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.SIAK-Journal – Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis Raschauer, Nicolas (2009): Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der öffentlichen Aufsicht im Verwaltungsstrafrecht SIAK-Journal − Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (4), 82-93. doi: 10.7396/2009_4_H Um auf diesen Artikel als Quelle zu verweisen, verwenden Sie bitte folgende Angaben: Raschauer, Nicolas (2009). Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der öffentlichen Aufsicht im Verwaltungsstrafrecht SIAK-Journal − Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (4), 82-93, Online: http://dx.doi.org/10.7396/2009_4_H. © Bundesministerium für Inneres Sicherheitsakademie / Verlag NWV, 2009 Hinweis: Die gedruckte Ausgabe des Artikels ist in der Print-Version des SIAK-Journals im Verlag NWV (http://nwv.at) erschienen. Online publiziert: 3/2013

Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

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Page 1: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

SIAK-Journal ndash Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis

Raschauer Nicolas (2009)

Verwaltungsstrafrecht Stellung

und Aufgaben der Organe der

oumlffentlichen Aufsicht im

Verwaltungsstrafrecht

SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr

Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis

(4) 82-93

doi 1073962009_4_H

Um auf diesen Artikel als Quelle zu verweisen verwenden Sie bitte folgende Angaben

Raschauer Nicolas (2009) Verwaltungsstrafrecht Stellung und Aufgaben der Organe der

oumlffentlichen Aufsicht im Verwaltungsstrafrecht SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr

Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (4) 82-93 Online

httpdxdoiorg1073962009_4_H

copy Bundesministerium fuumlr Inneres ndash Sicherheitsakademie Verlag NWV 2009

Hinweis Die gedruckte Ausgabe des Artikels ist in der Print-Version des SIAK-Journals im

Verlag NWV (httpnwvat) erschienen

Online publiziert 32013

Verwaltungsstrafrecht

SIAK-JOURNAL

NICOLAS RASCHAUER Priv-Doz fuumlr Verfassungsrecht

Verwaltungsrecht und Europarecht an der WU Wien

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sicherzustellen

I EINLEITUNG Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt im Bereich des Verwaltungsstrafrechts seit jeher eine besondere Bedeutung zu Schon die Stammfassung des VStG des Jahres 19251 wies der angesprochenen Personenshygruppe zahlreiche praxisrelevante Vollzieshyhungsaufgaben zu die funktionell fuumlr die sachlich und oumlrtlich zustaumlndige Verwalshytungsstrafbehoumlrde erster Instanz (dh in Unterstuumltzung derselben) wahrzunehmen waren2 Der nachfolgende Beitrag skizshyziert nach einer einleitenden Begriffsbeshystimmung einerseits die organisationsshyrechtliche Stellung dieser Organe und geht anschlieszligend auf ausgewaumlhlte Aufgaben der Organe im Bereich des Verwaltungsshystrafrechts ein

II BEGRIFFSBESTIMMUNG Eine eigenstaumlndige Begriffsdefinition der Wortfolge bdquoOrgan der oumlffentlichen Aufshysichtldquo kennt die oumlsterreichische Bundesshyrechtsordnung soweit ersichtlich nicht Positiv rechtlich verankert ist die Funktion des Organs der oumlffentlichen Aufsicht seit der B-VG-Novelle 1991 die mit 1 Jaumlnner 1992 in Kraft trat insb in Art 78d Abs 1

Stellung und Aufgaben der Organe der oumlffentlichen Aufshy

sicht im Verwaltungsstrafrecht

Organen der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltzung der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde praxisrelevante Aufsichtsaufgaben zur Wahrung oumlfshyfentlicher Interessen wahrzunehmen haben kommt seit jeher (auch) im Beshyreich des Verwaltungsstrafrechts eine bedeutsame Stellung zu Sie sind neshyben der Erstattung von Anzeigen insbesondere dazu berufen die steigende Zahl von Bagatelldelikten diversionell zu erledigen oder den staatlichen Strafanspruch durch vielschichtige Handlungen (insb Sicherheitsleistungen)

B-VG wonach bdquodas zum Schutz einzelner Zweige der Landeskultur wie der Land-und Forstwirtschaft (Feld- Flur- und Forstschutz) des Bergbaues der Jagd der Fischerei oder anderer Wasserberechtigunshygen aufgestellte Wachpersonal die Organe der Marktaufsicht der Feuerwehrldquo nicht zu den Wachkoumlrpern iSd Art 78d Abs 1 B-VG zu zaumlhlen ist3 auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu eroumlrternden sectsect 21 Abs 2 37a und 50 Abs 1 VStG hinshyzuweisen Zwar kann aus Art 78d B-VG schon aufgrund kompetenzrechtlicher Ershywaumlgungen weder auf eine Bestandsgaranshytie zugunsten der bestehenden Organgrupshypen in Bundes- und Landesgesetzen noch auf eine Verpflichtung der zustaumlndigen Gesetzgeber solche Organe einzurichten geschlossen werden Dennoch zeigt sich dass der oumlsterreichischen Rechtsordnung eine Vielzahl unterschiedlicher Aufsichtsshyorgane bekannt ist Wie nachfolgend zu zeishygen sein wird stellt die Wortfolge bdquoOrgane der oumlffentlichen Aufsichtldquo eine Sammelshybezeichnung dar die einerseits Organe des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes (sect 5 Abs 2 SPG) andererseits sonstige bdquoOrganeldquo mit spezifischen Aufsichtsfunktionen umfasst

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Eine erste Annaumlherung an den Begriffsshykern gelingt wenn man (bewusst abstrakt betrachtet) bedenkt dass eine der zentrashylen Aufgaben der Verwaltungsbehoumlrden darin zu sehen ist die Taumltigkeit Wirtshyschaftstreibender einerseits im oumlffentlishychen Interesse zu uumlberwachen (zB iS der GewO) andererseits die Einhaltung weshysentlicher Regelungen des Bundes- und Landesrechts sicherzustellen (zB nach StVO NSchG bzw BauO der Laumlnder bdquoAufsichtldquo) Bedenkt man weiters dass Verwaltungsbehoumlrden ndash die selbst nicht handlungsfaumlhig sind ndash zur Sicherstellung dieses Ziels bzw zur Ausfuumlhrung des ihshynen gesetzlich uumlbertragenen Auftrags sog bdquoHilfsorganeldquo4 benoumltigen die funktionell fuumlr die zustaumlndige Behoumlrde (innerhalb ihshyres Wirkungsbereichs) handeln wird eishynerseits deutlich dass die zustaumlndige Beshyhoumlrde regelmaumlszligig verpflichtet sein wird die erforderliche Anzahl an Hilfsorganen zu bestellen und dass diesen Hilfsorganen selbst keine behoumlrdlichen Kompetenzen uumlbertragen sind

Der Gruppe der oumlffentlichen Aufsicht sind insoweit

ausnahmslos natuumlrliche Personen zuzurechnen

Erst bei dieser Betrachtung wird deutshylich dass die von Organen der oumlffentlishychen Aufsicht ndash eine gesetzliche und eine verwaltungsinterne Ermaumlchtigung vorausshygesetzt (siehe Punkt III)5 ndash selbststaumlndig gesetzten hoheitlichen Verwaltungsakte funktionell der sachlich und oumlrtlich zushystaumlndigen Behoumlrde zuzurechnen sind der sie beigegeben wurden Gleiches gilt fuumlr sonstige schlicht-hoheitliche Verwaltungsshyakte wie Belehrungen uumlber die Rechtslashyge Kontrollgaumlnge Einsicht in Unterlagen Ermahnungen Anzeigen einschlieszliglich Datenverarbeitungen und dgl die zwar uumlber keine eigenstaumlndige Normativitaumlt

verfuumlgen aber uU dennoch rechtserhebshylich sein koumlnnen naumlmlich dann wenn sich bei Gesamtbetrachtung der einschlaumlgigen Verwaltungsrechtsbestimmungen ergibt dass subjektive Rechte des Einzelnen durch die angesprochenen Verwaltungsakshyte beeintraumlchtigt werden koumlnnen6

Mit der Begriffsfolge bdquoOrgane der oumlfshyfentlichen Aufsichtldquo werden uumlber die Orshygane des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes hinaus daher jene ndash einer besonderen disshyziplinar- und strafrechtlichen Verantworshytung unterstellten ndash natuumlrlichen Personen erfasst die mit speziellen Aufsichtsfunkshytionen in einzelnen Verwaltungsbereichen betraut sind7 Zur angesprochenen Persoshynengruppe sind ndash neben den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes (sect 5 Abs 2 SPG) ndash zB Forstschutzorgane (sect 110 ForstG) Gewaumlsseraufsichtsorgane (sect 132 WRG) Umweltschutzorgane nach Art des sect 12 nouml UmweltschutzG sowie Jagd- und Feldschutzorgane nach diversen LandesG zu zaumlhlen8 Gemeinsam ist diesen Hilfsorshyganen dass sie gleichsam bdquounterstuumltzendldquo fuumlr eine Behoumlrde taumltig werden und kraft gesetzlicher Ermaumlchtigung praxisrelevante Aufsichtsaufgaben zur Wahrung einschlaumlshygiger oumlffentlicher Interessen wahrzunehshymen haben (zB Uumlberwachung eines Naturshyschutzgebietes zB sect 55 oouml NSchG 2001 Kontrolle eines Gewerbebetriebes sect 338 GewO) Sie sind daher in der Regel ershymaumlchtigt bestimmte wenngleich zahlenshymaumlszligig limitierte hoheitliche Aufsichtsshykompetenzen funktionell fuumlr die sachlich und oumlrtlich zustaumlndige Verwaltungsbehoumlrshyde auszuuumlben Nichts anderes gilt auch im Bereich des Verwaltungsstrafrechts

Ihre Bedeutung im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts kann man zunaumlchst dahinshygehend konkretisieren dass Organe der oumlffentlichen Aufsicht kraft ihres Amtes verpflichtet sind jede Verwaltungsuumlbertreshytung die sie bull in engem sachlichen Zusammenhang mit

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der Dienstausuumlbung (mithin mit der ausshygeuumlbten Aufsichtstaumltigkeit)

bull waumlhrend des aktiven Dienstes bull selbststaumlndig (dh eigenstaumlndig)

wahrgenommen haben (zB im Hinblick auf sect 174 ForstG) der zustaumlndigen Strafshybehoumlrde erster Instanz zur Anzeige zu bringen haben9 (siehe zB die Anknuumlpfung in sect 47 Abs 1 oder 49a VStG) soweit sie nicht nach sect 21 Abs 2 oder sect 50 VStG vorshygehen (dazu sogleich) Die nachfolgende Untersuchung wird sich auf letztere Fallshykonstellationen beschraumlnken Fuumlr die Zwecke der vorliegenden Untersuchung genuumlgt es darauf hinzuweisen dass die von Organen der oumlffentlichen Aufsicht ershystatteten Anzeigen in der Praxis eine der zentralen Grundlagen fuumlr die Durchfuumlhshyrung von Verwaltungsstrafverfahren darshystellen Erst dadurch erlangen die Strafbeshyhoumlrden idR Kenntnis von zu verfolgenden Verwaltungsuumlbertretungen (sect 25 VStG)

Organe der oumlffentlichen Aufsicht sind (soweit sie dazu intern ermaumlchtigt wurshyden) schon ganz allgemein ndash aufgrund ihshyres Amtes ndash zur Beschlagnahme von Vershyfallsgegenstaumlnden (sect 39 VStG) oder zur Ausstellung sog Organstrafmandate (sect 50 VStG) berechtigt10 Weitergehende Befugshynisse ergeben sich zumeist aus besonderen Verwaltungsvorschriften (zB sect 112 ForstG)

Im Sinne eines Zwischenresuumlmees ist festzuhalten dass hoheitliche Akte eines Organs der oumlffentlichen Aufsicht das als funktionelles Organ (gleichsam unterstuumltshyzend) fuumlr einen Traumlger der Hoheitsgewalt taumltig wird der sachlich und oumlrtlich zustaumlnshydigen Gebietskoumlrperschaft zuzurechnen sind11

III ORGANISATIONSRECHTLICHE STELLUNG Anschlieszligend ist die organisationsrechtlishyche Stellung der Organe der oumlffentlichen Aufsicht naumlher zu untersuchen wobei aufshygrund systematischer Erwaumlgungen grundshy

saumltzlich12 zwischen Bestellungsvorgang einschlieszliglich zugehoumlriger Vereidigung eishynerseits und verwaltungsinterner Ermaumlchshytigung zur Setzung hoheitlicher Akte anshydererseits zu unterscheiden ist Zunaumlchst ist klarzustellen dass viele Verwaltungsshyvorschriften des Bundes und der Laumlnder Organe der oumlffentlichen Aufsicht abstrakt zur Setzung von Hoheitsakten im Bedarfsshyfall ermaumlchtigen Dennoch folgt daraus nicht dass jedes Organ das beispielsweise in ein Dienstverhaumlltnis zum Bund oder zu einem Land ernannt wurde automatisch berechtigt ist die an eine spezifische Orshyganfunktion anknuumlpfende Summe von Ershymaumlchtigungen realiter einzusetzen Stattshydessen ist ndash wie am Beispiel des sect 50 Abs 1ndash3 VStG trefflich gezeigt werden kann ndash davon auszugehen dass regelmaumlszligig der Behoumlrdenleiter13 im Weisungsweg (mitshyhin verwaltungsintern)14 anzuordnen und damit klarzustellen hat welche der in Beshytracht kommenden Ermaumlchtigungen dem einzelnen Organ in concreto zukommen15

In der Praxis koumlnnen nun ndash bei generalishysierender Betrachtung ndash zwei verschiedene Organisationsmodelle unterschieden wershyden die fuumlr die Zwecke der gegenstaumlndlishychen Untersuchung als bdquoverwaltungsintershynesldquo und bdquoverwaltungsexternes Modellldquo umschrieben werden (unten a b) Beide Modelle bestehen im Kern aus zwei Eleshymenten dem eigentlichen Bestellungsvorshygang einer Privatperson in ein bestimmtes Amt (Schritt eins) woran die behoumlrdenshyinterne Ermaumlchtigung (idR durch den Dienststellenleiter oder einen hiezu ershymaumlchtigten Fachvorgesetzten) zur Vorshynahme bestimmter hoheitlicher Akte nach entsprechender Vereidigung16 anknuumlpft (Schritt zwei)

Ad a) Einzelne der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht ndash wie zB Arbeitsinspekshytoren Organe des oumlffentlichen Sichershyheitsdienstes ndash sind in die Organisation einer Verwaltungsbehoumlrde bdquoeingeglieshy

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dertldquo17 sie werden daher zunaumlchst in ein oumlffentlich-rechtliches Dienstverhaumlltnis zu einer Gebietskoumlrperschaft ernannt oder schlieszligen ein privatrechtliches Dienstvershyhaumlltnis mit den angesprochenen Gebietsshykoumlrperschaften ab Daran knuumlpft regelmaumlshyszligig ndash soweit die gesetzlich geforderte bdquobesondereldquo Ausbildung18 gegeben ist ndash die (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleiter zur Vornahme speshyzifischer Hoheitsakte die funktionell der zustaumlndigen Behoumlrde der diese Organe beigegeben sind zuzurechnen sind19 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwalshytungsinterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunde oder Aumlhnlichem zu dokumentieshyren und im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50 Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen sein20

Ad b) Der bdquoKlassikerldquo unter den Orgashynisationsmodellen ist das haumlufig verbreiteshyte Institut der (hier idR bescheidmaumlszligigen) Beleihung21 von Privatpersonen die auszligershyhalb einer Gebietskoumlrperschaft stehen mit hoheitlicher Gewalt22 In aller Regel hanshydelt es sich im hier interessierenden Zushysammenhang um Privatpersonen die von der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde (insb den zustaumlndigen BVB) vereidigt und im Anschluss mit Dienstwappen und Dienstshyausweis ausgestattet werden23 Diese sind auf Aufforderung vorzuzeigen Auch hier knuumlpft im Anschluss die im Einzelfall speshyzifisch zu gestaltende (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleishyter zur Vornahme von Hoheitsakten die funktionell der ermaumlchtigenden Behoumlrde (hier der zustaumlndigen Verwaltungsstrafbeshyhoumlrde) zuzurechnen sind an Vereinzelt ndash etwa im Fall einer Organleihe ndash kann die Zustimmung der Dienstbehoumlrde mithin jener der das Organ organisatorisch zugeshyordnet ist erforderlich sein24 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwaltungsinshyterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunshyde oder Aumlhnlichem zu dokumentieren sein und ist im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50

Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen25

Zu beachten ist dass sich der Beleishyhungsvorgang nur auf einen eng abgeshygrenzten Aufgabenbereich erstreckt er ist insoweit stets relativ Auszligerhalb des spezishyfischen hoheitlichen Ermaumlchtigungsbeshyreichs besteht keine Sonderstellung des Organs der oumlffentlichen Aufsicht26 Die hoshyheitlichen Akte der zustaumlndigen Organe der oumlffentlichen Aufsicht gelten im Rechtssinn jeweils als Hoheitsakte der ershymaumlchtigenden Gebietskoumlrperschaft Aus der funktionellen Organstellung dieser Orshygane ergibt sich dass nach AHG die Geshybietskoumlrperschaft als Rechtstraumlger haftet deren Aufgabe der Beliehene wahrnimmt27

IV AUSGEWAumlHLTE AUFGABEN DER ORGANE DER OumlFFENTLICHEN AUFSICHT IM VERWALTUNGSshySTRAFRECHT Anschlieszligend sind ausgewaumlhlte praxisreshylevante Aufgaben der Organe der oumlffentlishychen Aufsicht im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts zu skizzieren welche die erhebliche Bedeutung dieser Personenshygruppe veranschaulichen sollen Zu untershyscheiden sind dabei verschiedene Fallkonsshytellationen die belegen dass es die Organe der oumlffentlichen Aufsicht in Abshyhaumlngigkeit der Art und des Gewichts der Verwaltungsuumlbertretung einerseits und im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen andererseits in der Hand haben inwieweit die staatliche Strafverfolgung bereits fruumlhshyzeitig in bestimmte Bahnen gelenkt wird Zu zeigen wird sein dass strafverfahrensshyakzessorische Akte der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht den eigentlichen Verwalshytungsstrafverfahren zeitlich bewusst vorgeschaltet sind Den Organen ist die Aufgabe uumlbertragen von ihnen wahrshygenommene geringfuumlgige Verwaltungsshyuumlbertretungen selbststaumlndig einer situashytionsadaumlquaten Behandlung (Ahndung) zuzufuumlhren etwa in dem der Tatverdaumlchtishy

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ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28

A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29

und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie

grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32

Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird

B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38

Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer

Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger

Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy

strafen) rechtfertigt39

Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy

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laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet

Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen

Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy

formen der StPO dar42

Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten

Verdacht nicht notwendig an einen

Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44

bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45

bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind

als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48

Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49

C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy

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chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist

Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52

Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54

Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu

entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen

Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug

Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy

den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen

Sicherheit rechtmaumlszligig

Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein

Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen

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Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60

V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy

behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre

1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu

sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art

78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG

in diesem Zusammenhang von einer

demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines

Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy

recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli

Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3

(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy

wachung und mittelbare Bundesverwalshy

tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy

rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)

Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt

weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy

chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt

hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des

ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy

den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy

te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy

schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)

875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy

nisatorischen Auspraumlgung der Stellung

der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es

nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy

falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig

bestellt oder sonst wie in den organisatoshy

rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft

eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der

Wahrnehmung typischer verwaltungsshy

strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB

automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des

Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1

lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis

dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne

weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a

und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend

sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987

(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo

die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der

Aufzeichnung durch automationsunter-

stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy

tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines

Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont

wird Uumlberwachungen von Privatpersonen

sollen nach dem Willen des historischen

Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt

werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005

BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy

kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner

Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy

den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy

te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in

Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht

(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und

inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen

Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt

89

SIAK-JOURNAL 42009

werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH

14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy

tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856

naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy

gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy

zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76

Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2

ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2

AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist

darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy

bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe

nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy

lichen Anordnung bedarf (zB OGH

12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich

ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs

2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy

nen zu unterscheiden in denen Bestelshy

lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi

zusammengefasst sind oder anders geshy

wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy

maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde

die gebotenen Akte zu setzen ohne dass

es einer vorangehenden Vereidigung oder

foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB

sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy

wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy

ter Unternehmen und ihrer Organe zur

Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle

nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung

ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter

unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy

tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy

griert sein Wie aber beispielsweise anshy

hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden

kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy

gen (hier unterliegt beispielsweise der

Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy

nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy

standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein

Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy

gen zu erlassen ein anderes hingegen

nicht was Sinn macht da Organe in vershy

schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt

werden und es daher nicht erforderlich

ist jedem Organ alle der in Betracht

kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen

Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy

maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy

lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion

erforderlich sind Pointiert formuliert liegt

es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy

lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy

tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen

und das Organ zu deren Anwendung zu

ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy

gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy

rechts und des nationalen Rechts zu beshy

achten und die in Betracht kommenden

Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen

(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2

EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy

meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von

Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit

der Verpflichtung diese wahrzunehmen

(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-

gaben durch Private Schriftenreihe der

Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy

schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in

denen juristische Personen des Privatshy

rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher

Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB

sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy

nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich

dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy

menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy

gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz

112) Zu beachten ist freilich dass diese

Personen nicht als Organe der oumlffentlishy

chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu

qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy

nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl

neben den bereits skizzierten Anwendungsshy

faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy

ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy

waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die

auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy

zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy

kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann

Mangels eines gesetzlich positivierten

Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass

das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy

achtlich ist daher beispielsweise die Ershy

lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht

mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr

spricht ferner dass der VwGH in funktioshy

nell vergleichbaren Konstellationen ausshy

gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd

sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn

die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy

nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy

den herangezogenen Sachverstaumlndigen

dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy

nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy

zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988

87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001

99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH

10122001 2001100049) zufolge ndash anshy

ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe

legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy

densgrad mithin leichte oder leichteste

Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy

ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens

des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung

90

42009 SIAK-JOURNAL

typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt

Folgt man diesem Ansatz steht aber auch

die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy

dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy

gegen (VwGH 05091986 86180167 zu

sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist

dies nur schwer vereinbar (WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818

Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy

strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem

Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy

lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot

entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy

tig was durch die Annahme eines Rechtsshy

anspruchs in den hier interessierenden

Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy

nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy

zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy

houmlrde bleibt die Voraussetzungen des

sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht

die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy

ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den

zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy

den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt

es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der

Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy

strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy

ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy

teressierenden Regelungen bereits einen

Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy

tungsstrafverfahrens an und weisen damit

diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely

Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil

(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter

Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz

818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1

VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy

ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy

gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy

fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch

sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise

des einschreitenden Organs in aumlhnlich

gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der

VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2

lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014

A1989) ndash eine solche Differenzierung

kann weder explizit dem Gesetz entnomshy

men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy

terpretationsmethoden gewonnen werden ndash

wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy

schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy

zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses

Gedankens wird zu vertreten sein dass

geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen

oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)

Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy

drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy

sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen

sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw

die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy

sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht

mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy

ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall

am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen

orientieren koumlnnte wird eine Anwendung

des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy

digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy

ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)

Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR

2 GP) liegt darin dass es noch vor der

Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy

guumlltigen Erledigung der Sache kommen

kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung

(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB

VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy

schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in

idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy

haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy

verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy

schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des

VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy

strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie

sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy

verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel

Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR

1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy

ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide

sondern iS der Rsp des VwGH (zB

06101993 92170284 13061990

90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)

als Rechtsakte sui generis anzusehen

sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877

differenzierend Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy

lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen

Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852

Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy

terschiedliche systematische Regelung

der Erledigungsformen im VStG Daruumlber

hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy

bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy

druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der

Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy

tet werden Bescheide im eigenen Namen

zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die

von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy

sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy

dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung

begangen zu haben Dies gilt auch in den

Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy

nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50

Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash

nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen

wird ihr aber als Adressat des Beleges

(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy

lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der

Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy

gung der Houmlhe der Geldleistung an das

von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy

typus vorgegebene Tarifsystem gebunden

hat daher den pro Deliktstypus im Voraus

91

SIAK-JOURNAL

92

42009

einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

93

Page 2: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

Verwaltungsstrafrecht

SIAK-JOURNAL

NICOLAS RASCHAUER Priv-Doz fuumlr Verfassungsrecht

Verwaltungsrecht und Europarecht an der WU Wien

82

42009

sicherzustellen

I EINLEITUNG Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt im Bereich des Verwaltungsstrafrechts seit jeher eine besondere Bedeutung zu Schon die Stammfassung des VStG des Jahres 19251 wies der angesprochenen Personenshygruppe zahlreiche praxisrelevante Vollzieshyhungsaufgaben zu die funktionell fuumlr die sachlich und oumlrtlich zustaumlndige Verwalshytungsstrafbehoumlrde erster Instanz (dh in Unterstuumltzung derselben) wahrzunehmen waren2 Der nachfolgende Beitrag skizshyziert nach einer einleitenden Begriffsbeshystimmung einerseits die organisationsshyrechtliche Stellung dieser Organe und geht anschlieszligend auf ausgewaumlhlte Aufgaben der Organe im Bereich des Verwaltungsshystrafrechts ein

II BEGRIFFSBESTIMMUNG Eine eigenstaumlndige Begriffsdefinition der Wortfolge bdquoOrgan der oumlffentlichen Aufshysichtldquo kennt die oumlsterreichische Bundesshyrechtsordnung soweit ersichtlich nicht Positiv rechtlich verankert ist die Funktion des Organs der oumlffentlichen Aufsicht seit der B-VG-Novelle 1991 die mit 1 Jaumlnner 1992 in Kraft trat insb in Art 78d Abs 1

Stellung und Aufgaben der Organe der oumlffentlichen Aufshy

sicht im Verwaltungsstrafrecht

Organen der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltzung der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde praxisrelevante Aufsichtsaufgaben zur Wahrung oumlfshyfentlicher Interessen wahrzunehmen haben kommt seit jeher (auch) im Beshyreich des Verwaltungsstrafrechts eine bedeutsame Stellung zu Sie sind neshyben der Erstattung von Anzeigen insbesondere dazu berufen die steigende Zahl von Bagatelldelikten diversionell zu erledigen oder den staatlichen Strafanspruch durch vielschichtige Handlungen (insb Sicherheitsleistungen)

B-VG wonach bdquodas zum Schutz einzelner Zweige der Landeskultur wie der Land-und Forstwirtschaft (Feld- Flur- und Forstschutz) des Bergbaues der Jagd der Fischerei oder anderer Wasserberechtigunshygen aufgestellte Wachpersonal die Organe der Marktaufsicht der Feuerwehrldquo nicht zu den Wachkoumlrpern iSd Art 78d Abs 1 B-VG zu zaumlhlen ist3 auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu eroumlrternden sectsect 21 Abs 2 37a und 50 Abs 1 VStG hinshyzuweisen Zwar kann aus Art 78d B-VG schon aufgrund kompetenzrechtlicher Ershywaumlgungen weder auf eine Bestandsgaranshytie zugunsten der bestehenden Organgrupshypen in Bundes- und Landesgesetzen noch auf eine Verpflichtung der zustaumlndigen Gesetzgeber solche Organe einzurichten geschlossen werden Dennoch zeigt sich dass der oumlsterreichischen Rechtsordnung eine Vielzahl unterschiedlicher Aufsichtsshyorgane bekannt ist Wie nachfolgend zu zeishygen sein wird stellt die Wortfolge bdquoOrgane der oumlffentlichen Aufsichtldquo eine Sammelshybezeichnung dar die einerseits Organe des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes (sect 5 Abs 2 SPG) andererseits sonstige bdquoOrganeldquo mit spezifischen Aufsichtsfunktionen umfasst

SIAK-JOURNAL 42009

Eine erste Annaumlherung an den Begriffsshykern gelingt wenn man (bewusst abstrakt betrachtet) bedenkt dass eine der zentrashylen Aufgaben der Verwaltungsbehoumlrden darin zu sehen ist die Taumltigkeit Wirtshyschaftstreibender einerseits im oumlffentlishychen Interesse zu uumlberwachen (zB iS der GewO) andererseits die Einhaltung weshysentlicher Regelungen des Bundes- und Landesrechts sicherzustellen (zB nach StVO NSchG bzw BauO der Laumlnder bdquoAufsichtldquo) Bedenkt man weiters dass Verwaltungsbehoumlrden ndash die selbst nicht handlungsfaumlhig sind ndash zur Sicherstellung dieses Ziels bzw zur Ausfuumlhrung des ihshynen gesetzlich uumlbertragenen Auftrags sog bdquoHilfsorganeldquo4 benoumltigen die funktionell fuumlr die zustaumlndige Behoumlrde (innerhalb ihshyres Wirkungsbereichs) handeln wird eishynerseits deutlich dass die zustaumlndige Beshyhoumlrde regelmaumlszligig verpflichtet sein wird die erforderliche Anzahl an Hilfsorganen zu bestellen und dass diesen Hilfsorganen selbst keine behoumlrdlichen Kompetenzen uumlbertragen sind

Der Gruppe der oumlffentlichen Aufsicht sind insoweit

ausnahmslos natuumlrliche Personen zuzurechnen

Erst bei dieser Betrachtung wird deutshylich dass die von Organen der oumlffentlishychen Aufsicht ndash eine gesetzliche und eine verwaltungsinterne Ermaumlchtigung vorausshygesetzt (siehe Punkt III)5 ndash selbststaumlndig gesetzten hoheitlichen Verwaltungsakte funktionell der sachlich und oumlrtlich zushystaumlndigen Behoumlrde zuzurechnen sind der sie beigegeben wurden Gleiches gilt fuumlr sonstige schlicht-hoheitliche Verwaltungsshyakte wie Belehrungen uumlber die Rechtslashyge Kontrollgaumlnge Einsicht in Unterlagen Ermahnungen Anzeigen einschlieszliglich Datenverarbeitungen und dgl die zwar uumlber keine eigenstaumlndige Normativitaumlt

verfuumlgen aber uU dennoch rechtserhebshylich sein koumlnnen naumlmlich dann wenn sich bei Gesamtbetrachtung der einschlaumlgigen Verwaltungsrechtsbestimmungen ergibt dass subjektive Rechte des Einzelnen durch die angesprochenen Verwaltungsakshyte beeintraumlchtigt werden koumlnnen6

Mit der Begriffsfolge bdquoOrgane der oumlfshyfentlichen Aufsichtldquo werden uumlber die Orshygane des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes hinaus daher jene ndash einer besonderen disshyziplinar- und strafrechtlichen Verantworshytung unterstellten ndash natuumlrlichen Personen erfasst die mit speziellen Aufsichtsfunkshytionen in einzelnen Verwaltungsbereichen betraut sind7 Zur angesprochenen Persoshynengruppe sind ndash neben den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes (sect 5 Abs 2 SPG) ndash zB Forstschutzorgane (sect 110 ForstG) Gewaumlsseraufsichtsorgane (sect 132 WRG) Umweltschutzorgane nach Art des sect 12 nouml UmweltschutzG sowie Jagd- und Feldschutzorgane nach diversen LandesG zu zaumlhlen8 Gemeinsam ist diesen Hilfsorshyganen dass sie gleichsam bdquounterstuumltzendldquo fuumlr eine Behoumlrde taumltig werden und kraft gesetzlicher Ermaumlchtigung praxisrelevante Aufsichtsaufgaben zur Wahrung einschlaumlshygiger oumlffentlicher Interessen wahrzunehshymen haben (zB Uumlberwachung eines Naturshyschutzgebietes zB sect 55 oouml NSchG 2001 Kontrolle eines Gewerbebetriebes sect 338 GewO) Sie sind daher in der Regel ershymaumlchtigt bestimmte wenngleich zahlenshymaumlszligig limitierte hoheitliche Aufsichtsshykompetenzen funktionell fuumlr die sachlich und oumlrtlich zustaumlndige Verwaltungsbehoumlrshyde auszuuumlben Nichts anderes gilt auch im Bereich des Verwaltungsstrafrechts

Ihre Bedeutung im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts kann man zunaumlchst dahinshygehend konkretisieren dass Organe der oumlffentlichen Aufsicht kraft ihres Amtes verpflichtet sind jede Verwaltungsuumlbertreshytung die sie bull in engem sachlichen Zusammenhang mit

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der Dienstausuumlbung (mithin mit der ausshygeuumlbten Aufsichtstaumltigkeit)

bull waumlhrend des aktiven Dienstes bull selbststaumlndig (dh eigenstaumlndig)

wahrgenommen haben (zB im Hinblick auf sect 174 ForstG) der zustaumlndigen Strafshybehoumlrde erster Instanz zur Anzeige zu bringen haben9 (siehe zB die Anknuumlpfung in sect 47 Abs 1 oder 49a VStG) soweit sie nicht nach sect 21 Abs 2 oder sect 50 VStG vorshygehen (dazu sogleich) Die nachfolgende Untersuchung wird sich auf letztere Fallshykonstellationen beschraumlnken Fuumlr die Zwecke der vorliegenden Untersuchung genuumlgt es darauf hinzuweisen dass die von Organen der oumlffentlichen Aufsicht ershystatteten Anzeigen in der Praxis eine der zentralen Grundlagen fuumlr die Durchfuumlhshyrung von Verwaltungsstrafverfahren darshystellen Erst dadurch erlangen die Strafbeshyhoumlrden idR Kenntnis von zu verfolgenden Verwaltungsuumlbertretungen (sect 25 VStG)

Organe der oumlffentlichen Aufsicht sind (soweit sie dazu intern ermaumlchtigt wurshyden) schon ganz allgemein ndash aufgrund ihshyres Amtes ndash zur Beschlagnahme von Vershyfallsgegenstaumlnden (sect 39 VStG) oder zur Ausstellung sog Organstrafmandate (sect 50 VStG) berechtigt10 Weitergehende Befugshynisse ergeben sich zumeist aus besonderen Verwaltungsvorschriften (zB sect 112 ForstG)

Im Sinne eines Zwischenresuumlmees ist festzuhalten dass hoheitliche Akte eines Organs der oumlffentlichen Aufsicht das als funktionelles Organ (gleichsam unterstuumltshyzend) fuumlr einen Traumlger der Hoheitsgewalt taumltig wird der sachlich und oumlrtlich zustaumlnshydigen Gebietskoumlrperschaft zuzurechnen sind11

III ORGANISATIONSRECHTLICHE STELLUNG Anschlieszligend ist die organisationsrechtlishyche Stellung der Organe der oumlffentlichen Aufsicht naumlher zu untersuchen wobei aufshygrund systematischer Erwaumlgungen grundshy

saumltzlich12 zwischen Bestellungsvorgang einschlieszliglich zugehoumlriger Vereidigung eishynerseits und verwaltungsinterner Ermaumlchshytigung zur Setzung hoheitlicher Akte anshydererseits zu unterscheiden ist Zunaumlchst ist klarzustellen dass viele Verwaltungsshyvorschriften des Bundes und der Laumlnder Organe der oumlffentlichen Aufsicht abstrakt zur Setzung von Hoheitsakten im Bedarfsshyfall ermaumlchtigen Dennoch folgt daraus nicht dass jedes Organ das beispielsweise in ein Dienstverhaumlltnis zum Bund oder zu einem Land ernannt wurde automatisch berechtigt ist die an eine spezifische Orshyganfunktion anknuumlpfende Summe von Ershymaumlchtigungen realiter einzusetzen Stattshydessen ist ndash wie am Beispiel des sect 50 Abs 1ndash3 VStG trefflich gezeigt werden kann ndash davon auszugehen dass regelmaumlszligig der Behoumlrdenleiter13 im Weisungsweg (mitshyhin verwaltungsintern)14 anzuordnen und damit klarzustellen hat welche der in Beshytracht kommenden Ermaumlchtigungen dem einzelnen Organ in concreto zukommen15

In der Praxis koumlnnen nun ndash bei generalishysierender Betrachtung ndash zwei verschiedene Organisationsmodelle unterschieden wershyden die fuumlr die Zwecke der gegenstaumlndlishychen Untersuchung als bdquoverwaltungsintershynesldquo und bdquoverwaltungsexternes Modellldquo umschrieben werden (unten a b) Beide Modelle bestehen im Kern aus zwei Eleshymenten dem eigentlichen Bestellungsvorshygang einer Privatperson in ein bestimmtes Amt (Schritt eins) woran die behoumlrdenshyinterne Ermaumlchtigung (idR durch den Dienststellenleiter oder einen hiezu ershymaumlchtigten Fachvorgesetzten) zur Vorshynahme bestimmter hoheitlicher Akte nach entsprechender Vereidigung16 anknuumlpft (Schritt zwei)

Ad a) Einzelne der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht ndash wie zB Arbeitsinspekshytoren Organe des oumlffentlichen Sichershyheitsdienstes ndash sind in die Organisation einer Verwaltungsbehoumlrde bdquoeingeglieshy

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dertldquo17 sie werden daher zunaumlchst in ein oumlffentlich-rechtliches Dienstverhaumlltnis zu einer Gebietskoumlrperschaft ernannt oder schlieszligen ein privatrechtliches Dienstvershyhaumlltnis mit den angesprochenen Gebietsshykoumlrperschaften ab Daran knuumlpft regelmaumlshyszligig ndash soweit die gesetzlich geforderte bdquobesondereldquo Ausbildung18 gegeben ist ndash die (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleiter zur Vornahme speshyzifischer Hoheitsakte die funktionell der zustaumlndigen Behoumlrde der diese Organe beigegeben sind zuzurechnen sind19 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwalshytungsinterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunde oder Aumlhnlichem zu dokumentieshyren und im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50 Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen sein20

Ad b) Der bdquoKlassikerldquo unter den Orgashynisationsmodellen ist das haumlufig verbreiteshyte Institut der (hier idR bescheidmaumlszligigen) Beleihung21 von Privatpersonen die auszligershyhalb einer Gebietskoumlrperschaft stehen mit hoheitlicher Gewalt22 In aller Regel hanshydelt es sich im hier interessierenden Zushysammenhang um Privatpersonen die von der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde (insb den zustaumlndigen BVB) vereidigt und im Anschluss mit Dienstwappen und Dienstshyausweis ausgestattet werden23 Diese sind auf Aufforderung vorzuzeigen Auch hier knuumlpft im Anschluss die im Einzelfall speshyzifisch zu gestaltende (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleishyter zur Vornahme von Hoheitsakten die funktionell der ermaumlchtigenden Behoumlrde (hier der zustaumlndigen Verwaltungsstrafbeshyhoumlrde) zuzurechnen sind an Vereinzelt ndash etwa im Fall einer Organleihe ndash kann die Zustimmung der Dienstbehoumlrde mithin jener der das Organ organisatorisch zugeshyordnet ist erforderlich sein24 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwaltungsinshyterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunshyde oder Aumlhnlichem zu dokumentieren sein und ist im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50

Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen25

Zu beachten ist dass sich der Beleishyhungsvorgang nur auf einen eng abgeshygrenzten Aufgabenbereich erstreckt er ist insoweit stets relativ Auszligerhalb des spezishyfischen hoheitlichen Ermaumlchtigungsbeshyreichs besteht keine Sonderstellung des Organs der oumlffentlichen Aufsicht26 Die hoshyheitlichen Akte der zustaumlndigen Organe der oumlffentlichen Aufsicht gelten im Rechtssinn jeweils als Hoheitsakte der ershymaumlchtigenden Gebietskoumlrperschaft Aus der funktionellen Organstellung dieser Orshygane ergibt sich dass nach AHG die Geshybietskoumlrperschaft als Rechtstraumlger haftet deren Aufgabe der Beliehene wahrnimmt27

IV AUSGEWAumlHLTE AUFGABEN DER ORGANE DER OumlFFENTLICHEN AUFSICHT IM VERWALTUNGSshySTRAFRECHT Anschlieszligend sind ausgewaumlhlte praxisreshylevante Aufgaben der Organe der oumlffentlishychen Aufsicht im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts zu skizzieren welche die erhebliche Bedeutung dieser Personenshygruppe veranschaulichen sollen Zu untershyscheiden sind dabei verschiedene Fallkonsshytellationen die belegen dass es die Organe der oumlffentlichen Aufsicht in Abshyhaumlngigkeit der Art und des Gewichts der Verwaltungsuumlbertretung einerseits und im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen andererseits in der Hand haben inwieweit die staatliche Strafverfolgung bereits fruumlhshyzeitig in bestimmte Bahnen gelenkt wird Zu zeigen wird sein dass strafverfahrensshyakzessorische Akte der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht den eigentlichen Verwalshytungsstrafverfahren zeitlich bewusst vorgeschaltet sind Den Organen ist die Aufgabe uumlbertragen von ihnen wahrshygenommene geringfuumlgige Verwaltungsshyuumlbertretungen selbststaumlndig einer situashytionsadaumlquaten Behandlung (Ahndung) zuzufuumlhren etwa in dem der Tatverdaumlchtishy

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ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28

A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29

und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie

grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32

Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird

B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38

Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer

Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger

Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy

strafen) rechtfertigt39

Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy

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laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet

Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen

Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy

formen der StPO dar42

Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten

Verdacht nicht notwendig an einen

Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44

bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45

bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind

als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48

Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49

C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy

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chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist

Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52

Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54

Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu

entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen

Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug

Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy

den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen

Sicherheit rechtmaumlszligig

Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein

Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen

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Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60

V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy

behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre

1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu

sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art

78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG

in diesem Zusammenhang von einer

demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines

Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy

recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli

Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3

(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy

wachung und mittelbare Bundesverwalshy

tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy

rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)

Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt

weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy

chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt

hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des

ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy

den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy

te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy

schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)

875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy

nisatorischen Auspraumlgung der Stellung

der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es

nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy

falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig

bestellt oder sonst wie in den organisatoshy

rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft

eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der

Wahrnehmung typischer verwaltungsshy

strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB

automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des

Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1

lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis

dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne

weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a

und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend

sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987

(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo

die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der

Aufzeichnung durch automationsunter-

stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy

tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines

Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont

wird Uumlberwachungen von Privatpersonen

sollen nach dem Willen des historischen

Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt

werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005

BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy

kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner

Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy

den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy

te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in

Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht

(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und

inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen

Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt

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werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH

14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy

tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856

naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy

gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy

zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76

Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2

ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2

AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist

darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy

bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe

nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy

lichen Anordnung bedarf (zB OGH

12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich

ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs

2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy

nen zu unterscheiden in denen Bestelshy

lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi

zusammengefasst sind oder anders geshy

wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy

maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde

die gebotenen Akte zu setzen ohne dass

es einer vorangehenden Vereidigung oder

foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB

sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy

wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy

ter Unternehmen und ihrer Organe zur

Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle

nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung

ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter

unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy

tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy

griert sein Wie aber beispielsweise anshy

hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden

kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy

gen (hier unterliegt beispielsweise der

Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy

nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy

standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein

Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy

gen zu erlassen ein anderes hingegen

nicht was Sinn macht da Organe in vershy

schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt

werden und es daher nicht erforderlich

ist jedem Organ alle der in Betracht

kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen

Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy

maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy

lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion

erforderlich sind Pointiert formuliert liegt

es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy

lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy

tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen

und das Organ zu deren Anwendung zu

ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy

gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy

rechts und des nationalen Rechts zu beshy

achten und die in Betracht kommenden

Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen

(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2

EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy

meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von

Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit

der Verpflichtung diese wahrzunehmen

(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-

gaben durch Private Schriftenreihe der

Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy

schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in

denen juristische Personen des Privatshy

rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher

Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB

sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy

nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich

dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy

menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy

gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz

112) Zu beachten ist freilich dass diese

Personen nicht als Organe der oumlffentlishy

chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu

qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy

nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl

neben den bereits skizzierten Anwendungsshy

faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy

ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy

waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die

auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy

zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy

kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann

Mangels eines gesetzlich positivierten

Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass

das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy

achtlich ist daher beispielsweise die Ershy

lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht

mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr

spricht ferner dass der VwGH in funktioshy

nell vergleichbaren Konstellationen ausshy

gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd

sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn

die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy

nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy

den herangezogenen Sachverstaumlndigen

dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy

nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy

zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988

87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001

99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH

10122001 2001100049) zufolge ndash anshy

ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe

legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy

densgrad mithin leichte oder leichteste

Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy

ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens

des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung

90

42009 SIAK-JOURNAL

typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt

Folgt man diesem Ansatz steht aber auch

die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy

dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy

gegen (VwGH 05091986 86180167 zu

sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist

dies nur schwer vereinbar (WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818

Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy

strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem

Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy

lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot

entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy

tig was durch die Annahme eines Rechtsshy

anspruchs in den hier interessierenden

Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy

nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy

zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy

houmlrde bleibt die Voraussetzungen des

sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht

die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy

ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den

zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy

den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt

es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der

Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy

strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy

ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy

teressierenden Regelungen bereits einen

Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy

tungsstrafverfahrens an und weisen damit

diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely

Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil

(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter

Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz

818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1

VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy

ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy

gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy

fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch

sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise

des einschreitenden Organs in aumlhnlich

gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der

VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2

lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014

A1989) ndash eine solche Differenzierung

kann weder explizit dem Gesetz entnomshy

men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy

terpretationsmethoden gewonnen werden ndash

wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy

schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy

zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses

Gedankens wird zu vertreten sein dass

geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen

oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)

Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy

drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy

sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen

sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw

die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy

sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht

mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy

ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall

am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen

orientieren koumlnnte wird eine Anwendung

des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy

digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy

ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)

Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR

2 GP) liegt darin dass es noch vor der

Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy

guumlltigen Erledigung der Sache kommen

kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung

(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB

VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy

schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in

idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy

haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy

verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy

schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des

VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy

strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie

sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy

verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel

Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR

1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy

ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide

sondern iS der Rsp des VwGH (zB

06101993 92170284 13061990

90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)

als Rechtsakte sui generis anzusehen

sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877

differenzierend Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy

lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen

Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852

Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy

terschiedliche systematische Regelung

der Erledigungsformen im VStG Daruumlber

hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy

bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy

druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der

Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy

tet werden Bescheide im eigenen Namen

zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die

von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy

sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy

dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung

begangen zu haben Dies gilt auch in den

Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy

nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50

Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash

nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen

wird ihr aber als Adressat des Beleges

(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy

lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der

Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy

gung der Houmlhe der Geldleistung an das

von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy

typus vorgegebene Tarifsystem gebunden

hat daher den pro Deliktstypus im Voraus

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SIAK-JOURNAL

92

42009

einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

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Page 3: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

SIAK-JOURNAL 42009

Eine erste Annaumlherung an den Begriffsshykern gelingt wenn man (bewusst abstrakt betrachtet) bedenkt dass eine der zentrashylen Aufgaben der Verwaltungsbehoumlrden darin zu sehen ist die Taumltigkeit Wirtshyschaftstreibender einerseits im oumlffentlishychen Interesse zu uumlberwachen (zB iS der GewO) andererseits die Einhaltung weshysentlicher Regelungen des Bundes- und Landesrechts sicherzustellen (zB nach StVO NSchG bzw BauO der Laumlnder bdquoAufsichtldquo) Bedenkt man weiters dass Verwaltungsbehoumlrden ndash die selbst nicht handlungsfaumlhig sind ndash zur Sicherstellung dieses Ziels bzw zur Ausfuumlhrung des ihshynen gesetzlich uumlbertragenen Auftrags sog bdquoHilfsorganeldquo4 benoumltigen die funktionell fuumlr die zustaumlndige Behoumlrde (innerhalb ihshyres Wirkungsbereichs) handeln wird eishynerseits deutlich dass die zustaumlndige Beshyhoumlrde regelmaumlszligig verpflichtet sein wird die erforderliche Anzahl an Hilfsorganen zu bestellen und dass diesen Hilfsorganen selbst keine behoumlrdlichen Kompetenzen uumlbertragen sind

Der Gruppe der oumlffentlichen Aufsicht sind insoweit

ausnahmslos natuumlrliche Personen zuzurechnen

Erst bei dieser Betrachtung wird deutshylich dass die von Organen der oumlffentlishychen Aufsicht ndash eine gesetzliche und eine verwaltungsinterne Ermaumlchtigung vorausshygesetzt (siehe Punkt III)5 ndash selbststaumlndig gesetzten hoheitlichen Verwaltungsakte funktionell der sachlich und oumlrtlich zushystaumlndigen Behoumlrde zuzurechnen sind der sie beigegeben wurden Gleiches gilt fuumlr sonstige schlicht-hoheitliche Verwaltungsshyakte wie Belehrungen uumlber die Rechtslashyge Kontrollgaumlnge Einsicht in Unterlagen Ermahnungen Anzeigen einschlieszliglich Datenverarbeitungen und dgl die zwar uumlber keine eigenstaumlndige Normativitaumlt

verfuumlgen aber uU dennoch rechtserhebshylich sein koumlnnen naumlmlich dann wenn sich bei Gesamtbetrachtung der einschlaumlgigen Verwaltungsrechtsbestimmungen ergibt dass subjektive Rechte des Einzelnen durch die angesprochenen Verwaltungsakshyte beeintraumlchtigt werden koumlnnen6

Mit der Begriffsfolge bdquoOrgane der oumlfshyfentlichen Aufsichtldquo werden uumlber die Orshygane des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes hinaus daher jene ndash einer besonderen disshyziplinar- und strafrechtlichen Verantworshytung unterstellten ndash natuumlrlichen Personen erfasst die mit speziellen Aufsichtsfunkshytionen in einzelnen Verwaltungsbereichen betraut sind7 Zur angesprochenen Persoshynengruppe sind ndash neben den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes (sect 5 Abs 2 SPG) ndash zB Forstschutzorgane (sect 110 ForstG) Gewaumlsseraufsichtsorgane (sect 132 WRG) Umweltschutzorgane nach Art des sect 12 nouml UmweltschutzG sowie Jagd- und Feldschutzorgane nach diversen LandesG zu zaumlhlen8 Gemeinsam ist diesen Hilfsorshyganen dass sie gleichsam bdquounterstuumltzendldquo fuumlr eine Behoumlrde taumltig werden und kraft gesetzlicher Ermaumlchtigung praxisrelevante Aufsichtsaufgaben zur Wahrung einschlaumlshygiger oumlffentlicher Interessen wahrzunehshymen haben (zB Uumlberwachung eines Naturshyschutzgebietes zB sect 55 oouml NSchG 2001 Kontrolle eines Gewerbebetriebes sect 338 GewO) Sie sind daher in der Regel ershymaumlchtigt bestimmte wenngleich zahlenshymaumlszligig limitierte hoheitliche Aufsichtsshykompetenzen funktionell fuumlr die sachlich und oumlrtlich zustaumlndige Verwaltungsbehoumlrshyde auszuuumlben Nichts anderes gilt auch im Bereich des Verwaltungsstrafrechts

Ihre Bedeutung im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts kann man zunaumlchst dahinshygehend konkretisieren dass Organe der oumlffentlichen Aufsicht kraft ihres Amtes verpflichtet sind jede Verwaltungsuumlbertreshytung die sie bull in engem sachlichen Zusammenhang mit

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der Dienstausuumlbung (mithin mit der ausshygeuumlbten Aufsichtstaumltigkeit)

bull waumlhrend des aktiven Dienstes bull selbststaumlndig (dh eigenstaumlndig)

wahrgenommen haben (zB im Hinblick auf sect 174 ForstG) der zustaumlndigen Strafshybehoumlrde erster Instanz zur Anzeige zu bringen haben9 (siehe zB die Anknuumlpfung in sect 47 Abs 1 oder 49a VStG) soweit sie nicht nach sect 21 Abs 2 oder sect 50 VStG vorshygehen (dazu sogleich) Die nachfolgende Untersuchung wird sich auf letztere Fallshykonstellationen beschraumlnken Fuumlr die Zwecke der vorliegenden Untersuchung genuumlgt es darauf hinzuweisen dass die von Organen der oumlffentlichen Aufsicht ershystatteten Anzeigen in der Praxis eine der zentralen Grundlagen fuumlr die Durchfuumlhshyrung von Verwaltungsstrafverfahren darshystellen Erst dadurch erlangen die Strafbeshyhoumlrden idR Kenntnis von zu verfolgenden Verwaltungsuumlbertretungen (sect 25 VStG)

Organe der oumlffentlichen Aufsicht sind (soweit sie dazu intern ermaumlchtigt wurshyden) schon ganz allgemein ndash aufgrund ihshyres Amtes ndash zur Beschlagnahme von Vershyfallsgegenstaumlnden (sect 39 VStG) oder zur Ausstellung sog Organstrafmandate (sect 50 VStG) berechtigt10 Weitergehende Befugshynisse ergeben sich zumeist aus besonderen Verwaltungsvorschriften (zB sect 112 ForstG)

Im Sinne eines Zwischenresuumlmees ist festzuhalten dass hoheitliche Akte eines Organs der oumlffentlichen Aufsicht das als funktionelles Organ (gleichsam unterstuumltshyzend) fuumlr einen Traumlger der Hoheitsgewalt taumltig wird der sachlich und oumlrtlich zustaumlnshydigen Gebietskoumlrperschaft zuzurechnen sind11

III ORGANISATIONSRECHTLICHE STELLUNG Anschlieszligend ist die organisationsrechtlishyche Stellung der Organe der oumlffentlichen Aufsicht naumlher zu untersuchen wobei aufshygrund systematischer Erwaumlgungen grundshy

saumltzlich12 zwischen Bestellungsvorgang einschlieszliglich zugehoumlriger Vereidigung eishynerseits und verwaltungsinterner Ermaumlchshytigung zur Setzung hoheitlicher Akte anshydererseits zu unterscheiden ist Zunaumlchst ist klarzustellen dass viele Verwaltungsshyvorschriften des Bundes und der Laumlnder Organe der oumlffentlichen Aufsicht abstrakt zur Setzung von Hoheitsakten im Bedarfsshyfall ermaumlchtigen Dennoch folgt daraus nicht dass jedes Organ das beispielsweise in ein Dienstverhaumlltnis zum Bund oder zu einem Land ernannt wurde automatisch berechtigt ist die an eine spezifische Orshyganfunktion anknuumlpfende Summe von Ershymaumlchtigungen realiter einzusetzen Stattshydessen ist ndash wie am Beispiel des sect 50 Abs 1ndash3 VStG trefflich gezeigt werden kann ndash davon auszugehen dass regelmaumlszligig der Behoumlrdenleiter13 im Weisungsweg (mitshyhin verwaltungsintern)14 anzuordnen und damit klarzustellen hat welche der in Beshytracht kommenden Ermaumlchtigungen dem einzelnen Organ in concreto zukommen15

In der Praxis koumlnnen nun ndash bei generalishysierender Betrachtung ndash zwei verschiedene Organisationsmodelle unterschieden wershyden die fuumlr die Zwecke der gegenstaumlndlishychen Untersuchung als bdquoverwaltungsintershynesldquo und bdquoverwaltungsexternes Modellldquo umschrieben werden (unten a b) Beide Modelle bestehen im Kern aus zwei Eleshymenten dem eigentlichen Bestellungsvorshygang einer Privatperson in ein bestimmtes Amt (Schritt eins) woran die behoumlrdenshyinterne Ermaumlchtigung (idR durch den Dienststellenleiter oder einen hiezu ershymaumlchtigten Fachvorgesetzten) zur Vorshynahme bestimmter hoheitlicher Akte nach entsprechender Vereidigung16 anknuumlpft (Schritt zwei)

Ad a) Einzelne der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht ndash wie zB Arbeitsinspekshytoren Organe des oumlffentlichen Sichershyheitsdienstes ndash sind in die Organisation einer Verwaltungsbehoumlrde bdquoeingeglieshy

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dertldquo17 sie werden daher zunaumlchst in ein oumlffentlich-rechtliches Dienstverhaumlltnis zu einer Gebietskoumlrperschaft ernannt oder schlieszligen ein privatrechtliches Dienstvershyhaumlltnis mit den angesprochenen Gebietsshykoumlrperschaften ab Daran knuumlpft regelmaumlshyszligig ndash soweit die gesetzlich geforderte bdquobesondereldquo Ausbildung18 gegeben ist ndash die (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleiter zur Vornahme speshyzifischer Hoheitsakte die funktionell der zustaumlndigen Behoumlrde der diese Organe beigegeben sind zuzurechnen sind19 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwalshytungsinterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunde oder Aumlhnlichem zu dokumentieshyren und im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50 Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen sein20

Ad b) Der bdquoKlassikerldquo unter den Orgashynisationsmodellen ist das haumlufig verbreiteshyte Institut der (hier idR bescheidmaumlszligigen) Beleihung21 von Privatpersonen die auszligershyhalb einer Gebietskoumlrperschaft stehen mit hoheitlicher Gewalt22 In aller Regel hanshydelt es sich im hier interessierenden Zushysammenhang um Privatpersonen die von der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde (insb den zustaumlndigen BVB) vereidigt und im Anschluss mit Dienstwappen und Dienstshyausweis ausgestattet werden23 Diese sind auf Aufforderung vorzuzeigen Auch hier knuumlpft im Anschluss die im Einzelfall speshyzifisch zu gestaltende (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleishyter zur Vornahme von Hoheitsakten die funktionell der ermaumlchtigenden Behoumlrde (hier der zustaumlndigen Verwaltungsstrafbeshyhoumlrde) zuzurechnen sind an Vereinzelt ndash etwa im Fall einer Organleihe ndash kann die Zustimmung der Dienstbehoumlrde mithin jener der das Organ organisatorisch zugeshyordnet ist erforderlich sein24 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwaltungsinshyterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunshyde oder Aumlhnlichem zu dokumentieren sein und ist im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50

Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen25

Zu beachten ist dass sich der Beleishyhungsvorgang nur auf einen eng abgeshygrenzten Aufgabenbereich erstreckt er ist insoweit stets relativ Auszligerhalb des spezishyfischen hoheitlichen Ermaumlchtigungsbeshyreichs besteht keine Sonderstellung des Organs der oumlffentlichen Aufsicht26 Die hoshyheitlichen Akte der zustaumlndigen Organe der oumlffentlichen Aufsicht gelten im Rechtssinn jeweils als Hoheitsakte der ershymaumlchtigenden Gebietskoumlrperschaft Aus der funktionellen Organstellung dieser Orshygane ergibt sich dass nach AHG die Geshybietskoumlrperschaft als Rechtstraumlger haftet deren Aufgabe der Beliehene wahrnimmt27

IV AUSGEWAumlHLTE AUFGABEN DER ORGANE DER OumlFFENTLICHEN AUFSICHT IM VERWALTUNGSshySTRAFRECHT Anschlieszligend sind ausgewaumlhlte praxisreshylevante Aufgaben der Organe der oumlffentlishychen Aufsicht im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts zu skizzieren welche die erhebliche Bedeutung dieser Personenshygruppe veranschaulichen sollen Zu untershyscheiden sind dabei verschiedene Fallkonsshytellationen die belegen dass es die Organe der oumlffentlichen Aufsicht in Abshyhaumlngigkeit der Art und des Gewichts der Verwaltungsuumlbertretung einerseits und im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen andererseits in der Hand haben inwieweit die staatliche Strafverfolgung bereits fruumlhshyzeitig in bestimmte Bahnen gelenkt wird Zu zeigen wird sein dass strafverfahrensshyakzessorische Akte der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht den eigentlichen Verwalshytungsstrafverfahren zeitlich bewusst vorgeschaltet sind Den Organen ist die Aufgabe uumlbertragen von ihnen wahrshygenommene geringfuumlgige Verwaltungsshyuumlbertretungen selbststaumlndig einer situashytionsadaumlquaten Behandlung (Ahndung) zuzufuumlhren etwa in dem der Tatverdaumlchtishy

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ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28

A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29

und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie

grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32

Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird

B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38

Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer

Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger

Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy

strafen) rechtfertigt39

Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy

SIAK-JOURNAL 42009

laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet

Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen

Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy

formen der StPO dar42

Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten

Verdacht nicht notwendig an einen

Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44

bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45

bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind

als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48

Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49

C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy

87

SIAK-JOURNAL

88

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chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist

Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52

Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54

Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu

entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen

Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug

Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy

den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen

Sicherheit rechtmaumlszligig

Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein

Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen

42009 SIAK-JOURNAL

Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60

V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy

behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre

1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu

sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art

78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG

in diesem Zusammenhang von einer

demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines

Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy

recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli

Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3

(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy

wachung und mittelbare Bundesverwalshy

tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy

rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)

Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt

weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy

chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt

hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des

ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy

den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy

te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy

schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)

875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy

nisatorischen Auspraumlgung der Stellung

der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es

nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy

falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig

bestellt oder sonst wie in den organisatoshy

rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft

eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der

Wahrnehmung typischer verwaltungsshy

strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB

automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des

Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1

lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis

dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne

weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a

und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend

sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987

(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo

die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der

Aufzeichnung durch automationsunter-

stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy

tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines

Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont

wird Uumlberwachungen von Privatpersonen

sollen nach dem Willen des historischen

Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt

werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005

BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy

kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner

Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy

den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy

te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in

Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht

(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und

inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen

Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt

89

SIAK-JOURNAL 42009

werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH

14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy

tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856

naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy

gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy

zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76

Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2

ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2

AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist

darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy

bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe

nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy

lichen Anordnung bedarf (zB OGH

12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich

ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs

2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy

nen zu unterscheiden in denen Bestelshy

lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi

zusammengefasst sind oder anders geshy

wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy

maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde

die gebotenen Akte zu setzen ohne dass

es einer vorangehenden Vereidigung oder

foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB

sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy

wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy

ter Unternehmen und ihrer Organe zur

Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle

nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung

ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter

unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy

tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy

griert sein Wie aber beispielsweise anshy

hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden

kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy

gen (hier unterliegt beispielsweise der

Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy

nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy

standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein

Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy

gen zu erlassen ein anderes hingegen

nicht was Sinn macht da Organe in vershy

schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt

werden und es daher nicht erforderlich

ist jedem Organ alle der in Betracht

kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen

Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy

maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy

lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion

erforderlich sind Pointiert formuliert liegt

es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy

lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy

tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen

und das Organ zu deren Anwendung zu

ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy

gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy

rechts und des nationalen Rechts zu beshy

achten und die in Betracht kommenden

Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen

(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2

EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy

meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von

Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit

der Verpflichtung diese wahrzunehmen

(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-

gaben durch Private Schriftenreihe der

Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy

schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in

denen juristische Personen des Privatshy

rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher

Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB

sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy

nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich

dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy

menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy

gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz

112) Zu beachten ist freilich dass diese

Personen nicht als Organe der oumlffentlishy

chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu

qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy

nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl

neben den bereits skizzierten Anwendungsshy

faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy

ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy

waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die

auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy

zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy

kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann

Mangels eines gesetzlich positivierten

Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass

das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy

achtlich ist daher beispielsweise die Ershy

lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht

mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr

spricht ferner dass der VwGH in funktioshy

nell vergleichbaren Konstellationen ausshy

gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd

sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn

die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy

nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy

den herangezogenen Sachverstaumlndigen

dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy

nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy

zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988

87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001

99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH

10122001 2001100049) zufolge ndash anshy

ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe

legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy

densgrad mithin leichte oder leichteste

Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy

ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens

des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung

90

42009 SIAK-JOURNAL

typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt

Folgt man diesem Ansatz steht aber auch

die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy

dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy

gegen (VwGH 05091986 86180167 zu

sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist

dies nur schwer vereinbar (WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818

Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy

strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem

Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy

lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot

entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy

tig was durch die Annahme eines Rechtsshy

anspruchs in den hier interessierenden

Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy

nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy

zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy

houmlrde bleibt die Voraussetzungen des

sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht

die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy

ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den

zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy

den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt

es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der

Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy

strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy

ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy

teressierenden Regelungen bereits einen

Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy

tungsstrafverfahrens an und weisen damit

diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely

Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil

(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter

Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz

818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1

VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy

ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy

gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy

fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch

sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise

des einschreitenden Organs in aumlhnlich

gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der

VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2

lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014

A1989) ndash eine solche Differenzierung

kann weder explizit dem Gesetz entnomshy

men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy

terpretationsmethoden gewonnen werden ndash

wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy

schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy

zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses

Gedankens wird zu vertreten sein dass

geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen

oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)

Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy

drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy

sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen

sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw

die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy

sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht

mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy

ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall

am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen

orientieren koumlnnte wird eine Anwendung

des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy

digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy

ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)

Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR

2 GP) liegt darin dass es noch vor der

Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy

guumlltigen Erledigung der Sache kommen

kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung

(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB

VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy

schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in

idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy

haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy

verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy

schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des

VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy

strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie

sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy

verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel

Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR

1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy

ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide

sondern iS der Rsp des VwGH (zB

06101993 92170284 13061990

90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)

als Rechtsakte sui generis anzusehen

sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877

differenzierend Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy

lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen

Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852

Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy

terschiedliche systematische Regelung

der Erledigungsformen im VStG Daruumlber

hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy

bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy

druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der

Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy

tet werden Bescheide im eigenen Namen

zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die

von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy

sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy

dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung

begangen zu haben Dies gilt auch in den

Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy

nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50

Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash

nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen

wird ihr aber als Adressat des Beleges

(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy

lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der

Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy

gung der Houmlhe der Geldleistung an das

von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy

typus vorgegebene Tarifsystem gebunden

hat daher den pro Deliktstypus im Voraus

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einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

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57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

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Page 4: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

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der Dienstausuumlbung (mithin mit der ausshygeuumlbten Aufsichtstaumltigkeit)

bull waumlhrend des aktiven Dienstes bull selbststaumlndig (dh eigenstaumlndig)

wahrgenommen haben (zB im Hinblick auf sect 174 ForstG) der zustaumlndigen Strafshybehoumlrde erster Instanz zur Anzeige zu bringen haben9 (siehe zB die Anknuumlpfung in sect 47 Abs 1 oder 49a VStG) soweit sie nicht nach sect 21 Abs 2 oder sect 50 VStG vorshygehen (dazu sogleich) Die nachfolgende Untersuchung wird sich auf letztere Fallshykonstellationen beschraumlnken Fuumlr die Zwecke der vorliegenden Untersuchung genuumlgt es darauf hinzuweisen dass die von Organen der oumlffentlichen Aufsicht ershystatteten Anzeigen in der Praxis eine der zentralen Grundlagen fuumlr die Durchfuumlhshyrung von Verwaltungsstrafverfahren darshystellen Erst dadurch erlangen die Strafbeshyhoumlrden idR Kenntnis von zu verfolgenden Verwaltungsuumlbertretungen (sect 25 VStG)

Organe der oumlffentlichen Aufsicht sind (soweit sie dazu intern ermaumlchtigt wurshyden) schon ganz allgemein ndash aufgrund ihshyres Amtes ndash zur Beschlagnahme von Vershyfallsgegenstaumlnden (sect 39 VStG) oder zur Ausstellung sog Organstrafmandate (sect 50 VStG) berechtigt10 Weitergehende Befugshynisse ergeben sich zumeist aus besonderen Verwaltungsvorschriften (zB sect 112 ForstG)

Im Sinne eines Zwischenresuumlmees ist festzuhalten dass hoheitliche Akte eines Organs der oumlffentlichen Aufsicht das als funktionelles Organ (gleichsam unterstuumltshyzend) fuumlr einen Traumlger der Hoheitsgewalt taumltig wird der sachlich und oumlrtlich zustaumlnshydigen Gebietskoumlrperschaft zuzurechnen sind11

III ORGANISATIONSRECHTLICHE STELLUNG Anschlieszligend ist die organisationsrechtlishyche Stellung der Organe der oumlffentlichen Aufsicht naumlher zu untersuchen wobei aufshygrund systematischer Erwaumlgungen grundshy

saumltzlich12 zwischen Bestellungsvorgang einschlieszliglich zugehoumlriger Vereidigung eishynerseits und verwaltungsinterner Ermaumlchshytigung zur Setzung hoheitlicher Akte anshydererseits zu unterscheiden ist Zunaumlchst ist klarzustellen dass viele Verwaltungsshyvorschriften des Bundes und der Laumlnder Organe der oumlffentlichen Aufsicht abstrakt zur Setzung von Hoheitsakten im Bedarfsshyfall ermaumlchtigen Dennoch folgt daraus nicht dass jedes Organ das beispielsweise in ein Dienstverhaumlltnis zum Bund oder zu einem Land ernannt wurde automatisch berechtigt ist die an eine spezifische Orshyganfunktion anknuumlpfende Summe von Ershymaumlchtigungen realiter einzusetzen Stattshydessen ist ndash wie am Beispiel des sect 50 Abs 1ndash3 VStG trefflich gezeigt werden kann ndash davon auszugehen dass regelmaumlszligig der Behoumlrdenleiter13 im Weisungsweg (mitshyhin verwaltungsintern)14 anzuordnen und damit klarzustellen hat welche der in Beshytracht kommenden Ermaumlchtigungen dem einzelnen Organ in concreto zukommen15

In der Praxis koumlnnen nun ndash bei generalishysierender Betrachtung ndash zwei verschiedene Organisationsmodelle unterschieden wershyden die fuumlr die Zwecke der gegenstaumlndlishychen Untersuchung als bdquoverwaltungsintershynesldquo und bdquoverwaltungsexternes Modellldquo umschrieben werden (unten a b) Beide Modelle bestehen im Kern aus zwei Eleshymenten dem eigentlichen Bestellungsvorshygang einer Privatperson in ein bestimmtes Amt (Schritt eins) woran die behoumlrdenshyinterne Ermaumlchtigung (idR durch den Dienststellenleiter oder einen hiezu ershymaumlchtigten Fachvorgesetzten) zur Vorshynahme bestimmter hoheitlicher Akte nach entsprechender Vereidigung16 anknuumlpft (Schritt zwei)

Ad a) Einzelne der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht ndash wie zB Arbeitsinspekshytoren Organe des oumlffentlichen Sichershyheitsdienstes ndash sind in die Organisation einer Verwaltungsbehoumlrde bdquoeingeglieshy

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dertldquo17 sie werden daher zunaumlchst in ein oumlffentlich-rechtliches Dienstverhaumlltnis zu einer Gebietskoumlrperschaft ernannt oder schlieszligen ein privatrechtliches Dienstvershyhaumlltnis mit den angesprochenen Gebietsshykoumlrperschaften ab Daran knuumlpft regelmaumlshyszligig ndash soweit die gesetzlich geforderte bdquobesondereldquo Ausbildung18 gegeben ist ndash die (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleiter zur Vornahme speshyzifischer Hoheitsakte die funktionell der zustaumlndigen Behoumlrde der diese Organe beigegeben sind zuzurechnen sind19 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwalshytungsinterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunde oder Aumlhnlichem zu dokumentieshyren und im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50 Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen sein20

Ad b) Der bdquoKlassikerldquo unter den Orgashynisationsmodellen ist das haumlufig verbreiteshyte Institut der (hier idR bescheidmaumlszligigen) Beleihung21 von Privatpersonen die auszligershyhalb einer Gebietskoumlrperschaft stehen mit hoheitlicher Gewalt22 In aller Regel hanshydelt es sich im hier interessierenden Zushysammenhang um Privatpersonen die von der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde (insb den zustaumlndigen BVB) vereidigt und im Anschluss mit Dienstwappen und Dienstshyausweis ausgestattet werden23 Diese sind auf Aufforderung vorzuzeigen Auch hier knuumlpft im Anschluss die im Einzelfall speshyzifisch zu gestaltende (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleishyter zur Vornahme von Hoheitsakten die funktionell der ermaumlchtigenden Behoumlrde (hier der zustaumlndigen Verwaltungsstrafbeshyhoumlrde) zuzurechnen sind an Vereinzelt ndash etwa im Fall einer Organleihe ndash kann die Zustimmung der Dienstbehoumlrde mithin jener der das Organ organisatorisch zugeshyordnet ist erforderlich sein24 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwaltungsinshyterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunshyde oder Aumlhnlichem zu dokumentieren sein und ist im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50

Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen25

Zu beachten ist dass sich der Beleishyhungsvorgang nur auf einen eng abgeshygrenzten Aufgabenbereich erstreckt er ist insoweit stets relativ Auszligerhalb des spezishyfischen hoheitlichen Ermaumlchtigungsbeshyreichs besteht keine Sonderstellung des Organs der oumlffentlichen Aufsicht26 Die hoshyheitlichen Akte der zustaumlndigen Organe der oumlffentlichen Aufsicht gelten im Rechtssinn jeweils als Hoheitsakte der ershymaumlchtigenden Gebietskoumlrperschaft Aus der funktionellen Organstellung dieser Orshygane ergibt sich dass nach AHG die Geshybietskoumlrperschaft als Rechtstraumlger haftet deren Aufgabe der Beliehene wahrnimmt27

IV AUSGEWAumlHLTE AUFGABEN DER ORGANE DER OumlFFENTLICHEN AUFSICHT IM VERWALTUNGSshySTRAFRECHT Anschlieszligend sind ausgewaumlhlte praxisreshylevante Aufgaben der Organe der oumlffentlishychen Aufsicht im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts zu skizzieren welche die erhebliche Bedeutung dieser Personenshygruppe veranschaulichen sollen Zu untershyscheiden sind dabei verschiedene Fallkonsshytellationen die belegen dass es die Organe der oumlffentlichen Aufsicht in Abshyhaumlngigkeit der Art und des Gewichts der Verwaltungsuumlbertretung einerseits und im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen andererseits in der Hand haben inwieweit die staatliche Strafverfolgung bereits fruumlhshyzeitig in bestimmte Bahnen gelenkt wird Zu zeigen wird sein dass strafverfahrensshyakzessorische Akte der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht den eigentlichen Verwalshytungsstrafverfahren zeitlich bewusst vorgeschaltet sind Den Organen ist die Aufgabe uumlbertragen von ihnen wahrshygenommene geringfuumlgige Verwaltungsshyuumlbertretungen selbststaumlndig einer situashytionsadaumlquaten Behandlung (Ahndung) zuzufuumlhren etwa in dem der Tatverdaumlchtishy

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ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28

A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29

und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie

grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32

Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird

B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38

Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer

Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger

Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy

strafen) rechtfertigt39

Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy

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laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet

Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen

Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy

formen der StPO dar42

Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten

Verdacht nicht notwendig an einen

Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44

bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45

bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind

als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48

Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49

C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy

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chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist

Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52

Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54

Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu

entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen

Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug

Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy

den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen

Sicherheit rechtmaumlszligig

Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein

Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen

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Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60

V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy

behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre

1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu

sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art

78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG

in diesem Zusammenhang von einer

demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines

Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy

recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli

Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3

(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy

wachung und mittelbare Bundesverwalshy

tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy

rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)

Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt

weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy

chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt

hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des

ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy

den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy

te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy

schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)

875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy

nisatorischen Auspraumlgung der Stellung

der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es

nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy

falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig

bestellt oder sonst wie in den organisatoshy

rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft

eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der

Wahrnehmung typischer verwaltungsshy

strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB

automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des

Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1

lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis

dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne

weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a

und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend

sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987

(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo

die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der

Aufzeichnung durch automationsunter-

stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy

tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines

Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont

wird Uumlberwachungen von Privatpersonen

sollen nach dem Willen des historischen

Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt

werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005

BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy

kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner

Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy

den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy

te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in

Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht

(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und

inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen

Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt

89

SIAK-JOURNAL 42009

werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH

14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy

tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856

naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy

gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy

zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76

Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2

ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2

AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist

darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy

bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe

nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy

lichen Anordnung bedarf (zB OGH

12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich

ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs

2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy

nen zu unterscheiden in denen Bestelshy

lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi

zusammengefasst sind oder anders geshy

wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy

maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde

die gebotenen Akte zu setzen ohne dass

es einer vorangehenden Vereidigung oder

foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB

sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy

wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy

ter Unternehmen und ihrer Organe zur

Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle

nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung

ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter

unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy

tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy

griert sein Wie aber beispielsweise anshy

hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden

kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy

gen (hier unterliegt beispielsweise der

Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy

nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy

standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein

Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy

gen zu erlassen ein anderes hingegen

nicht was Sinn macht da Organe in vershy

schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt

werden und es daher nicht erforderlich

ist jedem Organ alle der in Betracht

kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen

Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy

maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy

lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion

erforderlich sind Pointiert formuliert liegt

es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy

lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy

tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen

und das Organ zu deren Anwendung zu

ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy

gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy

rechts und des nationalen Rechts zu beshy

achten und die in Betracht kommenden

Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen

(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2

EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy

meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von

Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit

der Verpflichtung diese wahrzunehmen

(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-

gaben durch Private Schriftenreihe der

Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy

schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in

denen juristische Personen des Privatshy

rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher

Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB

sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy

nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich

dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy

menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy

gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz

112) Zu beachten ist freilich dass diese

Personen nicht als Organe der oumlffentlishy

chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu

qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy

nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl

neben den bereits skizzierten Anwendungsshy

faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy

ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy

waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die

auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy

zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy

kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann

Mangels eines gesetzlich positivierten

Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass

das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy

achtlich ist daher beispielsweise die Ershy

lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht

mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr

spricht ferner dass der VwGH in funktioshy

nell vergleichbaren Konstellationen ausshy

gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd

sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn

die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy

nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy

den herangezogenen Sachverstaumlndigen

dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy

nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy

zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988

87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001

99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH

10122001 2001100049) zufolge ndash anshy

ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe

legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy

densgrad mithin leichte oder leichteste

Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy

ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens

des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung

90

42009 SIAK-JOURNAL

typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt

Folgt man diesem Ansatz steht aber auch

die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy

dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy

gegen (VwGH 05091986 86180167 zu

sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist

dies nur schwer vereinbar (WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818

Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy

strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem

Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy

lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot

entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy

tig was durch die Annahme eines Rechtsshy

anspruchs in den hier interessierenden

Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy

nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy

zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy

houmlrde bleibt die Voraussetzungen des

sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht

die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy

ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den

zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy

den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt

es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der

Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy

strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy

ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy

teressierenden Regelungen bereits einen

Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy

tungsstrafverfahrens an und weisen damit

diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely

Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil

(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter

Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz

818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1

VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy

ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy

gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy

fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch

sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise

des einschreitenden Organs in aumlhnlich

gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der

VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2

lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014

A1989) ndash eine solche Differenzierung

kann weder explizit dem Gesetz entnomshy

men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy

terpretationsmethoden gewonnen werden ndash

wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy

schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy

zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses

Gedankens wird zu vertreten sein dass

geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen

oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)

Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy

drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy

sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen

sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw

die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy

sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht

mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy

ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall

am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen

orientieren koumlnnte wird eine Anwendung

des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy

digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy

ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)

Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR

2 GP) liegt darin dass es noch vor der

Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy

guumlltigen Erledigung der Sache kommen

kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung

(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB

VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy

schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in

idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy

haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy

verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy

schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des

VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy

strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie

sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy

verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel

Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR

1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy

ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide

sondern iS der Rsp des VwGH (zB

06101993 92170284 13061990

90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)

als Rechtsakte sui generis anzusehen

sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877

differenzierend Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy

lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen

Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852

Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy

terschiedliche systematische Regelung

der Erledigungsformen im VStG Daruumlber

hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy

bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy

druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der

Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy

tet werden Bescheide im eigenen Namen

zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die

von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy

sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy

dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung

begangen zu haben Dies gilt auch in den

Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy

nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50

Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash

nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen

wird ihr aber als Adressat des Beleges

(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy

lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der

Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy

gung der Houmlhe der Geldleistung an das

von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy

typus vorgegebene Tarifsystem gebunden

hat daher den pro Deliktstypus im Voraus

91

SIAK-JOURNAL

92

42009

einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

93

Page 5: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

SIAK-JOURNAL 42009

dertldquo17 sie werden daher zunaumlchst in ein oumlffentlich-rechtliches Dienstverhaumlltnis zu einer Gebietskoumlrperschaft ernannt oder schlieszligen ein privatrechtliches Dienstvershyhaumlltnis mit den angesprochenen Gebietsshykoumlrperschaften ab Daran knuumlpft regelmaumlshyszligig ndash soweit die gesetzlich geforderte bdquobesondereldquo Ausbildung18 gegeben ist ndash die (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleiter zur Vornahme speshyzifischer Hoheitsakte die funktionell der zustaumlndigen Behoumlrde der diese Organe beigegeben sind zuzurechnen sind19 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwalshytungsinterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunde oder Aumlhnlichem zu dokumentieshyren und im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50 Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen sein20

Ad b) Der bdquoKlassikerldquo unter den Orgashynisationsmodellen ist das haumlufig verbreiteshyte Institut der (hier idR bescheidmaumlszligigen) Beleihung21 von Privatpersonen die auszligershyhalb einer Gebietskoumlrperschaft stehen mit hoheitlicher Gewalt22 In aller Regel hanshydelt es sich im hier interessierenden Zushysammenhang um Privatpersonen die von der zustaumlndigen Verwaltungsbehoumlrde (insb den zustaumlndigen BVB) vereidigt und im Anschluss mit Dienstwappen und Dienstshyausweis ausgestattet werden23 Diese sind auf Aufforderung vorzuzeigen Auch hier knuumlpft im Anschluss die im Einzelfall speshyzifisch zu gestaltende (mandatsmaumlszligige) Ermaumlchtigung durch den Dienststellenleishyter zur Vornahme von Hoheitsakten die funktionell der ermaumlchtigenden Behoumlrde (hier der zustaumlndigen Verwaltungsstrafbeshyhoumlrde) zuzurechnen sind an Vereinzelt ndash etwa im Fall einer Organleihe ndash kann die Zustimmung der Dienstbehoumlrde mithin jener der das Organ organisatorisch zugeshyordnet ist erforderlich sein24 Die einmal erteilte bzw aktualisierte (verwaltungsinshyterne) Ermaumlchtigung wird in einer Urkunshyde oder Aumlhnlichem zu dokumentieren sein und ist im Bedarfsfall ndash wie dies zB sect 50

Abs 3 VStG anordnet ndash vorzuzeigen25

Zu beachten ist dass sich der Beleishyhungsvorgang nur auf einen eng abgeshygrenzten Aufgabenbereich erstreckt er ist insoweit stets relativ Auszligerhalb des spezishyfischen hoheitlichen Ermaumlchtigungsbeshyreichs besteht keine Sonderstellung des Organs der oumlffentlichen Aufsicht26 Die hoshyheitlichen Akte der zustaumlndigen Organe der oumlffentlichen Aufsicht gelten im Rechtssinn jeweils als Hoheitsakte der ershymaumlchtigenden Gebietskoumlrperschaft Aus der funktionellen Organstellung dieser Orshygane ergibt sich dass nach AHG die Geshybietskoumlrperschaft als Rechtstraumlger haftet deren Aufgabe der Beliehene wahrnimmt27

IV AUSGEWAumlHLTE AUFGABEN DER ORGANE DER OumlFFENTLICHEN AUFSICHT IM VERWALTUNGSshySTRAFRECHT Anschlieszligend sind ausgewaumlhlte praxisreshylevante Aufgaben der Organe der oumlffentlishychen Aufsicht im Bereich des Verwalshytungsstrafrechts zu skizzieren welche die erhebliche Bedeutung dieser Personenshygruppe veranschaulichen sollen Zu untershyscheiden sind dabei verschiedene Fallkonsshytellationen die belegen dass es die Organe der oumlffentlichen Aufsicht in Abshyhaumlngigkeit der Art und des Gewichts der Verwaltungsuumlbertretung einerseits und im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen andererseits in der Hand haben inwieweit die staatliche Strafverfolgung bereits fruumlhshyzeitig in bestimmte Bahnen gelenkt wird Zu zeigen wird sein dass strafverfahrensshyakzessorische Akte der Organe der oumlffentshylichen Aufsicht den eigentlichen Verwalshytungsstrafverfahren zeitlich bewusst vorgeschaltet sind Den Organen ist die Aufgabe uumlbertragen von ihnen wahrshygenommene geringfuumlgige Verwaltungsshyuumlbertretungen selbststaumlndig einer situashytionsadaumlquaten Behandlung (Ahndung) zuzufuumlhren etwa in dem der Tatverdaumlchtishy

85

SIAK-JOURNAL

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42009

ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28

A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29

und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie

grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32

Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird

B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38

Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer

Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger

Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy

strafen) rechtfertigt39

Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy

SIAK-JOURNAL 42009

laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet

Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen

Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy

formen der StPO dar42

Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten

Verdacht nicht notwendig an einen

Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44

bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45

bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind

als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48

Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49

C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy

87

SIAK-JOURNAL

88

42009

chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist

Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52

Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54

Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu

entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen

Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug

Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy

den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen

Sicherheit rechtmaumlszligig

Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein

Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen

42009 SIAK-JOURNAL

Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60

V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy

behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre

1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu

sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art

78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG

in diesem Zusammenhang von einer

demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines

Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy

recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli

Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3

(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy

wachung und mittelbare Bundesverwalshy

tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy

rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)

Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt

weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy

chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt

hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des

ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy

den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy

te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy

schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)

875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy

nisatorischen Auspraumlgung der Stellung

der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es

nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy

falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig

bestellt oder sonst wie in den organisatoshy

rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft

eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der

Wahrnehmung typischer verwaltungsshy

strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB

automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des

Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1

lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis

dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne

weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a

und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend

sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987

(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo

die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der

Aufzeichnung durch automationsunter-

stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy

tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines

Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont

wird Uumlberwachungen von Privatpersonen

sollen nach dem Willen des historischen

Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt

werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005

BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy

kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner

Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy

den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy

te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in

Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht

(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und

inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen

Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt

89

SIAK-JOURNAL 42009

werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH

14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy

tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856

naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy

gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy

zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76

Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2

ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2

AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist

darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy

bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe

nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy

lichen Anordnung bedarf (zB OGH

12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich

ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs

2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy

nen zu unterscheiden in denen Bestelshy

lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi

zusammengefasst sind oder anders geshy

wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy

maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde

die gebotenen Akte zu setzen ohne dass

es einer vorangehenden Vereidigung oder

foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB

sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy

wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy

ter Unternehmen und ihrer Organe zur

Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle

nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung

ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter

unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy

tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy

griert sein Wie aber beispielsweise anshy

hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden

kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy

gen (hier unterliegt beispielsweise der

Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy

nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy

standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein

Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy

gen zu erlassen ein anderes hingegen

nicht was Sinn macht da Organe in vershy

schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt

werden und es daher nicht erforderlich

ist jedem Organ alle der in Betracht

kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen

Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy

maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy

lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion

erforderlich sind Pointiert formuliert liegt

es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy

lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy

tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen

und das Organ zu deren Anwendung zu

ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy

gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy

rechts und des nationalen Rechts zu beshy

achten und die in Betracht kommenden

Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen

(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2

EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy

meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von

Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit

der Verpflichtung diese wahrzunehmen

(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-

gaben durch Private Schriftenreihe der

Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy

schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in

denen juristische Personen des Privatshy

rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher

Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB

sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy

nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich

dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy

menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy

gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz

112) Zu beachten ist freilich dass diese

Personen nicht als Organe der oumlffentlishy

chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu

qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy

nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl

neben den bereits skizzierten Anwendungsshy

faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy

ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy

waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die

auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy

zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy

kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann

Mangels eines gesetzlich positivierten

Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass

das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy

achtlich ist daher beispielsweise die Ershy

lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht

mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr

spricht ferner dass der VwGH in funktioshy

nell vergleichbaren Konstellationen ausshy

gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd

sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn

die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy

nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy

den herangezogenen Sachverstaumlndigen

dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy

nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy

zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988

87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001

99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH

10122001 2001100049) zufolge ndash anshy

ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe

legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy

densgrad mithin leichte oder leichteste

Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy

ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens

des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung

90

42009 SIAK-JOURNAL

typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt

Folgt man diesem Ansatz steht aber auch

die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy

dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy

gegen (VwGH 05091986 86180167 zu

sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist

dies nur schwer vereinbar (WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818

Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy

strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem

Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy

lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot

entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy

tig was durch die Annahme eines Rechtsshy

anspruchs in den hier interessierenden

Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy

nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy

zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy

houmlrde bleibt die Voraussetzungen des

sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht

die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy

ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den

zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy

den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt

es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der

Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy

strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy

ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy

teressierenden Regelungen bereits einen

Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy

tungsstrafverfahrens an und weisen damit

diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely

Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil

(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter

Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz

818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1

VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy

ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy

gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy

fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch

sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise

des einschreitenden Organs in aumlhnlich

gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der

VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2

lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014

A1989) ndash eine solche Differenzierung

kann weder explizit dem Gesetz entnomshy

men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy

terpretationsmethoden gewonnen werden ndash

wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy

schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy

zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses

Gedankens wird zu vertreten sein dass

geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen

oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)

Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy

drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy

sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen

sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw

die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy

sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht

mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy

ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall

am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen

orientieren koumlnnte wird eine Anwendung

des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy

digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy

ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)

Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR

2 GP) liegt darin dass es noch vor der

Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy

guumlltigen Erledigung der Sache kommen

kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung

(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB

VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy

schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in

idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy

haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy

verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy

schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des

VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy

strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie

sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy

verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel

Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR

1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy

ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide

sondern iS der Rsp des VwGH (zB

06101993 92170284 13061990

90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)

als Rechtsakte sui generis anzusehen

sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877

differenzierend Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy

lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen

Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852

Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy

terschiedliche systematische Regelung

der Erledigungsformen im VStG Daruumlber

hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy

bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy

druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der

Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy

tet werden Bescheide im eigenen Namen

zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die

von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy

sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy

dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung

begangen zu haben Dies gilt auch in den

Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy

nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50

Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash

nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen

wird ihr aber als Adressat des Beleges

(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy

lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der

Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy

gung der Houmlhe der Geldleistung an das

von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy

typus vorgegebene Tarifsystem gebunden

hat daher den pro Deliktstypus im Voraus

91

SIAK-JOURNAL

92

42009

einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

93

Page 6: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

SIAK-JOURNAL

86

42009

ge auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht wird oder uumlber ihn eine Geldleistung verhaumlngt wird (diversioshynelle Behandlung geringfuumlgiger Straffaumllle ohne Einleitung eines Strafverfahrens) Nur in den schwerwiegenden Faumlllen ndash also dann wenn eine Verwaltungsuumlbertretung nicht mehr geringfuumlgig ist ndash ist Anzeige an die zustaumlndige Verwaltungsstrafbehoumlrde zu erstatten Dadurch ist es den Gebietsshykoumlrperschaften moumlglich den in der Praxis zunehmend auftretenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertretungen bdquoHerr zu wershydenldquo Organen der oumlffentlichen Aufsicht kommt daher gleichsam die Rolle eines bdquoFiltersldquo zwischen Bagatelldelikten und schwerwiegenden Straffaumlllen zu Dadurch soll nach der ratio legis eine Entlastung der Verwaltungsstrafbehoumlrden erzielt werden28

A DIVERSION I ndash ABSEHEN VON DER STRAFVERFOLGUNG (sect 21 ABS 2 VSTG) Eine zentrale Befugnis der Organe soweit dies in zeitlichem und oumlrtlichem Konnex zu einer von ihnen unmittelbar wahrgeshynommenen Verwaltungsuumlbertretung steht besteht in der Ermaumlchtigung dem Taumlter eine behoumlrdliche Verfolgung des Deliktes zu bdquoersparenldquo Voraussetzung hiefuumlr ist nach hA dass (kumulativ) das Verschulshyden des Beschuldigten geringfuumlgig ist29

und die Folgen der Uumlbertretung (insb bei Ungehorsamsdelikten) unbedeutend sind (sect 21 Abs 1 VStG) Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die Organe der oumlfshyfentlichen Aufsicht nach sect 21 Abs 2 VStG verpflichtet30 von der Verhaumlngung einer Organstrafverfuumlgung oder von der Erstatshytung einer Anzeige abzusehen Sie koumlnnen den Taumlter in solchen Faumlllen in geeigneter Weise ndash etwa durch muumlndliche Abmahshynung ndash auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen Wennshygleich den hier genannten Akten keine Beshyscheidqualitaumlt zukommt31 sind auch sie

grundsaumltzlich der materiellen Rechtskraft zugaumlnglich und entfalten Sperrwirkung32

Dies jedenfalls wenn von der Moumlglichkeit der Abmahnung Gebrauch gemacht oder wenn ausdruumlcklich von der Verhaumlngung eishyner Organstrafverfuumlgung oder der Anzeige Abstand genommen wird

B DIVERSION II ndash ORGANSTRAFshyVERFUumlGUNG (sect 50 ABS 1 VSTG) Eine in der Praxis nach wie vor bedeutsashyme Ermaumlchtigung der (besonders geschulshyten) Organe der oumlffentlichen Aufsicht beshysteht in der Befugnis zur effektiven Ahndung geringfuumlgiger33 (von ihnen unshymittelbar ndash ggf unter Anwendung technishyscher Hilfsmittel ndash dienstlich wahrgenomshymener oder vor ihnen eingestandener) Verwaltungsuumlbertretungen34 an Ort und Stelle sog Organstrafverfuumlgungen zu erlasshysen35 die funktionell der fuumlr das Strafvershyfahren zustaumlndigen Behoumlrde (sectsect 26 27 VStG) zuzurechnen sind36 Die Organstrafshyverfuumlgung ist gegenuumlber dem Beanstandeshyten37 zu erlassen Dabei ist eine Geldleisshytung von bis zu 36 vorzuschreiben38

Zu beachten ist dass sect 50 nur die Vorschreibung einer

Geldleistung nicht aber einer Geldstrafe oder sonstiger

Strafen (insb primaumlrer Freiheits- oder Ersatzfreiheitsshy

strafen) rechtfertigt39

Wenn ein Teil der Lehre und der Rsp anshynehmen dass Sanktionen iSd sect 50 als Geldstrafen (iS des sect 10 VStG) zu qualifishyzieren sind (vgl auch sect 1 OrganstrafverfuumlshygungenV)40 ist ihnen entgegenzuhalten dass diese Auslegung mit dem Schuldprinshyzip nicht vereinbar ist Diesfalls wuumlrde sect 50 zur Verhaumlngung sog bdquoVerdachtsstrashyfenldquo ermaumlchtigen was nach verfassungsshygesetzlichen Grundsaumltzen (Art 90 Abs 2 B-VG Art 6 Abs 2 EMRK) an sich unzushy

SIAK-JOURNAL 42009

laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet

Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen

Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy

formen der StPO dar42

Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten

Verdacht nicht notwendig an einen

Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44

bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45

bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind

als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48

Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49

C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy

87

SIAK-JOURNAL

88

42009

chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist

Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52

Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54

Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu

entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen

Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug

Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy

den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen

Sicherheit rechtmaumlszligig

Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein

Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen

42009 SIAK-JOURNAL

Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60

V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy

behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre

1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu

sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art

78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG

in diesem Zusammenhang von einer

demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines

Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy

recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli

Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3

(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy

wachung und mittelbare Bundesverwalshy

tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy

rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)

Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt

weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy

chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt

hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des

ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy

den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy

te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy

schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)

875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy

nisatorischen Auspraumlgung der Stellung

der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es

nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy

falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig

bestellt oder sonst wie in den organisatoshy

rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft

eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der

Wahrnehmung typischer verwaltungsshy

strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB

automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des

Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1

lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis

dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne

weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a

und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend

sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987

(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo

die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der

Aufzeichnung durch automationsunter-

stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy

tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines

Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont

wird Uumlberwachungen von Privatpersonen

sollen nach dem Willen des historischen

Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt

werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005

BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy

kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner

Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy

den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy

te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in

Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht

(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und

inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen

Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt

89

SIAK-JOURNAL 42009

werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH

14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy

tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856

naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy

gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy

zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76

Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2

ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2

AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist

darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy

bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe

nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy

lichen Anordnung bedarf (zB OGH

12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich

ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs

2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy

nen zu unterscheiden in denen Bestelshy

lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi

zusammengefasst sind oder anders geshy

wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy

maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde

die gebotenen Akte zu setzen ohne dass

es einer vorangehenden Vereidigung oder

foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB

sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy

wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy

ter Unternehmen und ihrer Organe zur

Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle

nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung

ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter

unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy

tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy

griert sein Wie aber beispielsweise anshy

hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden

kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy

gen (hier unterliegt beispielsweise der

Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy

nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy

standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein

Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy

gen zu erlassen ein anderes hingegen

nicht was Sinn macht da Organe in vershy

schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt

werden und es daher nicht erforderlich

ist jedem Organ alle der in Betracht

kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen

Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy

maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy

lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion

erforderlich sind Pointiert formuliert liegt

es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy

lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy

tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen

und das Organ zu deren Anwendung zu

ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy

gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy

rechts und des nationalen Rechts zu beshy

achten und die in Betracht kommenden

Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen

(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2

EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy

meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von

Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit

der Verpflichtung diese wahrzunehmen

(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-

gaben durch Private Schriftenreihe der

Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy

schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in

denen juristische Personen des Privatshy

rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher

Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB

sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy

nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich

dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy

menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy

gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz

112) Zu beachten ist freilich dass diese

Personen nicht als Organe der oumlffentlishy

chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu

qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy

nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl

neben den bereits skizzierten Anwendungsshy

faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy

ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy

waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die

auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy

zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy

kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann

Mangels eines gesetzlich positivierten

Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass

das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy

achtlich ist daher beispielsweise die Ershy

lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht

mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr

spricht ferner dass der VwGH in funktioshy

nell vergleichbaren Konstellationen ausshy

gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd

sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn

die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy

nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy

den herangezogenen Sachverstaumlndigen

dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy

nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy

zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988

87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001

99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH

10122001 2001100049) zufolge ndash anshy

ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe

legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy

densgrad mithin leichte oder leichteste

Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy

ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens

des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung

90

42009 SIAK-JOURNAL

typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt

Folgt man diesem Ansatz steht aber auch

die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy

dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy

gegen (VwGH 05091986 86180167 zu

sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist

dies nur schwer vereinbar (WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818

Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy

strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem

Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy

lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot

entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy

tig was durch die Annahme eines Rechtsshy

anspruchs in den hier interessierenden

Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy

nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy

zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy

houmlrde bleibt die Voraussetzungen des

sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht

die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy

ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den

zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy

den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt

es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der

Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy

strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy

ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy

teressierenden Regelungen bereits einen

Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy

tungsstrafverfahrens an und weisen damit

diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely

Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil

(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter

Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz

818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1

VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy

ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy

gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy

fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch

sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise

des einschreitenden Organs in aumlhnlich

gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der

VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2

lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014

A1989) ndash eine solche Differenzierung

kann weder explizit dem Gesetz entnomshy

men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy

terpretationsmethoden gewonnen werden ndash

wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy

schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy

zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses

Gedankens wird zu vertreten sein dass

geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen

oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)

Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy

drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy

sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen

sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw

die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy

sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht

mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy

ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall

am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen

orientieren koumlnnte wird eine Anwendung

des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy

digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy

ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)

Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR

2 GP) liegt darin dass es noch vor der

Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy

guumlltigen Erledigung der Sache kommen

kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung

(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB

VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy

schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in

idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy

haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy

verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy

schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des

VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy

strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie

sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy

verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel

Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR

1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy

ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide

sondern iS der Rsp des VwGH (zB

06101993 92170284 13061990

90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)

als Rechtsakte sui generis anzusehen

sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877

differenzierend Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy

lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen

Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852

Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy

terschiedliche systematische Regelung

der Erledigungsformen im VStG Daruumlber

hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy

bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy

druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der

Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy

tet werden Bescheide im eigenen Namen

zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die

von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy

sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy

dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung

begangen zu haben Dies gilt auch in den

Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy

nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50

Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash

nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen

wird ihr aber als Adressat des Beleges

(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy

lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der

Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy

gung der Houmlhe der Geldleistung an das

von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy

typus vorgegebene Tarifsystem gebunden

hat daher den pro Deliktstypus im Voraus

91

SIAK-JOURNAL

92

42009

einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

93

Page 7: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

SIAK-JOURNAL 42009

laumlssig waumlre So fuumlhren auch die EB zur VStG-Nov BGBI I 2001137 (zur Aumlndeshyrung der Bezeichnung Taumlter durch den Beshygriff bdquoBeanstandeterldquo sect 50 Abs 6) zutrefshyfend aus dass die Frage ob der von einem Organ der oumlffentlichen Aufsicht wegen eishyner Verwaltungsuumlbertretung bdquoBeanstandeshyteldquo auch tatsaumlchlich der Taumlter ist (dh die Tat begangen hat) erst in einem auf Grund der Anzeige an die Behoumlrde allenfalls einshygeleiteten ordentlichen Verwaltungsstrafshyverfahren geklaumlrt werden kann Aus dieshysem Grund wird in sect 50 seit der VStG-Nov 2001 durchwegs der Begriff bdquoBeanstanshydeterldquo ndash nicht aber Taumlter ndash verwendet

Der historisch vorgegebene und in der Praxis nach wie vor gelaumlufige Regelfall dabei ist dass das Organ nach entspreshychender dienstlicher Wahrnehmung einer Verwaltungsuumlbertretung unter Benutzung einer fortlaufend nummerierten amtlichen Drucksorte mittels Durchschrift zwei Ausshyfertigungen erstellt diese eigenhaumlndig dashytiert unterfertigt dem Beanstandeten41 eishyne Ausfertigung aushaumlndigt und die vorgeschriebene Geldleistung einhebt Diese ist unmittelbar anschlieszligend ndash zushygleich mit der zweiten Ausfertigung ndash der zustaumlndigen Strafbehoumlrde auszuhaumlndigen

Eine Organstrafverfuumlgung weist Parallelen zu den sog diversionellen Erledigungsshy

formen der StPO dar42

Unter Diversion versteht man alle Forshymen staatlicher Reaktion auf strafbares Verhalten welche den Verzicht auf die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens oder die Beendigung eines solchen ohne Schuldspruch und ohne foumlrmliche Sankshytionierung des Verdaumlchtigen ermoumlglichen Zu den Charakteristika diversioneller Ershyledigungen zaumlhlen aus Sicht des VStG bull die Anknuumlpfung an einen bestimmten

Verdacht nicht notwendig an einen

Schuldnachweis43 Konsequent bleibt der Verdaumlchtige in derartigen Faumlllen trotz dishyversioneller Erledigung unbescholten44

bull die Erbringung einer Leistung (zB Geldshyleistungen iwS) des Verdaumlchtigen Daran aumlndert sich auch dann nichts wenn das Gesetz in diesem Zusammenhang von Strafe spricht45

bull die Freiwilligkeit der Leistung Nimmt der Verdaumlchtige das staatliche Angebot nicht an begleicht er etwa die Organshystrafverfuumlgung nicht ist das Strafverfahshyren einzuleiten bzw Anzeige zu erstatten Diversionelle Erledigungsformen sind

als prozessuale Alternative zur Strafe inshynerhalb des verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionensystems zu sehen Sie erledishygen die Sache endguumlltig und entfalten grundsaumltzlich Sperrwirkung46 im Falle des sect 50 Abs 1 bedeutet dies dass der Tatvershydaumlchtige bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr ausgeforscht und verfolgt werden darf47 Dies richtigershyweise auch dann wenn eine Erledigung nach sect 50 nicht zulaumlssig war48

Die bdquoBesonderheitldquo der nach sect 50 vershyhaumlngten Geldleistungen gegenuumlber den sonst nach sect 47 VStG bzw im ordentlichen Verfahren verhaumlngten Sanktionen ist zum einen daran ersichtlich dass eine Organshystrafverfuumlgung (mangels eines konkret zu verfolgenden Beschuldigten) keine Verfolshygungshandlung iSd sect 32 darstellt und zum anderen ndash bei fristgerechter Bezahlung ndash keine weiteren negativen Konsequenzen nach sich zieht (zB Eintragung in ein bdquoStrafregisterldquo oder weitere strafrechtliche Verfolgung)49

C SICHERSTELLUNG DES STRAFshyANSPRUCHES (sect 37A VSTG) Ungeachtet der den Organen des oumlffentshylichen Sicherheitsdienstes grundsaumltzlich offenstehenden Festnahmeermaumlchtigung (sect 35 VStG) sind hiezu ermaumlchtigte (beshysonders geschulte) Organe des oumlffentlishy

87

SIAK-JOURNAL

88

42009

chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist

Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52

Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54

Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu

entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen

Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug

Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy

den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen

Sicherheit rechtmaumlszligig

Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein

Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen

42009 SIAK-JOURNAL

Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60

V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy

behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre

1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu

sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art

78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG

in diesem Zusammenhang von einer

demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines

Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy

recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli

Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3

(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy

wachung und mittelbare Bundesverwalshy

tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy

rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)

Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt

weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy

chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt

hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des

ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy

den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy

te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy

schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)

875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy

nisatorischen Auspraumlgung der Stellung

der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es

nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy

falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig

bestellt oder sonst wie in den organisatoshy

rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft

eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der

Wahrnehmung typischer verwaltungsshy

strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB

automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des

Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1

lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis

dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne

weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a

und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend

sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987

(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo

die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der

Aufzeichnung durch automationsunter-

stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy

tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines

Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont

wird Uumlberwachungen von Privatpersonen

sollen nach dem Willen des historischen

Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt

werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005

BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy

kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner

Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy

den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy

te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in

Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht

(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und

inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen

Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt

89

SIAK-JOURNAL 42009

werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH

14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy

tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856

naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy

gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy

zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76

Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2

ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2

AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist

darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy

bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe

nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy

lichen Anordnung bedarf (zB OGH

12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich

ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs

2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy

nen zu unterscheiden in denen Bestelshy

lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi

zusammengefasst sind oder anders geshy

wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy

maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde

die gebotenen Akte zu setzen ohne dass

es einer vorangehenden Vereidigung oder

foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB

sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy

wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy

ter Unternehmen und ihrer Organe zur

Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle

nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung

ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter

unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy

tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy

griert sein Wie aber beispielsweise anshy

hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden

kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy

gen (hier unterliegt beispielsweise der

Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy

nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy

standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein

Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy

gen zu erlassen ein anderes hingegen

nicht was Sinn macht da Organe in vershy

schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt

werden und es daher nicht erforderlich

ist jedem Organ alle der in Betracht

kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen

Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy

maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy

lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion

erforderlich sind Pointiert formuliert liegt

es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy

lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy

tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen

und das Organ zu deren Anwendung zu

ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy

gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy

rechts und des nationalen Rechts zu beshy

achten und die in Betracht kommenden

Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen

(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2

EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy

meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von

Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit

der Verpflichtung diese wahrzunehmen

(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-

gaben durch Private Schriftenreihe der

Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy

schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in

denen juristische Personen des Privatshy

rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher

Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB

sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy

nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich

dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy

menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy

gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz

112) Zu beachten ist freilich dass diese

Personen nicht als Organe der oumlffentlishy

chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu

qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy

nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl

neben den bereits skizzierten Anwendungsshy

faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy

ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy

waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die

auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy

zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy

kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann

Mangels eines gesetzlich positivierten

Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass

das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy

achtlich ist daher beispielsweise die Ershy

lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht

mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr

spricht ferner dass der VwGH in funktioshy

nell vergleichbaren Konstellationen ausshy

gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd

sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn

die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy

nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy

den herangezogenen Sachverstaumlndigen

dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy

nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy

zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988

87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001

99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH

10122001 2001100049) zufolge ndash anshy

ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe

legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy

densgrad mithin leichte oder leichteste

Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy

ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens

des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung

90

42009 SIAK-JOURNAL

typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt

Folgt man diesem Ansatz steht aber auch

die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy

dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy

gegen (VwGH 05091986 86180167 zu

sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist

dies nur schwer vereinbar (WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818

Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy

strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem

Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy

lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot

entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy

tig was durch die Annahme eines Rechtsshy

anspruchs in den hier interessierenden

Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy

nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy

zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy

houmlrde bleibt die Voraussetzungen des

sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht

die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy

ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den

zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy

den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt

es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der

Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy

strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy

ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy

teressierenden Regelungen bereits einen

Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy

tungsstrafverfahrens an und weisen damit

diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely

Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil

(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter

Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz

818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1

VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy

ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy

gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy

fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch

sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise

des einschreitenden Organs in aumlhnlich

gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der

VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2

lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014

A1989) ndash eine solche Differenzierung

kann weder explizit dem Gesetz entnomshy

men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy

terpretationsmethoden gewonnen werden ndash

wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy

schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy

zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses

Gedankens wird zu vertreten sein dass

geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen

oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)

Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy

drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy

sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen

sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw

die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy

sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht

mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy

ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall

am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen

orientieren koumlnnte wird eine Anwendung

des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy

digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy

ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)

Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR

2 GP) liegt darin dass es noch vor der

Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy

guumlltigen Erledigung der Sache kommen

kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung

(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB

VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy

schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in

idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy

haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy

verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy

schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des

VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy

strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie

sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy

verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel

Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR

1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy

ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide

sondern iS der Rsp des VwGH (zB

06101993 92170284 13061990

90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)

als Rechtsakte sui generis anzusehen

sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877

differenzierend Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy

lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen

Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852

Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy

terschiedliche systematische Regelung

der Erledigungsformen im VStG Daruumlber

hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy

bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy

druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der

Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy

tet werden Bescheide im eigenen Namen

zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die

von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy

sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy

dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung

begangen zu haben Dies gilt auch in den

Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy

nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50

Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash

nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen

wird ihr aber als Adressat des Beleges

(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy

lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der

Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy

gung der Houmlhe der Geldleistung an das

von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy

typus vorgegebene Tarifsystem gebunden

hat daher den pro Deliktstypus im Voraus

91

SIAK-JOURNAL

92

42009

einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

93

Page 8: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

SIAK-JOURNAL

88

42009

chen Sicherheitsdienstes (sect 5 SPG) ndash nicht aber auch sonstige Organe der oumlffentlishychen Aufsicht ndash im Anlassfall berechtigt ohne bescheidmaumlszligige Anordnung mittels eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbeshyhoumlrdlicher Befehls- und Zwangsgewalt eine vorlaumlufige Sicherheitsleistung einzuheben (sect 37a VStG)50 dadurch wird die Durchshysetzung des staatlichen Strafanspruchs sishychergestellt weil in den anzusprechenden Konstellationen die (Einleitung und) Durchfuumlhrung eines Verwaltungsstrafvershyfahrens und die Verhaumlngung einer Geldshystrafe idR nicht moumlglich ist

Sofern in einem besonderen Verwaltungsshygesetz keine andere (idR houmlhere) Grenze festgesetzt wird (zB sect 100 Abs 3 StVO bis 1308 sect 27 BStrMG bis 1200 ) darf die vorlaumlufige Sicherheit ndash bei sonstiger Rechtswidrigkeit der Amtshandlung51 ndash den Wert von 180 nicht uumlbersteigen (sect 37a Abs 1 VStG) Diese Grenze bezieht sich jedoch jeweils nur auf eine einzelne Verwaltungsuumlbertretung dh bei mehreren Verwaltungsuumlbertretungen sind auch mehshyrere vorlaumlufige Sicherheiten zulaumlssig52

Die Ermaumlchtigung des sect 37a bezieht sich auf zwei Fallkonstellationen einershyseits auf Situationen in denen Fluchtgeshyfahr des Tatverdaumlchtigen besteht (sect 37a Abs 2 1 Fall VStG) andererseits auf solshyche in denen Strafverfolgung bzw der Strafvollzug unmoumlglich oder nur ershyschwert moumlglich waumlre (sect 37a Abs 2 2 Fall)53 Beide genannten Ziffern des sect 37a VStG setzen eine Betretung des Taumlters auf frischer Tat voraus (unmittelshybare Wahrnehmung einer Verwaltungsshyuumlbertretung durch das Organ)54

Die erste Fallkonstellation erfasst dabei Umstaumlnde in denen ein Organ von der ihm grundsaumltzlich offenstehenden Moumlgshylichkeit der Festnahme nach sect 35 Z 1 (mangelnde Identifizierbarkeit55) oder sect 35 Z 2 (bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr56) VStG absieht Die Festnahme hat diesfalls zu

entfallen wenn der Betretene die vorlaumlufishyge Sicherheit freiwillig erlegt Weigert er sich dies zu tun ist mit Festnahme iSd sect 35 VStG vorzugehen

Der zweite Fall bezieht sich auf Persoshynen bei denen eine Strafverfolgung oder der Strafvollzug offenbar unmoumlglich oder wesentlich erschwert sein wird Dies hat insb den Zweck die Strafverfolgung von Taumltern mit Wohnsitz im Ausland vor alshylem im Straszligenverkehr zu ermoumlglichen Die Bestimmung setzt keine bdquosubjektiveldquo Fluchtgefahr voraus vielmehr genuumlgen objektiv zu erwartende Probleme bei Strafverfolgung oder Strafvollzug

Sind solche Probleme aus der Perspektive des einschreitenshy

den Organs bdquooffenbarldquo ist die Einhebung einer vorlaumlufigen

Sicherheit rechtmaumlszligig

Freilich wird auf den Maszligstab des durchschnittlichen Organs des oumlffentlishychen Sicherheitsdienstes abzustellen sein dh dieses muss uumlber die (fehlenden) Moumlgshylichkeiten einer Strafverfolgung bzw des Vollzugs der Strafe in Grundzuumlgen inforshymiert sein

Der Anwendungsbereich des sect 37a VStG ist seit Inkrafttreten des EU-VStVG57 ershyheblich beschraumlnkt58 Die Anwendung der sectsect 37a Abs 2 2 Fall bzw sect 37 Abs 1 2 Fall VStG ist in Zukunft auf jene Faumllle eingeshyschraumlnkt in denen mangels wirksamer Moumlglichkeit der Zustellung von Schriftshystuumlcken im Ausland ein Strafverfahren nicht durchgefuumlhrt werden kann oder in denen eine Vollstreckung im Ausland nicht moumlglich ist59 Das bedeutet insb dass geshygenuumlber Taumltern aus den meisten EU-Mitshygliedstaaten eine Anwendung der (vorlaumlushyfigen) Sicherheitsleistung idR nicht mehr in Frage kommen wird Eine Vollstreckung im Ausland wird grundsaumltzlich gemaumlszlig Rahmenbeschluss 2005214JI erfolgen

42009 SIAK-JOURNAL

Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60

V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy

behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre

1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu

sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art

78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG

in diesem Zusammenhang von einer

demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines

Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy

recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli

Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3

(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy

wachung und mittelbare Bundesverwalshy

tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy

rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)

Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt

weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy

chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt

hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des

ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy

den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy

te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy

schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)

875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy

nisatorischen Auspraumlgung der Stellung

der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es

nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy

falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig

bestellt oder sonst wie in den organisatoshy

rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft

eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der

Wahrnehmung typischer verwaltungsshy

strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB

automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des

Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1

lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis

dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne

weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a

und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend

sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987

(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo

die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der

Aufzeichnung durch automationsunter-

stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy

tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines

Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont

wird Uumlberwachungen von Privatpersonen

sollen nach dem Willen des historischen

Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt

werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005

BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy

kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner

Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy

den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy

te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in

Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht

(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und

inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen

Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt

89

SIAK-JOURNAL 42009

werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH

14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy

tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856

naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy

gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy

zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76

Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2

ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2

AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist

darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy

bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe

nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy

lichen Anordnung bedarf (zB OGH

12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich

ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs

2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy

nen zu unterscheiden in denen Bestelshy

lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi

zusammengefasst sind oder anders geshy

wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy

maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde

die gebotenen Akte zu setzen ohne dass

es einer vorangehenden Vereidigung oder

foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB

sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy

wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy

ter Unternehmen und ihrer Organe zur

Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle

nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung

ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter

unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy

tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy

griert sein Wie aber beispielsweise anshy

hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden

kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy

gen (hier unterliegt beispielsweise der

Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy

nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy

standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein

Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy

gen zu erlassen ein anderes hingegen

nicht was Sinn macht da Organe in vershy

schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt

werden und es daher nicht erforderlich

ist jedem Organ alle der in Betracht

kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen

Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy

maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy

lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion

erforderlich sind Pointiert formuliert liegt

es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy

lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy

tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen

und das Organ zu deren Anwendung zu

ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy

gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy

rechts und des nationalen Rechts zu beshy

achten und die in Betracht kommenden

Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen

(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2

EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy

meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von

Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit

der Verpflichtung diese wahrzunehmen

(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-

gaben durch Private Schriftenreihe der

Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy

schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in

denen juristische Personen des Privatshy

rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher

Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB

sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy

nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich

dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy

menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy

gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz

112) Zu beachten ist freilich dass diese

Personen nicht als Organe der oumlffentlishy

chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu

qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy

nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl

neben den bereits skizzierten Anwendungsshy

faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy

ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy

waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die

auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy

zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy

kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann

Mangels eines gesetzlich positivierten

Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass

das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy

achtlich ist daher beispielsweise die Ershy

lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht

mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr

spricht ferner dass der VwGH in funktioshy

nell vergleichbaren Konstellationen ausshy

gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd

sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn

die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy

nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy

den herangezogenen Sachverstaumlndigen

dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy

nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy

zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988

87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001

99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH

10122001 2001100049) zufolge ndash anshy

ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe

legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy

densgrad mithin leichte oder leichteste

Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy

ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens

des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung

90

42009 SIAK-JOURNAL

typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt

Folgt man diesem Ansatz steht aber auch

die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy

dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy

gegen (VwGH 05091986 86180167 zu

sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist

dies nur schwer vereinbar (WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818

Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy

strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem

Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy

lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot

entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy

tig was durch die Annahme eines Rechtsshy

anspruchs in den hier interessierenden

Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy

nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy

zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy

houmlrde bleibt die Voraussetzungen des

sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht

die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy

ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den

zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy

den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt

es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der

Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy

strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy

ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy

teressierenden Regelungen bereits einen

Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy

tungsstrafverfahrens an und weisen damit

diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely

Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil

(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter

Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz

818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1

VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy

ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy

gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy

fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch

sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise

des einschreitenden Organs in aumlhnlich

gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der

VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2

lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014

A1989) ndash eine solche Differenzierung

kann weder explizit dem Gesetz entnomshy

men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy

terpretationsmethoden gewonnen werden ndash

wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy

schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy

zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses

Gedankens wird zu vertreten sein dass

geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen

oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)

Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy

drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy

sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen

sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw

die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy

sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht

mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy

ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall

am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen

orientieren koumlnnte wird eine Anwendung

des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy

digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy

ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)

Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR

2 GP) liegt darin dass es noch vor der

Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy

guumlltigen Erledigung der Sache kommen

kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung

(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB

VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy

schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in

idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy

haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy

verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy

schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des

VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy

strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie

sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy

verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel

Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR

1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy

ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide

sondern iS der Rsp des VwGH (zB

06101993 92170284 13061990

90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)

als Rechtsakte sui generis anzusehen

sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877

differenzierend Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy

lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen

Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852

Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy

terschiedliche systematische Regelung

der Erledigungsformen im VStG Daruumlber

hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy

bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy

druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der

Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy

tet werden Bescheide im eigenen Namen

zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die

von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy

sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy

dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung

begangen zu haben Dies gilt auch in den

Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy

nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50

Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash

nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen

wird ihr aber als Adressat des Beleges

(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy

lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der

Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy

gung der Houmlhe der Geldleistung an das

von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy

typus vorgegebene Tarifsystem gebunden

hat daher den pro Deliktstypus im Voraus

91

SIAK-JOURNAL

92

42009

einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

93

Page 9: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

42009 SIAK-JOURNAL

Anwendbar bleiben werden sectsect 37a Abs 2 2 Fall und 37 Abs 1 2 Fall VStG freilich dann wenn im Einzelfall eine Geldstrafe von weniger als 70 zu erwarten ist (arg bdquooffenbarldquo bzw bdquoanzunehmen istldquo) und der betroffene Wohnsitzmitgliedstaat solshyche Strafen bekanntermaszligen nicht vollshystreckt bzw in solchen Faumlllen in denen ein bestimmtes Delikt dort nicht strafbar ist und daher die Vollstreckung nach dem Rahmenbeschluss 2005214JI verweigert werden darf60

V RESUumlMEE Nach Darstellung der in der Praxis gelaumlushyfigen bdquoOrganisationsmodelleldquo der Organe der oumlffentlichen Aufsicht die in Unterstuumltshyzung der zustaumlndigen Verwaltungs(straf)shy

behoumlrde praxisrelevante Hoheitsakte zu setzen haben konnte anhand verschiedeshyner Praxiskonstellationen gezeigt werden dass es insb den Organen der oumlffentlichen Aufsicht ndash darunter auch den Organen des oumlffentlichen Sicherheitsdienstes ndash zu vershydanken ist dass die sich zunehmend haumlushyfenden geringfuumlgigen Verwaltungsuumlbertreshytungen bereits fruumlhzeitig in die bdquorichtigenldquo Bahnen gelenkt und einer situationsshyadaumlquaten Ahndung zugefuumlhrt werden koumlnnen (diversionelle Reaktion des Staates auf geringfuumlgige Verwaltungsuumlbertretung Entlastung der Strafbehoumlrden) Anderershyseits kommt den Organen auch die Rolle zu den staatlichen Strafanspruch dort sishycherzustellen wo die Verfolgung eines Taumlshyters ansonsten nur erschwert moumlglich waumlre

1 BGBl 1925275 2 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP 32 (zu

sect 50 VStG) 3 Bei Heranziehung des Wortlautes des Art

78d Abs 1 B-VG zeigt sich dass das B-VG

in diesem Zusammenhang von einer

demonstrativen Aufzaumlhlung ausgeht 4 Zur Terminologie allgemein B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

92 ff Weiters AntoniolliKoja Allgemeines

Verwaltungsrecht3 (1996) 650 ff 5 B Raschauer Allgemeines Verwaltungsshy

recht2 (2003) Rz 114 Weiters Antoniolli

Koja Allgemeines Verwaltungsrecht3

(1996) 651 f Mayer Lebensmitteluumlbershy

wachung und mittelbare Bundesverwalshy

tung OumlZW 1977 100 Wiederin Einfuumlhshy

rung in das Sicherheitspolizeirecht (1997)

Rz 151 Der oben aufgestellte Befund setzt

weiters voraus dass Organen der oumlffentlishy

chen Aufsicht regelmaumlszligig nur vereinzelt

hoheitliche Befugnisse zur Erfuumlllung des

ihnen uumlbertragenen Auftrages erteilt wurshy

den (zB N RaschauerWessely Ausgewaumlhlshy

te Fragen zum Staatskommissaumlr im Wirtshy

schaftsaufsichtsrecht OumlZW 2004 70 80) 6 Vgl zur Abgrenzung zB B Raschauer

Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz

729 ff HauerKeplinger SPG3 (2005)

875 VwSlg 14901 A1997 7 Wohl aufgrund dieser besonderen orgashy

nisatorischen Auspraumlgung der Stellung

der Organe der oumlffentlichen Aufsicht ist es

nicht zulaumlssig Privatpersonen ndash jedenshy

falls dann wenn sie weder bescheidmaumlszligig

bestellt oder sonst wie in den organisatoshy

rischen Aufbau einer Gebietskoumlrperschaft

eingegliedert sind ndash ohne weiteres mit der

Wahrnehmung typischer verwaltungsshy

strafrechtsakzessorischer Aufgaben (zB

automationsunterstuumltzte Uumlberwachung des

Straszligenverkehrs in Gemeinden sect 94b Abs 1

lit a StVO) zu beauftragen und auf Basis

dieser Uumlberwachungsergebnisse (ohne

weiteres Verfahren) Geldbuszligen (sect 49a

und sect 50 VStG) zu erlassen begruumlndend

sei auf die EBRV zur VStG-Novelle 1987

(133 BlgNR 17 GP 10) hingewiesen wo

die Gleichwertigkeit des Beweiswerts der

Aufzeichnung durch automationsunter-

stuumltzte Uumlberwachung zu jenem der (sonsshy

tigen) dienstlichen Wahrnehmung eines

Organs der oumlffentlichen Aufsicht betont

wird Uumlberwachungen von Privatpersonen

sollen nach dem Willen des historischen

Gesetzgebers daher nicht gleichgestellt

werden Vgl idS RS BKA-VD 02092005

BKA-6014680012-V12005 (zu abgeshy

kuumlrzten Verwaltungsstrafverfahren ferner

Puumlrstl Radaruumlberwachung durch Gemeinshy

den ZVR 2007 112 ff Wessely Ausgewaumlhlshy

te Probleme des Verwaltungsstrafrechts in

Bauer (Hrsg) Handbuch Verkehrsrecht

(2009) 282 Im Hinblick darauf ob und

inwiefern diese Ergebnisse im ordentlichen

Verwaltungsstrafverfahren beruumlcksichtigt

89

SIAK-JOURNAL 42009

werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH

14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy

tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856

naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy

gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy

zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76

Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2

ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2

AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist

darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy

bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe

nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy

lichen Anordnung bedarf (zB OGH

12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich

ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs

2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy

nen zu unterscheiden in denen Bestelshy

lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi

zusammengefasst sind oder anders geshy

wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy

maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde

die gebotenen Akte zu setzen ohne dass

es einer vorangehenden Vereidigung oder

foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB

sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy

wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy

ter Unternehmen und ihrer Organe zur

Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle

nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung

ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter

unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy

tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy

griert sein Wie aber beispielsweise anshy

hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden

kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy

gen (hier unterliegt beispielsweise der

Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy

nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy

standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein

Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy

gen zu erlassen ein anderes hingegen

nicht was Sinn macht da Organe in vershy

schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt

werden und es daher nicht erforderlich

ist jedem Organ alle der in Betracht

kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen

Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy

maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy

lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion

erforderlich sind Pointiert formuliert liegt

es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy

lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy

tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen

und das Organ zu deren Anwendung zu

ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy

gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy

rechts und des nationalen Rechts zu beshy

achten und die in Betracht kommenden

Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen

(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2

EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy

meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von

Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit

der Verpflichtung diese wahrzunehmen

(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-

gaben durch Private Schriftenreihe der

Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy

schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in

denen juristische Personen des Privatshy

rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher

Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB

sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy

nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich

dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy

menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy

gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz

112) Zu beachten ist freilich dass diese

Personen nicht als Organe der oumlffentlishy

chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu

qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy

nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl

neben den bereits skizzierten Anwendungsshy

faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy

ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy

waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die

auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy

zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy

kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann

Mangels eines gesetzlich positivierten

Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass

das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy

achtlich ist daher beispielsweise die Ershy

lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht

mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr

spricht ferner dass der VwGH in funktioshy

nell vergleichbaren Konstellationen ausshy

gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd

sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn

die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy

nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy

den herangezogenen Sachverstaumlndigen

dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy

nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy

zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988

87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001

99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH

10122001 2001100049) zufolge ndash anshy

ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe

legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy

densgrad mithin leichte oder leichteste

Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy

ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens

des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung

90

42009 SIAK-JOURNAL

typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt

Folgt man diesem Ansatz steht aber auch

die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy

dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy

gegen (VwGH 05091986 86180167 zu

sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist

dies nur schwer vereinbar (WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818

Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy

strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem

Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy

lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot

entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy

tig was durch die Annahme eines Rechtsshy

anspruchs in den hier interessierenden

Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy

nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy

zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy

houmlrde bleibt die Voraussetzungen des

sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht

die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy

ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den

zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy

den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt

es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der

Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy

strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy

ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy

teressierenden Regelungen bereits einen

Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy

tungsstrafverfahrens an und weisen damit

diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely

Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil

(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter

Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz

818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1

VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy

ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy

gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy

fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch

sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise

des einschreitenden Organs in aumlhnlich

gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der

VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2

lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014

A1989) ndash eine solche Differenzierung

kann weder explizit dem Gesetz entnomshy

men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy

terpretationsmethoden gewonnen werden ndash

wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy

schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy

zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses

Gedankens wird zu vertreten sein dass

geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen

oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)

Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy

drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy

sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen

sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw

die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy

sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht

mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy

ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall

am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen

orientieren koumlnnte wird eine Anwendung

des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy

digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy

ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)

Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR

2 GP) liegt darin dass es noch vor der

Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy

guumlltigen Erledigung der Sache kommen

kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung

(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB

VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy

schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in

idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy

haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy

verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy

schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des

VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy

strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie

sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy

verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel

Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR

1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy

ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide

sondern iS der Rsp des VwGH (zB

06101993 92170284 13061990

90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)

als Rechtsakte sui generis anzusehen

sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877

differenzierend Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy

lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen

Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852

Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy

terschiedliche systematische Regelung

der Erledigungsformen im VStG Daruumlber

hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy

bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy

druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der

Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy

tet werden Bescheide im eigenen Namen

zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die

von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy

sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy

dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung

begangen zu haben Dies gilt auch in den

Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy

nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50

Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash

nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen

wird ihr aber als Adressat des Beleges

(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy

lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der

Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy

gung der Houmlhe der Geldleistung an das

von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy

typus vorgegebene Tarifsystem gebunden

hat daher den pro Deliktstypus im Voraus

91

SIAK-JOURNAL

92

42009

einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

93

Page 10: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

SIAK-JOURNAL 42009

werden koumlnnen vgl exemplarisch VwGH

14062005 2004020393 8 Vgl zB Schmelz Handbuch des Verwalshy

tungsverfahrens (1977) 261 WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz 856

naumlher auch EBRV 438 BlgNR 14 GP 10 9 Exemplarisch zB Fischerlehner Die abshy

gekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 8 Oftmals finden sich speshy

zialgesetzliche Anzeigepflichten (zB sect 76

Abs 5 BWG [Staatskommissaumlr] sect 9 Abs 2

ArbIG [Arbeitsinspektion] sect 28a Abs 2

AuslBG [Abgabenbehoumlrden]) Freilich ist

darauf hinzuweisen dass die strafrechtsshy

bewehrte Anzeigepflicht dieser Organe

nach Ansicht des OGH keiner ausdruumlckshy

lichen Anordnung bedarf (zB OGH

12061992 16 Os 1992) 10 Vereinzelt kann dies spezialgesetzlich

ausgeschlossen werden (siehe zB sect 29 Abs

2 Z 4 BStrMG sect 100 Abs 5 StVO) 11 VfSlg 38471960 12 Davon sind vereinzelte Fallkonstellatioshy

nen zu unterscheiden in denen Bestelshy

lungsakt und Ermaumlchtigungsvorgang quasi

zusammengefasst sind oder anders geshy

wendet in denen Hilfsorgane ex lege ershy

maumlchtigt werden fuumlr eine andere Behoumlrde

die gebotenen Akte zu setzen ohne dass

es einer vorangehenden Vereidigung oder

foumlrmlichen Bestellung bedarf (siehe zB

sect 125 Abs 2 LFG [Befugnisse des verantshy

wortlichen Piloten] Ermaumlchtigung privashy

ter Unternehmen und ihrer Organe zur

Durchfuumlhrung der Sicherheitskontrolle

nach dem LuftfahrtsicherheitsG) 13 Beziehungsweise in dessen Vertretung

ein hiezu ermaumlchtigter Organwalter 14 Im Falle einer Beleihung (siehe weiter

unten im Text) kann die konkrete Ermaumlchshy

tigung auch im Bestellungsbescheid inteshy

griert sein Wie aber beispielsweise anshy

hand des sect 76 Abs 1 BWG gezeigt werden

kann muss dies nicht in jedem Fall erfolshy

gen (hier unterliegt beispielsweise der

Staatskommissaumlr den Weisungen der Fishy

nanzmarktaufsicht mithin jener des Vorshy

standsdirektoriums) 15 So kann es sich daher ergeben dass ein

Organ berechtigt ist Organstrafverfuumlgunshy

gen zu erlassen ein anderes hingegen

nicht was Sinn macht da Organe in vershy

schiedenen Aufsichtsfunktionen eingesetzt

werden und es daher nicht erforderlich

ist jedem Organ alle der in Betracht

kommenden Ermaumlchtigungen zu erteilen

Geboten ist nur die Erteilung jener Ershy

maumlchtigungen die zur effizienten Erfuumllshy

lung der uumlbertragenen Aufsichtsfunktion

erforderlich sind Pointiert formuliert liegt

es daher am Behoumlrdenleiter aus der Pashy

lette der in Betracht kommenden Ermaumlchshy

tigungen die bdquopassendenldquo auszuwaumlhlen

und das Organ zu deren Anwendung zu

ermaumlchtigen 16 Zu verstehen als Geloumlbnis die einschlaumlshy

gigen Regelungen des Gemeinschaftsshy

rechts und des nationalen Rechts zu beshy

achten und die in Betracht kommenden

Dienstpflichten (bestmoumlglich) zu erfuumlllen

(vgl zB sect 17 Abs 2 BStrMG sect 30 Abs 2

EisbG sect 38 Abs 8 und sect 40 Abs 4 SchFG) 17 Siehe statt vieler AntoniolliKoja Allgeshy

meines Verwaltungsrecht3 (1996) 653 18 Vgl etwa sect 50 Abs 1 VStG 19 Siehe wiederum sect 50 Abs 1 VStG 20 Vgl unten Endnote 25 21 Beleihung ist die Uumlbertragung von

Hoheitsrechten auf Privatpersonen mit

der Verpflichtung diese wahrzunehmen

(Schaumlffer Erfuumlllung von Verwaltungsauf-

gaben durch Private Schriftenreihe der

Bundeskammer der gewerblichen Wirtshy

schaft 1973 58 71) 22 Nicht angesprochen sind jene Faumllle in

denen juristische Personen des Privatshy

rechts mit der Wahrnehmung hoheitlicher

Kompetenzen beauftragt werden (vgl zB

sect 2 BoumlrseG 40a KFG oder sect 2 Verrechshy

nungsstellenG) Im Schrifttum hat sich

dafuumlr der Begriff bdquobeliehene Unternehshy

menldquo durchgesetzt (zB B Raschauer Allshy

gemeines Verwaltungsrecht2 [2003] Rz

112) Zu beachten ist freilich dass diese

Personen nicht als Organe der oumlffentlishy

chen Aufsicht im eigentlichen Sinn zu

qualifizieren sind 23 In diesem Sinne B Raschauer Allgemeishy

nes Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 Vgl

neben den bereits skizzierten Anwendungsshy

faumlllen etwa sect 17 BStrMG sect 28 nouml NSchG 24 Siehe auch Thienel Verwaltungsverfahshy

ren4 (2006) 501 aA WalterMayer Vershy

waltungsverfahren8 (2003) Rz 899 die

auf sect 2 DVG abstellen 25 Fraglich bleibt welche Rechtsfolge einshy

zutreten hat wenn ein Organ diese Urshy

kunde im Einzelfall nicht vorzeigen kann

Mangels eines gesetzlich positivierten

Fehlerkalkuumlls wird zu vertreten sein dass

das Nichtvorzeigen der Urkunde unbeshy

achtlich ist daher beispielsweise die Ershy

lassung einer Organstrafverfuumlgung nicht

mit Rechtswidrigkeit belastet Dafuumlr

spricht ferner dass der VwGH in funktioshy

nell vergleichbaren Konstellationen ausshy

gesprochen hat dass Amtshandlungen iSd

sect 338 GewO nicht unzulaumlssig sind wenn

die Organe der in sect 338 Abs 1 GewO geshy

nannten Behoumlrden bzw von diesen Behoumlrshy

den herangezogenen Sachverstaumlndigen

dem Gewerbetreibenden von sich aus keishy

nen Dienstausweis bzw Pruumlfauftrag vorshy

zeigen koumlnnen (zB VwGH 14061988

87040060) 26 Zum Beispiel VwGH 16102001

99090252 19092001 99090248 27 OGH SZ 68191 B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 112 28 VfAB 360 BlgNR 2 GP (zu sect 50 VStG) 29 Maszliggeblich ist der Rsp (zB VwGH

10122001 2001100049) zufolge ndash anshy

ders als es der gesetzliche Wortlaut nahe

legen mag ndash nicht ein geringer Verschulshy

densgrad mithin leichte oder leichteste

Fahrlaumlssigkeit sondern ein Zuruumlckbleishy

ben des tatbestandsmaumlszligigen Verhaltens

des Taumlters hinter dem in der Strafdrohung

90

42009 SIAK-JOURNAL

typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt

Folgt man diesem Ansatz steht aber auch

die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy

dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy

gegen (VwGH 05091986 86180167 zu

sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist

dies nur schwer vereinbar (WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818

Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy

strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem

Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy

lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot

entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy

tig was durch die Annahme eines Rechtsshy

anspruchs in den hier interessierenden

Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy

nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy

zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy

houmlrde bleibt die Voraussetzungen des

sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht

die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy

ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den

zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy

den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt

es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der

Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy

strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy

ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy

teressierenden Regelungen bereits einen

Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy

tungsstrafverfahrens an und weisen damit

diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely

Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil

(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter

Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz

818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1

VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy

ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy

gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy

fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch

sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise

des einschreitenden Organs in aumlhnlich

gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der

VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2

lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014

A1989) ndash eine solche Differenzierung

kann weder explizit dem Gesetz entnomshy

men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy

terpretationsmethoden gewonnen werden ndash

wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy

schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy

zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses

Gedankens wird zu vertreten sein dass

geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen

oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)

Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy

drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy

sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen

sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw

die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy

sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht

mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy

ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall

am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen

orientieren koumlnnte wird eine Anwendung

des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy

digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy

ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)

Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR

2 GP) liegt darin dass es noch vor der

Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy

guumlltigen Erledigung der Sache kommen

kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung

(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB

VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy

schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in

idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy

haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy

verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy

schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des

VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy

strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie

sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy

verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel

Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR

1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy

ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide

sondern iS der Rsp des VwGH (zB

06101993 92170284 13061990

90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)

als Rechtsakte sui generis anzusehen

sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877

differenzierend Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy

lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen

Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852

Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy

terschiedliche systematische Regelung

der Erledigungsformen im VStG Daruumlber

hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy

bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy

druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der

Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy

tet werden Bescheide im eigenen Namen

zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die

von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy

sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy

dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung

begangen zu haben Dies gilt auch in den

Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy

nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50

Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash

nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen

wird ihr aber als Adressat des Beleges

(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy

lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der

Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy

gung der Houmlhe der Geldleistung an das

von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy

typus vorgegebene Tarifsystem gebunden

hat daher den pro Deliktstypus im Voraus

91

SIAK-JOURNAL

92

42009

einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

93

Page 11: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

42009 SIAK-JOURNAL

typisierten Unrechts- bzw Schuldgehalt

Folgt man diesem Ansatz steht aber auch

die vorsaumltzliche Tatbegehung der Anwenshy

dung des sect 21 Abs 2 VStG grds nicht entshy

gegen (VwGH 05091986 86180167 zu

sect 21 Abs 1) mit dem Gesetzeswortlaut ist

dies nur schwer vereinbar (WalterMayer

Verwaltungsverfahren8 [2003] Rz 818

Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

444 N RaschauerWessely Verwaltungsshy

strafrecht Allgemeiner Teil [2005] 98) 30 Abgesehen davon dass sich weder dem

Gesetz noch den einschlaumlgigen Materiashy

lien Anhaltspunkte fuumlr ein Anzeigeverbot

entnehmen lassen ist nicht ganz einsichshy

tig was durch die Annahme eines Rechtsshy

anspruchs in den hier interessierenden

Faumlllen bezweckt werden soll zumal es ohshy

nehin auch im Fall einer solcherart bdquounshy

zulaumlssigenldquo Anzeige Sache der Strafbeshy

houmlrde bleibt die Voraussetzungen des

sect 21 Abs 1 VStG zu pruumlfen Auch uumlbersieht

die Uumlbertragung des zu Abs 1 entwickelshy

ten Gedankens auch auf sect 21 Abs 2 den

zwischen diesen Bestimmungen bestehenshy

den wesensmaumlszligigen Unterschied Handelt

es sich bei sect 21 Abs 1 um einen von der

Behoumlrde im Rahmen des Verwaltungsshy

strafverfahrens wahrzunehmenden Strafshy

ausschlieszligungsgrund setzen die hier inshy

teressierenden Regelungen bereits einen

Schritt vor bzw auszligerhalb des Verwalshy

tungsstrafverfahrens an und weisen damit

diversionelle Zuumlge auf 31 Zum Beispiel Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 445 N RaschauerWessely

Verwaltungsstrafrecht Allgemeiner Teil

(2005) 99 32 Ebd VwSlg 11876 A1985 aM Walter

Mayer Verwaltungsverfahren8 (2003) Rz

818 33 Auch hier wird man an die in sect 21 Abs 1

VStG angefuumlhrten Voraussetzungen (geshy

ringer Unrechtsgehalt unbedeutende Folshy

gen der Gesetzesuumlbertretung) anzuknuumlpshy

fen haben Sowohl sect 50 Abs 1 als auch

sect 21 Abs 1 VStG regeln die Vorgangsweise

des einschreitenden Organs in aumlhnlich

gelagerten Faumlllen Will man nicht wie der

VwGH davon ausgehen dass sect 21 Abs 2

lex specialis zu sect 50 sei (VwSlg 13014

A1989) ndash eine solche Differenzierung

kann weder explizit dem Gesetz entnomshy

men noch anhand der einschlaumlgigen Inshy

terpretationsmethoden gewonnen werden ndash

wird eine Abgrenzung nur anhand der Beshy

schaffenheitQualifikation der Tat im Einshy

zelfall moumlglich sein Bei Verfolgung dieses

Gedankens wird zu vertreten sein dass

geringfuumlgigste Bagatellfaumllle mit keinen

oder bloszlig geringen (vernachlaumlssigbaren)

Folgen fuumlr die durch die gesetzliche Strafshy

drohung geschuumltzten oumlffentlichen Interesshy

sen primaumlr nach sect 21 Abs 2 zu erledigen

sein werden Sind die Folgen der Tat (bzw

die Beeintraumlchtigung oumlffentlicher Interesshy

sen) aus Sicht der Allgemeinheit nicht

mehr vernachlaumlssigbar aber bdquonochldquo geshy

ringfuumlgig wobei man sich im Einzelfall

am gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen

orientieren koumlnnte wird eine Anwendung

des sect 50 zu uumlberlegen sein 34 Der Vorteil dieser beschleunigten Erleshy

digung von Bagatellfaumlllen (Hengstschlaumlshy

ger Verwaltungsverfahrensrecht4 (2009)

Rz 876 WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 896 VfAB 360 BlgNR

2 GP) liegt darin dass es noch vor der

Anzeige an die Strafbehoumlrde zu einer endshy

guumlltigen Erledigung der Sache kommen

kann die grundsaumltzlich Sperrwirkung

(iSd Art 4 7 ZP EMRK) entfaltet (zB

VwSlg 11876 A1985 ThienelHauenshy

schild Verfassungsrechtliches bdquone bis in

idemldquo und seine Auswirkung auf das Vershy

haumlltnis von Justiz- und Verwaltungsstrafshy

verfahren JBl 2004 71 159 Hengstshy

schlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

[2009] Rz 883 idS auch die Wertung des

VfAB 360 BlgNR 2 GP) 35 Zu Aufbau und Inhalt einer Organshy

strafverfuumlgung vgl sect 50 Abs 4 VStG sowie

sect 2 3 OrganstrafverfuumlgungenV 36 Entgegen WalterMayerVerwaltungsshy

verfahren8 (2003) Rz 897 und Sprinzel

Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG ZVR

1999 16 wird zu vertreten sein dass Orshy

ganstrafverfuumlgungen nicht als Bescheide

sondern iS der Rsp des VwGH (zB

06101993 92170284 13061990

90030145 VwSlg 8552 A1974 mwN)

als Rechtsakte sui generis anzusehen

sind vgl auch Thienel Verwaltungsvershy

fahren4 (2006) 500 Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 (2009) Rz 877

differenzierend Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafshy

recht (2008) 161 f zur verfassungsrechtshy

lichen Zulaumlssigkeit solcher besonderen

Erledigungsformen B Raschauer Allgeshy

meines Verwaltungsrecht2 (2003) Rz 852

Fuumlr diese Auslegung spricht insb die unshy

terschiedliche systematische Regelung

der Erledigungsformen im VStG Daruumlber

hinaus sind Akte iSd sect 50 nicht vollstreckshy

bar und aus sect 50 VStG kann keine ausshy

druumlckliche Pflicht bzw Ermaumlchtigung der

Organe der oumlffentlichen Aufsicht abgeleishy

tet werden Bescheide im eigenen Namen

zu erlassen 37 bdquoBeanstandeterldquo ist jene Person die

von einem Organ der oumlffentlichen Aufshy

sicht persoumlnlich betreten wird und im Vershy

dacht steht eine Verwaltungsuumlbertretung

begangen zu haben Dies gilt auch in den

Faumlllen in denen die Person ein Gestaumlndshy

nis ablegt bzw ndash in den Faumlllen des sect 50

Abs 2 VStG bzw des sect 134 Abs 5 KFG ndash

nicht persoumlnlich am Tatort angetroffen

wird ihr aber als Adressat des Beleges

(sect 50 Abs 2 VStG) ein geeigneter Zahshy

lungsbeleg am Kfz hinterlassen wird 38 Das Organ ist bei der Erlassung der

Organstrafverfuumlgung dh bei der Festleshy

gung der Houmlhe der Geldleistung an das

von der zustaumlndigen Behoumlrde pro Deliktsshy

typus vorgegebene Tarifsystem gebunden

hat daher den pro Deliktstypus im Voraus

91

SIAK-JOURNAL

92

42009

einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

93

Page 12: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

SIAK-JOURNAL

92

42009

einheitlich festgesetzten Betrag einzuheben Es

darf im Einzelfall keine mildere oder houmlhere

Geldleistung verhaumlngen (Hengstschlaumlger Vershy

waltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 879) und hat

insofern keinen Spielraum fuumlr die Bemessung der

Sanktion (Thienel Verwaltungsverfahren4 [2006]

501 vgl ferner Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahshy

ren im VStG ZVR 1999 16 Fischerlehner Die

abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

[2008] 159) In dem im Erlassweg festzusetzenshy

den Tarifsystem ist pro Deliktstypus im Voraus ein

einheitlicher Betrag festzusetzen welcher den im

Einzelfall maszliggebenden gesetzlichen Houmlchstrahshy

men nicht uumlberschreiten darf Krit dazu Thienel

Verwaltungsverfahren4 (2006) 501 Fischerlehshy

ner Die abgekuumlrzten Verfahren im Verwaltungsshy

strafrecht (2008) 152 Auf die zulaumlssigen Moumlgshy

lichkeiten die Geldleistung zu begleichen (etwa

mittels Zahlungsbeleges mittels Kreditkarte vor

Ort und dgl) ist an dieser Stelle nicht einzugehen 39 In diesem Sinne etwa Fischerlehner Die abgeshy

kuumlrzten Verfahren im Verwaltungsstrafrecht

(2008) 157 Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f

spricht im Zusammenhang mit sectsect 49a 50 trefshy

fend von bdquoneutralen nicht strafenden Buszliggeldshy

zahlungenldquo (tendenziell auch Wiederin Die Zushy

kunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT

III1 107 40 Zum Beispiel WalterMayer Verwaltungsvershy

fahren8 (2003) Rz 897 VwGH 24051996

95170466 24012000 96170416 41 Die Terminologie des VStG (bdquoBeanstandeterldquo)

zeigt dass es im vorliegenden Zusammenhang

nicht auf das Verschulden des Taumlters ankommt

Maszliggebend ist ausschlieszliglich ob das Organ ndash

soweit ihm kein Gestaumlndnis vorliegt ndash das strafshy

rechtlich relevante Verhalten dienstlich wahrgeshy

nommen hat 42 Eingehend Lewisch Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III2 104 f tenshy

denziell auch Wiederin Die Zukunft des Verwalshy

tungsstrafrechts (2006) 16 OumlJT III1 107 N

RaschauerWessely VStG AT (2005) 146 f 43 Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im VStG

ZVR 1999 10 Thienel Neuerungen im Verwalshy

tungsstrafrecht ZVR 2000 238 44 Ebenso Sprinzel Die abgekuumlrzten Verfahren im

VStG ZVR 1999 11 45 Vgl auch VfAB 360 BlgNR 2 GP Lewisch Die

Zukunft des Verwaltungsstrafrechts (2006) 16

OumlJT III2 104 f 46 Naumlher Wessely Ausgewaumlhlte Probleme des Vershy

waltungsstrafrechts in Bauer (Hrsg) Handbuch

Verkehrsrecht (2009) 283 47 Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahrensrecht4

(2009) Rz 876 48 Dazu eingehend Fischerlehner Die abgekuumlrzten

Verfahren im Verwaltungsstrafrecht (2008) 159 ff 49 Statt vieler Hengstschlaumlger Verwaltungsverfahshy

rensrecht4 (2009) Rz 876 f 50 Die Einhebung erfolgt somit unmittelbar

(zB VwGH 03092002 2001030416) 51 Siehe zB VwSlg 11660 A1985 52 VwGH 02101991 90030180 53 Das Wort bdquokannldquo bringt dabei zum Ausdruck

dass ein Organ auch nur ermaumlchtigt werden

kann in einem der beiden Faumllle eine vorlaumlufige

Sicherheit einzuheben 54 Eine ndash im Rahmen des Art 11 Abs 2 B-VG zulaumlsshy

sige ndash abweichende Regelung enthaumllt etwa sect 27

BStrMG der einen bdquoengen zeitlichen Zusammenshy

hang mit der Tatldquo genuumlgen laumlsst 55 Der Festnahmegrund gemaumlszlig sect 35 Z 1 VStG

(bdquomangelnde Identifizierbarkeitldquo) liegt vor wenn

eine tatverdaumlchtige (unmittelbar bei einer Vershy

waltungsuumlbertretung betretene) Person dem anshy

haltenden Organ unbekannt ist sich nicht ausshy

weisen kann und ihre Identitaumlt auch sonst nicht

sofort feststellbar ist 56 Eine Festnahme ist weiters gemaumlszlig sect 35 Z 2 VStG

zulaumlssig wenn begruumlndeter Verdacht besteht

dass eine Person sich der Strafverfolgung zu entshy

ziehen suchen wird Entscheidend ist somit das

Vorliegen bdquosubjektiver Fluchtgefahrldquo Das beshy

deutet dass die Behoumlrde uumlber bdquodie bloszlige Fluchtshy

moumlglichkeit hinausldquo Anhaltspunkte auf (bevorshy

stehende) Handlungen des Betretenen die

bdquozumindest als Versuch zu werten sindldquo sich der

Strafverfolgung zu entziehenldquo haben muss

(VfSlg 31541957 WalterMayer Verwaltungsshy

verfahren8 [2003] Rz 837)

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

93

Page 13: Verwaltungsstrafrecht. Stellung und Aufgaben der Organe der … · 2017-08-23 · auf einfachgesetzlicher Ebene ist insb auf die nachfolgend zu erörternden §§ 21 Abs 2, 37a und

SIAK-JOURNAL 42009

57 Durch dieses Gesetz ndash es erfasst ab 1 Maumlrz

2008 gesetzte Verwaltungsuumlbertretungen und

setzt den Rahmenbeschluss 2005214JI um ndash

wird nunmehr zwischen den Mitgliedstaaten der

EU die Vollstreckung von Geldstrafen im Verwalshy

tungsstrafverfahren ermoumlglicht wobei die Vollshy

streckung ua bei einer Strafhoumlhe unter 70 von

einem anderen Mitgliedstaat sowie bei bdquokleineshy

renldquo Delikten abgelehnt werden kann (eingehend

dazu N RaschauerWessely Zum EU-Vershy

waltungsstrafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008

165 ff) Durch den Rahmenbeschluss ist somit

grundsaumltzlich die Vollstreckung EU-weit gesishy

chert 58 Im Verhaumlltnis zu den meisten EU-Staaten ist

aufgrund des europaumlischen Uumlbereinkommens

uumlber Rechtshilfe in Strafsachen (BGBl III

200565) die Zustellung in Verwaltungsstrafsashy

chen ohne weiteres moumlglich Da im Verwaltungsshy

strafverfahren bei ordnungsgemaumlszliger Ladung des

Beschuldigten die Durchfuumlhrung des erstinstanzshy

lichen Verfahrens auch bei Abwesenheit des Beshy

schuldigten moumlglich ist bzw bei vereinfachten

Verfahren die Anhoumlrung des Beschuldigten nicht

vorgesehen ist koumlnnen somit durch entsprechenshy

de Zustelluumlbereinkommen und den angesprocheshy

nen Rahmenbeschluss gegenuumlber auslaumlndischen

Taumltern in der Regel sowohl das Strafverfahren

als auch die Vollstreckung der Strafe durchgeshy

fuumlhrt werden Damit freilich wird es regelmaumlszligig

an den Voraussetzungen der Zulaumlssigkeit einer

vorlaumlufigen Sicherheit gemaumlszlig sect 37a VStG fehlen 59 N RaschauerWessely Zum EU-Verwaltungsshy

strafvollstreckungsgesetz OumlJZ 2008 173 60 Ebd

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