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VERNEHMLASSUNGSBERICHT DER REGIERUNG BETREFFEND DIE ABÄNDERUNG DES GESETZES ÜBER DIE RECHTSANWÄLTE Ressort Präsidium Vernehmlassungsfrist: 16. Januar 2007

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VERNEHMLASSUNGSBERICHT

DER REGIERUNG

BETREFFEND

DIE ABÄNDERUNG DES GESETZES ÜBER

DIE RECHTSANWÄLTE

Ressort Präsidium

Vernehmlassungsfrist: 16. Januar 2007

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INHALTSVERZEICHNIS

Seite

Zusammenfassung ................................................................................................... 4

Zuständiges Ressort................................................................................................. 4

Betroffene Amtsstellen............................................................................................ 4

1. Ausgangslage ................................................................................................. 5

2. Vorgehen der Regierung ................................................................................ 7

3. Schwerpunkte der Gesetzesvorlage ............................................................... 9

4. Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen.......................................... 13

4.1 Allgemeines ........................................................................................ 13 4.2 Umfang des Vertretungsrechts (Art. 7 Abs. 1 und 2)......................... 13 4.3 Beschränkung des Zwecks der Rechtsanwaltsgesellschaften (Art.

10 Abs. 1) ........................................................................................... 14 4.4 Vorschriften bei der Bildung der Firma (Art. 10 Abs. 3) ................... 15 4.5 Die Beschränkung der möglichen Rechtsformen (Art. 10 Abs. 2)..... 15 4.6 Verbot der Beteiligung von Rechtsanwaltsgesellschaften an

anderen Rechtsanwaltsgesellschaften (Art. 10 Abs. 4) ...................... 17 4.7 Liste der Rechtsanwaltsgesellschaften (Art. 10a) .............................. 17 4.8 Zulassung und Haftpflichtversicherung (Art. 10b) ............................ 18 4.9 Beschränkung des Kreises möglicher Gesellschafter (Art. 10c

Abs. 1) ................................................................................................ 19 4.10 Ausschluss der Einflussnahme Dritter (Art. 10c Abs. 2 und 3) ......... 20 4.11 Verbot von Sternbeteiligungen (Art. 10c Abs. 4)............................... 21 4.12 Geschäftsführung (Art. 10d)............................................................... 22 4.13 Vertretung der Gesellschaft (Art. 10e) ............................................... 22 4.14 Unabhängigkeit der Berufsausübung (Art. 10f) ................................. 23 4.15 Berufs- und Standespflichten (Art. 10g) ............................................ 25 4.16 Liquidation der Rechtsanwaltsgesellschaft (Art. 10h) ....................... 25

5. Vernehmlassungsvorlage ............................................................................. 26

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ZUSAMMENFASSUNG

Gemäss der geltenden Rechtslage ist es Rechtsanwälten in Liechtenstein nicht

erlaubt, sich in Form einer juristischen Person zusammenzuschliessen. Für

Rechtsanwalts-Sozietäten stehen derzeit ausschliesslich die Rechtsformen der ein-

fachen Gesellschaft und der Kollektivgesellschaft zu Verfügung. Dies wurde bis-

lang insbesondere mit der Verpflichtung des Rechtsanwalts zur unabhängigen und

eigenverantwortlichen Berufsausübung begründet. Der Unabhängigkeit des

Rechtsanwalts wird in Liechtenstein ein hoher Stellenwert beigemessen.

Der Staatsgerichtshof hat sich kürzlich in einem Urteil mit der Frage der Zuläs-

sigkeit der Beschränkung von Rechtsanwalts-Sozietäten auf die beiden vorge-

nannten Rechtsformen auseinandergesetzt und hat diese Frage bejaht. Gemäss

diesem Urteil des Staatsgerichtshofs ist die Beschränkung von Rechtsanwalts-

Sozietäten auf die einfache Gesellschaft und die Kollektivgesellschaft durchaus

zulässig und verhältnismässig, wobei der Staatsgerichtshof jedoch auch feststellte,

dass geänderte Realien durchaus für eine Anpassung der entsprechenden Rege-

lungen sprechen könnten. Im internationalen Vergleich ist ersichtlich, dass der

Trend dahingehend ist, den Rechtsanwälten auch Zusammenschlüsse in Form von

juristischen Personen zu ermöglichen. Die entsprechenden Bestimmungen sind

dabei je nach Land unterschiedlich ausgestaltet, insbesondere was die zugelasse-

nen Gesellschaftsformen sowie die Ausgestaltung der entsprechenden begleiten-

den Bestimmungen betrifft. Die internationalen Entwicklungen sprechen somit

dafür, Zusammenschlüsse von Rechtsanwälten auch in der Form juristischer Per-

sonen zuzulassen. Dabei sind jedoch wesentliche Punkte, wie die Sicherstellung

der rechtsanwaltlichen Unabhängigkeit, die zulässigen Rechtsformen, der Um-

fang der Vertretungsbefugnis oder die Geschäftsführung durch entsprechende

Gesetzesbestimmungen zu regeln.

ZUSTÄNDIGES RESSORT

Ressort Präsidium

BETROFFENE AMTSSTELLEN

Finanzmarktaufsicht Liechtenstein

Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt

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Vaduz, 28. November 2006

RA 2006/3044

1. AUSGANGSLAGE

Nach Art. 10 Abs. 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 1992 über die Rechtsanwälte

(RAG), LGBl. 1993 Nr. 41, können zwei oder mehrere Rechtsanwälte in der Form

einer einfachen Gesellschaft oder einer Kollektivgesellschaft eine Rechtsanwalts-

Sozietät errichten. Jeder Gesellschafter muss jedoch persönlich unbeschränkt

haftbar sein. Die Möglichkeit, sich in einer rechtsfähigen Gesellschaft zusammen-

zuschliessen, sieht das RAG hingegen nicht vor.

In Liechtenstein konnten sich bis anhin Treuhänder, Wirtschaftsprüfer, aber auch

andere Unternehmer in der Rechtsform einer juristischen Person organisieren.

Zwar gibt es gute Gründe, die bei der Zulassung von juristischen Personen als

Rechtsform für die Zusammenarbeit von Rechtsanwälten eine gewisse Zurückhal-

tung gebieten. Für einen völligen Ausschluss dieser Möglichkeit besteht jedoch

auch in Liechtenstein kein Anlass..

Ein Blick auf die internationalen Entwicklungen in diesem Bereich zeigt, dass es

Rechtsanwälten in verschiedenen EU-Staaten und in der Schweiz möglich ist, sich

in der Rechtsform einer juristischen Person zu organisieren. So können sich bei-

spielsweise die Rechtsanwälte in Deutschland und Österreich in der Rechtsan-

walts-GmbH organisieren, in Frankreich ist der Zusammenschluss in einer société

d'exercice libéral à responsabilité limitée möglich. In Deutschland und in Öster-

reich hat der Gesetzgeber für die Rechtsanwalts-GmbH im Berufsrecht der

Rechtsanwälte eine spezielle gesetzliche Regelung geschaffen. Diese soll zum

einen die Unabhängigkeit der in der GmbH organisierten Rechtsanwälte sicher-

stellen, zum anderen begründet sie die Postulationsfähigkeit der Rechtsanwalts-

GmbH. Danach ist es nicht notwendig, den einzelnen Rechtsanwälten Prozess-

vollmacht zu erteilen. Im Prozess kann die Rechtsanwalts-GmbH als juristische

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Person auftreten, sie handelt allerdings durch ihre Organe und Vertreter, welche

die für die Erbringung der rechtsbesorgenden Leistung vom Gesetz vorgeschrie-

benen Voraussetzungen erfüllen müssen.

Auch die Aktiengesellschaft ist in vielen Ländern als Organisationsform für

Rechtsanwälte zugelassen, so unter anderem in Dänemark, Finnland, Frankreich,

den Niederlanden und in Norwegen. In Deutschland haben verschiedene Rechts-

anwaltskammern der Rechtsanwalts-AG den Zugang zum Rechtsanwalt-Markt

verweigert. Mit Beschluss vom 10. Januar 2005 bejahte dann aber der Bundesge-

richtshof (BGH) die Zulässigkeit der Rechtsanwalts-AG (BGH NJW 2005, 1568).

Nach Auffassung des BGH sieht § 59 c Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung

(BRAO) als mögliche Rechtsanwaltskörperschaft zwar nur die Gesellschaft mit

beschränkter Haftung vor, wenn sie die in § 59 d BRAO genannten Vorausset-

zungen erfülle. Daraus folge aber nicht, dass der Aktiengesellschaft der Zugang zu

Beratung und Vertretung in Rechtsanwaltsangelegenheiten verwehrt sei. Die §§

59 c ff. BRAO enthielten für das Gebiet der rechtsanwaltlichen Berufsausübung

kein gesetzliches Verbot der Aktiengesellschaft. Auch eine Aktiengesellschaft

könne daher beanspruchen, als Rechtsanwaltsgesellschaft zur Berufsausübung

zugelassen zu werden.

Auch der Staatsgerichtshof hat sich bereits mit der Thematik der Zulässigkeit von

Rechtsanwaltsgesellschaften auseinandergesetzt. In seinem Urteil vom 3. Juli

2006 zu StGH 2006/5 stellte der Staatsgerichtshof fest, dass der Textteil in Form

einer einfachen Gesellschaft oder einer Kollektivgesellschaft von Art. 10 Abs. 1

RAG und Art. 10 Abs. 1 Bst. b RAG mit dem Wortlaut jeder Gesellschafter

muss persönlich unbeschränkt haftbar sein verfassungskonform seien. Der Ge-

setzgeber sei davon ausgegangen, dass nur die in Art. 10 RAG genannten Gesell-

schaftsformen zur Verfügung stehen und die Wahl der juristischen Personen aus-

geschlossen sein solle. Dabei handle es sich um eine Einschränkung der freien

Wahl der Rechtsform für das Zusammenwirken der Rechtsanwälte. Die Rechts-

anwältinnen und Rechtsanwälte könnten zwar ihre Tätigkeit zusammen mit ande-

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ren Rechtsanwälten ausüben. Sie seien aber nicht frei, sich in jeder der vom Pri-

vatrecht zur Verfügung gestellten Gesellschaftsformen zu organisieren. Es sei

hinreichend klar ersichtlich, dass der Gesetzgeber juristische Personen für Rechts-

anwalts-Sozietäten ausschliessen wollte. Dieses Verbot sei hinreichend bestimmt

und durch die Beratungen und Materialien bestätigt. Hinsichtlich der Frage der

Verhältnismässigkeit habe der Gesetzgeber seine Gestaltungsfreiheit noch nicht

überschritten, obgleich erkennbar gute Gründe für grösseren Spielraum der

Rechtsanwälte hinsichtlich der Gesellschaftsformen bestehen würden. Veränderte

Realien könnten durchaus die Notwendigkeit offenkundig werden lassen, bisheri-

ge Berufsregelungen zu überdenken und den Erforderlichkeiten der Zeit anzupas-

sen.

Aus dieser Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes wird ersichtlich, dass die Be-

schränkung auf die in Art. 10 RAG genannten Gesellschaftsformen, nämlich die

einfache Gesellschaft und die Kollektivgesellschaft, verfassungskonform ist - und

rein rechtlich gesehen - kein unmittelbarer Handlungsbedarf besteht. Gleichzeitig

legen die oben dargelegten internationalen Entwicklungen im Berufsrecht der

Rechtsanwälte die Ermöglichung von Rechtsanwaltsgesellschaften in Form juris-

tischer Personen nahe.

2. VORGEHEN DER REGIERUNG

Die Liechtensteinische Rechtsanwaltskammer erarbeitete im Jahr 2005 einen Be-

richt und Antrag betreffend die Abänderung des Rechtsanwaltsgesetzes zur Er-

möglichung von Rechtsanwaltsgesellschaften, der mit Schreiben vom 6. Oktober

2005 der Regierung unterbreitet wurde.

Nach der Grundidee des Bericht und Antrags der Liechtensteinischen Rechtsan-

waltskammer soll die Vorlage restriktiv sein, was die inhaltlichen Möglichkeiten

einer Rechtsanwaltsgesellschaft anbelangt, offen, was die Form betrifft, und

streng, was die Sanktionen bei Verletzung der Vorgaben betrifft. Die beantragte

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Offenheit bezüglich der möglichen Rechtsform begründet die Kammer mit dem

Hinweis, Rechtsanwälte seien Volljuristen und es dürfe daher von ihnen erwartet

werden, die notwendigen Kautelen selber treffen zu können. Die Gesetzesvorlage

der Rechtsanwaltskammer enthalte daher keine Vorgaben, ob es sich bei der

Rechtsanwaltsgesellschaft um eine Anstalt, Aktiengesellschaft oder eine GmbH

handeln müsse.

Im Januar 2005 wurde von einer liechtensteinischen Rechtsanwaltskanzlei bei der

Finanzmarktaufsicht der Antrag auf Eintragung einer Rechtsanwaltsgesellschaft in

Form eines Trust reg. eingebracht. Diese lehnte den Antrag auf Eintragung ab.

Das Verfahren hinsichtlich dieses Antrags mündete schliesslich in das oben darge-

legte Urteil des Staatsgerichtshofs vom 3. Juli 2006 zu StGH 2006/5. Die Regie-

rung erachtete es als angezeigt, den Ausgang des oben genannten Verfahrens vor

dem Staatsgerichtshof abzuwarten. Gleichzeitig führte die Regierung eine verwal-

tungsinterne Vernehmlassung zum Bericht und Antrag der Liechtensteinischen

Rechtsanwaltskammer durch. Zu den Ergebnissen dieser Vernehmlassung ist fest-

zuhalten, dass die Ermöglichung von Rechtsanwaltsgesellschaften grundsätzlich

durchwegs begrüsst wurde. Allerdings wurden auch verschiedene Bedenken vor-

gebracht. So führte die AHV-IV-FAK aus, dass mit einer Minimierung der Steu-

ern und der Sozialversicherungsbeiträge zu rechnen sei, welche sich jedoch nicht

beziffern lassen würde. Weiters wurde angeregt, die zur Verfügung stehenden

Rechtsformen im Gesetzestext explizit anzuführen.

Die Regierung beauftragte in der Folge einen externen Experten mit der Ausarbei-

tung eines Gesetzesentwurfs zur Ermöglichung von Rechtsanwaltsgesellschaften.

Dieser lieferte anfangs September 2006 zwei Vorentwürfe ab. Der eine Entwurf

sah die Zulassung von multidisziplinären Partnerschaften in der Form von Rechts-

anwaltsgesellschaften vor, nach dem anderen sollten nur Rechtsanwälte Gesell-

schafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein können. In der Folge wurde ent-

schieden den Auftrag zur Erarbeitung eines bereinigten Entwurfs auf Rechtsan-

waltsgesellschaften zu beschränken, die sich ausschliesslich aus Rechtsanwälten

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zusammensetzen. Die Zulassung multidisziplinärer Partnerschaften soll mindes-

tens einstweilen ausgeschlossen bleiben. Derzeit besteht in Liechtenstein kein

dringendes Bedürfnis für die Zulassung multidisziplinärer Partnerschaften. Einer-

seits bedarf die Thematik multidisziplinärer Partnerschaften noch weitergehender

Diskussionen, andererseits ist es selbstverständlich möglich, dass eine Rechtsan-

waltsgesellschaft Treuhänder, Buchprüfer oder andere Spezialisten anstellt, wenn

sie Bedarf an solchen Fachleuten hat. Ergänzend ist zu erwähnen, dass auch der

Gesetzesvorschlag der Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer keine multidis-

ziplinären Partnerschaften vorsah.

3. SCHWERPUNKTE DER GESETZESVORLAGE

Nach Art. 10 Abs. 1 Bst. b RAG muss jeder Gesellschafter einer Rechtsanwalts-

Sozietät persönlich unbeschränkt haftbar sein. Diese Vorschrift soll nach dem

Entwurf im revidierten Gesetz ersatzlos gestrichen werden. Die Beschränkung der

Haftung auf das Gesellschaftsvermögen der juristischen Person ist nämlich eine

der wesentlichen Konsequenzen der Zulassung von Rechtsanwaltsgesellschaften

in der Rechtsform der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter

Haftung. Eine solche Haftungsbeschränkung erscheint als mit dem Berufsrecht

der Rechtsanwälte ohne Weiteres vereinbar. Schon nach bisherigem Recht waren

die Rechtsanwälte nämlich verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschlies-

sen. Dies zeigt, dass auch der Gesetzgeber davon ausging, dass das Haftungssub-

strat des einzelnen Rechtsanwalts zum Schutz der Rechtssuchenden nicht ausrei-

che. Die Haftung mit dem privaten Vermögen gehört daher nicht zur eigenverant-

wortlichen Berufsausübung. Nach wie vor sind natürlich Konstellationen denkbar,

bei denen von einer persönlichen Haftung eines einzelnen Rechtsanwalts ausge-

gangen werden muss. Dies ist etwa der Fall, wenn der Klient nicht der Gesell-

schaft, sondern dem einzelnen Rechtsanwalt Vollmacht erteilt. Ebenso bleiben

Rechtsanwälte, welche sich zu einer Rechtsanwalts-Sozietät in Form einer einfa-

chen Gesellschaft oder eine Kollektivgesellschaft zusammenschliessen, weiterhin

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persönlich unbeschränkt haftbar. Art. 10b Abs. 1 Bst. d des Entwurfs verlangt

daher, dass die Haftpflichtversicherung der Rechtsanwaltsgesellschaft auch die

Deckung der Haftung der einzelnen Rechtsanwälte umfassen muss.

Nach Art. 11 RAG ist der Rechtsanwalt verpflichtet, seinen Beruf unabhängig, im

eigenen Namen und auf eigene Verantwortung auszuüben. Die rechtsanwaltliche

Unabhängigkeit geniesst in Liechtenstein einen hohen Stellenwert. Sie soll ge-

währleisten, dass der Rechtsanwalt bei der Wahrung der Interessen seines Klien-

ten gegenüber Behörden und Dritten grösstmögliche Freiheit und Sachlichkeit

wahrt. Zudem bildet die Unabhängigkeit Voraussetzung für das Vertrauen in den

Rechtsanwalt und in die Justiz. Wer sich an einen Rechtsanwalt wendet, soll ge-

wiss sein, dass dieser in keiner Weise an einen Dritten gebunden ist, dessen Inte-

ressen den eigenen in irgendeiner Weise entgegenstehen könnten. Diese Unab-

hängigkeit gehört zum Kernbereich der Rechtsanwaltstätigkeit. Sie konstituiert

auch die besondere Funktion des Rechtsanwalts im Rechtspflegesystem. Diese

Haltung nimmt auch der Europäische Gerichtshof ein. Er billigt den Mitgliedstaa-

ten der EU daher das Recht zum Erlass von Regelungen zu, die vom Rechtsanwalt

Unabhängigkeit gegenüber dem Einfluss des Staates, anderer Wirtschaftsteilneh-

mer und Dritter verlangen und von ihm Gewähr fordern, dass sein Handeln aus-

schliesslich von den Interessen seiner Klienten bestimmt ist (Urteil des EuGH

vom 19.02.2002, Wouters, RsC-309/99, Slg. 2002-2, I-1689, Nr.102).

Unter dem Blickwinkel der Unabhängigkeit ist vor allem die Zulässigkeit soge-

nannter multidisziplinärer Partnerschaften, also ein Zusammenschluss von Anwäl-

ten mit Angehörigen anderer Berufe, etwa Steuerberatern, Vermögensverwaltern

etc., umstritten. Das Problem solcher Partnerschaften liegt darin, dass sich diese

Personen nicht in die Rechtsanwaltsliste eintragen können, so dass sich bei den

gegenseitigen (vertraglichen) Verpflichtungen der Partner durchaus die Frage

nach der Unabhängigkeit der beteiligten Anwälte stellen kann. In verschiedenen

Staaten der EU sind multidisziplinäre Partnerschaften als Organisationsform für

Rechtsanwaltssozietäten zulässig. Wie bereits erwähnt, besteht in Liechtenstein

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derzeit kein dringendes Bedürfnis für die Zulassung multidisziplinärer Partner-

schaften. Auch die Vorschläge der Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer

beschränken die Zulässigkeit von Rechtsanwaltssozietäten in der Rechtsform ju-

ristischer Personen auf Zusammenschlüsse von eingetragenen Rechtsanwälten.

Die Revision des Gesetzes über die Rechtsanwälte vom 9. Dezember 1992 soll

daher auf Gesellschaften beschränkt sein, deren Gesellschafter eingetragene

Rechtanwälte sind, wie dies Art. 10 Abs. 1 Bst. a RAG schon für die bisher zuläs-

sigen Zusammenschlüsse in der Rechtsform der einfachen Gesellschaft und der

Kollektivgesellschaft vorsah. Die Frage, ob multidisziplinäre Partnerschaften mit

Art. 11 RAG vereinbar wären, kann daher offen gelassen werden.

Die gegenständliche Vorlage nimmt auch auf die Vorgaben des europäischen

Rechts Bedacht. Die Richtlinie 98/5/EG zur Erleichterung der ständigen Aus-

übung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem

die Qualifikation erworben wurde, sieht in Art. 11 Mindestregeln für die gemein-

same Ausübung des Rechtsanwaltsberufs vor. Im Wesentlichen gilt der Grundsatz

der Inländerbehandlung. Sofern daher die gemeinsame Berufsausübung im Auf-

nahmestaat gestattet ist, soll diese auch Rechtsanwälten aus anderen Mitgliedstaa-

ten ermöglicht werden. Stellt der Aufnahmestaat seinen Rechtsanwälten verschie-

dene Formen der gemeinsamen Berufsausübung zur Verfügung, so müssen diese

auch Rechtsanwälten aus anderen Mitgliedstaaten zugänglich sein. Sieht daher das

liechtensteinische Recht für Rechtsanwälte die Möglichkeit vor, sich in Gesell-

schaften zusammenzuschliessen, so müssen auch Rechtsanwälte aus anderen

EWR-Mitgliedstaaten als Gesellschafter/Geschäftsführer einer Rechtsanwaltsge-

sellschaft zugelassen werden. Die Modalitäten der gemeinsamen Berufsausübung

richten sich dabei allerdings nach den Vorschriften des liechtensteinischen Rechts.

Rechtsanwälte aus anderen Mitgliedstaaten haben daher beispielsweise das Verbot

von multidisziplinären Zusammenschlüssen, das Verbot von "Sternsozietäten"

oder das Erfordernis des Abschlusses einer Berufshaftpflichtversicherung zu be-

achten. Niedergelassene europäische Rechtsanwälte benötigen daher auch als Ge-

sellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft in Verfahren mit Rechtsanwalts-

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pflicht einen Einvernehmensrechtsanwalt und sind weiterhin nicht befugt, zu ei-

nem Organ der Rechtsanwaltskammer gewählt zu werden, Konzipienten auszu-

bilden und zum Verfahrenhilfe-Rechtsanwalt, Verfahrenshilfe-Verteidiger oder

Amtsverteidiger bestellt zu werden (Art. 48 Abs. 2 RAG).

In der gegenständlichen Vorlage werden die zulässigen Rechtsformen für einen

Zusammenschluss von Rechtsanwälten abschliessend aufgeführt. Der Entwurf für

eine Änderung des Gesetzes über die Rechtsanwälte sieht als mögliche Rechts-

formen für den Zusammenschluss von Rechtsanwälten in einer Rechtsanwaltsge-

sellschaft die einfache Gesellschaft, die Kollektivgesellschaft, die Aktiengesell-

schaft und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor. Alle weiteren Gesell-

schaftsformen sollen für Rechtsanwaltsgesellschaften nicht zur Verfügung stehen.

Die einfache Gesellschaft und die Kollektivgesellschaft standen den Rechtsanwäl-

ten schon nach bisherigem Recht als Rechtsformen für Rechtsanwalts-Sozietäten

offen. Neu sollen nun auch Zusammenschlüsse in der Rechtsform der Aktienge-

sellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung zulässig sein. Beide

Rechtsformen ermöglichen aufgrund ihrer Struktur eine wirksame Kontrolle der

massgebenden Verhältnisse und die Schaffung der Transparenz, die zur Gewähr-

leistung des Vertrauens in den Rechtsanwalt unabdingbar ist.

Weitere Punkte, welche anlässlich dieser Gesetzesvorlage besonders berücksich-

tigt wurden, stellen die Bestimmungen hinsichtlich der Gesellschafter und deren

Gesellschafterrechten, der Geschäftsführung und der Vertretung der Gesellschaft

dar. Durch entsprechende Bestimmungen soll sichergestellt werden, dass lediglich

eingetragene Rechtsanwälte als Gesellschafter und Geschäftsführer einer Rechts-

anwaltsgesellschaft fungieren dürfen und eine Beteiligung an mehreren Rechts-

anwaltsgesellschaften ausgeschlossen ist. Demnach dürfen keine Gesellschaftsan-

teile, Aktien oder Stammeinlagen für Dritte gehalten werden. Ausführlich geregelt

wurde anlässlich dieser Vorlage auch das Eintragungs- und Zulassungsverfahren,

die Einhaltung der Berufs- und Standespflichten sowie des Liquidationsverfahren.

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4. ERLÄUTERUNGEN ZU DEN EINZELNEN BESTIMMUNGEN

4.1 Allgemeines

Der Entwurf über die Abänderung des Rechtsanwaltsgesetzes zur Ermöglichung

von Rechtsanwaltsgesellschaften hält sich möglichst eng an das bestehende Ge-

setz. In Abweichung zum Vorschlag der Rechtsanwaltskammer sieht er daher für

die Regelung der Rechtsanwaltsgesellschaften keinen selbständigen Titel vor,

sondern integriert die vorgeschlagene Lösung in den bisherigen Gesetzestext der

Art. 7 und 10 RAG, wobei allerdings einige neue Bestimmungen eingefügt wer-

den.

4.2 Umfang des Vertretungsrechts (Art. 7 Abs. 1 und 2)

Nach Art. 7 Abs. 1 des Entwurfs kommt den Rechtsanwälten und den eingetrage-

nen rechtsfähigen Rechtsanwaltsgesellschaften die Befugnis zur berufsmässigen

Rechtsberatung und zur berufsmässigen Parteivertretung in allen gerichtlichen

und aussergerichtlichen sowie in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten

ausschliesslich zu. Die rechtsfähigen Rechtsanwaltsgesellschaften können dem-

nach gemäss den jeweiligen Regelungen der Strafprozessordnung, der Zivilpro-

zessordnung bzw. des Landesverwaltungspflegegesetzes zur Parteienvertretung

bevollmächtigt werden.

Die Anerkennung der Postulationsfähigkeit der rechtsfähigen Rechtsanwaltsge-

sellschaft ist die logische Konsequenz der Anerkennung dieser Gesellschaft als

mögliche Organisationsform für den Zusammenschluss von Rechtsanwälten. Die

Rechtsanwaltsgesellschaft soll nämlich nicht bloss ein Instrument der gemeinsa-

men Berufsausübung der in ihr tätigen Anwälte sein. Die eigenständige Postulati-

onsfähigkeit folgt aus dem gesellschaftsrechtlichen Verständnis der rechts- und

geschäftsfähigen juristischen Personen.

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Der Entwurf lehnt sich in diesem Punkt an § 59 l der deutschen BRAO an. Diese

Lösung ist in Deutschland nicht auf Widerspruch gestossen, vielmehr wurde sie

als folgerichtige und rechtspolitisch überzeugende Reaktion auf die Anerkennung

von Rechtsanwalts-Sozietäten in der Rechtsform juristischer Personen begrüsst.

An der Konzeption, dass rechtsfähigen Rechtsanwaltsgesellschaften prozess- bzw.

verfahrensbevollmächtigte Dritte sein und als solche die Rechte und Pflichten

eines Rechtsanwalts wahrnehmen können, ändert nichts, dass nach dem Entwurf

disziplinarrechtlich weiterhin der verantwortliche Rechtsanwalt persönlich be-

langbar bleibt. Nach Art. 7 Abs. 1 des Entwurfs ist eine zusätzliche Einzelbevoll-

mächtigung des federführenden Rechtsanwalts zwar möglich, nicht aber erforder-

lich. Damit lässt sich auch die unerwünschte Folge einer persönlichen Haftung

vermeiden.

4.3 Beschränkung des Zwecks der Rechtsanwaltsgesellschaften (Art. 10

Abs. 1)

Nach Art. 10 Abs. 1 des Entwurfs dürfen sich Rechtsanwälte mit anderen Rechts-

anwälten zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in einer Rechtsanwaltsgesell-

schaft zusammenschliessen, wenn deren Zweck auf die berufsmässige Rechtsbera-

tung und Parteienvertretung in Rechtsangelegenheiten beschränkt ist, einschliess-

lich der erforderlichen Hilfstätigkeiten und der Verwaltung des Gesellschaftsver-

mögens.

Die Beschränkung des Zwecks der Rechtsanwaltsgesellschaften deckt sich inhalt-

lich mit der bisherigen Fassung des Art. 10 Abs. 1 Bst. c RAG. Die Ausdehnung

der geschäftlichen Tätigkeit der Rechtsanwaltsgesellschaft über den Hauptzweck

hinaus ist nur zulässig, wenn dies zu Nebenzwecken geschieht, die dem Haupt-

zweck dienen. Bei der Führung anderer Geschäfte (etwa Treuhandgeschäften,

Vermögensverwaltung oder Immobilienhandel) besteht nämlich die Gefahr von

unkontrollierbaren Interessenkonflikten.

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Die bisherigen Vorschriften in Art. 10 Abs. 1 RAG über die zulässigen Mitglieder

der Gesellschaft (Art. 10 Abs. 1 Bst. a RAG) und deren Vertretungsbefugnis (Art.

10 Abs. 1 Bst. d RAG) werden im Entwurf in spezielle Bestimmungen überführt.

4.4 Vorschriften bei der Bildung der Firma (Art. 10 Abs. 3)

Die Bestimmung, wonach eine bestehende Rechtsanwalts-Sozietät nach aussen

ersichtlich gemacht werden muss (Art. 10 Abs. 1 Bst. e RAG), wurde in Art. 10

Abs. 3 des Entwurfs übernommen und in Bezug auf Gesellschaftsformen, die über

eine Firma verfügen, insofern konkretisiert, als das Bestehen einer Rechtsan-

waltsgesellschaft bereits aus der Firma ersichtlich sein muss.

Dieser Vorschlag deckt sich mit dem Vorschlag in Art. 44b des Entwurfs der

Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer. Die dort vorgeschlagenen weiteren

Vorschriften scheinen demgegenüber entbehrlich. Zum Schutz des Publikums

reicht der Hinweis, dass es sich um eine Rechtsanwaltsgesellschaft handelt.

4.5 Die Beschränkung der möglichen Rechtsformen (Art. 10 Abs. 2)

Nach Art. 10 Abs. 2 des Entwurfs stehen als Rechtsformen für den Zusammen-

schluss mehrerer Rechtsanwälte nur die einfache Gesellschaft, die Kollektivge-

sellschaft, die Aktiengesellschaft und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung

offen. Ausgeschlossen sind damit alle weiteren Gesellschaftsformen, insbesondere

die Anstalt, der Trust und der Trust reg.

Das liechtensteinische Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) regelt die Anstalt

in der zweiten Abteilung, die den Verbandspersonen (den juristischen Personen)

gewidmet ist. Nach Art. 534 PGR ist die Anstalt ein rechtlich verselbständigtes

und organisiertes Unternehmen, das sich dauernd wirtschaftlichen oder andern

Zwecken widmet und im Handelsregister eingetragen ist.

Die Anstalt lässt sich aufgrund ihrer Anonymität mit der Pflicht, den Rechtsan-

waltsberuf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung auszu-

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üben (Art. 11 RAG), nicht vereinbaren. Die Anonymität der Anstalt würde es ins-

besondere verunmöglichen, Interessenkollisionen im Sinne von Art. 16 RAG

wirksam auszuschliessen. Schliesslich wäre auch die disziplinarrechtliche Ver-

antwortlichkeit der Person in Frage gestellt, die in der Anstalt letztlich das Sagen

hat.

Gleiche Überlegungen gelten für den Trust sowie den Trust reg. Auch diese

Rechtsformen ermöglichen die Wahrung der Anonymität des wirtschaftlich Be-

rechtigten und stehen daher der für Rechtsanwaltsgesellschaften unabdingbaren

Forderung nach Transparenz der massgebenden Verhältnisse entgegen.

Zwar liessen sich sowohl für die Anstalt wie auch für den Trust bzw. den Trust

reg. gesetzliche Vorgaben denken, welche die Transparenz und die disziplinar-

rechtliche Beaufsichtigung der beteiligten Rechtsanwälte gewährleisten würden.

Dies würde jedoch die Schaffung von Spezialvorschriften für diese Rechtsformen

im Rechtsanwaltsgesetz erfordern. Dies ist gesetzestechnisch nicht sinnvoll. Da

mit der Zulassung der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter

Haftung zwei Organisationsformen offen stehen, die das Bedürfnis nach Zusam-

menschlüssen in der Rechtsform der juristischen Person angemessen befriedigen,

erscheint der Erlass solcher Spezialvorschriften nicht angezeigt.

Auch die Kommanditgesellschaft ist als mögliche Rechtsform einer Rechtsan-

walts-Sozietät ungeeignet, ist doch die blosse finanzielle Beteiligung eines Gesell-

schafters an einer Rechtsanwaltsgesellschaft nicht wünschbar. Eine unzulässige

Einflussnahme von Nicht-Rechtsanwälten ist durch Art. 10c Abs. 1 des Entwurfs

zwar ausgeschlossen, dennoch erscheint die Zulassung der Kommanditgesell-

schaft nicht sinnvoll. Es ist auch nicht vorstellbar, dass für eine solche Lösung ein

konkretes Bedürfnis besteht.

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4.6 Verbot der Beteiligung von Rechtsanwaltsgesellschaften an anderen

Rechtsanwaltsgesellschaften (Art. 10 Abs. 4)

Art. 10 Abs. 4 des Entwurfs schliesst die Beteiligung von Rechtsanwaltsgesell-

schaften an anderen Rechtsanwaltsgesellschaften und insbesondere den Zusam-

menschluss zu Konzernverbindungen aus. Solche Zusammenschlüsse sind nicht

erwünscht, da sie die Transparenz gefährden würden und zu nicht kontrollierbaren

Interessenkollisionen führen könnten.

Das Verbot des Zusammenschlusses mehrerer Rechtsanwaltsgesellschaften zu

einer Sozietät würde sich an sich bereits aus Art. 10 Abs. 1 des Entwurfs ergeben,

da dort nur von Rechtsanwälten die Rede ist. Das ausdrückliche Verbot in Art. 10

Abs. 4 des Entwurfs dient indessen der Klarstellung. Dies entspricht auch dem

Vorschlag der Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer (Art. 44f des Entwurfs).

4.7 Liste der Rechtsanwaltsgesellschaften (Art. 10a)

Art. 10a des Entwurfs regelt das Verfahren der Zulassung von Rechtsanwaltsge-

sellschaften. Die vorgeschlagene Lösung knüpft an Art. 6 des Gesetzes über die

Rechtsanwälte an. In Art. 10a Abs. 2 des Entwurfs wird daher ausdrücklich be-

stimmt, das Art. 6 entsprechende Anwendung findet.

Art. 10a Abs. 3 des Entwurfs präzisiert Art. 6 Abs. 2 RAG insofern, als die Fi-

nanzmarktaufsicht (FMA) die Übereinstimmung der Gesellschaftsverträge, Statu-

ten und weiteren Verträge zwischen den Gesellschaftern mit den gesetzlichen

Vorgaben zu überprüfen hat. Die Eintragung in die Liste darf nur erfolgen, wenn

die gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind.

Das Verfahren zur Eintragung in das Öffentlichkeitsregister und das Verfahren

zur Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsgesellschaften koordiniert Art. 10

Abs. 4 des Entwurfs. Er stellt sicher, dass eine Rechtsanwaltsgesellschaft, die zur

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Erlangung der Persönlichkeit der Eintragung in das Öffentlichkeitsregister bedarf,

nicht eingetragen wird, wenn die Vorgaben dieses Gesetzes nicht erfüllt sind.

Art. 10a Abs. 5 E-RAG stellt sicher, dass die gesetzlichen Vorgaben auch bei ei-

ner Änderung der im Eintragungsverfahren vorgelegten Dokumente gewahrt sind.

Er verpflichtet die eingetragenen Rechtsanwaltsgesellschaften, der FMA jede Än-

derung mitzuteilen. Stehen diese Änderungen im Widerspruch zu den gesetzlichen

Vorgaben, ist die Gesellschaft nach vorgängiger Anhörung aus der Liste der

Rechtsanwaltsgesellschaften zu streichen, wenn sie den gesetzlichen Zustand in-

nert einer von der FMA angesetzten Frist nicht wiederherstellt.

4.8 Zulassung und Haftpflichtversicherung (Art. 10b)

Im Eintragungsverfahren vor der FMA haben die Gesellschafter nach Art. 10b des

Entwurfs nachzuweisen, dass die Gesellschaft den Erfordernissen des RAG ent-

spricht. Insbesondere haben sie das Vorliegen von Statutenbestimmungen, Verträ-

gen zwischen den Gesellschaftern etc. nachzuweisen, die nach der jeweiligen

Rechtsform zur Gewährleistung der Unabhängigkeit der Rechtsanwälte unter Ein-

haltung der Bestimmungen des RAG erforderlich sind.

Bei der Aktiengesellschaft und bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung haf-

tet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich nur das Gesellschafts-

vermögen. Die in einer solchen Gesellschaft organisierten Rechtsanwälte haften

also nicht persönlich. Aus diesem Grund erscheint der Abschluss einer Berufs-

haftpflichtversicherung zum Schutz des Publikums unabdingbar. Der Abschluss

und der Nachweis einer solchen Versicherung sind daher Eintragungsvorausset-

zung ( Art. 10b Abs. 1 Bst. d des Entwurfs).

Da bei der Haftpflichtversicherung des Rechtsanwalts in zeitlicher Hinsicht

grundsätzlich das Prinzip der Anspruchserhebung gilt, erscheint es sinnvoll, in das

Gesetz eine Bestimmung aufzunehmen, die die Rechtsanwaltsgesellschaft zum

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Abschluss einer Nachrisikoversicherung verpflichtet. Eine solche Lösung sieht

Art. 10b Abs. 2 des Entwurfs vor.

Dem in Art. 10b Abs. 2 des Entwurfs angeführten Selbstbehalt liegt die Idee

zugrunde, dass der versicherte Rechtsanwalt einen Teil des im Versicherungsfall

erlittenen Schadens selbst trägt. Verbreitet sind prozentuale Beteiligungen kombi-

niert mit einer betraglichen Obergrenze. Der versicherte Rechtsanwalt kann an der

Vereinbarung des Selbstbehalts insofern interessiert sein, als dieser Auswirkungen

auf die Prämien hat. Für den Geschädigten hat er den Nachteil, dass für einen Teil

seines Schadens keine Abdeckung durch eine Haftpflichtversicherung besteht.

Sofern der Versicherer den Geschädigten direkt bezahlt, bringt er den Selbstbehalt

in der Regel bereits bei seiner Zahlung in Abzug. Für diese Summe muss sich der

Geschädigte dann direkt an den fehlbaren Rechtsanwalt halten. Ist dieser mittel-

los, kann er diesen Teil seines Schadens nicht abwälzen. Da die Zulassung von

Rechtsanwalts-Sozietäten in der Rechtsform der juristischen Person zu einer Be-

schränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen führen kann, kann die

Vereinbarung eines zu hohen Selbstbehalts zur Folge haben, dass ein erheblicher

Teil der Forderungen des Klienten ungedeckt bleibt. Um die Vereinbarung eines

hohen Selbstbehalts zur Reduzierung der Prämien zu unterbinden, wird eine ge-

setzliche Höchstgrenze für den Selbstbehalt vorgesehen.

Da der Versicherungsschutz erlöschen kann, ohne dass die FMA davon Kenntnis

erhält, verpflichtet Art. 10b Abs. 3 des Entwurfs die Rechtsanwaltsgesellschaft, in

die besonderen Bedingungen des Versicherungsvertrags eine Klausel aufzuneh-

men, wonach sie den Versicherer anweist, das Aussetzen oder Aufhören des Ver-

sicherungsschutzes der FMA mitzuteilen.

4.9 Beschränkung des Kreises möglicher Gesellschafter (Art. 10c Abs. 1)

Nach Art. 10c des Entwurfs können nur Rechtsanwälte, die in die Liste der liech-

tensteinischen Rechtsanwälte oder in die Liste der niedergelassenen europäischen

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Rechtsanwälte eingetragen sind, Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft

sein.

Mit der in Art. 10c Abs. 1 des Entwurfs vorgeschlagenen Lösung soll die Unab-

hängigkeit der in einer Rechtsanwaltsgesellschaft zusammengeschlossenen

Rechtsanwälte im Sinne von Art. 11 RAG gewährleistet werden. Personen, die

nicht Rechtsanwälte sind, können nicht Gesellschafter werden und daher nicht

über ihre Rechte als Gesellschafter Einfluss auf die Führung von Mandaten neh-

men. Gleichzeitig stellt Art. 10c Abs. 1 des Entwurfs eine wirksame Schranke

gegen Interessenkollisionen dar, da alle Gesellschafter Rechtsanwälte sein müssen

und als solche an Art. 16 RAG gebunden sind. Schliesslich ist auch die Ver-

schwiegenheit im Sinne von Art. 15 RAG sichergestellt, da alle Gesellschafter als

Rechtsanwälte zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

Dass nicht nur die in die Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte, sondern

auch die in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte eingetra-

genen Rechtsanwälte Gesellschafter einer liechtensteinischen Rechtsanwaltsge-

sellschaft sein können, folgt aus Art. 11 der Richtlinie 98/5/EG zur Erleichterung

der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem andern Mitgliedstaat

als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde.

4.10 Ausschluss der Einflussnahme Dritter (Art. 10c Abs. 2 und 3)

Art. 10c Abs. 2 des Entwurfs schreibt vor, dass Gesellschaftsanteile, Aktien oder

Stammeinlagen nicht für Rechnung Dritter gehalten und Dritte nicht am Gewinn

der Rechtsanwaltsgesellschaft beteiligt werden dürfen. Diese Vorschrift soll den

massgebenden Einfluss der Rechtsanwälte auf die Gesellschaft sicherstellen. Sie

verbietet daher jede Form der mittelbaren Beteiligung. An sich folgt dieses Verbot

schon aus der Beschränkung der Gesellschafter auf eingetragene Rechtsanwälte

gemäss Art. 10c Abs. 1 des Entwurfs.

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Das Verbot der mittelbaren Beteiligung umfasst namentlich stille Beteiligungen,

Unterbeteiligungen, partiarische Darlehen, Nutzniessung oder Treuhand. Durch

solche Rechtsgeschäfte können nämlich die Unabhängigkeit der Rechtsanwaltsge-

sellschaft und die Unabhängigkeit der in ihr zusammengeschlossenen Rechtsan-

wälte gefährdet werden, da sich die Gesellschaft externer wirtschaftlicher Ein-

flussnahme aussetzen würde.

Nach Art. 10c Abs. 3 des Entwurfs dürfen zur Ausübung von Gesellschafterrech-

ten nur Gesellschafter bevollmächtigt werden. Diese Bestimmung soll verhindern,

dass die Beschränkungen des Art. 10c Abs. 1 und 2 des Entwurfs durch die

Betrauung von berufsfremden Personen mit der Ausübung von Gesellschafter-

rechten umgangen wird. Bevollmächtigt können daher nur Rechtsanwälte sein, die

in die Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte oder die Liste der niedergelas-

senen europäischen Rechtsanwälte eingetragen sind.

4.11 Verbot von Sternbeteiligungen (Art. 10c Abs. 4)

Nach Art. 10c Abs. 4 des Entwurfs dürfen die Gesellschafter einer Rechtsan-

waltsgesellschaft zur Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit gemäss Art. 7 des Ent-

wurfs nur Mitglieder einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein. Diese Bestimmung

entspricht Art. 44f des Vorschlags der Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer.

Ein Rechtsanwalt, der in mehreren Sozietäten tätig ist, kann häufig in Interessen-

konflikte geraten.

In Bezug auf die Zulässigkeit einer solchen Regelung kann auf ein Urteil des Ös-

terreichischen Verfassungsgerichtshofs vom 1. Oktober 2004 (G1/04, Samm-

lungsnummer 17312) verwiesen werden, das die Vereinbarkeit eines solchen Ver-

bots mit der Handels- und Gewerbefreiheit und mit der Vereinsfreiheit bejaht hat.

Der österreichische Verfassungsgerichtshof betonte, das Verbot der so genannten

Sternsozietäten bezwecke eine vorbeugende Hintanhaltung der Gefahr von Inte-

ressenkonflikten und die Absicherung des Verbots der Doppelvertretung, dessen

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Einhaltung für das Treueverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Klient und für das

Bild der Rechtsanwaltschaft im Allgemeinen für wesentlich erachtet werde.

Art. 10c Abs. 4 des Entwurfs schliesst die parallele Berufstätigkeit in einer andern

Sozietät unabhängig davon aus, in welcher Rechtsform diese organisiert ist. Die

Übernahme von Einzelmandaten oder Einzelaufträgen ist dem Gesellschafter

demgegenüber nicht verwehrt. Er darf aber ausserhalb der Rechtsanwaltsgesell-

schaft grundsätzlich keine weitere Kanzlei unterhalten.

4.12 Geschäftsführung (Art. 10d)

Art. 10d des Entwurfs stellt klar, dass die Geschäftsführung in einer Rechtsan-

waltsgesellschaft, soweit dies gesellschaftsrechtlich zulässig ist, auch einer Person

übertragen werden kann, die nicht Gesellschafter ist. Bei dieser Person muss es

sich jedoch um einen eingetragenen Rechtsanwalt handeln. Damit ist gewährleis-

tet, dass der Geschäftsführer an die Berufspflichten der Rechtsanwälte (Art. 11 ff.

RAG) gebunden ist und insbesondere die Pflicht zur Verschwiegenheit nach Art.

15 RAG zu beachten hat.

Die Vorschrift des Art. 10d des Entwurfs hat auch im Zusammenhang mit der

Postulationsfähigkeit der rechtsfähigen Rechtsanwaltsgesellschaften Bedeutung.

Damit wird sichergestellt, dass allfällige Vertretungshandlungen für die Gesell-

schaft durch einen eingetragenen Rechtsanwalt vorgenommen werden.

4.13 Vertretung der Gesellschaft (Art. 10e)

Nach Art. 10e Abs. 1 des Entwurfs muss bei der Führung eines Mandats jeder

Rechtsanwalt allein zur Vertretung der Gesellschaft bzw. sämtlicher Gesellschaf-

ter befugt sein. Diese Bestimmung stellt die Unabhängigkeit in der Mandatsfüh-

rung nach Art. 11 RAG sicher. Sie ist vor allem dann bedeutsam, wenn ein

Rechtsanwalt ein Mandat, auf Wunsch des Klienten, allein betreut. In einem sol-

chen Fall kann er rechtlich auch ohne Mitwirkung der übrigen Gesellschafter für

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die Gesellschaft handeln und die Gesellschaft dem Klienten gegenüber auch ver-

pflichten. Man kann dieser Regelung entgegenhalten, sie sei von der "Ideologie

des unabhängigen Einzelanwalts" geprägt. Sie erscheint aber mindestens so lange

notwendig, als der Gesetzgeber an der Regel des Art. 11 RAG festhält, wonach

der Rechtsanwalt verpflichtet ist, seinen Beruf unabhängig auszuüben.

Nach Art. 10e Abs. 2 des Entwurfs muss der Vertreter der Rechtsanwaltsgesell-

schaft in die Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte oder in die Liste der nie-

dergelassenen europäischen Rechtsanwälte eingetragen sein, wenn er die Rechts-

anwaltsgesellschaft im Rahmen der berufsmässigen Parteienvertretung nach Art. 7

des Gesetzes vor Gerichten oder Verwaltungsbehörden vertritt. Diese Regelung

hängt mit der in Art. 7 Abs. 1 des Entwurf vorgeschlagenen Postulationsfähigkeit

der rechtsfähigen Rechtsanwaltsgesellschaften zusammen. Sie bietet Gewähr da-

für, dass bei der Vertretung eines Klienten durch eine rechtsfähige Rechtsan-

waltsgesellschaft deren Vertreter den Berufspflichten der Art. 11 ff. RAG unter-

steht und insbesondere die Vertretungspflichten des Art. 14 RAG zu beachten hat.

Die Regel gewährleistet auch, dass der verantwortliche Vertreter disziplinarrecht-

lich belangt werden kann, wenn die Gesellschaft im Rahmen der berufsmässigen

Parteienvertretung nach Art. 7 Abs. 1 Bst. b des Entwurfs die Berufspflichten der

Rechtsanwälte verletzt.

4.14 Unabhängigkeit der Berufsausübung (Art. 10f)

Nach Art 10f Abs. 1 des Entwurfs haben die Gesellschafter der Rechtsanwaltsge-

sellschaft und die Rechtsanwaltsgesellschaft zu gewährleisten, dass die in der Ge-

sellschaft tätigen Rechtsanwälte ihren Beruf unabhängig ausüben können, soweit

ein Rechtsanwalt ein bestimmtes Mandat in alleiniger Verantwortung betreut. Art.

10f Abs. 1 des Entwurfs nimmt neben der Gesellschaft auch die Gesellschafter in

die Pflicht. Die Weisungsfreiheit in den rechtsfähigen Gesellschaften muss näm-

lich aufgrund der gesetzlichen Kompetenzen der Gesellschafterversammlung

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und/oder der Verwaltung unter Umständen durch zusätzliche Verträge zwischen

den Gesellschaftern sichergestellt werden.

Auch dieser Regelung kann entgegenhalten werden, sie sei von der "Ideologie des

unabhängigen Einzelanwalts" geprägt. Sie ist jedoch notwendig, solange der Ge-

setzgeber am Gebot der Unabhängigkeit der Berufsausübung nach Art. 11 RAG

festhält und der Klient auf der Beratung und/oder Vertretung durch einen Rechts-

anwalt besteht. Einzuräumen ist freilich, dass Klienten, die sich an eine Sozietät

wenden, in der Regel an der Mitwirkung eines ganzen Teams interessiert sind. In

einem solchen Fall ist es selbstverständlich zulässig, dass mehrere Rechtsanwälte

an der Führung des Mandats mitwirken und einer dieser Rechtsanwälte im Rah-

men seiner fachlichen Kompetenz Entscheide trifft, welche die Anderen zu akzep-

tieren haben.

Art. 10f Abs. 2 des Entwurfs behält das Weisungsrecht von Gesellschaftern ge-

genüber Mitarbeitern der Gesellschaft vor, die ihrerseits Rechtsanwälte sind und

bei der Führung eines Mandats als Hilfspersonen beigezogen werden. Diese Ein-

schränkung erscheint notwendig, um Missverständnissen im Zusammenhang mit

Art. 10f Abs. 1 des Entwurfs vorzubeugen. In der Tat ist es ohne Weiteres zuläs-

sig, dass ein Rechtsanwalt im Rahmen der eigenverantwortlichen Berufsausübung

nach Art. 11 RAG Mitarbeiter einsetzt und diesen Weisungen erteilt, und zwar

auch dann, wenn diese selbst als Rechtsanwälte in die Liste der liechtensteini-

schen Rechtsanwälte eingetragen sind.

Nach Art. 10f Abs. 3 des Entwurfs sind allgemeine Absprachen zwischen den

Gesellschaftern über die Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit in der Gesellschaft,

namentlich solche über eine bestimmte Geschäftspolitik und die damit verbunde-

ne Annahme oder Ablehnung bestimmter Mandate, zulässig. Es erscheint sinn-

voll, eine solche Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen, um Missverständnissen

im Zusammenhang mit der Tragweite des Art. 10f Abs. 1 des Entwurfs zu begeg-

nen.

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4.15 Berufs- und Standespflichten (Art. 10g)

Nach Art. 10g Abs. 1 des Entwurfs bleiben Rechtsanwälte, die einer Rechtsan-

waltsgesellschaft angehören, für die Erfüllung ihrer Berufs- und Standespflichten

disziplinarrechtlich verantwortlich. Die persönliche Verantwortlichkeit für die

Erfüllung dieser Pflichten kann weder durch Gesellschaftsvertrag noch durch Be-

schlüsse der Gesellschafter bzw. der Verwaltung oder durch Geschäftsführungs-

massnahmen eingeschränkt oder aufgehoben werden (Art. 10g Abs. 2 des Ent-

wurfs).

Diese Regelung entspricht dem bisherigen Art. 10 Abs. 2 RAG. Inhaltlich deckt

sie sich mit Art. 44e des Entwurfs der Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer.

Hingegen erübrigt es sich, die Verwaltungsorgane und Geschäftsführer von

Rechtsanwaltsgesellschaften ausdrücklich der Disziplinargewalt zu unterstellen.

Nach Art. 10c Abs. 1 des Entwurfs können nämlich ohnehin nur eingetragene

Rechtsanwälte Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein. Diese unter-

stehen ohne Weiteres der Disziplinargewalt. Art. 10d des Entwurfs bestimmt zu-

sätzlich, dass Dritte, die als Geschäftsführer oder Vertreter einer Rechtsanwaltsge-

sellschaft amten, ebenfalls eingetragene Rechtsanwälte sein müssen. Sie stehen

daher ohnehin unter der Disziplinargewalt.

4.16 Liquidation der Rechtsanwaltsgesellschaft (Art. 10h)

Nach Art. 10h des Entwurfs darf nur ein eingetragener Rechtsanwalt zum Liqui-

dator einer Rechtsanwaltsgesellschaft bestimmt werden. Diese Bestimmung deckt

sich mit Art. 44g des Entwurfs der Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer.

Aufgrund der Besonderheit des Rechtsanwaltsberufes erscheint es angebracht,

dass der Liquidator einer Rechtsanwaltsgesellschaft nur ein Rechtsanwalt sein

darf. Dazu kommt, dass nur mit der Einsetzung eines Rechtsanwalts als Liquida-

tor die Verschwiegenheit gemäss Art. 15 RAG gewährleistet ist.

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5. VERNEHMLASSUNGSVORLAGE

Gesetz

vom

über die Abänderung des Gesetzes über die Rechtsanwälte (RAG)

Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zu-

stimmung:

I.

Abänderung bisherigen Rechts

Das Gesetz vom 9. Dezember 1992 über die Rechtsanwälte, LGBl. 1993 Nr.

41, wird wie folgt abgeändert:

Art. 7 Abs. 1 und 2

1) Den Rechtsanwälten und den eingetragenen rechtsfähigen Rechtsan-

waltsgesellschaften kommt die Befugnis

a) zur berufsmässigen Rechtsberatung und

b) zur berufsmässigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und ausserge-

richtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten ausschliess-

lich zu.

2) Das Vertretungsrecht der Rechtsanwälte und rechtsfähigen Rechtsan-

waltsgesellschaften erstreckt sich auf alle Gerichte und Verwaltungsbehörden.

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Art. 10

Rechtsanwaltsgesellschaften

1) Rechtsanwälte dürfen sich mit anderen Rechtsanwälten zur gemeinschaft-

lichen Berufsausübung in einer Rechtsanwaltsgesellschaft zusammenschliessen,

wenn deren Zweck auf die berufsmässige Rechtsberatung und Parteienvertretung

in Rechtsangelegenheiten beschränkt ist, einschliesslich der erforderlichen Hilfs-

tätigkeiten und der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens.

2) Als Rechtsformen für den Zusammenschluss stehen den Gesellschaftern

die einfache Gesellschaft, die Kollektivgesellschaft, die Aktiengesellschaft und

die Gesellschaft mit beschränkter Haftung offen.

3) Das Bestehen als Rechtsanwaltsgesellschaft muss nach aussen durch ge-

eignete Massnahmen sichtbar gemacht werden. Verfügt die Gesellschaft über eine

Firma, muss diese einen Zusatz aufweisen, der auf die Rechtsanwaltstätigkeit

hinweist.

4) Die Beteiligung von Rechtsanwaltsgesellschaften an andern Rechtsan-

waltsgesellschaften sowie der Zusammenschluss mehrerer Rechtsanwaltsgesell-

schaften zu einer Konzernverbindung sind nicht zulässig.

Art. 10a

Liste der Rechtsanwaltsgesellschaften

1) Die FMA führt eine Liste der zugelassenen Rechtsanwaltsgesellschaften.

2) Die Rechtsanwaltsgesellschaften sind bei der FMA zur Eintragung in die

Liste der Rechtsanwaltsgesellschaften anzumelden. Art. 6 findet entsprechende

Anwendung.

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3) Die FMA prüft die Übereinstimmung der Gesellschaftsverträge, Statuten

und weiteren Verträge zwischen den Gesellschaftern mit den gesetzlichen Vorga-

ben und verweigert die Eintragung, wenn diese nicht erfüllt sind.

4) Soweit zur Erlangung der Persönlichkeit der Rechtsanwaltsgesellschaft

die Eintragung in das Öffentlichkeitsregister erforderlich ist, sind der FMA die für

die Eintragung und die nach dem vorliegenden Gesetz notwendigen Unterlagen

vor der Anmeldung vorzulegen. Die FMA stellt zuhanden der Eintragungsbehörde

eine Bescheinigung aus, dass die gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind und die Ge-

sellschaft nach der Eintragung in das Öffentlichkeitsregister in die Liste der

Rechtsanwaltsgesellschaften eingetragen wird. Ohne diese Bescheinigung darf die

Gesellschaft im Öffentlichkeitsregister nicht eingetragen werden.

5) Die eingetragenen Rechtsanwaltsgesellschaften teilen der FMA jede Än-

derung der im Eintragungsverfahren vorzulegenden Dokumente und der Zusam-

mensetzung der Gesellschafter mit. Stehen diese Änderungen im Widerspruch zu

den gesetzlichen Vorgaben, ist die Gesellschaft nach vorheriger Anhörung aus der

Liste der Rechtsanwaltsgesellschaften zu streichen, wenn sie den gesetzlichen

Zustand innert einer von der FMA angesetzten Frist nicht wiederherstellt.

Art. 10b

Zulassung

1) Die Rechtsanwaltsgesellschaft ist in die Liste der Rechtsanwaltsgesell-

schaften einzutragen bzw. erhält die Zusicherung der Eintragung nach Art. 10a

Abs. 4, wenn

a) die Gesellschaft den Erfordernissen des vorliegenden Gesetzes entspricht;

b) die Gesellschaft das Vorliegen der Statutenbestimmungen, der Verträge

zwischen den Gesellschaftern oder anderer Dokumente nachweist, die nach

der jeweiligen Rechtsform zur Gewährleistung der Unabhängigkeit der

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Rechtsanwälte und der Einhaltung der Bestimmungen des vorliegenden Ge-

setzes erforderlich sind;

c) die Gesellschaft sich nicht in Liquidation, in Nachlassstundung oder in

Konkurs befindet;

d) der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung nachgewiesen ist, welche

die Rechtsanwaltsgesellschaft sowie alle in ihr tätigen Rechtsanwälte einbe-

zieht und deren Deckung der Art und dem Umfang der Risiken entspricht,

die mit der Tätigkeit der Gesellschaft verbunden sind, mindestens aber CHF

5'000'000.00 beträgt.

2) Der Versicherungsschutz der Berufshaftpflichtversicherung hat sich ins-

besondere auch auf Schadenfälle zu beziehen, die während der Versicherungsdau-

er verursacht, aber erst nach deren Ablauf bekannt und angemeldet werden. Der

Selbstbehalt darf CHF 50'000.00 nicht übersteigen.

3) Die «Besonderen Bedingungen» des Versicherungsvertrags müssen fol-

genden Text enthalten: «Der Versicherungsnehmer weist den Versicherer an, das

Aussetzen oder Aufhören des Versicherungsschutzes der Finanzmarktaufsicht des

Fürstentums Liechtenstein mitzuteilen.»

Art. 10c

Gesellschafter

1) Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft können nur Rechtsanwälte

sein, die in die Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte oder in die Liste der

niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte eingetragen sind.

2) Gesellschaftsanteile, Aktien oder Stammeinlagen dürfen nicht für Rech-

nung Dritter gehalten und Dritte nicht am Gewinn der Rechtsanwaltsgesellschaft

beteiligt werden.

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3) Gesellschafter dürfen zur Ausübung von Gesellschafterrechten nur Ge-

sellschafter bevollmächtigen.

4) Die Gesellschafter dürfen zur Ausübung der Rechtsanwaltstätigkeit nur

Mitglied einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein.

Art 10d

Geschäftsführung

Wird die Geschäftsführung oder Verwaltung an eine dritte Person übertra-

gen, muss diese Rechtsanwalt und in die Liste der liechtensteinischen Rechtsan-

wälte oder in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte einge-

tragen sein.

Art. 10e

Vertretung der Gesellschaft

1) Im Rahmen der Führung eines Mandats muss jeder Rechtsanwalt allein

zur Vertretung der Gesellschaft bzw. sämtlicher Gesellschafter befugt sein.

2) Vertritt eine rechtsfähige Rechtsanwaltsgesellschaft im Rahmen der be-

rufsmässigen Parteienvertretung Klienten vor Gerichten oder Verwaltungsbehör-

den, muss ihr Vertreter als Rechtsanwalt in die Liste der liechtensteinischen

Rechtsanwälte oder in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte

eingetragen sein.

Art. 10f

Unabhängigkeit der Berufsausübung

1) Die Gesellschafter der Rechtsanwaltsgesellschaft und die Rechtsanwalts-

gesellschaft haben zu gewährleisten, dass die in der Gesellschaft tätigen Rechts-

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anwälte ihren Beruf unabhängig ausüben können, soweit sie ein bestimmtes Man-

dat in alleiniger Verantwortung betreuen.

2) Vorbehalten bleibt das Weisungsrecht von Gesellschaftern gegenüber

Mitarbeitern der Gesellschaft, die ihrerseits Rechtsanwälte sind und bei der Füh-

rung eines Mandats als Hilfspersonen beigezogen werden.

3) Allgemeine Absprachen zwischen den Gesellschaftern über die Aus-

übung der Rechtsanwaltstätigkeit in der Gesellschaft, namentlich solche über eine

bestimmte Geschäftspolitik und die damit verbundene Annahme oder Ablehnung

bestimmter Mandate, sind zulässig.

Art. 10g

Berufs- und Standespflichten

1) Rechtsanwälte, die einer Rechtsanwaltsgesellschaft angehören, bleiben

für die Erfüllung ihrer Berufs- und Standespflichten disziplinarrechtlich verant-

wortlich.

2) Die persönliche Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Berufs- und

Standespflichten kann weder durch Gesellschaftsvertrag noch durch Beschlüsse

der Gesellschafter bzw. der Verwaltung noch durch Geschäftsführungsmassnah-

men eingeschränkt oder aufgehoben werden.

Art. 10h

Liquidation

Zum Liquidator einer Rechtsanwaltsgesellschaft darf nur ein Rechtsanwalt

bestellt werden, der in der Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte oder in der

Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte eingetragen ist.

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II.

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage der Kundmachung in Kraft.