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Viel Lebenslust und ein wenig Chaos „Köln ist das Rio von Deutschland“ – Auf den Spuren brasilianischen Lebens in der Domstadt Micky Brühl feiert Karneval – und die Paveier A DIENSTAG, 22. JANUAR 2013 NUMMER 18 SEITE 31 Von VERENA SCHÜLLER Wie viel Rio steckt in Köln? Diese Frage stellt sich spätes- tens mit dem diesjährigen Ses- sionsmotto „Fastelovend em Blot – he un am Zuckerhot“. Im- merhin sollen laut Stadt fast 15 000 Brasilianer im Groß- raum Köln leben, damit ist das Rheinland wohl die größte bra- silianischen Gemeinde in Deutschland. Sie treffen sich bei zahlreichen Stammtischen und Veranstaltungen und prä- gen das kulturelle Leben mit. Und dafür gibt es Gründe, wie zahlreiche Brasilianer be- richten. Immerhin soll es zwi- schen Rio und Köln so manche Gemeinsamkeit geben. Die Rundschau hat sich auf Spu- rensuche begeben: Städtepartnerschaft Rio de Janeiro – Köln: Am 19. September 2011 wurde die 22. internationale Städtepart- nerschaft Kölns ins Leben ge- rufen. Maßgeblich beteiligt war die Journalistin Dr. Hilde- gard Stausberg, Vorsitzende des „Fördervereins Städte- partnerschaft Rio de Janeiro – Köln“ (FSRK). Der Verein legt vor allem Wert auf die wirt- schaftlichen und gesellschaftli- chen Beziehungen zwischen den beiden Städten. „Auch im Bereich Medien möchten wir den Austausch vertiefen“, sagt die Lateinamerika-Expertin. Mit rund 150 Mitgliedern be- müht sich der Verein darum, Veranstaltungen nach Köln zu holen. „Ich bin sehr froh, dass der Karneval das Thema nun aufgreift“, sagt Stausberg. Was Köln und Rio verbindet? „Eine leichte Lebenslust, man könnte es auch eine freundliche Ober- flächigkeit nennen.“ Neben dem FSRK gibt es auch den „Köln – Rio Städte- partnerschaftsverein“ mit knapp 50 Mitgliedern. Eben- falls 2011 gegründet, setzt die- ser den Schwerpunkt im Be- reich Kultur und Umwelt. „Wir peilen zurzeit eine Klimapart- nerschaft an“, sagt die Vorsit- zende Karin Knöbelspies. Au- ßerdem gebe es einen monatli- chen Treff mit brasilianischem Essen, Musik und diversen Projektvorstellungen. „Bei uns sind auch viele Brasilianer da- bei, uns alle eint die Faszinati- on“, sagt die Journalistin, die vor über 20 Jahren zum ersten Mal in Brasilien war. Für Knö- belspies spielt sowohl in Köln als auch in Rio die Musik eine große Rolle: „Außerdem wird in beiden Städten gerne gere- det, wir sind sehr kommunika- tiv. Uns verbindet eine große Lebensfreude und etwas ent- spanntes Chaos.“ Tanz Von Rio de Janeiro ist die As- soziation zu Samba-Tänzerin- nen nicht weit. In Köln gibt es viele Samba-Gruppen, -Partys, -Bands und -Workshops. Selbst beim Hochschulsport kann Samba erlernt werden. Die größte Samba-Party Kölns fin- det aber traditionell auf der MS Rheinenergie statt. Dieses Mal wird der „Carnaval Brasil“ am Freitag, 8. Februar, ab 20.30 Uhr gefeiert. Karten kosten zwi- schen 20 und 30 Euro (www.cir- culobrasileiro.de). Organisiert wird der brasi- lianische Kostümball vom 1980 gegründeten Verein „Círculo Brasileiro de Colônia“ (CBC), einem Zusammenschluss der im Rheinland lebenden Brasi- lianer und Freunde Brasiliens. „Wir haben zwar nur rund 350 Mitglieder, aber alle Brasilia- ner hier fühlen sich als Mitglie- der“, sagt die Vorsitzende Dar- ci Weihs, die selbst der Liebe wegen vor 20 Jahren aus Brasi- lien nach Deutschland kam. „An Karneval muss man die Musik im Körper spüren“, sagt sie. Samba sei breit definiert, oft liege der Schwerpunkt je- doch auf tänzerischen Elemen- ten. Die Musik erzähle häufig eine Geschichte. Auch die Kos- tüme sind wichtig – so gibt es beim „Carnaval Brasil“ extra einen Kostümwettbewerb. Das Schiff bleibt übrigens während der Veranstaltung an der Anlegestelle Deutzer Brü- cke/Altstadt liegen, „weil die Brasilianer immer zu spät kommen“, sagt Weihs und lacht. Ansonsten seien sich Kölner und Brasilianer aber sehr ähnlich: „Die Kölner sind lustig, feiern gerne und sind lo- ckerer als andere Deutsche.“ Musik Aber nicht nur die Samba spielt in der brasilianischen Musik eine große Rolle. Auch Bossa Nova, Música Popular Brasileira oder Folklore gehö- ren dazu. Der Kölner Chor „Vo- zes do Brasil“ wurde im Juni 2003 auf Initiative von Dr. Mar- ta Campos Hein gegründet und widmet sich seitdem dieser Musik. „Wir haben zurzeit 46 Mitglieder, rund die Hälfte sind Brasilianer“, sagt Regine Re- haag, die seit vier Jahren Ver- einsvorsitzende ist. Auch alle anderen seien der portugiesi- schen Sprache in ihrer brasi- lianischen Variante mächtig. „Singen gehört in Brasilien zum alltäglichen Zelebrieren der Freude dazu“, sagt Rehaag, die selbst fünf Jahre lang in Brasilien gelebt hat. In Deutschland sei das Verhältnis zum Volkslied aus historischen Gründen viel distanzierter. „Wir alle im Chor haben eine Sehnsucht nach unserer ,Hei- mat’ in Brasilien in uns“, sagt Rehaag. Geprobt wird im Pfarrsaal St. Joseph in der Ehrenfelder Geisselstraße. Chorleiter ist seit sieben Jahren Jean Kleeb, Enkel deutscher Auswanderer, der seit 1991 in Deutschland lebt. Inzwischen habe der Chor bundesweit Auftritte. Über das Sessionsmotto des Festkomi- tees freuen die Sänger sich be- sonders. „Das geht uns an Herz“, sagt Rehaag, die schon vor Jahrzehnten wusste: „Rio und Köln sind füreinander be- stimmt.“ Und wieso? Die größ- ten Gemeinsamkeiten seien ihrer Meinung nach die Offen- heit und Multikulturalität. Kunst Auch zahlreiche brasiliani- sche Künstler hat es nach Köln verschlagen. Myriam (Mymmi) Chebabi ist eine von ihnen. Die Schauspielerin und Regisseu- rin ist Mitbegründerin der „Im- misitzung“ und hat den Spitz- namen „Trude Herr der Copa- cabana“. Die 44-Jährige, in Rio de Janeiro geboren, absolvier- te eine Schauspielausbildung. Ihr Traum war es, im Londoner Westend zu spielen, am Ende aber kam sie der Liebe wegen vor mehr als 20 Jahren nach Köln. „Ich komme hier einfach nicht weg“, erzählt sie und lä- chelt. Auch in ihren Bühnen- programmen greift sie das Thema häufig auf, wie bei- spielsweise aktuell in „Dat köl- sche Mädsche vom Zuckerhut“ oder in eine brasilianische Fahne gewandet auf einer der Immisitzungen. Und was ge- fällt ihr an der Domstadt am meisten? Sie sei eine Insel, sagt Chebabi: „Köln ist eben das Rio von Deutschland.“ Brasilianer und Freunde Brasiliens feiern auf der MS Rheinenergie den „Carnaval Brasil“ (o.l.) inklusive Kostümwettbewerb (o.r.). Der Chor „Vozes do Brasil“ (u.l.) singt brasilianisch. Myriam Chebabi steht bei der Immisitzung auf der Bühne. (Fotos: CBC/privat/Jassin Göllmann) Kunterbunt ging es am Montag- nachmittag zu auf dem Karne- valsflohmarkt der Stunksitzung im E-Werk. Ein Geheimtipp ist der Markt nicht mehr – etwa 1500 Besucher suchten nach ausgefallenen Einzelstücken und handgearbeiteten Kostü- men. Pompöse Ballkleider für bis zu 200 Euro gehörten eben- so zum Sortiment wie aufwen- dig genähte Trachten und in Afrika angefertigte Clownskos- tüme. Verkauft wurden auch gebrauchte Kostüme aus dem Fundus der Stunksitzungen. „Ich komme her, weil ich hier viele originelle Ideen finde“, verriet Corinna Rockenberg aus Köln. Schon seit 15 Jahren lockt der Karnevalsflohmarkt mit sei- nem riesigen und abwechs- lungsreichen Angebot. „Eine tolle Leistung – die Jungs haben gut auf der Bühne gear- beitet“, freute sich Sänger Micky Brühl, der einstige Sänger der Paveier, als er seine Ex-Kollegen bei der Prunk- und Kostümsit- zung der Großen Braunsfelder KG richtig abrocken sah. Auch der Rest des Programms hatte mit Rabaue, dem kölschen Schutzmann Jupp Menth, Bernd Stelter, Brings und den Höhnern zahlreiche Höhepunk- te zu bieten. Im Elferrat war „junges Ungestüm mit erfah- rener Gelassenheit gemischt“, wie KG-Sprecherin Ute Frangen- berg erklärte. Präsident Rainer Tuchscherer muss um die Zu- kunft seiner Gesellschaft also nicht bange sein. Riesenapplaus ernteten die Kölner Rheinveil- chen, die mit ihren akrobati- schen Sprüngen begeisterten. Eigentlich ist der schwarze An- zug Pflichtbekleidung für den Elferrat der Karnevalsgesell- schaft „Fest der Schwarzen Kunst“. Da er jedoch seit nun- mehr 30 Jahren auch Mitglied bei „Jan von Werth“ ist, trug Präsident Wolfgang Acht wäh- rend der Sitzung des karneva- listischen Ablegers des Kölner Druckerverbandes im Tanzbrun- nen zu Ehren des Reiterkorps die grün-weiße Uniform. Zum 65-jährigen Bestehen des „Fests der Schwarzen Kunst“ kamen aus nah und fern viele Bran- chenvertreter angereist – dabei traten wohl die Geschäftsführer des Deutschland-Vertriebs der Heidelberger Druckmaschinen GmbH, Reginald Rettig und Reinhold Hanske, mit die wei- teste Reise an. Stets einen Be- zug zum Gewerbe haben die mit viel Liebe zum Detail ver- zierten Orden der Gesellschaft. Diese Session bildet eine He- belschneidemaschine von 1860 aus dem Feld der Buch- binderei das Motiv. Alberto Tasca d’Almerita heißt der „Winzer des Jahres“, den die Kölnische KG bei ihrer Har- lekin-Gala im Festsaal des Pull- man-Hotels kürte – und der Italiener zeigte sich von der Gastfreundlichkeit der Gesell- schaft sehr beeindruckt. Über- rascht sei er von dem festlichen Rahmen, erklärte er auf Italie- nisch. Angesichts der vielen Narrenmützen ergänzte er zu- dem, er sehe viele verrückte Menschen, sei aber fasziniert von dem jecken Treiben. Es sang die Sopranistin Sandra Isabell Steng. Als (karnevalistische) Programmtupfer holte Präsi- dent Johannes Kaußen unter anderem die Klüngelköpp und Guido Cantz auf die Bühne. Ausgefallen, bunt, kreativ: Beim Flohmarkt im E-Werk hofften wieder zahlreiche Kunden auf ein günstiges Kostüm. (Foto: Schmülgen) Kür bei der Kölnischen: Alberto Tasca d’Almerita. (Foto: Tewes) DAS ABC DES KARNEVALS Literat: Ein Literat oder eine Literatin stellt das Bühnenprogramm für eine Karnevalsgesellschaft zusammen. Früher schrieben die für das Sitzungsprogramm zuständigen Personen die Lieder und Reden noch selber und gaben sie an die Vortragskünstler weiter. Aus dieser literarischen Tätigkeit leitet sich der Titel ab. Heute werden die Sitzungsprogramme immer häufiger von professionellen Agenturen zusammengestellt.

VielLebenslustundeinwenigChaos€¦ · Aber nicht nur die Samba spielt in der brasilianischen Musik eine große Rolle. Auch Bossa Nova, Música Popular Brasileira oder Folklore gehö-rendazu.DerKölnerChor„Vo-zes

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Page 1: VielLebenslustundeinwenigChaos€¦ · Aber nicht nur die Samba spielt in der brasilianischen Musik eine große Rolle. Auch Bossa Nova, Música Popular Brasileira oder Folklore gehö-rendazu.DerKölnerChor„Vo-zes

Viel Lebenslust und ein wenig Chaos„Köln ist das Rio von Deutschland“ – Auf den Spuren brasilianischen Lebens in der Domstadt

Micky Brühl feiert Karneval – und die Paveier

A DIENSTAG, 22. JANUAR 2013NUMMER 18 SEITE 31

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Von VERENA SCHÜLLER

Wie viel Rio steckt in Köln?Diese Frage stellt sich spätes-tens mit dem diesjährigen Ses-sionsmotto „Fastelovend emBlot – he un am Zuckerhot“. Im-merhin sollen laut Stadt fast15 000 Brasilianer im Groß-raum Köln leben, damit ist dasRheinland wohl die größte bra-silianischen Gemeinde inDeutschland. Sie treffen sichbei zahlreichen Stammtischenund Veranstaltungen und prä-gen das kulturelle Leben mit.

Und dafür gibt es Gründe,wie zahlreiche Brasilianer be-richten. Immerhin soll es zwi-schen Rio und Köln so mancheGemeinsamkeit geben. DieRundschau hat sich auf Spu-rensuche begeben:

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Städtepartnerschaft

Rio de Janeiro – Köln: Am19. September 2011 wurde die22. internationale Städtepart-nerschaft Kölns ins Leben ge-rufen. Maßgeblich beteiligtwar die Journalistin Dr. Hilde-gard Stausberg, Vorsitzendedes „Fördervereins Städte-partnerschaft Rio de Janeiro –Köln“ (FSRK). Der Verein legtvor allem Wert auf die wirt-schaftlichenundgesellschaftli-chen Beziehungen zwischenden beiden Städten. „Auch imBereich Medien möchten wirden Austausch vertiefen“, sagtdie Lateinamerika-Expertin.Mit rund 150 Mitgliedern be-müht sich der Verein darum,Veranstaltungen nach Köln zuholen. „Ich bin sehr froh, dassder Karneval das Thema nunaufgreift“, sagt Stausberg. WasKöln und Rio verbindet? „EineleichteLebenslust,mankönntees auch eine freundliche Ober-flächigkeit nennen.“

Neben dem FSRK gibt esauch den „Köln – Rio Städte-partnerschaftsverein“ mitknapp 50 Mitgliedern. Eben-falls 2011 gegründet, setzt die-ser den Schwerpunkt im Be-reich Kultur und Umwelt. „Wirpeilen zurzeit eine Klimapart-nerschaft an“, sagt die Vorsit-zende Karin Knöbelspies. Au-

ßerdem gebe es einen monatli-chen Treff mit brasilianischemEssen, Musik und diversenProjektvorstellungen. „Bei unssind auch viele Brasilianer da-bei, uns alle eint die Faszinati-on“, sagt die Journalistin, dievor über 20 Jahren zum erstenMal in Brasilien war. Für Knö-belspies spielt sowohl in Kölnals auch in Rio die Musik einegroße Rolle: „Außerdem wirdin beiden Städten gerne gere-det, wir sind sehr kommunika-tiv. Uns verbindet eine großeLebensfreude und etwas ent-spanntes Chaos.“

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Tanz

Von Rio de Janeiro ist die As-soziation zu Samba-Tänzerin-

nen nicht weit. In Köln gibt esviele Samba-Gruppen, -Partys,-Bands und -Workshops. Selbstbeim Hochschulsport kannSamba erlernt werden. Diegrößte Samba-Party Kölns fin-det aber traditionell auf der MSRheinenergie statt. Dieses Malwird der „Carnaval Brasil“ amFreitag, 8. Februar, ab 20.30 Uhrgefeiert. Karten kosten zwi-schen 20 und 30 Euro (www.cir-culobrasileiro.de).

Organisiert wird der brasi-lianische Kostümball vom 1980gegründeten Verein „CírculoBrasileiro de Colônia“ (CBC),einem Zusammenschluss derim Rheinland lebenden Brasi-lianer und Freunde Brasiliens.„Wir haben zwar nur rund 350Mitglieder, aber alle Brasilia-ner hier fühlen sich als Mitglie-

der“, sagt die Vorsitzende Dar-ci Weihs, die selbst der Liebewegen vor 20 Jahren aus Brasi-lien nach Deutschland kam.„An Karneval muss man dieMusik im Körper spüren“, sagtsie. Samba sei breit definiert,oft liege der Schwerpunkt je-doch auf tänzerischen Elemen-ten. Die Musik erzähle häufigeine Geschichte. Auch die Kos-tüme sind wichtig – so gibt esbeim „Carnaval Brasil“ extraeinen Kostümwettbewerb.

Das Schiff bleibt übrigenswährend der Veranstaltung ander Anlegestelle Deutzer Brü-cke/Altstadt liegen, „weil dieBrasilianer immer zu spätkommen“, sagt Weihs undlacht. Ansonsten seien sichKölner und Brasilianer abersehr ähnlich: „Die Kölner sind

lustig, feiern gerne und sind lo-ckerer als andere Deutsche.“

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Musik

Aber nicht nur die Sambaspielt in der brasilianischenMusik eine große Rolle. AuchBossa Nova, Música PopularBrasileira oder Folklore gehö-ren dazu. Der Kölner Chor „Vo-zes do Brasil“ wurde im Juni2003 auf Initiative von Dr. Mar-taCamposHeingegründetundwidmet sich seitdem dieserMusik. „Wir haben zurzeit 46Mitglieder, rund die Hälfte sindBrasilianer“, sagt Regine Re-haag, die seit vier Jahren Ver-einsvorsitzende ist. Auch alleanderen seien der portugiesi-schen Sprache in ihrer brasi-

lianischen Variante mächtig.„Singen gehört in Brasilienzum alltäglichen Zelebrierender Freude dazu“, sagt Rehaag,die selbst fünf Jahre lang inBrasilien gelebt hat. InDeutschland sei das Verhältniszum Volkslied aus historischenGründen viel distanzierter.„Wir alle im Chor haben eineSehnsucht nach unserer ,Hei-mat’ in Brasilien in uns“, sagtRehaag.

Geprobt wird im PfarrsaalSt. Joseph in der EhrenfelderGeisselstraße. Chorleiter istseit sieben Jahren Jean Kleeb,EnkeldeutscherAuswanderer,der seit 1991 in Deutschlandlebt. Inzwischen habe der Chorbundesweit Auftritte. Über dasSessionsmotto des Festkomi-tees freuen die Sänger sich be-sonders. „Das geht uns anHerz“, sagt Rehaag, die schonvor Jahrzehnten wusste: „Riound Köln sind füreinander be-stimmt.“ Und wieso? Die größ-ten Gemeinsamkeiten seienihrer Meinung nach die Offen-heit und Multikulturalität.

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Kunst

Auch zahlreiche brasiliani-sche Künstler hat es nach Kölnverschlagen. Myriam (Mymmi)Chebabi ist eine von ihnen. DieSchauspielerin und Regisseu-rin ist Mitbegründerin der „Im-misitzung“ und hat den Spitz-namen „Trude Herr der Copa-cabana“. Die 44-Jährige, in Riode Janeiro geboren, absolvier-te eine Schauspielausbildung.Ihr Traum war es, im LondonerWestend zu spielen, am Endeaber kam sie der Liebe wegenvor mehr als 20 Jahren nachKöln. „Ich komme hier einfachnicht weg“, erzählt sie und lä-chelt. Auch in ihren Bühnen-programmen greift sie dasThema häufig auf, wie bei-spielsweise aktuell in „Dat köl-sche Mädsche vom Zuckerhut“oder in eine brasilianischeFahne gewandet auf einer derImmisitzungen. Und was ge-fällt ihr an der Domstadt ammeisten? Sie sei eine Insel, sagtChebabi: „Köln ist eben das Riovon Deutschland.“

Brasilianer und Freunde Brasiliens feiern auf der MS Rheinenergie den „Carnaval Brasil“ (o.l.) inklusive Kostümwettbewerb (o.r.). Der Chor„Vozes do Brasil“ (u.l.) singt brasilianisch. Myriam Chebabi steht bei der Immisitzung auf der Bühne. (Fotos: CBC/privat/Jassin Göllmann)

Kunterbunt ging es am Montag-nachmittag zu auf dem Karne-valsflohmarkt der Stunksitzungim E-Werk. Ein Geheimtipp istder Markt nicht mehr – etwa1500 Besucher suchten nachausgefallenen Einzelstückenund handgearbeiteten Kostü-men. Pompöse Ballkleider fürbis zu 200 Euro gehörten eben-so zum Sortiment wie aufwen-dig genähte Trachten und inAfrika angefertigte Clownskos-tüme. Verkauft wurden auchgebrauchte Kostüme aus demFundus der Stunksitzungen.„Ich komme her, weil ich hierviele originelle Ideen finde“,verriet Corinna Rockenberg ausKöln.Schonseit 15Jahren locktder Karnevalsflohmarkt mit sei-nem riesigen und abwechs-lungsreichen Angebot.

„Eine tolle Leistung – die Jungshaben gut auf der Bühne gear-

beitet“, freutesichSängerMickyBrühl, der einstige Sänger derPaveier, als er seine Ex-Kollegenbei der Prunk- und Kostümsit-zung der Großen BraunsfelderKG richtig abrocken sah. Auchder Rest des Programms hatte

mit Rabaue, dem kölschenSchutzmann Jupp Menth,Bernd Stelter, Brings und denHöhnern zahlreiche Höhepunk-te zu bieten. Im Elferrat war„junges Ungestüm mit erfah-rener Gelassenheit gemischt“,

wie KG-Sprecherin Ute Frangen-berg erklärte. Präsident RainerTuchscherer muss um die Zu-kunft seiner Gesellschaft alsonichtbangesein.Riesenapplausernteten die Kölner Rheinveil-chen, die mit ihren akrobati-schen Sprüngen begeisterten.

Eigentlich ist der schwarze An-zug Pflichtbekleidung für denElferrat der Karnevalsgesell-schaft „Fest der SchwarzenKunst“. Da er jedoch seit nun-mehr 30 Jahren auch Mitgliedbei „Jan von Werth“ ist, trugPräsident Wolfgang Acht wäh-rend der Sitzung des karneva-listischen Ablegers des KölnerDruckerverbandesimTanzbrun-nen zu Ehren des Reiterkorpsdie grün-weiße Uniform. Zum65-jährigenBestehendes„Festsder Schwarzen Kunst“ kamenaus nah und fern viele Bran-chenvertreter angereist – dabei

traten wohl die Geschäftsführerdes Deutschland-Vertriebs derHeidelberger DruckmaschinenGmbH, Reginald Rettig undReinhold Hanske, mit die wei-teste Reise an. Stets einen Be-zug zum Gewerbe haben diemit viel Liebe zum Detail ver-zierten Orden der Gesellschaft.Diese Session bildet eine He-belschneidemaschine von1860 aus dem Feld der Buch-binderei das Motiv.

Alberto Tasca d’Almerita heißtder „Winzer des Jahres“, dendie Kölnische KG bei ihrer Har-lekin-Gala im Festsaal des Pull-man-Hotels kürte – und derItaliener zeigte sich von derGastfreundlichkeit der Gesell-schaft sehr beeindruckt. Über-rascht sei er von dem festlichenRahmen, erklärte er auf Italie-nisch. Angesichts der vielenNarrenmützen ergänzte er zu-

dem, er sehe viele verrückteMenschen, sei aber fasziniertvondemjeckenTreiben.Essangdie Sopranistin Sandra IsabellSteng. Als (karnevalistische)Programmtupfer holte Präsi-dent Johannes Kaußen unteranderem die Klüngelköpp undGuido Cantz auf die Bühne.

Ausgefallen, bunt, kreativ: Beim Flohmarkt im E-Werk hofften wiederzahlreiche Kunden auf ein günstiges Kostüm. (Foto: Schmülgen)

Kür bei der Kölnischen: AlbertoTasca d’Almerita. (Foto: Tewes)

DAS ABC DES KARNEVALS

Literat: Ein Literat oder eine Literatin stellt das Bühnenprogramm für eine Karnevalsgesellschaft zusammen.

Früher schrieben die für das Sitzungsprogramm zuständigen Personen die Lieder und Reden noch selber und

gabensieandieVortragskünstlerweiter.Ausdieser literarischenTätigkeit leitet sichderTitel ab.Heutewerden

die Sitzungsprogramme immer häufiger von professionellen Agenturen zusammengestellt.