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Aus dem Institut f~r Phal'makologie und experim~ntelle Ther~p[e der Universit~t Breslau. Versuch einer Allgemeinbehandlung fokaler Infektionen mit spezifischen Desinfektionsmitteln. Eine Methode der experimentellen fokalen Infektion. Voll Gert Taubmann und Edgar Sucharowski. ~Iit 4 Textabbildungen. (Eingegangen am 12. VIII. 1931.) Der Begriff der fokalen Infektion mit ihren Folgeerseheinungen ist heute in der ~edizin allgemein anerkannt. Strittig bleibt nur die Be- grenzung. Amerikanisehe Autoren unter der Fiihrung yon Rosenow besehuldigen fokale Infekte als Ursache so ziemlieh aller chronischen t~'ankheiten und riehten danaeh ihr therapeutisches Vorgehen. Die deutschen Forseher sind wesentlich skeptiseher, k@nnen auoh nieht t~ber solehe Serien yon frappierenden tteilerfolgen beriehten, geben aber all- gemein die 1V[Sgliehkeityon Zusammenh~ngen zwisehen fokalen Infek~en und Allgemeinerkrankung zu. Es ist bekannt, da~ solche chronischen Infektionsherde an den wrschiedensten Stelten des KSrpers vorkommen kSnnen. Die Bedeutung kranker Z~hne und Tonsillen ist besonders yon P~ssler mit aller Sch~rfe hervorgehoben worden. Daneben kommen, worauf 3Iatthe s, ein vorzt~glicber Kenner dieser I)inge, hinweist, Neben- hShlen, Tube, 3Iittelohr, weibliche Genitalien in Betracht. Die Diagnose kann aul~erordentliche Schwierigkeiten bieten, zumal Allgemeinersehei- nungen h~ufig gering sind und lokale Symptome zuweilen ganz fehlen. I)aI~ gerade Zahninfektionen im Mittelpunkt des Interesses stehen, liegt wohl erstens daran, d~ die Z~th~e tats~chlich h~ufig Infektionstr~ger sind, dann abet aneh @ran, daI~ Zahninfektionen diagnostiseh verh~ltnis- m~6ig geringe Sehwierigkeiten machen. Die wenigsten l~Iensehen ver- ftigen tiber ein vollkommen int~ktes GebiS. Der suehende Diagnostiker findet hier am ehesten einen Anhaltspunkt. Aul3erdem gestattet das

Versuch einer Allgemeinbehandlung fokaler Infektionen mit spezifischen Desinfektionsmitteln

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Page 1: Versuch einer Allgemeinbehandlung fokaler Infektionen mit spezifischen Desinfektionsmitteln

Aus dem Institut f~r Phal'makologie und experim~ntelle Ther~p[e der Universit~t Breslau.

Versuch einer Allgemeinbehandlung fokaler Infektionen mit spezifischen Desinfektionsmitteln.

Eine Methode der experimentellen fokalen Infektion.

Voll

Gert Taubmann und Edgar Sucharowski.

~Iit 4 Textabbildungen. (Eingegangen am 12. VIII. 1931.)

Der Begriff der fokalen Infektion mit ihren Folgeerseheinungen ist heute in der ~edizin allgemein anerkannt. Strittig bleibt nur die Be- grenzung. Amerikanisehe Autoren unter der Fiihrung yon Rosenow besehuldigen fokale Infekte als Ursache so ziemlieh aller chronischen t~'ankheiten und riehten danaeh ihr therapeutisches Vorgehen. Die deutschen Forseher sind wesentlich skeptiseher, k@nnen auoh nieht t~ber solehe Serien yon frappierenden tteilerfolgen beriehten, geben aber all- gemein die 1V[Sgliehkeit yon Zusammenh~ngen zwisehen fokalen Infek~en und Allgemeinerkrankung zu. Es ist bekannt, da~ solche chronischen Infektionsherde an den wrschiedensten Stelten des KSrpers vorkommen kSnnen. Die Bedeutung kranker Z~hne und Tonsillen ist besonders yon P~ssler mit aller Sch~rfe hervorgehoben worden. Daneben kommen, worauf 3 Ia t the s, ein vorzt~glicber Kenner dieser I)inge, hinweist, Neben- hShlen, Tube, 3Iittelohr, weibliche Genitalien in Betracht. Die Diagnose kann aul~erordentliche Schwierigkeiten bieten, zumal Allgemeinersehei- nungen h~ufig gering sind und lokale Symptome zuweilen ganz fehlen. I)aI~ gerade Zahninfektionen im Mittelpunkt des Interesses stehen, liegt wohl erstens daran, d ~ die Z~th~e tats~chlich h~ufig Infektionstr~ger sind, dann abet aneh @ran, daI~ Zahninfektionen diagnostiseh verh~ltnis- m~6ig geringe Sehwierigkeiten machen. Die wenigsten l~Iensehen ver- ftigen tiber ein vollkommen int~ktes GebiS. Der suehende Diagnostiker findet hier am ehesten einen Anhaltspunkt. Aul3erdem gestattet das

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576 G. TAvs~A~ und E. SUCHAROWSKI:

RSntgenbild in den meisten F~llen ein Urteil fiber den Zustand des um- gebenden Knoehens. Der apikale Herd ist aueh hier als 0stitis deutlieh gekennzeiehnet. Die Leiehtigkeit der Diagnose in solehen F~llen darf aber nicht dazu verffihren, die Wichtigkeit der fibrigen genannten Infek- timlsquellen zu untersehi~tzen. Wenn sp~oter im experimentetlen Teil ehronisehe Infektionen gerade an den Zi~hnen gesetzt worden sind, so ist dies wesentlieh teehnisch bedingt, da wir fiber keine an@re ]~[ethode ver- ftigen, abgegrenzte Herde, also Foci zn schaffen, die ungefghr den ldini- schen Befunden entsprechen.

Die pathologisch-physiologisehe Definition soleher Foal hat P g s s 1 e r gegeben: Abgegrenztes, infiziertes Gewebe, dnreh mangelhafte Blutver= sorgung den bakteriziden Xriiften des Blutes entzogen, dutch Resorption Toxine, gelegentlich (naeh Dnrehbreehen des Granulationswalles) aueh Bakterien abgebend. XnSeherne Wandungen hindern in den meisten Fgllen 8dbsthei]ung dureh Abszedierung.

Es wird spi~ter zu zeigen sein, dab die yon uns experimentdl ange- legten Zahnwurzelgranulome diesen Vorstellnngen vollkommen ent- spreehen.

])as therapeutisehe Vorgehen gegen solche fokale Infektionen ist bisher Bin radikal chirurgisehes. Voraussetzung ist, d ~ man den 8itz des Fokus ke~nt. I~ichtsdestoweniger fiihrt hgufig aueh die serienweise Entfernung infektionsverdgehtiger Zghne, Tonsillen nieht zum Erfolg. Begreiflieh, dal~ mit waehsender 8kepsis die Operationslust abnimmt. Von sonstiger Behandlungsform kommen neben roburierender Digt Quarzlampen- oder RSntgenbestrahlung in Frage; wenn die Ziichtung des Erregers gelingt, kann eine Behandlung mit Autovacdne niitzlioh sein.

Eine bisher nieht getdgrte Frage ist, ob man yon drier Allgemein- behandlnng mit spezifischen Desinfektionsmitteln Erfolg erwarten dare Der Vorteil dieser ~ethode liege zweife]los darin, dal~ es auf eine diagno- stische Lokalisation des Fokus nieht mehr anki~me. Zweifel mul~ten yon vornherein bestehen, ob es gelingt, genfigende Konzentrationen des h[ittels auf dem Blutwege an einen Herd heranzubringen, der sehr i~hnlieh einem TuberkeI dnreh Ge~i~Barmut gegen Angriff gesehiitzt ist.

Die folgenden Untersnchungen bezwecken keine systematisehe Prfi- lung der als wirksam denkbaren ~ittel. Dies verbietet schon der Umfang des Einzelversuehs und die Kostspieligkeit des materials. Es mul~te also genfigen, aus den KSrperklassen, die als allgemein desinfizierend in Frage kommen, einzelne Vertreter zu untersuchen und festzustellen, ob grund- si~tzlieh eine Keilwirkung auf ehronisehe Infektionsherde mSglieh ist. Da es sieh allgemein um Xokkeninfektionen handelt, war an die antisepti-

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sehen Farbstoffe der Akridinreihe, an die Chininderivate, sehliel~lieh an organiseh gebundenes Gold zu denken. In der Therapie der akuten Sepsis sind diese KiSrper jetzt wohl moist verlassen. Die anfi~nglieh grogen Hoffnungen haben sieh nieht erfiillt. Vermutlieh war gegentiber dem rapiden Verlauf mit massenhafter Bakterienvermehrung die abttitende Wirkung nieht raseh und stark genug. Ftir die ehronisehe Infektion mit sehleiehendem Verlauf und fehlender odor geringer Bakterii~mie gelten diese Einw~tnde nieht. Allerdings war yon einer einmaligen Gabe kein Erfolg zu erwarten, eher yon einer Dauerbehandlung, die ftir stere An- wesenheit yon Desinfektionsmitteln in Blut und Gewebsfltissigkeit sorgte.

Als Heilmittel wurden folgende Stoffe gewi~hlt:

Chiningruppe: Eueupin, Akridingrnppe: Trypaflavin, Goldpr~tparate: Solganal.

~[ethodik. Ziel des Versuches war, experimentell eine ehronische Infektion naeh

Art der Wurzelgranulome zu setzen. Zu diesem Zweek sollte den Ver- suchstieren infektiSses ~iaterial nach ErSffnung der PulpahShle und weit- gehender Entfernung der Pulpa mSg]iehst hoeh in den Wurzelkanal hin- aufgef@rt werden. Es war zu hoffen, da6 die Bakterien unter den gt~nstigen Bedingungen im Kanal an den Gewebsresten entlang wurzel- spitzenw~rts welter wuehern wiirden, und dal~ die Infektion auf de~ um- gebenden Knoehen ttbergreifen wt~rde. In Anlehnung an die Vorstellungen R o s e n o w s yon der Organspezifitiit vieler Kokkensti~mme benutzteii wir zur Infektion aus mensehliehen granulomen reingeztichtete Kokkeii. Der Vorgang dabei war folgender: Wurzelgranulome, wie sie bei Zahnextrak- tionen hgufig gewonnen werden, wurdeii kurz in absolutem Alkohol ab- gesptilt, mit warmer Luft getroeknet und aseptiseh quer durehgesehnitten. Von den Sehnittflitehen wurde abgeimpft und in Bouillon tibertragen. Dureh l~bertragung auf Blutagarplatten gelang die Reinztiehtung sofort. Einige Stgmme yon hi~,molytiseheii Streptokokken, die so gewonnen uiid in die Zahnkangle eingebraeht wurden, braehteii keine Infektion. Sehon naeh kurzer Zeit wurden die Wurzelki~ngle ~deder steril gefunden. Da- gegen fiihrten Versuehe mit einem anderen, ebenfalls aus einem menseh- lichen Granulom geztiehteten Stature von nieht hgmolytisehen grtin waehsenden Streptokokkeii regelm~!3ig zur Infektion. Dal3 gerade die gleiehe'Kokkenart, wie sie in der ttberwiegenden Zahl aller mensehliehen Granulome (80%) gefunden wird, in unseren Versueheii so Meht anging, sprioht zweifellos im Sinne einer Organ- bier Zahnspezifiti~t der Erreger.

Areh iv f. exper iment . Pa th . u. Pharmako l . Bd. 162. 37 b

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578 G. TAU~MA~ und E. SUeHAROWSKI:

Mit diesen nicht h~molytisehen, grtin wachsenden Streptokokken wurden nun unsere s~mtlichen Versuchstiere folgendermal~en infiziert: Wir benutzte~ gunde im Alter his zu t~chstens 2 J~hren. Diesen wurden in Xthernarkose beide Reil3zghne des Oberkiefers mit den in tier zahn- hrztliGhen Teehnik ttbliehen l~[ethoden unter strenger Asepsis erSffnet. Dis Pulpen wurden mit Nervnadeln naeh ~ISgliehkeit entfernt, was jedes- mal bei der grogen distalen Wurzel am besten gelang. Dis kleine und meist stark gebogene proximale Wurzel erwies sigh fiir den Versueh als ungeeignet, weshalb wir uns ira weiteren Verlauf auf die distale Wurzel beschr~nkten. Die Kangle wurden mit Alkohol ausgetupft und mit

steriler Watte und HeiNuft- strom getroeknet. Dann wurde yon der Kultur mit

:: :: : . . . . . . . einer kleinen Platin~se et- was Bakterienrasen abge- nommen, in den Wurzel- kanal gebraGht und mit einer Nadel mSgliehst hoeh naeh der Wurzelspitze gesehoben. Beim Versehliel3en tier Zahn- 5ffnung aehteten Mr darauf, dag kein antiseptisch Mrk- sames Material verwendet wurde. Die Wurzelkan~le wurden mit Papierkappen

Abb. 1. Sektor eines Granuloms. Lockeres Bindegewebe. Quer durch das Bildfeld ein Gefal3. Leukoeyten mamg ~iel, abgedeckt, mit einer Unter- nur in der l~andzone angereichert. Diagnose: Gra~ula-

t~o~g~w~b~, ftillung von GuttaperGha be- legt und schlieglieh mit

Phosphatzement versehlossen. Naeh 12 und naeh 24 T~gen wurden die Z~hne wieder erOffnet und Abstriehe vonder Cavit~t gemaeht . Hierbei wurden fast jedesmal Reinkulturen der anf~ngliGh eingebrachten Kokken gewonnen, selten waren die Kulturen mit geringen 3/[engen anderer Bak- terien verunreinigt. ~an kann wohl annehmen, dal~ diese sigh nieht im Wurzelkanal selbst befanden, sondern bei der reeht sehwierigen Asepsis in der NundhOhle whhrend des Eingriffs dazu gekommen sind. Naeh Ab- lauf von 1--1 t/~ ~onaten wurden die Tiere getStet, die laterale Oberkiefer- wand in der Gegend der Reil~zahnwurzel streng aseptiseh freigelegt und ein reehteekiges Fenster ausgemei~elt. Die freigelegte distale 'WurzeI- spitze trug in allen Fallen ein glasiges, sehwammiges Gewebe, das ent- weder tier Wurzelspitze k~ppenfSrmig aufsag oder ihr seitlieh angelagert

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war. Der Kieferknoehen war entspreehend dem Ausmag dieses Gewebes usurier~. Die mikroskopisehe Untersuehung zeigte, dab es bei dem frag- lichen Gewebe sieh zweifellos um Granulationsgewebe handelte (s. Abb. 1) ; loekeres Bindegewebe mit verei~_zelten Gef~Lgen und m~Lgig vielen Leuko- eyten, tn der gandzone waren die Leukoeyten angereiehert. Ein derber Granulationswall fand sigh nur in einigen F~llen. Naeh der histologisehen Untersuehung mug dieses an der Wurzelspitze gefundene pathologisehe Gewebe als Granulom angesproehen werden.

Auf die bakteriologisehe Untersuehung dieser Granulome wird sp~tter zurtiekzukommen sein.

V e r s u c h e mi t D e s i n f e k t i o n s m i t t e l n .

1. Eucupin.

Drei Hunden wurde Eueupin gereieht (Kund 3, 9, 10). In einem Fall (Hund 3) wurde die subkutane Darreiehung durehgefiihrt, obwohl es trotz aseptiseher Kautelen wiederholt zu Abszel3bildung kam. Das Protokoll 1 unterrichtet fiber den Gang des Versuehs und die Dosierung.

Protokoll 1. Eucupin. Hund 3.

Gewicht Eucupinmenge Gesalntmenge Datum

des ttundes pro kg yon Eucupin Bemerkungetl 1931

in kg in mg in mg

27. I1. 28. II.

2. III. ;4. III. 4. III. 5. III. {;. III. 7. III. 9. III.

10 III. 11. III. 12. III. 13. III.

4.8 4,9 4,8 4,8 4,8 5,1 5,0 4,9 4,8 4,~ 4,7 4,7 4,6

4 20.9 10 50,0 10 50,0 15 75,0 20 100,0 25 127,5 25 125,0 30 147,0 30 144,0 15 63,O 20 94,0 ~0 94.0 20 99,0

Subkutan.

IntravenSs.

Subkutan.

Da die subkutane Anwendung des Eueupins auf Schwierigkeiten stiel~, wurde den beiden anderen Tieren dieser Serie Eucupin basicum per os mit der Schlundsonde gegeben. Jedes Tier erhielt durehsehnittlich in 12 Tagen 4,6 g Eucupin basieum insgesamt. Am Tage nach der letzten Eucupingabe wurden s~mtliche Tiere getStet und in der vorbeschriebenen Weise die Wurzelspitzen freigelegt. In allen F~llen fanden sich Granula- tionsherde. Die GrSl3e der Granulome sehwankte zwischen 3 und 8 mm

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580 G. TAIIB~IANN und E. SucHAnOWSIr~:

Durehmesser. Die bakteriologisehe Untersuehung wies im Innern s~mt- lieher Grallulome griin waehsende Streptokokken Ilaeh. Es war also mit diesen reeht hohen Dosen Eueupin nieht mSglieh, die Granulome zu sterilisieren.

2. T rypa f l av in .

Drei Hun@ (Hund 1, 5, 7) erhielten Trypaflavin in 1%iger w~sseriger LSsung subkutan. Den Verlauf eines solehen Versuehs zeigt das Protokoll 2.

Protokol] 2. Trypaflavin. Hund 1.

Datum Gewicht Tryloaflavin 1931 in kg in ccm

6. 1II. 7. III .

10. III. 11. III. 12. III . 13. III. 14. III. 16. III. 17. III. 18. III . 19. III.

10,4 10,4 10,4 10,9 10,9 9,9 9,1 9,2 9,4 9,4 9,4

10,4 10,4 11,0 11,5 11,5 10,5 10,0 10~0 10,0 10,0 10,0

Die beidell andern Tiere erhielten ebenfalls 2 Woehen lang tliglieh pro Kilogramm 1 ecru 1%iges Trypaf]avin subkutan. Die In]ektionen warden im allgemeinen gut vertragen. Auffallend war, dal~ bei allen drei Tieren im Verlauf der Behandlnng ein sehr starkes 0dem des Skrotums und der Brustdriisengegend auftrat. Wie die Sektion zeigte, handelte es sich urn ein subkutanes lJdem. Ein gleiehartiger Fall nach Anwendung von Trypaflavin, bei dem das 0dem naeh Aussetzen des 3/[ittels bald zu- riickging, ist mir aus der Klinik bekannt. Diese auffallende Eigensehaft des Trypaflavins, ]okale 0deme zu maehen, die notabene nicht mit einer Nierenschi~digm N zusammenhgngen, ist ]edenfa]ls beachtenswert. Die Sektion der drei Tiere fSrderte wieder regelmN3ig Granulome zutage. Bei tier bakterio]ogischell U~tersuchung elwciesen sieh die Granulome als steril. Das Trypaflavin hat demnach die Granulome zu sterilisieren vermocht.

3. Solganal .

Wir versuchten zuni~chst, das Solganal zur intravenSsen Injekt ion zu benutzen, das wir als Solganal A bezeichnen wollen. Es stellte sich aber heraus, dab wiederholte intraveniise In jekt ionen bei t Iunden aul~er-

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ordentlieh sehwierig waren, zumal die kleinste 3genge der LSsung, neben die Vene gespritzt, mit Sieherheit zu Thrombose and hbszel~ ftihrte. Wir halfen uns schliel~lieh so, da.13 wit das Solganal A vorsiehtig intrakardial spritzten. Den beiden anderen Hunden verabreiehten wir Solganal B, das subkutan gut vertra.gen Mrd. Es folgen zwei Protokolle, die die Dosierung beider Solganale geben.

Protokoll3. SolganMA. tIund 2.

Datum Art Solganal in g Bemerkungen

1931 der Injektion

4. III. 5. III. 6. IlL 7. III. 9. III.

11. IlL 12. III. 15. III. 14. IlI. 15. II[. 16. III. 17. III. 18. III.

0,0t 0,05 0,l 0,25 0,5

05 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5

intravenSs

intrakardial

Starkes Erbrechen. Behandlung unter- brochen.

w

Am 20. III. wurde das Tier getStet, die bei der Sektion gefundenen Granulome waren bakteriologiseh steril.

Protoko]l 4. SolganM B. Hand 6. Sabkutane Illjektion.

Datum 1931 Solganal in g

16. III. 0,0[ 17. llI. 0,05 18. III. 0,1 19. IlL 0,25 20. III, 0,5 21. III. 0,5 22. III. 0,5 23. III. 0.5

Datum Solganal

1931

24. III. 0,5 25. III. 0,5 26. III. 0,5 ~7. III. 0,5 28. III. 0,5 29. III. 0,5 30. III. 1,0

in g

Bei diesem Hand ebenso wie bei dem gleieh behandeRen Hand 8 warden aus den Granulomen grtin waehsende Streptokokken rein ge- ziiehtet. Es ist demnaeh zu sagen, dag das Solganal B offenbar nieht udrksam ist. Weitere Versuehe dartiber, ob die Wirksamkeit des Sol- ganals A sieh bestiRigt, w~ren erwtinseht.

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582 G. TAUB~rA~ UM E. SUCHAIIOWSKI:

Zusammenfasend ist zu sagen, dal~ die Schaffung chronischer Infek- tionsherde in Form yon Wurzelgranulomen bei ttunden regelma~ig ge- lungen ist. Auffallend ist, daI~ nur ein Stature yon griin wachsenden nicht hamolytischen Streptokokken anging, wie sie aueh in der Mehrzahl

der Falle bei menschliehen Wurzelgranu- lomen gefunden werden. Das histologisehe Bild entspraeh durehaus dem eines Granu- lores, lgur war die BindegewebskapseI weniger deutlieh ausgebildet, was dureh die verhalt- nismagig kurze Dauer des Versuehs gegen- tiber jahrelang bestehenden Granulomen bei

abb. 2. ~und 10. Eueul)in. t ~ n t - 5'[enschen erkl~trlieh ist. In einigen Fallen genpositiv; beginnende llarefizie= konnten wir Rtintgenbilder tier infizierten rung an der distalen Wurzelsl)itze. Zahne und ihrer Umgebung anfertigenJ. Es

ist erstaunlieh, Me frtih sieh sehon rSntgeno- logiseh der destruktive Proze[~ am Knoehen bemerkbar maeht. Der ganze Knoehen in der Umgebung des infizierten Zahnes scheint sehon sehr friihzeitig rarefiziert, zu einer Zeit, wo die Einsehmelzung des Knochens und die ttOhlenbildung erst in ihren An-

abb. s. gund s. SoIga~al B. R~nt- fgngen ist. Abb. 2 zeigt dies sehr seht~n. Die genpositiv; starke Aufhellung bei-

derseits der distaleI1 Wurzel. beiden anderen Abbildnngen 3 und 4 zeigen erheblieh fortgesehrittene Prozesse mit voll- kommener Verniehtung des Knoehens. In Abb. 3 Knoehenschwund seitlieh der distalen Wurzel, in Abb. 4 mehr der Wurzelspitze aufsitzend. Zu dem letzten Bild ist ergan- zend zn bemerken, dag bei der Sektion das Granulom ~oeh grSl3er war als naeh dem

Abb. 4. t tund 6. Solganal B. RSnt- R6ntgenbdund zu erwarten stand. Histolo- gen~oositiv; starke Authellung, kap- giseh wurden bier aul3er Granulationsgewebe I)enf6rmig die distale Wurzel um-

g~be~d, quergestreifte ]~uskelfasern gefunden, ein Be- fund, den wir uns zunaehst gar nieht deuten

konnten, der aber sehlieglieh seine Erklarung darin land, da6 das Granu- lore in die Orbita durehgebroehen war und einen hugenmuskel in den Entztindungsbereieh einbegriffen hatte.

Fiir die Anfertiguug der R~ntgenbilder sind wir dem Zahn~rztlichen In- stitut der Universit:~Lt zu Dank verpflichtet.

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Versuehe, wie lange die Kokken sieh unbeeinflul.3t an der Zahnwurzel halten, sind mit Bt~eksi&t auf die Knapt~heit des Tiermaterials nieht unternommen worden. Der Naehweis der Kokken in den F~tllen, ill denen trotz BeSandlung mit Desinfektionsmitteln keine AbtStung eilltrat, mugte als Kontrolle gentigen. Besonders die Grupioe der mit Eueupin behandelten Tiere ist hier als beweisend anzusehen. Eine siehere Wirkung kann man zunXehst nur dem Trypaflavin zuspreehen, das in grogen Dosen die Kokken sieher abt~tete. Die Dosis yon 10 mg/kg ist zwar reeht hoeh, vdrd aber vom ~Iensehen, ~ e die Versuehe von ~Iark und Olesker l zeigen~ bei intraveniJser Injektion gut vertragen. Da.raus kann die Forderung abgeleitet werden, in F~llen fokaler Infektion, die sehwere Komplikationen zeigen, und bei denen anderweitige Therapie versagt hat, mit Trypaflavin his an die Grenze der Vertr~gliehkeit heranzugehen.

lJber die beiden Solganale l~Lftt sich zur Zeit kein aBsehliel?endes UrteiI fNlen. Das Solganal B wird aueh in grogen Dosen auffallend gut vertragen, hatte aber in unseren beiden Versuehen keine Wirkung. Das intraven6s gegebene Solganal A war in dem einen angestellten Versueh ~s=irksam. Fortsetzung der Versuehe mit einwandfreier Teehnik w~tre niitig. Die gut ausgeftihrte intrakardiale Injektion (Kantile sieher in der gerzh6hle, langsames Injizieren) ~4rd a nstandslos vertragen.

Die Dauerbehandlung fokMer Infektionen mit einem geeigneten spezifisehen Desinfektionsmittel seheint naeh diesen Versuehen aussiehts- voll und verdient, bei Versagen anderer Therapie angewendet zu werden.

Dariiber lfinaus seheint es angezeigt, auch andere Krankheitszu- stande, die zum ehronisehen Infekt Beziehungen haben, dieser Behand- lung zu unterwerfen. Besonders tier akute Oelenkrheumatismus mit seinen ehronisehen Infektfolgen, der einfaehen Endokarditis und der Lentasepsis diirfte ein geeignetes Objekt sein. Es mag bier auf die wenig bekannten Befunde L a e h n e r s e hingeMesen werden, der mit Trypaflavin allein erstaunliehe Iteilerfolge bei akuter Polyarthritis erzielte. Wit ki~nnen heute der SMizylsgure kaum noeh eine eehte gtiologisehe Wirkung auf die Polyarthritis zuerkennen. Zur Begrtindung dieses yon der klas- sisehen Auffassung abwei&enden StandI)unktes ist anzuftihren, dag ein- mM die Spfi.tfolgen, besonders die Herzerkrankungen dutch Salizyls~ure ttberhaupt nieht bednflul3t werden, nnd dab zweitens dieselbe sehnelle therapeutisehe Wirkung aueh dureh Stoffe erreieht werden kann, die keine Desinfektionswirkung haben, wohl aber, ebenso wie die Salizylsgure fieberwidrig und entztindungshemmend sind (Pyramidon und Atophan).

Mark und Olesker, Dtseh. reed. Woehensehr. 1923, Mr. 1, S. 17. 2 Laehner, Miineh. meal. Woehensehr. 1927, Mr. 30, S. 1276.

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584 G. TAUBM.~ u. E. SUCn.~ROWSKI: Allgemeinbehandlung fokaler Infektienen.

Unter diesem Gesiehtspunkt w~tre es zweckmgl~ig, die obengenannten Versuehe L a c hne r s fortzusetzen, da die Vermeidung von Spgtfolgen bei der Trypaflavinbehandlung wahrscheinlieher ist ~ls bei Salizyldar- reiehung.

Zusammenfassung .

Es wird eine 5[ethode beschrieben, die es gestattet, dem fokalen In- fekt entspreehende Infektionsherde zu setzen. Die chemotherapeutisehe Wirkung versehiedener Desinfektiollsmittel wird an solchen Herden ge- priift, und das Trypaflavin besonders wirks~m gefunden.