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v. Graefes Arehiv fiir Ophthalmologie 162, 120--123 (1960) Aus dem Pharmakologischem Institut der Universit~it Graz (Vorstand- Prof. Dr. H. HXVSLER) und der Univ.-Augenklinik Graz (Vorstand: Prof. Dr. H. H~uBY) u zur tlemmung der enzymatischen Zonulolyse Von F. LEMBECK und H. HOFMANN N~ch Anwendung der enzymatischen Zonulolyse wird die Enzym- 15sung schon bei der Entbindung der Linse weitgehend wieder entfernt, noch mehr durch eine eventuelle nachfolgende Spiilnng der Vorder- kammer. Daher ist im allgemeinen eine Idemmung der Enzyme nach Beendigung der Staroperation praktisch tiberfliissig. Eigene Versuche, ob DFP, welches neben der Cholinesterase auch Trypsin und ~-Chymo- trypsin hemmt, durch Eintropfen in den Bindehautsaek die schs Wirkung hoher Enzymkonzentrationen auf die Hornha~ut zu unter- drficken vermag, verliefen neg~tiv (LEMBECKund HOFMAI~I~1959). Auch APPEL~IANSU. Mitarb. (1959) konnten kcine sicher hemmende Wirkung yon DFP feststellen. Es kann jedoeh einmal, z. B. bei jugendliehen Kataraktformen, not- wendig sein, hohe Konzentrationen yon Trypsin zur Zonulolyse zu ver- wenden. In solchen F/~llen ware es yon Nutzen, einen experimentell gepriiiten Inaktiwtor zur Hand zu haben. Zu diesem Zwecke haben wir von den wasserlSslichen Enzymhemm- stoffen, den Kallikrein-Inaktivator (Trasylol) 1 und den kristallinisehen Sojabohnen-Inhibitor 2 Nero ausgewahlt und ihre I-Iemmwirkung auf zonulolytische Enzyme sowie ihre Vertr~tglichkeit bei intraocularer Inj ektion untersucht. Methodik 1. Prfilung der Wirksamkeit am isolierten Rinderauge. Zu den Versuchen wurde die in einer frfiheren Arbeit bereits besehriebene Apparatur verwendet (I{oI~MAlqN und LE~B~CK). Die enzymatische LSsung der Linsen wurde mit einer LSsung von 0,5 mg/ml Trypsin herbeigefiihrt. Da das nachfolgende Auftropfen der Hemm- stoffe diese Enzymlbsung in einem unsicheren MaBe verdfinnt h~tte, wurden je 6 Tropfen der HemmstofflSsungen 30 sec vor der Enzymwirkung aufgetropft. Sodann wurde die Zeit vom Aufbringen der Enzyme bis zur AblSsung der Linse gemessen. Als Kontrolle wurden start der Hemmstoffe 6 Tropfen einer 0,9%igen KoehsalzlSsung auigetropft. 2. Vertr~iglichkeit am Kaninchenauge. In je 6 Kaninehen~ugen wurden naeh Abs~ugen yon 0,3--0,4 ml Kammerw~sser 0,4 ml der Hemmstoff|Ssungen injiziert. Die Augen wurden am 1. Tag mehrmals und in den folgenden 14 Tagen einmal t~glich an der SpMtlampe untersucht. 1 Von Farbenfabriken B~yer, Elberfeld, zur Verffigung gestellt. Vonder Firma Nero, Kopenhagen, zur Verfiigung gestellt.

Versuche zur Hemmung der enzymatischen Zonulolyse

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Page 1: Versuche zur Hemmung der enzymatischen Zonulolyse

v. Graefes Arehiv fiir Ophthalmologie 162, 120--123 (1960)

Aus dem Pharmakologischem Institut der Universit~it Graz (Vorstand- Prof. Dr. H. HXVSLER) und der Univ.-Augenklinik Graz (Vorstand: Prof. Dr. H. H~uBY)

u zur tlemmung der enzymatischen Zonulolyse Von

F. LEMBECK und H. HOFMANN

N~ch Anwendung der enzymatischen Zonulolyse wird die Enzym- 15sung schon bei der Entbindung der Linse weitgehend wieder entfernt, noch mehr durch eine eventuelle nachfolgende Spiilnng der Vorder- kammer. Daher ist im allgemeinen eine Idemmung der Enzyme nach Beendigung der Staroperation praktisch tiberfliissig. Eigene Versuche, ob DFP, welches neben der Cholinesterase auch Trypsin und ~-Chymo- trypsin hemmt, durch Eintropfen in den Bindehautsaek die schs Wirkung hoher Enzymkonzentrationen auf die Hornha~ut zu unter- drficken vermag, verliefen neg~tiv (LEMBECK und HOFMAI~I~ 1959). Auch APPEL~IANS U. Mitarb. (1959) konnten kcine sicher hemmende Wirkung yon DFP feststellen.

Es kann jedoeh einmal, z. B. bei jugendliehen Kataraktformen, not- wendig sein, hohe Konzentrationen yon Trypsin zur Zonulolyse zu ver- wenden. In solchen F/~llen ware es yon Nutzen, einen experimentell gepriiiten Inak t iw to r zur Hand zu haben.

Zu diesem Zwecke haben wir von den wasserlSslichen Enzymhemm- stoffen, den Kallikrein-Inaktivator (Trasylol) 1 und den kristallinisehen Sojabohnen-Inhibitor 2 Nero ausgewahlt und ihre I-Iemmwirkung auf zonulolytische Enzyme sowie ihre Vertr~tglichkeit bei intraocularer Inj ektion untersucht.

Methodik 1. Prfilung der Wirksamkeit am isolierten Rinderauge. Zu den Versuchen wurde

die in einer frfiheren Arbeit bereits besehriebene Apparatur verwendet (I{oI~MAlqN und LE~B~CK). Die enzymatische LSsung der Linsen wurde mit einer LSsung von 0,5 mg/ml Trypsin herbeigefiihrt. Da das nachfolgende Auftropfen der Hemm- stoffe diese Enzymlbsung in einem unsicheren MaBe verdfinnt h~tte, wurden je 6 Tropfen der HemmstofflSsungen 30 sec vor der Enzymwirkung aufgetropft. Sodann wurde die Zeit vom Aufbringen der Enzyme bis zur AblSsung der Linse gemessen. Als Kontrolle wurden start der Hemmstoffe 6 Tropfen einer 0,9%igen KoehsalzlSsung auigetropft.

2. Vertr~iglichkeit am Kaninchenauge. In je 6 Kaninehen~ugen wurden naeh Abs~ugen yon 0,3--0,4 ml Kammerw~sser 0,4 ml der Hemmstoff|Ssungen injiziert. Die Augen wurden am 1. Tag mehrmals und in den folgenden 14 Tagen einmal t~glich an der SpMtlampe untersucht.

1 Von Farbenfabriken B~yer, Elberfeld, zur Verffigung gestellt. Vonder Firma Nero, Kopenhagen, zur Verfiigung gestellt.

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3. Hemmung von Trypsin und cr am Kaninchenauge. Naehdem sieh herausgestellt hatte, dal~ der Sojabohnen-Inhibitor gut vertragen wird, wurde an Kaninehena.ugen die Vorderk~mmer punktiert, die Hornhauthinterw~nd ~n 5 StelIen verletzt und das Kammerwasser abpunktiert. Hierauf wurde die Vorder- k~mmer gon 7 Augen mig 0,I ml Trypsin (4 rag/m1) und die Vorderk~mmer von weiteren 7 Augen mit 0,1 ml a-Chymotrypsin (2 mg/ml) ~ufgefiill~. Naeh 1 rain wurde sehlieglieh 0,1 ml des Sojabohnen-Inhibitor (10 mg/ml) naehgespritzt.

Ergebnisse

1. Priifung der Wirksamkeit am isolierten Rinderauge.

Tabelle

Kontrolle (0,9 %ige NaCDL6sung) . . Kallikrein-Inaktivator . . . . . . . . Sojabohnen-Inhibitor . . . . . . . .

An2~hl

Aug~n Abl6sungszeit

i11 88o

8 7 • 24~1 • 152 476 • 14

p des Unterschie des gegeniiber der

J~on.trollgruppe (t-Test)

> 0,02 > 0,0i

Beide Hemmstoffe zeigten eine signifikante Verlgngerung der Abreifi- zeit. Der Untersehied gegentiber der Kontrollgruppe ist tats/iehlieh noeh gr6ger als aus obiger Tabelle hervorgeht, da es in den Versuehen mig dem KMlikrein-Inaktivator einmal unter 8 Versuehen, in denen mit dem SojabohnemInhibitor gmal unter 7 Versuehen innerhalb von 480 see noeh nieht zum AbreiBen der Zonulafasern gekommen war, ffir diese Fglle abet bei der Berechsung von Mittelwert, Streuung und Wahr- seheinliehkeit des Untersehiedes (p) der Wert yon 480 see eingesetzt wurde.

2. Vertr~gliehkeit am Kaninehenange. Die Spaltlampenuntersuehung jener Tiere, die mit dem Kallikrein-Inaktivator behandelt worden waren, ergab bereits 1 Std nach der Injektion eine zarge diffuse Trtibung nnd naeh 24 Std eine Verdiekung der stark getriibten I-Iornhaut auf das 2--3faehe. Aueh das Kammerwasser war trfib und die Iris hyper~miseh. Diese Veritnderungen blieben 14 Tage hindureh bestehen.

Die Augen, in die der Sojabohnen-Inhibitor injiziert worden war, zeigten selbst bei der hohen Konzentration yon 10 mg/ml keine nennens- wer~en geizerseheinungen.

3. Hemmung yon Trypsin und ~-Chymotrypsin am Kaninchenauge. Da in fr/iheren Versuehen (L~BECX und HO~MA~ 1959) die Injektion yon 4,0 mg/ml Trypsin oder 2,0 mg/ml e-Chymotrypsin in die Vorder- kammer immer yon sehweren Schgdigungen der an der I-Iinterwand verletzten Hornhaut gefolgt war, wurde geprtift, inwieweit diese Seh~- digungen dureh naehtrggliehe Injektion des Sojabohnen-Inhibitor hint- angehalten werden kSnnen. Die Zeit zwisehen der Injektion des Enzyms und der des Hemmstoffes wurde auf 1 rain festgelegt.

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Bei der Zonulolyse am Menschen wiirde auch eine l~ngere Verweildauer des Enzyms im Auge keine Rolle spielen, da eine Konzentration yon 4 mg/ml Trypsin kaum einmal erforderlich sein dfirfte.

Bei keinem unserer 7 mit Trypsin bzw. der 7 mit e-Chymo~rypsin durehgeffihrten Versuehe konnte eine Sehi~digung der Hornhaut be- obaehtet werden und aueh bei der Kontrolle naeh 24 Std wies kein Auge eine Hornhautver~nderung auf, die naeh der in unserer ein- gangs erw/~hnten Arbeit verwendeten Einteilung mehr als Grad ,,1" erreieht h/~tte.

Diskussion Die besehriebenen Versuche ergaben, daB der Kallikrein-Inaktivator

am isolierten Rinderauge zwar eine t temmung der enzymatisehen Zonulolyse bewirkt, am Kaninehenauge aber zu einer deutlichen Sch/~- digung fiihrt; er wurde daher I/Jr weitere Untersuchungen nieht mehr herangezogen. Der Sojabohnen-Inhibitor zeigte am Rinderauge eine bedeutend st/~rkere Enzymhemmnng als der KMlikrein-Inaktivator nnd erwies sieh auBerdem in einer Konzentration yon 10 mg/ml am Kanin- chenauge als vSllig unschi~dlich. Daher wnrde geprfift, ob dieser Hemm- stoff die Sch/idigungen der verletzten t tornhaut , die nach Injektion von Trypsin bzw. g-Chymotrypsin in die Vorderkammer beobaehteg werden (LEMBnCI~ und HOFMANN 1959), verhindern kann, wenn er 1 min naehher in die Vorderkammer injiziert wird. Tatss konnte in ss Versuchen die sonst sicher eintretende Enzymschs der verletzten Hornhaut hintangehalten werden.

Die Hemmung der Enzyme naeh Eintri t t ihrer zonulolytisehen Wir- kung ist keineswegs als l~outine-Verfahren naeh jeder enzymatischen Zonulolyse erforderlieh. Kaben doch die bisherigen umfangreiehen klini- sehen Erfahrungen vieler 0perateure gezeigt, dab das naeh~olgende Spfilen allein schon ein ausreiehender Sehutz gegen Nebenwirkungen der in den erforderliehen Konzentrationen injizierten Enzyme darstellt. Bei der Anwendung yon Trypsin 1:10000 an Stelle yon ~-Chymotrypsin 1 : 5000 kann auch die Spiilung ohne Bedenken unterlassen werden.

W/ihrend aber die Anwendung hoher Enzymkonzentrationen in be- sonders gelagerten Fallen bisher als bedenklieh gelten mugte, liefern die vorliegenden Versuehe die experimentelle Grundlage ffir die klinische Anwendung eines Itemmstoffes, der naeh Eintr i t t der Zonulolyse jede weitere Nebenwirkung des Enzyms unterbinden kann.

Zusammenfassung 1. Am isolierten Rinderauge zeigt der Kallikrein-Inaktivator eine

geringe, der Sojabohnen-Inhibitor eine starke I-Iemmung der zonnlolyti- sehen Wirkung von Trypsin.

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2. Bei der Injekt ion in die Vorderkammer des Kaninchenauges wird der Sojabohnen-Inhibitor reizlos vertragen, w~hrend der Kallikrein- Inakt iva tor zu Sehgdigungen f/ihrt.

3. Wird der Sojabohnen-Inhibitor 1 rain naeh Injektion einer die verletzte Hornhaut seh/~digenden Menge yon Trypsin bzw. ~-Chymo- trypsin in die Vorderkammer des Kaninehenauges injiziert, k6nnen Enzymschgdigungen verhindert werden.

4. Die vorIiegenden Versuehe liefern die experimentelle Grundlage Itir die t I emmung der Enzymwirkung, die nach Anwendung hoher Konzentrat ionen zur Zonulolyse am mensehlichen Ange in besonderen F/Lllen erforderlich sein kann.

Literatur APPELMANS l~. MICttIELS, J., P. DE BACKER et R. ALAEETS: Action de l'alpha-

chymotrypsine sur la cornee du lapin. Bull. Soc. belge 0phtal. 120, 543--570 (1958).

HOFfmAnn, H., u. F. L~BECK: Vergleiche der zonulolytischen Wirkung yon a:Chymotrypsin und Trypsin. Klin. Mbl. Augenheilk. 134, 316--322 (1959).

LEa{BECK, F., U. H. HOFMA~: Weitere Untcrsuchungen zur enzymatischen Zonulo- ]yse. Klin. Mb]. Augenheilk. 135, 232--240 (1959).

Doz. Dr. F. Lm~cJ~, Pharmakolog. Institut der Univcrsit~t, Graz (0sterreich)

Doz. Dr. I-I. HOr~IA_~N, Universit~ts-Augenktinik, Graz, Auenbruggerplatz 4 (Osterreich)

Albrecht v. Graefes Arch. Ophthal. Bd. 162 9