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Verhandlungstechnik - Workshop Moderator Dr. Ulrich · und Anthropologie beteiligt. Eines der berühmtesten Ergebnisse aus dem Projekt ist die Veröffentlichung des Harvard-Konzepts

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Verhandlungstechnik

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Inhaltsverzeichnis

Einführung .............................................................................................................................. 3 1 Grundelemente des Verhandelns ................................................................................... 3

1.1 Zur Logik ...................................................................................................................... 4 1.2 Zur Rhetorik und zur Überzeugungskraft ..................................................................... 4 1.3 Zum psychologischen Verständnis .............................................................................. 5 1.4 Zum Prinzip 'Gleichgewicht der Kräfte' ........................................................................ 6 1.5 Die sechs Phasen der Verhandlung ............................................................................ 7 1.6 Optimistisch sein, gewinnen, ohne zu siegen .............................................................. 7 1.7 Vorbereitung - Überlegungen zur eigenen Position ..................................................... 8 1.8 Überlegungen zur Gegenpartei ................................................................................... 8 .............................................................................................................................................. 8 Das Eisbergmodell ................................................................................................................ 9

2 Das Harvard-Konzept ..................................................................................................... 10

2.1 Hart in der Sache - sanft im Umgang ........................................................................ 11 2.2 Die vier Prinzipien des Harvard-Konzeptes ............................................................... 12

2.2.1 Säule 1: Persönliche Beziehung getrennt von der Sachfrage behandeln .......... 13 2.2.2 Säule 2: Konzentriere Dich nicht auf Positionen, sondern auf die dahinter liegenden Interessen und Bedürfnisse. ........................................................................... 14 2.2.3 Säule 3: Entwickeln Sie WIN-WIN-Optionen, die für beide Partner Vorteile bringen. ........................................................................................................................... 15 2.2.4 Säule 4: Bauen Sie das Ergebnis auf objektiven Kriterien auf. ........................... 15 2.2.5 Fazit .................................................................................................................... 18

3 Ideen entwickeln, Entscheidungen fällen,Probleme lösen mit der 6-Hut-Technik .. 19 4 Zuhören, Fragen, Antworten ......................................................................................... 23

4.1 Aktives Zuhören ......................................................................................................... 23 4.2 Fragetechniken .......................................................................................................... 25 4.3 Mit Antworten führen - dank antizipieren ................................................................... 26

5 Körpersprache richtig deuten ....................................................................................... 28

5.1 Was ist Körpersprache? ............................................................................................ 28 5.2 Ist Körpersprache eindeutig? ..................................................................................... 30 5.3 Nachgeahmte Körpersprache .................................................................................... 30 5.4 Körpersprache anwenden .......................................................................................... 31

6 Verhandlungsstil und Taktik ......................................................................................... 31 7 Unredliche Methoden - unfaire Dialektik ...................................................................... 36 8 Anhang - Checklisten ..................................................................................................... 49

8.1 Wichtige Fragen vor der Verhandlung ....................................................................... 49 8.2 Tipps für das Verhalten während der Verhandlung ................................................... 50 8.3 Verhandlungstaktik nach Dorothy Leeds ................................................................... 51 8.4 Beobachtung und analytische Kontrolle in Konferenzen und Verhandlungen ........... 53

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Einführung

Wir verhandeln täglich in unterschiedlichen Situationen, nicht nur im Verkäufer –

Käufer - Kontext. Schon jedes Kind übt sich ständig im Verhandeln. "Muss ich tat-

sächlich um zehn Uhr schon ins Bett?“ Nach längerem Hin und Her dürfen die Klei-

nen eine halbe Stunde länger auf bleiben. Oder Sie fordern von Ihrem Mitarbeiter

noch heute einen Bericht – den er seines Erachtens erst morgen erstellen kann. Be-

werbungsgespräche sind Verhandlungen, ebenso wie Teamsitzungen, in denen Ar-

beitspakte verteilt werden, Verhandlungen politischer Parteien über Koalitionen, ein-

zelner Staaten über Zoll- und Währungsfragen.

Verfügen alle Beteiligten über vergleichbare Machtmittel, spielt das Grundprinzip jeg-

licher Verhandlung: „Ich gebe: damit du gibst.“

Nur wenn auf einer Seite eine Übermacht besteht, endet die Verhandlung ohne

Kompromisse. Wer übermächtig ist, handelt meist selbstherrlich.

Früher waren Verhandlungspartner ausschließlich auf ihren Instinkt und ihre Bega-

bung angewiesen. Heute sind die Verhandlungstechniken bekannt und erlernbar. In

der scheinbar schwer erfassbaren Verhandlungskunst gibt es theoretische und expe-

rimentelle Erkenntnisse, die alltagstauglich sind.

1 Grundelemente des Verhandelns

Jede Person, die verhandelt, strebt nach Anerkennung der eigenen Bewertung des

Verhandlungsgegenstandes durch den Partner. Folgende Grundelemente des Ver-

handelns spielen bei allen Verhandlungsprozessen eine Rolle:

1. die Logik

2. die solide Sachkenntnis (Fachwissen)

3. die Überzeugungskraft (Redekunst)

4. das psychologische Verständnis

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1.1 Zur Logik

Unter Logik verstehen man die Fähigkeit des exakten folgerichti-

gen Denkens. Der griechische Philosoph Aristoteles war einer

der ersten, der über das deduktive Denken nachgedacht hat. Er

hat die Logik als Wissenschaft begründet. In einem ersten Schritt

hatte Aristoteles die Logik im Zusammenhang mit der Rhetorik

untersucht, später nicht mehr nur als Mittel der Einwirkung des

Redners auf das Auditorium sondern als Wissen, das als Weg

zur Erlangung der Wahrheit dient.

Trotzdem, logisch aufgebaute Denkschritte und Argumentationsfolgen spielen bei

Verhandlungen eine zentrale Rolle.

Der logische Aufbau einer Gedankenkette kann für den Ausgang ausschlaggebend

sein. Nur wer bei der Argumentation die Situation, die Wünsche, Absichten und Ziele

des Partners berücksichtigt, hat Erfolg. Deshalb kommt der Analyse des Sachverhal-

tes eine so große Bedeutung zu. Der Vorbereitung (Analyse der Realität des Part-

ners) bewahrt uns vor Fehlschlägen. Bei jenen, die bei Verhandlungen um die eigene

Person kreisen - selbst, wenn sie noch so logisch argumentieren - ist der Misserfolg

bereits vorprogrammiert.

1.2 Zur Rhetorik und zur Überzeugungskraft

Demosthenes, der Vater der abendländischen Rhetorik, sei un-

ter ständiger Rezitation seiner Reden den Berg hinaufgestiegen

und habe dabei versucht, seinen angeborenen Sprachfehler zu

korrigieren. Er ist für seine zündenden Reden bis heute berühmt

geblieben.

Ziel der Rhetorik: Den Verhandlungspartner zu überzeugen d.h. ihn für den eigenen

Standpunkt gewinnen.

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Rhetorik umfasst: Sprachliche Beherrschung der Thematik. Die Fähigkeit, die Ge-

danken einfach, klar verständlich, bildhaft, anschaulich und situationsgerecht darzu-

stellen. Mimik, Gestik, Intonation müssen mit Inhalt und Person übereinstimmen.

Überzeugend reden bedeutet ferner: Gefühl und Einstellung des Partners berück-

sichtigen und ansprechen.

In der Praxis zeigt sich, dass bei Verhandlungen rein sprachliche und rhetorische

Bereiche immer mehr in den Hintergrund rücken zugunsten einer ehrlichen, natürli-

chen Ausdrucksweise, die sich nach der jeweiligen Situation respektive der Realität

ausrichtet. Zu perfektes, geschliffenes Verhalten ist verdächtig, denn es kann das

Gefühl des 'Übertölpelt - werdens' bewirken.

1.3 Zum psychologischen Verständnis

Der prominente Wiener Arzt und Psychologe Sigmund Freud

(1856-1939) wies auf die außerordentliche Rolle des Unterbe-

wussten im Leben und Tun hin.

Bei allen Verhandlungen sind Leidenschaften, Emotionen, Sym-

pathien, Angst usw. im Spiel. Wer deshalb die Persönlichkeit des

Partners besser erfassen und situationsgerechter beurteilen

kann, ist stets im Vorteil.

In einem sehr groben Modell kann man bei einer Person drei Schichten unterschei-

den:

1. die geistige Ebene

2. das Temperament

3. die gefühls- und triebhafte Seite

Menschenkenntnis und Erfahrung bewahren uns vor Fehlbeurteilungen. Intuition und

Wahrnehmungsfähigkeit sind wichtige Voraussetzungen bei Verhandlungsabläufen.

Deshalb gilt es:

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1. die Kunst des Zuhörens

2. die Kunst des Beobachtens

3. die Kunst des Fragens

zu entwickeln. Bei Verhandlungen darf auf keinen Fall die Gefühlssphäre des Part-

ners verletzt werden.

1.4 Zum Prinzip 'Gleichgewicht der Kräfte'

Fürst Clemens von Metternich (1773-1859) war österreichischer

Staatsmann und Kanzler zur Zeit Napoleons und einer der be-

gabtesten Verhandler der Geschichte. Er kämpfte gegen Hege-

monie (Vorherrschaft) und vertrat die Auffassung, dass nur ein

Gleichgewicht der Kräfte den Frieden sichern und harte Konflikte

vermeiden könne.

Tatsächlich bestätigt die Praxis, dass es bei Verhandlungen dann zu Abschlüssen

mit Dauercharakter kommt, wenn alle Beteiligten über vergleichbare Machtmittel ver-

fügen. Das Gleichgewicht der Kräfte ist die wichtigste Voraussetzung zu langfristigen

Lösungen. Jede Verhandlung hat letztlich etwas mit Koexistenz zu tun. Nach Metter-

nich ist jedoch Koexistenz nur so lange möglich, wenn sich alle Beteiligten einem

Gleichgewicht der Kräfte annähern.

Sind nicht erst dann Verhandlungen erfolgreich, wenn sie beiden Seiten Nutzen brin-

gen? Es geht um realen oder vermeintlichen Nutzen. Beide Seiten müssen gewin-

nen. Beide Seiten sollten auch verlieren. Das Geben und Nehmen ist bei Verhand-

lungen ein Dauerprozess. Dazu benötigt es immer viel Geduld, Dynamik sowie Ein-

fühlungsvermögen.

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1.5 Die sechs Phasen der Verhandlung

1. Begrüßung

2. Einleitung des Gesprächs. Wir erstellen eine gemeinsame Ausgangsbasis.

3. Eigene Position A begründen lassen. (Vorteile/Nachteile)

4. Partner Position B begründen lassen. (Vorteile/Nachteile). Partner nicht unterbre-

chen! Vollständig ausreden lassen.

5. Gegenvorschläge unterbreiten. Alternativen entwickeln. Partner Rückzug erleich-

tern. Zwischenergebnisse absichern.

6. Ergebnis mit Abschluss, z.B. einem Vertrag

1.6 Optimistisch sein, gewinnen, ohne zu siegen

Jeder muss das Gesicht wahren können. Keiner darf das Gefühl haben: 'Ich werde

ausgenutzt.' Verhandeln heißt: jeder muss zu einem positiven Ergebnis kommen.

Gegebenheiten können unterschiedlich beurteilt werden. Wer kennt nicht den Pessi-

misten, der vor einem 'halbleeren' Glas sitzt. Wie gut hat es dagegen der Optimist,

der noch in ein 'halbvolles' Glas hineinschaut. Das gleiche gilt für die zwei Schuhver-

käufer, die nach Afrika geschickt werden. Was meldet der 'negativ' eingestellte Ver-

käufer:

'Kein Markt vorhanden, alle laufen barfuss.'

Der Optimist dagegen meldet:

'Riesenmarkt in Afrika, alle laufen barfuss. Wir können mit unseren Schuhen Schutz

gegen Sand und Dornen bieten.'

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1.7 Vorbereitung - Überlegungen zur eigenen Position

1. Das Wunschergebnis kennen

2. Dabei aber offen für neue Ideen bleiben

3. Wissen, was man nicht will

4. Die eigenen Grenzen kennen

5. Die Verhandlungsmasse, den Gegenstand inkl. aller Details und Infos kennen.

6. Die eigenen Stärken und Schwächen kennen

7. Die Idealposition, die realistische Position und die Rückzugsposition kennen.

Die Kräfteverteilung kennen.

8. Entscheidend ist auch grundsätzlich, ob man mit mehreren Parteien oder als

Vertreter für mehrere Parteien verhandelt.

9. Im internationalen Kontext sind auch interkulturelle Rahmenbedingungen zu

klären.

1.8 Überlegungen zur Gegenpartei

1. Was könnte sie wollen?

2. Wo könnten ihre Grenzen lie-

gen?

3. Was könnte sie als Verhand-

lungsmasse anbieten?

4. Wo liegen ihre Stärken und

Schwächen?

5. Wie könnte ihre Idealposition, die

akzeptable Position und die

Rückzugsposition aussehen?

6. Wie viel Macht hat sie verglichen

mit mir?

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Das Eisbergmodell

Bei beiden Überlegungen – über

unsere Interessen wie bei jenen der

Gegenpartei – können wir davon

ausgehen dass nur ein kleiner Teil

bewusst oder erkennbar ist. Der

größere Teil ist wie bei einem Eis-

berg verborgen. So können die Mo-

tive des Mitarbeiters, der 500 Euro

Gehaltserhöhung fordert ebenso

Anerkennung durch den Chef sein,

eine Aufwertung gegenüber den

Kollegen, eine persönliche Notlage

oder das Ziel, langfristig weniger

arbeiten zu müssen und mehr Zeit

zu haben. Nur in einem gut vorbe-

reiteten, aber trotzdem offenen Ge-

spräch. Das folgende Konzept bie-

tet dafür einige Ansätze:

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2 Das Harvard-Konzept

Das „Harvard-Konzept“ beschreibt eine universal einsetzbare Verhandlungsmethode,

die der Maxime folgt, freundschaftlich zu Einigungen zu gelangen, ohne dabei zu

unterliegen.

Entwickelt wurde die Methode im Harvard Negotiation Project, einem interdisziplinä-

ren Forschungsprojekt der Harvard University. Das Projekt startete 1979 und hatte

zum Ziel, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie Menschen am besten mit ihren

Differenzen umgehen können. Anders ausgedrückt: Wie kann man ein Übereinkom-

men in einer Verhandlung finden, ohne sich zu zerstreiten? Am Projekt waren Wis-

senschaftler aus so unterschiedlichen Fachrichtungen wie Rechtswissenschaften

und Anthropologie beteiligt. Eines der berühmtesten Ergebnisse aus dem Projekt ist

die Veröffentlichung des Harvard-Konzepts 1981, im englischen Original „Getting to

Yes“. Bereits 1983 wurde es in zehn Sprachen veröffentlicht.

Das Konzept basiert auf Befragungen von Praktikern, akademischen Lehrern und

Studenten. Die Ergebnisse der Befragungen und Tiefeninterviews wurden nicht zu

einer Theorie oder einem Modell, sondern zu einem Vorschlag für praktisches Vor-

gehen in einer Verhandlung zusammengefasst. Die drei US-amerikanischen Autoren

des Konzeptes Roger Fisher, William Ury und Bruce Patton definieren dabei „Ver-

handlung“ folgendermaßen: „Es ist wechselseitige Kommunikation mit dem Ziel, eine

Übereinkunft zu erreichen, wenn man mit der anderen Seite sowohl gemeinsame als

auch gegensätzliche Interessen hat.'

Bei ihrem Vorgehen ließen sich die Forscher von drei Kernfragen leiten, die den

Vergleich und die Bewertung verschiedener Verhandlungsarten ermöglichten:

• Inwiefern bringt die Methode eine vernünftige Übereinkunft zu Stande?

• Wie effizient ist die Methode?

• Inwiefern steuert die Methode zu einem verbesserten Verhältnis der beteilig-

ten Parteien bei oder zerstört dieses zumindest nicht?

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Das Besondere an dem Konzept besteht darin, eine Alternative zu den Taktiken 'An-

griff' oder 'Rückzug' zu bieten. In diesem Zusammenhang sprechen Fisher, Ury und

Patton von 'harter' und 'weicher' Verhandlungsart, wobei das Harvard-Konzept eine

Alternative bieten will, den so genannten 'dritten Weg' des sachgerechten Verhan-

delns.

Das Harvard-Konzept ist ein wichtiger Baustein bei lösungsorientierten Verhandlun-

gen. Es erlaubt auch bei schwierigen Verhandlungen noch ein positives Verhand-

lungsergebnis zu erzielen. Ziel des Harvard-Konzepts ist es, Sach- und Beziehungs-

ebene zu trennen, Interessen auszugleichen und Entscheidungsalternativen unter

neutralen Beurteilungskriterien zu suchen, um so einen Gewinn für alle Beteiligten zu

schaffen.

2.1 Hart in der Sache - sanft im Umgang

Diese Methode des sachgerechten und interessengeleiteten Verhandelns ist Teil des

Harvard-Konzepts. Es bezweckt eine "Win-Win" Situation zu schaffen. In verschie-

denen Büchern über Verhandlungstechniken wird dieses Prinzip anhand der ein-

leuchtenden "Orangen Geschichte" veranschaulicht:

Regula, die Mutter zweier Kinder, hat noch eine einzige Orange in der Früchteschale.

Da kommen beide Töchter gerannt. Beide rufen:

"Ich will die Orange unbedingt haben!"

Was tun? Soll nun Mutter Regula die Frucht zerschneiden? Soll sie eine Münze wer-

fen? Oder soll sie Anna und Lea um die Orange kämpfen lassen? Intuitiv macht die

Mutter das Richtige und fragt:

"Warum wollt ihr die Orange unbedingt haben?"

Anna will einen Kuchen backen und braucht dazu nur die Schale. Lea hat Durst und

möchte nur den frisch gepressten Orangensaft trinken. Die Orange ohne Schale ge-

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nügt ihr. Nach der Klärung der Bedürfnisse ist die Lösung plötzlich einfach und die

beiden unterschiedlichen Interessen lassen sich berücksichtigen indem Anna die

Schale und Lea die geschälte Orange bekommt. Beim schnellen Kompromiss mit

zwei halben Orangen hätten zwei unzufriedene Kinder die Küche verlassen.

2.2 Die vier Prinzipien des Harvard-Konzeptes

Verhandlungen nach dem Harvard Prinzip folgen einem einfachen Muster. Es gilt vier

Prinzipien zu beherzigen:

Sachbezogen diskutieren

Mensch und Problem werden getrennt. Nicht auf das Gegenüber einschießen, son-

dern auf das Ziel konzentrieren.

• Interessen abwägen

• "Warum" Fragen machen die unterschiedlichen Interessen bewusst.

• Optionen suchen

• Lösungsmöglichkeiten sammeln.

• Beweise erbringen

• Objektive Kriterien vorlegen.

Vor allem beim Suchen von Optionen, die im Idealfall beiden Seiten den grösstmögli-

chen Nutzen bringen, ist Kreativität gefragt. Sich nicht auf die angeblich einzig denk-

bare Lösung fixieren.

Die 4 Säulen des Harvard-Konzeptes sind also...

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Mensch:

Die Trennung von Sache und Beziehung. Probleme und Menschen werden getrennt

betrachtet.

Interesse:

Das Erkennen der wechselseitigen Interessen. Nicht Positionen, sondern Interessen

sind im Mittelpunkt.

Möglichkeiten:

Das finden von Entscheidungsalternativen. Vor der Entscheidung sollten verschiede-

ne Wahlmöglichkeiten entwickelt werden.

Kriterien:

Die Verwendung neutraler Beurteilungskriterien. Das Ergebnis soll auf objektiven

Entscheidungsprinzipien aufbauen.

2.2.1 Säule 1: Persönliche Beziehung getrennt von der Sachfrage behandeln

Die Trennung von "Problem und Mensch" bzw. "Sache und Beziehung", als erste

Säule, ist eine Antwort auf menschliche Verhaltens-, Denk- und Kommunikations-

muster. Menschen fühlen, denken und handeln unterschiedlich. Die Gefühlsseite ist

dabei die machtvollste und meist hinter Rationalisierung verborgene Ursache für

konkretes Handeln. Das Denken ist beeinflusst durch Vorstellungen. Vorstellungen

haben wiederum Einfluss auf die damit verbundenen Gefühle. Die Kommunikation

schließlich transportiert Bilder und Vorstellungen und hat dadurch direkte Wirkung

auf Denkprozesse. Sie macht innere Abläufe sichtbar und kann leicht durch Zwei-

deutigkeit und zu geringe Präzision zu folgeschweren Missverständnissen führen.

Die Gefahr dafür ist grundsätzlich sehr hoch und sinkt oder steigt mit der sozialen

Kompetenz der Verhandlungspartner. "Problem" und "Mensch" zu trennen, bedeutet

auch den Sachverhalt von den eben beschriebenen menschlichen Mechanismen

getrennt zu betrachten. Das versetzt uns in die Lage, einerseits kontrovers diskutie-

ren zu können und andererseits die Beziehung zu den Verhandlungspartnern auf-

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recht zu erhalten. In der Praxis empfiehlt das Harvard-Konzept dazu eine Reihe von

Grundprinzipien, von denen hier beispielhaft einige aufgeführt werden sollen:

• Versetzen Sie sich in die Lage der anderen, vergessen Sie dabei aber nicht,

auch an sich zu denken.

• Überprüfen Sie genau die Vorstellungen, damit Sie nicht von falschen An-

nahmen ausgehen.

• Leiten Sie die Absichten anderer niemals aus Ihren eigenen Befürchtungen

ab.

• Schieben Sie die Schuld an Ihren eigenen Problemen nicht der Gegenseite

zu.

• Beteiligen Sie die Gegenseite am Ergebnis, sorgen Sie dafür, dass sie sich

am Verhandlungsprozess beteiligt.

• Wahren Sie das Gesicht Ihres Gegenüber: Stimmen Sie Ihre Vorschläge auf

das Wertesystem der anderen ab.

• Artikulieren Sie ihre Emotionen und erkennen Sie deren Berechtigung an

• Gestatten Sie sich und der Gegenseite Dampf abzulassen.

• Benutzen Sie symbolische Gesten.

• Hören Sie aufmerksam zu und geben Sie Rückmeldung über das was gesagt

wurde.

2.2.2 Säule 2: Konzentriere Dich nicht auf Positionen, sondern auf die dahinter liegenden Interessen und Bedürfnisse.

Die zweite Säule ist die Änderung des Fokus auf die "Interessen" im Gegensatz zu

"Positionen" ist ein entscheidender Schlüssel zur Öffnung verschlossener Verhand-

lungsräume. Das klassische Feilschen um Positionen ist eine langwierige Angele-

genheit und führt zu einem hartnäckigen Willenskampf darum, wessen Wertesystem

das "richtige" ist. Die Parteien identifizieren sich mit ihrer jeweiligen Position so sehr,

dass es ihnen schwer fällt, sie zugunsten einer Einigungsnäherung wieder aufzuge-

ben. Sie können sich vorstellen, dass es eine Weile braucht, um eine eigene hart

verteidigte Position ohne Verlust an Glaubwürdigkeit zu ändern. Bei mehreren Ver-

handlungspartnern steigt der Grad der Uneffektivität dieser klassischen Vorgehens-

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weise exponentiell. Durch das Fokussieren auf Interessen vermeidet man das zeit-

raubende Positionengerangel und erkundet stattdessen gleich das Feld von Lö-

sungsalternativen. Bei der Harvard-Methode arbeitet man bereits in der Diskussion

gleichermaßen die Unterschiedlichkeiten wie die Gemeinsamkeiten heraus. Dieser

Weg erfordert auf beiden Seiten den Verzicht auf vorher festgelegte Verhandlungsli-

nien und ein aktives Bemühen um Verständnis für die "Gegenseite".

2.2.3 Säule 3: Entwickeln Sie WIN-WIN-Optionen, die für beide Part-ner Vorteile bringen.

Wir kommen zur dritten Säule, der Erarbeitung von "Wahlmöglichkeiten". In Konflik-

ten zeigen sich typischerweise vier Haupthindernisse auf dem Weg der Entwicklung

möglichst vieler alternativer Entscheidungsmöglichkeiten:

1. Vorschnelles Urteilen

2. Die Suche nach der "einzig" richtigen Lösung

3. Die Annahme, dass der "Kuchen" begrenzt sei, und

4. Die Vorstellung, dass die anderen ihre Probleme gefälligst selbst lösen sollen.

Aus dieser Erkenntnis kann man entsprechende Rezepte ableiten, mit denen beide

Konfliktparteien in ein Brainstorming gehen können.

2.2.4 Säule 4: Bauen Sie das Ergebnis auf objektiven Kriterien auf.

Die vierte Säule ist das " Bauen des Entscheidungsergebnisses auf objektiven Krite-

rien". Ein Beispiel: Es ist sicherlich möglich, beim Verhandeln um den Preis eines

Gebrauchtwagens ein Ergebnis zu erzielen, ohne Baujahr und Zustand als Messlat-

te zu nutzen, und stattdessen nach der Farbe und anderer Faktoren des persönli-

chen Geschmacks zu gehen. Es ist bei solchen Verhandlungsmethoden jedoch frag-

lich, ob das Ergebnis zu einer längerfristig guten Beziehung zwischen Autohändler

und Kunden führt, denn der persönliche Geschmack kann sich ändern und damit

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auch das Gefühl, einen angemessenen Gegenwert für den Kaufpreis erhalten zu ha-

ben. Es ist also im Sinne der Erhaltung einer guten Beziehung ratsam, objektive Kri-

terien heranzuziehen. Solche Kriterien können sein: der Marktwert, frühere Ver-

gleichsfälle, wissenschaftliche Gutachten, Kriterien von Sachverständigen, Kosten,

Gerichtsurteile, moralische Kriterien, Gleichbehandlung, Tradition, Gegenseitigkeit

etc. Grundsätzlich sollten objektive Kriterien willensunabhängig sein, gesetzlich legi-

timiert und durchführbar sein.

Wie kann man erreichen, dass sich alle Konfliktparteien an einen Tisch setzen und

somit bereit sind, konstruktiv miteinander zu diskutieren?

Durch Vorteilsargumentation und das Berücksichtigen von involvierten Ängsten! Es

ist notwendig den Konfliktparteien den Nutzen einer sachbezogenen Verhandlung

bewusst zu machen. In der Regel entstehen durch einen ungelösten Konflikt Late-

ralschäden, die in Kosten, Zeit oder in Energieverlusten konkret messbar sind. In

jedem Falle leidet die Beziehung der Beteiligten. Hier ist es wichtig, die langfristigen

und kurzfristigen Vorteile herauszustellen, die eine Beziehungsverbesserung mit

sich bringen würden. Vier einzelne Schritte folgen im weiteren Verlauf des Prozes-

ses? Welche Zielsetzungen stehen hierbei im Vordergrund?

1. Als erstes stellen die beiden Konfliktparteien ihre Sicht der Dinge dar. Dabei gilt

der Grundsatz: zuhören ohne zu unterbrechen, es sei denn es sind Verständnisfra-

gen.

2. Danach beginnt die gemeinsame Definition des Problems. Hierbei wird gemein-

sam nach objektiven Kriterien gesucht, die anschließend für die Entwicklung von

Lösungsansätzen förderlich sind.

3. Ist Einigkeit über die Definition erzielt, bilden beide Konfliktparteien - jede für sich

- eine Arbeitsgruppe, bei komplexeren Themen mehrere Arbeitsgruppen mit entspre-

chenden Fachleuten.

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Hier werden dann mit kreativen Methoden, z.B. dem "Brainstorming" alternative Lö-

sungen entwickelt. a. Ziel ist eine größtmögliche Vielfalt an Entscheidungsalternati-

ven, die mit den folgenden Empfehlungen erreicht werden soll:

• Es gilt dabei den Prozess des Findens von Optionen vom Prozess der Beur-

teilung trennen

• eher eine große Zahl an Optionen zu entwickeln, als nach der "einzig richti-

gen" Lösung zu suchen

• nach Vorteilen für alle Seiten Ausschau halten

• Vorschläge entwickeln, die den anderen die Entscheidung erleichtern Es

kann auch ein Brainstorming mit beiden Parteien durchgeführt werden, wenn

die emotionale Situation es zulässt und vorteilhaft erscheint

4. Im nächsten Schritt werden die Ergebnisse der Arbeitsgruppen präsentiert und

von den Konfliktparteien bewertet. Die Ansätze mit der größten gemeinsamen Ak-

zeptanz werden dann in die nächste Runde genommen und weiter entwickelt.

Wie lange dauert ein solcher Prozess in der Regel und welche Probleme können

hierbei auftreten? Die Dauer eines solchen Prozesses hängt von mehreren Faktoren

ab. Zunächst spielt der Eskalationsgrad bei Start der Konfliktverhandlungen eine

Rolle. Es muss unter Umständen erst Dampf abgelassen werden und durch freundli-

che Gesten eine förderliche Atmosphäre geschaffen werden. Die Anzahl der Kon-

fliktparteien und die Zahl der vertretenden Personen bestimmen den Zeitbedarf der

Darstellung eigener Sichtweisen. Die Komplexität des Konflikts bestimmt die Anzahl

der Arbeitsgruppen und die Anzahl der Durchläufe zur Eingrenzung der besten Lö-

sungsansätze. Die Entscheidungskompetenzen der Repräsentanten bestimmen

Dauer und Häufigkeit der Abstimmungen innerhalb der Konfliktparteien. Ein solcher

Prozess kann in zwei Stunden, oder auch erst nach mehreren Tagen zu einem halt-

baren Ergebnis führen. Ist es ratsam, im Rahmen der Konzeptanwendung einen Mo-

derator einzusetzen? Gibt es weitere Regeln, wie z.B. eine optimale Gruppengröße,

auf die man achten sollte? Besonders bei Konflikten, die bereits eine hohe Eskalati-

onsstufe erreicht haben, kann es hilfreich sein einen von beiden Seiten akzeptierten

Moderator einzusetzen. In Teams kann die Rolle der Leiter übernehmen, zwischen

Abteilungen kann es z.B. auch der Hauptabteilungsleiter sein. Es sollten in jedem

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Falle geschulte Personen sein, die über eine hohe soziale Kompetenz und Erfah-

rung mit Moderationsmethoden verfügen. Bei der Zusammensetzung ganzer Ver-

handlungsteams ist ausreichende Fach- und Entscheidungskompetenz innerhalb

der Konfliktparteien besonders wichtig. Es sollten sowohl visionäre als auch boden-

ständige Personen im Team sein. Eine gute Mischung aus Erfahrung und Unbefan-

genheit schafft die besten Voraussetzungen für eine fruchtbare Verhandlung.

Wer sollte bei einem Konflikt innerhalb eines Teams moderieren und über welche

Kompetenzen sollte diese Person verfügen? Da bietet sich zunächst der Teamleiter

selbst an. Wenn er aber selbst intensiv mit diskutieren möchte, oder in den Konflikt

emotional involviert ist, dann sollte man im Unternehmen auf jemanden zurückgrei-

fen, der moderieren kann. Es empfiehlt sich generell im Unternehmen eine ange-

messene Zahl von Personen dafür zu qualifizieren und dann entsprechend bei Be-

darf für Projektteams einzusetzen. Diese Personen sollten zum einen eine Qualifizie-

rung im Bereich Moderationsmethoden und Konfliktlösungsmethoden haben und

zum anderen in professioneller Kommunikation geschult sein.

2.2.5 Fazit

Wer konziliant gegenüber anderen Menschen auftritt - aber gleichwohl hart in der

Sache bleibt - hat gute Chancen, taugliche Lösungen zu finden. Dies ist leichter ge-

sagt als getan: Menschen können bei Verhandlungen rasch aufgebracht, unbe-

herrscht und wütend werden. Dann werden gerne die Prinzipien des Harvard -

Konzeptes vergessen. Das "Reptilienhirn" bestimmt bei Überraschungen und Stress-

situationen unser Verhalten. Es zeigt sich, dass auch die Umsetzung des Harvard-

Prinzips ohne Training kaum möglich ist. Das Besondere am Harvard - Prinzip liegt

darin, dass es den Kompromiss als herkömmliches Verhandlungsmodell überwindet

und Lösungen sucht, die für beide Seiten zum Gewinn führen. Im Idealfall können

beide Seiten ihre unterschiedlichen Bedürfnisse befriedigen.

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3 Ideen entwickeln, Entscheidungen fällen und Probleme lösen mit der 6-Hut-Technik

Edward de Bono, angelsächsischer Wirtschaftsberater und Philosoph hat erkannt,

das wir uns beim Lösen von Problemen oft im Kreis drehen. Warum? Weil wir die

Dinge oft nur von einer Seite betrachten.

Das 6-Hut-Denken ist ein Instrument, das es uns ermöglicht, systematisch unter-

schiedliche Positionen zu einer Frage einzunehmen und so verschiedene Denkan-

sätze durchzuspielen. Auf diese Weise erhalten wir sehr viel mehr Problemlösungen

oder Ideen, als wenn wir nur auf einem Standpunkt beharren. Die Methode kann von

einer Person allein oder innerhalb von Gruppen eingesetzt werden. Sie ist schnell zu

erlernen und ohne materiellen oder organisatorischen Aufwand durchzuführen.

Verschiedene Sichtweisen führen zu unterschiedlichen Lösungsansätzen

Probleme und Fragestellungen können sehr komplex sein. Um diese Komplexität zu

erfassen, müssen wir das Problem von möglichst vielen Seiten beleuchten. Oft fällt

es uns aber schwer, eine Sichtweise oder eine einmal eingenommene Position los-

zulassen. Dann halten wir zu sehr an dem Vertrauten fest und stehen uns damit

selbst im Weg. Die Fähigkeit zu einem schnellen, flexiblen Umdenken und das Ver-

mögen verschiedene Standpunkte sehen zu können, sind in Diskussionen, Prob-

lemlösungs- oder auch Entscheidungsprozessen sehr hilfreich. Eine solche Denk-

weise wird der Komplexität von Prozessen oder Problemen gerecht und eröffnet uns

vollkommen neue Lösungswege und damit Möglichkeiten.

Das Grundprinzip des 6-Hut-Denkens

Die Methode beruht auf folgendem Modell: Jedem von uns stehen verschiedene

"Hüte" zur Verfügung, die symbolhaft für eine bestimmte Denkrichtung stehen (z.B.

kritisch, kreativ, neutral, usw). Diese Hüte können wir nach Belieben und Bedarf auf-

setzen und somit unsere jeweilige Denk- und Sichtweise verändern.

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Jeder Hut hat eine andere Farbe. Die Farben symbolisieren die jeweilige Einstellung,

die man mit dem entsprechenden Hut bekommt. Insgesamt stehen sechs verschie-

dene Hüte zur Verfügung. Damit ist die Zahl der verschiedenen Möglichkeiten über-

sichtlich und trotzdem vielseitig genug. Wenn Sie sich nun einem Problem oder einer

Fragestellung gegenübersehen, können Sie systematisch alle sechs Hüte aufsetzen

und Ihre Erkenntnisse zu der jeweiligen Denkrichtung aufschreiben. Dann erhalten

Sie ein sehr umfassendes Bild von dem Problem.

DDDeeerrr wwweeeiiißßßeee HHHuuuttt::: OOObbbjjjeeekkktttiiivvviiitttääättt uuunnnddd NNNeeeuuutttrrraaallliiitttääättt

Der weiße Hut steht dafür, Informationen zu sammeln, ohne sie zu werten. Wer den

weißen Hut aufsetzt, ist einem Computer ähnlich: nun zählen nur die nackten Fakten

und Zahlen. Versuchen Sie, mit dem weißen Hut auf dem Kopf, sich konsequent frei-

zumachen von allen Emotionen oder Urteilen – keine Angst, Sie müssen Ihre Gefüh-

le ja nicht für immer wegschieben, denn mit einem anderen Hut können Sie alle Ihre

Gefühle rauslassen! Der Träger des weißen Huts verschafft sich einen objektiven

Überblick über alle verfügbaren Daten und Informationen – vollkommen unabhängig

von der persönlichen Meinung. Dieser Hut wird häufig zu Beginn einer Diskussion

oder eines Prozesses aufgesetzt, um einen ersten Überblick zu erhalten.

Der rote Hut: das ganz subjektive Empfinden, die persönliche Meinung

Ganz im Gegensatz zum weißen Hut steht der rote Hut nun für Emotionen. Lassen

Sie alle Gefühle zu, die in Ihnen sind. Gemeint sind sowohl positive als auch negati-

ve Gefühle, wie z.B. Ängste, Freude, Zweifel, Hoffnungen, Frustration oder was auch

immer. Zusätzlich geht es hier aber auch um "allgemeinere" Ansätze, wie z.B. Intuiti-

on. Lassen Sie mit dem roten Hut immer Ihren Bauch sprechen, nicht den Kopf. Als

Träger des roten Hutes können Sie alles äußern, was Sie in sich fühlen, unabhängig

davon, wie klar Sie es artikulieren können oder ob die anderen in der Gruppe etwas

damit anfangen können. Alles Diffuse, alles Gefühlsmäßige kann mit dem roten Hut

ausgesprochen werden, ohne dass Sie sich rechtfertigen müssen.

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Der schwarze Hut: objektiv negative Aspekte

Beim schwarzen Hut geht es darum, die objektiv negativen Aspekte des Problems

oder der Fragestellung zu finden. Dazu gehören Bedenken, Zweifel, Risiken, u.ä. –

also alle sachlichen Argumente, die gegen ein Projekt bzw. eine Entscheidung spre-

chen oder die eine Fragestellung verneinen. Wer den schwarzen Hut aufsetzt, strebt

an, objektiv (!) alle negativen Aspekte eines Themas herauszufinden, z.B.: "Gegen

dieses Projekt spricht...", "Die objektiv erkennbaren Gefahren unseres Vorhabens

sind..." usw. Bringen Sie hier aber bitte wirklich nur objektive Bedenken an und nicht

Ihre persönlichen negativen Gefühle – diese werden mit dem roten Hut geäußert.

DDDeeerrr gggeeelllbbbeee HHHuuuttt::: ooobbbjjjeeekkktttiiivvv pppooosssiiitttiiivvveee AAAssspppeeekkkttteee

Der gelbe Hut steht für das Gegenteil des schwarzen Huts: Hier geht es darum, das

objektiv Positive zu entdecken. Wer den gelben Hut aufsetzt, hat die Aufgabe, Chan-

cen oder Pluspunkte zu finden, aber auch realistische Hoffnungen und erstrebens-

werte Ziele zu formulieren. Auch hier geht es wieder darum, die positiven Aspekte

aus einer möglichst objektiven Sicht zu erkennen und nicht aus einer Gefühlsstim-

mung heraus (so gehört z.B. Euphorie zum roten Hut). Hier geht es auch noch nicht

darum, Ideen zu entwickeln (grüner Hut), sondern um das Erkennen aller Aspekte,

die für ein Projekt, eine Entscheidung oder eine Idee sprechen.

Der grüne Hut: hin zu neuen Ideen

Dieser Hut steht für die Kreativität, für Wachstum und für neue Ideen. Wer diesen

Hut trägt, begibt sich auf die Suche nach Alternativen. Der grüne Hut befähigt, über

das hinauszudenken, was bereits getan wird oder angedacht ist. Mit dem grünen Hut

können Sie Kreativitätstechniken einsetzen oder auch das Mittel der Provokation

nutzen, um andere zum Widerspruch zu reizen. Träger des grünen Huts dürfen alles

formulieren, was zu neuen Ideen und Ansätzen führt, unabhängig davon, wie ver-

rückt oder unrealistisch die Ideen sind. Mit dem grünen Hut auf dem Kopf sind kriti-

sche Bemerkungen untersagt (dafür steht der schwarze Hut).

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Der blaue Hut: vom Himmel der Überblick

Der blaue Hut steht für Kontrolle und für die Organisation des gesamten Denkpro-

zesses. Wer den blauen Hut trägt, begibt sich auf die so genannte Meta-Ebene,

blickt also von einem übergeordneten Punkt auf den gesamten Prozess und erlangt

so einen Überblick. Die Aufgaben des Trägers des blauen Hut bestehen z.B. daraus,

die Ergebnisse zusammenzufassen oder Entscheidungen darüber treffen, welche

Hüte im weiteren Prozess überhaupt oder noch einmal aufgesetzt werden müssen.

Oft wird dieser Hut am Ende einer Sitzung aufgesetzt. Es bietet sich aber auch an,

dass eine Person den blauen Hut über den ganzen Prozess hinweg aufbehält und

somit Moderator in der Besprechung, Diskussion oder Problemlösung ist.

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4 Zuhören, Fragen, Antworten

Verschiedene "Türöffner" können Bewegung in verfahrene Gesprächssituationen

bringen. Es gibt sowohl nonverbale Türöffner oder Gesprächsförderer (Gordon) (Ni-

cken, Blickkontakt, Schweigen, Zuwendung) also auch verbale Türöffner, Äußerun-

gen, die dem Gegenüber zu verstehen geben:

• Ich bin interessiert an dem, was Du sagst

• Erzähl noch mehr

• Ich möchte Dich gern verstehen

• Habe ich Dich so richtig verstanden?

• "Es interessiert mich, zu erfahren...."

• "Das ist ein guter Vorschlag..."

• "Interessant! Könnten Sie das noch genauer ausführen?"

Für das Harvard- Konzept ist auch folgende Formel effektiv: Verständnis haben für

die Interessen der Gegenseite - auch wenn wir nicht mit allem einverstanden sind -

Verstehen heißt nicht notwendigerweise einverstanden sein.

4.1 Aktives Zuhören

Neben den vier Prinzipien hat beim Harvard- Konzept vor allem das aktive Zuhören

einen besonderen Stellenwert. Wer bei Verhandlungen Erfolg haben will, muss auf

die Qualität des Zuhörens großen Wert legen.

Verbale und Nonverbale Reaktionen, wie Kopfnicken, Blickkontakt etc. sind Techni-

ken, die aktives Zuhören erleichtern. Aktives Zuhören ist lernbar. Es heißt nicht,

dass Aussagen einfach wiederholt werden müssten. Das "Spiegeln" von Aussagen

("Habe ich richtig verstanden, dass.....?") hilft aber zu zeigen, dass die Aussage re-

gistriert wurde. Wer sieht, dass das Gehörte zusammengefasst werden kann, fühlt

sich verstanden. Es wird bei Gesprächen letztlich zum Zeitgewinn. Techniken des

aktiven Zuörens sind...

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1. Paraphrasieren Die Aussage wird mit eigenen Worten wiederholt.

2.Verbalisieren

Die Gefühle, die Emotionen des Gegenübers werden gespiegelt z.B. "Sie hat das

maßlos geärgert."

3. Nachfragen

"Nachdem Sie dies gesagt hatten, reagierte Hans Meier nicht?"

4. Zusammenfassen So wie in einem Zeitungsartikel unter dem Titel der Inhalt in geraffter Form gedruckt

wird, kann bei Gesprächen das Gehörte mit wenigen Worten zusammengefasst

werden.

5. Klären Unklares klären: "Sie haben gesagt, sie hätten sofort reagiert. War das noch am

gleichen Tag?"

6. Weiterführen "Dann hat der Vorgesetzte das Gespräch gesucht. Wie hat er sich dann verhalten?"

7. Abwägen "War die Belästigung schlimmer als "das Nicht-Ernstgenommen-Sein"?

Fazit: Zuhören heißt im wörtlichen Sinn: Ich nehme die Teile die mitgeteilt worden

sind an. Das Anteilnehmen hat mit aber vor allem mit echtem Interesse zu tun. Zu-

hören lässt sich optimieren. Wer jedoch sich und seine Aussage wichtiger nimmt als

die Aussagen der Mitmenschen wird trotz Kenntnis von Zuhörtechniken noch kein

guter Zuhörer.

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4.2 Fragetechniken

Die Kompetenz Fragetechnik gibt Einblick in die vielfältigen Funktionen von ver-

schiedenen Fragen. Fragen setzen einen Gesprächsverlauf in Gang, geben neue

Impulse im Gespräch, erweitern oder begrenzen ein Thema, geben dem Gespräch

eine bestimmte Richtung, klären, verdeutlichen oder verwirren, können aktivieren,

motivieren, provozieren und auch verletzen, drücken Interesse aus und beeinflussen

das Gesprächsklima. Durch gezielte Fragen erhalten wir die wichtigen Informationen.

Fragen geben Einblick in Kenntnisse, Standpunkte, Meinungen und Motive der Ge-

sprächsteilnehmerinnen und -teilnehmer. Die Kompetenz Fragetechnik hilft, durch

einen geeigneten Einsatz von Fragen Gesprächsziele zu erreichen. Fragen lassen

sich vielen bestimmten Formen und Typen zuordnen, grundsätzlich in

• offene Fragen: "Warum wollen sie mehr Gehalt?"

• geschlossene Fragen: "Waren sie wirklich krank?"

Interessant in Verhandlungen sind Fragen, die der Informationsgewinnung dienen –

dies sind in erster Linie alle W-Fragen, die der Vertiefung des Gehörten (Wie meinten

Sie das?) bzw. dem Präzisieren (Was gehört hier alles dazu?) dienen. Klassisches

Beispiel ist auch das zitierte mit der Orange: die Mutter fragt nach dem Warum!

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4.3 Mit Antworten führen - dank antizipieren

Wer sich mit den Phänomenen der Fragetechnik auseinandersetzt, lernt bald, selbst

in der eigenen Antwort Fragen zu stellen. Die viel zitierte Anweisung: "Stellt keine

Gegenfragen!" gilt nicht. Lediglich auf plumpe Gegenfragen dürfen wir verzichten. Es

gibt sogar zwingende Gegenfragen, wie Kontroll-, Klärung- oder Verständigungsfra-

gen. Der deutsche Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl ging oft noch weiter und lehnte

gewisse Fragen bewusst ab. Er stellte sich dann selbst die Frage, die hätte gestellt

werden sollen und beantwortete hierauf nur die von ihm gestellte Frage. Diese arro-

gante Taktik hat aber wenig mit Dialogik zu tun. In vielen Bereichen ist es sehr gut

möglich, die fragende Person in ihrer Fragestellung zu beeinflussen oder mit der

Antwort die Anschlussfragen zu provozieren.

Antworten pflastern den Weg

Journalistinnen und Personalchefs wissen genau, welcher Teil der Antwort hinterfragt

werden muss. Wer beim Antworten führen will, lernt zudem, Aussagen zu machen,

die Raum anbieten für neue Fragen und für gute Antworten. Die Wenigsten sind sich

bewusst, dass sie beim Antworten den Weg des Gespräches selbst pflastern, den

der Interviewer betritt. Diese Kunst, sich den Weg des Gespräches mit der Antwort

gezielt zu ebnen, bedarf jedoch eines längeren Trainings. Dies wird an dieser Stelle

nicht näher beschrieben. Dafür beleuchten wir jene einfache Regel, die es allen er-

möglicht, auch als Befragte zu führen: Wir müssen Fragen und Antworten antizipie-

ren!

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Vorwürfe und Fragen sammeln

Denn: Wer nicht alle möglichen Fragen einkalkuliert, riskiert zu viele Überraschungen

und wird damit rascher destabilisiert. Antizipieren heißt konkret: Vorgängig denkbare

Vorwürfe oder Fragen sammeln, überdenken, aufschreiben und die möglichen Ant-

wortvarianten detailliert vorbereiten. Es lohnt sich vor allem das spielerische Briefing

mit einer Sparringpartnerin. Hierzu ein Beispiel aus dem Coaching einer Spitzen-

sportlerin vor einer Olympiade. Im Mediensimulator (Interviewtraining) stellt ein Jour-

nalist der Sportlerin plötzlich die unvorbereitete Frage: "Haben Sie als Frau nicht

Probleme, wenn sie nach dem Langlaufen schießen müssen? Das Training zum Tö-

ten passt überhaupt nicht zu Ihnen." "Wir töten gar nicht. Es sind ja nur Scheiben!"

lautet die Antwort. "Aber es wird doch scharf geschossen - mit echten Kugeln", hakt

der Journalist nach. Hierauf folgt die dürftige Antwort: "Ja schon - äh - .. -. -. ." Die

Sportlerin war überrumpelt. Dank dieser konkreten Auseinandersetzung mit überra-

schenden Fragen im Medien-Training gelang es jedoch der Athletin, bei dieser Fra-

ge, die dann tatsächlich an der Olympiade in ähnlicher Form gestellt worden war,

überlegt zu antworten: "Haben Sie auch schon einen ZEN - Mönch gesehen, der mit

Pfeilbogenschiessen die Konzentration trainiert? Auch bei unserer Disziplin will man

sehen, ob eine Sportlerin nach dem anspruchsvollen Langlaufen noch fähig ist, ruhig

zu zielen und mit voller Konzentration die Scheibe zu treffen.“

Gezielt antizipieren

Diese Antwort war nur so gut, weil sie vorüberlegt worden war. Auch bei Verhand-

lungen ist es immer möglich - dank gezieltem Antizipieren - überlegt zu antworten

und damit das Gespräch zu steuern. Die Redewendung: "Nur wer überlegt, der ist

letztlich überlegen" ist keine billige Erkenntnis. Nur wer vor dem Ernstfall alle denkba-

ren Fragen antizipiert, kann auch beim Antworten führen.

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5 Körpersprache richtig deuten

Was denkt jemand, wenn er "Ja" sagt und dabei den Kopf schüttelt? Wie erkennt

man, daß jemand lügt? Wie erkennt man, ob ein Verkäufer wirklich nicht mehr nach-

geben will? Wie erkennt man Blockade-Reaktionen des Gesprächspartners rechtzei-

tig? Wie deutet man Kontaktsignale? Was ist Distanzverhalten? Revierverhalten?

Es kommt nicht nur darauf an, was jemand sagt, sondern wie er es sagt. Unbewuss-

te Signale des Körpers geben mehr Wahrheit preis als Worte. Körpersignale sind

ehrlicher. Oft trauen wir unbewusst diesen Signalen mehr als den Worten. Umso

wichtiger ist es, Körpersprache richtig zu deuten.

Wer sich mit Körpersprache beschäftigt, wird viel Interessantes und Überraschendes

beobachten. Die Kenntnis dieses Fachgebiets zählt zu den Schlüsselfähigkeiten bei

Verhandlungen aller Art.

5.1 Was ist Körpersprache?

Verhalten, Arm- und Beinhaltung, Ausdruck der Augen, Mundwinkel oder Hände ver-

rät unsere Gedanken, Seelenleben, Ängste und Begierden. Auch Eigenschaften wie

Körperfülle, Kleidung, Stimme, Frisur und sogar manche Details des Gesichts sind

Informationsquellen, aus denen man bis zu einem ungewissen Grade auf Charakter-

eigenschaften oder Stimmungen schließen kann. All das nennt man Körpersprache.

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Entscheidungen und Verhalten werden nur zu einem kleinen Teil bewusst gesteuert.

Das Unterbewusstsein treibt uns an und nicht Verstand oder Vernunft. Es sind Klei-

nigkeiten, die wir nicht benennen können und unserem Gefühl zuschreiben. Häufig

sind es Signale, die wir bereits in frühester Kindheit zu deuten lernten. Die Körper-

sprache unserer Gesprächspartner steuert uns mit.

Sie lernen Körpersprache leichter und schneller, wenn Sie zunächst die

Beobachtung einzelner Signalquellen üben, etwa der Augenpartie, der Körperhal-

tung oder der Sprache der Hände. Für die praktische Anwendung ist aber der Ge-

samteindruck und die Situation unverzichtbar.

Körpersprache ist vielfältig

Arbeits- und Erfolgsmethoden drehen

sich meist um wenige wichtige Grund-

regeln. Die Nutzung der Körpersprache

verlangt dagegen die Kenntnis vieler

Details. Wer sich der Körpersprache

widmet, wird eine Menge über Persön-

lichkeit und Kommunikation lernen,

über Verhalten, Aggressivität, Instinkt-

verhalten oder Affektivität.

Besonders interessant ist die Analyse einzelner Reaktionen und Verhaltensweisen.

Dabei wird man sich einzelnen Körperteilen zuwenden, den Augen, dem Kopf, Mund,

Nase, Augenbrauen, Schulterpartie und Oberkörper. Die Haltung von Beinen und

Füßen beim Sitzen, die Haltung der Hand und der Finger, die so genannten Hand-

Gesicht-Gesten und die Hand-Hand-Gesten. Viele Details lassen eine Deutung zu.

Die deutbaren Details von Gestik und Mimik sind enorm vielfältig. Hinzu kommt die

Deutung von Reaktionen und Verhaltensweisen in Bezug auf soziale Situationen

beim Telefonieren, bei einem Vortrag, ja selbst im Schlaf.

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5.2 Ist Körpersprache eindeutig?

Wir wissen nicht, woran der beobachtete Mensch wirklich denkt. Deshalb ist eine

sichere Deutung seiner unbewussten Signale selten möglich. Wir kennen zu wenige

Details. Menschen verhalten sich verschieden. Es gibt kulturelle Unterschiede, Un-

terschiede zwischen Mann und Frau, Erwachsenen und Kindern, Unterschiede, die

sich aus Status und Rolle einer Person erklären.

Beispiel: Amerikanische Männer sitzen oft mit übereinander gelegten Beinen, wobei

der Knöchel des einen Beins quer über dem Knie des anderen liegt. Die Sitzhaltung

europäischer Männer mit geschlossenen Oberschenkeln empfinden Amerikaner als

unmännlich.

Worauf richtet sich das Interesse eines Menschen? Das ist in einem Gespräch oft

erkennbar an der Ausrichtung des Oberkörpers. Oft wendet man den Kopf ab, aber

die Verbindungslinie der Schultern bleibt im Rechten Winkel zu der Person, der das

Interesse gilt...

Auch die Sprache und ihr Ausdruck unterliegen natürlichen Einschränkungen. Ein

russisches Njet kann schon sprachlich nicht so bösartig klingen wie das No! von

Margaret Thatcher. Es gibt religiös geprägte Verhaltensweisen und große Unter-

schiede je nach sozialem Milieu. Nur ein scharfer Blick auf die Gesamtsituation wird

Fehldeutungen verhindern. Verlassen Sie sich nicht völlig auf Patentrezepte.

5.3 Nachgeahmte Körpersprache

Gelegentlich beobachtet man, dass Menschen die Körpersprache (und die Sprache)

anderer unwillkürlich nachahmen. Da gibt es Diener, die ihrem Herrn im Laufe des

Lebens immer ähnlicher werden, Hinterbänkler des Parlaments, die Wortschöpfun-

gen und Formulierungen ihrer Vorbilder unreflektiert nachplappern. Da gibt es natür-

lich Kinder, deren Verhaltensweisen den Eltern abgeschaut sind, oder den abgebil-

deten Karl Marx mit der typischen Handhaltung von Napoleon-Darstellungen.

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Manchmal kann man an Menschen noch Verhaltensweisen beobachten, welche die-

se Jahrzehnte zuvor irgendeinem Vorbild abgeschaut hatten und nie wieder ableg-

ten. Es gilt also immer wieder, auch auf solche Zusammenhänge aufzupassen, wenn

man versucht, Körpersprache zu deuten.

5.4 Körpersprache anwenden

Offen und ehrlich zu wirken, ist nicht nur ein Vorteil, wenn man Gebrauchtwagen ver-

kaufen will. Wer nicht lächeln kann, sollte kein Geschäft eröffnen, heißt es doch...

Die wichtigsten Anwendungsgebiete sind:

• Signale im Gespräch richtig deuten

• Menschenkenntnis verbessern

• Selbsterkenntnis verbessern

• Persönlichkeitsentwicklung durch Rückkopplung von Körpersprache

• Falsche Signale beim Verhandeln vermeiden

6 Verhandlungsstil und Taktik

1. Basar-Methode

Wie der Name schon sagt, bietet der eine Verhandlungspartner sehr viel, der andere

viel weniger (2 Pole) – man trifft sich in der Mitte. Diese sehr gebräuchliche Methode

schließt allerdings viele bessere Verhandlungsergebnisse wie beim Harvard Konzept

diskutiert aus (siehe Orangenbeispiel). Schwierig wird es auch, wenn ein Partner mit

besonders überhöhtem Angebot in die Verhandlung geht.

Achtung: manche Menschen brauchen das Handeln, weil sie sonst glauben, keinen

guten Deal gemacht zu haben. Diesen sollte man die Möglichkeit dazu geben.

2. Ja-Fragestraße 3 Fragen stellen, bei denen Verhandlungspartner mit „Ja“ antworten kann/ wird – erst

dann schwierigere Fragen stellen. Durch die „Ja- Antwortreihe“ ist der Verhand-

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lungspartner auf „Ja“ kalibriert und die Wahrscheinlichkeit eines weiteren „Ja`s“ ist

gestiegen.

3. Köder schmeckt dem Fisch-Methode In die Mokassins des Vis a Vis schlüpfen: was ist für den anderen wirklich wichtig –

welche Werte & Einstellungen prägen ihn, worauf könnte er folglich anspringen, wie

& wo ist er motivierbar? Bsp: Der Sohn möchte vom Vater Geld für ein Auto – der

Vater ist schwer motivierbar – der Sohn weiß, dass der Wert „Sicherheit“ beim Vater

eine zentrale Rolle spielt und bringt daher die Sicherheitvorteile eines Volvo gekonnt

ins Treffen .....

4. Höhere Autoritäts-Methode Man argumentiert und beruft sich dabei auf „höhere Autoritäten“ (Bsp: „... ich kann

Ihnen nicht mehr Gage zahlen, denn der Chef hat verboten mehr als 1.300,- Euro zu

zahlen ....“. Damit hat das Vis a Vis kaum eine Chance dagegen zu argumentieren,

da sich der andere ja auf eine höhere (zudem meist nicht anwesende) Ebene beru-

fen hat.

4. Die Kokoschips-Methode Man fordert etwas, das völlig unmöglich bzw. unrealistisch ist (z.B.: Kokuschips, die`s

bekanntermaßen ja gar nicht gibt). Das Vis a Vis ist daraufhin peinlich berührt, dass

es das Begehr (Bsp.: Kokuschips) nicht erfüllen kann und wird sodann etwas ande-

res Tolles anbieten („... Kokuschips hab`ich nicht, dafür kann ich.... bieten...“).

Es geht bei dieser Methode darum, das Unmögliche zu fordern, dadurch wird man

eventuell eher Zugeständnisse bei anderen Dingen erlangen.

5. Billige Gegenwert-Methode Man bietet dem Verhandlungspartner etwas, was für einen selbst keinen allzu hohen

Wert oder Aufwand bedeutet, zugleich aber für das Vis a Vis einen beträchtlichen

Wert darstelllt. Bsp.: Kunde will nicht den Tagsatz von 2000 Euro zahlen und bietet

„nur“ 1.700 Euro an – darauf schlagt Berater vor bei 2.000 Euro zu bleiben, bietet

aber nachfolgend an das Training (am gleichen Tag der Beratungsleistung) dem

Kunden „gratis“ ein Coaching an. Für den Berater ist der Aufwand eher gering, da er

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ja ohnehin schon vor Ort ist, für den Kunden ist der Nutzen ebenfalls beträchtlich, da

er ein Coaching wirklich gut brauchen kann.

6. Hochstimmungs-Methode Bsp.: Anthony Robbins: machte mit Teilnehmern einen Feuerlauf und nutzte ge-

schickt die dadurch entstandene Hochstimmung – als die Teilnehmer zurück in den

Seminarraum kamen, lag auf ihren Stühlen ein Anmeldeblatt für das Folgeseminar

mit der Ankündigung eines Preisnachlasses von - 10%, dieser Preisnachlass galt

naturgemäß nur heute am selbigen Tag!

7. Künstliche Verknappungs-Methode nur noch 10 Stück auf Lager – Kalender/ Termin

Alles was knapp ist, hat für den Anderen einen größeren Wert, das ist zumindest die

Hypothese dieser Methode. Bsp: Der Kunde fragt den Dienstleister, ob dieser in der

nächsten Woche zu einem Vorbesprechungstermin kommen kann, darauf der

Dienstleister: Nächste Woche? Ich kann Ihnen frühestens in 4 Wochen einen Termin

anbieten.

Darauf entsteht beim Kunden der Eindruck, dass es sich beim Dienstleister um einen

erfolgreichen, geschäftigen Mann handelt und dass folglich seine Entscheidung,

ebenfalls mit diesem Dienstleister zusammenzuarbeiten, eine sehr kluge ist. Die

Werbepsychologie spricht in diesem Zusammenhang vom Abbau der kognitiven Dis-

sonanz.

8. Nager-Methode Bei jeder Gelegenheit ein Anliegen/ einen Wunsch vorbringen (analog zu Kindern)

bis es dem Vis a Vis langsam zu blöd wird und er schließlich nachgibt. Diese nervige

Taktik wird manchmal gerade in hochkarätigen Business- Verhandlungen ganz ge-

zielt eingesetzt.

9. Saure Zitronen-Methode Wann immer ein Vorschlag des Verhandlungspartners kommt, verzieht man gleich

das Gesicht, um zu demonstrieren, wie absurd und abwegig man den Vorschlag hält,

der Gesichtsausdruck erzeugt beim Verhandlungspartner ein schlechtes Gewissen

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und er (sofern kein Verhandlungsprofi) könnte meinen, dass er es mit seinem Ange-

bot wirklich überzogen hat ......

10. Erstablehnungs-Methode Beim ersten Vorschlag gleich „Nein“ sagen – dies führt zu einer passiven, eigenen

Rolle und der Andere muss daraufhin zum Argumentieren anfangen – man selbst hat

Zeit zu überlegen bzw. seine nächsten Verhandlungsschritte sorgfältig zu planen.

11. Heimvorteils-Methode

Die Leute, wenn`s geht, ins eigen Haus, ins eigene gewohnte Umfeld,.... holen –

man selbst genießt Heimvorteil, kann jederzeit benötigte Information holen,....

12. „Wie isst man einen Elefanten“ - Methode?

Einen Elefanten (sofern schmackhaft) isst man scheibchenweise (Salamitaktik) – auf

die Verhandlungstaktik umgelegt, bedeutet dies, dass man mit kleinen Schritten an-

fängt (siehe dazu auch Ja-Fragestrasse) und nicht gleich auf das eine ganz große

Ziel losstürmt. Der Vorteil: hat man sich einmal mit seinem Verhandlungspartner auf

mehrere Scheibchen „geeinigt“, dann wird es – auch bei Schwierigkeiten- für den

anderen viel schwieriger, das bereits Erreichte einfach wieder aufzugeben .... – Also:

nicht gleich durch Elefanten irritieren bzw. irritieren lassen, sondern in mundgerechte

Stücke zerlegen...

13. Bumerang-Methode Man macht aus einem Nachteil einen Vorteil. Bsp:

Firmenchef: “Nein wir können mit Ihnen nicht arbeiten, wir brauchen Leute von intern,

die das System und das Geschäft kennen .....”.

Bewerber: “...ja aber dadurch habt ihr ja nur mehr vom selben und ihr läuft Gefahr im

eigenen Saft zu schmoren, ab und zu tut ein Blick von Außen ganz gut .....

14. good guy – bad guy-Methode

Man geht zu 2. zum Verhandlungspartner – einer mimt den Bösen (“.... was? das ist

Ihr Angebot – da können wir ja gleich wieder gehen......”) – der andere mimt den

“Guten”, entschuldigt sich beim Kunden für seinen Partner und verbündet sich quasi

mit dem Kunden – dadurch entsteht Rapport auf der Beziehungsebene) – Bsp.: “....

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ich entschuldige für mich für meinen Kollegen, können wir 2 das ausdiskutieren...”.

Die Wahrscheinlichkeit einer befriedigenden Lösungsfindung steigt. Bei größeren

Wirtschaftsverhandlungen wird grundsätzlich mindestens zu viert verhandelt!

15. Schriftlichkeits-Methoden

In unserer Kultur genießt Schriftliches weit mehr Bedeutung und vor allem Glaub-

würdigkeit als Gesprochenes. Genauso verhält es sich mit Hochglanzbroschüren

(Hochglanzmethode) – erscheint man zu Verhandlungen mit Broschüren bzw.

Schriftstücken, so erlangen die eigenen Argumente eine größere Glaubwürdigkeit!

eine Variante ist das Verhandeln – etwa über Bedingungen einer Kooperation per

Brief oder Mail. Hier hat man den Vorteil, über Zeit zu verfügen und alle Phasen do-

kumentieren und prüfen zu können.

16. Blumen-Methode Streu` dem anderen Blumen bevor Du verhandelst – alle (!) Menschen sind offen für

Komplimente und freuen sich darüber. Auch wenn man kognitiv vielleicht weiß, dass

das Vis a Vis eine bestimmte Absicht mit den Komplimenten bezweckt, so kann man

sich doch der Wirkung der Komplimente meist nicht entziehen und wird dadurch eher

bereit sein, seinem Verhandlungspartner einen Schritt entgegenzugehen.

Bsp: Der Kunde will mit dem Dienstleister um den Stundensatz verhandeln und bittet

den Dienstleister zu sich. Beim Termin streut der Kunde vorweg dem DL Blumen und

versichert ihm, dass er der beste DL sei, mit dem er jemals zusammengearbeitet hät-

te,.........

Nachdem der Kunde einige „Blumen gestreut“ hat, kommt der Kunde zu seinem An-

liegen: „.... ich bitte Sie trotzdem um Verständnis, dass wir Ihnen in Zukunft nur mehr

100,- Euro die Stunde anstelle der 120,- bisher zahlen können,......

Die vorangegangenen Komplimente schaffen eine Bindung – die Wahrscheinlichkeit

ihrer Wirkung im Sinne des „Kompliment Übermittlers“ ist relativ groß.

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7 Unredliche Methoden - unfaire Dialektik

Wirksam reden zu können ist lernbar. Die nachfolgenden Beispiele über "unredliche

Methoden" sollen zeigen, wie man auch in harten Interview - oder Diskussionssituati-

onen unzimperlichen Taktiken gegenüber gewappnet sein kann. Der folgende Kata-

log über "unfaire Dialektik" dient aber auch dazu, Diskussionen in den elektronischen

Medien fundierter zu beurteilen. Ferner liefern sie heiße Tipps zum "heißen Stuhl".

Unfaire Taktiken: Wir müssen sie erkennen, sonst können wir sie nicht entlarven.

In der Praxis müssen wir mit unfairen Taktiken rechnen. Was sollen wir tun? Gilt es

nicht, mit gleicher Münze oder noch unfairer - zurückzuzahlen? Selbstverständlich

verlassen wir in derartigen Situationen den Boden der, "Angewandten Rhetorik"

nicht. Die Taktiken dürfen wir entlarven und sollen sie beim Namen nennen. Jeder,

der ehrlich und natürlich redet, muss deshalb die Taktiken und Techniken der unfai-

ren Dialektik erkennen damit er weniger manipuliert werden kann

Die denkbaren Reaktionen, als Reaktion auf unfaire Verhaltensweisen, sind selbst-

verständlich nur als Anregung, Gedankenstütze gedacht. Die treffenden fairen Ant-

worten sind situationsabhängig. Es liegt an Ihnen, entsprechende Varianten durch-

zudenken und eigene Lösungen zu suchen.

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Verunsicherungs-taktik

Betont kritische Haltung

und dauerndes Gegen-

fragen (Missbilligung wird

in der Körperhaltung zu-

sätzlich zum Ausdruck

gebracht)

Wenn es sich zeigt,

dass der ehrliche Wille

zum Dialog fehlt, lohnt

es sich nicht, das Spiel

mitzuspielen. Eventuell

zeigen, dass Sie die

Methode durchschaut

haben. "Gibt es wenigs-

tens einen Punkt, den

Sie nicht in Frage stel-

len"

Induktionstaktik

Ein zugkräftiges Einzel-

beispiel soll beweisen,

dass die Aussage Allge-

meingültig ist.

"Ein Beispiel beweist

nichts". Mit einem einzi-

gen Gegenbeispiel fällt

das ganze Argumentati-

onsgebäude zusam-

men.

Unterbrechnngs-taktik

Unterbrechungen sind

zermürbend und lästig.

Pause machen. "Darf

ich fortfahren?" An

Spielregeln und an Fair-

ness appellieren.

Hauptsache - Ne-bensache - Taktik

Nebensächlichkeiten

werden hochgespielt,

sodass der Zuhörer die

Hauptsache (die eigentli-

che Absicht) nicht er-

kennt.

Entlarven. Zum Thema

zurückkommen. "Diese

Nebensächlichkeiten

sind recht interessant.

Es geht nun aber..."

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Schweigetaktik

Sie werden lautstark ab-

gefertigt, nachher wird

eisern geschwiegen. O-

der der Partner hört uns

zu und schweigt, als ob

ihn alles Gesagte über-

haupt nicht interessiere.

"Was meinen Sie als

Spezialist über... - zu ..."

oder Erstaunen zeigen

über das sonderbare

Verhalten.

Autoritätstaktik

Was kann man schon

sagen, wenn es Einstein

gesagt hat (oder Heideg-

ger usw.) "Albert

Schweizer hat zu dieser

Frage bereits gesagt.."

"Ich habe eigentlich die

Frage an Sie gerichtet."

"Uns interessiert ihre

Antwort"

Wissenschaftstaktik

Lehrmeinungen werden

zitiert. Zitate von promi-

nenten Persönlichkeiten

werden sogar falsch wie-

dergegeben. Sie werden

gefragt, ob Sie das Zitat

nicht kennen.

Zugeben wenn das Zitat

unbekannt ist. Falls Sie

den Fehler erkennen:

"Damit habe ich ge-

rechnet, dass Sie Zitate

aus dem Zusammen-

hang reißen. Dass Sie

jedoch den Sachverhalt

falsch wiedergeben

würden, hätte ich nicht

gedacht."

Fremdworttaktik Um das Fachwissen zu

beweisen oder um zu

verwirren, werden Sie mit

Können Sie dies in gu-

tes Deutsch überset-

zen?" "Für den Zuhörer

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Fremdwörtern überschüt-

tet.

wäre es interessant zu

erfahren, was das alles

heißt" oder, Fremdwör-

ter selber in der Antwort

erklären.

Phrasentaktik

Schöne Redensarten

(höhere Werte, Vater-

land, Mutterliebe usw.)

sollen Sie umgarnen.

Motive des Denkens

anerkennen. "Ich habe

nicht behauptet, diese

Werte bedeuten uns

nichts. Im Gegenteil."

Theorie-Praxis-Taktik

Es wird behauptet: "Ihr

Vorschlag mag in der

Theorie taugen, aber in

der Praxis ist er nicht

durchführbar".

"Wo wurden damit

schlechte Resultate er-

zielt?" "Sie finden die

Theorie brauchbar. Gute

Ideen bewähren sich

vielleicht auch in der

Praxis. Wäre es nicht

einen Versuch wert, die

Theorie zu prüfen?

Kompetenz-Taktik

Die Kompetenz des

Redners wird in Frage

gestellt. z.B. fehle es

jungen Rednern an Le-

benserfahrung, oder alte

Redner dächten angeb-

lich nicht mehr zeitge-

mäß.

Klar machen, dass es

jetzt nicht ums Alter

geht, sondern um Ar-

gumente. Was spricht

gegen das Argument?"

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Widerspruchs-

Taktik

Der Partner zitiert Aus-

sagen von Ihnen, die Sie

früher gemacht haben. Er

weist bei diesen Aussa-

gen Widersprüche nach.

Daraus leitet der Partner

Charakterlosigkeit, Wan-

kelmut usw. ab. Auf Ihre

konkreten Aussagen geht

er überhaupt nicht ein.

"Man darf doch dazuler-

nen." "Mich würde inte-

ressieren, was Sie ge-

gen meine Aussage

einzuwenden haben."

Falls die Aussage nicht

stimmt: Berichtigen und

auf die Argumente zu-

rückkommen die zur

Debatte stehen.

Grosszügigkeits-

taktik

Wenn Fakten und Zah-

lenmaterial als kleinliche

"Buchhaltermentalität",

als "kleinkarriert" abgetan

werden, mit dem Hin-

weis: "Die große Linie ist

gefragt."

Da helfen vielleicht fol-

gende Bemerkungen:

"Haben Sie etwas ein-

zuwenden gegen die

Zahlen?" "Es sind ge-

naue Zahlen, auf denen

großzügiges Denken

basieren kann". "Sie

wissen genau: Der Teu-

fel liegt im Detail (soig-

nez les détails)."

Genauigkeits-Taktik

Vorbehalte sind zu hören

gegen Ihre Aussage: Der

Teufel liege im Detail.

Das Argument sei zu un-

genau.

Die Einzelheiten wurden

selbstverständlich auch

geprüft. Um Sie nicht zu

langweilen, trug ich

Ihnen nur das Wichtigs-

te vor". "Auf Wunsch

legen wir das Zahlen-

material selbstverständ-

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lich gerne auf den

Tisch."

Ad-personam-Taktik (Angriffstak-

tik)

Eine bekannte Methode

der unfairen Dialektik:

Sie als Person werden

angegriffen nicht die Sa-

che. Zum Beispiel: "Die

Farbe Ihres Hemdes ent-

spricht Ihrer Gesinnung."

"Jemand, der so viel isst,

muss Probleme haben

beim Denken."

Persönliche Angriffe

müssen Sie mit aller

Entschiedenheit zu-

rückweisen. "Vielleicht

haben Sie doch noch

etwas zur Sache sa-

gen". Mechanismus der

Provokation aufzeigen.

Laientaktik

Der Partner spielt den

Ungläubigen. Er will

nichts verstehen (mit der

Absicht, dass Sie sich

dauernd wiederholen und

die Meinung nicht sagen

können). "Können Sie

das nochmals erklären?"

"Hören Sie sich noch

den zweiten Teil an".

Sie verstehen es dann

gewiss aus dem Zu-

sammenhang." "Darauf

komme ich noch zu-

rück".

Zuordnungstaktik

Ihr Gegenüber ordnet Sie

einer Gruppe zu und ver-

allgemeinert: "Alle Haus-

besitzer..." , "Alle Polizis-

ten...", "Alle Gewerk-

schaftler..." usw.

"Sind hier Verallgemei-

nerungen angebracht?"

"Wie gut kennen Sie alle

...?"

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Verschleierungs-taktik

"Nehmen Sie es nicht

übel, es ist nicht persön-

lich gemeint.." So beginnt

der Partner. Obschon es

nicht nach Beanstandung

tönt, folgt wie erwartet

eine harte, persönliche

Kritik. (Die Zuhörer wer-

den sogar noch darauf

aufmerksam gemacht,

dass jetzt eine besonders

harte Kritik kommt.)

"Vielen Dank für Ihre

Offenheit, aber..." "Fin-

den Sie diese Kritik an

dieser Stelle ange-

bracht?"

Vorwurfstaktik

Der Gesprächspartner

überhäuft Sie mit Vorwür-

fen und endlosen "Wa-

rum"-Fragen. (Vielleicht

will er bewusst verzögern

oder hinhalten.)

"Obschon diese Aussa-

gen nicht hierher gehö-

ren, gebe ich Ihnen

doch eine Antwort." (Es

folgt nur eine kurze

Antwort).

Entweder-oder-

Taktik

Es wird darauf beharrt,

dass nur die beiden ext-

remen Möglichkeiten in

Frage kommen.

"Gibt es für Sie keinen

gangbaren Mittelweg?"

"Schlagen Sie mir we-

nigstens einen Kom-

promiss vor, den Sie

auch akzeptieren könn-

ten."

"Wenn" und "Aber" Streit suchen mit unab-

lässigem "Wenn" und

"Darf ich von Ihnen

einmal konkret hören, in

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"Aber". welchen Punkten Sie

mit mir einig gehen?"

Aufschubtaktik

Der Partner will erst spä-

ter Stellung beziehen

(Zeitgewinn analog Rück-

fragetaktik).

Eine sofortige Stel-

lungsnahme verlangen,

weil der Entscheid im

Sinne der Zuhörer jetzt

besonders wichtig ist.

Verwirrungstaktik

Ihre Aussagen werden

verdreht und in einem

völlig falschen Sinn zu

einer Schlussfolgerung

verwendet, die deutlich

machen soll, dass Ihre

Aussage absurd ist. Bei-

spiel: "Unsere äußerst,

komplexe und vielschich-

tige Erkenntnis erschwert

präzise Begutachtungen,

obwohl dessen ungeach-

tet unsere Positionen in

einer Evaluationsphase

neu ermittelt werden

müssen.

Entwirren, Umdeutung

bewusst werden lassen.

Erstaunen zeigen, dass

aus... Aussage .. (die

klar und unmissver-

ständlich war) so eine

völlig verfremdete Aus-

sage gemacht wurde.

"Was bedeutet für Sie...

?"

Diversionstaktik

Der Partner wechselt

unauffällig das Thema

(nach Schopenhauser

heißt dies "Diversion").

"Gestatten Sie, dass wir

wieder aufs Thema zu-

rückkommen? (Die

Thematik darauf wie-

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Das neue Thema wird so

gewählt, dass es für die

Zuhörer besonders inte-

ressant ist.

derholen). Das neue

Thema über... wäre sehr

interessant. Doch haben

wir noch über ... weiter-

zureden."

Abblocken mit "Re-demauer"

Damit Sie nicht mehr zu

Wort kommen, folgt eine

Dauerrede. Mit der Re-

demauer sollen Sie hin-

gehalten werden, bis die

Zeit abgelaufen ist.

Deutlich unterbrechen.

Scheinstützen-technik

Zuerst wird der Partner

glaubhaft unterstützt, um

ihn zu einem späteren

Zeitpunkt unverhofft an-

zugreifen (Überra-

schungseffekt).

Zurückkommen auf die

erste Aussage und ver-

suchen, den Wandel in

der Gesinnung schritt-

weise nachzuvollziehen.

Auf gestütztes Argu-

ment zurückkommen.

Diffamierung

Man beleidigt die Vertre-

ter der Gegenmeinung.

"Es ist jedem klar, dass

Sie als Handwerker diese

Zusammenhänge nicht

erfassen können."

Beleidigung einstecken

und das Problem ruhig

auf der Sachebene wei-

terführen oder auf Be-

leidigung hinweisen:

"Obschon Sie den

Stand der Handwerker

beleidigen, höre ich bei

Ihnen (außer der Belei-

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digung) kein konkretes

Argument, das gegen

meine Ansicht spricht.

Pauschalisieren

Verallgemeinerungen

von Einzelfällen Beispiel:

"Die Politiker machen,

was sie wollen".

Nicht hinnehmen, typi-

sche Beispiele verlan-

gen. "Können Sie dies

verdeutlichen?" Sie

werden Mühe haben,

viele Beispiele zu nen-

nen. Nennen Sie uns

doch wenigstens das

typischste Beispiel, das

Sie kennen."

Schlagworte

Schlagwortargumentation

ist vielfach Ersatz für

mangelnde stichhaltige

Gründe. Beispiel: "Ler-

nen muss weh tun!".

Rückfragen. "Bei wel-

chen Lernprozessen

haben Sie unter

Schmerzen leichter ge-

lernt? Was bedeutet für

Sie "weh tun"? (Schlag-

worte können auch ein

positives rhetorisches

Werkzeug sein, statt

nichts sagender Phra-

sen hilft oft ein Satz in

prägnanter, zündender

Form.

Retourkutsche Nachweis, dass der "Ich forderte nie den

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Partner oder der "Geg-

ner" sich nicht an die ei-

genen Grundsätze hält.

"Sie sagten, man müsse

Energie sparen. Selbst

haben Sie auch ein Auto.

Verzicht aufs Autofah-

ren. Mir ging es um ...,

und ich bin der Mei-

nung, auch die Autobe-

sitzer könnten vermehrt

Energie sparen".

Erfahrung

Erfahrungsargumente

sind gut, aber es ist ge-

fährlich, wenn Erfahrung

und Tradition - ohne hin-

terfragt werde zu dürfen -

als Argumente eingesetzt

werden. Beispiel: " In

unserem Betrieb haben

wird das schon immer so

gemacht..."

"Es ist gut, dass sich

das bewährt hat. Nun

müssen wir aber dar-

über reden, ob sich die-

ses Vorgehen heute

auch noch bewährt."

Emotionen

Wenn einer echte Ergrif-

fenheit zeigt (beruhend

auf einem Erlebnis), so

ist das fair. Wenn aber

Emotionen missbraucht

werden, so ist die Situa-

tion anders.

Beispiel: "Opfer dieser

Politik sind die gebrech-

lichen, alten Menschen

und vor allem die klei-

nen Kinder, die sich

nicht wehren können."

"Darf ich Sie bitten, die

Ablehnung dieser Vor-

lage sachlich zu be-

gründen?" Bei krassem

Missbrauch ist eine

deutlichere Sprache

angebracht.

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Plausibilität

Wenig fundierte Argu-

mente können mit Hilfe

der Plausibilitätstaktik

glaubwürdiger wirken.

Beispiel: "Es muss doch

einleuchten - jedenfalls

wird es jeder mit gesun-

dem Menschenverstand

bestätigen - dass ..."

"Gibt es für Ihre Varian-

te außer dem Appell an

den gesunden Men-

schenverstand auch

noch sachliche Argu-

mente?"

Ausweichen mit

einem Gag

Vom Thema abweichen

und auf ein neues Aus-

weichen. Siehe Diversi-

onstaktik, Verwirrungs-

taktik, Aufschubtaktik.

Eine geschickte Variation

der Ausweichtaktik ist

das Abschweifen mit ei-

ner lustigen Geschichte

(anstatt Stellung zu ei-

nem Sachproblem zu

nehmen).

"Wollen oder können

Sie zum Diskussions-

thema keine Stellung

nehmen?" "Vielen Dank

für die Auflockerung.

Beinahe hätten wir ver-

gessen, dass wir über ...

unbedingt noch reden

müssen.

Isolierung

Bei einem Sachverhalt

wird nur ein Faktor her-

ausgegriffen und dieser

dann stellvertretend für

das Gesamte diskutiert.

Unredlich ist diese Ar-

gumentationstaktik in

Kombination mit der

"Sie haben sich in Ihrem

Votum nur auf einen

Aspekt beschränkt. Darf

ich annehmen, dass Sie

mit allen anderen Punk-

ten einverstanden

sind?"

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Ausweichargumentation.

Beispiel: "Aus Zeitgrün-

den möchte ich den As-

pekt Y herausgreifen".

Literatur

Das Harvard-Konzept. Sachgerecht verhandeln - erfolg-

reich verhandeln

Roger Fisher, William L.

Ury, und Bruce Patton,

Campus

Erfolgreich verhandeln Robbert B. Maddux /

Ueberreuter

Die Kunst des Krieges Sunzi / Droemer

Verhandlungstechnik Raymond Saner,

Bern1997

Crisis Negotitiators Miami 1999

How to Negotiate Effectively London 2003

Essentials of Negotiation New York City 2001

Psycho-Logisch richtig Verhandeln V. Birkenbihl / mvg Ver-

lag

Satanische Verhandlungskunst Wolf Ruede-Wissmann /

Heyne

Verhandeln, Sicher , kreativ, erfolgreich Barbara Schott / STS

Verlag

Verhandlungen Professionell führen Julia Tipler / mvg

Weltweit professionell verhandeln Sascha Zeisberg / ver-

lag moderne industrie

Effizientes Verhandeln. Arbeitsheft Führungspsychologie Knapp u. Novak / Sauer-

Verlag

Clever Verhandeln, der optimale Arbeitsvertrag Hanisch u. Schulten /

Falken Taschenbuch

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Körpersprache

Samy Molcho, Mosaik

Verlag GmbH, München,

1983

Natürlich, zuhörerorientiert, aussagenzentriert reden "An-

gewandte Rhetorik" für alle, die kommunizieren müssen

Marcus Knill, 1991,

ISBN 3-908236-19-3

Das Verhandlungs - Brevier Wolfgang Reineke, Da-

takontext-Verlag GmbH

Unschlagbar Verhandeln, Die beiderseitige Gewinnstra-

tegie

Ross R. Reck, MVG

Verlag München

Sachgerecht verhandeln, erfolgreich verhandeln Das

Harvard-Konzept

Roger Fisher und Willi-

am Ury, Campus Verlag

GmbH, Frankfurt/Main

Psycho-logisch richtig verhandeln Vera F. Birkenbihl, MVG

Verlag München

Erfolgreich verhandeln Ralph Jeske, Deutscher

Taschenbuch Verlag dtv

Verhandeln mit Strategien

Lewicki, Hiam, Olander,

Midas Management Ver-

lag

Erfolgreiche Verhandlungstaktiken Schwierige Situatio-

nen perfekt meistern

David M. Martin, Falken

Verlag, Niedernhausen

Manager - Konferenz T. Gordon, Ex Libris

Verlag

Erfolgreich informieren, das Handbuch der modernen

Informationsmethoden mit zahlreichen Checklisten

Georg Theodor

Schwarz, Ott Verlag,

Thun

Anhang - Checklisten

Viele Menschen lieben Checklisten als zeitsparendes Hilfsmittel. Folgende Auswahl

– zum Teil in einzelnen Punkten überschneidend – kann im Einzelfall helfen, sich in

kurzer Zeit auf eine bevorstehende Verhandlung vorzubereiten.

7.1 Wichtige Fragen vor der Verhandlung

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1. Was will ich erreichen, welches Ergebnis strebe ich an?

2. Was könnte schlimmstenfalls geschehen, wenn ich das angestrebte Ergebnis

nicht erreiche?

3. Gibt es mehr als einen Weg mein Ergebnis zu erzielen?

4. Warum strebe ich dieses Ergebnis an - was bedeutet es für mich?

5. Ist mein Ergebnis positiv?

6. Was will ich nicht und weshalb?

7. Wo liegen meine Grenzen - wo werde ich hart bleiben?.

8. Zu welchen Zugeständnissen bin ich bereit? Was ist wichtig für mich?

9. Wo liegen meine Stärken und Schwächen?

10. Wie kann ich meine Stärken demonstrieren ohne meine Schwächen zu zeigen?

11. Was wäre ein guter Abschluss?

12. Was wäre ein zufrieden stellender Abschluss?

13. Was wäre ein akzeptabler Abschluss?

14. Habe ich die Befugnisse mit den anderen zu verhandeln?

15. Haben sie die Befugnisse mit mir zu verhandeln?

16. Was will die Gegenseite vermutlich erreichen und weshalb?

17. Weiche Bereiche spielen für sie eine Rolle?

18. Wie könnten ihre Stärken/Schwächen und Strategien aussehen?

19. Wie wichtig ist eine Vereinbarung für die Gegenseite, was würde sie verlieren,

wenn wir uns nicht auf eine Vereinbarung einigen könnten?

20. Welchen Einfluss könnten frühere Verhandlungen auf die anstehende haben?

21. Welchen Einfluss könnten die bestehenden Gewohnheiten haben?

22. Welche rechtlichen, sachlichen oder betrieblichen Einschränkungen müssen be-

rücksichtigt werden?

7.2 Tipps für das Verhalten während der Verhandlung

1. Unnötige Spannungen vermeiden. Mögliche Ursachen der Spannungen sind:

• Behauptungen

• Übertreibungen

• Überlegenheitsdemonstration (nicht triumphieren)

• Unfaire Taktiken (persönlich werden)

• Aggressionen

• Wutausbrüche

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2. Positives Klima schaffen (positiv eingestellt sein, Verhandlungsort).

3. Fehler zugeben

4. Partner anreden, anschauen. Wer betrachtet wird, wird beachtet." (Ich sehe, wie

das Argument ankommt).

5. Ein "Nein" vermeiden. Besser: 'Grundsätzlich stimme ich zu ...' Punkt .... sehe ich

so .... ' 'Punkt .... sehe ich noch nicht klar.'

6. Vorteilsgespräche führen (Vorteile betonen). Einwand übergehen und auf Vorteile

zu sprechen kommen. Beispiele anführen, die für beide Seiten Vorteile bringen.

7. Fragetechnik einsetzen.

8. Sich in die Lage der Partner versetzen, von Ihren Seiten aus denken.

9. 'Für Sie ist wichtig ......' Eventuell vorher ein Einzelgespräch führen um das Terrain

zu sondieren, Argumente sammeln.

10. Unfaire Tricks kennen (siehe eigenen Abschnitt).

Kleidung und andere Statussymbole können Verhandlungen negativ beeinflussen.

11. Verständnisbereit bleiben. Nicht: 'Hier sehe ich keine Chance', sondern 'Sehen

Sie hier keine Chance?'

12. Aussagen positiv formulieren statt: 'Sie haben mich falsch verstanden', besser:

'Ich habe mich wohl undeutlich ausgedrückt.'

13. Bildhafte und einfache Sprache.

14. Sachverhalte logisch analysieren. Nicht assoziativ denken oder auf Reizworte

hereinfallen.

15. Eigene Interessen und Erwartungen darstellen.

16. Auf Alternativen hinweisen.

17. Vorteile visualisieren, erkennen lassen (zeigen, zeichnen, demonstrieren).

19. Zeit einhalten und sich trotzdem auch Zeit für den Partner nehmen.

7.3 Verhandlungstaktik nach Dorothy Leeds

'Mit wenig Blutvergießen das bekommen, was man will'.

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1. Geduld üben!

2. Selbstvertrauen - als wichtige Voraus-

setzung

3. Kennen Sie den Partner?

4. Bei Befehlstyp direkt aufs Ziel losgehen

5. Beim Überzeugungstyp nicht von Ne-

bensächlichkeiten vom Thema abbrin-

gen lassen.

6. Bei einem Typ, der sich um alles küm-

mert, keine Ungeduld zeigen.

7. Beim kalkulierenden Typ manchmal

drängen

8. Beim schöpferischen Typ Verständnis

für seine Ideen und Konzepte zeigen.

9. Sich nicht von Emotionen überwältigen

lassen. Konzessionen bedenken und

evt. unwesentliche Konzessionen hoch-

spielen

10. Logik und klares Denken üben. Warten

bringt Konsensbereitschaft. Wer in Zeit-

not ist, ist im Nachteil.

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7.4 Beobachtung und analytische Kontrolle in Konferenzen und Verhandlungen

Die Checkliste von Michael E. McGill, 'Organisation Development for Operating Ma-

nagers, Amacom New York 1977 kann als Maßstab für analytische (Selbst)kontrolle

verwendet werden:

1. Trägt zur Diskussion bei

2. Zeigt Aufmerksamkeit

3. Zeigt Interesse am Thema

4. Identifiziert Probleme auf effektive Weise

5. Löst identifizierte Probleme effektiv

6. Ist effektiv in der Entscheidungsbildung

7. Reagiert mit Feingefühl auf andere

8. Zeigt gute Zuhörfähigkeiten

9. Ist ehrlich mit sich selbst und anderen

10. Drückt Ideen klar aus

11. Zeigt Objektivität

12. Unterstützt andere

13. Erkennt wichtige Punkte

14. Zeigt kritische Selbstanalyse

15. Ist lernwillig

16. Sorgt dafür, dass auch andere lernen

17. Hält Schritt mit der Diskussion

18. Regt andere zum Nachdenken an

19. Ist aufgeschlossen

20. Ist empfänglich für neue Ideen

21. Hat Informationen

22. Ist kreativ

23. Projekte und Aufgaben werden prompt erledigt

24. Hat eine effiziente Zeiteinteilung

25. Hat hohe Leistungsmaßstäbe