sind, wenn sie keinen Schnittpunkt haben (selbi-

ges gilt in der euklidischen Ebene naturlich auch; dort folgt jedoch aus dem Paral-

lelenaxiom außerdem, dass parallele Geraden uberall denselben Abstand voneinander

haben).3 [And05] Die Eigenschaft, dass zwei Parallelen uberall den gleichen Abstand

voneinander haben, besitzen euklidische, nicht aber hyperbolische Parallelen.

Es bleibt zu zeigen, dass statt dem euklidischen Parallelenaxiom fur unser Modell eine

entgegengesetzte Aussage gilt.

3Anmerkung: Hierbei ist zu beachten, dass der”Rand“ des jeweiligen hyperbolischen Modells nicht zur

Punktmenge dazugehort; im Fall der oberen Halbebene sind also Geraden, die sich auf der reellen

Achse dann doch schneiden, immer noch parallel, insbesondere sind sie asymptotisch parallel.

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(PH) zu zeigen: Ist g ∈ G eine nichteuklidische Gerade, z0 ∈ H ein Punkt in der oberen

Halbebene der nicht auf g liegt, z0 /∈ g, so gibt es unendlich viele Geraden g′ ∈ G

mit z0 ∈ g′ und g ∩ g′ = ∅.

Beweis. Sei o.E. g := {z ∈ H : Re z = 0}, Re z0 6= 0. Es genugt, diesen Spezi-

alfall zu zeigen um zu sehen, dass das hyperbolische Parallelenaxiom (PH) fur die

Halbebene H gilt.

Ist x ∈ R, r(x) := |z0 − x| und gx,r ∈ G2 , also

gx,r := {z ∈ H : |z − x| = r(x)},

so ist z0 ∈ gx,r. Des Weiteren ist gx,r∩g = genau dann, wenn zum einen x und Re z0

das gleiche Vorzeichen haben, und zweitens r(x) < |x|. Aus letzterer Bedingung

folgt namlich, dass auch (r(x))2 < |x|2 gilt. Dann ist

(r(x))2 = (Im z0)2 + (x− Re z0)

2

= (Im z0)2 + x2 − 2xRe z0 + (Re z0)

2

= x2 − 2xRe z0 + |z0|2

Wegen (r(x))2 < x2 ist nun

x2 − 2xRe z0 + |z0|2 < x2

|z0|2 < 2xRe z0

x < |z0|2Re z0

fur Re z0 < 0

x > |z0|2Re z0

fur Re z0 > 0.

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Diese Gleichung hat unendlich viele Losungen; somit ist bewiesen, dass es in der

hyperbolischen Geometrie zu jeder Geraden unendlich viele Parallelen durch einen

Punkt gibt, der nicht auf dieser Geraden liegt.

5.3 Hyperbolische Dreiecke

In der hyperbolischen Geometrie wird unterschieden zwischen vier Arten von Dreiecken,

je nachdem ob von den Eckpunkten einer, zwei, drei oder auch keiner”uneigentlich“ ist,

also entweder auf der x-Achse oder in Richtung der y-Achse im Unendlichen liegt.

Definition 5.3.1. Ein hyperbolisches Dreieck, dessen Eckpunkte alle drei”eigentliche“

Punkte sind, heißt nicht asymptotisches Dreieck.

Abbildung 5.7: Nicht asymptotische Dreiecke

Definition 5.3.2. Hyperbolische Dreiecke, die einen, zwei oder drei Eckpunkte im Un-

endlichen liegen haben, heißen resp. einfach, zweifach oder dreifach asymptoti-

sche Dreiecke.

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Abbildung 5.8: Einfach asymptotische Dreiecke

Abbildung 5.9: Zweifach asymptotische Dreiecke

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Abbildung 5.10: Dreifach asymptotische Dreiecke

Durch Angabe eines Modells, in dem samtliche Axiome der absoluten Geometrie und

außerdem die hyperbolische Version des Parallelenpostulats gelten, steht nun die Wider-

spruchslosigkeit der hyperbolischen Geometrie fest. Genauer gesagt ist die hyperbolische

Geometrie genau dann widerspruchsfrei (und damit denkbar), wenn die euklidsche Geo-

metrie es ist.

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6 Dreiecksgeometrie

Dreiecke liefern in der Elementargeometrie bereits jede Menge zu untersuchender Eigen-

schaften, wenn man sich nur auf die euklidische Ebene beschrankt. Horst Martini, der

in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts einen Artikel uber”Neuere Ergebnisse

der Elememtargeometrie“ veroffentlichte, bemerkt schon unter der Unterschrift Beson-

dere Punkte und Geraden am Dreieck, dass”die Fulle der Einzelergebnisse zu diesen

Teilgebieten der Dreiecksgeometrie nicht uberschaubar ist.“ [Mar94] So wird eine Be-

trachtung von Dreiecken und ihren Eigenschaften naturlich umso umfangreicher, wenn

man auch noch Dreiecke in der hyperbolischen Ebene hinzunimmt und vergleicht, wel-

che der Satze rund ums Dreieck in beiden Ebenen gelten und wo Unterschiede liegen.

Es sei somit darauf hingewiesen, dass diese Arbeit keineswegs Vollstandigkeit in diesem

Gebiet beansprucht - vielmehr handelt es sich lediglich um eine Auswahl verschiedener,

das Dreieck betreffender Eigenheiten.

6.1”Absolute Geometrie“

Satze der Dreiecksgeometrie, die sowohl in der euklidischen als auch in der hyperboli-

schen Geometrie gelten, bezeichnet man haufig als Satze der absoluten Geometrie, da

sie auf den Axiomen der absoluten Geometrie aufbauen, also weder das Parallelenaxiom

noch dessen Gegenteil zu ihrem Beweis benotigt werden.

Kongruenzsatze

Definition 6.1.1. Das Dreieck ABC heißt zu dem Dreieck A′B′C ′ kongruent, wenn

AB ∼= A′B′, AC ∼= A′C ′, BC ∼= B′C ′,

α ≃ α′, β ≃ β′, γ ≃ γ′(6.1)

ist.

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Abbildung 6.1: Kongruente Dreiecke

Eine weitere Definition fur kongruent lautet:

Zwei Punktmengen M1 und M2, die im speziellen Fall Dreiecke oder andere geometrische

Figuren sein konnen, heißen zueinander kongruent, falls es eine Zuordnungsvorschrift ϕ

gibt, die M1 auf M2 abbildet.

Definition 6.1.2. Ist AB eine Strecke und P ein Punkt auf AB mit AP ∼= PB, so

heißt P Mittelpunkt der Strecke AB.

Satz 6.1.3 (Mittelpunkt einer Strecke). Jede Strecke besitzt genau einen Mittelpunkt.

Beweis. Betrachte die Strecke AB. Dann gibt es nach (S2) einen Punkt P , so dass

AP ∩PB = ∅. Nach Axiom (K1) existiert genau ein P ∈ AB, so dass gilt AP ∼= PB.

Definition 6.1.4. Eine Strecke AB ist genau dann kurzer als eine Strecke CD, wenn

es auf dem von A ausgehenden Strahl S(A,B) einen Punkt E gibt, so dass AE ∼= CD

mit E /∈ AB (Schreibweise: AB < CD).

Definition 6.1.5. Seien S(O,A) und S(O,B) zwei von einem Punkt O ausgehende

Strahlen durch die Punkte A und B. Liegt ein Punkt C zwischen A und B, so sagt

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man, der Strahl S(O,C) liegt im Inneren desjenigen Winkels, den die beiden Strah-

len S(O,A) und S(O,B) miteinander bilden. Der Winkel �AOC heißt kleiner als der

Winkel �AOB, wenn es einen Strahl S(O,D) im Inneren von �AOB gibt so dass

�AOC ≃ �AOD (Schreibweise �AOC < �AOB).

Satz 6.1.6 (1. Kongruenzsatz:”sws“). Gelten fur zwei Dreiecke ABC und A′B′C ′ die

Kongruenzen

AB ∼= A′B′, AC ∼= A′C ′ und α ≃ α′, (6.2)

so ist das Dreieck ABC dem Dreieck A′B′C ′ kongruent.

Dieser Satz muss eigentlich nicht bewiesen werden, da er unter Hilberts Axiomensystem

bereits als Axiom (K6) formuliert ist. In Euklids Abhandlung der Elemente findet man

ihn jedoch als zu beweisender Lehrsatz:

Wenn in zwei Dreiecken zwei Seiten zwei Seiten entsprechend gleich sind

und die von den gleichen Strecken umfassten Winkel einander gleich, dann

muß in ihnen auch die Grundlinie gleich sein, das Dreieck muß dem Dreieck

gleich sein, und die ubrigen Winkel mussen den ubrigen Winkeln entspre-

chend gleich sein, namlich immer die, denen gleiche Seiten gegenuberliegen.

[Euk97]

In der Schule wird der Satz genauso bewiesen, wie ihn auch Euklid vor uber 2000

Jahren bewiesen hat:

Betrachte die beiden Dreiecke ABC und A′B′C ′, wobei AB ∼= A′B′, AC ∼= A′C ′

und α ≃ α′. Es gibt eine Bewegung ϕ : E → E mit ϕ(A) = A′ und ϕ(AB) = A′B′.

Wegen AB ∼= A′B′ liegt nun der Punkt B genau auf dem Punkt B′; ebenso stimmt

die Strecke AC uberein mit der Strecke A′C ′, da der Winkel an A kongruent ist

zu dem Winkel an A′. Die Punkte C und C ′ stimmen uberein wegen AC ∼= A′C ′,

und schlussendlich gilt auch BC ∼= B′C ′, da die Endpunkte sich decken, und zwei

Punkte laut (I1) immer auf einer eindeutig bestimmten Geraden liegen. Somit sind

die beiden Dreiecke kongruent.

Dass dieser Beweis im Hyperbolischen ebenso gilt wie im Euklidischen, konnen

wir daran erkennen, dass an keiner Stelle eines der Parallelenpostulate verwendet

wird. Der hyperbolischen Beweis folgt zudem unmittelbar aus der Gultigkeit des

Kongruenzaxioms (K6) in der hyperbolischen Ebene.

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Satz 6.1.7. Sind �BAC und �BAD sowie �B′A′C ′ und �B′A′D′ paarweise Neben-

winkel und �BAC ≃ B′A′C ′, so gilt �BAD ≃ �B′A′D′.

Beweis. B′, C ′, D′ konnen nach (K1) auf den jeweiligen von A′ ausgehenden Strahlen

o.B.d.A. so gewahlt werden, dass gilt AB ∼= A′B′, AC ∼= A′C ′, AD ∼= A′D′. Aus

dem Kongruenzsatz”sws“ folgt Kongruenz der Dreiecke BAC und B′A′C ′. Da �BAC

und �BAD Nebenwinkeln, liegt A zwischen C und D (und entsprechend A′ zwischen

C ′ und D′); aus der Kongruenz der Strecken AC ∼= A′C ′ und AD ∼= A′D′ folgt die

Kongruenz CD ∼= C ′D′ nach (K3), was wiederum Kongruenz der Dreiecke BCD und

B′C ′D′ zur Folge hat nach”sws“. Hieraus erhalten wir die Kongruenz der Winkel �BDA

und �B′D′A′ und der Strecken BD und B′D′, also sind auch die Dreiecke BDA und

B′D′A′ kongruent nach”sws“ und es ergibt sich �BAD ≃ �B′A′D′.

Satz 6.1.8. (Folgerung) Scheitelwinkel sind zueinander kongruent.

Abbildung 6.2: Scheitelwinkel α und α′

Beweis. Mit den Bezeichnungen aus der Abbildung gilt, dass sowohl α als auch α′ Ne-

benwinkel zu β sind; es folgt unmittelbar die Kongruenz α ≃ α′.

Satz 6.1.9 (”Schwacher Außenwinkelsatz“). Jeder Innenwinkel eines beliebigen Dreiecks

ABC ist kleiner als jeder nichtanliegende Außenwinkel.

Beweis. Es sei ABC ein beliebiges Dreieck. Wir beweisen, dass der Innenwinkel �CAB

kleiner ist als der Nebenwinkel von �CBA. Wir verlangern die Strecke CB uber B

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hinaus und bestimmen einen beliebigen Punkt Q auf dem erhaltenen Strahl S(C,B).

Zeigen wollen wir nun, dass �CAB kleiner ist als �QBA. Dazu suchen wir einen Punkt

P der im Inneren des Winkels �QBA liegt so dass der Winkel �PBA kongruent ist zu

�CAB. Das Dreieck PBA hat also mit CAB die Strecke AB gemeinsam. Es sei D der

Mittelpunkt der Strecke AB, und P liege so, dass gilt CD ∼= DP . Die Dreiecke ADC

und DPB sind wegen AD ∼= DB, CD ∼= DP und �BDP ≃ �ADC (Scheitelwinkel)

zueinander kongruent nach dem Kongruenzsatz”sws“. Somit sind die Winkel �CAB und

�PBD zueinander kongruent. Nun ist noch zu zeigen, dass die Strecke BP innerhalb

des Winkels �QBA liegt, denn damit ware bewiesen dass der Winkel �CAB kleiner ist

als �QBA. D und P liegen auf derselben Seite von dem Strahl S(C,B), Q und P liegen

auf derselben Seite der Strecke BA, also liegt die Strecke BP innerhalb des Winkels

�QBA.

Definition 6.1.10. Ein gleichschenkliges Dreieck ist ein Dreieck mit zwei kongruenten

Seiten; diese nennt man Schenkel. Die beiden Winkel, die diesen Seiten gegenuber liegen,

heißen Basiswinkel.

Satz 6.1.11 (Basiswinkelsatz). In einem gleichschenkligen Dreieck sind die Basiswinkel

gleich groß.

Beweis. ABC sei das Dreieck, AB und AC die gleichen Schenkel. Die drei Ecken erhalten

zusatzliche Namen, namlich A = A′, B = C ′, C = B′

Dann gilt wegen AB ∼= AC:

AB ∼= AC ∼= A′B′, AC ∼= AB ∼= A′C ′ und �BAC ≃ �C ′A′B′ ≃ �B′A′C ′

Nach Kongruenzsatz”sws“ sind die Dreiecke ABC und A′C ′B′ zueinander kongruent.

Daraus folgt

�ABC ≃ �A′B′C ′, d.h. �ABC ≃ �ACB.

Satz 6.1.12 (Beziehung”großere Seite - großerer Winkel“). Ist ABC ein beliebiges

Dreieck, so ist die Seite AC genau dann kleiner als die Seite BC, wenn der Winkel

�ABC kleiner ist als der Winkel �BAC.

Mit anderen Worten: der großeren Seite eines jeden Dreiecks liegt immer der großere

Winkel gegenuber. Ebenso liegt dem großeren Winkel immer die großere Seite gegenuber.

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Abbildung 6.3: AC < BC ⇔ �ABC < �BAC

Zum Beweis sei verwiesen auf Euklids Elemente [Euk97].

Satz 6.1.13 (2. Kongruenzsatz:”wsw“). Gelten fur die Dreiecke ABC und A′B′C ′ die

Kongruenzen

AB ∼= A′B′, α ≃ α′ und β ≃ β′, (6.3)

so ist das Dreieck ABC dem Dreieck A′B′C ′ kongruent.

Beweis. Es genugt zu zeigen, dass AC ∼= A′C ′, denn dann kann der vorherige Kongru-

enzsatz”sws“ angewendet werden.

Sei P ein Punkt auf dem Strahl S(A′C ′), der von A′ denselben Abstand hat wie der

Punkt C von A, also sei AC ∼= A′P . Dann ist nach dem ersten Kongruenzsatz”sws“ das

Dreieck ABC kongruent zum Dreieck A′B′P . Sei α′′ der Winkel an A′ in dem Dreieck

A′B′P . Dann ist α ≃ α′′, da P ∈ S(A′C ′). Nach Voraussetzung gilt aber auch α ≃ α′,

also ist α′ ≃ α′′. Sei β′′ der Winkel an B′ im Dreieck A′B′P ′, so erhalten wir durch

selbiges Argument β ≃ β′ Hilberts Kongruenzaxiom (K5) impliziert, dass das Antragen

von Winkeln an einem von einem Punkt ausgehenden Strahl eindeutig ist; die Punkte

C ′ und P gehoren nun beide sowohl der Strecke B′P als auch der Strecke A′P an, wobei

diese beiden Strecken aber nicht identisch sind (sonst ware A′B′P kein Dreieck). Aus

C ′, P ∈ B′P ∩A′P folgt C ′ = P , und wegen AC ∼= A′P folgt direkt AC ∼= A′C ′. Damit

sind die beiden Dreiecke ABC und A′B′C ′ kongruent.

Satz 6.1.14 (3. Kongruenzsatz:”sss“). Gelten fur die Dreiecke ABC und A′B′C ′ die

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Kongruenzen

AB ∼= A′B′, AC ∼= A′C ′, BC ∼= B′C ′, (6.4)

so ist das Dreieck ABC dem Dreieck A′B′C ′ kongruent.

Beweis. Es genugt zu beweisen, dass o.B.d.A. die Winkel �CAB und �C ′A′B′ kongru-

ent sind, denn dann kann wiederum der Kongruenzsatz”sws“ angewendet werden. Wir

nehmen zunachst das Gegenteil an. Nach Axiom (K5) gibt es dann einen Strahl S(A′P ′1),

der auf derselben Seite der Geraden durch A′ und C ′ liegt wie der Punkt B′ und der

Bedingung, dass die Winkel �CAB und �C ′A′P ′1 einander kongruent sind, genugt. Nach

unserer Annahme fallen die Strahlen A′B′ und A′P ′1 nicht zusammen.

Aufgrund des Axioms (K1) liegt auf dem Strahl S(A′P ′1) ein Punkt B′

1, fur den AB ∼=A′B′

1 gilt. Weil nun AB ∼= A′B′1, AC

∼= A′C ′ und �CAB ≃ �C ′A′B′1, gilt nach

”sws“

die Kongruenz der Dreiecke ABC und A′B′1C

′. Hieraus folgt die Kongruenz BC ∼= B′1C

′.

Aufgrund der Symmetrie und der Transitivitat der Streckenkongruenz schließen wir aus

dem Vorhergehenden, dass die Seiten des Dreiecks A′B′1C

′ den entsprechenden Seiten

des Dreiecks A′B′C ′ kongruent sind. Wie oben konstruieren wir ein Dreieck A′B′2C

′,

das auf der anderen Seite der Geraden A′C ′ liegt und dieselben Eigenschaften besitzt;

also mit A′B′2∼= A′B′, A′C ′ ∼= AC und �B′

2A′C ′ ≃ �C ′A′B′

1. Wir betrachten nun

die Dreiecke A′B′B′2 und C ′B′

2B′. Aus der Kongruenz A′B′

2∼= A′B′ erhalten wir nach

dem Basiswinkelsatz die Kongruenz der Winkel �A′B′B′2 und �B′B′

2A′, und analog die

Kongruenz der Winkel �C ′B′2B

′ und �B′2B

′C ′. Aus diesen beiden Beziehungen und der

Transitivitat der Winkelkongruenz schließen wir �C ′B′2A

′ ≃ �A′B′C ′; hieraus und aus

Kongruenzsatz”sws“ folgt die Kongruenz der Dreiecke A′C ′B′

2 und A′B′C ′, und damit

sind die Winkel �C ′A′B′ und �B′2A

′C ′ zueinander kongruent. Genauso kann gezeigt

werden, dass �C ′A′B′1 ≃ �B′

2A′C ′ ist. Die letzten beiden Beziehungen widersprechen

aber der Eindeutigkeit des Winkelabtragens nach Axiom (K5), wir erhalten also einen

Widerspruch zu unserer Annahme, womit die Behauptung bewiesen ist. [Efi70]

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Abbildung 6.4: 3. Kongruenzsatz”sss“

Satz 6.1.15 (4. Kongruenzsatz:”wws“). Gelten fur die Dreiecke ABC und A′B′C ′ die

Kongruenzen

AB ∼= A′B′, γ ≃ γ′ und β ≃ β′, (6.5)

so ist das Dreieck ABC dem Dreieck A′B′C ′ kongruent.

Beweis. Waren die Seiten BC und B′C ′ zueinander kongruent, so bestunde Kongruenz

zwischen den beiden Dreiecken nach dem zweiten Kongruenzsatz wsw. In jedem Fall

kann man nach (K1) die Strecke BC auf dem Strahl S(B′, C ′) abtragen. O.E. liege

ein Punkt D auf S(B′, C ′), so dass gilt: BC ∼= B′D. Betrachten wir nun die beiden

Dreiecke ABC und A′B′D. Diese sind kongruent nach Kongruenzsatz”sws“, und somit

gilt �A′DB′ ≃ ACB(= γ) ≃ �A′C ′B′(= γ′). Dies widerspricht jedoch dem schwachen

Satz uber Außenwinkel, nach welchem der Winkel �A′DB′ als Außenwinkel des Dreiecks

A′DC ′ großer sein musste als der gegenuberliegende Innenwinkel �A′C ′B′.

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Abbildung 6.5: 4. Kongruenzsatz”wws“

Satz 6.1.16 (5. Kongruenzsatz:”Ssw“). Sind ABC und A′B′C ′ Dreiecke mit AB ∼=

A′B′, AC ∼= A′C ′ und �ACB ≃ �A′C ′B′, und dabei AB > AC (d.h., die der großeren

Seite gegenuberliegenden Winkel sind kongruent), so gilt ABC ∼= A′B′C ′.

Beweis. Zu zeigen ist, dass die Seiten BC und B′C ′ zueinander kongruent sind; in die-

sem Fall kann wieder auf den ersten Kongruenzsatz”sws“ zuruckgegriffen werden, nach

welchem die Dreiecke dann kongruent sind.

Sei D ein Punkt auf dem von C durch B gehenden Strahl S(C,B), so dass CD ∼= C ′B′.

Dann sind die Dreiecke A′B′C ′ und ADC kongruent nach Kongruenzsatz”sws“ und

daher gilt AD ∼= A′B′ ∼= AB.

Annahme: Sei D ∈ BC. Wir betrachten das Dreieck ADB; dieses ist wegen AD ∼= AB

gleichschenklig, und somit sind die Winkel �ABD und �BDA zueinander kongruent. So-

mit folgt aus der Voraussetzung AB > AC, und demnach AD > AC, nach dem Satz uber

den Zusammenhang von großerer Seite und großerem Winkel, dass �BCA > �ABD.

Andererseits ergibt sich aus dem schwachen Außenwinkelsatz 6.1.9 �BDA ≃ �ABD >

�BCA, was einen Widerspruch bedeutet.

Es gilt also entweder B = D oder B ∈ DC.

Annahme: Sei B ∈ DC. Nun sind die Winkel �ADB und �DBA zueinander kongruent.

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Aus AB > AC, also wiederum auch AD > AC folgt �DCA > �ADC = �DBA. Zu-

gleich ist wegen des schwachen Aussenwinkelsatzes 6.1.9 �DBA > �DCA, womit wir

wieder einen Widerspruch erhalten.

Somit bleibt nur noch die Variante B = D ubrig und damit ist C ′B′ ∼= CB und die

Dreiecke ABC und A′B′C ′ sind nach”sws“ kongruent. [Fil93]

Schnittpunkte im Dreieck

Zu den Dreiecksseiten, -winkeln und -ecken gibt es verschiedene spezielle Linien, namlich

Mittelsenkrechte, Winkelhalbierende, Seitenhalbierende und Hohen. In der euklidischen

Geometrie ist einiges uber die Schnittpunkte dieser jeweiligen Linien bekannt; es bleibt

zu untersuchen, was davon im Hyperbolischen genauso gilt, was in veranderter Form

angegeben werden kann und was vollkommen anders ist.

Wir beginnen mit den Winkelhalbierenden; hier lasst sich lediglich ein abgewandelte

Form des aus der Schulmathematik bekannten Satzes uber den Schnittpunkt der Win-

kelhalbierenden im Dreieck zur absoluten Geometrie zahlen:

Definition 6.1.17. Sei �ABC ein Winkel und S(B,D) ein von B ausgehender Strahl

durch D. Dann heißt S(B,D) Winkelhalbierende, falls �ABD ≃ �DBC.

Definition 6.1.18. Sind AB,BC verschiedene Strecken, die auf einer Geraden g (d.h.,

A,B,C ∈ g, nicht notwendigerweise AB ∼= BC) so nennt man den von ihnen gebildeten

Winkel �ABC gestreckten Winkel.

Satz 6.1.19. Jeder Winkel, der kein gestreckter Winkel ist, besitzt genau eine Winkel-

halbierende.

Beweis. Sei �AOB kein gestreckter Winkel; es gelte o.E. AO ∼= OB. Wir verbinden die

Punkte A und B durch ihre nach (I1) eindeutig bestimmte Gerade und erhalten so ein

gleichschenkliges Dreieck nach dem Basiswinkelsatz, der besagt dass im gleichschenkligen

Dreieck die Basiswinkel (die in diesem Fall �PAO und �OBP heißen) gleich sind.

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Abbildung 6.6: Eindeutige Existenz einer Winkelhalbierenden

Nun ist OP genau dann die Winkelhalbierende von �AOB, wenn P der Mittelpunkt

von AB ist. Wir zeigen zunachst die Eindeutigkeit indem wir P als Mittelpunkt von AB

annehmen. Wegen OA ∼= OB, �OBP ≃ �PAO und AP ∼= PB folgt die Kongruenz

der Dreiecke AOP und OBP . Es gilt also �POB ≃ �AOP , was zeigt, dass der Winkel

�AOB halbiert wurde. Da jede Strecke genau einen Mittelpunkt besitzt, ist P , und

damit die Winkelhalbierende OP eindeutig bestimmt; Existenz folgt unmittelbar aus

der Existenz eines Mittelpunktes zu jeder Strecke.

Diese Feststellung ist leicht nachzuvollziehen im Euklidischen sowie bei hyperbolischen

Geraden, die sich in einem”eigentlichen“ Punkt schneiden. Problematisch wird es dann,

wenn zwei hyperbolische Geraden sich entweder gar nicht oder aber in einem”uneigent-

lichen“ Punkt schneiden; hierfur”muß man die Vorstellung

”Winkelhalbierende“ ent-

sprechend verallgemeinern.“ Man kann sie allgemein so definieren: gegeben seien zwei

Geraden g1, g2 die einen”uneigentlichen“ Punkt gemeinsam haben bzw. sich gar nicht

schneiden. Dann gibt es”immer eine und nur eine Gerade, zu der g1 und g2 symme-

trisch liegen. [D.h., wurde man selbige Gerade als Spiegelungsachse benutzen, so wurde

g1 in g2 ubergefuhrt und andersrum.] Diese Gerade wird Halbierungslinie des”Winkels“

�(g1, g2) genannt.“ [Lie23] Dass g1 und g2 symmetrisch zur Halbierungslinie hw liegen,

bedeutet dass sie sich in einem Punkt auf hw schneiden (g1 ∪ g2 ∈ hw), und dass sie mit

hw zwei kongruente Winkel bilden (�(g1, hw) ≃ �(hw, g2)).

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Satz 6.1.20 (Addition und Subtraktion von Winkeln). Mit den Bezeichnungen aus

unten stehender Abbildung sei

(a) (Addition von Winkeln) �BAD ≃ �B′A′D′ und �DAC ≃ �D′A′C ′; daraus folgt

�BAC ≃ �B′A′C ′.

(b) (Subtraktion von Winkeln) �BAC ≃ �B′A′C ′ und �DAC ≃ �D′A′C ′; daraus folgt

�BAD ≃ �B′A′D′.

Definition 6.1.21. �BAD heißt Differenz der Winkel �BAC und �DAC: �BAD :=

�BAC − �DAC.

Abbildung 6.7: Addition und Subtraktion von Winkeln

Beweis. (von Satz 6.1.20) (b) Seien B′ und C ′ so gewahlt, dass AB ∼= A′B′ und

AC ∼= A′C ′; dann folgt aus Kongruenzsatz”sws“ die Kongruenz der Dreiecke ABC und

A′B′C ′ und daher �ABC ≃ �A′B′C ′, �ACB ≃ �A′C ′B′ und BC ∼= B′C ′. Hieraus

folgt aus Kongruenzsatz wsw die Kongruenz der Dreiecke ACD und A′C ′D′, und damit

CD ∼= C ′D′; als Differenz kongruenter Strecken gilt dann BD ∼= B′D′. Wieder infol-

ge des Kongruenzsatzes wsw folgt die Kongruenz der Dreiecke BAD und B′A′D′, und

schlussendlich gilt damit �BAD ≃ �B′A′D′.

(a) Verlangert man die Strecke durch A und B uber A hinaus, so erhalt man als Ne-

benwinkel zu den kongruenten Winkeln �BAD und B′A′D′ die Kongruenz �DAE ≃�D′A′E′. Es folgt aus (b) die Beziehung �CAE = �DAE − �DAC ≃ �D′A′E′ −�D′A′C ′ = �C ′A′E′. Da �CAE und �C ′A′E′ Nebenwinkel sind zu �BAC und �B′A′C ′,

folgt die Kongruenz letzterer Winkel: �BAC ≃ �B′A′C ′.

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An dieser Stelle soll ein Satz eingefugt werden, der anschaulich klar, aber dennoch nicht

selbstverstandlich ist:

Satz 6.1.22 (Fallen eines Lotes). Es ist moglich, auf eine gegebene Gerade von einem

gegebenen Punkt aus, der nicht auf der Geraden liegt, das Lot zu fallen.

Dieser Satz gilt sowohl im Euklidischen als auch im Hyperbolischen; da der Beweis jedoch

nicht ohne die Verwendung von Kreisen auskommt, die in dieser Arbeit nicht explizit

definieren mochte, sei verwiesen auf den Beweis bei [Tru98] (S. 81).

Satz 6.1.23 (Winkelhalbierende). In einem Dreieck schneiden sich die Winkelhalbie-

renden der Dreieckswinkel in einem Punkt.

Beweis. Wir betrachten das Dreieck ABC; seien AW und BW die Winkelhalbierenden

der Winkel �BAC und �CBA. (Dass sich zwei Winkelhalbierende in einem Punkt W

schneiden ist klar; wurden sie das nicht tun, so waren sie entweder beide senkrecht zu AB

oder die Winkel waren beide gestreckte, was beides nicht sein kann in einem Dreieck.)

Nun verbinden wir W mit C und zeigen, dass WC die Winkelhalbierende des Winkels

an C ist.

Abbildung 6.8: Schnittpunkt der Winkelhalbierenden

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Dazu konstruieren wir zunachst die Lote von W aus auf die Dreiecksseiten; Fußpunkt E

liegt auf der Strecke BC, F auf der Strecke AC und G auf der Strecke AB. Da AW den

Winkel �BAC halbiert, ist AW symmetrisch zu allen Punkten auf AB und AC. Insbe-

sondere gilt �WAG ≃ �FAW . Außerdem ist �WGA ≃ �AFW = 90◦, und aufgrund

der Kongruenzen �WGA ≃ �AFW , �WAG ≃ �FAW und der gemeinsamen Seite

AW gilt der Kongruenzsatz wws und die Dreiecke WGA und FWA sind kongruent.

Damit gilt insbesondere WG ∼= WF und �AWG ≃ �FWA.

Analog gilt �GWB ≃ �BWE, da BW die Winkelhalbierende des Winkels �CBA ist,

es gilt �BGW ≃ �BWE = 90◦ und �WBG ≃ �EBW , also sind die Dreiecke WGB

und EWB ebenfalls kongruent nach dem Kongruenzsatz wsw und es gilt WG ∼= WE.

Demnach gilt also WG ∼= WE ∼= WF . Verbinden wir nun die Punkte E und F , so erhal-

ten wir ein gleichschenkliges Dreieck WEF . Es ist �FEW ≃ �CEW − �CEF , sowie

�WFE ≃ �WFC − �EFC. Da die Winkel �WFC und �CEW beide 90◦ betragen,

sind also die Winkel �CEF und �EFC zueinander kongruent, das Dreieck FCE ist

gleichschenklig und es gilt EC ∼= FC nach der Umkehrung des Basiswinkelsatzes.

Somit gilt also WE ∼= WF , EC ∼= FC und �CEW ≃ �WFC = 90◦; die Dreiecke

WEC und CFW sind daher nach dem ersten Kongruenzsatz”sws“ kongruent. Somit

gilt schlussendlich �WCE ≃ �FCW , und damit istWC Winkelhalbierende des Winkels

�ECF .

Erganzend soll auch der sehr schlichte Beweis des Satzes angegeben werden, den man in

Schulbuchern finden kann:

Beweis. Alle Punkte auf der Winkelhalbierenden wA haben den gleichen Abstand von

den Dreiecksseiten b und c, alle Punkte auf der Winkelhalbierenden wB denselben Ab-

stand zu den Seiten a und c. Ihr Schnittpunkt W = wA ∩ wB hat deswegen denselben

Abstand zu den Seiten a und b. Er liegt auf einer der beiden Winkelhalbierenden zu den

Geraden a und b. Weil er von der Ecke C aus ins Innere des Dreiecks zeigt, liegt er auch

auf der Winkelhalbierenden wC . [Sch95]

Liebmann argumentiert fur die hyperbolische Ebene kurz, dass die”Halbierungslinien“

der Winkel α und β in einem einfach asymptotischen Dreieck (der Punkt C sei o.B.d.A.

ein”uneigentlicher“ Punkt) sich schneiden

”in einem Punkt M , der von AC und BC

denselben Abstand hat, und die Halbierungslinie des Winkels der von M auf AC und

BC gefallten Lote ist Spiegel (Symmetrielinie) fur AC und BC, geht also durch C. [Lie23]

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Sonstige Satze

Satz 6.1.24 (Umkehrung des Stufenwinkelsatzes). Werden zwei Geraden p und q von

einer dritten Geraden r geschnitten, so dass �(p, r) ≃ �(q, r), dann sind p und q parallel

zueinander.

Erinnerung:”Parallel“ bedeutet nichts weiter, als dass sich p und q nicht schneiden.

Beweis. Es seien �(p, r) und �(q, r) kongruente Stufenwinkel an einer Geraden r; die

Punkte, an den p und q r schneiden heißen A und B resp.

Annahme: p und q schneiden sich in einem Punkt C (sind also nicht parallel), der

bezuglich r auf der Seite von p und q liegen moge.

Der Winkel �(q, r) ist ein Innenwinkel des Dreiecks ABC, �(p, r) ein Außenwinkel. Nach

Voraussetzung ist �(p, r) ≃ �(q, r), was ein Widerspruch zum schwachen Außenwinkel-

satz 6.1.9 ist. Die Annahme, p und q schneiden sich in einem Punkt war also falsch;

somit sind sie parallel.

Satz 6.1.25 (Dreiecksungleichung).”In jedem Dreieck sind zwei Seiten, beliebig zusam-

mengenommen, großer als die letzte.“

[Euk97] Im ubertragenen Sinn heißt das soviel wie dass die gerade Verbindungsstrecke

zwischen zwei Punkten immer kurzer ist als jeder Streckenzug.

Beweis. Die Behauptung lautet also, dass in einem beliebigen Dreieck ABC mit den

Seiten a, b, c immer gilt: b + c > a, c + a > b, a + b > c. Es genugt, eine der drei

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Ungleichungen zu zeigen; wir entscheiden uns fur die erste und betrachten den von B

ausgehenden Strahl durch A. Dieser geht uber den Punkt A hinaus; nach (K1) gibt es

auf ihm genau einen Punkt so dass gilt: AD = AC = b. Das Dreieck ACD ist daher

gleichschenklig und hat demnach gleiche Basiswinkel �DCA ≃ �ADC ≃ �BDC. Da

�DCB eine Verbreiterung des Winkels �DCA ist, also �DCB > �DCA = �ADC =

�BDC, gilt nach dem Satz uber die Beziehung des großeren Winkels zur großeren Seite,

Satz 6.1.12, fur das Dreieck DBC: BD > BC, also b+ c > a. [Per62]

Abbildung 6.9: Dreiecksungleichung

Satz 6.1.26 (Winkelsumme im Dreieck). Bei jedem Dreieck ist die Winkelsumme hochstens

gleich zwei rechten Winkeln.

Beweis. Annahme: Es gibt ein Dreieck ABC mit der Winkelsumme α + β + γ > 180◦.

Dann verlangern wir die Seite BC = a uber C hinaus mehrmals um sich selbst: BC ∼=CC1

∼= C1C2∼= . . . ∼= Cn−2Cn−1. (vgl. Perron 1962, S.25) In den Punkten C,C1, C2, . . . , Cn−1

tragen wir den Winkel β an; die Schenkel CA1, C1A2, . . . , Cn−1An werden alle derart

konstruiert, dass sie kongruent sind zu BA.

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Nach der Abbildung hat es den Anschein, als lagen die Punkte A,A1, . . . , An alle auf

einer Geraden. Dies kann nicht mit Sicherheit so angenommen werden. Jedoch sind nach

Kongruenzsatz”sws“ die Dreiecke Ci−1AiCi kongruent zu dem Ausgangsdreieck BAC,

mit i = 1, . . . , n (C0 = C); folglich sind die Strecken CiAi alle kongruent zu CA = b,

und die Winkel �Ci−1CiAi sind alle gleich γ. Wichtig ist nun zu bemerken, dass die

Winkelgroßen von Nebenwinkeln sich zu 180◦ (einem gestreckten Winkel) erganzen -

wie Euklid ja (ohne Verwendung des Parallelenaxioms (P)) in den Elementen beweist.1

Demnach gilt dann fur die Winkel �AiCiAi+1, dass sie gleich 180◦ − β − γ sind, so dass

auch die Dreiecke AiCiAi+1 nach Kongruenzsatz”sws“ alle kongruent zueinander sind.

Folglich ist AA1∼= A1A2

∼= . . . ∼= An−1An.

Nun ist der Winkel �ACA1 gleich 180◦ − β − γ, also wegen unserer Annahme α+ β +

γ > 180◦ kleiner als α. Wegen dem Satz uber die Beziehung zwischen der großeren

Dreiecksseite und dem großeren Dreieckswinkel, 6.1.12, ist in unserem Fall nun AA1 <

BC.

Betrachten wir die Strecke BCn−1; deren Lange ist gleich n · BC. Außerdem ist der

Streckenzug BAA1A2 . . . An−1AnCn−1 gleich BA + n · AA1 + AnCn−1 = 2 · BA + n ·AAn. Wegen der Dreiecksungleichung, aus der folgt dass die gerade Verbindungsstrecke

zwischen zwei Punkten kurzer ist als jeder Streckenzug, gilt

n ·BC < 2 ·BA+ n ·AA1

1

”Wenn eine gerade Linie, auf eine gerade Linie gestellt, Winkel bildet, dann muss sie entweder zwei

Rechte oder solche, die zusammen zwei Rechten gleich sind, bilden.“ [Euk97]

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oder

n · (BC −AA1) < 2 ·BA. (6.6)

Wegen BC > AA1 ist die Lange BC−AA1 eine ganz bestimmte positive Zahl; wahlen wir

also n groß genug, so ist obige Ungleichung 6.6 mit Sicherheit falsch, und damit haben wir

einenWiderspruch zu unserer Annahme, dass es ein Dreieck gibt mit α+β+γ > 180◦.

Leider kommt dieser Beweis nicht vollig ohne die Idee der Langen- und Gradmessung und

den Umgang mit skalarer Multiplikation aus; ich bitte um eine intuitive Handhabung.

6.2 Satze, die in der euklidischen Geometrie gelten

Satz 6.2.1 (Stufenwinkelsatz). Stufenwinkel an parallelen Linien sind kongruent.

Beweis. Wir betrachten zwei parallele Geraden g und h, die von einer dritten Gerade

f in den Punkten A und B geschnitten wird. Nun nehmen wir an, die Stufenwinkel

�PAQ und �PBR seien nicht kongruent. Dann muss wegen Eindeutigkeit des Winke-

lantragens (Axiom (K5) der euklidischen Geometrie) eine Gerade h′ existieren, die durch

B verlauft und mit der Geraden f einen zu �PAQ kongruenten Winkel �PBS bildet.

Da in der absoluten Geometrie die Umkehrung des Stufenwinkelsatzes gilt (zum Beweis

siehe z.B. [Euk97], §27), sind demnach die Geraden g und h′ parallel, was wegen der in

der euklidischen Geometrie gultigen Eindeutigkeit einer Parallelen zu einer Geraden im

Widerspruch dazu steht, dass wir mit h bereits die Parallele zu g durch B haben.

Des Weiteren beweist Euklid in seinem ersten Buch, dass Wechselwinkel an parallelen

Linien ebenfalls kongruent zueinander sind. Auf die Vorfuhrung des Beweises wird hier

verzichtet; es sei verwiesen auf [Euk97](§29).

Satz 6.2.2 (Winkelsumme im Dreieck). Sind α, β, γ die drei Innenwinkel eines Dreiecks,

so gilt α+ β + γ = 180◦

Beweis. Wir betrachten ein Dreieck ABC und ziehen die nach dem Parallelenaxiom

(P) eindeutig bestimmte Parallele zur Dreiecksseite c. Neben γ entstehen dadurch zwei

Winkel, die als Wechselwinkel ebenso groß sind wie α und β (Wechselwinkelsatz). α, β

und γ erganzen sich zu einem gestreckten Winkel, also gilt:

α+ β + γ = 180◦ (6.7)

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Abbildung 6.10: Die Winkelsumme eines Dreiecks in der euklidischen Ebene.

Satz 6.2.3. Die Mittelsenkrechte einer Strecke A ist die Menge aller Punkte P , die von

A und B”denselben Abstand“ haben, fur die also gilt: AP ∼= BP .

Beweis. Sei mAB die Mittelsenkrechte, und sei C der Mittelpunkt der Strecke AB. Sei

P ∈ mAB. Dann sind die Dreiecke ACP und ABC nach dem Kongruenzsatz”sws“

kongruent, und somit gilt AP ∼= BP .

Sei nun Q ein beliebiger Punkt mit AQ ∼= QB. Nach dem Kongruenzsatz sss sind die

Dreiecke ACQ und QCB zueinander kongruent. Demnach gilt �ACQ ≃ �QCB, �ACQ

und �QCB sind beides rechte Winkel, und die Gerade durch Q und C ist die (eindeutig

bestimmte) Mittelsenkrechte der Strecke AB. Also liegt Q auf der Mittelsenkrechten.

Satz 6.2.4 (Mittelsenkrechte). In einem Dreieck schneiden sich die Mittelsenkrechten

der Dreiecksseiten in einem Punkt.

Erster Beweis. Seien l und m die Mittelsenkrechten der Seiten AB und BC eines Drei-

ecks ABC, respektive. Sei MAB der Mittelpunkt der Strecke AB, und MBC der Mittel-

punkt von BC. Wir nehmen an, m und l treffen sich im Punkt O. (Anmerkung: Dass

zwei der drei Seiten sich in jedem Fall schneiden ist klar - ansonsten waren sie parallel

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zueinander, was zur Folge hatte, dass auch die zugrunde liegenden Dreiecksseiten paral-

lel waren. Zwei Dreiecksseiten schneiden sich jedoch per Definition in einem Punkt.) Zu

zeigen ist nun, dass auch die Mittelsenkrechte der Seite AC durch O geht.

Dazu werden zunachst die Dreiecke AOMAB und MABOB betrachtet; diese sind zu-

einander kongruent nach Kongruenzsatz”sws“. Somit ist AO ∼= OB. Selbiges gilt fur

die Dreiecke OMBCB und OCMBC ; auch diese sind kongruent nach Kongruenzsatz

”sws“, daher ist OB ∼= CO. Aufgrund der Transitivitat der Streckenkongruenz (Axiom

(K3))folgt AO ∼= CO. Da außerdem gilt AMAC∼= CMAC , sind die Dreiecke AMACO

und MACCO kongruent nach Kongruenzsatz sss, denn die Seite MACO haben sie ge-

meinsam. Somit ist �AMACO ≃ �OMACC; die beiden Winkel zusammen ergeben π,

da sie sich zu einem gestreckten Winkel addieren. Demzufolge handelt es sich um zwei

rechte Winkel und damit ist gezeigt, dass die Strecke MACO die Mittelsenkrechte von

AC ist.

Zweiter Beweis. (Aus der Schule) Sei mAB die Mittelsenkrechte auf der Strecke

AB, also der geometrische Ort aller Punkte, der von den Dreickseckpunkten A,B

denselben Abstand hat und sei mBC die Mittelsenkrechte auf der Strecke BC. Der

Schnittpunkt M = mAB ∩mBC hat also den gleichen Abstand zu allen drei Ecken

A,B und C. Deswegen liegt er auch auf der Mittelsenkrechten mBC .

Definition 6.2.5. Fallt man auf den Dreiecksseiten die Lote, die durch die jeweils ge-

genuberliegenden Eckpunkte gehen, so heißen diese speziellen Lote Hohen.

Satz 6.2.6 (Hohen). In einem Dreieck schneiden sich die Hohen in einem Punkt.

Beweis. Ziehen wir durch die Ecke A eine Parallele a′ zur Seite a, durch B eine Par-

allele b′ zur Seite b und durch C eine Parallele c′ zur Seite c; diese existieren, da wir

uns nun in der euklidischen Geometrie befinden, in der das Parallelenpostulat (P) gilt.

Wir erhalten Schnittpunkte A = b′ ∩ c′, B = a′ ∩ c′ und C = a′ ∩ b′. Es sind drei

neue Dreiecke ACB′, BA′C und C ′BA entstanden, die alle drei parallele Seiten zu den

ursprunglichen Dreiecksseiten a, b, c haben und in einer Seite mit dem ursprunglichen

Dreieck ubereinstimmen. Aufgrund der Wechselwinkelbeziehungen und der eingeschlos-

senen gemeinsamen Seite sind alle drei neuen Dreiecke kongruent zum Ausgangsdreieck

nach Kongruenzsatz”sws“.2. Daraus folgt: A ist die Mitte der Strecke B′C ′, B die Mitte

2Betrachte z.B. das Dreieck CBA′ in Abbildung 6.11: Aufgrund der Parallelitat der Strecken c und c

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der Strecke A′C ′ und C die Mitte der Strecke A′B′. Die Hohen des Ausgangsdreiecks

sind deswegen die Mittelsenkrechten des großen Dreiecks A′B′C ′, und laut dem Satz

uber Mittelsenkrechte schneiden diese sich in einem Punkt.

Abbildung 6.11: Hohenschnittpunkt

Definition 6.2.7. Die Strecken von den Seitenmittelpunkten eines Dreiecks zu den ge-

genuberliegenden Eckpunkten nennt man Seitenhalbierende. [MP09]

In der euklidischen Geometrie gilt der Satz, dass sich die Seitenhalbierenden in einem

Punkt schneiden:

Satz 6.2.8 (Seitenhalbierende). In einem Dreieck schneiden sich die Seitenhalbierenden

in einem Punkt.

Der Schnittpunkt der Seitenhalbierenden wird Schwerpunkt des Dreiecks genannt. Zum

Beweis dieses Satzes konnte man auf die Einfuhrung von Ahnlichkeit und

Ahnlichkeitsabbildungen nicht verzichten; dazu wiederum sind die Strahlensatze und die

sind die Wechselwinkel �A′CB und ABC zueinander kongruent; ebenso gilt �CBA

′≃ �BCA. Die

dazwischen liegende Seite a ist den Dreiecken ABC und CBA′ gemein; somit sind sie nach Kongru-

enzsatz”sws“ kongruent zueinander.

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Langenmessung relevant. Einen Beweis werde ich daher in dieser Arbeit nicht angeben;

ein schones Ergebnis der Schnittpunktsatze in euklidischen Dreiecken soll jedoch erwahnt

werden, wenn es auch (aus selbigen Grunden) hier ebenfalls unbewiesen bleibt:

Satz 6.2.9 (Eulersche Gerade).”Der Schwerpunkt S eines Dreiecks, der Schnittpunkt

seiner Mittelsenkrechten M und sein Hohenschnittpunkt H liegen auf einer Geraden,

der Eulerschen Geraden.“

Abbildung 6.12: Eulergerade

Satz 6.2.10. Existieren zwei Dreiecke ABC und A′B′C ′, die in allen drei Winkeln

ubereinstimmen und nicht kongruent sind, so gilt das euklidische Parallelenaxiom.

Beweis. Seien ABC und A′B′C ′ zwei Dreiecke mit den Innenwinkeln α an A und A′, β

an B und B′ und γ an C und C ′. Ferner seien B′′ und C ′′ die nach Axiom (K1) eindeutig

bestimmten Punkte auf den Strahlen S(A′, B′) und S(A′, C ′), so dass gilt A′B′′ ∼= AB

und A′C ′′ ∼= AC. Dann sind die Dreiecke kongruent nach Axiom (K6). Die Winkel an B′′

und C ′′ entsprechen also β und γ, was zur Folge hat, dass wir an den Strecken A′B′ und

A′C ′ zueinander kongruente Stufenwinkel erhalten. Hieraus wiederum folgt nach der

Umkehrung des Stufenwinkelsatzes 6.1.24, dass die Strecken B′C ′ und B′′C ′′ parallel

zueinander sind und sich demnach nicht schneiden. Da sich sowohl die Winkel �C ′C ′′B′′

und γ als auch die Winkel �C ′′B′′B′ jeweils zu gestreckten Winkeln addieren, hat das

Viereck B′C ′C ′′B′′ eine Winkelsumme von 360◦, was aquivalent ist zu der Aussage, dass

zwei Dreiecke mit einer Winkelsumme von 180◦ existieren, was wiederum aquivalent ist

zum euklidischen Parallelenaxiom. [Fil93]

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6.3 Satze, die in der hyperbolischen Geometrie gelten

Je nach Zweckmaßigkeit werden die Beweise in diesem Abschnitt entweder nach dem

stark vereinfachten Bild der hyperbolischen Geometrie, das im Kapitel Schule vorgestellt

wurde, oder in der Poincare-Halbebene gefuhrt und veranschaulicht. In ersterem Fall sind

die Punkte mit Großbuchstaben A,B,C, ... bezeichnet, in letzterem heißen die Punkte

z1, z2, ...

Es folgen nun einige vorbereitende Satze, die den Beweis dazu einleiten, dass die Win-

kelsumme im hyperbolischen Dreieck weniger als 180◦ betragt, was eine bezeichnende

Aussage uber die hyperbolische Geometrie ist.

Ausgehend von der absoluten Geometrie stach ein Mathematiker, Mathematikprofessor

Gerolamo Saccheri (1667 - 1733) an der Universitat Pavia, dadurch heraus, dass er den

stichhaltigsten Versuch eines Beweises des Parallelenaxioms unternahm. Ein zentraler

Gegenstand ist dabei ein spezielles Viereck, das bis heute seinen Namen tragt:

Definition 6.3.1. Ein Saccheri-Viereck ist ein Viereck, in dem zwei Seiten einander

gleich sind und eine der beiden anderen Seiten als gemeinsame Senkrechte besitzen. Die

gemeinsame Senkrechte heißt Grundseite, die ihr gegenuberliegende Seite heißt Ober-

seite, und die der Oberseite anliegenden Winkel heißen obere Winkel. [Tru98]

In der uns bekannten euklidischen Geometrie ist ein Rechteck definiert als Viereck mit

vier rechten Winkeln; im Euklidischen gilt, dass jedes Saccheri-Viereck ein Rechteck ist

und jedes Rechteck ein Saccheri-Viereck. Um diese Aussage zu beweisen, benotigt man

allerdings das Parallelenpostulat, und dieses steht ja in der absoluten Geometrie, die hier

verwendet werden soll, nicht zur Verfugung. Es ergibt sich die Frage, ob in der absoluten

Geometrie uberhaupt Rechtecke existieren; wir werden sogleich sehen, dass dies nicht

der Fall ist.

Mit den Saccheri-Vierecken lasst sich zwischen der euklidischen und hyperbolischen Ebe-

ne hin und her jonglieren: Sie erfullen in der einen Ebene Eigenschaften, die in der an-

deren nicht gelten und andersherum. So lasst sich zum Beispiel einerseits zeigen, dass

das euklidische Parallelenpostulat genau dann gilt, wenn die oberen beiden Winkel eines

(und damit jedes) Saccheri-Vierecks rechte Winkel sind; andereseits beweist man mit

der Annahme, dass die oberen Winkel eines Saccheri-Vierecks spitz sind, dass die Win-

kelsumme im Dreieck in diesem Fall weniger als 180◦ betragt und man sich somit in der

hyperbolischen Ebene befindet.

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Satz 6.3.2 (Saccheri-Viereck). In einem Saccheri-Viereck mit Eckpunkten A,B,C,D

sind die Winkel an C und D zueinander kongruent; des Weiteren ist die Strecke, die die

beiden Mittelpunkte der Strecken AB und CD verbindet (der so genannten Mittellinie),

senkrecht zu beiden Strecken.

Beweis. Sei ABCD ein Saccheri-Viereck, E der Mittelpunkt der Strecke AB und l das

Lot zu AB durch E. Da l demnach die Mittelsenkrechte der Strecke AB ist, liegen die

Punkte A,D auf der einen Seite von l und die Punkte B,C auf der anderen Seite. l muss

also die Strecke CD in einem Punkt F treffen. Wir verbinden die Punkte A und F und

F und B, und erhalten zwei nach dem Kongruenzaxiom (K6) kongruente Dreicke AEF

und BEF . Somit sind die Winkel �FAE und �FBE sowie die Strecken AF und FB

zueinander kongruent.

Abbildung 6.13: Gemeinsames Lot der Grund- und Oberseite in einem Saccheri-Viereck

Da wir an den Punkten A und B jeweils einen rechten Winkel haben, der durch die Stre-

cken AF und FB an beiden Ecken gleich geteilt wird, stellen wir fest dass die Winkel

�DAF und �CBF ebenfalls kongruent zueinander sind. Anwendung von (K6) ergibt

wiederum die Kongruenz der Dreiecke DAF und CBF ; folglich sind die Winkel an den

Punkten C und D gleich, und F ist der Mittelpunkt der Strecke CD.

Schlussendlich impliziert die Kongruenz der zwei Dreieckspaare außerdem, dass die Win-

kel �EFD und �CFE kongruent und daher rechte Winkel sind. [Har00]

Hiermit lasst sich Folgendes zeigen:

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Satz 6.3.3. Die Grundseite und die Oberseite eines Saccheri-Vierecks sind ultraparallel,

sie schneiden sich also nie.

Beweis. Betrachten wir ein Viereck ABCD mit Grundseit AB und Oberseite CD, wobei

E der von AB und F der Mittelpunkt von CD ist. (Diese Mittelpunkte existieren nach

6.1.3.) Verbinden wir die Mittelpunkte E und F , so folgt aus dem vorherigen Satz, dass

die Winkel �DFE und �CFE, ich nenne sie respektive β und α, rechte Winkel sind,

also α = 90◦ = β. Da auch die Winkel �FEA und �FEB nach obigem Satz zwei Rechte

sind, konnen wir Euklids Theorem I 28 anwenden, das besagt, dass wenn eine gerade

Linie (EF ) von zwei anderen geraden Linien (AB und CD) so geschnitten wird, dass

die innen auf derselben Seite liegenden Winkel zusammen zwei Rechte werden (oBdA

�FEB und �EFC), so mussen diese beiden geraden Linien (AB und CD) einander

parallel sind. (Euklid benotigt das euklidische Parallelenaxiom nicht zum Beweis dieses

Satzes - er gilt also auch im Hyperbolischen.) AB muss also entweder asymptotisch

parallel oder ultraparallel zu CD sein. Ware AB asymptotisch parallel zu DC, so ware

α der Parallelwinkel, den das von F aus gefallte Lot auf AB mit der zu AB Parallelen

bildet und ware somit ein spitzer Winkel, was im Widerspruch dazu steht dass α = 90◦.

[Eve95]

Satz 6.3.4. In der hyperbolischen Ebene sind die oberen Winkel eines Saccheri-Vierecks

spitze Winkel.

Beweis. Wir betrachten wieder ein Saccheri-Viereck ABCD. Es seien CX und DY die

asymptotisch parallelen Geraden zu AB duch C und D respektive. Aus 6.3.3 folgt, dass

CX und DY innerhalb der Winkel an C und D liegen mussen:

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Abbildung 6.14: Die oberen Winkel eines Saccheri-Viereckes sind im hyperbolischen

spitz.

Sei E ein Punkt auf dem Strahl S(D,C), so dass C zwischen D und E liegt. Der

Außenwinkelsatz impliziert, dass �ECX > �EDY gilt. Da die Winkel �BCX und

�ADY Parallelwinkel sind zu Loten die jeweils von C und D aus auf AB gefallt werden,

mussen sie gleich groß sein, denn AD ∼= BC, und der Parallelwinkel hangt ab von der

Lange des Lotes. Daraus folgt, dass �BCE > �ADE. Gleichzeitig gilt wegen 6.3.2,

dass �ADE = �BCD, und es folgt schlussendlich, dass �BCD und somit auch �ADE

spitze Winkel sein mussen.

Satz 6.3.5. Zu jedem Dreieck ABC gibt es ein Saccheri-Viereck, so dass die Summe

der beiden oberen Winkel dieses Vierecks gleich der Winkelsumme im Dreieck ABC ist.

Beweis. Sei ABC ein Dreieck, und D und E die Mittelpunkte der Strecken AB und AC

respektive. Man verbinde D und E, die Strecke DE wollen wir Mittellinie des Dreiecks

nennen, und falle die Lote BF , AH, CG auf DE.

Abbildung 6.15: Saccheri-Viereck, dessen obere beiden Winkel zusammen so groß sind

wie die Winkelsumme des Dreiecks

Es gilt AD ∼= DB, die Scheitelwinkel an D sind aquivalent und an F und H liegen jeweils

rechte Winkel, somit gilt nach Kongruenzsatz wws, dass die Dreiecke ADH und BFD

zueinander kongruent sind. Daraus schließen wir die Beziehungen �DBF ≃ �DAH. Des

Weiteren sind die Dreiecke AHE und CGE kongruent, woraus die Beziehung �EAH ≃�ECG folgt. Außerdem gilt BF ∼= AH ∼= CG. Das Viereck FBCG hat bei F und G

rechte Winkel, somit handelt es sich um ein (umgedrehtes) Saccheri-Viereck. Die Winkel

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des Vierecks an den Punkten B und C setzen sich zusammen aus den Winkeln des

Dreiecks an B und C plus jeweils Winkeln, die kongruent sind zu den beiden Teilen des

Winkels bei A, der durch die Strecke AG geteilt wird. Somit sind die Winkel bei B und

C des Vierecks zusammen so groß wie die Winkelsumme des Dreiecks. Also:

�ABC + �BCA+ �CAB = �FBD + �ABC + �BCA+ �ECG

und es gilt �CAB = �FBD + �ECG wegen der Kongruenzbeziehungen.

Setzen wir nun die Aussagen der Satze 6.3.4 und 6.3.5 zusammen, so erhalten wir endlich

den Satz uber die Winkelsumme im hyperbolischen Dreieck.

Satz 6.3.6. Die Winkelsumme in einem hyperbolischen Dreieck ist kleiner als 180◦.

Beweis. Wir betrachten nochmals die Abbildung aus Satz 6.3.5; ABC ist das zu betrach-

tende Dreieck und FBCG ist ein Saccheri-Viereck. 6.3.5 besagt, dass die Winkelsumme

des Dreiecks der Summe der beiden Winkel in FBCG entspricht, die keine rechten Win-

kel sind. Es gilt also �ABC + �BCA + �CAB = �FBC + �BCG. Aus 6.3.4 folgt,

dass �FBC + �BCG < 180◦, da �FBC < 90◦ sowie �FBC < 90◦. Wir erhalten

unmittelbar die Beziehung �ABC + �BCA+ �CAB < 180◦.

Korollar 6.3.7. Die Winkelsumme jedes Vierecks ist kleiner als 360◦.

Es kann nun gezeigt werden, dass im Hyperbolischen ein Kongruenzsatz gilt, der in

der euklidischen Ebene ungultig ist; wahrend namlich im Euklidischen zwei Dreiecke

mit gleichen Winkeln zunachst als”ahnlich“ bezeichnet werden, da sie nicht unbedingt

kongruent sind, folgt im Hyperbolischen aus der Kongruenz dreier Winkel in einem

Dreieck zu den drei Winkeln in einem anderen Dreieck, so sind die Dreiecke kongruent.

Satz 6.3.8 (6. Kongruenzsatz:”www“). Aus α ≃ α′, β ≃ β′ und γ ≃ γ′ folgt, dass

die Dreiecke ABC und A’B’C’ zueinander kongruent sind.

Beweis. Wir betrachten die beiden Dreiecke ABC und A′B′C ′. Es gelte nun α :=

�CAB ≃ �C ′A′B′ =: α′, β := �ABC ≃ �A′B′C ′ =: β′ und γ := �BAC ≃�B′A′C ′ =: γ′. Wir wollen zeigen, dass dann wenigstens ein Paar korrespondieren-

der Dreiecksseiten kongruent zueinander ist, so dass man unmittelbar wws oder wsw

anwenden kann.

Annahme: Es sei o.B.d.A. CA ≇ C ′A′, und o.B.d.A. CA > C ′A′. Dann konnen wir auf

dem von C ausgehenden Strahl durch A nach (K1) einen Punkt A′′ abtragen, so dass

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CA′′ ∼= C ′A′; an A′′ kann dann der Winkel α angelegt werden und ein von A′′ ausgehen-

der Strahl unter dem Winkel α, der das Dreieck genau ein weiteres Mal in einem Punkt

B′′ schneidet. B′′ liegt zwischen B und C, denn zum Einen kann B′′ nicht auf AC liegen

(was daran liegt, dass B′′ auf einer Geraden liegt, die außerdem durch A′′ liegt; A′′ liegt

auf AC, somit kann die Gerade durch die Punkte A′′ und B′′ die Strecke AC nicht in

einem weiteren Punkt schneiden), und zum Anderen ist A′′B′′ parallel zu AB, da die

Winkel α und �CA′′B′′ := α′′ (den wir ja als α gewahlt haben) kongruente Stufenwinkel

sind und nach der Umkehrung des Stufenwinkelsatzes, 6.1.24, die Parallelitat der bei-

den Geraden impliziert. Es folgt die Kongruenz der Winkel α′′ und α′, und wegen der

vorausgesetzten Beziehung α ≃ α′; es ergibt sich außerdem die Kongruenz der Dreiecke

CA′′B′′ und C ′A′B′ aufgrund des Kongruenzsatzes wsw.

Abbildung 6.16: Kongruenzsatz www

Nun bilden die Strecken A′′B′′ und A′′A einen Winkel �B′′A′′A; dieser ist Nebenwinkel

zu α′′, und daher gilt α′′ + �B′′A′′A = 180◦. Wegen α′′ ≃ α folgt auch α+ �B′′A′′A =

180◦. Nun gilt auch �A′′B′′C ≃ �A′B′C ′ = β′ wegen der Kongruenz der Dreiecke

CA′′B′′ und A′B′C ′, und es ergibt sich die Beziehung �A′′B′′C ≃ �ABC = β, da β ≃ β′

nach Voraussetzung. �A′′B′′C und �BA′′B′′ sind Nebenwinkel, daher gilt �A′′B′′C +

�BA′′B′′ = 180◦, und wiederum β + �BA′′B′′ = 180◦. Betrachten wir nun das Viereck

ABB′′A′′; es hat nach den bisherigen Ausfuhrungen eine Winkelsumme von 360◦. Laut

vorigem Korollar ist dies ein Widerspruch zu unserer Annahme, es folgt CA ∼= C ′A′,

und hieraus wiederum nach wsw die Kongruenz der Dreiecke ABC und A′B′C.

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Satz 6.3.9 (Gemeinsames Lot divergierender Parallelen). Sind zwei Geraden ultraparal-

lel, schneiden sich also weder in einem eigentlichen, noch in einem uneigentlichen Punkt,

so besitzen sie ein gemeinsames Lot.

Beweis. Zum Beweis dieses Satzes ist es zweckmaßig, sich auf die im Kapitel”Geome-

trie in Schule und Philosophie“ vorgestellte Darstellung zu stutzen. Seien S(A,L) und

S(B,M) zwei ultraparallele Strahlen. Wir bezeichnen sie der Einfachheit halber als Ge-

raden AL und BM . Fallen wir nun von A aus das Lot auf die Gerade BM , so ist die

Behauptung bewiesen falls AB senkrecht ist zu AL.

Abbildung 6.17: Gemeinsames Lot zweier ultraparalleler Geraden

Sei nun AB nicht senkrecht zu AL, so nehmen wir an, L sei auf der Seite von AB, so

dass der Winkel �LAB spitz ist. Nach Voraussetzung sind die beiden Geraden weder

parallel, noch schneiden sie sich; daher gibt es einen kleineren Winkel �MAB derart,

dass AM parallel ist zu BM . Liegen drei Punkte B,C und D alle auf der Geraden

BM , so konnen wir auf das Dreieck ACD den Satz uber Außenwinkel anwenden, 6.1.9,

anwenden und schließen, dass der Innenwinkel bei D großer ist als der Außenwinkel bei

C. Verschieben wir nun D so, dass die Lange der Strecke BD von 0 bis ∞ wachst, und

infolge dessen �DAL von �BAL bis �MAL abnimmt, dann nimmt �DBA von einem

rechten Winkel bis 0 ab.

Zu Beginn des Vorgangs gilt �LAD < �BDA, da �LAB spitz ist; da aber �LAM

positiv ist, dreht sich die Ungleichung letztendlich um. Somit muss es eine Zwischenlage

geben, in der gilt: �LAD = �BDA. Dies lasst sich durch Axiom (S2) einsehen, wobei

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sich die Punkte auf der Strecke BM einteilen lassen in diejenigen die so liegen, dass fur

sie gilt �LAD < �BDA, also die Punkte auf der Strecke DM , und diejenigen die so

liegen dass fur sie gilt �LAD > �BDA, also die Punkte auf der Strecke BD. D ist

dann also der im Axiom (S2) angesprochene eindeutig bestimmte Punkt, der auf diesen

beiden Strecken liegt deren Endpunkte verschiedenen Teilmengen angehoren. Fur diesen

Punkt D erhalten wir zwei Dreiecke OEA und ODF , indem wir EF senkrecht zu BD

durch den Mittelpunkt O von AD zeichnen. Da diese Dreiecke kongruent sind, steht EF

nicht nur zu BD, sondern auch zu AL senkrecht.

Schnittpunkte

Nun soll anhand unseres Poincare-Modells gezeigt werden, dass auch in der hyperbo-

lischen Ebene jede Strecke genau eine Mittelsenkrechte besitzt. Dazu muss diejenige

Gerade gefunden werden, an der gespiegelt werden muss so dass alle Punkte, die auf der

Strecke liegen, auf Punkte der Strecke abgebildet werden.

Satz 6.3.10. Zu jeder Strecke z1z2 gibt es genau eine Gerade m mit σm(z1) = z2 und

σm(z2) = z1.

Beweis. 1. Fall: Imz1 = Imz2.

Sei z1 = x1+ i · y1 und z2 = x2+ i · y2. Die Mittelsenkrechte wird gefunden, indem

man z1 und z2 auf euklidische Art, also mittels einer geraden Linie, verbindet, und

eine dazu orthogonale Gerade konstruiert.

Abbildung 6.18: Mittelsenkrechte der Strecke z1z2, mit Imz1 = Imz2

80

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In diesem Fall, wenn also z1 und z2 auf einer Hohe liegen, entspricht die Spiege-

lachse einer Halbgeraden m, die senkrecht auf der reellen Achse steht; also m ∈ G1.

Es ist m : Rez = x1+x2

2 ; σm entspricht also einer euklidischen Geradenspiegelung.

Es handelt sich um eine gebrochen rationale Funktion mit zugehoriger Matrix

A =

−1 x1 + x2

0 1

.

2. Fall: Imz1 6= Imz2.

z1 und z2 liegen auf der hyperbolischen Geraden g. Sie werden außerdem wiederum

auf euklidische Weise verbunden; die euklidische Gerade durch z1 und z2 schneidet

die reelle Achse im Punkt x. Von x aus wird die euklidische Tangente an den

Halbkreis gelegt, auf dem die Punkte z1 und z2 liegen; der Schnittpunkt ist mz1z2 .

Abbildung 6.19: Mittelsenkrechte der Strecke z1z2, mit Imz1 6= Imz2

Die hyperbolische Gerade m aus G2, also der Halbkreis mit Mittelpunkt x und

Radius mz1z2 ist die Mittelsenkrechte zu z1 und z2, denn Inversion an m bildet

die hyperbolische Gerade g auf sicher selber ab; da z1, z2 und der Inversionspol

x auf einer euklidischen Geraden liegen, werden sie bei Inversion an m auf sich

selbst abgebildet.3 Hier entspricht σm also einer Inversion mit Inversionspol x und

Inversionsradius mz1z2 .

3Dies kann durch nahere Betrachtung von Inversionen am Kreis bewiesen werden; auf diese soll hier

jedoch, wie auch schon zuvor, verzichtet werden.

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Der Satz uber den Schnittpunkt der Mittelsenkrechten gilt im hyperbolischen in abge-

wandelter Form:

Satz 6.3.11. Schneiden sich zwei der drei Mittelsenkrechten in einem”eigentlichen“

Punkt, so geht auch die dritte Mittelsenkrechte durch diesen Punkt. Sind zwei der Mit-

telsenkrechten divergent, so haben alle drei eine gemeinsame mittelsenkrechte Gerade.

Sind zwei der Mittelsenkrechten asymptotisch parallel, so ist auch die dritte Mittelsenk-

rechte asymptotisch parallel zu den anderen beiden.

Beweis. Betrachtet wird das Dreieck z1z2z3; a1, a2, a3 sind die Mittelpunkte der Strecken

z1z2, z2z3, z1z3 respektive und m, l, n die entsprechenden Mittelsenkrechten.

1. Fall: l und m schneiden sich in einem Punkt.

Dann sei σ1 die Spiegelung fur die gilt σ1(z1) = z2 und σ1(z2) = z1, σ2 die

Spiegelung fur die gilt σ2(z2) = z3 und σ2(z3) = z2 und σ3 die Spiegelung fur

die gilt σ3(z1) = z3 und σ1(z3) = z1. l und m schneiden sich in x, daher ist

σ1(x) = σ2(x) = x.

Zu zeigen ist, dass auch σ3(x) = x.

Wir betrachten die Dreiecke z1a1x und a1z2x. Es ist z1a1 ∼= a1z2 (da a1 der Mit-

telpunkt zwischen z1 und z2 ist), außerdem �z1a1x ≃ �xa1z2, und beide Dreiecke

haben die Strecke a1x gemeinsam. Daher sind die beiden Dreiecke kongruent zu-

einander nach Kongruenzsatz”sws“, und es folgt z1x ∼= xz2.

Abbildung 6.20: Die Mittelsenkrechten treffen sich in einem Punkt

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Analog sind auch die Dreiecke xz2a2 und a2z3x kongruent zueinander und es folgt

xz2 ∼= xz3. Da die Streckenkongruenz nach Axiom (K3) transitiv ist, ist also auch

xz1 ∼= xz3; damit gibt es nach der Definition von Streckenkongruenz in der hyper-

bolischen Ebene eine Abbildung ϕ mit ϕ(x) = x und ϕ(z1) = z3.

Es gilt nun z1a3 ∼= z3a3 und xz1 ∼= xz3, daher sind die beiden Dreiecke z1xa3

und xz3a3 kongruent nach dem Kongruenzsatz sss, denn die Seite xa3 haben beide

Dreiecke gemeinsam. Somit ist �xa3z1 ≃ �z3a3x, was soviel heißt wie dass es eine

Abbildung σ gibt, fur die gilt σ(a3) = a3 und σ(x) ∈ S(a3, z3) und σ(z1) ∈ S(a3, x)

oder σ(z1) ∈ S(x, z3) und σ(x) ∈ S(a3, x). Wegen a3z1 ∼= a3z3 ist der Punkt σ(z1)

nach Axiom (K1) auf dem Strahl S(a3, z3) eindeutig bestimmt, und zwar so, dass

gilt σ(z1) = z3. Auch der Punkt σ(x) auf dem Strahl S(a3, x) ist eindeutig be-

stimmt, da die Strecke a3x den zwei kongruenten Dreiecken angehort; es gilt offen-

sichtlich wegen σ(a3) = a3 dass σ(x) = x. Somit ist schlussendlich σ = σ3 (da z1

durch σ auf z3 abgebildet wird und damit der Voraussetzung fur unsere gesuchte

Spiegelung enspricht), und es ist σ3(x) = x.

2. Fall: l und m sind ultraparallel.

Das bedeutet zunachst, dass sie ein gemeinsames Lot p haben. Es ist zu zeigen,

dass p auch orthogonal ist zu n. Dazu falle man die Lote z1z′1, z2z

′2 und z3z

′3 von

z1, z2, z3 aus auf p.

Mittelpunkt der Strecke z1z2 ist a1; die Mittelsenkrechtem trifft im Punkt a′1 auf p;

entsprechend trifft die Mittelsenkrechte l der Strecke z2z3 im Punkt a2 auf z2z3 und

in a′2 auf p. Es gilt z1a1 ∼= a1z2; die Winkel �z1a1a′1 und �z2a1a

′1 sind kongruent

(jeweils ein rechter Winkel) da a1a′1 die Mittelsenkrechte ist zu z1z2, somit sind

nach (K6) die Dreiecke z1a1a′1 und z2a1a

′1 kongruent zueinander. Es folgen die

Beziehungen z1a′1∼= z2a

′1 und �z1a

′1a1 ≃ �z2a

′1a1. Hieraus wiederum ergibt sich

(durch Subtraktion des Winkels �z1a′1a1 bzw. �z2a

′1a1 von dem 90◦-Winkel, den

die Strecke a1a′1 mit p bildet) das Verhaltnis �z1a

′1z

′1 ≃ �z2a

′1z

′2, und nach dem

Kongruenzsatz wws sind die Dreiecke z1a′1z

′1 und z2a

′1z

′2 kongruent zueinander. Es

folgt z1z′1∼= z2z

′2.

Mittels selbiger Argumentation uber a2 und a′2 erhalt man z2z′2∼= z3z

′3.

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Abbildung 6.21: Gemeinsames Lot der Mittelsenkrechten eines hyperbolischen Dreiecks

Nun liegt mit z1z3z′3z

′1 ein Sacchari-Viereck vor, mit Oberseite z1z3 und Grundseite

z′1z′3; Satz 6.3.2 liefert, dass die Gerade n durch die Mittelpunkte von z1z3 und z′1z

′3

ist senkrecht zu z1z3 und z′1z′3.

Es ist also n, die Mittelsenkrechte von z1z3 senkrecht zu p und somit ultraparallel

zu l und m.

3. Fall: m und l sind asymptotisch parallel.

Somit treffen sich m und l in einem uneigentlichen Punkt z. Es ist zu zeigen, dass

auch n durch z geht, damit also asyptotisch parallel zu m und l ist.

Offensichtlich kann n weder l noch m in einem eigentlichen Punkt treffen, denn

das wurde uns wieder zu Fall 1 zuruckfuhren und l und m mussten sich ebenfalls

in diesem Punkt treffen. Ebenso kann n weder zu l noch zu m ultraparallel sein,

sonst waren wir wieder bei Fall 2 angelangt und m und l waren auch ultraparallel.

Es bleiben zwei Moglichkeiten fur die Lage von n ubrig: entweder trifft n die

beiden anderen Mittelsenkrechten im uneigentlichen Punkt z, oder n trifft m und

l an deren jeweils”anderen Enden“, d.h. die drei Mittelsenkrechten wurden sich

in drei unterschiedlichen uneigentlichen Punkten treffen und somit ein dreifach

asymtotisches Dreieck bilden.

Wir wollen zeigen, dass dieser letzte Fall nicht eintreten kann.

Dazu betrachten wir ein Dreieck mit drei uneigentlichen Eckpunkten, zm, zl, zn und

zeigen, dass es keine Gerade gibt, die alle drei Seiten dieses Dreiecks schneidet. Sei

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szm z.B. eine Gerade, die zmzn in s schneidet und znzl in t. Verbinde t mit zm

und verlangere diese Gerade zu einem Punkt r. Nun liegt st innerhalb der Winkel

�zntzm und rtzl, ist daher ultraparallel zu zmzl und kann letztere Seite somit nicht

schneiden.

Als nachstes zeigen wir, dass es immer mindestens eine Gerade gibt, die alle drei

Mittelsenkrechten eines nicht asymptotischen Dreiecks schneidet. Sei α ≥ β und

α ≥ γ. Konstruiere einen Punkt u auf z2z3, so dass gilt β = �z2z1u und v auf

z2z3, so dass γ = �z3z1v. Betrachten wir nun die Dreiecke z2a1u und z3a3v (a1

und a3 sind die Mittelpunkte der Strecken z1z2 und z1z3 respektive), so sind diese

kongruent zueinander nach Kongruenzsatz wsw, und wir stellen fest dass u auf

der Mittelsenkrechten von z1z2 liegt und v auf der Mittelsenkrechten von z1z3.

Es folgt, dass die Strecke z2z3 alle drei Mittelsenkrechten des Dreiecks schneidet,

namlich in den Punkten u, v und a2 (a2 ist der Mittelpunkt der Strecke z2z3.

Schlussendlich folgt, dass die Mittelsenkrechten eines Dreiecks mit drei eigentlichen

Punkten kein Dreieck mit drei uneigentlichen Punkten bilden kann. [Eve95]

Abbildung 6.22: Asymptotisch parallele Mittelsenkrechten eines hyperbolischen Dreiecks

Auch fur die Hohen in einem hyperbolischen Dreieck gilt der Schnittpunktsatz der eu-

klidischen Geometrie in abgewandelter Form:

Satz 6.3.12. Treffen sich zwei der drei Hohen eines hyperbolischen Dreiecks in einem

”eigentlichen“ Punkt, so geht auch die dritte Hohe durch diesen Punkt. Sind zwei der

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Hohen asymptotisch parallel, treffen sie sich also in einem”uneigentlichen“ Punkt, so

geht auch die dritte Hohe durch diesen Punkt. Sind zwei der drei Hohen ultraparallel,

haben sie also eine gemeinsame Senkrechte, so ist auch die dritte Hohe ultraparallel zu

den beiden und teilt die gemeinsame Senkrechte.

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7 Konstruktionen im Poincare-Modell

Gerade, die durch zwei Punkte gegeben ist

1. Die Punkte z1 und z2 liegen vertikal ubereinander (haben also, mittels Koordina-

ten ausgedruckt, denselben x-Wert).

Die Verbindungslinie zwischen beiden ist dann einfach die euklidische Halbgera-

de, die A und B miteinander verbindet und senkrecht auf der das Modell unten

abschließenden Achse (x-Achse).

2. Die Punkte z′1 und z′2 liegen nicht genau ubereinander (haben also unterschiedliche

x-Werte).

Zunachst zeichne die euklidische Strecke z′1z′2, und die euklidische Mittelsenkrechte

p zu z′1z′2. p trifft die x-Achse in zm; die z′1 und z′2 verbindende Gerade ist nun der

Halbkreis mit Mittelpunkt M und Radius zmz′1 (oder zmz′2).

Abbildung 7.1: Konstruktion von Geraden

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Lot von einem Punkt aus auf eine Gerade

1. Fall: Die Gerade l ist eine euklidische Halbgerade.

Von dem Punkt z1 aus soll das Lot p auf l gefallt werden. Die Gerade l trifft die

x-Achse im Punkt zp; zeichne den Halbkreis mit Mittelpunkt zp und Radius zpz1,

dabei handelt es sich um das Lot von z1 aus auf l. In diesem Fall ist es egal, ob

der Punkt z1 auf l liegt oder nicht. (Zur Erinnerung: Schneidet eine euklidische

Halbgerade, z.B. l, einen euklidischen Halbkreis p, so wird der Winkel gemessen

indem man am Schnittpunkt von l und p die Tangente zu p konstruiert und misst

den Winkel, den l mit der Tangenten bildet (in diesem Fall einen rechten).)

2. Fall: Die Gerade l′ ist ein euklidischer Halbkreis; das Lot p′ soll von dem auf l′

liegenden Punkt z′1 aus auf l′ gefallt werden.

Man zeichne die euklidische Tangente n an l′, wobei n l′ im Punkt z′1 beruhrt. n

trifft die x-Achse im Punkt z′p; das Lot p′ ist der euklidische Halbkreis um z′p mit

Radius z′pz′1. (Wie oben wird der Winkel den die beiden Halbkreise miteinander

bilden (der hier wiederum ein rechter sein soll) anhand der Tangenten gemessen.)

Abbildung 7.2: Konstruktion von Loten, Falle 1 und 2

3. Fall: Die Gerade l′′ ist ein euklidischer Halbkreis; das Lot p′′ wird von dem nicht

auf l′′ liegenden Punkt z′′1 aus auf l′′ gefallt.

Hierzu muss zunachst eine Kreisspiegelung vorgenommen werden: man spiegelt den

Punkt z′′1 am Halbkreis l′′ und erhalt als Spiegelpunkt z′′′1 . Nun konstruiert man

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die Mittelsenkrechte n′ zur Strecke z′′1z′′′1 ; n′ trifft die x-Achse im Punkt z′′m. Als

letztes zeichnet man den Halbkreis p′′ mit Mittelpunkt z′′m und Radius z′′mz′′1 ; p′′ ist

das gesuchte Lot. (z′′′1 ist der an l′′ gespiegelte Bildpunkt von z′′1 , und beide Punkte

liegen auf p′′; p′′ wird also durch Spiegelung an l′′ auf sich selbst abgebildet und

ist somit orthogonal zu l′′.)

Abbildung 7.3: Konstruktion von Loten, Fall 3

Mittelpunkt und Mittelsenkrechte

1. Fall: Die Punkte z1 und z2 liegen auf gleicher Hohe; zu konstruieren ist der Mit-

telpunkt zm der Strecke z1z2 und die Mittelsenkrechte p dazu.

Es ist lediglich die euklidische Strecke z1z2 zu zeichnen, und hierzu die euklidische

Mittelsenkrechte; diese ist dann eine hyperbolische Halbgerade und die Mittelsenk-

rechte p zum hyperbolischen Geradenabschnitt z1z2, und p trifft z1z2 im Punkt zm.

2. Fall: Die Punkte z′1 und z′2 liegen nicht auf gleicher Hohe. Es soll der Mittelpunkt

z′m des Segments z′1z′2 und die zugehorige Mittelsenkrechte p′ gefunden werden.

z′1 und z′2 liegen auf der hyperbolischen Geraden l; man zeichne zusatzlich die

euklidische Gerade n, die durch z′1 und z′2 gegeben ist und die x-Achse im Punkt zx

trifft. Nun konstruiere man das Lot p′ auf l, welches ein euklidischer Halbkreis mit

Mittelpunkt zx ist, indem man zunachst die Tangente t an das Kreissegment z′1z′2

durch zx anlegt und dann einen euklidischen Halbkreis p′ durch den Beruhrpunkt

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zt mit Mittelpunkt zx. Der Punkt zt entspricht dem gesuchten Mittelpunkt z′m.

Durch Inversion an p′ wird l auf sich selbst abgebildet; da z′1 und z′2 auf l liegen

und zugleich auf der selben euklidischen Geraden wie z′x, werden sie aufeinander

abgebildet. Somit ist p′ die Mittelsenkrechte des Kreissegments z′1z′2.

Abbildung 7.4: Konstruktion von Mittelpunkt und Mittelsenkrechte

Winkelhalbierende

1. Fall: Die Punkte z1, z2, z3 bilden einen Winkel �z1z2z3; zu diesem soll die Win-

kelhalbierende w konstruiert werden. Dabei liegen o.B.d.A. z1 und z2 auf einer

euklidischen Halbgerade, und z1 ist o.B.d.A. oberhalb von z2. z3 liegt also nicht

auf der Geraden durch z1 und z2, da sonst der Winkel 0 ware; so aber ist z.B. die

Gerade durch die Punkte z2 und z3 zu konstruieren, welche im Punkt zw auf die

x-Achse trifft. Der euklidische Halbkreis mit Mittelpunkt zw und Radius zwz2 ist

die Winkelhalbierende w des Winkels �z1z2z3, denn Inversion an w bildet z2z1 auf

z2z3 ab und andersrum.

2. Fall: Die Punkte z′1z′2z

′3 bilden einen Winkel �z′1z

′2z

′3; die Punkte z′1, z

′2, z

′3 haben

alle paarweise unterschiedliche x-Werte (liegen also nicht auf einer gemeinsamen

euklidischen Halbgerade). Zeichne die euklidische Halbgerade b durch den Punkt

z′2 und wahle einen beliebigen Punkt zb auf b. Zeichne nun den euklidischen Kreis

d um zb orthogonal zum euklidischen Halbkreis durch die Punkte z′2 und z′3.1 d

1Kreise in der hyperbolischen Ebene sind nicht Teil dieser Arbeit; hier soll der Kreis auch nur zur

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schneidet die Geraden durch z′2, z′1 und z′2, z

′3 jeweils in den Punkten ze und zf .

Zeichne die euklidische Gerade e durch ze und zf . e trifft auf die x-Achse im Punkt

z′w; die Gerade w′ orthogonal zu d mit Mittelpunkt z′w ist die Winkelhalbierende

des Winkels �z′1z′2z

′3. d ist orthogonal sowohl zu z′1z

′2 als auch zu z′2z

′3; da au-

ßerdem w′ orthogonal ist zu d, werden ze und zf (die beide auf der euklidischen

Geraden durch z′w liegen) durch Inversion an w′ aufeinander abgebildet. Da Spie-

gelung Winkel erhalt, werden die Strahlen z′2z′1 und z′2z

′3 bei Spiegelung an w′

aufeinander abgebildet. Somit bleibt z′2 bei Spiegelung an w′ fest und w′ ist die

Winkelhalbierende des Winkels �z′1z′2z

′3.

Abbildung 7.5: Konstruktion von Winkelhalbierenden

Gemeinsames Lot ultraparalleler Geraden

1. Fall: Die hyperbolischen Geraden m und l liegen ultraparallel zueinander; dabei

ist o.B.d.A. l eine euklidische Halbgerade, m sei ein euklidischer Halbkreis. Wir

wollen das gemeinsame Lot p konstruieren.

l trifft im Punkt zl auf die x-Achse. Wir zeichnen einen Halbkreis mit Mittelpunkt

zl orthogonal zu m; dieser ist das gewunschte Lot zu l und m.

Konstruktionshilfe dienen.

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Abbildung 7.6: Gemeinsames Lot ultraparalleler Geraden

2. Fall: Sowohl l′ als auch m′ sind euklidische Halbkreise. Das gemeinsame Lot p′

erhalten wir, indem wir einen beliebigen Kreis d oberhalb der x-Achse zeichnen,

der l′ und m′ jeweils zweimal schneidet, und zwar in den Punkten za, zb und zc, zd.

Nun zeichnen wir die Gerade n durch za und zb, und die Gerade q durch zc und zd.

n und q schneiden sich im Punkt ze. Wir zeichnen eine eulidische Gerade r durch

ze orthogonal zur x-Achse; r schneidet die x-Achse im Punkt zr. Das gesuchte

Lot p erhalten wir, indem wir einen Halbkreis mit Mittelpunkt zr orthogonal zu l′

konstruieren.

Abbildung 7.7: Gemeinsames Lot

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8 Schlussbetrachtung

Ziel dieser Arbeit war es, sowohl das euklidische als auch das hyperbolische Axiomensys-

tem vorzustellen, und verschiedene, uns aus der euklidischen Geometrie bekannte Satze,

im Bereich der Dreiecksgeometrie daraufhin zu untersuchen, ob sie auch in der hyper-

bolische Ebene ihre Gultigkeit erhalten. Der augenscheinliche Unterschied der Axiomen-

systeme besteht darin, dass im hyperbolischen die Umkehrung des euklidischen Paralle-

lenaxioms gilt; dies hat zur Folge, dass es in der hyperbolischen Ebene zu einer Geraden

nicht wie im euklidischen genau eine Parallele durch einen nicht auf dieser Geraden lie-

genden Punkt gibt, sondern unendlich viele. Da abgesehen vom Parallelenaxiom in bei-

den Systemen genau die gleichen Axiome gelten, ist es leicht einzusehen, dass samtliche

Dreieckseigenschaften, bei deren Beweis das Parallelenaxiom nicht herangezogen werden

muss, auch in beiden Ebenen gelten. Diese Eigenschaften ordnet man der absoluten Geo-

metrie zu.

Interessant wird es genau dann, wenn Satze im Euklidischen nur mittels des Paralle-

lenaxioms bewiesen werden konnen; offensichtlich konnen diese im Hyperbolischen nicht

einfach ubernommen werden. Leichte Abwandlungen konnen teilweise jedoch schon aus-

reichen, um einen ahnlichen Satz wie im Euklidischen auch fur das Hyperbolische zu

erhalten. Andererseits gelten aber auch Satze in der hyperbolischen Ebene, die in der

euklidischen Ebene nicht wahr sind.

Augenmerk soll an dieser Stelle auch nochmals auf die verwendete Methodik gelegt wer-

den. Es erfordert durchaus zunachst etwas Willensanstrengung, sich von der Anschau-

lichkeit der Geometrie zu verabschieden und zu akzeptieren, dass die Satze der Geometrie

nicht aus der Anschauung,”sondern nach logischen Regeln aus den Axiomen abgeleitet

werden sollen.“ [Fil93] Die Frage, ob dabei nicht der Bezug zur Realitat verloren gehen

kann, ist nicht uninteressant: so entstand die nichteuklidische Geometrie nicht etwa aus

praktischen Bedurfnissen, sondern daraus, dass sich Mathematiker fortwahrend mit dem

euklidischen System beschaftigten. Die außermathematische Verwendbarkeit der nicht-

euklidischen Geometrie entdeckte man erst spater. In der Frage nach dem Bezug zur

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Realitat hangt die Antwort mehr oder weniger vom Auge des Betrachters ab - der for-

schende Mathematiker hat naturlich zunachst Interesse daran, Wege zu gehen die es so

noch nicht gibt und dabei zunachst nicht zu beachten, ob ein praktischer Nutzen gegeben

ist. Fur den alltaglicheren Gebrauch ist es jedoch ein leichtes, sich das Axiomensystem

eben unter der Bedingung zu wahlen, dass es den Gegebenheiten des realen Raumes

nicht widerspricht, und dass die aus der Anschauung bekannten geometrischen Satze

mittels der Axiome abgeleitet werden konnen.

Glucklicherweise fanden die Mathematiker Beltrami, Klein und Poincare einen Weg,

auch die hyperbolische Geometrie anhand verschiedener Modelle anschaulich darzustel-

len; dies erleichtert den Denkaufwand erheblich. Mithilfe dieser Modelle konnte man nun

auch die analytische bzw. algebraische Herangehensweise einleiten, und entsprechende

Abstandsfunktionen einfuhren, die in den jeweiligen Modellen gelten, die hyperbolische

Trigonometrie erlautern und samtliche dazugehorigen Rechenregeln; kurz, man konnte

dazu ubergehen, die hyperbolische Geometrie in Gleichungen und Formeln zu fassen.

Hierzu gibt es jede Menge Literatur; weiter soll hier auf die analytische Untersuchung

der hyperbolischen Ebene nicht eingegangen werden.

Verlasst man nun den Bereich der Dreiecke und weitet zudem die hyperbolische Ebene

zum hyperbolischen Raum aus, so steht man immer noch erst am Beginn der hoch-

interessanten Frage, welche Bedeutung die hyperbolische, allgemeiner noch: die nicht-

euklidische Geometrie fur den Anschauungsraum unserer Welt hat. In dieser Hinsicht

ist es namlich auch uberaus reizvoll, den Begriff”Hyperbolische Geometrie“ schon in

Schulerkopfen einzupflanzen; so ist nach Einstein und der allgemeinen Relativitatstheorie

der”wirkliche“ Raum eben nicht euklidisch. Er ist gekrummt sowie hoher dimensional als

eine Beschreibung mithilfe euklidischer Geometrie noch moglich ist. Nach wie vor erfullt

die euklidische Geometrie treue Dienste zur Beschreibung unserer nahen raumlichen

Umwelt, und wird hierfur sicherlich unersetzlich bleiben. Doch bei der Betrachtung sehr

großer sowie winzig kleiner Bereiche ist die Theorie falsch. Schulern das begreiflich zu

machen, wurde unweigerlich in vielen starkes Interesse wecken; bekommen sie doch sonst

eher den Eindruck, in der Geometrie ware bereits alles erkannt und ausgewertet worden.

Ein gehoriger Ansporn, der moglicherweise niemals erfullt werden wird, konnte sein, ei-

ne allgemeine Geometrie zu finden, die Losung zu samtlichen geometrischen Problemen

bietet.

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9 Anhang

9.1 Umkehrung des Parallelenaxioms

Unter der Voraussetzung dass das Parallelenaxiom gilt, lasst sich die Umkehrung dessel-

ben ohne weiteres beweisen. Eine alternative Formulierung des Axioms besagt ja, dass

die Winkelsumme im Dreieck gleich zwei Rechten ist. Somit lasst sich an einem Dreieck

ABS mit der Spitze bei S sofort ablesen:

α+ β < 2R. (9.1)

Abbildung 9.1: Umkehrung des Parallelenpostulats

[Mes64]

Uns geht es nun aber darum, auch ohne die Voraussetzung dass die Winkelsumme im

Dreieck 180◦ betragt zu beweisen, dass α + β = 2R nicht gelten kann (womit dann

unmittelbar auch folgt, dass α + β > 2R erst recht nicht gelten wird); dann namlich

haben wir gezeigt, dass die Umkehrung des Parallelenpostulats aus den vorangegangenen

Axiomen/Postulaten gefolgert werden kann.

Nochmal die zu beweisende Aussage:

95

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Satz 9.1.1. Werden zwei sich schneidende Geraden (in der Abbildung 9.1 die Geraden

g1 und g2) von einer dritten getroffen (g3), so bildet die dritte Gerade mit den beiden

anderen innere Winkel (α und β), die zusammen kleiner sind als zwei Rechte.

Beweis. Betrachten wir das Dreieck in der Abbildung 9.1. Wir mussen zeigen, dass wenn

α+ β = 2R oder β = α1, dann konnen die Geraden g1 und g2 einander nicht schneiden.

Wir nehmen also an, g1 und g2 schneiden sich in S, und es gilt zudem α + β = 2R,

β = α1. Zum Widerspruch wird diese Annahme, indem man zunachst den Mittelpunkt

M der Strecke AB, wobei A und B die Schnittpunkte der Gerade g3 mit g1 und g2

sind, ermittelt, und von M aus die Lote auf die Geraden g1 und g2 fallt. Man erhalt

kongruente Dreiecke mit den Eckpunkten A, B, M und den jeweiligen Fußpunkten der

Lote. Wegen der Gleichheit der Winkel in kongruenten Dreiecken wurde sich ergeben,

dass die Fußpunkte der Lote und M alle auf einer Geraden liegen mussen, was bedeuten

wurde dass g1 und g2 zwei verschiedene, von S aus auf besagte Gerade gefallte Lote

waren; es lasst sich aber zeigen, dass von einem Punkt aus nur genau ein Lot auf eine

Gerade gefallt werden kann.

Abbildung 9.2: Abbildung nach Meschkowski

[Mes64]

96

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9.2 Aquivalenzumformungen zum Beweis von (I1)

Wir betrachten g = {z ∈ H : |z − x| = r}, x ∈ R, r > 0}. Dann ist

z1, z2 ∈ g ⇒ r2 = |z1 − x|2 = |z2 − x|2

|z1 − x|2 = |z2 − x|2 ⇔ (Re z1 − x)2 + (Im z1)2 = (Re z2 − x)2 + (Im z2)

2

⇔ (Re z1)2 − 2xRe z1 + x2 + (Im z1)

2 = (Re z2)2 − 2xRe z2 + x2 + (Im z2)

2

⇔ (Re z1)2 + (Im z1)

2 − (Re z2)2 − (Im z2)

2 = 2x(Re z1 − Re z2)

⇔ x =|z1|2 − |z2|2

2(Re z1 − Re z2)

9.3 Spiegelung an der imaginaren Achse in der oberen

komplexen Halbebene

Sei σ : H → H, z 7→ −z die Spiegelung an der imaginaren Achse. Dann gilt

(a) Sind z1, z2 ∈ H, so sind die Strecken z1z2 und σ(z1)σ(z2) kongruent.

Beweis. trivial: Sei o.B.d.A. (Proposition 29.3, Knorrer) z1 = i und z2 = it mit t ∈[1,∞[. Dann ist σ(i) = i und σ(it) = it; die Kongruenz ist offensichtlich.

(b) Sind z1, z2, z3 drei Punkte aus H, die nicht auf einer Geraden liegen, so ist

�z2z1z3 ≃ �σ(z2)σ(z1)σ(z3).

Beweis. Wiederum betrachten wir z1 = σ(z1) = i und z3 = σ(z3) = it. Wegen Knorrers

Proposition 29.3 gilt dann σ(S(z1, z2)) = S(σ(z1)σ(z2)) und σ(S(z3, z2)) = S(σ(z3)σ(z2));

nach der Definition der Kongruenz von Winkeln folgt unmittelbar, dass

�z2z1z3 ≃ �σ(z2)σ(z1)σ(z3).

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