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Seite 1 Virtuelle Großanlagen und ihre Bedeutung für die Integration von Erneuerbaren Energiequellen und Dezentralen Erzeugungen in bestehende Elektroenergiesysteme Studie zur Entwicklung integrationsrelevanter Konzepte, Technologien und Rahmenbedingungen im Auftrag des Centrums für Energietechnologie Brandenburg CEBra Prof. Dr.-Ing. Rainer Bitsch Honorarprofessor an der Leibniz-Universität Hannover und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus Cottbus 12.2008

Virtuelle Großanlagen und ihre Bedeutung für die Integration von

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Virtuelle Großanlagen und ihre Bedeutung für die Integration von Erneuerbaren Energiequellen und

Dezentralen Erzeugungen in bestehende Elektroenergiesysteme

Studie zur Entwicklung integrationsrelevanter Konzepte,

Technologien und Rahmenbedingungen im Auftrag des Centrums für Energietechnologie Brandenburg CEBra

Prof. Dr.-Ing. Rainer Bitsch Honorarprofessor an der Leibniz-Universität Hannover und der

Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus

Cottbus 12.2008

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Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG ...........................................................................................................3

2 DEZENTRALE ENERGIEVERSORGUNGSKONZEPTE, MANAGEMENT UND OPTIMIERUNG..........................................................................................................4

2.1 AUSGANGSSITUATION UND ZIELSZENARIO ....................................................4 2.2 INTEGRATIONSKONZEPT.....................................................................................7 2.3 VIRTUELLE GROßANLAGEN..............................................................................10 2.4 GROßFLÄCHIGE OPTIMIERUNG .......................................................................11 2.5 INTEGRATION GROßER WINDLEISTUNGEN ....................................................13 2.6 INTEGRATION VERTEILTER HÄUSLICHER CHP - ANLAGEN.........................18 2.7 SYSTEMRELEVANTE FOLGERUNGEN .............................................................20 2.8 RECHTLICHER / ENERGIEWIRTSCHAFTLICHER RAHMEN ............................22

3 ENERGIESYSTEMKOMPATIBILITÄT, SPEICHERUNG, MARKTORIENTIERTE BETRIEBSFÜHRUNG.............................................................................................24

3.1 HANDLUNGSBEDARF IM BEREICH DER INTEGRATION GROßER WINDLEISTUNGEN ..............................................................................................24

3.2 VEREDELUNGSOPTIONEN UND SPEICHERUNG ZUR ERHÖHUNG DER ENERGIESYSTEMKOMPATIBILITÄT..................................................................27

3.3 MARKTORIENTIERTE BETRIEBSFÜHRUNG.....................................................30

4 ERNEUERBARE ENERGIEN-HYBRIDKRAFTWERKE (EE-HYKW)...................34 4.1 KONZEPT UND BEWERTUNG EINES EE-HYKW IN NO-BRANDENBURG......34 4.2 TECHNOLOGISCHER STAND DER GROßKOMPONENTEN FÜR EIN EE-HYBRID-

KRAFTWERK........................................................................................................37 4.3 ANPASSUNG DER RAHMENBEDINGUNGEN....................................................37 4.4 NÄCHSTE SCHRITTE AUF DEM WEG ZUM EE-HYBRID-KRAFTWERK..........38 4.5 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK ............................................................39

5 REFERENZEN.......................................................................................................41

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1 Einleitung

Zur Realisierung der auf europäischer Ebene formulierten Zielsetzung von rd. 22% regenerativen Anteils am Bruttostromverbrauch bis 2010 sowie genereller Steigerung der Energieeffizienz sind große Mengen verteilter Kleinerzeugungen mit unterschiedlichsten Charakteristiken im MW- und kW-Bereich aus z.B. Windenergie- bzw. verteilten KWK-Anlagen in das Energiesystem zu integrieren. Neben unumgänglichen klassischem Netzausbau und Anpassung des Großkraftwerksparks sind dabei auch innovative Ansätze auf Basis neuer Technologien (Automation, Information, Kommunikation) sowie angepasste Betriebsführungskonzepte und Zuständigkeiten erforderlich, um zu durchgängig technologisch optimierten als auch wirtschaftlich vertretbaren Lösungen zu gelangen. Die Vielzahl der großflächig verteilten Kleinanlagen verlangt eine zusammenfassende Betrachtung nach Netzerfordernissen, d.h. zumindest eine Koordinierung ggf. sogar einen geregelten Betrieb in Form virtueller Großanlagen entsprechend netztopologischer Clusterung. Zur Entlastung der Netze in extremen Einspeisesituationen ist eine Begrenzung der Einspeiseleistung bzw. Speicherbewirtschaftung in Verbindung mit Energiemanagement ebenso vorzusehen wie profilbasierte Einspeisung nach den Regeln des Marktes zur Reduzierung von Regelenergiebedarf bzw. zur Erhöhung des Kapazitätseffekts. Gegebenenfalls kann aus großen Windparks bei entsprechender Betriebsart zeitweilig auch Regelleistung direkt oder in Verbindung mit hochdynamischen Speichern bzw. Lasten erzeugt werden. Die entsprechenden Rahmenbedingungen sind durch den Gesetzgeber zu gestalten. Die Entwicklung dieser energiewirtschaftlichen und systemischen Innovation begann Ende des letzten Jahrtausends und kann inhaltlich in drei Abschnitte gegliedert werden:

• Zunächst ging es in der ersten Phase um Dezentrale Versorgungskonzepte, Management und Optimierung, das war zugleich die Phase der Einstimmung und „mentalen Vorbereitung“ der Energiewirtschaft und ihrer Akteure auf einen bevorstehenden Wandel.

• Dann verlagerte sich der Fokus stärker auf Marktorientierung, mögliche Akteure und entsprechende Betriebführungsstrategien.

• Mit weiter steigendem Ausbau der Windenergienutzung, einem Schub im Bereich Biomasse/ Biogas sowie Photovoltaik, zunehmend extremen Wetterverhältnissen und häufigeren Stresssituationen im Elektroenergienetz mit unzulässiger „Überschwemmung“ der benachbarten Übertragungsnetze und z. T. großflächigen Black Outs steht vermehrt die Frage der Systemkompatibilität mit Speicherung Erzeugungs- und Lastmanagement im Vordergrund.

Damit gewinnen Virtuelle Großanlagen und Hybridkraftwerke zunehmend an Bedeutung.

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2 Dezentrale Energieversorgungskonzepte, Management und Optimierung

2.1 Ausgangssituation und Zielszenario

Ausgelöst durch die Liberalisierung der Energiemärkte, gesellschaftliches Bemühen um Umwelt- und Ressourcen-Schonung sowie dem damit verbundenen Strukturwandel in der Energieversorgung werden klassische oder innovative Elemente Erneuerbarer Energiequellen und Dezentraler Erzeugungen (EEQ/DE), abhängig von lokalen Ressourcen und Bedarfsmengen und von z.T. neuen Marktteilnehmern mit divergierenden Geschäftsinteressen, in zunehmendem Maße als Ergänzung in die historisch unter anderen Voraussetzungen gewachsenen und zentral geführten Elektroenergieversorgungsnetze installiert. Der Anschluss erfolgt je nach Menge und Größe auf den verschiedenen Spannungsebenen, die Betriebsführung zunächst dezentral, d.h. unterhalb einer bestimmtem Größe (z.B. <50 MW) werden sie nicht zentral geplant und geführt. In kleineren Mengen und vergleichsweise geringen Leistungen können derartige dezentrale Einspeisungen im Allgemeinen auch ohne größere Probleme in die jeweiligen Netzebenen eingebracht werden. Eine individuelle Einbindung und Führung jedes einzelnen Kleinerzeugers wie ein Großkraftwerk wäre wegen der Systemkomplexität und der dabei online zu beherrschenden Datenfülle kaum machbar und vom Aufwand-/Nutzenverhältnis her auch nicht zu rechtfertigen. In großen Mengen und mit größeren Einspeiseleistungen - u. U. weit entfernt von Last-/Verbrauchsschwerpunkten - im existierenden Netz zusätzlich installiert, führt diese neue Vielzahl von dezentralen Erzeugern zu unerwarteten Lastflüssen, die das Netz und seinen sicheren Betrieb durch Engpässe / Überlastung gefährden können und umgehenden Netzausbau bedingen. Für den Umfang des erforderlichen Netzausbaus sowie die Frage, ob primärseitiger Ausbau in Form von z.B. einer neuen Leitung und / oder ergänzender innovativer Leittechnik- bzw. Managementsysteme zur Einführung neuer Betriebsführungskonzepte, ist vor allem der absehbare Auslastungsgrad und voraussichtlich einspeisende dezentrale Energiemix mit seinen Einspeise- und Betriebscharakteristiken sowie der gesetzliche und energiewirtschaftliche Gestaltungsrahmen entscheidend. Denn gegenüber den bisher installierten, bestenfalls saisonal dargebotsabhängigen Großkraftwerken (Wasserkraft) ist mit den neuen dezentralen Erzeugern innerhalb weniger Jahre ein großes Potenzial an mehrheitlich stark dargebotsabhängiger Erzeugungsleistung (insbesondere Wind Onshore) installiert, das mittelfristig durch weiteren Zubau und im Rahmen eines Repowering durch moderne leistungsfähigere Maschinen vergrößert wird. Zudem sind darüber hinaus in verschiedenen Ländern umfangreiche Offshore-Installationen geplant, sodass die installierte Gesamtleistung z.B. bis 2020 durchaus in die Größenordnung von 50% der Maximallast einzelner Länder bzw. Regionen Europas kommen kann. Hier hat also eine z.T. hoch dynamische Einspeisung an im Grundsatz nicht speicherbarer Energie ohne Bezug zur Last je nach gesetzlichen Rahmenbedingungen mehr oder weniger vorrangigen Zugang in ein Netz, dessen Stabilität vom Gleichgewicht von Erzeugung und Last innerhalb enger Bandbreiten im Sekundenbereich abhängt. Hinzu kommen noch weitere Aspekte wie z.B. der Blind- und Kurzschlussleistung, sowie die eines zulässigen Rahmens zur Beeinflussbarkeit des Blindleistungshaushaltes im Netz durch die Einspeisung von RES/DG - ein spezieller Punkt, der hier nicht weiter

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behandelt werden soll. Diese spezifische Thematik wird im Allgemeinen z.B. in den Anschlussregeln der Netzbetreiber festgelegt. Zudem ist zunehmend größerer, z.T. internationaler Stromaustausch im Übertragungsbereich zu ermöglichen und zukünftig eine bisher im Verteilnetzbereich noch nicht gekannte Rückspeisung z.B. aus einer Vielzahl von kleinen KWK- und / oder Solaranlagen als Folge der veränderten Randbedingungen des Energiemarktes zu beherrschen. Eine derartige Vielfalt von unterschiedlichsten Einspeisungen - Millionen Einheiten mit in Summe zweistelligen GW installierter Leistung - ist von Netzen mit volkswirtschaftlich vertretbarem Ausbau in unkoordinierter Weise nicht zu verkraften, sondern bedingt über klassischen primärseitigen Netzausbau hinaus zusätzliche innovative Maßnahmen. Welche Netze diese Art von zusätzlicher Einspeisung noch wie lange aufnehmen können bzw. welcher Ausbau mit welchem Aufwand zur Aufnahme der erwarteten Szenarien erforderlich ist, war in Deutschland Gegenstand der im Februar 2005 veröffentlichten Dena-Netzstudie. Diese jüngste Studie - jetzt Teil I genannt - befasst sich allerdings nur mit dem klassischen Netzausbau und den entsprechenden Konsequenzen hinsichtlich Regel- und Reserveleistung im anstehenden Kraftwerkserneuerungsprogramm bis 2015, ohne die Möglichkeiten einer Beeinflussung der Windleistungseinspeisung durch Erzeugungsmanagement oder Speichermanagement zu berücksichtigen - Netzsicherheitsmaßnahmen entsprechend EEG selbstverständlich zugelassen. Eine Fortsetzung dieser Studie zur Untersuchung der Potenziale innovativer Ansätze (Teil II) für 2020 und später wurde beschlossen. Denn es gilt mittelfristig, unter Nutzung neuer Technologien die uneingeschränkte Dezentralität und System gefährdende Dynamik unter Aufwand - Nutzenabwägung abzuschwächen und mit einem der Bedeutung der RES/DG - Erzeugungspopulation angemessenen Einsatz von Kommunikation und verteilter Intelligenz in Form von dezentralem Energiemanagement und neuen Betriebsführungskonzepten eine mehr oder weniger starke Koordination mit dem Zentralnetz und seiner Betriebsführung herzustellen (Abbildung 1).

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gestern: „zentral“ z.B. elektrisch

G

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Erzeugung

Ü b e r t r a g u n g

V e r t e i l u n g

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GGG

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Erzeugung

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Ziel: Integrierte geregelte Energieoptimierung von unten anstelle getrennter gesteuerter Verteilung einzelner Energieformen von oben.

morgen: „zentral + dezentral + integral“

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Automati-sierung,

Kommuni-kation,

IntelligenteSysteme

Automati-sierung,

Kommuni-kation,

IntelligenteSysteme

Abbildung 1: Systemeinbindung verteilter dezentraler Erzeugungen

Nur so lassen sich Steigerung von Energieeffizienz im Großkraftwerks- und im RES/DG - Bereich sowie Umwelt- und Ressourcenschonung in Einklang bringen. Dabei sollte Grundbedarf möglichst zu günstigsten Konditionen aus Grundlast-Kraftwerken bezogen und Schwankungen/Dynamik auch möglichst weitgehend dort abgefangen werden, wo sie entstehen, d.h. im dezentralen Bereich und mit integralen Regel- und Optimierungsmaßnahmen bereits auf Verteilnetzbetreiberebene (Abbildung 2). Dieses veränderte Vorgehen verlangt ein zusätzliches Investment und eine teilweise Neuordnung der Verantwortlichkeiten in der Netzbetriebsführung. Die erfolgreiche Nutzung der regenerativen Energiequellen und dezentralen Erzeugungen steht und fällt neben geeigneten Wandlungskomponenten und angemessenem Netzausbau vor allem mit der Systemintegration und der Energiesystemverträglichkeit. Dabei müssen selbst stark fluktuierende dargebotsabhängige Erzeugungen wie Wind, ausgehend von Prognosen unter Berücksichtigung der Stochastik sowie optimierter Planung und mit Reserve-/Risikostrategien unterlegt, nach den Regeln des Marktes profilbasiert vertragsfähig werden. D.h. neben Netzsicherheitsmanagement ist bei geeigneten Großanlagen auch Erzeugungsmanagement vorzusehen und ggf. durch Generierung von Regelleistung auch zur Stabilisierung des regenerativen Primärenergiepotenzials beizutragen. Weiterhin müssen auch die Möglichkeiten eines umfassenden dezentralen Energiemanagements mit Speicherbewirtschaftung und Lastmanagement im Sinne der RES/DG - Integrationsziele voll auszuschöpfen sein, wie es z.B. auch die EU im Rahmen ihres FP6 – Mittel-/Langfrist F&E - Programms „Sustainable Development/Electricity“ als „medium to long term priorities“ ausweist und fördert.

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Abbildung 2: Struktur zentraler und dezentraler Energieversorgung (Quelle: Schiebelsberger [6]

Nicht zuletzt ist auch der industrielle Bereich mit seinen spezifischen Potenzialen als wesentlicher Partner im Energiemarkt mit in diese grundsätzlichen Struktur- und Koordinationsüberlegungen einzubeziehen. Im Sinne einer betriebs- und volks-wirtschaftlichen Optimierung eines gemeinsam getragenen gesellschaftlichen Wollens sind von Netzbetreibern und Einspeisern beiderseits ausgewogen zumutbare Zugeständnisse bei entsprechend angepasstem rechtlichen und energie-wirtschaftlichen Rahmen zu vereinbaren.

2.2 Integrationskonzept

Diese beschriebenen, mit RES/DG ergänzten, Netzstrukturen finden sich in unterschiedlicher Ausprägung in allen Netzebenen und stellen immer einen Mix aus verschiedenen Erzeugungen, Lasten unterschiedlicher Versorgungsanforderungen sowie auch Speichern dar - und sei es im Verteilnetz als thermische Speicher bei KWK - Anlagen in der verteilten häuslichen oder Nah-Wärmeversorgung. Nach den Regeln des Marktes erfolgt der Energieaustausch und seine Verrechnung zwischen den einzelnen Marktteilnehmern und den verschiedenen Ebenen auf Basis von z.B. 15min - Leistungsprofilen, deren vorhergehende Vereinbarung und spätere Einhaltung eine Voraussetzung für kostenoptimale Teilnahme am Energiemarkt sind. Am Beispiel der untersten Ebene des elektrischen Energieversorgungssystems, in einem Verteilnetz mit RES/DG soll nachfolgend ein Szenario für die Systemintegration großflächig verteilter RES/DG mit seinen technologischen, energiewirtschaftlichen und rechtlichen Ausprägungen dargestellt werden [Bitsch 2003a; Bitsch et al. 2004]. Ausgangspunkt innovativer Ansätze zur technisch/wirtschaftlich optimalen Systemintegration großflächig verteilter dezentraler Energieerzeugungen ist das intelligente dezentrale Energieversorgungssystem [Aumayr et al. 1999; Bitsch 1999,

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Müller et al. 2000]. Andere Autoren sprechen in diesem Zusammenhang auch von einer Entwicklung vom passiven zum aktiven Verteilnetz [Loughhead 2002]. Es besteht aus verschiedenen kleinen Erzeugereinheiten auf regenerativer oder fossiler Basis und unterschiedlich strukturierten, industriellen und privaten Verbrauchern sowie auch aus Speichern. Neben der elektrischen Energie fällt bei KWK auch Wärme - und zukünftig über Zusatzanlagen auch Kälte - an, die den Verbrauchern für Produktionsprozesse, Warmwasser oder zu Heiz- bzw. Klimatisierungszwecken zugeleitet wird - sofern strukturell möglich. Ziel eines ganzheitlichen dezentralen Energieversorgungskonzeptes ist es nun,

• die Energie möglichst dort bereitzustellen, wo sie gebraucht wird, bzw. zu verwenden, wo sie bereitgestellt wird,

• die verfügbare Energie - insbesondere dargebotsabhängige regenerative Energie - der Last zuzuführen, die im Augenblick des Dargebots den dringendsten Bedarf bzw. die beste Verwendung hat,

• ggf. erforderlichen überregionalen Energieaustausch mit dem Netz zu optimieren und so

• die Versorgung des Gebietes energetisch, ökonomisch und/oder ökologisch nach vorzugebenden Kriterien zu optimieren.

Voraussetzung für die angestrebte Optimierung ist eine ausreichende Kommunikation zwischen Erzeugung, Speicher, Verbraucher und Leitstelle sowie ein innovatives dezentrales Energiemanagementsystem mit Prognose, Einsatzplanung und Online-Optimierung. Dadurch wird es ermöglicht, dezentrale Erzeugungen und Lasten in Clustern mit gleichen Einflussgrößen planbar zu machen, im Kurzfrist- Bereich optimiert einzusetzen, Speicher zu bewirtschaften und damit sowohl größere Windkrafteinspeisungen als auch verteilte kleine KWK-Anlagen zu höherer Energieeffizienz und vertragsbasierter Vermarktbarkeit zu führen. Daraus ergibt sich eine Steigerung des energiewirtschaftlichen Nutzens durch intelligentes Zusammenfassen auf Basis beeinflussbarer vertragsfähiger Profile [Bitsch et al. 2002; Hoppe-Kilpper, Bitsch 2002]. Der Ausgangspunkt für ein Dezentrales Energiemanagementsystem (DEMS) ist die Prognose, die bereits mit dem Wetter als einer wesentlichen Einflussgröße beginnt und die Gesamtheit aller dargebotsabhängigen Erzeugungen und Lasten unter Berücksichtigung der jeweiligen Stochastik ermittelt. Daraus wird eine Einsatzplanung unter Berücksichtigung von Verträgen und Reserven im Viertelstundenraster abgeleitet, auf deren Basis eine Online-Optimierung mit Zugriff auf das Erzeugungsmanagement und das Lastmanagement den aktuellen Abgleich vornimmt (Abbildung 3).

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AEAEtherm. KW

AE

regen.KW

AE

BHKW

AEGasturbine,Biomasse

Motor, Brennstoffzelle

Wind, Solar

AEAEAEAE AEAE

elektr. therm.

RST/Konz. steuerbar

mitEstimation

verteilte Lasten(therm. u. elektr.)

verteilte Erzeugung(Brennstoffzelle, Microturbine)

Erzeugung Speicher Lasttherm. u. elektr.

Dezentrales Energiemanagement System DEMSPrognose

Wetter regenerative Erzeugung Last Einsatzplanung

Erzeugung, Speicher, Lasten einschl. Querverbund, Bezugs-/Lieferverträge, Primärenergieverträge, Reserven

EM EM EM EM EM LM LM LM LM ... LastmanagementEM ... Erzeugungsmanagemt.

Energiebezug / Lieferung / Verträge

LAN / WAN, ISDN, GSM OPC, XML

Prozeßschnittstelle

EM

steuerbar

AE ... Automatisierungseinheit

mit Fahrplan bzw. Estimation (RST)

RST/Konz.

mit Fahrplan bzw. Estimation (RST)

RST/Konz.

Kat. A B

Online OptimierungErzeugung Speicherung Last

C

nichtbeeinflußbare

Erzeugung

nur prognostizierbar

nichtbeeinflußbare

Erzeugung

nur prognostizierbar

A

regelbar nichtbeeinflußbare

Lasten

nur prognostizierbar

nichtbeeinflußbare

Lasten

nur prognostizierbar

A B Cregelbar

Abbildung 3:Intelligentes Dezentrales Energieversorgungssystem

Die aus dem Fahrplan hervorgehenden Sollwerte werden über eine Prozessschnittstelle an die entsprechenden Erzeuger-, Last- und Speicherelemente weitergegeben und die Ist - Werte oder auch Estimationen an die Online-Optimierung zurückgemeldet. Der Optimierungsprozess für ein derartiges intelligentes dezentrales Energieversorgungssystem mit KWK und evtl. Rückspeisung verläuft kommunikativ über entsprechende Netze, an die die einzelnen Elemente von Erzeugung, Speicherung und Last angeschlossen sind. Dabei wird der kommunikative Aufwand entsprechend dem möglichen Beitrag der einzelnen Anlagenobjekte zum Optimierungsergebnis differenziert bemessen: z.B. eine Standleitung mit 2-Weg-Kommunikation und Regelung im Minutentakt, Wählleitungen für mehrstündige Fahrplanvorgaben bzw. Rundsteuerung mit Estimation oder lediglich Prognose und Planung ohne Beeinflussung. Bei besonderen Ereignissen wie Störungen wird eine spontane Aktualisierung vorgenommen. Eine mögliche hinterlegte Modellierung (Abbildung 4) umfasst dementsprechend z.B. eine elektrische und eine thermische Sammelschiene, an die die einzelnen Objekte des dezentralen Systems - Erzeugungen, Speicher, Lasten und Verträge ihrer Funktion und Wirkung entsprechend - angebunden sind.

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BES Anlage

Grundlastvertrag Spitzenlastvertrag Exportvertrag Unsicherheit Export Unsicherheit Import

Solaranlage

Windpark

Gasturbinen Anlage Nicht beeinflußbare Last

Grosskunde BGrosskunde A

Nachtspeicheranlagen

Thermische Last

Brennstoffzelle

Blockheizkraftwerk

Heizwerk

Bezug Biomasse

Bezug RapsölBezug Erdgas

Randintegral

Primärenergie

Strom

Wärme

Abbildung 4: Beispielhafte Modellierung für ein DEMS

Auch unterschiedliche Primärenergieträger können berücksichtigt werden. Nach außen hin erhält das Energiemanagement Vorgaben zu Bezug, Lieferung bzw. entsprechenden Verträgen. Unabdingbare Voraussetzung für eine Optimierung sind ein klar definierter Optimierungsraum („Randintegral“), ein Optimierungspotenzial - d.h. beeinflussbare Objekte in der erforderlichen Größenordnung - entsprechende Zuständigkeit und Zugriffsmöglichkeit durch einen Verantwortlichen sowie ein Optimierungsziel und eine Optimierungsstrategie: z.B. ökonomische und/oder ökologische Optimierung durch optimalen Betriebsmittel- bzw. Vertragseinsatz. Dieses Konzept geht davon aus, dass der Komfort in der Nutzung der elektrischen Energie für den Verbraucher nicht geschmälert wird, er erhält lediglich für seine differenzierten Nutzungserfordernisse angepasste „Stromprodukte“ mit entsprechendem Tarifanreiz. Derartige Systeme werden zuweilen auch als Smart Grids bezeichnet.

2.3 Virtuelle Großanlagen

Von dem beschriebenen dezentralen Konzept mit seinen anwendungsspezifischen Ausprägungen lassen sich auch die besonderen Ausführungen ableiten, die zunehmend an Bedeutung gewinnen, da sie die Möglichkeiten des liberalisierten Energiemarkts erst erschließen helfen [Bitsch et al. 2002]. Wird z.B. ein Mix unterschiedlichster verteilter Erzeugereinheiten, die sich in einer Zuständigkeit befinden, in zuvor beschriebener Weise zusammengefasst und durch Funktionen des Bedienens und Beobachtens ergänzt, so ergibt sich ein virtuelles großes Kraftwerk mit z.B. einem Independent Power Producer (IPP) als Betreiber. Dieses bietet dem überlagerten Energiemanagementsystem einer Erzeugungs- bzw.

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Handelsgesellschaft Tagesprognosen seiner Erzeugung im Verrechnungsraster an und bekommt auf dieser Basis von dort nach Abschluss eines Liefervertrages einen entsprechenden Leistungsfahrplan vorgegeben, der durch die Online-Optimierung so exakt wie möglich abgefahren wird. Damit kann dieser verteilte Erzeugungsmix als virtuelle große Erzeugungseinheit mit ergänzendem Kurzfrist-Energieaustausch über den Energiemarkt in vergleichbarer Weise zur allgemeinen Energieversorgung beitragen wie sonstige „klassische“ Kraftwerke. Reduziert sich der Energiemix auf nur eine Primärenergie, z.B. Wind, so wird aus dem virtuellen großen Kraftwerk eine virtuelle große Windanlage, die ihrerseits je nach Typ und kommunikativer Anbindung aus einem Mix regelbarer, zu- und abschaltbarer sowie nicht beeinflussbarer, d.h. nur prognostizierbarer Windenergieanlagen besteht. Auch in diesem Fall rein regenerativen fluktuierenden Energieangebots kann die verteilte Erzeugungskapazität aufgrund von Prognosen und korrespondierenden Leistungsfahrplänen bei entsprechender Wahl der Betriebsstrategie als virtuelle große Erzeugungseinheit netzverträglich mit vertretbarer Reservevorhaltung zur allgemeinen Energieversorgung beitragen und der energiewirtschaftliche Nutzen regenerativer Energien deutlich erhöht werden - Zugriffsmöglichkeit für den verantwortlichen Netzbetreiber vorausgesetzt. Darüber hinaus können auch kleine verteilte KWK-Anlagen mit elektrischer Rückspeisung zu einer virtuellen großen KWK-Anlage zusammengefasst werden. Bei entsprechender Zugriffsmöglichkeit durch die bisherigen Energieversorger oder auch neuer Energiedienstleister kann diese virtuelle Großanlage auf Basis des prognostizierten Wärmebedarfs und optimierter Lieferplanung vertragsfähige profilbasierte Stromeinspeisung ins Verteilnetz anbieten und zur Optimierung des Energiegesamtsystems beitragen. Darüber hinaus kann - analog zu den virtuellen großen Erzeugungsanlagen - auch eine virtuelle große Lastmaschine definiert werden, die durch Zugriff auf vertraglich gesicherte disponible Lasten Systemreserve und - falls hinreichend dynamisch - auch Regelleistung bereitstellen kann.

2.4 Großflächige Optimierung

Bei dem heute zu verzeichnenden Strukturwandel in der Energieversorgung mit einer z. T. deutlichen dezentralen Ergänzung der historisch gewachsenen zentral orientierten Energieversorgung ergibt sich zunehmend Potenzial und Handlungsbedarf zugleich in den bzw. über die verschiedenen Ebenen des Energiesystems hinweg: z.B. in Form von Redispatching (Abbildung 2). Eine Ausschöpfung dieser Potenziale kann - mit dem Energieeinsatz im Endverbrauchsbereich beginnend - im Sinne einer von unten geregelten integrierten Energieoptimierung nachhaltig zur Steigerung der Energieeffizienz beitragen. Der Einfluss dezentraler Optimierung auf die bisher zentral vorgenommenen Maßnahmen für größere Versorgungsgebiete hängt von der Zahl der dezentral optimierten Versorgungsbezirke und ihrer kommunikativen Anbindung an das zentrale Prognose- und Planungssystem ab. So ergibt sich mit steigender Zahl dezentraler Optimierungen und zunehmender bidirektionaler Kommunikation / Beeinflussung eine fortschreitende Nivellierung des Lastganges im großen Versorgungsgebiet, was eine effizientere Nutzung des installierten Kraftwerksparks bzw. eine günstigere profilbasierte

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Energiebeschaffung ermöglicht [Bitsch 2003]. Diese Herausforderung einer großflächigen Optimierung dezentraler Energieversorgungssysteme kann z.B. durch Kaskadierung mit Potenzialermittlung und Profilvorgabe realisiert werden (Abbildung 5).

Potential-aggregation

DEMS

Konzentratorverteilte kleine

KWK-Einheiten

(kW)

Konzentratorverteilte kleine

KWK-Einheiten

(kW)

BES Anlage

Grundlastvertrag Spitzenlastvertrag Exportvertrag Unsicherheit Export Unsicherheit Import

Solaranlage

Windpark

Gasturbinen Anlage Nicht beeinflußbare Last

Grosskunde BGrosskunde A

Nachtspeicheranlagen

Thermische Last

Brennstoffzelle

Blockheizkraftwerk

HeizwerkBezug Biomasse

Bezug RapsölBezug Erdgas

Randintegral

Primärenergie

Strom

Wärme

BES Anlage

Solaranlage

Windpark

Gasturbinen Anlage Nicht beeinflußbare Last

Grosskunde BGrosskunde A

Nachtspeicheranlagen

Thermische Last

Brennstoffzelle

Blockheizkraftwerk

HeizwerkBezug Biomasse

Bezug Rapsöl

Abbildung 5: Großflächige Optimierung dezentraler Energiesysteme

Dieser Ansatz setzt zunächst einfache Netzstrukturen - z.B. Strahlennetze, wie z.B. im MS - Verteilnetz üblich - bzw. Engpassfreiheit voraus. Falls etwaige Netzrestriktionen (z.B. begrenzte Leitungskapazität) vorhanden sind, könnten diese in den Austauschfahrplänen mit entsprechenden Leistungsbegrenzungen berücksichtigt werden. Bei komplexeren Netzstrukturen (z.B. vermaschten Netzen im HS-Netz) werden die optimierten dezentralen Versorgungssysteme direkt an ein Distribution Management System (DMS) mit Lastflussanalyse angekoppelt. Auf diese Weise werden dezentral optimierte MW zu zentral koordinierten und dezentral optimierten GW. In der unterlagerten Ebene, wo zukünftig Tausende kleiner verteilter Kleinsterzeuger im kW-Bereich, z.B. KWK- oder PV-Anlagen, installiert werden könnten, erfolgt eine evtl. Einbindung unter Aufwand/Nutzenabwägung und im Hinblick auf das mögliche Datenvolumen sinnvoller Weise über Datenkonzentratoren. In diesen Datenkonzentratoren werden die einzelnen Kleinsterzeuger nach betriebs-relevanten Kriterien in Gruppen zusammengefasst und webbasiert über XML-Schnittstelle von einem DEMS und evtl. überlagertem DMS mit mehrstündigen Fahrplanvorgaben versehen. In diesem Falle werden dezentral einsatzoptimierte kW zu zentral koordinierten und dezentral optimierten MW. Im mitteleuropäischen Bereich sind insbesondere die Windenergie und die Wirkung aus dezentraler KWK bedeutsam.

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Daher sollen nachfolgend die im Grundsatz unterschiedlichen Möglichkeiten für eine energiesystemverträgliche Integration dieser beiden Einspeisungen näher behandelt werden.

2.5 Integration großer Windleistungen

Eine besondere Herausforderung ist heutzutage die Netzeinbindung großer Windparks - Onshore und vor allem Offshore - mit installierten Leistungen >100MW, wo je nach Netzcharakteristiken die angedeuteten Maßnahmen zunehmend erforderlich werden. Denn die Integration großer Windleistungen birgt - wie bereits angesprochen - verschiedene Probleme [Bitsch et al. 2003]:

Generell:

• Schwankende Erzeugung ohne Bezug zur Last zudem

• Prognose- und Planungsabweichungen; bei Starkwind und:

• Starklast: Engpassgefahr aufgrund thermischer Überlastung

• Schwachlast:

• Stabilitätsgefahr wegen fehlender Regelleistung / Regelenergie

• Mangel an Blind- und Kurzschlussleistung sowie

• Automatische Abschaltung bei Sturm vor allem bei älteren Anlagen.

Diese lassen sich mit klassischem Netzausbau und ergänzenden Betriebsmitteln wie Blindleistungskompensations-, Speicher- und Regelleistungsanlagen allein nicht bzw. nicht optimal lösen. Hier sind auch neue Konzepte und Technologien für Systemintegration und Betriebsführung gefragt: Verfeinerte Prognosen, durchgängige Kommunikation, verteilte Intelligenz, dezentrales Erzeugungs- bzw. umfassendes Energiemanagement, Speicherbewirtschaftung, virtuelle Großanlagen sowie Reserve- und Risikostrategien. Dabei ist eine intelligente Aggregation durch Kaskadierung mit netztopologischer Clusterung unter Berücksichtigung technischer Netzrestriktionen (Abbildung 6) in Verbindung mit umfassendem dezentralen Energiemanagement ein wesentlicher Schritt, um großflächig verteilte Windkraftanlagen profilbasiert einspeisen zu lassen sowie - mit Reserve-/Risikostrategien unterlegt - vertragsfähig an den Energiemarkt zu bringen und somit die Energiesystemkompatibilität der Windenergie deutlich zu erhöhen.

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Abbildung 6: Netzengpässe bei überhöhter Windkrafteinspeisung (Bild aus [16])

Das setzt ein gesetzlich verankertes, über unumstrittenes Netzsicherheits-/ Notfallmanagement hinausgehendes Erzeugungsmanagement für alle geeigneten Anlagen - d.h. insbesondere Neuanlagen und Repowering - voraus mit Zugriff der verantwortlichen Netzbetreiber auf eine derartige virtuelle große WEA vor Ort zur Durchführung der aus Sicht des Netzbetriebs erforderlichen Regelmaßnahmen. Denn über die bisher beherrschte Aufgabenstellung, den Ausgleich stochastischer Belastungsänderungen bei voll verfügbarer Erzeugungskapazität hinaus, geht es jetzt um den Ausgleich von stochastischen regenerativen Einspeisungen bei gleichzeitig stochastischer Belastungsänderung und fahrplanbasierter Erzeugungskapazität. In ausgewogener Zumutbarkeit sind dafür von beiden Seiten und unter Mitwirkung z.B. des Regulierers auch Regelprozeduren wie Maximalleistungsbegrenzung, Energieregelung im z.B. 15min-Verrechnungsraster, Regelleistungsgenerierung oder Speicherbewirtschaftung sowie deren Umfang zu vereinbaren. An Hand einer beispielhaften geordneten Windleistungsdauerlinie (Abbildung 7) seien diese Aspekte näher erläutert. Diese Kennlinie entspricht derzeitigen mittleren deutschen Onshore-Verhältnissen mit etwa 1350 Jahresvolllaststunden als Integral unter der Kurve; mit weiterem Ausbau durch Repowering Onshore sowie intensive Erschließung des Offshore-Potentials bis zu einer installierten Gesamtkapazität von rd. 37 GW im Jahre 2015 werden lt. Dena-Netzstudie etwa 2500 Jahresvolllaststunden erwartet. Die wesentliche Problematik einer derartigen Dauerlinie besteht einerseits in nur seltener Nennleistungserbringung mit - je nach Ausbaugrad der nachgelagerten Übertragungs- und Verteilungseinrichtungen - kurzzeitiger Aus- bzw. Überlastung und

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andererseits in häufigerem, zuweilen sogar länger anhaltendem Nahezu-Ausbleiben mit entsprechendem Bedarf an Reserveleistung.

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Netzsicherheitsmanagement(Spitzenleistungsbegrenzung)

profilbasierte Einspeisung (Energieregelung)

StundenStunden

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Netzsicherheitsmanagement(Spitzenleistungsbegrenzung)

profilbasierte Einspeisung (Energieregelung)

StundenStunden

P/P N

enn

[%]

P/P N

enn

[%]

Beispielhafte Leistungsdauerlinie

Abbildung 7:Veredelungsoptionen anhand beispielhafter Windleistungsdauerlinie

Der derzeitige Kapazitätseffekt - d.h. Substitution konventioneller Kraftwerksleistung - ist nahezu vernachlässigbar im Jahre 2015 soll dieser Effekt gemäß Dena-Studie etwa 6% der installierten Leistung betragen. Am Beispiel einer auf Basis der Nennleistung angenommenen „Über-Installierung“ sei dargestellt, welche Wirkung im Fall von Starkwind Netzsicherheitsmanagement (NSM), d.h. Regelmodus Spitzenleistungsbegrenzung, im Notfall haben kann. Bei einer Abregelung auf z.B. netzbedingte 60% der Nennleistung ergeben sich mittlere Einspeisungseinbußen in etwa einstelligem Prozentbereich mit Einflussnahme auf die Betriebsführung im ebenfalls einstelligen Prozentbereich der Betriebszeiten. Eine derartige Charakteristik verlangt also geradezu nach Glättung und Nivellierung, d.h. Reduzierung von Spitzen und Auffüllen von Mangelperioden durch den Einsatz von Speichern – nicht nur statisch betrachtet, sondern auch unter Berücksichtigung der Dynamik aus der Stochastik der Dargebotsabhängigkeit, die bereits aus der Sequenz der Viertelstundenwerte einer Woche sehr anschaulich wird (Abbildung 8).

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Tage

P/P N

enn [

%]

Abbildung 8: Beispielhafter Leistungsgang einer Windeinspeisung

Denn mit weiter steigender WEA-Installierung ohne zusätzlichen Netzausbau nimmt in einem Netzbezirk die Erzeugungseinbuße aufgrund häufiger erforderlichen Netzsicherheitsmanagement überproportional zu, zudem steigt der Bedarf an Regelleistung und -energie. Hier drängt sich in kritischer Abwägung gegenüber gesamtwirtschaftlich nicht vertretbarem Netzausbau eine „Veredelung“ der eingespeisten Windleistung durch Betriebsführung mit anderen Regelmodi, wie 15min - Energieregelung oder zeitweiliger Leistungsregelung mit Regelleistungsgenerierung (abhängig von Anlagencharakteristik und aktueller Einspeise-/Netzsituation) bzw. Bewirtschaftung eines entsprechend dynamischen Speichers zur Bereitstellung von Regel- und/oder Reserveleistung d.h. das Angebot differenzierter Stromprodukte mit entsprechend unterschiedlichem Wert gegenüber kostspieligen Netzausbau bzw. bloßem Abregeln auf die zulässige Netzbelastung geradezu auf. Nachfolgend seien einige „Veredelungsoptionen“ mit ihren wesentlichen Merkmalen kurz angesprochen: Eine prognosebasierte Einspeisung mit Energieregelung im z.B. 15min-Verrechnungsraster begrenzt die Spitzenbelastung des Netzes und reduziert den Bedarf an Regelenergie, hat damit also eine höhere Wertigkeit und somit auch Anspruch auf eine bessere Vergütung - bei nennenswertem Windaufkommen. Die Generierung von Regelleistung aus geeigneten Windparks bei Starkwind könnte evtl. Regelleistungsengpässe überbrücken helfen und würde spezielle Regelleistungsreserve überflüssig machen. Dies hätte zudem z.B. in Deutschland aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen den besonderen volkswirtschaftlichen Nutzen, dass die aus Windenergie bereitgestellte Regelleistung zu marktüblichen Konditionen honoriert würde und damit aus dem umlagefähigen Einspeisevergütungsvolumen zur Entlastung aller Verbraucher heraus fällt. Die Bewirtschaftung entsprechender Speicher ermöglicht die Nutzung des Windenergiedargebots abzüglich der Verluste oberhalb

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einer Netzbelastungsgrenze und liefert Regel- und/oder Reserveleistung, trägt also evtl. auch zur Erhöhung des Kapazitätseffektes bzw. zur Verringerung der erforderlichen Reserveleistung bei. Die Windenergie beginnt damit - zumindest teilweise -, sich technologisch und ökonomisch selbst zu stabilisieren. Ein derartiges Potenzial zur Energieeffizienzsteigerung kann bei weitsichtiger Energieplanung für eine Region, weiterem Zubau oder Repowering oder neuen Offshore - Erschließungen durch geeignete Technologien ausgeschöpft werden, entsprechende Rahmenbedingungen vorausgesetzt. Konkret ergibt sich für den Fall größerer Windleistungseinspeisung aus dem Verteilnetz unter Berücksichtigung technischer Netzrestriktionen in die überlagerte Ebene zum weiteren Transport mit evtl. zusätzlichen technischen Restriktionen und der Randbedingung gesicherten profilbasierten Exports auch bei Starkwind und Schwachlast - ggf. optimiert nach Regelleistungs-/Regelenergiekosten und/oder Emissionen - die in Abbildung 9 dargestellte Modellierung:

DEMSPlanungs-und Prozeß-system

DEMSPlanungs-und Prozeß-system

Ziel: bei Starkwind und Schwachlast: Gesicherter Export profilbasiert und optimiert nachRegelleistungs/Regelenergie-kosten und/oder Emissionen

Technische Restriktionenoder sonstige Vereinbarungenz.B. Rückspeisungsbegrenzung

Ggf.unter Berücksichtigung

Technischer Restriktionen

Ggf. auch gesicherter AustauschIm Betriebsmodus„WP abgeregelt“

Ggf. auch gesicherter AustauschIm Betriebsmodus„WP abgeregelt“

WP1

SPGT~ Lasten WPn

UW 1

Exp./Imp.Vertrag

Virtuelle *)Res. Verträge

WP1

SPGT~ Lasten WPn

UW n

Exp./Imp.Vertrag

Virtuelle *)Res. Verträge

WP1

GT~ WPn

Exp./Imp.Vertrag

Realer Reservevertragfür Regelleistung/Regelenergieggf. auch Emissionsbewertung

Bio~UW

1UWn

GT … Gasturbine

UW … Umspannwerk

SP … Speicher

*) für Restunsicherheiten

WP … Windpark

. . . . . . . . . .

Überlagerte Ebenez.B. 110kV

VNBz.B. Mittel-spannung

Voraussetzung: netztopologische Clusterung, einfache Netzstrukturen

DEMSPlanungs-und Prozeß-system

DEMSPlanungs-und Prozeß-system

Ziel: bei Starkwind und Schwachlast: Gesicherter Export profilbasiert und optimiert nachRegelleistungs/Regelenergie-kosten und/oder Emissionen

Technische Restriktionenoder sonstige Vereinbarungenz.B. Rückspeisungsbegrenzung

Ggf.unter Berücksichtigung

Technischer Restriktionen

Ggf. auch gesicherter AustauschIm Betriebsmodus„WP abgeregelt“

Ggf. auch gesicherter AustauschIm Betriebsmodus„WP abgeregelt“

WP1

SPGT~ Lasten WPn

UW 1

Exp./Imp.Vertrag

Virtuelle *)Res. Verträge

WP1

SPGT~ Lasten WPn

UW n

Exp./Imp.Vertrag

Virtuelle *)Res. Verträge

WP1

GT~ WPn

Exp./Imp.Vertrag

Realer Reservevertragfür Regelleistung/Regelenergieggf. auch Emissionsbewertung

Bio~UW

1UWn

GT … Gasturbine

UW … Umspannwerk

SP … Speicher

*) für Restunsicherheiten

WP … Windpark

. . . . . . . . . .

Überlagerte Ebenez.B. 110kV

VNBz.B. Mittel-spannung

Voraussetzung: netztopologische Clusterung, einfache Netzstrukturen

Abbildung 9: Modellierte Kaskadierungsstruktur�

„Windlastige“ Netzbezirke im Verteilnetz umfassen (vereinfacht!) 1…n beeinflussbare Windparks und Lasten - zukünftig evtl. auch Speicher und Gasturbine - dazu ein DEMS - Planungs- und Prozesssystem und sind für den Energie- bzw. Leistungsaustausch über Fahrpläne an das überlagerte DEMS - Planungs- und Prozesssystem in der angekoppelt. Dabei berücksichtigen die Export/Importverträge auch technische Restriktionen und die Reserveverträge die Restunsicherheiten. Das überlagerte DEMS beinhaltet neben weiteren Windparks mit direkter Einspeisung in die überlagerte Ebene auch mögliche eigene Erzeugung und Regelleistungs-/Regelenergiebereitstellung mit eventuell unterschiedlichen Emissionsbewertungen. Für dessen Energieaustausch gibt

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es wiederum Export- bzw. Importverträge sowie einen realen Reservevertrag für Regelleistung/Regelenergie. Damit wird es je nach Struktur der Verteilnetzbezirke möglich, im DEMS - Betriebsmodus „Windpark abgeregelt“ einen gesicherten Austausch mit der überlagerten Ebene unter Berücksichtigung möglicher Netzrestriktionen vorzuschlagen; falls nicht, werden Restunsicherheiten in die überlagerte Netzebene weitergegeben. Das überlagerte DEMS führt mit diesen Vorschlägen sowie den eigenen Prognosen und Randbedingungen Optimierungsrechnungen durch. Führen diese sofort zu einem systemverträglichen Ergebnis, steht der Fahrplan für den nächsten Zyklus fest. Sollte dagegen die technische Restriktion für die Weiterleitung verletzt sein, wird eine Abregelung der Anlagen des eigenen Netzbezirks bzw. der unterlagerten Ebene vorgesehen. Letztere erhalten ggf. einen reduzierten Wert für den Austausch vorgegeben, rechnen ihre Optimierung neu und nehmen dann den Austausch auf Basis dieses neuen Fahrplans vor. In dieser Weise kann eine großflächige WEA - Aggregation in netztopologischer Clusterung mit unterschiedlichem lokalen/regionalen Wetter ohne/mit Kostenbewertung und/oder Netzrestriktionseinflüssen vorgenommen werden. Ist Regelleistung/Regelenergie ohne Einschränkungen vorhanden, ergibt sich keine Beeinflussung, die Windeinspeisung kann bis zur technischen Grenze voll erfolgen. Ist Regelleistung/Regelenergie dagegen nur eingeschränkt verfügbar, erfolgt eine Abregelung der Windeinspeisung d.h. Bandbegrenzung auf ggf. nur das untere Band mit maximal Defizitausgleich unterhalb des Prognose-/Erwartungswertes - abhängig von Regelleistungs-/Regelenergieverfügbarkeit und evtl. Emissionsbewertung. Um die Voraussetzung für eine derartige Optimierung zu schaffen ist die besondere Bedeutung des optimierten Energieprozesses selbst vom Gesetzgeber im Sinne des angestrebten Gesamtziels zu unterstreichen.

2.6 Integration verteilter häuslicher CHP-Anlagen

Im Bereich der Kleinsterzeugungen werden zukünftig voraussichtlich großflächig verteilte KWK-Anlagen mit Rückspeisung ins elektrische Verteilnetz eine weitere bedeutende Herausforderung, großen Handlungsbedarf sowie ein hohes Optimierungspotenzial darstellen - technologisch, energetisch, ökonomisch und ökologisch mit unterschiedlicher Gewichtung je nach Blickwinkel, Interessenslage und Geschäftsauftrag der Beteiligten. Es kann sich hierbei um einige Tausende kleiner, vornehmlich häuslicher KWK-Anlagen mit integriertem Wärmespeicher und einer Leistung von wenigen kW handeln, die entweder einzeln autark - bestenfalls individuell optimiert - oder nach übergeordneten Kriterien intelligent aggregiert im Sinne einer virtuellen großen KWK-Anlage beeinflusst betrieben werden können. D.h. sie werden vorrangig wärmegeführt betrieben und speisen dementsprechend elektrische Energie gezielt ins Verteilnetz zurück. Dabei sind generell - und insbesondere bei größeren Mengen derartiger Kleinsterzeugungen - in Verteilnetzen bereits auf Komponentenebene die einschlägigen technischen Anschlussbedingungen - z.B. bzgl. Netzfreischaltung, Oberschwingungen, Flicker, Schutz, Blindleistung, Inselbetrieb - zu erfüllen, um die Netzstabilität und Netzsicherheit nicht zu gefährden. Weiterhin stellt sich für den Netzbetreiber die zunächst „klassische“ Frage nach zu verändernden Schutzkonzepten und erforderlicher Netzverstärkung [Buchholz, Böse 2002a; Buchholz, Böse 2002b]. Bei Letzterem könnte er durch geringeren, oder sogar ohne Netzausbau nachhaltig

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Investitionen vermeiden und auch Netzverluste minimieren, wenn er denn im Sinne des dezentralen Versorgungskonzeptes und der virtuellen Großanlage z.B. über Leasing - Verträge mit entsprechendem Vorbehalt Zugriffsberechtigung zu den verteilten KWK - Anlagen hätte und die Rückspeisung elektrischer Energie in sein Verteilnetz netzkompatibel regeln könnte. Andererseits können zukünftig aber auch Konkurrenten der Betreiber des elektrischen Verteilnetzes (z.B. bisherige Gasversorger oder IPP) in ähnlicher Weise neue Geschäftsmöglichkeiten entwickeln und als Querverbund-unternehmen auf Basis des prognostizierten Wärmebedarfs und entsprechender Lieferplanung vertragsfähige Stromeinspeisung ins Verteilnetz erlösoptimiert anbieten. Hier liegen also zwangsläufig unterschiedliche wirtschaftliche Interessenslagen vor, und es stellt sich damit immer wieder auch die Frage nach dem Geschäftsmodell, dem verantwortlichen Betreiber und seiner Betriebsführungsstrategie für diese virtuelle Großanlage. Auch bedarf der gesetzliche Rahmen hier noch einer weiteren Öffnung. Die vielfältigen Aspekte dieser komplexen Systemintegration sind detailliert behandelt [Fuchs, Heher 2003; Fuchs, E. 2004]. Neben den netzplanerischen Voraussetzungen ist für diesen Ansatz die prognosebasierte Planbarkeit der dezentralen KWK-Anlagen entscheidend, um sie mit ausreichender Kommunikation und verteilter Intelligenz entsprechend dem jeweiligen Geschäftsmodell netzverträglich, energieeffizient und marktgerecht betreiben zu können. Bei einem EVU, Gasversorger oder IPP als Betreiber erfolgt die Stromführung von außen, Netz und Markt werden übergeordnet betrachtet und bewertet, lokal ist nur die Stromregelung und Messwerterfassung erforderlich - vorausgesetzt die lokalen Funktionen sind überschaubar und die Aggregation und Abbildung von Anlagen erfolgt in übergeordneten Verteilnetzsystemen (Abbildung 10).

DEMS 1

DK 1

n21

DK 2 DK m

Energiemanagementsystemfür Großkraftwerke und/oder Übertragungsnetzbetreiber

DEMS 2 DEMS k

DMS System

EMS System

Biomasse-KraftwerkBiomasse-Kraftwerk

Windkraft

Z.B.: KWK Anlagen,Solarzellen im Haushalt

VerteilnetzmanagementSystem

Dezentrale EMSSysteme bzw. Funktion

Dezentrale Erzeugerbzw. Kleinsterzeugergruppen

Dezentrale Kleinsterzeuger

ÜNB System

Abbildung 10: Hierarchie der Einbindung von dezentralen KWK

Die KWK-Anlage folgt unter Nutzung des speicherbedingten Freiheitsgrades zwischen Strom- und Wärmeerzeugung dem von außen vorgegebenen elektrischen Sollwert

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solange die thermische Last befriedigt werden kann. Ist dies nicht mehr möglich, hat der thermische Bedarf Vorrang unter Abweichung vom elektrischen Sollwert. Dazu muss die KWK - Anlagenschnittstelle gewisse kommunikative Anforderungen erfüllen. Die Kommunikation selbst erfolgt über bestehende Leitungen z.B. http/XML-Protokolle über Internet, Wählleitungen oder PLC. Der Datenkonzentrator bildet die Aggregation der KWK-Anlagen entsprechend den Strukturinformationen zu Erzeugergruppen und stellt diese Daten dem übergeordneten DEMS zur Verfügung (Abbildung 11).

Kleinsterzeuger

Aggregation gemäßStrukturinformationen

Dezentrales Energiemanagement

Erzeugergruppen

Datenkonzentrator

1

n

1

m

Abbildung 11: Datenkonzentrator zur Integration verteilter Kleinsterzeuger.

In einem DEMS sind die einzelnen KWK - Erzeugergruppen parametriert. Auf der Basis der wetterabhängigen Prognosen, Kosten- und Ertragsinformationen vom überlagerten E/DMS- System (ggf. auch Strombörse) werden netzverträgliche Einsatzfahrpläne für die KWK - Gruppen generiert und an die Datenkonzentratoren weitergegeben. Diese KWK - Einsatzplanung sowie die resultierenden Lastgänge werden ebenso dem E/DMS zugeleitet. Mit diesem Konzept werden Datenumfang und Kommunikationsaufwand unter Wahrung der Optimierungsmöglichkeiten deutlich reduziert und die Dynamik aus wachsendem dezentralem Zubau im Verteilnetz bereits in der untersten Ebene intelligent abgefangen [Buchholz, Böse 2002b].

2.7 Systemrelevante Folgerungen

Die obigen Ausführungen haben gezeigt, dass für die Umsetzung der gesellschaftlichen Ziele bzgl. Umwelt und Ressourcen eine optimale energiesystemkompatible Integration der RES/DG erforderlich ist und dazu gehört neben einem angemessenen klassischen Netzausbau mit entsprechendem Kraftwerkspark auch moderne Informations- und Kommunikations-Technologie in Form eines Dezentralen Energiemanagement Systems (DEMS) und seiner spezifischen Funktionalität im Verteilnetz- bzw.

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Endverbrauchsbereich. In einem liberalisierten Energiemarkt ergeben sich daraus unterschiedliche Formen des Nutzens:

a) Ein DEMS mit entsprechend nachgelagerter Kommunikation macht die umfangreiche großflächige, energiesystemverträgliche Integration und damit gezielte Effizienzsteigerung von RES/DG erst möglich. D.h. der unkoordinierte Anschluss von z.B. häuslichen KWK - Anlagen in einem Stadtnetz müsste auf kleinere Mengen begrenzt bleiben bzw. würde aus formalen/rechtlichen Gründen unterbleiben, da von Seiten der Gesetzgeber zunächst immer Gleichbehandlung angestrebt wird. Ein Netzausbau für uneingeschränkten Netzzugang wäre betriebs- und volkswirtschaftlich prohibitiv. Hier schafft ein DEMS die Voraussetzung zur Nutzung energieeffizienter Komponenten.

b) Insbesondere bei der energiesystemverträglichen Einspeisung großer Windleistung bietet ein entsprechendes Energiemanagement die Durchführung aller erforderlichen Regelprozeduren von der Spitzenleistungsbegrenzung über die Energieregelung im Verrechnungszeitraster bis hin zur Regelleistungsgenerierung und der Möglichkeit, den Wind aus sich selbst heraus zumindest teilweise zu stabilisieren. Ein DEMS trägt damit zur Umweltschonung und Effizienzsteigerung bei.

c) Zu einem dezentral geprägten Energieversorgungssystem mit energetischen Alternativen und entsprechender Bewertung sorgt ein DEMS für die energetische Optimierung des Einsatzes der zur Verfügung stehenden Ressourcen: Schwerpunkt Effizienzsteigerung.

d) Für Versorgungssituationen, wo neben Eigenerzeugung auch zusätzlicher vertragsbasierter Austausch (Export bei Überschuss, Import bei Mehrbedarf) gegeben ist (z.B. Industrie), können mit einem DEMS die optimalen Verträge ermittelt und deren Einhaltung durch Ausregeln im 15min - Verrechnungszeitraster überwacht werden. Ein DEMS ermöglicht in diesem Umfeld eine Energieeinsatzoptimierung und damit eine Kostenreduzierung.

e) Bei Neuplanung oder Erweiterung eines dezentralen Energie-versorgungssystems kann ein DEMS nach der klassischen statischen Netzplanung auch die Auswahl der erforderlichen dezentralen Erzeuger durch Simulationsrechnungen auf Basis der individuellen Bedarfscharakteristiken vornehmen. Das bedeutet eine neue Dimension in der Netzplanung und ist eine Voraussetzung für Energieeffizienzsteigerung.

f) Technische Restriktionen in einem Verteilnetz können als vertragliche Begrenzung eines Energieaustausches abgebildet und entsprechend „bewirtschaftet“ werden. Damit kann Investment vermieden bzw. Zeit gewonnen werden, bis z.B. später ein unumgänglicher Ausbau realisiert ist [Buchholz, Voelzke; Bitsch et al. 2001]. Hier erfolgt Ressourcenschonung im weiteren Sinne.

g) Mit zusätzlicher Emissionsbewertung bzw. umfassender Emissionsmodellierung kann eine kosten-/emissionsoptimale Versorgung ermöglicht bzw. in kritischen

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Wettersituationen sogar zeitweilig auf emissionsminimierte Versorgung „koste es was es wolle“ umgestellt werden [Müller, Rudolf 2001]. D.h. Umweltschonung.

Die Bewertung dieser einzelnen Potenziale ist projektabhängig und nicht pauschal anzugeben. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in den Punkten a) und b) die grundsätzliche Notwendigkeit eines DEMS zur energiesystemverträglichen Integration und in den Punkten c) bis g) das innere Optimierungspotenzial dargestellt wird. Welche Technologien aus dem denkbaren Mix zukünftig auch immer im Mittelpunkt stehen mögen, ein DEMS in Verbindung mit einer intelligent aggregierten virtuellen Großanlage ist der Schlüssel zur Integration, ohne dessen Einsatz keine großflächige Nutzung und energiesystemverträgliche Einbindung in vorhandene Strukturen möglich ist. Zur Umsetzung dieser Potenziale sind ausgewogene Zumutungen bzw. Zugeständnisse der beteiligten stakeholder (grid operators & wind energy entrepreneurs) unvermeidlich. Der Gesetzgeber hat dazu den entsprechenden Rahmen zu schaffen.

2.8 Rechtlicher / Energiewirtschaftlicher Rahmen

Die rechtliche / energiewirtschaftliche Ausgangsbasis ist in Deutschland im Wesentlichen gegeben durch das zur Novellierung anstehende Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Kraft–Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) und das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Ohne auf diese Gesetze als Ganzes und insbesondere die Einspeisevergütungen mit ihren spezifischen Rahmenbedingungen näher eingehen zu wollen, seien nachfolgend einige Problempunkte angesprochen, die den weiteren Ausbau der Nutzung von RES/DG in Deutschland nachhaltig hemmen bzw. zu volkswirtschaftlich inakzeptablen Konsequenzen führen könnten und daher einer Verbesserung bedürfen.

• Das EEG geht von einer Gleichbehandlung aller EEG - Einspeisungen hinsichtlich netzsicherheitsrelevanter Maßnahmen aus. Bei PV - Anlagen <30kW ist jedoch ein Abregeln in extremen Betriebssituationen nicht möglich und zugleich unzumutbar. D.h. Anlagen dieser Art werden erst nach Abregeln aller beeinflussbaren Erzeugungen durch Abschalten vom Netz genommen. Dies gilt auch für andere Kleinsterzeugungen. Da eine Einbeziehung ins Netzsicherheitsmanagement entsprechend EEG - Novellierung nicht erfolgen kann, muss trotz besserer Systemverträglichkeit gegen über Wind der Netzzugang aus formalen Gründen verweigert werden. Hier ist vom Gesetzgeber eine Ausnahmeregelung für dieses Segment zu erwarten, um das ohnehin begrenzte Potenzial nicht zu gefährden.

• Das EEG sieht vorrangige Einspeisung für alle EEG - Anlagen vor, d.h. auch Vorrang vor KWK - Anlagen. Dies hat zur Folge, dass der Einsatz von KWK zumindest im industriellen Bereich eingeschränkt wird, da kaum ein Unternehmen eine mögliche Unterbrechung der Wärmeversorgung für einen Fertigungsprozess infolge größerer Windeinspeisung akzeptieren wird. Aber auch im privaten Verbrauchsbereich (Wärmeversorgung) ist dies als Komforteinschränkung

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anzusehen, die nur mit größeren Speichern kompensiert werden kann, damit aber unwirtschaftlich wird. Auch hier wird im Sinne der Weiterentwicklung des KWK - Einsatzes eine Aufhebung dieser Vorrangigkeit von EEG vor KWK erwartet.

• Zur weiteren Intensivierung der KWK - Nutzung ist darüber hinaus bei der zukünftig dafür Sorge zu tragen, dass neben dem dominierenden Aspekt der Eigenerzeugung bzw. Eigenbedarfsdeckung auch der Geschäftsinhalt neuer bzw. bestehender Marktteilnehmer wie z.B. Contracting oder Energiedienstleistungen im Allgemeinen angemessene Berücksichtigung findet, insbesondere im Hinblick auf Areal- und Objektversorgung.

• Im Rahmen der EEG - Novellierung wurde der Verbleib der Kosten für EEG - bedingten Netzausbau diskutiert und eine Wälzung analog zur Einspeisevergütung vorgeschlagen, die in der vorliegenden Fassung aber nicht berücksichtigt wird. Damit verbleiben diese Kosten weiter beim aufnehmenden Netzbetreiber und werden letztlich von den Verbrauchern von teilweise strukturschwachen und überproportional betroffenen Regionen insbesondere im Nord - Osten Deutschlands getragen. Die daraus entstehende Wettbewerbsverzerrung bedarf nach wie vor einer Überprüfung und Korrektur nach objektiven Kriterien.

• Der Einsatz geeigneter Speicher, insbesondere zur systemverträglichen Einspeisung stark fluktuierender dargebotsabhängiger Windleistung, wurde ebenfalls wiederholt vorgeschlagen und - da direkt EEG - bedingt - eine Einbeziehung in die Förderung gefordert. Dies konnte in die erfolgten Novellierungen bisher nicht eingebracht werden, bleibt aber für den weiteren Ausbau der RES/DG - Nutzung ein dringliches Thema, welches eine angemessene Berücksichtigung verlangt.

• Die Forderung nach einer Beteiligung aller deutschen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) an der Regelleistungsbereitstellung ist durch die Vereinbarung der anteiligen Ist - Wert - Aufschaltung positiv entschieden und in die Novelle aufgenommen worden. Neue Technologien und Betriebsführungskonzepte eröffnen hier noch andere zukunftsweisende Möglichkeiten zur Beherrschung der mit zunehmender RES/DG - Einspeisung ansteigenden Netzdynamik. Der Ansatz besteht darin, die zusätzliche Dynamik soweit wie möglich bereits dort abzufangen, wo sie entsteht d.h. Regeln und Redispatching ggf. auch bereits im Verteilnetz. Um dies zu ermöglichen gilt es, den rechtlichen/energiewirtschaftlichen Rahmen zu öffnen, um die Verantwortungszuordnungen entsprechend vornehmen zu können.

• Die EEG - Novelle räumt aufgrund des Vorrangs von Versorgung bzw. Versorgungssicherheit vor unbedingter EEG - Einspeisung die Möglichkeit des Netzsicherheitsmanagements in extremen Betriebssituationen auf Basis entsprechender Verträge für Neuanlangen ein. Ein ebenso vorgeschlagenes umfassendes Erzeugungs- bzw. Energiemanagement mit gezielter Speicherbewirtschaftung und Zugriff durch den zuständigen Netzbetreiber wurde

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jedoch nicht zugelassen. Aber gerade die Zulässigkeit von Erzeugungs- bzw. Energiemanagement mit Zugriff des Netzbetriebsverantwortlichen ist eine wesentliche Voraussetzung, um EEQ/DE - Zubau und insbesondere den Ausbau der Windenergienutzung und zukünftig auch das Potenzial größerer Mengen großflächig verteilter häuslicher KWK - Anlagen systemverträglich zu realisieren. Bei Letzterem kommen auch noch Fragen der sinnvollen Besitzverhältnisse und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Geschäftsmodelle hinzu.

Im Fall Wind geht es darum, die Windleistungseinspeisung eines geeigneten WEA-Kollektives (Virtuelle große WEA) auf Basis von Prognosen profilbasiert vertragsfähig zu machen, Speicher zu bewirtschaften, im Hinblick auf die Netzverträglichkeit unterschiedliche Regelmodi zu fahren und aus der WEA sogar Regelleistung generieren zu können. Hier liegen Potenziale zur volkswirtschaftlichen Optimierung von EEQ/DE, die auch zur Kostenreduzierung beitragen und nicht ungenutzt bleiben dürfen. Zudem ist die baldige Klärung dieser Frage auch ein wichtiges Element der Planungssicherheit, die seitens der Energiewirtschaft für die Investitionsentscheidungen zur nächsten Kraftwerksgeneration und zum weiteren Netzausbau dringend gebraucht wird. Es zeigt sich, dass sich die derzeitigen Strukturen und Rahmenbedingungen für die Energiewirtschaft z.T. kontraproduktiv im Hinblick auf den Energieprozess und die beabsichtigte Energieeffizienzsteigerung auswirken. Hier sind im Sinne der übergeordneten Zielsetzungen Korrekturen bzw. Öffnungen erforderlich, die es ermöglichen über bisherige Suboptimierungen hinaus in ganzheitlicher Sicht des Energiesystems auf allen Stufen optimierend einzugreifen und so Energiesystemkompatibilität und energiewirtschaftlichen Nutzen nachhaltig zu erhöhen. Sonst sind die gesteckten Ziele und die Ausschöpfung des zweifellos vorhandenen Potenzials nicht darzustellen. Aus den genannten Gründen ist daher eine Harmonisierung von EEG und KWKG in vorstehenden Punkten vorzunehmen. Auch das EnWG ist im Hinblick auf strukturelle Fragen entsprechend zu modifizieren. Zudem sind alle Marktteilnehmer gleichermaßen in diese Strukturen und Mechanismen mit einzubeziehen.

3 Energiesystemkompatibilität, Speicherung, Marktorientierte Betriebsführung

Weiterhin steigender Ausbau der Windenenergienutzung, einem Schub im Bereich Biomasse/Biogas sowie Photovoltaik, zunehmend extreme Wettersituationen und häufigere Stresssituationen im Elektroenergienetz mit unzulässiger „Überschwemmung“ der Nachbarnetze und teilweise umfassenderen Black Outs z. B. Italien und Mitteleuropa oder Nord- und Mittel-Deutschland sowie haben zu weiterreichenderen konkreten Diskussionen und Lösungsvorschlägen beigetragen:

3.1 Handlungsbedarf Im Bereich der Integration großer Windleistungen

Eine besondere und daher nachfolgend eingehender behandelte Herausforderung ist heutzutage die Netzeinbindung großer Windparks - Onshore und vor allem Offshore -

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Seite 25

mit installierten Leistungen >100 MW, wo je nach Netzcharakteristiken derartige Maßnahmen zunehmend erforderlich werden – insbesondere bei der geplanten weiteren Entwicklung von derzeit rd. 20.000 MW Onshore auf rd. 47.000 MW durch vornehmlich Offshore-Zubau, aber auch Onshore ist aufgrund der aktuellen energiepolitischen Grundsatzdiskussionen auf Bundes- und Landesebene mit weiterem Ausbau zu rechnen. Neben den bereits oben angesprochenen grundsätzlichen Problemen ist die Wettersituation infolge des offenkundigen Klimawandels unbeständiger geworden mit der Konsequenz schnellerer Wechsel und häufigerer stärkerer Stürme. Das bedeutet für die Windleistungseinspeisung vor allem mehr Dynamik mit höheren Schwankungen und größeren Steilheiten. Die Einspeisung wird also insgesamt chaotischer (Bild 12), die Prognose vor allem im Kurzfristbereich komplexer.

Quelle: VE T 04.2006

Bild 12: Einspeiseverlauf 2003-2005

Zudem liegen die deutschen Erzeugungsschwerpunkte für Windenergie im Norden und Nordosten, die deutschen Lastschwerpunkte jedoch im Süden und Südwesten. Bereits im Jahre 2003 z. B. hat im Netzbereich Vattenfall Europe Transmission die installierte Wind-Leistung die minimale Abnahmeleistung im ostdeutschen Übertragungsnetz überschritten (Bild 13).

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Seite 26

Quelle: Vattenfall Europe Transmission (Prognosewerte jeweils zum Jahresende)

Bereits im Jahr 2003 hat die installierte Wind-Leistung die minimale Abnahmeleistung im ostdeutschen Übertragungsnetz überschritten!

Abnahmeleistungmaximal (~11 GW)

Abnahmeleistungminimal (~4 GW)

Installierte Wind-Leistung in [MW]

Bild 13: Abnahmeleistung im ostdeutschen Übertragungsnetz

Die Folge ist, dass hier und anderenorts in kritischen Starkwind/Schwachlast-Situationen aufgrund der auf deutscher Seite nicht mehr allein beherrschbaren Netzstabilität einige europäische Netznachbarn im UCTE-Verbundsystem zuweilen - entgegen allen internationalen Vereinbarungen - mit deutscher Windleistungseinspeisung überschwemmt werden. Die sich daraus ableitenden Transporterfordernisse lassen sich mit klassischem Netzausbau und ergänzenden Betriebsmitteln wie Blindleistungskompensations-, Speicher- und Regelleistungsanlagen allein nicht bzw. nicht optimal lösen. Daher beschreibt die erste Dena-Netzstudie [18] auch nur die Ausbaumaßnahmen bis 2015 (Bild 14).

Bild 14. Netzausbauplanung entsprechend Dena I

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Für den weiteren Ausbau sind hier auch neue Konzepte und Technologien für Systemintegration und Betriebsführung gefragt, die in einer Folgestudie „Dena II“ bearbeitet werden sollen.

3.2 Veredelungsoptionen und Speicherung zur Erhöhung der Energiesystemkompatibilität

Neben verfeinerten Prognosen sind es vor allem durchgängige Kommunikation, verteilte Intelligenz, dezentrales Erzeugungs- bzw. Energiemanagement, virtuelle Großanlagen sowie Reserve- und Risiko-Strategien. Dabei ist eine intelligente Aggregation durch Kaskadierung mit netztopologischer Clusterung unter Berücksichtigung technischer Netzrestriktionen in Verbindung mit Lastflussrechung/ und -steuerung, umfassendem Energiemanagement einschließlich Blindleistungsführung die geeigneten Schritte, um die Energiesystemkompatibilität der Windenergie deutlich zu erhöhen. Dabei bieten sich grundsätzliche Möglichkeiten der Beeinflussung bzw. Produkt-veredelung der eingespeisten Windleistung nach Anforderungen des Netzes bzw. des Marktes: Spitzenleistungsbegrenzung zur Netzsicherheit, Energieregelung zur markt-konformen Einspeisung, Leistungsregelung und Regelleistungsbereitstellung (Bild 15).

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20

30

40

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70

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0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000 9000

Benutzungsstunden

P/PN

enn

[%]

Netzsicherheitsmanagement (NSM):Regelmodus Spitzenleistungsbegrenzung

ErzeugungsmanagementProfilbasierte Einspeisung

„Energieregelung“Regel-

Leistung„Leistungs-regelung“

SpeicherungSpeicherung

Bild 15: Geordnete Windleistungsdauerlinie - Beeinflussungsoptionen

Damit können großflächig verteilte Windkraftanlagen profilbasiert einspeisen sowie - mit Reserve-/Risikostrategien unterlegt - vertragsfähig am Energiemarkt teilnehmen.

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Das gilt insbesondere, wenn derartige virtuelle große Windenergieanlagen sogar noch Regelleistung bereitstellen, deren stabilisierende Wirkung auf die gesamte Windeinspeisung eines Gebietes anhand der Ergebnisse einer Simulationsrechnung erkennbar ist (Bild 16).

Quelle: VET, 2003

Bild 16: Netzdynamik - Einfluss der Windeinspeisung auf die Frequenz

Mit diesen Optionen und unterstützt von den derzeitigen und weiterhin zu erwartenden steigenden Energiepreisen erhielte die Windenergie - zumindest teilweise - eine gewisse technologische und ökonomische Nachhaltigkeit, da dieser Anteil differenzierter Stromprodukte, sofern die erzielbaren Erlöse über der EEG-Einspeisevergütung liegen, nicht mehr „umlagebedürftig“ wären. Die Windenergie erführe damit eine nachhaltige Steigerung des energie- und zudem gesamtwirtschaftlichen Nutzens, sofern es die Rahmenbedingungen zukünftig zulassen. Eine besondere Notwendigkeit besteht aber noch in der Schaffung weiterer Speicherungskapazitäten, um den zukünftigen Energiemix zu beherrschen einschließlich des Managements fluktuierender Erzeugungen: Eine Hochrechnung aller auf EU-Basis für 2010 zu erwartenden Einspeisungen zeigt, dass deren Spitzenbeiträge nicht mehr durch die vorhandenen Pumpspeicherkapazitäten aufgefangen werden können (Bild 17). Auf die Frage, „Wohin mit dem Überschuss“, werden Druckluft-Speicherkraftwerke (Compressed Air Energy Storage CAES) in adiabater Ausführung oder aber zusätzliche regelbare Lasten durch Elektrolyse mit Umwandlung in Wasserstoff, d.h. der Einstieg in die zukünftige Wasserstoffwirtschaft, diskutiert [19-21].

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konventionellKWK, inkl. Bio/BZWasser

konventionellKWK, inkl. Bio/BZWasser

WindBiomassePhotovoltaik

WindBiomassePhotovoltaik

EU-Ziele für Erzeugung 2010

40 %

100

25

50

75

P, %

-25

Pumpspeicherleistung

Pumplast Mittlerer Beitrag regenerativer und verteilter Erzeugung 40 %

Konventionelle Erzeugung 6 12 18 24h

MAXMAX

Wohin mit dem Überschuss? Zus. Speicher (CAES), Lasten (H2-Wirtschaft)!Wohin mit dem Überschuss? Zus. Speicher (CAES), Lasten (H2-Wirtschaft)!Quelle: Siemens PTD SE PT 2005

Bild 17: … und wir müssen den künftigen Energiemix beherrschen: auch das Management fluktuierender Erzeugung!

Für Deutschland wäre dazu die im Zusammenhang mit der Dena-Netzstudie bereits angesprochene Windsammelschiene in Norddeutschland (Bild 18) von ganz besonderer Bedeutung, zumal in dieser Region auch in großem Umfang geeignete geologische Formationen zu finden sind, die die Errichtung von o. g. CEAS ermöglichen.

Quelle: VE T 2006

Bild 18: Geschlossene Windsammelschiene in Norddeutschland

Page 30: Virtuelle Großanlagen und ihre Bedeutung für die Integration von

Seite 30

Hier könnte z.B. die fluktuierende Offshore-Windleistung mit ihrer vollen Dynamik zunächst aufgenommen/gespeichert werden und dann nach Bedarf und Netzverträglichkeit der öffentlichen Versorgung zugeführt werden. Dabei wird der Wirkungsgrad in adiabater Ausführung nach einschlägigen Untersuchungen bei 72% erwartet (Zum Vergleich: Das modernste deutsche Pumpspeicher-Kraftwerk Goldisthal hat 75%), das Investitionsvolumen wird in der Größenordnung eines vergleichbaren Gasturbinen-Kraftwerkes gesehen [19]. Der Wirkungsgrad einer Hochtemperatur-Elektrolyse kann etwa 80% erreichen (Persönl. Mitteilg. H. Müller-Steinhagen, Uni/DLR Stg., 22.09.06). Hinsichtlich der Einsatz- bzw. Betriebsstrategie für o. g. Alternativen sollte generell das vorrangige Ziel sein, alle gesichert mögliche Einspeisung geplant ins elektrische Netz zu geben und alle Fluktuation einschl. Überschuss zukünftig nach Umwandlung in einen weiteren Sekundärenergieträgermarkt – z. B. Wasserstoff – zu leiten, da „Kraftstoff“ für den mobilen Bereich zukünftig ebenfalls einen hohen Bedarf ausweisen wird. Darüber hinaus bietet die Zunahme verteilter Biomasse/Biogas-Anlagen vor allem über 100 kW hinaus neue Potentiale für einen optimierten systemkompatiblen Betrieb eines EE-Erzeugungsmix aus z. B. Wind und Biogas mit Rückverstromung nach ggf. Zwischenspeicherung im Gasnetz. In Penkun (Ost-MV) ist z. B. von der Firma Nawaro eine 20 MWel-Anlage bestehend aus 40 St. 500 kW-BHKW Einheiten mit industrieller Wärmenutzung vor Ort und elektrischer Einspeisung in das Privatnetz der Enertrag zur Weiterleitung zur VE T-Station Bertikow 2006/07 errichtet worden. Eine intelligente Vernetzung und Betriebsführung zur Erhöhung der Systemkompatibilität im Einspeisepunkt Bertikow wird derzeit überlegt.

3.3 Marktorientierte Betriebsführung

Als konkrete Umsetzung oben beschriebener Konzepte und Funktionalitäten zeigt sich zunehmend die marktorientierte Betriebsführung dezentral aggregierter und optimierter Elemente innerhalb der existierenden Energieversorgung und zugehöriger Marktmechanismen (Bild 19).

Dezentrale Kleinsterzeuger

Transfer der Fahrplandaten

VNB (DSO)

SDL

ÜNB (TSO)

Datenkonzentrator

DEMSVirtuelles KW DEMS

Kraftwerk Virtuelles KW

Börsen/Handel

Händler/BKV Händler/BKV

SDL

Biomassekraftwerk

Daten-austausch

Händler/BKV

DEMS / EMS

WEA

Energie-speicher

Energie-speicher

Transfer der Fahrplandaten

Bild 19: Marktorientierte Betriebsführung (Szenario- Ausgangsbasis) [12]

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Seite 31

Dabei ist ein wesentliches Merkmal der beteiligten Akteure, dass sie eigenverantwortlich und unbeeinflusst von gesetzlich verbrieften Vergütungen aktiv am Energiemarkt teilnehmen und durch differenziert angebotene Stromprodukte mit gesicherter Einspeisung mehr als nur die gesetzliche Einspeisevergütung erlösen wollen – d. h. es wird die Zeit nach Auslauf des derzeitigen EEG schon teilweise vorweggenommen [20]. Als Akteure gibt es in der vorliegenden beispielhaften Konstellation (Bild 20) auf der unteren Ebene einen IPP, der nur elektrische Erzeugungselemente und einen Energiespeicher besitzt, Versorger, der elektrische und thermische Erzeugungen hat und damit thermische und elektrische Lasten versorgt; Darüber liegt in diesem Fall optimierungshierarchisch ein Energiedienstleister, der als Händler und Bilanzkreisverantwortlicher agieren kann, eigene elektrische Erzeugungen und einen Energiespeicher besitzt sowie auf Basis von Prognosen mit Toleranzen und daraus abgeleiteten Fahrplänen gesicherte Energielieferungen von seinen beiden Partnern bezieht und bestens vermarktet.

WPC

Biomasse Kraftwerke

Gasturbine Energie-speicher

IPP

Händler/BKV (Handelssystem)

WPC

Biomasse Kraftwerk

Nicht beeinflussbare Lasten

beeinflussbare Lasten

Energiedienstleister

Versorger

WPC

Biomasse KraftwerkGasturbine

Energie-speicher

Austausch von Fahrplänen

(Lieferangebote, Liefervereinbarungen)

BHKW

Thermische Last

Therm. Speicher

PV-Anlage

beeinflussbare Lasten

Bild 20: Mögliche Szenario-Modellierung [20]

Der Fahrplan des hier betrachteten IPP z.B. (Bild 21) zeigt, wie die veredelungsrelevanten regelbaren Elemente, Gasturbine und Speicher, aus dem vorhandenen Erzeugungsmix dazu eingesetzt werden, insbesondere das stärkere Windaufkommen am Nachmittag durch Regelleistungsvorhaltung zu sichern. Dadurch kann der vereinbarte Fahrplan gesichert an den EDL geliefert werden.

Page 32: Virtuelle Großanlagen und ihre Bedeutung für die Integration von

Seite 32

Elektrische Fahrpläne

-80000

-60000

-40000

-20000

0

20000

40000

60000

80000

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5

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21.1

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21.1

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0

21.1

2.04

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6:1

5

21.1

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7:0

0

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5

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5

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00

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13:

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15

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2.04

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30

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30

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00

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45

21.1

2.04

23:

30

Zeit

Elek

tris

che

Leis

tung

[kW

]

Gasturbinen-Anlage Biomasse-KW 1 Biomasse-KW 2 Export-Vertrag BES-Anlage Windparkcluster PV-Anlage

Bild 21: Elektrische Fahrpläne IPP [20]

Beim betrachteten Versorger ergeben sich aufgrund der Lieferverpflichtungen gegenüber seinem eigenen Kundenkreis andere Fahrplanstrukturen, er hat auch noch einen Grundlast-Bezugsvertrag und ist nur während des stärkeren Windaufkommens exportfähig. Im Falle des Energiedienstleisters (Bild 22) werden ebenfalls die regelbaren Elemente zur Sicherung und Optimierung seiner Energielieferung eingesetzt, wozu insbesondere der Speicher durch Aufladung in der Niedrigpreisphase und Entladung in der Hochpreisphase beiträgt.

Elektrische Fahrpläne

-200000

-150000

-100000

-50000

0

50000

100000

150000

21.1

2.04

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0

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0

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5

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21.1

2.04

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5

21.1

2.04

10:

00

21.1

2.04

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21.1

2.04

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2.04

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21.1

2.04

13:

00

21.1

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30

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15

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2.04

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19:

45

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30

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15

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00

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22:

45

21.1

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23:

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Zeit

Elek

trisc

he L

eist

ung

[kW

]

Gasturbinen-Anlage Biomasse-Kraftwerk Export-Vertrag Energiespeicher Windparkcluster

Bild 22: Elektrische Fahrpläne EDL [20]

Page 33: Virtuelle Großanlagen und ihre Bedeutung für die Integration von

Seite 33

Das Ergebnis dieser Modelluntersuchung einzelner Akteure im Energiemarkt zeigt sich in diesem Fall einmal monetär als Deckungsbeitrag, wobei mit höherwertigerer Energiedienstleistung auch die besseren Deckungsbeiträge erzielt werden (Bild 23).

0

10000

20000

30000

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50000

60000

70000

80000

Dec

kung

sbei

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[EU

R]

IPP Versorger EDL

Deckugsbeiträgeund genutzte Windenergie

0

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50

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90

100

genu

tzte

Win

dene

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[%]

IPP Versorger EDL

Bild 23: Deckungsbeiträge und genutzte Windenergie [20]

Zudem erhebt sich im Bereich der erneuerbaren Energiequellen und dezentralen Erzeugungen zugleich auch die Frage, wie viel z. B. des vorhandenen Windenergiedargebots denn bei dieser marktorientierten Betriebsführung mit gesicherter Einspeisung auch genutzt und im Energiemarkt abgesetzt werden konnte: Beim IPP sind es rund 90%; das zeigt zugleich auch, dass der Energiemix für dieses Vorgehen richtig aus gelegt ist. Das gilt mit rd. 80% in etwa auch noch für den EDL. Der Versorger dagegen mit rd. 45% derzeitiger Nutzung benötigt zur besseren zukünftigen Nutzung des Windenergiedargebots bei marktorientierter Betriebführung weitere regelbare Elemente. In ähnlicher Weise sind in einer kürzlich veröffentlichten Dissertation[22] die zukünftigen Optionen möglicher Akteure in kommunalen Versorgungsnetz (Stadtnetzbetreiber, Gasversorger, IPP) im Hinblick auf eine aus verteilten häuslichen KWK-Anlagen gebildete Virtuelle Großanlage technologisch-energiewirtschaftlich untersucht worden.

Page 34: Virtuelle Großanlagen und ihre Bedeutung für die Integration von

Seite 34

4 Erneuerbare Energien-Hybridkraftwerke (EE-HyKW)

EE-HyKW sind die innovativste und funktional weitest reichende Variante Virtueller Großkraftwerke, die gekennzeichnet sind durch einen EE-Mix – z.B. Windenergie und Biomasse/Biogas –, restriktionsfreie netztopologische Clusterung, Spitzenleistungsbegrenzung, Speicherbewirtschaftung mit Rückverstromung, Erzeugungs- sowie Lastmanagement. Sie Können so nach den Regeln des Marktes gesicherte Einspeisung liefern – profilbasiert oder „ flat power“ und bei richtiger Mix-Auslegung ggf. das ganze Jahr lang im Sinne eines Grund- oder Mittellast-Kraftwerkes: D. h. Erhöhung des Leistungskredits und Substitution konventioneller Kraftwerke.

4.1 Konzept und Bewertung eines EE-HyKW in NO-Brandenburg

Im Rahmen einer kürzlich veröffentlichten Studie zur Systemintegration der Erneuerbaren Energien in Brandenburg [23] wurde ein EE-HyKW beispielhaft für den Nordosten Brandenburgs mit folgendem Aufbau konzipiert und energiewirtschaftlich bewertet (Bild 24):

Grundkonzept beim Aufbau eines EE-Hybrid-Kraftwerkes

WEA WEA WEA WEA

WEA

WEA

WEA

WEA

WEA

WEA

WEA

WEA

Elektrisches Netz - 400 kV

Windpark mit ca. 1000 MW installierter Leistung

Elektrolyseur

GuD Anlage

Verbundnetz Gas

Biogas BiogasBiogas

Grundlagen

Entwicklung der Grundkonzeption für ein EE-HybridKraftwerk

Speicher

„Wasserstoff-Markt“

Bild 24

Dabei gelten folgende Randbedingungen:

• Restriktionsfreies privates „Einsammelnetz“ / Einspeisung auf 400kV;

• Nutzung des gesamten regenerativen Energieangebots, schwerpunktmäßig auf Basis Windenergie, Biogas, ggf. PV mit möglichst hohen Wandlungswirkungsgraden;

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Seite 35

• Keine Nutzung fossiler Energiequellen wie z.B. Erdgas;

• Zwischenspeicherung derjenigen regenerativen Energieanteile in Form von Wasserstoff im Gasnetz, die nicht unmittelbar systemverträglich in das Stromnetz eingespeist werden können.

• Absicherung einer gesicherten Leistungsverfügbarkeit auf Basis einer mit regionalem Biogas bzw. Wasserstoff befeuerten GuD-Anlage.

Das hier vorgestellte Konzept wird für eine installierte Summenleistung der elektrisch zusammengefassten Windkraftanlagen von 2.000 MW dimensioniert. Hierbei wurden 2.159 Volllastbetriebsstunden für die Windkraftanlagen angesetzt. Das Windenergiepotential beträgt somit 4.318 GWh (Bild 25). Das Leistungsband von 0 ... 480 MW der Windkraftanlagen wird direkt in das Stromnetz eingespeist. Dadurch können 2.677 GWh, d.h. 62 % der erzeugten Windenergie direkt nach der Erzeugung als elektrische Energie genutzt werden. Die Energie aus Windspitzen mit 1.641 GWh würden über einen Elektrolyseur in Wasserstoff umgewandelt werden und in das Gasnetz eingespeist, wobei für die Umwandlung in einer alkalischen HD-Elektrolyse ein Wirkungsgrad von 65 % angesetzt wurde. Somit 1.067 GWh dem Gasnetz zugeführt würden.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000Stunden [h]

Ante

il N

ennle

istu

ng [

%]

2000MW

1000MW

480MW24%

62%: 2677 GWhDirekteinspeisung

P wi: 2000 MW E wi: 4318 GWh Voll: 2159 hE biog: 2263 GWh E biostr: 950 GWh (0.7x0,6)

38%:

1641 GWh

Elek-tro-lyse

+950 GWh aus Bio.CH4

Geordnete Leistungskurve Geordnete Leistungskurve -- 2.159 2.159 VLhVLh (01/2005 bis 10/2007 (01/2005 bis 10/2007 BertikowBertikow))

EE-Grund-/Mittellast-Kraftwerk 480 MW, 7550h Volllast (gerundete Werte)

HD-Ellyse

65%GuD

60%

Gasnetz70%

Biogas

1641GWh H2-Vermarktg:1067GWh

CH4

CO2

Bio-CH4

H2

Wirkungsgrad:

„Primärpotenzial“:

E ges: 6581 GWh

Einspeisung:

H2: 1067 GWh

El wi: 2677 GWh

El bio: 950 GWh

Summe: 4694 GWh

4694:6581= 71%

EE-Hybrid-Kraftwerk im Nord-Osten Brandenburgs

Systembilanz

Elektrolyse Pn=1520MW

Bild 25

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Seite 36

Das Biogaspotential der betrachteten Region wird mit max. 2.263 GWh abgeschätzt. Bei dieser Menge würde rd. 1/3 der landwirtschaftlichen Nutzfläche in der Umgebung beansprucht und das Biogas auf Basis von Mais, Roggen und Gülle erzeugt. Um das EE-Hybrid Kraftwerk mit einer Leistung von 480 MW und 7550 Volllastbetriebsstunden pro Jahr gesichert betreiben zu können, müssen zusätzlich zu dem direkt über Windkraftanlagen erzeugten Anteil von 2.677 GWh weitere 950 GWh über die GuD Anlage in das elektrische Versorgungsnetz eingespeist werden. Bei einem GuD-Wirkungsgrad von 60 % bedeutet eine Gas-Entnahme von 1.583 GWh. Da die obige Aufstellung zeigt, dass je nach verfügbarer Biomasse bis zu 3.330 GWh (Biogas plus Wasserstoff) in das Gasnetz eingespeist werden, können hierüber problemlos Transport- und Speicherverluste im Gasnetz sowie ggf. auch reduzierte Biogaseinspeisungen aufgefangen werden. Die Bedeutung des Gasnetzes als Speicher soll an zwei Einspeise-Szenarien für ein solches EE-Hybrid-Kraftwerk dargestellt werden. In Bild 26 ist eine Starkwindphase gezeigt, die bei konstanter Einspeisung in das Stromnetz eine hohe Produktion von Wasserstoff mit minimaler Gasentnahme für die GuD Anlage zeigt. Es wird praktisch kein Biogas für das EE-Hybrid-Kraftwerk in Anspruch genommen und ein Überschuss an Wasserstoff in das Gasnetz eingespeist:

EE-Hybrid-Kraftwerk im Nord-Osten Brandenburgs

Betrieb in einem Stark-Wind Monat

EE-Hybrid-Kraftwerk im Nord-Osten Brandenburgs

Betrieb in einem Schwach-Wind Monat

Bild 26, 27

Daneben (Bild 27) ist eine Schwachwind-Wetterlage gezeigt, in der nur minimal Wasserstoff erzeugt werden kann und Biogas zur Aufrechterhaltung einer konstanten Einspeisung in das Stromnetz aus dem Gasnetz bezogen werden muss. Zum Nachweis einer abgesicherten und optimiert planbaren Betriebsführung wurden auf Basis der 24 Windleistungseinspeiseprofile vom jeweils dritten Mittwoch eines Monats der Jahre 2005 und 2006, zu denen auch die UCTE-Lastprofile für das deutsche Verbundnetz veröffentlicht wurden jeweils 24 optimierte Einsatzplanungen in den Betriebsmodi „Flat Power“ und UCTE-Profil gerechnet. Anhand Gegenüberstellung der beiden Betriebsmodi und ihrer Planungswerte zeigt sich tendenziell die bei UCTE- Einspeisung reduzierte EE-Energieeinspeisung (Wind!) ins Übertragungssystem (rd. -14%), ein verringerter Einsatz des GuD (rd. -18%) und eine um rd. 15% erhöhte Wasserstoffproduktion. Unter Berücksichtigung flacher verlaufender Profile an Wochenenden und Feiertagen, die allerdings nicht bei UCTE zu finden sind, – d. h. bei geringeren Abständen zwischen Maxima und Minima – reduziert sich die o. g.

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Verlagerung um ca. 2 ... 3 Prozentpunkte. Daraus wird zugleich die bereits oben gemachte Aussage unterstrichen, dass im Betriebsmodus UCTE aufgrund geringeren (Bio-) Gasverbrauchs eine längere Betriebszeit über das Jahr erreicht wird. Unter dem Vorbehalt der natürlichen Schwankungen des jeweiligen Wind- und/oder Erntejahres kann somit ein näherungsweiser Ganzjahresbetrieb eines - wie oben beschriebenen - EE-HyKW auf Basis der EE-Ressourcen im EE-Cluster angenommen werden.

4.2 Technologischer Stand der Großkomponenten für ein EE-Hybrid-Kraftwerk

a) Gaswäsche / Trennung von Biogas in CH4 und CO2 und Einspeisung ins Erdgasnetz ist Stand der Technik.

b) Die Einspeisung und Beimischung von H2 ins Erdgasnetz wird von Experten heute als machbar angesehen, die Angaben schwanken jedoch je nach Standpunkt: EWE als Endversorger sieht Grenze bei 2% wegen Dichte/Qualitäts-/Messproblemen; Siemens PG sieht 10% wegen veränderten Brennverhaltens in Gasturbinen; andere Quellen weisen auch noch höhere Werte aus.

c) Elektrolyse z.Zt. auf alkalischer Basis mit 65% Wirkungsgrad und begrenzter Teillastfähigkeit verfügbar; HT-Elektrolyse mit 80% Wirkungsgrad und dynamischer Teillastfähigkeit noch zu entwickeln.

d) GuD-Kraftwerke mit 60% Wirkungsgrad im Teillastbereich sind Stand der Technik, an weiterer Steigerung wird gearbeitet – insbesondere GT für Höhere Temperaturen. Bei kleinern GuD-Anlagen unter 500 MW (Siemens PG) mit geringerem Wirkungsgrad sind für angestrebten Einsatz Anpassungen erforderlich.

e) Automatisierungs- und IT-Systeme im Sinne von SPS und DEMS verfügbar, projektweise Anpassung erforderlich.

4.3 Anpassung der Rahmenbedingungen

Zur Realisierung dieses Konzeptes und zur Ausschöpfung der unterschiedlichen energiewirtschaftlichen Potenziale sind jedoch grundsätzliche Anpassungen/ Erweiterungen der Rahmenbedingungen erforderlich: Speicherung allgemein und insbesondere der Wasserstoff-Pfad mit Elektrolyse und Netzzugang sind in ähnlicher Weise gesetzlich zu fördern und abzusichern wie bisher beim Strom. Für Wasserstoff-Erzeugung und Einspeisung ins Gasnetz bzw. nach Rückverstromung ins elektrische Netz sind Vergütungen festzulegen, die mit dem Grad der Veredelung ansteigen, da z. B. für den Übertragungsnetzbetreiber eine Reduzierung der EEG-getriebenen Aufwendungen ermöglicht wird: Reduzierung/Wegfall von Regelleistungsbedarf, Vermeidung von Netzausbau. Die Einspeisung entspr. UCTE-Profilen im Sinne einer „bedarfsorientierten

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profilbasierten Einspeisung“ zeigt Fähigkeit zu einer vorher mit dem Netzbetreiber abgestimmten Einspeisung, z.B. auch day ahead zur optimalen Ausschöpfung von kurzzeitigen Systemkapazitäten einschließlich z.B. Leitungsmonitoring bzw. marktorientierte fahrplanbasierte Einspeisung. Eine verstetigte Einspeisung als „Flat Power“ unterstreicht zudem auch die Grundlastfähigkeit von EE- Hybrid-Kraftwerken. Damit wird also mit EE-Hybrid-Kraftwerken eine Anpassung der Leistungsabgabe aus EE-basierten Kraftwerken an den Bedarf erreicht und eine nennenswerte Reduzierung konventioneller Kraftwerkskapazität möglich. Da also mit Hybridkraftwerken auf Basis regenerativer Primärenergieträger ein gesamtwirtschaftlicher Vorteil im Sinne des Schutzes der Umwelt, der Schonung der Energieressourcen und einer Verringerung der Energieimportabhängigkeit Deutschlands bei zugleich aufwand-/nutzengerechtem Ausbau der Energieversorgungssysteme erreichbar ist, wird empfohlen, im EEG eine geeignete Förderung zu verankern.

4.4 Nächste Schritte auf dem Weg zum EE-Hybrid-Kraftwerk

Um die Einspeisung großer Mengen stark fluktuierender regenerativer Energie in EE-Hybrid-Kraftwerken zu ermöglichen, sollten folgende Teilschritte in kleinen Pilotanwendungen untersucht werden: Entwicklung einer angepassten Betriebsführungsstrategie zur Kompensation fluktuierender Wind- Einspeisung (zukünftig auch PV-Einspeisung) durch eine Gasturbine. Auf Basis der Windprognose für den jeweiligen Folgetag sollte versucht werden, die Einspeiseleistung eines Windparks in der Größenordnung von 10-50 MW in Kombination mit einer Gasturbine (ca. 3-10 MW) so zu optimieren, dass sich gesicherte Einspeisebänder für den Folgetag ergeben. In diesem ersten Entwicklungsschritt ist es akzeptabel, wenn die Gasturbine mit Erdgas gefeuert wird. Optimierungskriterium für die Festlegung der Einspeisebänder wäre u.a. eine Nutzung der erzeugbaren regenerativen Energie zu mindestens 90 %. Das Abregeln der Winderzeugung sollte sich auf wenige unerwartet hohe Windspitzen beschränken, wobei dies natürlich sehr von der Güte der regionalen Windprognose für den Folgetag abhängen wird. Verfügt das Hybrid-Kraftwerk nach dem ersten Schritt über eine entsprechende Betriebsführungsstrategie und ist in der Lage planbare Einspeisebänder zu erzeugen, liegen zu diesem Zeitpunkt auch Erfahrungswerte vor, in welchem Umfang Erdgas zum Ausgleich regenerativer Untererzeugung benötigt wurde bzw. regenerative Energie zum Ausgleich von Übererzeugung abgeregelt werden musste. Da bei den hier beschriebenen Schritten nicht eine regenerative Grundlasterzeugung sondern eine planbare Einspeisung für den Folgetag zu erreichen ist, liegt die erforderliche Ausgleichenergie und damit die Gasmenge, die für die Gasturbine benötigt wird, weit unter den in Kap. 4.2 benötigten Mengen. Insofern könnte in diesem Teilschritt geprüft werden, ob die benötigte Gasmenge regional aus Biogas bereitgestellt werden kann, um so den „regenerativen Anteil“ des Hybrid-Kraftwerkes weiter zu erhöhen. Der abschließende Untersuchungs- und Entwicklungsschritt kann sich mit der Nutzung der nach a) - b) ermittelten, ungenutzten regenerativen Energiemenge befassen, um so in dem in a) - c) entwickelten Hybrid-Kraftwerk 100 % der zur Verfügung stehenden Windenergie zu nutzen. Hier bietet sich die bereits im Kap. 4.1 beschriebene Umwandlung in Wasserstoff und dessen Nutzung in einer noch zu etablierenden

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Wasserstoff-Wirtschaft oder dessen Zwischenspeicherung im Gasnetz an. Die hierfür erforderliche Technologie liegt vom Grundsatz her zwar vor, ist allerdings nach den Aussagen von Kap. 5 der kostenintensivste Teil des EE-Hybrid-Kraftwerks.

4.5 Zusammenfassung und Ausblick

Mit steigender Zahl großflächig verteilter erneuerbarer Energiequellen und dezentraler Erzeugungen wächst die Herausforderung systemkompatibler Integration in bestehende Elektroenergiesysteme und innovativer Lösungen. Eine ressourcen-schonende und effizienz-steigernde Ausgangsbasis werden zunehmend dezentrale Energieversorgungskonzepte sein mit umfassendem dezentralem Energiemanagement auf Basis aufwand-/nutzengerechter Kommunikation und verteilter Intelligenz, die eine verbrauchsnahe Energieeinsatzoptimierung sowie eine Koordination der Vielzahl dezentraler Elemente mit dem zentralen System ermöglichen. Dabei werden durch netztopologische Clusterung und intelligente Aggregation der verteilten Energieeinspeisungen zu virtuellen Großanlagen ein vertragsfähiger Energieaustausch und marktorientierte differenzierte Strom-Produkte mit gesicherter Einspeisung für die „Zeit nach EEG“ ermöglicht. Ein Netzausbau im Sinne der Dena-Netzstudie ist zunächst unumgänglich, um die Energie vor allem von den neuen Offshore-Erzeugungsschwerpunkten im Norden und Nordosten zu den traditionellen Lastschwerpunkten im Süden und Südwesten zu transportieren. Ein darüber hinaus gehender Ausbau sollte nach Kriterien der Gesamtwirtschaftlichkeit erfolgen und auch zusätzliche Speicherkapazitäten sowie ihre Wechselwirkung mit dem zukünftigen Kraftwerkspark berücksichtigen. Dabei gilt es zukünftig auch, durch angepasste energieprozessoptimierte Verantwortlichkeiten und effizienzorientierte Betriebsführung z.B. die unvermeidliche Dynamik im Netz weitgehend dort abzufangen, wo sie entsteht und nicht erst im Übertragungsnetz anzusetzen. Einen wesentlichen Beitrag leisten dazu die neuen innovativen Ansätze zur Integration der EEQ/DE mit der Bildung Virtueller Großanlagen durch intelligenter Aggregation, Speicherbewirtschaftung sowie dynamisches Erzeugungs- und Lastmanagement. Die entscheidenden Technologien und Konzepte stehen im Grundsatz zur Verfügung. Für einen breiten Einsatz bedürfen Schnittstellen und Kommunikation z.T. noch eingehenderer Normierung. Darüber hinaus muss auch der gesetzliche Rahmen mit weiteren Novellierungen von EEG, KWKG bzw. EnWG entsprechend angepasst sowie die EU-Harmonisierung fortgesetzt werden. Sodann sind alle beteiligten Partner im Energiesektor aufgerufen, die Technologien und Konzepte in gegenseitigem Verständnis aufzugreifen und die sich daraus ergebenden Chancen mit gesamtwirtschaftlicher Sicht national und international sinnvoll zu nutzen. Die Nutzung von RES/DG befindet sich in Deutschland auf einem guten Weg. Die bisherige Erfolgsgeschichte beginnend mit der Windenergie ist mit Biomasse und KWK fortzusetzen und darf nicht unterbrochen werden. Das für 2020 angestrebte Ziel von 20% Anteil an der deutschen Stromversorgung wird als erreichbar angesehen. Darin dominiert Wind vor Biomasse, der endgültige Mix ist aufgrund verschiedener unsicherer Einflussgrößen allerdings noch offen. Die Realisierung setzt jedoch eine Anpassung vorhandener Strukturen, Zuständigkeiten und Abläufe voraus, partiell ist auch ein

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regelrechter Paradigmenwechsel erforderlich. Dies gilt für die Energiewirtschaft, den rechtlichen Rahmen sowie die energetische Prozesskette. Der durch Liberalisierung sowie Umwelt- und Ressourcenschonung ausgelöste zunehmende Trend zur ergänzenden Dezentralität erfordert eine ganzheitliche Betrachtung der relevanten Technologien, Primärenergieträger sowie des entsprechenden rechtlichen energiewirtschaftlichen Umfeldes, um neben der Erschließung neuer Quellen auch die angestrebte Effizienzsteigerung realisieren zu können. Dabei benötigt der optimale energetische Prozess als wesentliche Voraussetzung für diese Effizienzsteigerung auch in den Rahmenbedingungen den entsprechenden Stellenwert. Eine unkoordinierte Einspeisung aller zu erwartenden Erzeugungen mit z. T. stark schwankender Charakteristik in vorhandene Netzstrukturen ist nicht möglich und ein dazu erforderlicher Ausbau volkswirtschaftlich nicht vertretbar. Die Lösung besteht neben unumgänglichen Teil - Netzausbau in der Nutzung neuer Technologien aus dem Kommunikations- und Informationsbereich zur Realisierung aufwands-/nutzengerechter Koordination der unterschiedlichen dezentralen Kleinerzeuger mit dem Zentralsystem und der Implementierung neuer Betriebsführungskonzepte mit veränderten Strukturen bzw. Verantwortlichkeiten. Durch ein dezentrales Energiemanagementsystem mit spezieller Ausrichtung auf den verbrauchsnahen Bereich wird eine energiesystemverträgliche Integration der unterschiedlichen dezentralen Erzeugungen durch Erzeugungs- und Lastmanagement sowie durch gezielte Speicherbewirtschaftung ermöglicht. Eine intelligente Aggregation erlaubt die Bildung virtueller Großanlagen, die über Netzsicherheitsmanagement hinaus durch entsprechende Regelmodi fahrplanbasierten Energieaustausch bzw. sogar Regelleistungsgenerierung aus Windenergieanlagen ermöglichen - im Sinne des Ansatzes, die aus der Dezentralität entstehende Dynamik auch dort abzufangen, wo sie entsteht. Daraus ergibt sich auch die Chance, den Wind aus sich selbst heraus zumindest teilweise technologisch und ökonomisch zu stabilisieren und so auch den Verbraucher über die reduzierte Einspeisevergütungsumlage zu entlasten. Zudem ist mit den beschriebenen EE-HyKW gesicherter Ganzjahresbetrieb möglich. Wesentliche Voraussetzung ist, die derzeit teilweise hinderlichen Rahmenbedingungen anzupassen und die erforderlichen Strukturen bzw. Verantwortungszuordnungen herbeizuführen. Darüber hinaus ist auch im Sinne der übergeordneten Zielsetzung eine ausgewogene Zumutbarkeit für alle Beteiligten zu vereinbaren, die neben betriebswirtschaftlichen Kriterien auch die volkswirtschaftliche Gesamtsicht berücksichtigt. Eine entscheidende Frage ergibt sich dabei für den Gesetzgeber: Wie, d.h. mit welcher Begründung und Bewertung, können die unterschiedlichsten Marktteilnehmer im liberalisierten Energiemarkt mit z .T. divergierenden Interessenlagen dazu motiviert werden, das zu tun, was volkswirtschaftlich am sinnvollsten ist? Dabei sind Belastungen aus der in einer Gesellschaft gemeinsam gewollten RES/DG-Nutzung zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen auch von allen Beteiligten gemeinsam zu tragen. Aber auch auf europäische Ebene ist eine Harmonisierung aus gleichen Gründen erforderlich. Klima und Ressourcen sind bereits ein globales Anliegen, die Wirtschaft ist in der Phase der Globalisierung - Energie- und Standortkosten sind ein Bestandteil davon.

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5 Referenzen [1] Bitsch, R.: Neue Energieversorgungskonzepte – Intelligente Versorgungssysteme. ETG- Fachbericht 78 (1999). Berlin Offenbach: VDE-Verlag. 1999, S. 131-136.

[2] Aumayr, G.; Bitsch R.; Feldmann, W.: Dezentrale Energieversorgungskonzepte optimieren Ressourcen. etz (1999),H. 3-4; S. 20-23.

[3] Müller, H.; Rudolf, A.; Aumayr, G.; Fuchs, E.: Untersuchungen dezentraler Energieversorgungssysteme mit dem Energiemanagementsystem SICAM DEMS. e&i (2000). Jg. 117, H. 7/8; S. 461-567.

[4] Bitsch, R.; Feldmann, W.; Aumayr, G.: Virtuelle Kraftwerke – Einbindung dezentraler Energieerzeugungsanlagen. etz (2002), H. 9, S. 2-9.

[5] Hoppe-Kilpper, M.; Bitsch, R.: Integration großer Offshore - Windleistungen in die Energieversorgung. Jahrestagung des Forschungsverbunds Sonnenenergie FVS Stuttgart 10.2002, Tagungsband.

[6] Schiebelsberger, B.: Energiewirtschaftliche Optimierung. Netzführung – Netzstabilität, VDI – FA-RE Frankfurt, 14.05.2002.

[7] Bitsch, R.: Integrationskonzepte für regenerative/dezentrale Energieeinspeisungen. Energietag Brandenburg 2003, BTU Cottbus 11.09.2003, Tagungsband. www.tu-cottbus.de/DES/

[8] Bitsch, R.; Fünfgeld, C.; Schwarz, H.: Auswirkungen des Ausbaus der Windenergienutzung in Brandenburg. Studie des Energieressourcen-Instituts e. V. an der BTU Cottbus im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft des Landes Brandenburg, Juni 2003.

[9] Buchholz, B.M., Böse, C.: Der Einfluss dezentraler Erzeugung auf die Verteilnetze. e&i (2002) Jg. 119 H. 6, S. 181-186.

[10] Buchholz, B.M., Böse, C.: Innovative Konzepte für hohe Versorgungsqualität in Verteilnetzen. e&i (2002) Jg. 119 H. 10, S. 367-372.

[11] Fuchs, E.; Heher. A.: Systemkonzept zur energieeffizienten Integration von EET und dezentralen KWK-Anlagen in das Verteilnetz. 3.Internationale Energiewirtschaftstagung (IEWT) Wien 12.-14.02.2003, Tagungsband.

[12] Fuchs, E.: Leittechnik für effizienten Betrieb und Koordinierung dezentraler Strom- und Wärmeversorgung. VDE/VDI- Tagung Kleine Blockheizkraftwerke für dezentrale Wärme- und Strom- Versorgung Stuttgart, 24.03.2004, Tagungsband.

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[13] Dezentrales Energiemanagementsystem DEMS www.siemens.at/dems

[14] Bitsch, R., Gjardy, G., Woldt, Th.: Virtuelle große Kraftwerke - eine Möglichkeit zur netzverträglichen Einbindung dezentraler Energieerzeugungen; Forum der Forschung 2004, Jg. 8, H. 17. S. 25 – 30 BTU Cottbus

[15] Bitsch, R., Gjardy, G., Woldt, Th.: Bedeutung der dezentralen Stromerzeugung mit Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien und BHKW sowie des Last- und Energiemanagements in der Stromversorgung Deutschlands bis zum Jahr 2020; Kurzgutachten im Auftrag der Deutschen Energie Agentur GmbH, Cottbus 2004

[16] Bitsch, R.; Gjardy, G.; Woldt, T.: Systemintegration großflächig verteilter dezentraler Energieerzeugungen großer Leistungen; ew Jg.103 (2004) H.26,S.42-40

[17] Bitsch, R.; Gjardy, G.; Woldt, T.: Systemintegration großflächig verteilter dezentraler Energieerzeugungen großer Leistungen; ew Jg.103 (2004) H.26,S.42-40

[18] Dena-Netzstudie - Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegration von Windenergie in Deutschland an Land und Offshore bis zum Jahr 2020, Berlin 2005

[19] 5. Dena Energie-Forum “Druckluftspeicherkraftwerke” 08.09.2005 Berlin

[20] Gjardy, G.: Beitrag zur zukünftigen marktorientierten Betriebsführung und Systemintegration großflächig verteilter dezentraler Erzeugungen mit besonderer Berücksichtigung der Windenergie (Diss. BTU Cottbus 2006);Shaker Verlag Aachen 2006, ISBN 3-8322-5110-3

[21] Müller,J.: Windkraft und die regenerative Wasserstofferzeugung für das Grundlastmanagement; Energietag Brandenburg 2006, BTU Cottbus

[22] Woldt.T.: Beitrag zur Energiesystemintegration dezentraler Energiewandlungsanlagen mit besonderer Berücksichtigung kleiner Kraft-Wärme Kopplungsanlagen in kommunalen Versorgungsstrukturen (Diss. BTU Cottbus 2007) BTU Forschungshefte Energie, dissertation.de, ISBN 978-3-86624-362-0

[23] Schwarz, H., Bitsch, R., Fichtner, W.: Netzintegration der Erneuerbaren Energien in Brandenburg. Studie des Centrums für Energietechnologie Brandenburg CEBra im Auftrag des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums, Cottbus 2008