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Vergleichende acidimetrische Untersuchung von Fleischextrakt, Würzen und ähnlichen Erzeugnissen

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Page 1: Vergleichende acidimetrische Untersuchung von Fleischextrakt, Würzen und ähnlichen Erzeugnissen

55. Band. ] uai 192s. J Saccharosebestimmung mit alkalischer JodlSsung. 415

daraus, dab hierbei auch die Kondensationsprodukte des Kunsthonigs und zwar sowohl die der Glykose als auch die der Fructose mitbestimmt werden, die bei der Inversion auBer der Saccharose zum Teil ebenfalls in F e hli n g'sche LOsung reduzlerenden Zucker umgewandelt werden.

Zusammenfassung.

Das Verfahren zur titrime.triscilen Bestimmung yon C, lykose *nit alkalischer Jod- 16sung nach W i l l s t i ~ t t e r und S c h u d e l , in der Ausftihrungsform yon A u e r b a c h and Bo dli~nd e r , ist auf die Bestimmung yon Saccharose angewendet worden. Die Menge der Saccharose wurde aus dem Unterschied des nach dem angegebenen Ver- fahren ermittelten Jodverbrauchs vor und Bach der Inversion unter Beracksiehtigung des ~iehrbefnndes, der durch Versnche mit verschiedenen Saecharosemengen ermittelt wurde, berechnet.

Das beschriebene Verfahren erwies sich auch als geeignet far die Bestimmung der Saccharose bei Gegenwart yon Invertzucker sowie im Kunsthonig.

Bei der Ausftihrung der Bestimmungen wurde ich yon Frl. M. R a u s c h auf das Beste untcrstatzt.

Vergleichende aeidimetrische Untersuehung yon Fleisehextrakt, Wiirzen und ~hnlichen Erzeugnissen.

Von

Paul Hirsch and Joseph Kiesgenl).

M i t t e i l u n g a u s d e m U n i v e r s i t ~ t s - I n s t i t u t f t i r ~ a h r u n g s m i t t e l c h e m i e in F r a n k f u r t a. M. (Direktor: Prof. Dr. J. T i l l m a n s . )

[Emgegangen am 22. Januar 1928.]

1. Titrationskurven.

Man kann wohl sagen, dal3 die einfachen acidimetrischen ~) Titrationen zu den elegantesten, beliebtesten und meistgeiibten analytischen Verfahren zu zhhlen sind. Sie haben sich schon lunge eingebiirgert und geh6ren zum Grundbestand der analyti- schen Chemie.

Lange nach ihrer Einftihrung hat die physikalische Chemie uns die Grundlagen und den Mechanismus der acidimetrischen Titrationen verstehen gelehrt. Sie setzt uns auch in den Stand, neue Anwendungsm0glichkeiten anzugeben.

Man erkannte zunhchst, dal~ bei den acidimetrischen Titrationen eine grol~e Be- deutung der Wasserstoffionenkonzentration zukommt, die man seit S. P. L. S 0 r e n sen ~) ftir derartige Zwecke allgemein durch ihren negativ genommenen Logarithmus~ Pm anszudrticken pflegt. Man erkannte weiterhin, dal~ der ,,)~quivalenzpunkt~'~ d. i. die- jenige Wasserstoffstufe, bei der gerade die zugeftigte Titermenge der Menge der zu titrierenden Substanz hquivalent ist, far verschiedene S~uren and Basen verschieden, und yon tier Sthrke der betreffenden Shure oder Base abhangig ist. S a l m 4) sprach

1) Vergl. auch die Dissertation yon 5. K i e s g e n , Frankfurt a. M. 1925. u) Unter ,Acidimetrie" wird bier zusammenfassend verstanden, was sonst als Acidi-

metrie und Alkalimetrie bezeichnet wird. ~) Biochem. Zeitschr. 1909, 21, 131.

�9 4) Zeitschr. physikal. Chemie 1906, 57, 500.

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4 1 6 1 ~ t t i r s e h und J. K i e s g e n , [Zeitsehr. f. Untersuchung l_ der Lebensmittel.

die Ansicht aus, daft es mbglich sein mfisse; irgendeine S~ure oder Base auf die fibliehe Weise zu titrieren, wenn man nur den dafiir geeigneten Indicator beshsse, der beim Xqnivalenzpunkt der betreffenden Si~ure oder Base seinen Farbumschlag besitzt. Die u dieser Idee stieB jedoch auf Schwierigkeiten. Es zeigte sich bald, dab sich nur solche )[quivalenzpunkte mit gentigender Genauigkeit erfassen liefien, die nicht zu weit im sauren oder alkalischen Gebiet lagen. Das ist gleiehbedeutend damit, dab sich nur verhMtnismi~13ig starke Sauren oder Basen aeidi- metriseh erfassen lassen. Je weiter der )[quivalenzpunkt und damit der ,,Titrier- exponent" im stark sauren oder alkalischen Gebiet liegt, desto gr6Bere ,~Titrierfehler" treten dabei auf. Diese Art der Aqui'calenzpunktstitration und die dabei auftretenden Titrierfehler wurden besonders eingehend yon A. A. Noyes l ) , N. B j e r r u m 2) und J. M. K o l t h o f f a) stndiert.

Man verfolgte auch kurvenmi~gig die kontinuierliche Veri~nderung der Wasser- stoffionenkonzentration einer L0sung im Verlaufe einer acidimetrischen Titration und erhielt dabei die sog. Titrationskurven, aus denen man Sehltisse fiber die Anwend- barkeit der betreffenden Titrationen entnehmen kann.

Der eine yon uns*) zeigte nun, wie man auf ziemlich einfache Weise die Acidimetrie in eine Gestalt bringen kann, die ihre hnwendbarkeit erheblich erweitert, besonders im Gebiet der schwachen Si~uren und Basen. Beziiglich eingehenderer Dar- stellung der neuen Arbeitsweise sei auf die 0riginalstellen verwiesen. Hier sollen nur einige Grundztige kurz angegeben werden:

Bei Titrationen'in stark sauren oder alkalischen Stufen wird der Titer'cerbrauch in zwei Teile zerlegt, in die ,,freie" und die ,,gebundene" Titermenge. Die freie Titermenge s ist diejenige, welche die jeweils in der L6sung ,lorhandene Konzentration an H' bezw. OH' liefert. Die gebundene Titermenge r ist diejenige, die sich tats~chlich jeweils mit der zu titrierenden Substanz umgesetzt hat. Di'cision der gebundenen Titer- menge durch die Menge G der zu titrferenden Substanz, beides in Molen ausgedrfickt,

r liefert das ,~molare BindungsYermOgen" ~ und wird mit O' bezeichnet. Auftragung

"con ~9 gegen Pli liefert die O-Kurve. Diese zeigt nun gegeniiber den alten Titrations- kurven wesentliche Vorzfige. Sie ist im Gegensatz zu letzteren unabhhngig "con tier Konzentration der zu bestimmenden Substanz, was eine "ciel weitergehendere anaIytische gerwendung dieser Kurve erm6glicht. Man ist bei acidimetrischen Titrationen nicht mehr auf den Aquivalenzpunkt beschri~nkt, sondern kann - - natfirlich innerhalb gewisser Grenzen - - beliebige Titrationspunkte auswhhlen. Dies ist besonders bei Titrationen in stark sauren oder alkalischen Stufen oder beim Nebeneinandertitrieren mehrerer Substanzen -con Bedeutung.

Die neue Arbeitsweise hat in der Nahrungsmittelchemie bereits mit Erfolg An- wendung gefunden zur Titration der Milchshure im Milchserum zum Zwecke des Nach-

~) 3ourn. Amer. Chemic, Soc. 1910, 32, 815. .2) lB. B j e r rum, Die Theorie tier ~lkMimetrischen und ~eidimetrisehen Titrierungen.

Samml. Chem. u. Chem.-Teehn. u 21, Heft 1/3, Stuttgart 1914; Zeitsehr. ~nalyt. Chem. 1917, 5t}, 13 u. 81.

s) 3. M. Kol th6f f , Der Gebraueh Yon Farbenindikatoren. Berlin 1923. *) P. Hirseh, Dissertation Frankfurt ~. ~. 1923, sowie ,,Neue MOgliehkeiten der

Aeidimetrie usw. Biochem. Zeitschr. 1924, 147, 433.

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55. Band.] 417 Acidimetrische Untersuchung yon Fleischextrakt usw. ~Iai 1928, /

weises und der Bestimmung einer erfolgten Neutralisation der Milch1), sowie zur Bestimmung yon Aminos~uren in Lebensmitteln'-').

Eine weitere Anwendungsart der neuen Arbeitsweise besteht in der Benutzung tier O-Kurve zur Charakterisierung yon komplizierten oder unbekannten Substanzen oder yon Gemischen. In solchem Falle wird am besten die Kurve dnrch elektro- metrische Messung yon pg nach verschiedenen Titerzus~tzen hestimmt. Ffir praktisehe Zwecke und far Lab0ratoriumsbestimmungen kbnnen dann gegebenenfalls die gtinstigsten Punkte der Kurve ausgew~hlt und durch Titration mittels Farbstoffindicatoren erfa~t werden. In unserem Institut ist nach dieser Art auf breiterer Basis eine Unter= suchung yon EiweiSkSrpern vorgenommen wordenS).

Ziemlich gleichzeitig mit H i r s c h sind das nhmliche Titrationsverfahren und die gleichen Titrationskurven yon L. J. H a r r i s ~) bearbeitet worden, der sie sogar eben- fails auf Aminosi~uren angewandt hat. Ein ahnlicher Gedanke bezfiglich der Stufen- titration findet sich auch bei A. T hielS). Die i~lteren, unkorrigierten Titrations- kurven haben durch A u e r b a c h und S m o l c z y k s) eine neuerliche grandliche Bearbeitung und Durchrechnung erfahren. Unlhngst sind auch yon H. S. S i m m s 7) Untersuchungen fiber Titrationskurven mitgeteilt worden.

In der Nahrungsmittelchemie hat die Acidimetrie neuerdings eifrige Vertreter in K. T~ufe l und C. W a g n e r s) gefunden. Diese Autoren verfolgen nicht analytische Ziele und haben daher bisher yon den yon H i r s c h vorgesehlagenen Erg~nzungen keinen Gebrauch gemacht. Ihr Ziel ist vielmehr, ein genaues Bild yon dem sauren Charakter lebensmittelchemischer Systeme zu erhalten und yon den Veranderungen, die dieser saure Charakter durch mSgliche Eingriffe erleidet. Sie arbeiten deshalb mit den alten Titrationskurven, aM denen sie die Pufferungskapazitht 9) diskutieren.

Fleischextrakte, Fleischbrtihwfirfel, Suppenwfirzen und ahnliche Erzeugnisse enthalten alle als wesentliche Bestandteile acidimetrisch wirksame Substanzen. Tells enthalten sie mehr oder weniger abgebaute Eiweigstoffe, teils organische Basen und Shuren. Ein solches Produkt mu$ also ein ausgepragtes acidimetrisches Verhalten aufweisen, dessen Gesamtbild in einer O-Kurve zum Ausdruck kommt. Nach der unterschiedlichen Herstellungsweise sind bei diesen Produkten verschiedene Kombi- nationen yon acidimetrisch wirksamen Stoffen, yon ,,Acidolyten" zu erwarten und damit verschiedene 5~-Kurven. Wir haben untersucht, inwieweit sich diese verschie- denen Produkte durch ihre O-Kurve charakterisieren lassen.

2) j. T i l l m a n s und W. L u c k e n b a c h , Diese Zeitschrift 1925, 50, 103, sowie Milch- wirtschaftl. Forschungen 1926, 3, 225.

2) j. T i l l m a n s und J. K i e s g e n , Diese Zeitsehrift 1927, 53, 126. ~) J. T i l l m a n s und P. H i r s c h in Biochem. Zeitsehr. 1928, 193, 216; J. T i l l m a n s ,

P. H i r s c h und F. S t r a c h e in Biochem. Zeitschr. 1928 (ira Erscheinen). 4) Proceedings of the Royal Soc. London B, 1923, 95, 440. 5) Zeitschr. anorg, u. allgem. Chem. 1924, ][35, 1. 6) Zeitschr. physikal. Chem. 1924, 110, 65. 7) Journ. Americ. Chem. Soc. 1926, 48, 1239. s) Kolloid-Zeitschr. 1926, 40, 174; Biochem. Zeitschr. 1926, 177, 389; Zeitschr. analyt.

Chem. 1927, 71, 1; Zeitschr. angew. Chem. 1927, 40, 133; ferner K. T~ufe l , Diese Zeitschrift 1927, 54, 43.

9) Siehe u. a.: L. M i c h a e i i s , Die Wasserstoffionenkonzentration I. Berlin 1922, S. 89 und J. 5~. K o l t h o f f , Der Gebrauch yon Farbenindicatoren. Berlin 1923, S. 23.

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418 P. Hi r s eh und J. K iesgen , [Zeitschr. f. Untersuchung I_ der Lebensmittel.

2. Ermittelung einer ~.Kurve.

Die zu untersuchenden L0sungen wurden auf die gleiche Weise bereitet, wie dies yon T i l l m a n s and K i e s g e n 1) angegeben worden ist, damit neben der elektro- metrischen Titration darin gleichzeitig auch Aminos~urenbestimmnngen nach den drei Yon diesen Autoren besprochenen Titrationsmethoden ausgefiihrt werden konnten, n~mlich mittels Formoltitration, Alkoholtitration und Trop~olintitration:

, ,5--10 g der zu nntersuchenden Substanzen werden mit 25 ~) ccm hei~em Wasser gel(~st, 0,3 g Bariumchlorid zugeftigt, nahezu neutralisiert und dann noch 10 ccm 2 N.-Natronlauge zugeftigt. Nun wird das Ammoniak nach F o l i n 21/~ bis 3 Stunden lung ansgeblasen. Danach wird mit Salzs~ure nahezu neutralisiert. Ist die Farbe dnnkler als bernsteinfarben, so ist vor der Titration eine Entf~rbnng erforderlich, meist wird sie nnr bei Fleischextrakten erforderlich. Zu diesem Zwecke s~uert man mit Salzs~ure schwaeh an, gibt 2 g Tierkohle hinzu, filtriert, w~scht aus and ftillt die Fltigigkeit mit 2 N.-NatriumchloridlSsung auf 100 cem auf. Diese Fl~issigkeit (ohne oder mit Entf~rbung) kann nun sowohl fQr die Titration mit Trop~olin und Formol als auch ftir die alkoholische Titration Yerwendung finden."

Bei einem Tell der u wurde das Ausblasen des Ammoniaks nach F o l i n durch Vaknumdestillation bei 350 ersetzt. Nach Entfernung des Ammoniaks wurde in der Yersuchslbsung stets der Stickstoffgehalt nach K j e d a h l bestimmt.

Eine Probe der VersuchslSsung wurde jeweils mit Phenolrot auf Stufe 7,0 titriert. In weiteren Proben wurde in d'er yon T i l l m a n s nnd K i e s g e n angegebenen Weise sowohl mit Trop~olin auf Stnfe 11,6 oder 11,8 titriert, als aueh die Formol- nnd Alkoholtitration ausgeftihrt. Geht man Yon pg = 7,0 aus, so wird bei diesen drei letztgenannten Titrationen etwa die Gesamtmenge der Aminos~uren erfagt, sowie aueh --CH(NHs)--CO0ti-Gruppen Yon anderen Eiweil~abbanprodukten.

Die elektrometrisehe Titration der Lbsung gesehah mittels der Wasserstoffelektrode. Die Ansfahrung der pj~-Messnng ist vielfaeh besproehen und wohl allgemein bekannt; eine noehmalige Darstellung eriibrigt sieh daher wohl an dieser Stelle Wit hielten nns an die yon M i c h a e l is s) angegebene Ausfahrungsweise. Wit benutzten z. T. die Tauehelektrode, z. T. die U-Elektrode, beide in der yon M i e h a e li s angegebenen Form. Bei u der Tauehelektrode wurden 10 ecru u mit 10 ecru ausgekochten Wassers in alas Elektrodengefi~13 gebraeht; zumeist wnrde hierzu die in tier weiter unten besproehenen Weise mittels Trop~olin nnd 0,1 N.-Natronlauge anf Stufe 11,6 titrierte Probe angewandt. Naeh Zugabe yon steigenden Mengen 0,1 N.-Salzs~ure wurde dann pg gemessen. Bei Verwendung der U-Elektrode war fiir jeden einzelnen Titrationspunkt eine eigene Probe anzusetzen, tIierzu wurden 5 ecru Yersuehslbsung mit weehselnden Mengen 0,1 N.-Natronlauge oder Salzsgl~re versetzt.

Den bei der elektrometrisehen pj~-Messnng in den natriumehloridhaltigen LSsungen miSgliehe~weise auftretenden geringen Salzeinfltissen haben wit, da sie far unsere Zweeke ohne Bedeutnng sind, keine Beaehtung gesehenkt.

Die Anordnung und Auswertung der Messungen sei in einem Beispiel gezeigt. Es w u r d e - wie oben angegeben - - e i n e L6sung yon Magg i ' s Suppenwtirze hergestellt.

~) Diese Zeitsehrift 1927, ~ , 129. ~) Im Original steht dureh einen Druekfehler start 25 fglsehlich 250. s) L. Miehae l i s , Die Wasserstoffionenkonzentration, 1914, sowie Kleines Praktikum

tier physikal. Chemie 1921.

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55.MaiBand.]1928. Acidimetrische Untersuchung yon Fleischextrakt usw. 4t9

Bei der Stickstoffbestimmung in 5 ccm der Yersuchsl0sung wnrden 17,5 ccm 0,1 N.-Schwefel- shure verbraucht. Wir geben die Menge in Millimolen an, da wir sis bei der Rechnung nachher so gebrauchen. Also: 1,75 Millimol Stickstoff in 5 ccm L6snng. Bei Titration yon 5 ccm LSsung auf Stufe 7,0 mittels Phenolrot wurden 1,05 ccm 0,1 N.-Natronlauge verbraucht. Die Ausgangsl6sung war also etwas saner. Um einen einheitlichen Bezugs- nullpunkt far s~mtliche Titrationen zu haben, wercten alle Titrationen auf den Zustand PJz ~ 710 der L0sung, also auf den Neutralpunkt der L6sung, bezogen 1). Im vorliegenden Falle sind also auf alle weiteren Titrationen diese 1,05 ccm 0,1 N.-Natronlange fttr je 5 ccm L6sung in Anrechnung zu bringen.

Bei Titration yon 5 ccm L6sung mittels Trop~olin (0,5 ccm) auf p h i l 1 , 6

wnrden verbraucht: 14,6 ccm 0,1 n. NaOtt Bei Titration auf log ~ 7,0 . . . . . . . . . . . 1,05 ,, 0,1 ,, ,,

Fiir die Titrationsstrecke 7,0 bis 1176 also . . . . . 13,55 ccm 0,1 n. NaOH Endvolumen der LSsung bei Stufe 11,6 . . . . . . 20,1 ccm

Die Konzentration der freien Natronlauge far unsere Stufe 1116 betr~gt 0,00422 n. Die freie Lauge in nnserem Titrationsendvolumen bei Strife l l , 6 betrhgt also

2011, 0,0042 ccm n.----0,85 ccm 0,1 n.

F~r die Titrationsstrecke 7,0, --> 11,6 und 5 ccm LSsung betr~gt also der Titerverbrauch . . . . . . . t = 13~55 ccm 0,1 n. NaOH,

die freie Lauge . . . . . . . . . . . . . . s = 0,85 , , 0,1 ,, ,, ,

die gebundene Lauge . . . . . . . . . . . . r : 12,70 ccm 0,1 n. NaOH. Dievergleichsweise ausgefiihrteAlkoholtitration ergab 12,95 , 0,1 ,, ,, , die Formoltitration . . . . . . . . . . . . . 12,75 ,, 0~1 , ,

Wir beziehen die Titrationswerte anf den Stickstoffgehalt2). Wir erhalten 4}, indem wit r durch die Anzahl Millimole Stickstoff in der angewandten Snbstanz-

12,70 menge dividieren. Far unseren Titrationspunkt 11,6 ist also ~ - - - - 0173. Das

1,75 bedeutet 1 da/~ bei Titration yon 7~0 auf 11~6 auf je 1 Millimol Stickstoff 0173 ccm N.-Natronlauge gebnnden werden. Hiermit haben wit bereits einen Punkt der #-Kurve durch Indicatortitration ermittelt. Ftlr die Alkoholtitration ergibt sich # =: 0,74, far die Formoltitration: ~ ~ 0,73.

Die elektrometrische Titration war@ hier mittels U-Elektroden ansgef/ihrt. Wie bereits oben angegeben, wird bei den ztlgesetzten Titerbetr~gen die nrsprtinglich vor- handene Sauremenge yon 1,05 ccm 0,1-normal ft~r 5 ccm L0sung in Anrechnung gebracht, d. h. sie wird den welter zugefilgten Shurebetrhgen zugezhhlt bezw. yon den zugeftigten Laugebetrhgen abgezogen. Wir erhalten so die 1,tats~chlich vorhandene Titermenge" t. Auf diese Weise werden die Titrationszahlen und die zu zeichnenden Kurven alle auf den Znstand neutraler Reaktion bezogen and damit vergleichbar gemacht.

Die Formelzeichen haben folgende Bedentung: t-----vorhandene Titermenge, bezogen auf p~ ~ 7,0 in ccm n. s----freie Titermenge in ccm n. r ~ gebundene Titermenge in ccm n.

----- auf je 1 )[quivalent Stickstoff gebundene Aquivalente Titersubstanz.

1) Vergl. H i r s c h a. a. O. S. 472 u. 473. 2) Vergl. H i r s c h a. a. O. S. 472.

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4 20 P. H i r s c h und J. K i e s g e n , [ Zeitschr. f. Uatersuchung k der Lebensmittel.

Die unter t, s, r und ~ angegebenen positiven Zahlen geben Na0H-Mengen , die negativen geben HC1-Mengen an*). Es gilt dann immer t = r - t - s 2 ) . Die Bereehnung yon s a u s p~ nnd dem go iumen der L(Ssung erfolgte in der yon t i i r s e h

angegebenen Weise 8).

B e i s p i e l 1. Elektrometrisehe Titrationen yon , , M a g g i ' s Suppenwtirze" mittels U-Elektroden. 5 ecru LSsung enthielten 1,75 Millimol Stiekstoff.

Zugeftigte Titermenge Gesamt- t in ccm 0,1 n. volumen

pH S r

4,0 HCI 9 ccm 3,53 -- 0,505 -- 0,00~ -- 0,501 -- 0,286

3,0 ,, S ,, 3,84 --0,405 --0,002 - - 0,403 --0,230 2,0 ,, 7 ,, 4,13 - - 0,305 -- - - 0,305 -- 0,174 1,0 ,, 6 ,, 4,42 --0,205 - - --0,205 --0,1.17 0,0 ,, 5 ,, 5,04 - - 0,105 - - - - 0,105 - - 0,060 2,5 NaOH 7,5 , , 8,42 + 0,145 - - -t- 0~145 -]- 0~083 5,0 ,, 10 , , 9,07 A- 0,395 - - -b 0,395 § 0,226 7,5 ,, 12,5 ,, 9,53 q- 0,645 -- -? 0,645 + 0,396

10,0 ,, 15 ,, 10,00 -t- 0,895 @ 0,001 -t- 0,894 -~ 0,510 12,5 ,, 17,5 ,, 10,53 + 1,145 + 0,004 + 1~141 + 0,652 15,0 ,, 20 ,, 11,65 d- 1,395 d- 0,096 + 1,299 -~ 0,742

Die elektrometrische Titrat ion auf PH ~ 11,65 soll erwartungsgemhfi mit der Tropi~olintitration auf die gleiehe Stufe and mit den anderen beiden Indicatoren- verfahren tier Gesamt-Aminoshurent i t rat ion t ibereinst immende Resultate liefern. Wie man sieht, ist diese Forderung befriedigend erfiillt. Die elektrometrische Ti t rat ion lieferte ftir PH ~ 11,65:41 = 0,74, Trop~olin-, Alkohol- und Formolt i t rat ion ergaben

die Wer te 0,73, 0,74 and 0,73.

3. Die ~ .Kurven versehiedener Produkte. Auf die oben heschriebene Weise warden noch elektrometrische Ti t ra t ionen an

verschiedenen anderen Produkten ausgeftihrt, deren Ergebnisse hier angegeben werden. Wi r geben jetzt nu r noch die gefundenen, zusammengehbrigen PH- and ~ - W e r t e an. Auf die Wiedergabe der Ergebnisse der Tropholin-, der Alkohol- und der Formol- titration~ die durchweg mit der elektrometrischen Ti t ra t ion befriedigende ?Jbereinstimmung

ergaben, kann verzichtet werden.

2. Suppenwfirze ,,Kiichenkleinod". 3. Suppenwtirfel ,,Rotti"

PH ~ PH

11,60 0,81 11,60 0,67 11,16 0,67 11,02 0,58 10,11 0,51 10,02 0,44 9,54 0,30 9,33 0,27 8,62 0,09 8,42 0,11 7,00 0,00 5,75 - - 0,06 4,10 - - 0,21 3,27 - - 0,20 3,00 - - 0,36

1) Vergl. H i r s c h a. a. O. S. 451 u. 452. ~) Es sei hie," bemerkt, dag an der zitierten Stelle der Arbeit yon H i r s c h sich ein

st5render Fehler eingeschlichen hat. Es mug auf S. 452, Zeile 29/30 heit]en : ,,Es gilt dann . . . ftir alle F~tle das P lusze ichen : t ~ r + s . " 3) Yergl. H i r s c h a. a. O. S. 460.

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5.~. Ban4. ] Acidimetrische Untersuchung yon Fleischextr~kt usw. 421 ~ai 1928, J

, §

+~G,

+Off

d ~ 5 g 7

-- -~1

-Oz3

Fig. 1. S u p p e n w f i r z e n .

l I 1+1

/f /2 - - - - ~ z z

1-----Maggi 's Suppenw~rze. 3.--Suppeawtirfel g o t t i .

/

' ~ ' ~ ' ~ ' : . - - 8 9 10 I l l 12

I 2" i , } ]_~, Fig. 2. F l e i s c h e x t r a k t e u n d F l e i s c h p e p t o n .

4 ~-~ L i e b i g 's Fleis chextrakt. 5 ~--- Fleischextrakt,,System L i e b i g':. 7 = S a u e r ' s Fleischpepton.

In Fig. I sind die Kurven ffir die Suppenwiirzen ,Magg i " und ,,Rotti" auf- getragen. Die Kurve ftir ,Kfichenkleinod" ist der Ubersicht l ichkei t ha lber nicht mit e inge t r agen ; sie besitzt einen ganz i~hnlichen Verlauf.

L. 28.

4. L i e b i g' s Fleischextr~kt.

PH

11,55 10,86 10,00 8,99 7,37 6,63 6,06 5,41 4,63 4,07

5. Fleischextr~kt ,,System L i e b i g".

@ PH

0,259 11,12 0,215 9,69 0,156 8,73 0,090 7,08 0,025 5,94

- - 0,041 4,89 - - 0,107 4,20 - - 0,172 3,81 - - 0,238 3,51 - - 0,303

0,248 0,168 0,086 0,004

- - 0,078 - - 0,160 - - 0.242 - - 0,320 - - 0,397

28

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422 P. H i r s c b und J. K i e s g e n , [Zeil;schr. f.Untersuchtmg k tier Lebensmittel.

6. , , S a u e r ' s Fleischsaft-Extrakt. Nach den AngabenJus tus v o n L i e b i g ' s ohne jeden Zusatz bereiteter wirklieher Fleiseh- extrakt zur medizinisehen Verwendung".

pH

11,41 0,283 10,76 0,237 9,98 0,180 9,05 0,120 7,99 0,060 6,97 0,000 6,34 - - 0,060 5,45 - - 0,120 4,67 -- 0,181 4~17 - - 0,241 3,92 - - 0,301

7. , , S a u e r ' s deutscher Fleischextrakt. Enth~lt neben denBestandteilen des echten Fleischsaftextraktes auch s~mtliche Ei- weigstoffe des Fleisches als Pepton"; also

ein Fleischpepton.

P~

11,41 10,21 9,83 9,16 7,52 5,66 4,65 4,09 3,46

0,166 0,134 0,095 0,054 0,014

- - 0,026 - - 0,066 - - 0,107 --0,166

In Fig. 2 sind die Kurven yon Nr. 4, 5 und 7 zur Darstellung gebracht. Die Kurve yon Nr. 6 ist sehr ~hnlich denen yon Nr. 4 und 5.

4. A u s w er tu n g der Ergebnisse .

Die erhaltenen Zahlen und Kurven lassen erkennen, dal~ den Fleischextrakten, Suppenwgrzen u. dergl, ganz charakteristische #-Kurven zukommen. Die an den verschiedenen Produkten erhaltenen Kurven zeigen deutliche Unterschiede.

Bei den S u p p e n w g r z e n ergeben sich solche vom Charakter derjenigen , die man yon den Produkten erhMt, die aus EiweiB durch ziemlich weitgehende gydrolyse entstehenl). Zwischen den Stufen 7 und etwa 11.6. wird bei diesen Produkten pro Atom Stickstoff ungef~hr 0,7 Aquivalent Titer gebunden; d. h. a u f j e I0 Atome Stick- stoff sind etwa 7 saure Gruppen vorhanden. In diesen Produkten mCtssen also durch- schnittlich ziemlich kleine Molekale vorliegen. Das EiweiB ist hier schon weitgehend aufgespalten. Die Shurebindung wird bei diesen Prod@ten erst in relativ sthrker sauren Gebieten erheblich.

Die for die F 1 e i s c h e x t r a k t e erhaltenen Kurven sind yon den vorhergehenden charakteristisch unterschieden. Sie geben im alkalisehen Gebiet betrhchtlich kleineres LaugebindungsvermOgen an, im sauren Oebiet hingegen ein grO~]eres S~urebindungs- vermOgen als die Kurven der Suppenwiirzen.

Die Karve des untersuchten F1 e i s c h p e p t on s zeigt durchweg kleinere O-Werte als die Kurven der Suppenwiirzen und Fleischextrakte, besonders auch im sauren Gebiet.

Die Kurven dieser verschiedenartigen Produkte zeigen so groge Unterschiede, dab mit ihrer Hilfe eine analytische Unterscheidung dieser Produkte leicht mBglich sein mug. Zu diesem Zweck ist es nicht nBtig, jeweils die ganze Kurve aufzustellen. Es geniigt vielmehr, einfach mittels Farbstoffindieatoren iiber bestimmte Titrations- strecken zu titrieren. Zur besseren Ubersicht seien noch die aus den Kurven abge- lesenen # -Wer te ft~r die Titrationsstrecken 710--4,5 und 7 ,0 - -11 ,6 zusammengestellt.

x) Siehc H i r s c h a. a. 0.; F. S t r a c h e , Dissertation Frankfurt a. M. 1927; T i l l m a n s , H i r s c h u. S t r a c h e a. a. 0.

Page 9: Vergleichende acidimetrische Untersuchung von Fleischextrakt, Würzen und ähnlichen Erzeugnissen

55. Band. ] Acidimetrische Untersuchung yon Fleischextrakt usw. 423 Mai 1928. |

a b b Bezeichnung 7,0 ---> 4,5 7,0 ---> 11,6 ~

Maggi . . . . . . . Rotti . . . . . . . . Kfichenkleinod . . . . Liebig . . . . . . . System Liebig . . . . Sauer-Extrakt . . . . . Sauer-Pepton . . . . .

0~11 0.74 0,12 0,67 0fl55 0,81 0,255 0,26 0,20 0~27 0,20 i 0,29 ' 0,075 I 0,17

I

6,7 5,6 5,2 1,02 1,35 1,45 2,27

Wie aus dieser Tabelle hervorgeht, ist far die Unterscheidung zwischen Fleisch- extrakten und Snppenwtirzen aul]er den ~%Werten far die beiden Titrationsstrecken

(a und b) selbst, noch das Verhhltnis der beiden Werte~ b besonders charakteristisch. a ~

Far das Pepton ist besonders die Kleinheit der O-Werte bezeichnend.

Um Fleischextrakte, Suppenw~irzen und Fleischpeptone yon einander analytisch zu unterscheiden, wird es also gentigen, die beiden obigen Titrationsstrecken heraus- zugreifen. Die Titration yon Stufe 7 auf Stufe 11,6 erfolgt nach der yon T i l ] m a n s und K i e s g e n angegebenen Weise mittels Trop~olin 0. Statt ihrer kann ebenso gut die Formol- oder Alkoholtitration eintreten. Far die Titration auf Stufe 4,5 hat sich der Indicator Bromphenolblau als geeignet erwiesen durch seine geringe Emlofind- lichkeit gegen Salzzus~tze und Temperaturver~nderungen.

Man h~tte also, wie folgt, zu verfahren:

1. Herstellung der L0sung, wie auf S. 418 beschrieben.

2. Titration auf 7,0 mittels Neutralrot oder Phenolrot.

3. Titration aaf Stufe 11~6 mittels Tropi~olin 0 oder Alkoholtitration oder Formol- titration.

4. Titration auf 4,5 mit Bromphenolblau unter Verwendung des gleichen Titrier- koloriskops wie unter 2 und 3 und unter Zuhilfenahme einer Citratvergleichspuffer- mischung 1).

Die vorstehenden Untersuchungen wurden auf Anregung yon Herrn Prof. Dr. J. T i l l m a n s ausgefahi~. Wir ergreifen die Gelegenheit, ihm auch an dieser Stelle unseren Dank auszusprechen.

x) Siehe z. B. L. M i c h a e l i s , Kleines Praktikum der physikalischen Cbemie oder J. M. K o 1 t h o ff, Der Gebrauch yon Farbenindic~toren.

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