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VERMESSUNGSKUNDE IV Vorlesung f¨ ur das 4. Semester Wilfried Korth Stand: 2. April 2005 HINWEIS: Das nachfolgende Skript soll die Vorlesung unterst¨ utzen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich noch Fehler eingeschlichen haben. Ich bin f¨ ur Hinweise zu solchen Fehlern aber auch f¨ ur andere Anmerkungen und Verbesserungsvorschl¨ age dankbar. Ausschlaggebend f¨ ur die Klausur am Semesterende ist nicht dieses Skript, sondern der in der Vorlesung vermittelte Stoff!

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VERMESSUNGSKUNDE IV

Vorlesung fur das 4. Semester

Wilfried Korth

Stand: 2. April 2005

HINWEIS:Das nachfolgende Skript soll die Vorlesung unterstutzen. Esist nicht auszuschließen, dass sich noch Fehler eingeschlichenhaben. Ich bin fur Hinweise zu solchen Fehlern aber auch furandere Anmerkungen und Verbesserungsvorschlage dankbar.Ausschlaggebend fur die Klausur am Semesterende ist nichtdieses Skript, sondern der in der Vorlesung vermittelte Stoff!

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INHALTSVERZEICHNIS 2

Inhaltsverzeichnis

1 Grundlagen der Tachymetrie 3

1.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.2 Instrumente zur tachymetrischen Gelandeaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.2.1 Messtischtachymetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.2.2 Zahlentachymetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.3 Hohenlinien und Gelandedarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

1.4 Genauigkeit der Gelandeaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2 Klassische Tachymeteraufnahme 10

2.1 Tachymeterzuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.2 Gelandeaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.3 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.4 Messtischaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

2.5 Bussolentachymetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3 Moderne Tachymeteraufnahme 18

3.1 Planung, Vorbereitung und Punktverdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

3.2 Aufnahme und Registrierung mit elektronischen Messsystemen . . . . . . . . . . . . . 20

3.3 Automatischer Datenfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3.4 Graphisch-interaktive Bearbeitung im Innendienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

3.5 Graphisch-interaktive Bearbeitung im Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

3.6 Einsatz RTK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

4 Digitale Gelandemodelle (DGM) 29

4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

4.2 Digitales Hohenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

4.3 Digitales Landschaftsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

5 Trigonometrische Hohenmessung 31

5.1 Grundlagen/Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

5.2 Trigonometrisches Nivellement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

5.3 Trigonometrische Hohenubertragung uber große Distanzen . . . . . . . . . . . . . . . 34

5.3.1 Hohenunterschiede aus einseitig beobachteten Zenitdistanzen . . . . . . . . . . 35

5.3.2 Hohenunterschiede aus gegenseitig beobachteten Zenitdistanzen . . . . . . . . 35

5.3.3 Fehlerbetrachtung zur Hohenubertragung uber große Distanzen . . . . . . . . 35

5.4 Bestimmung der Refraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Vermessungskunde fur das 4. Semester (Stand: 2. April 2005)

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1 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 3

1 Grundlagen der Tachymetrie

1.1 Allgemeines

In der Tachymetrie werden

- Winkel,

- Strecken und

- Hohen

gleichzeitig fur eine dreidimensionale Gelandeaufnahme gemessen.Je nach Art der ortlichen Erfassung und Aufbereitung der Daten unterscheidet manzwischen

a) Messtisch- und

b) Zahlentachymetrie.

Bei der Messtischtachymetrie kommen

- Messtisch und Kippregel sowie

- Kartiertische

zum Einsatz.Bei der Zahlentachymetrie wird die ganze Instrumentenvielfalt im Vermessungswesen wie

- Messroboter,

- elektronische Tachymeter,

- Tachymetertheodolite,

- Nivelliertachymeter,

- Reduktionstachymeter,

- Tachymeterbussolen und

- Basis-Tachymeter

genutzt.Hierbei unterscheiden sich die eingesetzten Instrumente und Verfahren hauptsachlich inder zu erreichenden Genauigkeit und den Rationalisierungsmoglichkeiten wie automati-schen Datenfluss und automatisierte Messtatigkeit.

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1 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 4

1.2 Instrumente zur tachymetrischen Gelandeaufnahme

1.2.1 Messtischtachymetrie

• Der Messtisch ist das alteste der noch heute gebrauchlichen Aufnahmeinstrumente

=⇒ Es erfolgt die Kartierung vor Ort

• Messtischplatte, die mit dem Zeichnungstrager bespannt ist, muss im Koordina-tensystem orientiert sein

• Standpunkt koordinatenmaßig bestimmen

• Messtischplatte mit Hilfe einer Orientierbussole nach Norden ausgerichten

• Messtischplatte durch Libellen zu horizontieren

Damit sind die Grundlagen vorhanden, um durch Messung der Richtungen und derStrecke Punkte auf der Messtischplatte kartieren zu konnen.Zum Messen und Kartieren dient die Kippregel. Sie

- dient zum Einstellen und Anreißen der Horizontalrichtungen

- tragt Gerat einen Distanzmesser und eine Einrichtung zum Ablesen der Vertikal-winkel

Bei den Kippregeln unterscheidet man nach Instrumenten mit analoger und digitalerMesswertausgabe.

• Kippregeln mit analoger Messwertausgabe verfugen uber einen optischen Distanz-messer mit Distanzfaden oder Diagrammkurven. Das Fernrohr erlaubt Ablesungenin beiden Lagen, weist einen optisch ablesbaren Vertikalkreis auf und ist mit einerNivellierlibelle versehen.

• Bei den Kippregeln mit digitaler Messwertausgabe werden die Werte fur die Di-stanzen und die Vertikalwinkel auf elektronischem Wege gewonnen. Hierbei werdenhaufig automatische Lotsensoren eingesetzt, so dass die horizontale Strecke undder Hohenunterschied im eingebauten Rechner direkt ermittelt werden konnen.

1.2.2 Zahlentachymetrie

• Bei der Zahlentachymetrie werden von einem bekannten Aufnahmestandpunkt dieHorizontal-, die Vertikalrichtung und die schrage Entfernung bestimmt.

• Lasst sich der Horizontalteilkreis orientieren, konnen aus dem Beobachtungsmate-rial die Koordinatendifferenzen und der Hohenunterschied bestimmt werden.

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1 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 5

Elektronische Tachymeter mit der Bestimmung der Horizontal-, der Vertikalwinkel undder Schragstrecke werden hier als bekannt vorausgesetzt.

• Messroboter weisen zusatzlich eine automatische Zielverfolgung auf. Dies wirddurch einen motorischen Antrieb fur die Bewegung des Fernrohrs und eine Muste-rerkennung fur das Prisma erreicht.

• Der klassische Tachymetertheodolit besteht aus einem Theodolit mittlerer oderniederer Genauigkeit und einem Reichenbachschen Distanzmesser. Die Formel zurBestimmung der Entfernung aus den Reichenbachschen Distanzfaden ist vom geo-metrischen Nivellement bekannt zu

E = c + k(o − u) (1)

wobei c und k gerateabhangige Konstanten und o die obere und u die untereAblesung an den Distanzfaden bedeutet.

• Fur einfache Genauigkeiten ist es ausreichend die Großen c und k uber den ge-samten Fokussierbereich als konstant anzunehmen. Meistens wird das Gerat soeingestellt, dass c sich in der Nahe von Null und k bei 100 bzw. 200 befindet.

• Bei hoheren Genauigkeiten ist zu berucksichtigen, dass die Große k von der Fokus-sierung also von der Entfernung abhangig ist. In diesem Fall kann der entfernungs-abhangige Anteil in k zusatzlich nach folgender Formel berucksichtigt werden.

E = c + (k + dk)(o − u) (2)

• Die Bestimmung von dk kann uber bekannte Strecken mit unterschiedlichenStreckenlangen erfolgen und kann somit fur weitere Messungen genutzt werden.

Die bisherigen Ausfuhrungen beziehen sich auf die Horizontale, also auf den Spezialfalleines Nivelliertachymeters.Beim Einsatz eines Theodoliten mussen die Berechnungen der Entfernungen auf schrageSichten umgesetzt werden.

Ansatze :E ′′

o − u=

sin(z − α2)

sin α

E ′

E ′′ =sin(z + α

2)

sin zmit α = 2 · arctan(

1

2k)

E ′ = c +(o − u) · sin(z + α

2) · sin(z − α

2)

sin α · sin z= c +

(o − u) ·(cos2(α

2) − cos2 z

)sin α · sin z

(3)

E ′ ≈ c + k(o − u) · sin z (4)

E = E ′ · sin z ≈ c · sin z + k(o − u) · sin2 z (5)

h = E ′ · cos z ≈ c · cos z + k(o − u) · cos z sin z (6)

• Die Berechnung der horizontalen Strecke und des Hohenunterschieds kann miteinfachen Rechenhilfsmitteln erfolgen. Eine direkte optisch-mechanische Beruck-sichtigung der Schrage erfolgt bei den sog. Reduktionstachymetern.

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1 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 6

E''�z

E

E'

u

o

h

Abbildung 1: Tachymetrische Messung mit Distanzstrichen

Zusatzlich konnen zur Orientierung Bussolen eingesetzt werden:

• Eine Bussole ist ein mit einer Visiereinrichtung versehener Kompass.Die Visiereinrichtung weist gewohnlich in die Richtung des Durchmessers, der denNullpunkt der Teilung enthalt.

• Der Kreis ist meistens linkslaufig geteilt. In diesem Fall lasst sich fur ein anvisiertesZiel der magnetische Richtungswinkel an der Kompassnadel ablesen.

• Die einfachste fur geodatische Zwecke eingesetzte Bussole ist die Diopterbussole,die sowohl mit Kompassnadel als auch mit elektronischen Sensoren angebotenwird.Hat die Bussole als Visiereinrichtung ein Fernrohr mit Distanzfaden, dazu einenHohen- und Horizontalkreis, Klemm- und Feinbewegungseinrichtungen, so heißtdie Bussole Tachymeterbussole.

Beim Arbeiten mit den Bussolen ist die Ausrichtung in Richtung Norden zu definieren.

• Es ist zwischen der Ausrichtung in der Abbildungsebene (Gitter Nord), zum geo-graphischen Nordpol (Geographisch Nord) und zum magnetischen Nordpol (Ma-gnetisch Nord) zu unterscheiden.

• Die Abweichung zwischen dem geographischen und dem magnetischen Nordpolwird als magnetische Deklination δ bezeichnet und die Abweichung zwischenGitter- und Geographisch-Nord heißt Meridiankonvergenz γ (siehe Landesvermes-sung).Die fur das praktische Arbeiten erforderliche Abweichung zwischen Gitter- undMagnetisch-Nord wird als Nadelabweichung α bezeichnet.

• Die Kurven, die Orte mit gleicher magnetischer Deklination verbinden, heißen Iso-gonen.Sie verlaufen nicht geradlinig zum magnetischen Nordpol, sondern sind durchregionale und lokale Einflusse vielfach gestort. Der magnetische Nordpol unter-liegt außerdem fortschreitenden sakularen Anderungen und periodischen taglichenSchwankungen.

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1 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 7

Die sakulare Anderung vermindert die Deklination in Deutschland um jahrlich rund0, 15◦ und die tagliche Periode nimmt einen Wert von bis zu 10′ an.

Meridian MeridianHauptmeridian

GeographischNordGeographisch

Nord

GeographischNord

Gitternord

Gitternord =Gitternord

MagnetischNordMagnetisch

Nord

MagnetischNord

Abbildung 2: Nordrichtungen in der Abbildungsebene

1.3 Hohenlinien und Gelandedarstellung

Ziel tachymetrischer oder topographischer Vermessung:

Herstellung und Fortfuhrung topographischer Karten in den Maßstaben 1:5 000, 1:25000, 1:50 000, 1:100 000, 1:200 000, 1:500 000 und 1:1 000 000 (als Beispiel fur dieBundesrepublik Deutschland).

Neben diesen analogen Kartenwerken wurde in den letzten Jahren auch verstarkt dasdigitale Kartenwerk im bundeseinheitlichen Verfahren des Amtlichen TopographischKartograpisch Informationssystems (ATKIS) aufgebaut. Diese Daten konnen auch zumAufbau eines digitalen Gelandemodells genutzt werden.

In Karten werden dargestellt:

- Situation (Verkehrswege, Gewasser, Ortschften,. . . )

- Namen

• Gelande

– wird durch Hohenpunkte und/oder Hohenlinien dargestelltHohenpunkten sind hier Punkte im Gelande, deren Lage und Hohe in einemortlichen oder dem Landeskoordinatensystem gegeben sind.Digitale Gelandemodelle bestehen aus solchen Hohenpunkten.Auch in den Karten werden einzelne Hohenpunkte mit ihren Hohen fur heraus-ragende Gelandepunkte wie Bergspitzen, Mulden, Sattel, Straßenkreuzungenusw. dargestellt.

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1 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 8

• Die durchgehende Darstellung der dritten Dimension erfolgt in zweidimensionalenKarten uber Hohenlinien, die auch als Schichtlinien, Niveaukurven oder Isohypsenbezeichnet werden.

– Hohenlinien sind Kurven, die Punkte gleicher Hohe miteinander verbinden.

– In Gebieten unter der Bezugsflache werden die Linien gleicher Hohe als Tie-fenlinien oder Isobathen bezeichnet. (Vermessung des Meeresbodens: Bathy-metrie)

– Beim Aufbau des Hohenlinienbildes ist die passende Aquidistanz (Hohenun-terschied benachbarter Hohenlinien) in erster Linie von der Gelandeneigungund dem Maßstab abhangig.In zweiter Linie ist die geforderte Genauigkeit der Hohenaufnahme zu beach-ten und die Darstellung von Kleinformen zu berucksichtigen.

– Sind bemerkenswerte Bodenformen durch die Wahl der Aquidistanz nicht dar-stellbar, so konnen auch Hilfshohenlinien mit geringeren Schichthohen ein-gefuhrt werden.

– Die Wahl der Schichthohen ist stark vom Verwendungszweck des Ergebnissesabhangig.

”Regel“: In bewegtem Gelande ab dem Maßstabsbereich 1:5 000 wahlt man

Schichthohen, die sich in m als Maßstabszahl dividiert durch 1000 berechnen.Fur den Maßstab 1:5 000 wurde man also eine Schichthohe von 5m einfuhren.

– Der Verlauf der Hohenlinien wird in den meisten Fallen rechnerisch interpo-liert (Computerprogramme).Gangige Wege sind Dreiecksvermaschung zur Interpolation der Punkte glei-cher Hohe oder funktionale Ansatze.Hierbei werden allerdings die Grundsatze einer Handbearbeitung wie

∗ Interpolation nur zwischen den großten Hohenunterschieden und

∗ Abhangigkeiten benachbarter Hohenlinien

nur unzureichend eingehalten.

• Das Ergebnis ist bei beiden Verfahren sehr stark von einer guten Aufnahme desGelandes abhangig, wobei markante Gelandeformen durch eigene Punkte aufzuneh-men sind und kunstliche Oberflachenformen wie Boschungen, Einschnitte, Grabenund dergleichen eigenstandig aufzunehmen und darzustellen sind.

1.4 Genauigkeit der Gelandeaufnahme

• Bei analog hergestellten Karten ist die Kartiergenauigkeit immer geringer als dieAufnahmegenauigkeit.Man geht in diesem Fall von einer Kartiergenauigkeit von (0,2mm aus, was beieinem Maßstab von 1:1000 (0,2m und beim Maßstab 1:5000 (1,0m in der Naturentspricht.

• In die Genauigkeit der Hohenlinien geht neben diesem Kartierfehler die Unsicherheitbeim Entwerfen der Hohenlinien ein.

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1 GRUNDLAGEN DER TACHYMETRIE 9

• Zur Abschatzung des Hohenfehlers einer Hohenlinie nutzt man die KoppescheFormel.Nach Koppe berechnet sich die Standardabweichung der Hohe eines Punktes aufder Hohenlinie uber die beiden vom Maßstab abhangenden Konstanten a und bsowie den Neigungswinkel α wie folgt.

sH = ±(a + b tan α) (7)

Der Hohenfehler wachst also proportional zum Tangens der Gelandeneigung.Multipliziert man den Hohenfehler mit cot α erhalt man fur ein gleichmaßig geneig-tes Gelande die Standardabweichung der Lage eines Punktes auf der Hohenlinie.

sL = ±(b + a cot α) (8)

• Fur die Deutsche Grundkarte 1:5 000 hat der ehemalige Beirat fur das DeutscheVermessungswesen im Jahre 1924 die beiden Konstanten zu a = 0, 4 und b = 5fur die Berechnung der Grenzwerte nach der Koppeschen Formel festgelegt.Damit ergeben sich in Abhangigkeit vom Neigungswinkel α folgende Werte fur diebeiden Standardabweichungen:

α sH sL

[gon] [m] [m]0 0,41 0,5 302 0,6 183 0,6 14

α sH sL

[gon] [m] [m]5 0,8 10

10 1,2 7,520 2,0 6,230 2,9 5,8

• Die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der BundesrepublikDeutschland (AdV) hat in einem Beschluss vom 12.11.1970 die Genauigkeitsan-forderungen an die Deutsche Grundkarte 1:5 000 weiter verfeinert.Nach diesem Beschluss wird in

”plansichere“ Punkte und Punkte auf Hohenlinien

sowie nach Karten mit Aquidistanzen unter einem Meter und allen anderen Kartenunterschieden.Fur

”plansichere“ Punkte soll dabei die Standardabweichung in der Lage ±3m

und in der Hohe beim ersten Kartentyp ±0,2m sowie beim zweiten Kartentyp±0,3m nicht uberschreiten.Fur die Punkte auf Hohenlinien gelten die in der nachfolgenden Tabelle darge-stellten Grenzwerte fur Hohenabweichungen, die in Ausnahmefallen um 100%uberschritten werden durfen.

Gelandeneigung Hohenlinienabstand [m] zulassige Abweichungα[◦] α % vertikal horizontal [m]

von bis von bis von bis3 5 1 ∞ 20 0,6

3 8 5 12 2,5 50 20 1,38 15 12 25 5 40 20 2,015 30 25 50 10 40 20 3,030 50 4,0

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2 KLASSISCHE TACHYMETERAUFNAHME 10

2 Klassische Tachymeteraufnahme

Bei der klassischen Tachymeteraufnahme werden relativ zu einem Aufnahmestandpunktdurch Messung der Horizontal-, der Vertikalwinkel und der Strecken die Koordinaten-und Hohenunterschiede ermittelt.

Hierzu sind Lagekoordinaten und Hohe des Standpunktes durch Anschlussmessungenan das Festpunktfeld zu bestimmen.Bei großeren Aufnahmegebieten wird man die notwendige Anzahl von Aufnahmepunktendurch Tachymeterzuge miteinander verbinden.

2.1 Tachymeterzuge

• Der Tachymeterzug dient der Einbindung der Aufnahmepunkte in das ubergeord-nete Lage- und Hohenfestpunktfeld.

• Fur die lagemaßige Bestimmung sollte moglichst an zwei Lagefestpunkte ange-schlossen werden und auch die Hohenubertragung sollte uber zwei Hohenfest-punkte erfolgen.

• Der Tachymeterzug stellt in der Lage einen Polygonzug und in der Hohe ein tri-gonometrisches Nivellement dar.

- Damit mussen fur den Polygonzug die Brechungswinkel sinnvollerweise in zweiLagen gemessen werden.Die Schragstrecken werden direkt mit den elektronischen Tachymetern oder uberdie Distanzfaden bei den Tachymetertheodoliten nach (Gleichung 3) ermittelt.Zur Reduktion auf die Horizontale sind zusatzlich die Zenitdistanzen bei diesenbeiden Instrumententypen zu bestimmen oder es erfolgt eine direkte Bestimmungbeim Reduktionstachymeter.

Die Bestimmung der Lagekoordinaten erfolgt als Polygonzug in Abhangigkeit von dengegebenen Anschlussen, wobei jedoch auf eine Kontrollmoglichkeit (Freiheitsgrad > 0)zu achten ist.

• beidseitig angeschlossener Zug

F3F2

F1

F4

P2P3

P1

s1 s2 s3 s4

�1�5

�4�3

�2gegeben:

x und y in den Punkten F1 bis F4

gemessen:Brechungswinkel β1 bis β5

Strecken s1 bis s4

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis P3

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2 KLASSISCHE TACHYMETERAUFNAHME 11

Freiheitsgrad: 3 ((n + 2)Winkel + (n + 1)Strecken − (2n)Koord.)

Berechnung: Verteilen des Winkelwiderspruchs, fortgesetztes polaresAnhangen mit Verteilen des Koordinatenwiderspruchs bzw.fortgesetztes polares Anhangen mit anderenVerteilungsverfahren fur die Widerspruche

• nur einseitig angeschlossener (toter) Zug

F2

F1

P2P3

P1

s1 s2 s3

�1 �3

�2 gegeben:x und y in den Punkten F1 und F2

gemessen:Brechungswinkel β1 bis βn

Strecken s1 bis sn

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis Pn

Freiheitsgrad: 0 (n·[Winkel]+n·[Strecken] − 2n·[Koordinaten])Berechnung: durch fortgesetztes polares Anhangen

• beidseitig koordinatenmaßig angeschlossener Zug (Einrechnungszug)

F3F2 P2

P3P1

s1 s2 s3 s4

�3�2

�1

gegeben:x und y in den Punkten F2 und F3

gemessen:Brechungswinkel β1 bis β3

Strecken s1 bis s4

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis P3

Freiheitsgrad: 1 (n·[Winkel]+n+1 · [Strecken] − 2n·[Koordinaten])Berechnung: durch fortgesetztes polares Anhangen und nachtragliche

Koordinatentransformation (4 Parameter)

• freier Zug

P5P1 P3

P4P2

s1 s2 s3 s4

�3�2

�1gemessen:

Brechungswinkel β1 bis β3

Strecken s1 bis s4

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis P5

Freiheitsgrad: −3 (n−2 · [Winkel]+n−1 · [Strecken] − 2n·[Koordinaten])Berechnung: durch fortgesetztes polares Anhangen (nach Festlegung eines

Punktes und einer Richtung zur Beseitigung des Rangdefektes)

• freies Ringpolygon (Anfangs- und Endpunkt gleich)

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2 KLASSISCHE TACHYMETERAUFNAHME 12

P1

P5

P3

P4

P2

s1 s2

s3

s4

�1

�5

�4

�3

�2

s5

gemessen:Brechungswinkel β1 bis β5

Strecken s1 bis s5

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis P5

Freiheitsgrad: 0 (n·[Winkel]+n·[Strecken] − 2n·[Koordinaten])Berechnung: durch fortgesetztes polares Anhangen (nach Festlegung eines

Punktes und einer Richtung); Behandlung wie beidseitigangeschlossen

Die hohenmassige Bestimmung des Tachymeterzuges erfolgt im trigonometrischen Ni-vellement.

• Dazu sind mit den elektronischen Tachymetern oder den Tachmetertheodolitendie Hohenunterschiede zwischen der Kippachse und dem Punkt auf der Latte, dermit dem Mittelfaden angezielt ist, zu bestimmen.

– Es wird die Zenitdistanz ermittelt und

– die Strecke entweder direkt oder durch Ablesung an den ReichenbachschenDistanzfaden bestimmt.

• Bei Reduktionstachymetern kann der gesuchte Hohenunterschied direkt abgelesenwerden.

• Zur Bestimmung des Hohenunterschiedes zwischen dem Instrumenten- und demLattenstandpunkt sind außerdem die Instrumentenhohe und die Ablesung am Mit-telfaden zur Berechnung nach der folgenden Formel zu ermitteln.

HZ − HS = E ′ cos(z) + i − m = h + i − m (9)

2.2 Gelandeaufnahme

• Eine gute Gelandeaufnahme sollte sich am Gelande orientieren.Dabei sollten die Objektpunkte so gelegt werden, dass sie an markanten Punktendes Gelandes liegen, an denen sich die Neigung des Gelandes signifikant verandert.Damit ware es sinnvoll diese Objektpunkte auf die Rucken- bzw. Muldenlinien zulegen.(Bereits aus der Rasteraufnahme der Erdoberflache (2. Semester) bekannt.)

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2 KLASSISCHE TACHYMETERAUFNAHME 13

z

E

E' hm

i

Hs

Hz

Abbildung 3: Trigonometrische Hohenubertragung

Abbildung 4: Gelandeaufnahme (Hohenlinien)

Fur das durch Hohenlinien skizzierte Gelande ist es sinnvoll, die Objektpunkte entlang der

gestrichelten Linien zu plazieren. Solange der Gelandeverlauf gleichmaßig wie auf der linken

Seite ist, brauchen eigentlich nur zwei Objektpunkte am Anfang und am Ende aufgenommen

werden.

Andert sich die Linie in der Richtung oder der Neigung sind zusatzliche Zwischenpunkte

aufzunehmen wie es in dem Beispiel fur die mittlere Linie der Fall ist.

• Im Handriss werden die eingemessenen Punkte ungefahr maßstablich eingetragen.Man zeichnet außerdem die Ruckenlinien gestrichelt, die Muldenlinien geschlangeltund die Richtung des starksten Gefalles mit ein.Man deutet an charakteristischen Stellen die Gelandeformen durch Leitkurven anund vermerkt schließlich Boschungen, Graben und dergleichen.

• Die Bestimmung der Lage und der Hohe der Objektpunkte erfolgt relativ zu denAufnahmepunkten uber dreidimensionale Polarkoordinaten.

2.3 Auswertung

• Gegeben: dreidimensionale Polarkoordinaten (der Richtungs-, der Vertikalwinkelund die Schragstrecke im Aufnahmestandpunkt zu den Objektpunkten)

• Gesucht: Lagekoordinaten und Hohe des Objektpunktes relativ zu dem in Lageund Hohe bekannten Aufnahmestandpunkt

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2 KLASSISCHE TACHYMETERAUFNAHME 14

KantenlinieRückenlinieMuldenlinie

Formlinie

Fallinie

Abbildung 5: Erfassung von Gelandeformen und Auswahl von Gelandepunkten

• Losung: Die Lagekoordinaten konnen durch polares Anhangen uber den Rich-tungswinkel (der aus der Orientierung des Horizontalkreises zum Nachbarpunktund der Richtung gewonnen wird) und die Horizontalstrecke (die aus derSchragstrecke und dem Vertikalwinkel ermittelt wird) berechnet werden.Die Hohenubertragung kann uber die Instrumentenhohe im Standpunkt, derLattenablesung, den Zenitwinkel und die Schragstrecke erfolgen.

⇒ Zur Erzeugung des Hohenlinienbildes aus den gewonnenen Stutzpunktkoordinatenund Hohen ist ein Vermessungsriss wichtig, der die Mulden- und Ruckenlinienver-bindungen sowie Sonderformen wiedergibt (vgl. Abbildung 5).

⇒ Dann erfolgt eine Interpolation auf die runden Hohenwerten aus den Stutzpunktenentweder manuell oder uber Computerprogramme.(Haufig erfolgt in DV-Programmen jedoch eine Dreiecksvermaschung fur diese Interpolation,

was wie das obige Beispiel zeigt nicht unbedingt sinnvoll ist.)

⇒ Nach der Ermittlung dieser Stutzpunkte konnen die Hohenlinien als Freihandkur-ven gezeichnet werden. In DV-Programmen werden diese Linien haufig als Splineskonstruiert.

2.4 Messtischaufnahme

Die Messtischaufnahme gliedert sich in die Schritte

• Vorbereitung der Aufnahme,

• Zentrieren und Orientieren des Messtisches,

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2 KLASSISCHE TACHYMETERAUFNAHME 15

• eventuelle Bestimmung von Aufnahmepunkten und

• das Bestimmen von Gelandepunkten.

© Vorbereitung der Aufnahme:

– Messtisch mit einem Zeichnungstrager bespannen

– auf dem Zeichnungstrager sind (mindestens) zwei im Gelande sichtbare Fest-punkte im Aufnahmemaßstab einzutragen

– Kartennetz auf dem Zeichnungstrager einzuzeichnen

– Liegt bei Fortfuhrungen bereits ein Grundriss des Aufnahmegelandes vor, sowird eine Kopie im Aufnahmemaßstab auf dem Messtisch befestigt

© Zentrieren und Orientieren des Messtisches anhand der beiden Festpunkte:

a

AB

bx

y

c

yx

C

Abbildung 6: Messtischaufnahme (nach Kahmen)

– Der Messtisch wird uber dem Festpunkt F1 zentriert, indem die in der Zeich-nung gewonnenen Abstande x und y in die Ortlichkeit (auf den Boden) ubert-ragen werden und der Mittelpunkt des Messtisches auf diesen Punkt zentriertwird.

– Dann wird mit der Kippregelkante an die gezeichnete Linie F1, F2 gelegt unduber den Punkt F2 orientiert.Dieser Vorgang sollte fur mehrere Festpunkte in der Orientierung vorgenom-men werden, um eine Kontrolle und eine Genauigkeitssteigerung zu erreichen.Voraussetzung fur eine fehlerfreie Zentrierung und Orientierung ist dabei einhorizontierter Messtisch, was sich durch den Einsatz der beiliegenden Libelleerreichen lasst.

– Die Hohe des Messtisches ist zu ermitteln.

Alternativ kann die Bestimmung eines freien Aufnahmepunktes erforderlich sein.Die Bestimmung der Lage des freien Punktes in der Kartierung geschieht durch:

– Vorwartseinschneiden,

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2 KLASSISCHE TACHYMETERAUFNAHME 16

– Seitwartseinschneiden,– Ruckwartseinschneiden zu zwei bzw. drei bekannten Punkten,– oder durch polares Anhangen an einen Festpunkt, wenn die Orientierung

durch eine Bussole gewonnen wird.

• VorwartseinschneidenBeim Vorwartseinschneiden werden durch Zentrierung und Orientierung auf denbeiden Festpunkten F1 und F2 nach der obigen Vorgehensweise mit der Kippregelin beiden Punkten der Aufnahmepunkt P angezielt und auf der Zeichenunterlageangerissen. Damit erhalt man im Schnittpunkt das Abbild des Punktes P und kannuber die obige Vorgehensweise sich auf P zentrieren und orientieren.

F1

F2

P

(1)

(3)

(2)F1

F2

P

(1)

(2)

Abbildung 7: Links: Vorwartseinschneiden, Rechts: Seitwartseinschneiden

• SeitwartseinschneidenBeim Seitwartseinschneiden wird in F1 nach Orientieren auf F2 die Richtung nachP angerissen. Dann stellt man den Messtisch auf der Verbindung von F1 nach Pauf und orientiert sich nach F1. Mit dem Einspielen der Kippregel im Abbild vonF2 in Richtung auf F2 erhalt man die Richtung zum Neupunkt P und im Schnittdas Abbild in der Zeichnung.

• RuckwartseinschneidenBeim Ruckwartseinschneiden sind drei Punkte in der Ortlichkeit und mit ihremAbbild in der Kartierung erforderlich. Es ist darauf zu achten, dass diese dreiFestpunkte nicht in der Nahe des gefahrlichen Kreises liegen.Dann zeichnet man auf Pauspapier die Richtungen von einem beliebigen PunktP zu den drei Festpunkten. Durch Verschieben und Verdrehen des Pauspapiers inden drei Strahlen durch die entsprechenden Punkte in der Zeichnung erhalt mandie Lage des Neupunktes P .Im letzten Schritt ist der Messtisch so zu orientieren, dass die Richtung von P zueinem Festpunkt im Bild und der Natur ubereinstimmt.

• Polares AnhangenBeim polaren Anhangen an einen Festpunkt ist zuerst die Richtung vom Festpunktzum neuen Punkt in der Zeichnung zu bestimmen. Dazu ist mit der Bussole die Ori-entierung herzustellen und der Neupunkt uber die gemessene Strecke zu kartieren.Dann zentriert man sich auf dem Neupunkt und orientiert sich zum Festpunkt.

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F1

F3

P

F2

F1

P

Nord

Abbildung 8: Links: Ruckwartseinschneiden, Rechts: Polares Anhangen

© Eventuelle Bestimmung von weiteren Aufnahmepunkten

© Bestimmen von Gelandepunkten:

– Vom Aufnahmepunkt ausgehend wird die Richtung zum Objektpunkt direktdurch die Kippregel eingestellt und optisch die Horizontalstrecke ermittelt.

F1

P

1

34

2

Abbildung 9: Gelandeaufnahme

– Damit ist der Objektpunkt im entsprechenden Maßstab kartierbar.Der Hohenunterschied zum Standpunkt lasst sich aus den gleichen Messungs-elementen mit der Instrumentenhohe und der Lattenablesung am Mittelfadenermitteln.

– Damit ist ein vollstandiges Abbild des Gelandes in der Lage entstanden undes kann aus den Hohenangaben ein Hohenlinienbild in der oben erlautertenArt abgeleitet werden.

Neben der Gelandeaufnahme ist das Messtischverfahren auch nur zur zweidimensionalenAufnahme der Situation (Gebaude, Topographie etc.) mit ausgewahlten Hohenpunkten(z. B. Straßenkreuzungen) zur Kartenherstellung genutzt worden.

2.5 Bussolentachymetrie

• Mit einer Bussole lasst sich ein Tachymetertheodolit genahert und nach Korrekturmit ausreichender Genauigkeit nach Norden ausrichten.Das wird beim Aufbau der Tachymeterzuge ausgenutzt.

• Die Aufnahme der Objektpunkte erfolgt analog zur Aufnahme mit den Tachyme-tertheodoliten.

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3 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 18

• Bussolenzuge sind Polygonzuge mit recht kurzen Seitenlangen.Sie werden mit sogenannten Sprungstanden aufgebaut, was bedeutet, dass nurjeder zweite Standpunkt mit dem Instrument besetzt wird.Der Vorteil besteht darin, dass auch in schlecht einsehbarem Gelande gearbeitetwerden kann.

• Zur Bestimmung der Nadelabweichung sind am Anfang und am Ende des Zugesauf bekannten Punkten weitere bekannte Punkte anzumessen.

F3

F2

F1F4

P2P3

P1

s1 s2 s3 s4

Gitternord

MagnetischNord

Gitternord

MagnetischNord

MagnetischNord

gegeben:x und y in den Punkten F1 bis F4

gemessen:Azimute (bezogen auf Magnetisch-Nord)in F1 nach F2 und 1Azimute in 2 nach 1 und 3Azimute in F3 nach F4 und 3alle Strecken zwischen F1 und F3

gesucht:Koordinaten der Punkte P1 bis P3

Berechnung: Im ersten Schritt ist die Nadelabweichung als zeitliche Funktion ausden gemessenen Azimuten und den bekannten Richtungswinkeln zuermitteln. Im zweiten Schritt sind die gemessenen Azimute mit derFunktion der Nadelabweichung zu korrigieren. Damit liegen in allenPunkten Richtungswinkel und Strecken zur Ermittlung derKoordinaten der Neupunkte uber einen Polygonzug vor.

• Der geringen Richtungsgenauigkeit beim Bussolentachymeter steht entgegen, dassein Richtungsfehler nur den betroffenen Stahl und nicht den ganzen folgenden Zugwie bei der Messung von Brechungswinkeln verschwenkt.

• Da die Nadelabweichung eine Funktion in Abhangigkeit von langeren zeitlichenPerioden (sakularen Anderungen) und außerdem eine Abhangigkeit von der Ta-geszeit (periodischen taglichen Schwankungen) aufweist, ist darauf zu achten,dass die Bestimmung der Nadelabweichungen gunstig zur Bestimmung der bei-den Abhangigkeiten uber den Messungszeitraum verteilt wird.

3 Moderne Tachymeteraufnahme

Unter der modernen Tachymeteraufnahme versteht man nicht nur den Einsatz mo-derner Messverfahren, wie Tachymetrie mit elektronischen Messsystemen oder denEinsatz von GPS, sondern auch moderne Auswerteverfahren.

Hierzu zahlt:

- der Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung, der bereits im Feld beginnt unddurchgehend bis zur Bearbeitung der Ergebnisse durchgefuhrt wird.Rationalisierungseffekte durch:

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3 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 19

– automatisierten Datenfluss und

– graphisch-interaktive Bearbeitung

3.1 Planung, Vorbereitung und Punktverdichtung

• In Abhangigkeit davon, welche Grundlagen fur das zu vermessende Gebiet vorlie-gen, wird man großflachiger oder engmaschiger das Gelande aufnehmen mussen.

• Liegt der Grundriss bereits in ausreichender Gute vor, mussen nur noch die fur dieOberflachenstruktur charakteristischen Punkte in der Lage und der Hohe bestimmtwerden.

• Liegt die Grundrissstruktur gar nicht oder nur unzureichend vor, mussen sowohldie Lage als auch die Hohen der Gelandepunkte tachymetrisch oder uber Satelli-tenverfahren bestimmt werden.

Als Grundlage fur die Aufnahme werden Anschlusse an das amtliche Festpunktfeld in derLage und der Hohe benotigt.

• Sinnvoll waren dreidimensionale Anschlusspunkte, welche jedoch in den meistenFallen nicht vorliegen werden.Die vorhandenen Anschlusspunkte werden in den meisten Fallen nicht ausreichen,um die notwendigen Tachymeteraufnahmepunkte im ubergeordneten System zukoordinieren. Damit werden Punktverdichtungen als Tachymeterzuge oder uberGPS erforderlich.

• Die Lage der Aufnahmepunkte wird sich an der Ortlichkeit orientieren und eswerden dementsprechend bei schlecht einsehbarem Gelande mehr Punkte fur dieAufnahme erforderlich sein.Eine Einschrankung aufgrund der Reichweite der eingesetzten Instrumente wirddabei bei den elektronischen Tachymetern kaum und bei GPS gar nicht auftreten.

• Beim Einsatz von GPS erfolgt die Einbindung in das amtliche Lagefestpunktfeldentweder uber den Einsatz von SAPOS (Anschluss an bekannte Referenzstationen)oder durch das Einbinden von GPS-Messungen auf Festpunkten.

• Fur eine genauere Hohenubertragung (unter einem Zentimeter) ist zur Zeit dasGPS-Verfahren noch nicht geeignet und man muss eine Hohenubertragung ausdem amtlichen Hohenfestpunktfeld durchfuhren.Allerdings wird die GPS-Hohenbestimmung mit Subzentimetergenauigkeit auch inEchtzeit moglich werden (Verwendung von Geoidmodellen).

• Bei der Planung der Gelandeaufnahme sollte berucksichtigt werden, in welcherForm der Datenfluss von der Messung bis zur Aufbereitung der Ergebnisse durch-gefuhrt werden soll.

– Datenfluss durchgehend physikalisch durchfuhrbar?

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– Sollen weitergehende Informationen im Datenfluss aus dem Feld bis zumAuswertesystem transportiert werden?

– Konnen die Informationen in allen Zwischenschritten von den auswertendenProgrammen ubernommen werden?Hierbei ist denkbar, dass durch Verschlusselung der Punkte das Auswerte-programm die vollstandige Information zu Erstellung der Ergebnisse erhalt.Alternativ konnen zusatzliche Informationen wie die Art der aufgenommenenPunkte auch in einem Handriss gefuhrt werden.

3.2 Aufnahme und Registrierung mit elektronischen Messsyste-men

Beim Arbeiten mit elektronischen Messsystemen erhalt man dreidimensionale polareKoordinaten des Neupunktes relativ zum Aufnahmepunkt.Ist der Aufnahmepunkte in der Lage und der Hohe bekannt und der Horizontalkreisorientiert kann man fur den Neupunkt kartesische Koordinaten bestimmen.

• Als Messsysteme werden Tachymeter angeboten, bei welchen der Reflektor im Ob-jektpunkt vom Beobachter angezielt werden muss.Zur Einsparung von Personal werden mittlerweile auch Messroboter eingesetzt, beidenen uber eine Funkverbindung und eine Zielverfolgung die Aufnahme vom Re-flektor aus gesteuert werden kann.In diesem Fall kann der Beobachter entfallen, da die notwendigen Informationenwie Punktnummer, Punktart etc. vom Reflektor zum Gerat mit Funk ubertragenwerden und das Gerat dem Reflektor mittels motorischem Antrieb und Musterer-kennung fur den Reflektor automatisch folgt.

• Zur Erfassung der Gelandepunkte konnen Stangen mit bis zu 8m Lange mitaufgesetztem Reflektor (alternativ zum normalen Tachymeterstab) benutztwerden.

• In vielen Fallen wird man Objektpunkte nur exzentrisch anzielen konnen und mussdie Exzentrizitat e bei der Umrechnung der Messungen auf das Zentrum beruck-sichtigen. Bei seitwarts liegenden Exzentren mussen sowohl die Strecke als auchder Horizontalwinkel korrigiert werden.Bei auf dem Zielstrahl liegenden Exzentren muss dagegen nur die Strecke um denExzentrizitatswert korrigiert werden.(manche Gerate erlauben auch die getrennte Bestimmung von Richtung undStrecke)

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3 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 21

rE

sE er

s

gemessen:rE, sE und e

gesucht:r und s

r = rE + arcsin(e

sE) s =

√s2

E − e2 (10)

• Diese Berechnungen und auch die Ermittlung der Koordinaten und der Hohen lasstsich mit der gerateeigenen Software durchfuhren.

• Fur den Austausch der Messungselemente, abgeleiteter Messungselemente oderder Koordinaten werden die Daten in Austauschformaten aufbereitet.Jeder Instrumentenhersteller bietet hierbei sein eigenes Austauschformat an.

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3 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 22

Exemplarisch werden nachfolgend Formate der Firmen Leica, Zeiss und TOPCONangegeben.

Format GRE3/4 der Firma Leica:

410001+00000001 42....+00020998 43....+00000009 44....+00081098410002+00000020 42....+00000493 43....+00043911410003+00000050 42....+00000000110004+00000494 21.102+24064700 22.102+10084400 31..00+00318171 51....+0010+00771....+02143912110006+00000001 21.102+13534000 22.102+09945400 31..00+00101663 51....+0010+00771....+02100999

Diese funf Datensatze geben im Standpunkt 493 43911 die Schragstrecken, Horizontal-richtungen und Zenitdistanzen zu den Punkten 494 43912 und 1 999 wider.Die entsprechenden Werte sind zum ersten Punkt s = 318, 171m, r = 240, 647gonund z = 100, 844gon sowie zum zweiten Punkt s = 101, 663m, r = 135, 340gon undz = 99, 454gon.

Format REC500 der Firma Zeiss:

1 60 Y 4590424.677 X 5824696.166 Z 0.00

2 130199-3 Y 4590405.847 X 5824716.534 Z 0.00

3 130199-3 m 1.000011 0m 337.6172 ih 0.00

4 Polarpunktmessung m 1.000011

5 2 D 39.552 Hz 344.6994 V1 298.167

6 2 Y 4590443.867 X 5824727.375 Z 0.00

7 60 D 27.031 Hz 387.7024 V1 297.186

8 60 dY -6.067 dX -9.908 dZ 0.00

Diese acht Datensatze geben im Standpunkt 130199-3 eine Polarpunktmessung wieder.Es sind die Koordinaten des Standpunktes, der Maßstab und die Orientierung des Hori-zontalkreises angegeben.Zum Punkt 2 sind die Schragstrecke, die Horizontalrichtung und die Zenitdistanz ge-speichert, aus denen sich auch die nachfolgenden Koordinaten berechnen lassen.Fur den Zielpunkt 60 liegen die gleichen Messungen vor, nur dass sich hier aus den be-rechneten Koordinaten die Differenzen zu den gegebenen Koordinaten ermitteln lassenund ausgegeben werden.

Format M5 der Firma Zeiss:

For M5|Adr 1|PI1 60|y 4590424.6770 m |x 5824696.1660 m |z %%@

0.0000 m |

For M5|Adr 2|PI1 130199-3|y 4590405.8470 m |x 5824716.5340 m |z %%@

0.0000 m |

For M5|Adr 3|PI1 130199-3|m 1.000011 |0m 337.61720 gon %%@

|ih 0.0000 m |

For M5|Adr 4|TI Polarpunktmessung |m 1.000011 | | %%@

|

For M5|Adr 5|PI1 2|D 39.5520 m |Hz 344.69940 gon %%@

|V1 298.16700 gon |

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3 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 23

For M5|Adr 6|PI1 2|y 4590443.8670 m |x 5824727.3750 m |z %%@

0.0000 m |

For M5|Adr 7|PI1 60|D 27.0310 m |Hz 387.70240 gon %%@

|V1 297.18600 gon |

For M5|Adr 8|PI1 60|dy -6.0670 m |dx -9.9080 m %%@

|dz 0.0000 m |

Bei diesem Format sind die gleichen Elemente wie im vorhergehenden Beispiel an-gegeben. Man erkennt hierbei sehr deutlich, die Ahnlichkeit zwischen den beidenZeiss-Formaten.Ahnlich verhalt es sich bei den Leica-Formaten GRE3, GRE4 und GIF10.

Format GTS-700 der Firma TOPCON:

GTS-800 v3.2

JOB D:\TESTUNITS M,G

SCALE 0.999892,0.999892,0.000000

DATE 26/04/00,18:29:43

TEMP 25,980

RES OBS 2,0.000,1

SD 344.69940,298.16700,39.5520

RES OBS 60,0.000,1

SD 387.70240,297.18600,27.0310

VorlaufAuftrag, BeschreibungMaßeinheit, hier m und gonMaßstabsfaktorDatum, UhrzeitTemperatur, LuftdruckPunktnummer, Zielhohe und Zahler bei freier StationierungHorizontalwinkel, Vertikalwinkel, SchragstreckePunktnummer, Zielhohe und Zahler bei freier StationierungHorizontalwinkel, Vertikalwinkel, Schragstrecke

Bei diesem Format sind die gleichen Elemente wie im vorhergehenden Beispiel ange-geben. Die Koordinaten als Ausgangs- oder als Ergebnisdaten stehen in einer eigenenDatei entsprechend dem nachfolgenden Beispiel mit den obigen Koordinatenwerten.

Koordinatenformat der Firma TOPCON:

60,4590424.6770,5824696.1660,0.0000,PT

1301993,4590405.8470,5824716.5340,0.0000,PT

2,4590443.8670,5824727.3750,0.0000,PT

Man erkennt bereits an diesen vier Beispielen sehr anschaulich den Aufbau derAustauschformate. Hier wird also entweder mit Stellungsparametern, die in der Daten-reihenfolge an einer bestimmten Stelle bzw. auch in einem bestimmten Spaltenbereichstehen mussen, oder mit Schlusselzahlen, die die Bedeutung der nachfolgenden Zahlen-werte angeben, gearbeitet.

3.3 Automatischer Datenfluss

• Der Sinn des automatischen Datenflusses besteht darin, dass die Datenweitergabesehr effektiv und sehr sicher durchgefuhrt wird.Dabei werden die Daten in einem mit dem Instrument verbundenen Speichergesichert. Im nachsten Schritt werden diese Daten auf einen PC ubertragen.Auf dem PC erfolgt dann der Datenfluss bis zum Auswerteprogramm, z.B. derinteraktiven graphischen Bearbeitung.

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Geratespeicherz.B. GRE4 oder REC 500

↓PC mit serieller

Schnittstelle

Physikalischer Datenflussohne Anderung derDatenstruktur

• Beim physikalischen Datenfluss zwischen dem gerateeigenen Datenspeicher unddem Auswerte-PC muss der Datenfluss physikalisch moglich sein, d.h.:

– Das Ubertragungsprotokoll und die Ubertragungsgeschwindigkeit muss fest-gelegt werden

– Es werden zwei Programme zur Ubertragung der Daten gestartet (im PC undim Instrument)Sie steuern die Ubertragung durch das gegenseitige Zusenden von Steuerzei-chen. Welche Art von Zeichen mit welcher Aussage gesendet werden, hangtvon den eingesetzten Programmen ab.

−→ Damit sind die Daten auf den verarbeitenden PC im vorgegebenen Format ubert-ragen.

• Am PC mussen Formatumwandlungen der Messungsdaten zur Verarbeitung ineinem geodatischen Berechnungsprogramm bzw. Formatumwandlungen der Koor-dinatenwerte in das interaktive-graphische Auswertesystem durchgefuhrt werden.Hierbei ist es wichtig, dass keine eventuell vorhandenen Verschlusselungen verlorengehen!

– Die Beobachtungsdaten konnen im Feld bereits so verschlusselt werden, dassdas auswertende Programm erkennt, um welche Art von Objektpunkt es sichhandelt.

– Die Verschlusselung orientiert sich dabei am Auswerteprogramm oder wirdin der landesweit einheitlichen Form des OSKA (Objektschlusselkatalog derAutomatisierten Liegenschaftskarte (ALK)) vorgenommen.

– Da beide Verfahren im Feld die Kenntnis eines umfangreichen Schlusselkata-logs und auch die Eingabe recht langer Schlusselzahlen bedingen, konnen imFeld auch abgekurzte Schlusselzahlen genutzt werden, die fur die eigentlicheBearbeitung jedoch umgesetzt werden mussen.

• Das Ergebnis wird haufig nicht nur graphisch ausgegeben, sondern in digitalerForm weitergereicht.

– Fur den Austausch der Graphikdaten hat sich im PC-Bereich das DrawingExchange Format (DXF) durchgesetzt.Der Nachteil dieses Formats besteht darin, dass keine logischen Informationenzu den Graphikdaten mitubertragen werden.

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3 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 25

Daten derFeldspeicherim entsprechendenFormat

GeodätischeBerechnungen

Umwandlung der Verschlüsselung

Grafisch-interaktiveBearbeitung

GrafischeAusgabe der Ergebnisse

Format-umwandlung

Format-umwandlung

Format-umwandlung

PC

Abbildung 10: Flussbild der Datenverarbeitung im PC

– Beim Austausch von Graphikdaten einschließlich der logischen Zusam-menhange wird zumindestens in Deutschland sehr haufig die Einheitliche Da-tenbankschnittstelle (EDBS) eingesetzt.Dieses Format ist eine lineare Abbildung der Datenstruktur der ALK bzw.ATKIS und ubertragt dementsprechend sowohl die graphischen Elemente alsauch den logischen Zusammenhang dieser Elemente in Folienanordnung.

3.4 Graphisch-interaktive Bearbeitung im Innendienst

• Fur die graphisch interaktive Bearbeitung der Ergebnisse liegen im PC-Bereich eineVielzahl von Systemen vor (z. B. Geograph, CADDY).

• Auch im kommerziellen Bereich liegen meist auf dem Betriebssystem UNIX eineganze Reihe von Systemen vor (z. B. SICAD, DAVID, GIAP).

• Beide Bereiche haben sich in den letzten Jahren stark in die Richtung vonGeoinformationssystemen (GIS) angenahert.Fur geodatische Anwendungen kommen eigentlich nur noch Systeme mit derAusrichtung GIS in Frage. Das bedeutet, dass nicht nur die reine Graphikaufgebaut und gespeichert wird sondern auch eine logische Strukturierung derDaten vorgenommen wird.

• Es erfolgt eine Klassifizierung der Daten nach dem Folienkonzept oder in Ebenenbzw. Layern, was dem Zusammenfassen gleichartiger Objekte entspricht.

Nachfolgend sind die Folien der ALK als Beispiel fur diese Klassifizierung auf-gefuhrt.

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3 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 26

Folie Inhalt001 Flustucke002 Gemarkung, Flur003 Politische Grenzen011 Gebaude021 Flachen der tatsachlichen Nutzung023 Grenzeinrichtungen028 Gelandeform050 Numerierte Punkte der Punktart 0 (TP)051 Numerierte Punkte der Punktart 1 (AP)052 Numerierte Punkte der Punktart 2 (Grenzpunkt)053 Numerierte Punkte der Punktart 3 (Gebaudepunkt)054 Numerierte Punkte der Punktart 4 (Topographischer Punkt)055 Numerierte Punkte der Punktart 5 (Sonstiger Punkt)058 Numerierte Punkte der Punktart 8 (Schwerepunkt)059 Numerierte Punkte der Punktart 9 (Nivellementspunkt)061 Kommunale Abgrenzungen062 Grundstucksbezogene Grenzen063 Andere gesetzliche Grenzen064 Versorgung und Entsorgung071 Kartenblatt, -rahmen und -rand081 Basistopographie Flurkarte082 Erganzungstopographie085 Landerspezifische Punktdarstellung086 Landerspezifische Gebaudedarstellung520 Baumkataster

• Nach dieser logischen Sortierung der graphischen Elemente (Punkt, Linie, Bogenund Flachen) erfolgt eine Verschlusselung dieser Elemente und eine Zusammen-fassung zu logischen Objekten.

Beispiel ALK:Die Objektdefinitionen sind im Objektabbildungskatalog (OBAK) und die Ver-schlusselungen im Objektschlusselkatalog (OSKA) festgeschrieben.Im OBAK ist z. B. fur ein Gebaude festgelegt, wie der Name des Gebaudesaufgebaut ist, dass das Gebaude flachenformig ist und welche geometrischenElemente mit welchen Schlusselzahlen zulassig sind.

Schlussel Bedeutung1013 Begrenzungslinie eines

nichtoffentlichen Geb.1014 Offene Begrenzungslinie1033 Anzahl der Vollgeschosse1041 Durchfahrt im Gebaude1045 Markierung fur Uberdachung

1013

1041 1033

V

1013

1014

1045

Vermessungskunde fur das 4. Semester (Stand: 2. April 2005)

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3 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 27

• Die Speicherung der Geometrie (Punkte, Linien und Bogen) erfolgt bei der ALKredundanzfrei.Das bedeutet, dass ein Punkt oder eine Linie nur ein Mal mit seinen geometrischenAngaben gespeichert wird. Da auf der anderen Seite Punkte und Linien unter-schiedlichen Objekten zugeordnet sein konnen, mussen eventuell Linienteilungendurchgefuhrt werden und die unterschiedlichen Bedeutungen der geometrischenElemente gespeichert werden.

• Diese logische Strukturierung erfolgt in allen geographischen Informationssystemenin gleicher Art und Weise, nur die Bearbeitungsschritte unterscheiden sich dabei.

• Das gleiche lasst sich fur die graphische Bearbeitung aussagen, die sich bei deneinzelnen Systemen wie SICAD, Geograph, CADDY usw. unterscheidet.Auch die Integration von geodatischen Berechnungen ist bei den einzelnen Syste-men unterschiedlich gelost.

• Die Ubernahme der Objektpunkte mit den zugehorigen Koordinaten erfolgt fastausnahmslos im automatischen Datenfluss.Die Aufbereitung der Graphik erfolgt entweder uber einen im Feld aufgenommenenHandriss oder uber eine im Feld vorgenommene Verschlusselung.

3.5 Graphisch-interaktive Bearbeitung im Feld

• Mit der Leistungsexplosion im Hardwarebereich ist die Software mittlerweile nichtnur stationar im Innendienst sondern auch auf einem Laptop im Feld einsetzbar.

• Bei einer Kopplung des elektronischen Messsystems mit einer Hardware, die denEinsatz der Graphiksoftware erlaubt, ist die oben angegebene graphisch interaktiveBearbeitung bereits vor Ort moglich.Eine Bearbeitung dieser Art wird naturlich noch effektiver, wenn auf einem vor-handenen graphischen Datenbestand eine Fortfuhrung im Feld durchgefuhrt wird.

3.6 Einsatz RTK

• Das Satellitenverfahren GPS lasst sich auch fur die Aufnahme großerer Punktmen-gen wie bei der Gelandeaufnahme einsetzen (siehe Vermessungskunde III).

• Voraussetzung dabei ist, dass keine Signalabschattungen zwischen Empfanger undden Satelliten bestehen.Sichtverbindungen zwischen den Punkten und zur Basisstation brauchen nicht vor-liegen.

• Erreichbaren Genauigkeiten beim Einsatz von RTK:Lage → einige Zentimeter undHohe → etwa der dreifache Wert der Lagestandardabweichung (wegen derungunstigen Schnitte ausgehen)

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3 MODERNE TACHYMETERAUFNAHME 28

• Eingesetzt wird bei der Real Time Kinematik das differentielle GPS-Verfahren miteiner Basisstation (Base), zu der die relativen Koordinaten mit beweglichen GPS-Empfangern (Rover) bestimmt werden.Damit lassen sich sehr effektiv Gelandeaufnahmen relativ zu einem Punkt, derlage- und hohenmaßig im Bearbeitungskoordinatensystem bekannt sein muss, be-stimmen.

• Instrumentarium des Rovers:

– Antenne und Controller an einem Lotstab

– sowie der restlichen Messeinrichtung meist in einem Rucksack

• Zur relativen Positionsbestimmung sind die Daten als Korrektur- oder Beobach-tungsdaten zwischen der Basisstation und dem Rover per Funk auszutauschen.Die Ubertragungsrichtung ist davon abhangig an welcher Stelle die relativen Ko-ordinaten ermittelt werden sollen. (Der Rover ist zusatzlich mit der notwendigeFunkeinrichtung und den entsprechenden Auswerteinrichtungen (Programmen) zuversehen).

• Beispiel eines Geratesystems: Leica System 500Das Geratesystem ist (auch) fur den Einsatz mit SAPOS entwickelt worden (Ein-satz z.B. in Brandenburg).

Abbildung 11: Leica GPS-Geratesystem 500Von links nach rechts: Smart-Gate (Datenubertragung), Bedieneinheit, GPS-Empfanger,Antenne, Gesamtansicht

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4 DIGITALE GELANDEMODELLE (DGM) 29

Abbildung 12: Leica GPS-Geratesystem 500, Bedieneinheit

In der Abbildung 12 sind im Display u.a.folgende Informationen ablesbar:

- es handelt sich um Rover-Empfanger

- Empfang von 7 Satelliten

- Signal-Rausch-Verhaltnis auf beiden Frequenzen

- Datenempfang von Referenzstation ist OK

- Zeit und restliche Batteriekapazitat

- 3-D-Koordinaten

- Qualitat der augenblicklichen Koordinaten- und Hohenbestimmung

4 Digitale Gelandemodelle (DGM)

4.1 Allgemeines

• Vielfach ist man heute dazu ubergegangen, die Ergebnisse einer Gelandeaufnahmenicht nur in analoger Form auszugeben sondern auch in digitaler Form als digitalesGelandemodell abzuspeichern.

• Der Sinn dieser Datenmodelle besteht einerseits darin die Fortfuhrung zu verein-fachen und andererseits darin, diese Ergebnisse fur vielfaltige Zwecke weiterzuver-arbeiten.

• Im Zusammenhang mit topographischen Vermessungen kann man folglich das digi-tale Gelandemodell als weitgehend unabhangigen Zahlenspeicher zur numerischenBeschreibung der Topographie auffassen.

• Das DGM besteht aus dem digitalen Hohenmodell und dem digitalen Land-schaftsmodell.

Vermessungskunde fur das 4. Semester (Stand: 2. April 2005)

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4 DIGITALE GELANDEMODELLE (DGM) 30

4.2 Digitales Hohenmodell

• Als digitales Hohenmodell bezeichnet man die Menge der digital gespeichertenHohenwerte, die als Funktion der Lage der Punkte, die Hohenstruktur des Gelandeshinreichend genau reprasentieren.

• Bei der Speicherung der Daten ist als zusatzliche Information aufzunehmen, inwelcher Form die Daten vorliegen.Liegen nur die Messungsdaten vor, ist zu vermerken, in welcher Art die Vermes-sung (z. B. Rasteraufnahme oder Aufnahme des Gelandeprtofils) erfolgt ist, undes ist eine Uberarbeitung der Messungsdaten erforderlich.Liegen bereits abgeleitete Daten vor, so konnen diese direkt weiterverarbeitet wer-den.

• Man nutzt dabei oft Polynome, die die Abhangigkeit der Hohe von den Lagekoor-dinaten wiedergeben. Die Bestimmung der Koeffizienten dieser Polynome erfolgtuber die aufgenommenen dreidimensionalen Koordinaten und der Auflosung deszugehorigen Gleichungssystems nach der Methode der kleinsten Quadrate (Aus-gleichungsrechnung).

H(X, Y ) = a00 + a10X + a01Y + a20X2 + a22XY + a02Y

2 + . . . (11)

wobei H die Hohe, X und Y die Lagekoordinaten und aij die unbekannten Koef-fizienten darstellen.

4.3 Digitales Landschaftsmodell

• Das digitale Landschaftsmodell umfasst die digitale Speicherung der als Grundrissbezeichneten Informationen.

• Jedem Punkt wird als zusatzliche Information beigegeben, um welche Art vonPunkt es sich handelt.Die Speicherung dieser Information wird sinnvollerweise in der Art durchgefuhrt,wie es bei geographischen Informationssystemen vorgenommen wird. Bei der ALKund auch bei ATKIS werden die Informationen objektweise gespeichert. Das be-deutet, dass dem Objekt die Information uber die Art des Objektes beigegeben istund die zugehorige Geometrie mit dem Objekt verknupft wird.

Vermessungskunde fur das 4. Semester (Stand: 2. April 2005)

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5 TRIGONOMETRISCHE HOHENMESSUNG 31

5 Trigonometrische Hohenmessung

(tlw. Wiederholung aus 2. Semester)

5.1 Grundlagen/Prinzip

P1

P2

z

s

H

∆h = s cot z

• Ermittlung von Hohenunterschieden aus Entfernun-gen und Vertikalwinkeln

• im Gegensatz zum geometrischen Nivellement er-folgt die Messung nicht aus der Mitte, sondern voneinem Entpunkt des Hohenunterschiedes aus

• die Einflusse von Erdkrummung und Refraktion (ge-krummter Lichtweg) sind daher unbedingt zu be-achten

P1

P2

H1

H2

H1

cE

cR

z12

/2

/2

- cE ist der Einfluss der Erdkrummung auf die trigonometrische Hohenubertragung

- cR ist der Einfluss des gekrummten Lichtweges

Einfluss der Erdkrummung

(

(/2

100 -(

P1

P2

M

so

s

R R

�CE s ≈ s0 sinγ

2=

s

2R

cE

sin γ2

=s

sin(100 − γ)

cE · 2Rs

=s

cos γ

cE =s2

2R cos γ≈ s2

2R

Naherung fur R: 6370 km

Vermessungskunde fur das 4. Semester (Stand: 2. April 2005)

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5 TRIGONOMETRISCHE HOHENMESSUNG 32

Beispielwerte fur den Einfluss der Erdkrummung:

s [km] 0.1 0.2 0.5 1 2 5 10cE 0.8mm 3.1mm 19.6mm 78.5mm 32cm 1.96m 7.9m

Einfluss des gekrummten Lichtweges (Refraktion)

• die (optische) Dichte der Luft nimmt mit zunehmender Hohe abdadurch kommt es zu einer kontinuierlichen Brechung des Zielstrahls

• Der Einfluss des gekrummten Lichtweges lasst sich analog berechnen, wenn derLichtweg im Raum als Kreisbogen mit dem Radius r angenommen wird

• Das Verhaltnis der Radius der Lichtkurve zum Erdradius wird als Refraktionskoef-fizient k bezeichnet

k = R/r

der Wert fur k betragt etwa k ≈ 0.125, da r ≈ 8R (fur Zielungen außerhalb derbodennahen Luftschicht!)

• der Refraktionskoeffizient kann stark variieren:

– durch Variationen von Luftdruck und Temperatur entlang des Zielstrahls(vertikaler Temperaturgradient!)

– in Bodennahe Beeinflussung durch verschiedene lokale Effekteschwer fassbare Reflektion/Absorbtion der Sonneneinstrahlung (Bewuchs,Asphalt/Beton, Wasserflachen, . . . )

– k ist ortlichen und zeitlichen Schwankungen unterworfen

• Erfassung der Refraktionseinflusse auf die Vertikalwinkelmessung ist sehr schwierigKorrektionen sind meist unsicher zu berechnen =⇒ Eleminierung durch Mes-sungsanordnung

cR ≈ − s2

2r

und mit k = R/r r = R/k

cR ≈ −k · s2

2R

Beispielwerte fur den Einfluss der Refraktion:(mit k =0.125)

s [km] 0.1 0.2 0.5 1 5 10cE 0.1mm 0.4mm 2.5mm 9.8mm 24.5cm 0.981m

Vermessungskunde fur das 4. Semester (Stand: 2. April 2005)

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5 TRIGONOMETRISCHE HOHENMESSUNG 33

Damit lasst sich der Hohenunterschied zwischen den beiden Punkten P1 und P2 berech-nen:

∆h = H2 − H1 = s · cot z + iP1 − zP2 +s2

2R− k · s2

2R

∆h = s · cot z + iP1 − zP2 + (1 − k)s2

2R

(iP1 Instrumentenhohe in P1, zP2 Zielpunkthohe in P2)

• Der Korrektionsterm fur Erdkrummung und Refraktion kann fur kurze Zielweiten(<100m) vernachlassigt werden (entsprechend den Genauigkeitsforderungen!)

• Eleminierung der Einflusse von Erdkrummung und Refraktion durch gegenseitigezeitgleiche Messung moglich!

∆h = s · tan(

z21 − z12

2

)

5.2 Trigonometrisches Nivellement

• schrittweises Aneinanderreihen von trigonometrischen Hohenubertragungen (ahn-lich geometrischem Nivellement)

• Moglichkeit der Wahl großerer Zielweiten als beim geom. Niv. (> 100m)=⇒ weniger Instrumentenstandpunkte bei großen Hohenunterschieden

• gunstig und effektiv beim Einsatz elektronischer Tachymeter

• Anwendung z.B. bei Trassierung von Verkehrsanlagen, Passpunktbestimmungen,Polygonzugen

15

43

2

z21 z23s21 s23

15

43

2

z32z34

s32s34

A

B

Trigonometrisches Nivellement mitgegenseitiger Zenitwinkelmessung

15

43

2

z21 z23

s21 s23

15

43

2

z43z45

s43s45

A

B

Trigonometrisches Nivellement mitSprungstanden

• Messung zwischen den Endpunkten einer Strecke zweimal (Hin- und Ruckmes-sung), dadurch Eleminierung von Erdkrummung und (zum Teil) Refraktiongegenseitige Zenitwinkelmessung!

• oder Messung in Sprungstandengleiche Zielweiten zwischen den

”Vor-“ und

”Ruckblicken“ auf einem Standpunkt

erforderlich!

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5 TRIGONOMETRISCHE HOHENMESSUNG 34

kurzseitiges trigonometrisches Nivellement:

- Zielweiten < 200m

- Visuren meist parallel zur Erdoberflache

- Refraktionsfeld relativ homogen und bei Hin- und Ruckmessung weitgehend kon-stant (kurzer zeitlicher Abstand!)

⇒ Erdkrummung und Refraktion beeinflussen Ergebnis kaum, auch bei Messung inSprungstanden

langseitiges trigonometrisches Nivellement:

- Zielweiten 200 bis 600m

- Abstande der Zielstrahlen zur Erdoberflache variabel, variable Bodenverhaltnisse

- Refraktionsfeld inhomogen; durch Hin- und Ruckmessung fur jede Strecke weitge-hend eleminierbar

⇒ Erdkrummung und Refraktion beeinflussen Ergebnis wenig; bei Messung inSprungstanden gleiche Zielweiten erforderlich

◦ Bei sehr langen Zielweiten (> 1km) ist nicht nur gegenseitige sondern auch zeit-gleiche Messung notwendig!

Die Berechnung der Hohenunterschiede erfolgt nach der bereits bekannten Formel (ein-schließlich der Glieder zur Berucksichtigung von Erdkrummung und Refraktion):

∆h = H2 − H1 = s · cot z + (1 − k)s2

2R+ hi − hz

bzw. fur steile Zielungen:

∆h = H2 − H1 = s · cot z + (1 − k

sin z)

s2

2R+ hi − hz

mit: hi Instrumentenhohehz Zieltafel- bzw. Reflektorhohe

5.3 Trigonometrische Hohenubertragung uber große Distanzen

• bei den nachfolgenden Betrachtungen wird die Erde als Kugel angenommen (mitt-lerer Radius 6371 km)in den meisten Fallen ist diese Naherung ausreichend

• fur genauere Annaherungen an die tatsachliche Erdfigur konnen andere (zusatzli-che) Annahmen getroffen werden (ellipsoidische Gestalt, Geometrie des Geoides)

⇒ siehe Vorlesung Landesvermessung (7. Semester)

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5 TRIGONOMETRISCHE HOHENMESSUNG 35

5.3.1 Hohenunterschiede aus einseitig beobachteten Zenitdistanzen

Fur genauere Bestimmungen bei großen Hohenunterschieden wird die horizontale Ent-fernung auf die mittlere Hohe Hm reduziert.

Hm =H1 + H2

2

es ergibt sich:

∆h = H2 − H1 = s(1 +Hm

R) · cot z + (1 − k

sin z)

s2

2R+ hi − hz

Wenn s nicht gemessen sondern aus Koordinaten der Endpunkte eines Hohenunterschie-des gerechnet wird, ist zusatzlich die Projektionsverzerrung des Koordinatensystems zuberucksichtigen.

5.3.2 Hohenunterschiede aus gegenseitig beobachteten Zenitdistanzen

Bei gegenseitig gleichzeitig beobachteten Zenitdistanzen ergibt sich entsprechend:

∆h = H2 − H1 = s(1 +Hm

R) · tan(

z21 − z12

2) +

hi1 + hz1 − hz2 − hi2

2

und mit hi1 = hz1 und hi1 = hz1:

∆h = H2 − H1 = s(1 +Hm

R) · tan(

z21 − z12

2) + hi1 − hz2

5.3.3 Fehlerbetrachtung zur Hohenubertragung uber große Distanzen

Einseitige Zenitwinkelmessung:

s2∆h =

((1 +

Hm

R) cot z − k · s

R sin z

)2

s2s+

(−s(1 + Hm

R )sin2 z

+∆h · k · ssin z · 2R

)2

s2z+(− s2

sin z · 2R

)2

s2k+s2

hi+s2

hz

Gegenseitige Zenitwinkelmessung:

s2∆h =

((1 +

Hm

R) tan(

z21 − z12

2))2

s2s+

((1 + Hm

R )2 cos2( z21−z12

2 )

)2

s2z21

+

(− (1 + Hm

R )2 cos2( z21−z12

2 )

)2

s2z12

+s2hi1

+s2hz2

- die Fehler der mittleren Hohe und des Erdradius konnen i.d.R. vernachlassigt wer-den

- bei Zenitdistanzen ≈ 100gon geht der Einfluss des Streckenfehlers stark zuruck(bei z ≈ 97gon geht ss nur noch mit ca. 5% in das Ergebnis fur ∆h ein)

- Strecken konnen aus Koordinaten gerechnet werden (wenn Messung schwierig)

- die Strecken konnen auch aus Zenitdistanzmessungen zu einem vertikalen Maßstababgeleitet werden:

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5 TRIGONOMETRISCHE HOHENMESSUNG 36

zo

s

zu

o

u

l

h

Streckenmessung aus Ablesungen anvertikaler Latte

l + h = s · cot zo h = s · cot zu

=⇒ s =l

cot zo − cot zu=

o − u

cot zo − cot zu

5.4 Bestimmung der Refraktion

z1

z2

z1

z2

11

2

RR

r

r

s'

s

Aus gegenseitigen Zenitwinkelmessungen kannauch der Refraktionskoeffizient bestimmt wer-den:

z1 + ∆z1 + β1 = 200gon

z2 + ∆z2 + β2 = 200gon

β1 + β2 + γ = 200gon

z1 + ∆z1 + z2 + ∆z2 = 200gon + γ

∆z1 = ∆z2 = ∆z =1

γ =s

Rδ =

s′

r∆z =

s′

2r

k =R

rr =

R

k

∆z =s′

2Rk ≈ s

2Rk

z1 + z2 + 2∆z = 200gon + γ

z1 + z2 +s

Rk = 200gon +

s

R

z1 + z2 − 200gon =s

R(1 − k)

k = 1 − (z1 + z2 − 200gon)R

s

Nach dem Varianzfortpflanzungsgesetz erhalt man fur die Standardabweichung sk:

s2k =

(R

s

)2

s2z1

+(

R

s

)2

s2z2

+((z1 + z2 − 200gon)

R

s2

)2

s2s

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5 TRIGONOMETRISCHE HOHENMESSUNG 37

Beispiel:

gegeben: s = 1578.12m ±20mmz1 = 98.8638gon ±2mgon z2 = 101.1510gon ±2mgonH1 = 35.623m ±2mm

gesucht: H2 ≈ 64m, sH2 , k, sk

Ergebnis: ∆h = 28.352m ±35.0mmH2 = 63.975m ±35.1mmk = 0.062 ±0.179

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