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P.b.b Verlagsort: 1010 Wien 11Z038760M Retouren zurück an den Absender VISION 2000, Beatrixgasse 14a/12, 1030 Wien Maria Deutschmann Portrait Nr. 3/2017 2000 VISION Appell: Versöhnt euch mit Gott! Fatima: eine Einladung zur Umkehr (Seite 11) Sie bezeugen Jesus unter Muslimen Eine seit 15 Jahren erfolg- reiche Mission im Niger (Seite 12-13) Ein demütiger Kirchenlehrer Zum 90. Geburtstag von Papst em. Benedikt XVI (Seite 22-23) Kardinal Sarah über die Kirche in Afrika Sie ist vom Geist bewegt, aber leidend und arm (Seite 23) Eine politisch un- korrekte Botschaft Vittorio Messori über die Aktualität der Botschaft von Fatima (Seite 24-25) Vergebt Vergebt einander einander Foto APA

VISION 2000 · bei der Bibel nicht. Und das soll-ten wir auch um der Wahrhaftig - keit willen anerkennen und auch den Menschen sagen. Heinrich Huber, E-Mail Der in Vision 2/17 abgedruck

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P.b.b

Verlagsort: 1010 Wien

11Z038760M

Retouren zurück an den Absender

VISION 2000, Beatrixgasse 14a/12, 1030 Wien

Maria Deutschmann

Portrait

Nr. 3/2017 2000VISION

Appell: Versöhnteuch mit Gott!

Fatima: eine Einladung zurUmkehr (Seite 11)

Sie bezeugen Jesusunter Muslimen

Eine seit 15 Jahren erfolg -reiche Mission im Niger(Seite 12-13)

Ein demütiger Kirchenlehrer

Zum 90. Geburtstag vonPapst em. Benedikt XVI(Seite 22-23)

Kardinal Sarah überdie Kirche in Afrika

Sie ist vom Geist bewegt,aber leidend und arm(Seite 23)

Eine politisch un -korrekte Botschaft

Vittorio Messori über dieAktualität der Botschaftvon Fatima(Seite 24-25)

Vergebt Vergebt e inandereinander

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Mangelnde Katechese„Vergesst die Taten Gottesnicht!“ Diese Forderung Gottesan die Menschen gilt bereits fürdas Volk Gottes im Alten Bund,erst recht für das HeilswerkGottes im Neuen Bund, nämlichfür das Erlösungswerk JesuChristi. Ich kann mich noch guterinnern, wie eindringlich Kar-dinal Josef Ratzinger vor demKonklave, aus dem er selbst alsPapst hervorging, vor dem Rela-tivismus gewarnt hatte. AlleMenschen sollen erfahren, weram meisten für die Menschheitgetan hat. Dies ist in den letzten Jahrzehn-ten wirklich ungenügend ge-schehen. Kardinal Ratzinger hatetwa im Buch Auf Christusschauendie Folgen der Kateche-sen, wie sie neue Glaubens-bücher im deutschenSprachraum praktizieren, als ka-tastrophal bezeichnet. Die Glau-

bensinhalte sind tatsächlichweitgehend vergessen worden.

P. Leopold Strobl OSB, A-5152Michaelbeuern

Existenz minimum

Ihr Artikel auf den Seiten 4+5der letzten Ausgabe hat michdiesmal besonders angespro-chen. Interessant und relativhoch sind Ihre Zahlenangabenbezüglich der Sonntags-Mess -besucher. In meiner Pfarre inKapfenberg sind sie niedriger:nur ca. 85 Personen – bei ca.7.000 Pfarrei-Bewohnern.Die 1,2% bei uns in Kapfen-berg –eine Katastrophe. Für vie-le Mitchristen ist das aber „garnicht so schlecht“, weil „das Kir-chengehen nicht das Wichtigsteim Glauben ist“. Da passt mir IhrStatement „… die restlichen90% lassen den Sonntagsgottes-dienst aus und leben somit unterdem Existenzminimum für gläu-bige Christen!“ Dazu passt haar-genau der Satz von Prof. Rupcic:„Mit Gott ist das Leben – ohneGott ist das Leben ein Sterberi-tual.“ Unter dem Glauben-Exi-stenzminimum zu leben hat ein-deutige Folgen, zu erkennentraurigerweise sogar schon inder eigenen Verwandtschaft undbei Bekannten…

DI H. Heigl, Kapfenberg

Glaubwürdigkeit der EvangelienEs ist zu begrüßen, wenn man dieGlaubwürdigkeit der Evangeli-en beweisen möchte, und dabeiauf Fakten verweist, die das be-legen würden.Doch wäre es angebracht, bei je-nen nachweisbaren Fakten zubleiben, ohne sich dabei in Be-hauptungen oder Spekulationenzu verlieren. (…) Trotz allerGlaubwürdigkeit der Evangeli-en müssen wir uns einerseits da-vor hüten, etwas beweisen zuwollen, für das es keine Beweisegibt, bzw. uns vor unnötigenÜbertreibungen hüten, und an-dererseits müssen wir uns aucheingestehen können, dass es ge-gensätzliche Aussagen und Wi-dersprüche von den angeblichenZeugen gibt. Man kann deshalbauch nicht alles Schönreden, nurum jeden Konflikt aus dem We-ge zu gehen. Um der Wahrheitwillen muss man sowohl allesPositive als auch das Negativeoffen auf den Tisch legen. Esgibt halt nichts 100%iges – auch

Im Rahmen der 100-Jahr-Fei-ern der Erscheinungen derMuttergottes wird Papst Fran-

ziskus Ende dieser Woche nachFatima reisen und dort die Seher-kinder Jacinta und Francisco hei-ligsprechen. Wir haben dieses Ju-biläum zum Anlass genommen,uns mit der Botschaft dieserschon lange kirchlich anerkann-ten Erscheinung Mariens ausein-anderzusetzen (siehe Beiträgeauf den Seiten 11, 18 und 24-25).

Ich kann mir gut vorstellen,dass die Artikel unterschiedlicheReaktionen auslösen werden. Dagibt es sicher Leser, die sagen:Endlich berichtet ihr über diesenwichtigen Appell zur Umkehr,dem sträflicherweise kirchlich solange kaum Gehör geschenktwurde! Und dann gibt es wohl Le-ser, die meinen: Auch das noch,eine Marienerscheinung breit-walzen, an die ohnedies niemandglauben muss und die außerdemdie Ökumene mit den Protestan-ten erschwert!

Gerade die Skeptiker lade ichein, die Beiträge trotzdem zu le-sen. Vielleicht geht es Ihnen, lie-be Leser, dann wie mir: Mir wur-de bewusst, dass in den letztenJahrzehnten ein wesentlicherAspekt der Offenbarung durchJesus Christus fast ganz unter denTisch gefallen ist: der wichtigeHinweis, dass der Mensch durchsein Verhalten auf Erden seineewige (!) Seligkeit verspielenkann. Dieser HInweis ist eine le-bensrettende Warnung.

„Frohbotschaft statt Drohbot-schaft“ – unter dieser Parole stehtdie Verkündigung schon lange.Zugegeben, sie hat eine gewisseBerechtigung dort, wo einseitigWohlverhalten durch Andro-hung von Höllenstrafen erzwun-gen werden soll. Nur, die Zeiten,in denen das geschehen sein mag,sind längst passé. Heute hat sicheine Vorstellung breitgemacht,die Gott karikiert: als „gutmüti-gen, permissiven, toleranten On-kel“ (Messori, S. 24), der ohne-dies fünf gerade sein lässt. Dassdies eine fatale Irrlehre ist, daranerinnert die Botschaft von Fati-ma. Die Menschen unserer Tagehaben Anspruch darauf, dass mansie auf eine tödliche Gefahr auf-

merksam macht. Das kann sehrwohl dazu beitragen, dass jemandden rechten Weg finden kann.

Die Heiligsprechung der Se-herkinder deutet darauf hin, dassdie Kirche wieder stärker denErnst der Entscheidung für odergegen Jesus Christus in den Vor-dergrund rücken will. Da geht esja wirklich um alles, wie im BuchDeuteronomium nachzulesen ist:„Leben und Tod lege ich dir vor,Segen und Fluch. Wähle also dasLeben, damit du lebst, du und dei-ne Nachkommen. Liebe denHerrn, deinen Gott, hör auf SeineStimme, und halt dich an Ihmfest; denn Er ist dein Leben.“

Der Schwerpunkt zum ThemaVergebung kann als Kontrapunktgelesen werden. Er weist denWeg der Umkehr, der Heilungvon Beziehungen – zwischen denMenschen sowie zwischen Gottund Mensch.

Bleibt mir, Ihnen im Namen derMitarbeiter viel Segen für die rest-liche Osterzeit und ein geister-fülltes Pfingsten zu wünschen.

Christof Gaspari

Sie haben folgende Möglichkeiten, in unsere Adresskartei aufgenom-men zu werden:

• Sie senden uns ein E-Mail an die Adresse: [email protected]• Sie rufen zwischen 9.30 und 14 Uhr an: aus dem Inland unterTel/Fax: 01 586 94 11, aus dem Ausland unter +43 1 586 94 11• Sie schreiben uns eine Postkarte an die Adresse:Vision 2000, Beatrixgasse 14a/12, 1030 Wien

• Sie spenden mittels beigelegtem Erlagschein auf eines unserer Kon-ten und geben dabei Ihre vollständige Postadresse an, sonst sindwir nicht in der Lage, Ihnen die Zeitschrift zu schicken (Adress -recherchen unterliegen dem Datenschutz):

Konto Österreich und Deutschland: BAWAG PSK, IBAN: AT106000 0000 0763 2804, BIC: BAWAATWW Konto Schweiz: BEKB Berner Kantonalbank AG, IBAN: CH590079 0042 9412 3142 9, SWIFT: KBBECH22Konto Italien: Raiffeisenbank, IBAN: IT71 E08 0811 1601 00030100 9095, BIC: RZSBIT21103

Homepage: www.vision2000.atVISION 2000 erscheint sechsmal jährlich. Das Projekt ist auf Ihre Spenden angewiesen.

Liebe Leser

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2 Internes VISION 2000 3/2017

Leser

briefe

bei der Bibel nicht. Und das soll-ten wir auch um der Wahrhaftig-keit willen anerkennen und auchden Menschen sagen.

Heinrich Huber, E-Mail

Der in Vision 2/17 abgedruck-te Text von Peter Seewald überdie glaubwürdig belegten Aus-sagen der Evangelien ist nurdie Zusammenfassung einerDokumentation, die sich aus-führlich in seinem Buch JESuS

ChriSTuS – DiE BiogrAPhiE

nachlesen lässt. insbesonderewird dort auch auf das Thema„Widersprüche“ eingegan-gen. gerade sie belegen, dassdie Evangelien nicht geglätteteErzählungen sind.

Englische Ausgabe20.000 Mal konnte das Jesus-Büchlein „Der Mann, der dieWelt verwandelt“ binnen einesJahres versandt werden. Das Ta-schenbuch ist von Erzbischofem. Karl Braun empfohlen, undein Spender ermöglichte eineEnglisch-Ausgabe, die Interes-sierte, Missionare und Ordens-leute jetzt auf Englisch anfor-dern können bei:

Pfarrer Winfried Pietrek, Lipp-städter Straße 42. D-59329 Lies-born, Tel. 0049 2523 8388

Eine perfide ListIch setze mich schon seit vielenJahren mit dem Islam auseinan-der: Aus der Sicht der Christen-verfolgung, aber auch der Mis-sionierung unter Moslems. Hilf-reich sind mir da besonders dieLiteratur und die Vorträge der„Evangelischen Karmelmissi-on“ (D-73614 Schorndorf), dieim islamischen Raum hervorra-gende Arbeit leistet. (www.kar-melmission.org)Mein Resumée ist, dass mein er-worbenes Wissen wertlos ist,weil der Islam mit einer perfidenList arbeitet: Nämlich jener,dass es zwar viele Übersetzun-gen des Korans ins Deutschegibt, jedoch: Die islamischeGeistlichkeit verweigert derenöffentliche Beglaubigung. Dazuein kleines Beispiel: Ca. 70 Su-ren sprechen davon, dass „Un-gläubige“ (= wir Christen) beiNichtbekehrung zu töten sind.Wenn wir jedoch diese Suren imöffentlichen Diskurs den Mos-lems entgegenhalten, dann wirduns regelmäßig entgegnet, dasswir „eine falsche Übersetzunghaben“ (die Suren seien alle „nurfriedlich“ oder „anders“ ge-

meint…). Im Übrigen sei es ver-boten, den Koran zu übersetzen,weil nur die arabische Versiongültig sei. Damit ist dem Islametwas Geniales gelungen: derKoran ist damit „glitschig wieeine Seife“. Solange die Kircheund die EU es nicht schaffen, ei-ne beglaubigte Übersetzung zuerreichen, gehen unser noch sogründliches Wissen und unsereArgumente völlig ins Leere.

Dr. M. Sch., E-Mail

Himmel und Hölle

Hundert Jahre sind seit den Er-scheinungen der Muttergottes inFatima 1917 vergangen. Bis da-hin war Fati-ma ein unbe-kannter, un-bedeutenderOrt in Portu-gal. Zu denHirtenkindernsagte Maria,dass sie vomHimmel kom-me, und bei ei-ner Erschei-nung ließ siedie Kinder ei-nen Blick in die Hölle werfen.Fakt ist, dass es Himmel undHölle gibt! Leider scheuen sichviele Geistliche heute noch vomTeufel und der Hölle zu predi-gen. Falls dies einige trotzdemwagen, werden sie in den Medi-en verunglimpft. Mit dieser demZeitgeist angepassten Toleranzwird die Wahrheit relativiert.Fatima war übrigens die Lieb-lingstochter Mohammeds, viel-leicht wollte uns die Muttergott-es in den Erscheinungen in Fati-ma die Antwort für die Problemeder gegenwärtigen Zeit geben,denn eine Prophezeiung lautet:„Am Ende wird mein unbefleck-tes Herz triumphieren!“

Inge Kitzmüller, A-1030 Wien

Ein Ruhm der Katholischen KircheEs ist ein Ruhm der katholischenKirche, dass sie in der Treue zumGebot Gottes an der Unauflös-lichkeit des Ehebandes festhält.Die Gebote Gottes sind keineWillkür, sondern deren Befol-gung, gerade auch bezüglich derEhe, helfen zu einem erfülltengesegneten Leben der Familien. Beispiele von Päpsten, die ihrerBerufung, der „Fels“ zu sein, ge-folgt sind:Bekannt ist die Ablehnung des

Ehescheidungsgesuchs des eng-lischen Königs Heinrich VIII.durch Papst Clemens (1523-1534). Der mit Anne Boleyn imEhebruch lebende König gabsich damit nicht zufrieden, son-dern erklärte sich zum Herrn ei-ner von Rom unabhängigen„Kirche“ und erzwang seine An-erkennung durch den zu leisten-den „Suprematseid“. Außer Bi-schof John Fisher beugten sichalle Bischöfe. Die Eidverweige-rer, unter ihnen auch des KönigsLordkanzler Thomas Morus,wurden hingerichtet.Ein beeindruckendes Beispielgab der selige Papst Eugen III.

(1145-1153).Graf Hugo vonMolise wolltevom Papst sei-ne Ehe fürungültig er-klären lassen.Da sie aber gül-tig geschlossenworden war,konnte derPapst dies nichtermöglichen.Der Graf woll-

te den Bescheid des Papstesnicht annehmen, da „fiel derPapst ihm zu Füßen, die Tiararollte in den Staub, und er bat ihnunter Tränen, sich dem GesetzGottes zu beugen. Dem erschüt-terten Hugo aber, der nun zu ge-horchen versprach, steckte derPapst seinen eigenen Ring an,damit er ihn stets an das gegebe-ne Wort erinnere.“ (Zitat ausKardinal Brandmüller REFOR-MER DER KIRCHE, Mainz 1970)

Hilde Bayerl, 81241 München

Dankbar für VisisonIch bin schon lange glücklicheund dankbare Bezieherin IhrerZeitschrift. Leider muss ich ausgesundheitlichen Gründen mei-ne Tätigkeit zum Verteilen derZeitschrift etwas einschränken.so bitte ich Sie daher, mir nurmehr 10 Exemplare zuzusen-den. Ich kann Ihnen aus Ge-sprächen mit vielen Personennur Positives berichten.

Erika Pretterer, A-4810 Gmun-den

Wir nützen die gelegenheit,um uns nicht nur bei Frau Pret-terer, sondern auch bei allenanderen Lesern zu bedanken,die sich regelmäßig für dieVer-breitung der Zeitschrift einset-zen und für sie werben.

Medjugorje

Es ist sehr erfreulich, dass Sie dieBotschaften aus Medjugorje in je-der „Vision 2000“ veröffentli-chen. Für Medjugorje wurde nunvon Papst Franziskus der polni-sche Erzbischof Henryk Hoser alsSonderdelegat ernannt, damitdort eine geregelte, pastorale Auf-nahme der Pilger stattfinde. DieSorge des Papstes gilt also denMillionen von Pilgern. Diese sei-en eine Herausforderung für dieKirche und eine Aufforderung,die Aufnahme, wenn möglich, zuverbessern, sagte der Delegat am20. Februar im Interview mit „Ra-dio Vatikan“. Er selbst war nochnie in Medjugorje, was vongroßem Vorteil sein kann, da erals unvoreingenommener Beob-achter nun wirken kann. Letzt-lich, so sein Bestreben, müsse esdarum gehen, die seelsorglicheBetreuung in Absprache und Har-monie mit der kirchlichen Hierar-chie vor Ort zu organisieren. Be-ten wir also dafür, dass alles nachdem heiligen Willen Gottes ge-schieht, der die allerseligste Jung-frau als Tochter des ewigen Va-ters, als Mutter des Sohnes immerwieder in die Welt sendet, um siezur Umkehr zu rufen im Sinne desEvangeliums bei der Hochzeit zuKana: „Was Er euch sagt, das tut!“

Sofie Christoph, E-Mail

Impuls von Fatima

Zu Ihrem Bericht: „Europa Chri-stus bringen“ (VISION 1/17):Der kurze Auszug aus denSchriften des verstorbenen Salz-burger Alt-Erzbischofs Eder ent-hält viele herausragende Wahr-heiten und Anregungen für dieheutige Generation, die wiederTiefgang benötigt, um für diekommende Zeit der Prüfunggerüstet zu sein. Gott sei Dankgibt es so manchen Aufbruch inder Kirche, so dass wir nicht ver-zagen müssen. Wir dürfen je-doch nicht schlafen, sondernsollten verstärkt betend unserenWeg an der Hand Mariens ge-hen. So hoffen wir im Jahre des 100-jährigen Jubiläums der Erschei-nungen der allerseligsten Jung-frau und Gottesmutter Maria inFatima auf einen gewaltigen Im-puls des Heiligen Geistes undVertrauen auf die Macht des Ro-senkranzes.

Franziska Jakob, E-Mail

LeserbriefeVISION 2000 3/2017 3

Nur heimlichkönnen wir hierunserem Chef-redakteur zuseinem 75. Ge-burtstag gratu-lieren und dan-ken ihm für sei-nen großartigenEinsatz für dieVISION2000.

Gottes Segen! Dein TEAM

Wieviel Hast, Ärger, Kränkung,Streit in unserem Alltag – wieleicht dreht sich die Spirale desUnfriedens! Um diesen Teufels-kreis zu durchbrechen, brauchtes Friedensstifter. Ein Appell.

Der Zorn hat viele BrüderZorn ist eine unheimliche Sache.Denn er macht blind: „blinderZorn“. Nachher tut es Dir leid,was Du getan hast. Im Zorn tobenKräfte in Dir, die Du noch nichtgebändigt hast. Da schlägst DuWunden, die tief gehen undschwer heilen. Der Zorn hat eineMenge Brüder, die so schlimmsind wie er: Gereiztheit, Erbitte-rung, Ärger, Unwille, Entrü-stung, Erbostheit, Schärfe, Bis-sigkeit, Schroffheit, Angriffslust,Heftigkeit, Weiß glut, Wutaus-bruch, Koller, Gift und Galle; bö-se sein, wild werden, sich aufre-gen, in die Höhe fahren, losfahrenauf den anderen, die Geduld ver-lieren, sich nicht beherrschenkönnen, außer sich geraten, ausder Haut fahren, platzen, toben,kochen vor Zorn, die Fäuste bal-len, auf den Tisch schlagen, mitden Füßen stampfen, mit denZähnen knirschen, vor Wut zit-tern, seinen Ärger in sich hinein-fressen, fuchsteufelswild, wie ei-ne Furie, rasend vor Wut ...Freund, ein Heer von Dämonen!

Lern die Geduld bei Jesus. Ge-duld hast Du nur, wenn Du zumDulden bereit bist. Ertragenkannst Du die Situation nur, wennDu zu tragen bereit bist. NimmDein tägliches Kreuz auf Dich!So wie Jesus.

Soll ich mir alles gefallen lassen?Wenn uns Unrecht geschieht,dann tobt in uns der Zorn, wir sindempört, die anklagenden Gedan-ken lassen uns nicht zur Ruhekommen, am liebsten würden wirdem anderen „unsere Meinungsagen“ und ihn „fertigmachen“,bis die Rechnung wieder glatt ist.

Aber Gott sagt Dir: „Rächteuch nicht selber!“ (Röm 12 19)Sonst schaffst Du neues Unrecht.

Deine scharfe Zunge und Deinvernichtendes Urteil würden denTeufelskreis nur vergrößern,nicht durchbrechen. Gott wirdDir Gerechtigkeit verschaffen!

Aber Du sagst: „Soll ich mirvielleicht alles gefallen lassen?“Freund, ich sage Dir ein Geheim-nis, wie Du die Herzen der ande-ren verwandeln kannst. Wenn erzu Dir böse war und Dir oftmalsBöses angetan hat und Du den-noch zu ihm gut bist: das verwun-

dert ihn! Da beginnt er nachzu-denken, in sich zu gehen und ein-zusehen: „Ich habe ihm Unrechtgetan!“

Freund, wenn Menschen zu Dirböse sind, Du aber bleibst gut zuihnen, das ändert ihr Herz, ihr In-nerstes, ihren Kern! Selbst wennihr Charakter verwildert und bos-haft war: Wenn Du Böses mitGutem vergiltst, kannst Du dieHerzen verwandeln! So wie Je-sus. Er hat das Böse mit Liebe ver-golten. So hat Er uns gewandelt.

Vergib! Sonst wird Dirnicht vergebenDas ist der Inhalt des fünften Ge-botes: Vergib! Sonst zerstörst Dudie Liebe bis auf den Grund.Wenn wir nicht vergeben, kannGott uns nichts geben. Wie kannEr uns Gutes geben, wenn unserHerz vom Bösen erfüllt ist? Gottkann uns nicht vergeben, solangewir unversöhnlich sind und damitdas Böse im Herzen behalten.Vergebt, so wird Euch vergebenwerden!

„Wenn ihr den Menschen nichtvergebt, dann wird euch euer Va-ter eure Verfehlungen auch nicht

vergeben.“ (Mt 6, 15) Darauf be-steht Jesus: Vergib! Erst dannkann Gott Dir helfen, Dich trö-sten, stärken, segnen, heilen undbefreien. „Ver-Gebung“ ist eineGabe, ein Geben: Du bewahrstdem anderen Dein Herz, DeineNähe, Deine Güte, Deine Treue.

Deine Vergebung gelingt nurum den Preis des Kreuzes. Denanderen kannst Du nur dann ertra-gen, wenn Du das Kreuz trägst,das er Dir aufgeladen hat. Geduldmit dem anderen gelingt Dir nurdann, wenn Du vieles erduldest,vieles auf Dich nimmst. Undnicht zurückschlägst. Denn dieGewalt verewigt das Böse. DieVergebung verewigt die Liebe.Vergib!

Mach Frieden – indeinem Interesse!Die Welt ist in einer endlosen Ket-te von Feindschaft und Hass,Streit und Zorn, Gewalttat undBlut gefangen. Und jede Gewaltgebiert neue Gewalt, Hass, Zer-störung ... Nach dem Motto: „WieDu mir, so ich Dir.“ Ein Meer vonBlut und Tränen. Dieses Nicht-Verzeihen zerfrisst die Familien,die Völker und die Gesellschaft.Der Vater gegen den Sohn, dieMutter gegen die Tochter, dieKinder gegen die Eltern ...Freund, wo Hass ist, dort ist Gottnicht! Nur dort, wo Liebe und Gü-te herrschen, wohnt Gott. Nurdort ist Segen, nur dort gelingtDein Leben!

Deswegen sagt Jesus: Vergib!Mach Frieden! Versöhn Dichwieder! Und zwar in Deinem ur-eigensten Interesse. Erst wenn derFrieden wieder in Deinem Her-zen ist, dann ist Segen über Dir!Segen in Deinem Denken undTun. Warum sollst Du Dir durchDeinen Widersacher den Friedenaus dem Herzen stehlen lassen?Dann geht bei Dir alles schief!Freund, verzeih wie Jesus, derGekreuzigte: „Vater, vergib ih-nen, denn sie wissen nicht, was sietun.“ (Lk 23, 34)

Herbert Madinger †Aus: Komm zurücK! Ein BEicht-BüchlEin. Von herbert madinger.Katholische Glaubensinformati-on, A-1153 Wien, reindorfgasse 21

Bei mehreren Gelegen-heiten hat Papst Fran-ziskus von den drei

Zauberworten gesprochen,die für den Zusammenhalt inEhe und Familie von entschei-dender Bedeutung sind: „Darfich?“, „Danke“ und „Ent-schuldigung“. Die meisten von uns werdenwohl aus eigener Erfahrungbestätigen können, dass dasdritte dieser Zauberwortewohl jenes ist, das uns amschwersten über die Lippenkommt. Sich einzugestehen,dass man etwas Unrechtes ge-tan hat, fällt einfach schwer.Wie viele Rechtfertigungs-gründe fallen einem da sofortein! Schließlich hat doch auchder andere dazu beigetragen,dass ich mich so verhalten ha-be – und jetzt soll ich michentschuldigen? Ich zuerst?Ich allein? Ist das nicht einZeichen von Schwäche, vonNachgiebigkeit, die den ande-ren nur ermutigt, so weiterzu-machen wie bisher?Gerade in der Ehe ergebensich immer wieder solche Si-tuationen. Fast wie ein Tau-ziehen: Wer gibt zuerst nach,damit der Haussegen nichtmehr schief hängt? Und dabeiist es so wichtig, dass mög-lichst bald wieder Frieden indie Beziehungen einzieht.Denn je länger der Unfriedenwährt, umso schwieriger wirddie Versöhnung. Darum legtuns der Apostel Paulus auchnahe: „Die Sonne soll nichtüber eurem Zorn untergehen.Gebt dem Teufel keinenRaum!“ (Eph 4,27)Das bedeutet allerdings, tägli-che Besinnung: Wie war meinTag, habe ich beigetragen,dass Unfrieden herrscht, habeich jemanden verletzt…? Inunserem eher hektischen Le-bensstil fällt es gar nicht soleicht, Zeiten solcher Besin-nung einzuplanen. Und dabeiwären sie so wichtig!Denn Vergeben und um Ver-gebung zu bitten, sindtatsächlich für das Gelingendes Zusammenlebens ent-scheidende Handlungen,nicht nur in der Ehe. Zu ihnenwill der folgende Schwer-punkt ermutigen.

Christof Gaspari

4 Schwerpunkt VISION 2000 3/2017

EinlEitung Vergeben: Das Böse mit Liebe vergelten

Schließ Frieden!

Herbert Madinger (1922-2010)

Schwerpunkt VISION 2000 3/2017 5

Je enger Beziehungen sind,umso mehr kann man mitKränkungen verletzen. Wo daherdie Liebe wachsen soll, mussman sich auch in der Kunst desVergebens und des Bittens umVergebung einüben. Im Folgen-den neun Denkanstöße dazu.

Sich zunächst selbst vergeben

Das ist keineswegs selbstver-ständlich und auch gar nicht soeinfach. Sich selbst zu lieben, istjedoch ein Gebot. Und es gibt kei-ne Liebe ohne Vergebung. Darandenkt man zwar, wenn es sich umGott und die Brüder handelt, manvergisst jedoch darauf, wenn esum uns selbst geht. Allzu oft käu-en wir Schuldgefühle und Trau-rigkeit wieder: Wir sind mit unsunzufrieden, weil wir den Um-ständen nicht gerecht gewordensind, unser Wort nicht eingehal-ten oder einen Fehler – sogar ei-nen mit gravierenden Folgen –gemacht haben! Wenn uns unse-re Geschichte daran hindert, inFrieden zu leben und ganz wirselbst zu sein, so ist das ein Zei-chen dafür, dass wir vergebensollten: uns und den anderen.

Vergeben und Verges-sen nicht verwechselnZu vergeben besteht nicht darin,die Verletzung zu verleugnenoder sie so gut wie möglich zuverdrängen. Im Gegenteil: Sichauf den Weg der Vergebung zumachen, bedeutet, der Wahrheitans Licht zu verhelfen. Um ver-zeihen zu können, muss man sichzunächst bewusst machen, dassman verletzt worden ist, ja, dieKränkung beim Namen nennen –sei man nun Opfer oder Urheber.

Vergebung nicht instrumentalisierenMan kann die Vergebung als Mit-tel verwenden, den anderen nie-derzudrücken, zu manipulieren,ihn doppelt schuldig zu machen:„Du bist nicht nur schuld an mei-ner Verletzung, sondern mir auchzu Dank verpflichtet, weil ich dirin meiner großen Güte vergebe.“So eine Pseudo-Vergebung istdas Gegenteil wahrhafter Barm-herzigkeit. Sie ist vollkommendaneben, weil sie nicht von Lie-be, sondern von Stolz und Bos-heit bestimmt ist.

Die eigenen Absichten läuternWie unterscheidet man falschevon wahrer Vergebung? Da bie-ten sich mehrere Unterschei-dungskriterien an. Zum Beispiel:Bin ich bereit, als erster um Ver-gebung zu bitten? Soll meineVergebung zum Wachstum desanderen beitragen – insbesonde-re seines Selbstwertgefühls? Binich bereit zu verzeihen, noch be-vor mich der andere darum bittet?Bin ich imstande zu vergeben,ohne ein Wort darüber zu verlie-ren, wenn dies den anderendemütigen würde? Bin ich bereit,den rechten Moment abzuwar-ten, um meine Vergebung kund-zutun – im Bewusstsein, dass die-ser vielleicht nie kommen wird?

Keine Angst vordem Vergeben Zu vergeben birgt keine Gefahr,das Nicht-Vergeben jedoch sehrwohl! Warnung vor dem Schein.Denn nichts ist der Vergebung(der Liebe, der Heiligkeit) ähnli-

cher als ihr Schein. Und was dasSchamgefühl vor einem solchenSchritt der (erteilten oder erbete-nen) Vergebung anbelangt, seidaran erinnert, dass sie auf tau-send andere Weisen als mit Wor-ten ausgedrückt werden kann.

Vergebung in Worten und TatenUm Vergebung zu bitten, sie zugewähren, dazu braucht esmanchmal keine Worte – aberum wie viel besser ist es, wennman es ausspricht! Den Mundauftun und sagen: „Bitte vergib!“oder: „Ich vergebe dir“ ist Zei-chen, dass man sein Herz öffnet.Natürlich kann man die Verge-bung auch anders äußern: z.B.mit einem Kuss. Ein Lächeln, ei-ne freundliche Geste, ein nettesWort können deutliche Zeichender Vergebung sein, auch wennsie nicht immer Ersatz für dasWort sein können.

Vergeben braucht ZeitSie kann sogar viel Zeit brau-chen. Manche Charaktere tun

sich viel schwerer, eine neue Sei-te aufzuschlagen als andere. Manmuss ihrem Rhythmus Rech-nung tragen. Entscheidend istnicht, dass man rasch vergibt,sondern wahrhaft. Wer rasch ver-zeihen kann, tut sich dafür oftschwer, die Größe der Kränkungzu erkennen. Ihm muss man hel-fen zurückzublicken, um daswahre Ausmaß der erlittenenoder verursachten Verletzungenzu erfassen. Freuen wir uns nichtzu schnell darüber, dass jemandscheinbar alles vergessen hat.Vergessen ist nicht gleich Verge-bung.

Vergeben – um jeden Preis„Es ist zu spät“ ist eine Lüge desSatans. Er ist es, der uns sugge-riert, dass unsere Dramen hoff-nungslos, unsere Entscheidun-gen ein für alle Mal getroffensind und dass man in manchenFällen weder um Vergebung bit-ten, noch sie annehmen kann.Wir fallen auf diese Lügen her-ein, weil uns die bedingungsloseLiebe Gottes viel zu schön er-scheint, um wahr zu sein. Wirglauben nicht wirklich, dass fürGott alles möglich ist.

Um den Heiligen Geist bitten

Die Vergebung heilt die Erinne-rung, indem sie Frieden vermit-telt. Die Erinnerung an die erlitte-ne Kränkung – die Weg des Un-heils und des Todes war – wird sozum Weg des Lebens und desHeils. Die Vergebung ist wahr-haft Auferstehung: Übergangvom Tod zum Leben. Es ist derauferstandene Jesus, der uns die-sen Übergang ermöglicht – Er,der uns aufgefordert hat, „sieben -undsiebzig Mal zu vergeben“.Wir sollten uns nicht davor fürch-ten, den Heiligen Geist darum zubitten, uns alle erlittenen Krän-kungen, die noch der Vergebungbedürfen, ins Bewusstsein zu ru-fen. „Christus ist mit SeinenWunden auferstanden, und wirbewahren die Narben unsererGeschichte,“ schreibt SimonePacot. „Aber sie sind nicht mehrZeichen der Bedrückung, derVerurteilung, sie werden Zei-chen der Heilung und des Heils.“

Luc Adrian

Aus Famille chrétienne v. 19.7.13

Den Heiligen Geist um Kraft zur Vergebung bitten

Einübung in eine schwierige Kunst

Wahrhaft vergebenlernen

Dass Beichten mit Vergebungzu tun hat, wusste man dielängste Zeit. Nun stehen aberdie Beichtstühle leer, währendPsychotherapeuten Hochkon-junktur haben. Ein adäquaterErsatz? Gespräch mit einemPsychotherapeuten.

Ist Vergebung überhaupt einThema für die Psychotherapie?Univ. Doz. Raphael Bonelli:

Ja, ein großes. Allerdings benen-nen es die meisten Kollegen mitdem Terminus „Verbitterung“.Darin kommt zum Ausdruck,dass ein Mensch, der nicht verge-ben kann, immer unglücklicherwird. Es gehört zur Realität desMenschen, dass wir Unrecht er-leiden und Unrecht tun. Der ge-sunde und weise Umgang mit er-littenem Unrecht ist mitentschei-dend dafür, ob man fähig ist, einglückliches Leben zu führen. Da-her ist es so wichtig, das Vergebenzu lernen oder es in einer Psycho-therapie langsam zu entwickeln.

Verbitterung also als Folge derUnfähigkeit zu vergeben. Aberist nicht auch Verdrängung eineMöglichkeit, mit erlittenem Un-recht umzugehen?Bonelli: Ja, das kann sein. Aberim Allgemeinen verdrängt derMensch eher die eigene Schuldals das, was ihm angetan wurde.Das klassische Verdrängen be-steht darin, dass die Leute nichterkennen, dass auch sie Fehler ha-ben. Ich habe relativ viele Paar -therapien. Und in einer Paarthera-pie wird deutlich, dass die Men-schen sehr sensibel dafür sind,was ihnen alles zugestoßen ist.Aber sie erkennen im Allgemei-nen kaum, was sie selbst falschgemacht haben.

Ist die Unfähigkeit, vergeben zukönnen, ein weit verbreitetesPhänomen?Bonelli: Ja. Viele Menschenglauben, dass ihr Unglück damitzusammenhängt, dass andere et-was falsch gemacht haben. Es gabeine Zeit in den achtziger Jahrendes vorigen Jahrhunderts, in derman darauf fixiert war, den Elterndie Schuld zu geben für alles, waseinem im Erwachsenenleben – oftJahrzehnte später – passiert ist.„Was war denn da in ihrer Kind-heit?“, war eine klassische Frage.Diese Form der Schuldzuwei-sung endet immer in einer Sack-gasse. Dem anderen die Schuld

zuzuschieben, nützt niemandem.In dieser alten Form der Psycho-therapie bewegte man sich nie inRichtung Vergebung. Ich erinne-re mich noch gut an einen 60-jährigen Mann: Er hatte acht Jah-re Psychoanalyse hinter sich.Jetzt wolle er wissen, was die neu-en wissenschaftlichen Erkennt-nisse seien. Dann erzählte er mir,er habe mit seinen verstorbenenEltern gebrochen, ebenso mit sei-nen Geschwistern. Alle seien bö-se zu ihm gewesen. Ich sagte ihmdarauf: „Ich sehe Sie unversöhnt.Haben Sie schon darüber nachge-dacht, an der Vergebung zu arbei-ten?“ Also das habe er noch niegehört, war seine Antwort. Unddann ist es in vier Stunden gelun-gen, dass er auf seine noch leben-den Geschwister zugegangen ist.Nach Jahrzehnten der Verbitte-rung, der Trennung, des Schwei-gens kam es wieder zu Kontakten.

Vergebung also ein Schlüsselfür psychische Gesundung?Bonelli: Jedenfalls ein wichti-ger Faktor, wenn sie auch nicht al-les ist. In den USA wird viel überdas Thema Vergebung – unter derBezeichnung „Forgiveness“ –geforscht. So bezeichnet man dieFähigkeit einer Person, anderenzu vergeben. Es geht da um eineinnere Haltung, eine Tugend. InStudien wird deutlich: Forgive -ness steht in enger Beziehung mitpsychischer Gesundheit.

Lässt sich Forgiveness einüben?Bonelli: Es gibt konkrete Trau-mata, in denen man in der Psy-chotherapie üben kann zu verge-ben.

Wie funktioniert das?Bonelli: Da gibt es verschiede-ne Schulen. Aber in allen wird einZweischritt genannt. Der ersteSchritt: die Entscheidung zu ver-geben („Decisional forgive -ness“); der zweite: „Emotionalforgiveness“ – dass man also auchgefühlsmäßig vergibt. Zuerstmuss man verzeihen wollen –erstdann kann man auch emotionalvergeben. Entscheidend ist der er-ste Schritt. Für diesen ist es sehrhilfreich, wenn der andere umVergebung bittet. Aber das istnicht unbedingt notwendig. Mankann auch Tätern verzeihen, dieschon tot sind, oder solchen, dieeinfach nicht um Verzeihung bit-ten. Aber das ist viel schwerer.

Es geht also zunächst um einenWillensakt. Wie übt man einensolchen ein?Bonelli: Es gibt in diesem Zu-sammenhang eine Studie, die mirwichtig erscheint. Sie geht derFrage nach, wer sich leicht bzw.wer sich schwer mit dem Verzei-hen tut. Das Ergebnis: Am leich-testen tun sich jene, die eigeneFehler erkennen können. Je mehrein Mensch erkennt, dass er selbstfehlerhaft ist, umso eher kann eranderen einen Fehler zugestehenund deshalb verzeihen. Men-schen, die sagen: „Mir wäre dasnie passiert!“ und sich über denanderen empören – insbesonderePerfektionisten und Narzissten –tun sich ganz schwer mit demVergeben. Und das hat viel mitSchuldverdrängung zu tun. Wieerwähnt, tun wir Unrecht und er-leiden es – etwa 50 zu 50. Wennnun jemand den eigenen Anteilverdrängt, hat er große Schwie-rigkeiten, anderen Fehler zuzu-billigen. Denn er selbst macht jaangeblich keine. Dabei verbittertman, weil man den Eindruck hat,der einzige Unschuldsengel zusein, während die anderen ge-mein sind. Wer also erkennt, dasser selbst auch „Dreck am Steckenhat“, hält leichter erlittenes Un-recht aus.

Fähig zur Selbstkritik zu wer-den, ist also eine Form, wie mandas Vergeben einübt… Bonelli:Genau. Die regelmäßi-ge Gewissenserforschung, dieBeichte sind psycho-hygienischganz wichtig. Auch die Worte ausdem Vaterunser „Vergib uns un-sere Schuld, wie auch wir verge-ben unseren Schuldigern“ passenhierher: Diese Verkoppelung hatempirisch, wissenschaftlich vielSinn. Wenn ich merke, dass ichder Vergebung bedürftig bin, tueich mir auch leichter, dem zu ver-geben, der sich gegen mich ver-sündigt hat.

Nun aber zu dem zweiten Schritt:der emotional erfahrbaren Ver-gebung. Schafft man das aussich selbst heraus?Bonelli: Der Schritt, den man

selbst tun kann, ist die Entschei-dung: „Ich will dir vergeben!“Das soll man sich immer wiederin Erinnerung rufen, wenn derGroll hochkommt: „Ja, ich habeihm vergeben.“ Ein zweiterSchritt, den wir in der Psychothe-rapie gehen, ist, dass wir Empa-thie für den anderen stärken. Damöchte ich die Paartherapie zitie-ren: Da ist es wichtig zu verste-hen, wie es dem anderen geht:Wie hat er oder sie gedacht, emp-funden? Je mehr man die Um-stände des „Täters“ versteht, um-

so leichter tut man sich beim Ver-zeihen. In der Rolle als Paarthera-peut wundere ich mich immerwieder, wie schnell man die eineund die andere Seite versteht. Fastnie ist die Schuld einseitig, dassalso nur einer der Täter, der ande-re das Opfer ist. Bemerkenswertist, dass beide Seiten das im All-gemeinen nicht wahrnehmenkönnen, weil sich jeder so schwermit der eigenen Schuld tut. Wenn man dann beispielsweiseder Frau sagt, das oder jenes habesie gemacht und sie sieht das ein– dann flippt der Mann richtig ausund sagt: „Seit Jahrzehnten habeich dir das auch gesagt! Warumhörst du nicht auf mich?“ Irgend-wie können sie nicht aufeinanderhören, obwohl die Wahrheit auf

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Schritte, wie man das Vergeben einüben kann

Die eigenen Fehler entdecken lernen

Vergebung: Das Heilmittel schlechthin für sanierungsbedürftige Ehen

der Hand liegt. Nur wird sie meistso formuliert, dass sie unannehm-bar ist. Außerdem ist man taub fürKritik, wenn man im Streit liegt.

Ist Vergebung nicht eigentlichein einseitiger Akt, bei dem esnicht darauf ankommt, dass derandere darum bittet?Bonelli: Ja, aber die Bitte er-leichtert das Vergeben erheblich.Wenn der Täter meint, sein Ver-halten sei „eh ganz in Ordnung“,so macht dies das Verzeihenäußerst schwierig. Selbst dann

aber ist es gut zu vergeben. Dennsonst bleibt man unfrei. Aber je-mandem zu vergeben, derwomöglich stolz auf sein Tun ist –das ist die Königsdisziplin. Lei-der kommt es immer häufiger vor,dass Leute stolz auf ihr Verhaltensind, auch wenn es verletzt. Dashat mit der Erziehung zu tun, dieim Moment praktiziert wird. Eswäre so wichtig, den Kindern bei-zubringen, dass sie sich prüfen:Was mache ich falsch?

Du hast vom Befreien gespro-chen. Ist das Vergeben im Grun-de genommen nicht auch ein Aktder eigenen Befreiung?Bonelli: Ja. Eine starke Gottes-beziehung macht einem das nochviel leichter. Und so verwende ich

bei religiösen Patienten auch reli-giöse Bilder. Da ist es für mich alsTherapeuten sehr hilfreich, aufdie Leiden Christi hinzuweisen.Ich habe nämlich noch nieman-den kennengelernt, der mehr alsJesus Christus gelitten hätte – undnoch dazu ganz unschuldig. Unddennoch hat Er vergeben: „Vater,vergib ihnen, denn sie wissennicht, was sie tun“. Das einem re-ligiösen Menschen vor Augen zuführen, kann ihm helfen, mit inne-rer Verbitterung zurecht zu kom-men – auch im Gebet.

Leben wir Deinem Eindrucknach in einer Zeit, in der das Ver-geben schwieriger wird?Bonelli: Ich bin überzeugt, dasses schwieriger wird, weil wir in ei-ner perfektionistischen und nar-zisstischen Zeit leben. Perfektio-nismus heißt: Ich mache keinenFehler. Viele Menschen kreisenda nur mehr um sich selber. Siehaben immer weniger Verständ-nis für die Fehler der anderen.Aber genau das ist, wie gesagt, ei-ne Voraussetzung für die Fähig-keit zu vergeben.

Auch Christen scheinen davonbetroffen zu sein…Bonelli: Sicher. Viele wissen jaauch nicht mehr, dass man beich-ten gehen sollte. Die Vorstellung,Gott sei so barmherzig, dass Er füralles Verständnis hat und irgend-wie alles gut findet, hat sich eta-bliert. Und so wissen auch vielenicht, dass es überhaupt etwasgibt, was sie beichten könnten.

Das zu erkennen, würde abervoraussetzen, dass man sein Le-ben regelmäßig Revue passierenlässt…Bonelli: Ja, aber kritisch. Aller-dings beobachte ich, dass dieSelbstkritik bei sehr vielen umsomehr abnimmt, als man die Gebo-te demontiert. Denn diese sind ei-ne Richtschnur. Wenn man sichihnen demütig nähert, erkenntman: Ich habe Probleme mit demvierten, fünften, achten… Damuss ich beichten, um zu wach-sen. Das tut der Seele gut. Dannweiß man, wo man hin muss.

Wenn man aber meint, diese Ge-bote seien antiquiert, die Kirchemüsse sich da endlich an die heu-tigen Gegebenheiten anpassen –meistens gilt das nicht für vieroder acht, sondern für sechs –,dann kann man nicht wachsenund meint, man sei ohnedies ok.

Und damit wird wohl das Zu-sammenleben schwieriger…Bonelli: Genau an dem schei-tern viele Ehen. Ohne Vergebungkann keine Ehe funktionieren. Daman als Mann und Frau eng zu-sammenlebt, ist es notwendig, re-gelmäßig um Verzeihung zu bit-ten. Papst Franziskus sagt uns,Danke, Bitte, Entschuldige seiendie Zauberworte für das Gelingender Ehe. Ich finde das großartig.Als Psychiater kann ich das nur100-prozentig bestätigen.

Lassen sich also Ehekrisendurch Vergebung bewältigen?Bonelli: Folgendes erlebe ichimmer wieder: Es kommt einPaar, und sie erzählt, was ihr derMann angetan hat. Dann frageihn, ob das so stimme. Worauf ersagt: „Ja, auch wenn sie etwasübertreibt.“ Ich frage dann: „TutIhnen das leid?“ Er darauf: „Ja,ja…“ „Haben Sie sie da um Ver-gebung gebeten?“ „Nein, dasbrauchen wir nicht. Sie weiß ja,dass ich sie lieb hab…“ Woraufich sie frage: „Wie geht es Ihnendamit?“ Da höre ich: „Schönwär’s schon, wenn er um Verzei-hung bitten würde.“ „Na, wäredas nicht jetzt eine Gelegen-heit?“, wende ich mich an ihn.„Soll ich hinausgehen?“ Er dar-auf: „Nein, nein…“, klopft ihr aufden Schenkel und sagt: „Ent-schuldige, Schatzerl“, ohne sie

anzuschauen, um dann zum näch-sten Thema überzugehen. Wennich die Frau dann frage, wie dasemotional bei ihr angekommensei, sagt sie: „Na, ist schon gut…“„Wirklich?“ „Na ja…“ Dann ladeich den Mann ein zu sagen: „Lieb-ling, es tut mir wirklich leid, dassich Dir das angetan habe und dassDu Dich gekränkt hast.“ Und tuter das dann, ist der Bann gebro-chen: Sie fängt an zu weinen, erebenso – und auch ich hab’ Trä-nen in den Augen. Die Stimmungim Raum kippt – die Therapie istpraktisch beendet. Das sind un-heimlich starke Momente für ei-nen Therapeuten. Da wird eineEhe in wenigen Sekunden saniert.

Am leichtesten tut man sich alsomit dem Vergeben, wenn mandarum gebeten wird. Also wärees gut, sich darin zu üben, umVergebung zu bitten…Bonelli:Das müssen wir lernen.Wenn ich öfter um Vergebungbitte, erleichtere ich es dem ande-ren, das Gleiche zu tun. Das Schö-ne an der Bitte um Vergebung ist,dass ich mich bildlich vor meinerFrau hinknie. Damit mache ichmich von ihr abhängig. Damitübergebe ich ihr die Macht zu ver-zeihen oder eben nicht. Nur, dastrauen sich viele nicht. Sie habenAngst, dass der andere dann denZeigefinger erhebt und weiteresVersagen anspricht. Genau das istaber in einer solchen Situationüberhaupt nicht angebracht.Denn jetzt geht es um Versöh-nung, um Heilung.

In der Beziehung zu den Kinderngilt wohl dasselbe Prinzip?Bonelli:Es gibt Kulturen, in de-nen die Eltern ihre Kinder zwin-gen – vielleicht sogar handgreif-lich – sich zu entschuldigen,selbst aber nicht auf die Idee kom-men, sie einmal um Vergebung zubitten. Dann lernen die Kinder,dass es das Recht des Stärkerenist, Vergebungsbitten einzufor-dern. Verloren hat, wer sich ent-schuldigen muss. Solche Kindertun sich später ganz, ganz schwer.Bitten Eltern aber die Kinder umVerzeihung, wenn sie selbst et-was falsch gemacht haben – viel-leicht erklärend: „Ich war sehrnervös, es tut mir leid“ –, so tut dasden Kindern sehr, sehr gut. Dannlernen sie einen natürlichen Zu-gang zum Verzeihen.

Das Gespräch hat christof Gaspari geführt.

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Schritte, wie man das Vergeben einüben kann

Die eigenen Fehler entdecken lernen

Vergebung: Das Heilmittel schlechthin für sanierungsbedürftige Ehen

Univ. Doz. Raphael Bonelli

Das Vergeben ist wirklicheine Herausforderung –besonders für uns Jünger

Christi, die wir nicht das Gute tun,das wir wollen, wohl aber das Bö-se, das wir nicht wollen (vgl. Röm7,19). Eine Herausforderung fürunser Gedächtnis, das speichert,für unseren Leib, der einsteckenmuss, für unsere Gefühle, die dasFeuer nähren, für unseren Stolz,der gern die „beleidigte Leber-wurst“ spielt, aber es gar nichtmag, sich den eigenen Fehlern zustellen. (…)

Um Vergebung zu bitten, erfor-dert große Anstrengung. UnserStolz lehnt sich auf und überzeugtuns, dass das getane Unrecht garnicht so groß – ja schlimmer noch:zurecht getan worden sei. Manfindet da stets gute Entschuldi-gungen. Um Vergebung zu bitten,heißt, die eigene Armut anzuneh-men, sie offen einzugestehen undauf Rechtfertigung zu verzichten.Alles andere als einfach. Wer fälltmir da ein? Welches Ereignisdrängt sich da auf? Wen habe ichdurch meine Worte, meine Hand-lungen, meine Nachlässigkeit be-sonders verletzt? Wie kann ich daum Vergebung bitten? Wann?Und wie wieder gutmachen?

Von einem anderen Vergebung

zugesprochen zu bekommen, istnicht unbedingt einfacher. Opferzu sein, hat auch eine angenehmeSeite: Die gekränkte Tugendschmückt sich gern mit Würde,hat einen Hang zu erpressen, ge-fällt sich in ihrer Machtposition.Man erwartet, dass der Schuldigeuns zu Füßen fällt, man lässt ihnein bisschen in seinem Saftschmoren; „irgendwo“ tut dasgut. Irgendwo? Natürlich auf derSeite des Stolzes. Wenn man danngroßzügig Vergebung gewährt –statt schlicht zu vergeben –, tri-umphiert man innerlich: „Wer ist

jetzt der Stärkere? Wer hatte letzt-endlich recht? (…) Vergebung,die man vom anderen wie einelustvolle Erniedrigung empfängt,lässt das Herz durch diese giftigeFreude erstarren.

Die wahre Freude erwächst ausder wiederhergestellten Liebe.Die von einem „zerbrochenenund zerschlagenen Herz“ (vgl. Ps51) erbetene Vergebung mussvon einer „zerbrochenen und zer-schlagenen“ Liebe angenommenwerden: das ist dann, nach dem

Ebenbild Gottes zu sein, barm-herzig wie der Vater. Die wahreVergebung ist gratis, erfolgt un-verzüglich, ohne Hintergedankenund ohne Reue. Inwiefern bedarfmeine Vergebungsbereitschaftnoch der Läuterung?

Manchmal schafft man es nichtzu vergeben. Es geht einfachnicht: Die erlittene Verletzung isteinfach unerträglich, kann nichtsaniert werden; das Leidenschmerzt zu sehr. Da geht es nichtum Stolz, sondern im Gegenteilum Armut. Wie soll man demMörder unseres Kindes verzei-hen? Dem Ehepartner, der unsverlassen, betrogen, geprügelthat? Dem Chef, dem Professor,der uns gemobbt, gedemütigt, ge-brochen hat? Mehr als sonst, istder Weg der Vergebung in sol-chen Situationen ein Weg derHeiligkeit. Ein Weg, der den Är-ger stillt, die Traurigkeit durch-bricht, die Verbitterung überli-stet. Man betritt diesen Weg, in-dem man einen Willensakt setztund durch einen Glaubensakt er-gänzt: „Herr, ich möchte verge-ben. Hilf mir! Ohne Dich kann ichnichts tun.“ (Vgl. Joh 15,5)

Juliette Levivier

Famille chrétienne v. 1.-7.4.17

8 Schwerpunkt VISION 2000 3/2017

Wahre Freude, wo Liebe

wieder hergestellt ist

Über Ausflüchte und deren Bekämpfung

Vergeben – was für eine Herausforderung!

Meine Frau hat mich nach 15-jähriger Ehe verlassen. Ich warzutiefst verletzt, habe ihr Ver-halten als erniedrigende Leicht-fertigkeit empfunden. Ich er-lebte Verzweiflung, schlafloseNächte, am Morgen Unfähig-keit aufzustehen, Auflehnunggegen Gott, Verwünschungen,Rachegedanken, Trauer, denWunsch zu sterben. Weder das Gebet noch die Sa-kramente haben mir geholfen.Ich glaubte zwar weiter an JesusChristus, aber das vermitteltemir keinen Halt. Alles gingdrunter und drüber, die Treuezum Ehesakrament, derSchmerz, die gefühlsmäßigeAblehnung der Vorstellung, ei-nen lieben Menschen zu verlie-

ren, der Schaden für die Kinder,die Angst, nicht mit der neuenLage umgehen zu können. Ichhabe gelitten, Hass empfunden,umso mehr, als sich meine Frauunglaublich unbekümmert ver-hielt. Ich habe zehn Jahre gebraucht,um mich wieder zu erholen. DieZeit ist eine Verbündete gegenden Groll. Sie hilft, um wiederauf die Beine zu kommen. Ob ich vergeben habe? Die Fra-ge beschäftigt mich sehr. Ich binmir der Sache nicht sicher.Wenn ich mich allerdings vorGott stelle und an die denke, diemich verletzt hat, so wird mirbewusst, dass Er sie liebt undwill, dass sie gerettet und nichtverurteilt wird. Punkt. Dieser

Blick Gottes, dass keiner verlo-ren gehen soll, der in SeinerHand ist, verschafft mir Er-leichterung.Immer gelingt mir diese Sichtjedoch nicht. Es passiert, dassich mich vor Gott über eine zuarge Erinnerung ereifere. Danngilt es, mein eigenes Urteil zubekämpfen, diesen Protest an-gesichts einer grausamen Erin-nerung, die mich kränkt. Selbstwenn es zutrifft, reicht mein Ur-teil nie, um mir Frieden zu ver-schaffen. Also überlasse ich dasUrteil Gott, ohne mich ihm zuverweigern, lasse Seine sanfterettende Macht wirken.

Jacques, 42 Jahre

Famille chrétienne v. 13.6.13

Meine Frau hat mich nach 15 Jahren Ehe verlassen… Beim Attentat dieBeine verloren

Ich vergebe denjenigen, die mei-ne Mutter und mich töten woll-ten, als ich 12 Jahre alt war. Beidiesem Attentat verlor ich meineBeine und drei Finger. Ich ver-stehe jeden, der nicht vergebenkann, aber wenn man nicht ver-gibt, kann man unmöglich glück-lich sein. Ich ernte jeden Tag dieFrüchte des Vergebens.

Irene Villa, para-olympischeSki-Athletin

Mit den Opfern aneinem TischWieviele Menschen sind wegendir gestorben?Es handelt sich um 2.500-2.700direkte Opfer. Ich übernehme die

Es gibt Fälle, in denen mensch-lich gesehen Vergebung un -mög lich erscheint. Das Schick-sal von Tim Guénard ist so einFall – ja, wenn es da nicht auchdie Vorsehung Gottes gäbe…

Nachdem ihn seine Mutterausgesetzt hatte, kommtTim mit drei Jahren zu

seinem Vater, der mittlerweilemit einer anderen Frau zusam-menlebt und dem Alkohol sehrzugetan ist. Für die Stiefmutter,die fünf eigene Kinder hat, ist derBub ein unerwünschter Parasit.So bekommt der kleine Tim statterhoffter Umarmung täglich Prü-gel. Fährt die Familie am Wo-chenende fort, wird der Vierjähri-ge in den Keller gesperrt – nur derHund schleckt an seinen Fingern,die er durch das winzige Keller-fenster streckt.

Tim ist fünf, als ihn Stiefmutterund Vater mit einem Holzprügelfast erschlagen. Eine Fürsorgerinwar dagewesen und hatte mit demBuben gesprochen. Nun vermu-tet der Vater, Tim habe von denMisshandlungen erzählt. Baldbricht der vor Angst erstarrteKleine zusammen. Der Vaterprügelt weiter und stößt ihnschließlich die Kellertreppe hin-unter. Als Tim wieder zu sich

Zeugnisse aus dem neuen Cotelo-Film über die Kraft der Vergebung

Das größte Geschenk

kommt, zerrt ihn die Stiefmutter –Tim kann nicht gehen – die Trep-pe hinauf und oben bricht der Or-kan neuerlich los: Ein wuchtigerSchlag zerreißt ein Augenlid, einzweiter sein Trommelfell undzerfetzt sein Ohr. Dann istschwarze Nacht um ihn.

Nach drei Tagen im Koma er-wacht Tim im Spital, wohin ihndie zurückgekehrte Fürsorgerin

gebracht hatte. Dem Vater wirddie elterliche Gewalt entzogen.Tims Beine sind zermalmt. Manmuss sie wie ein Puzzle wiederzusammensetzen. Viele qualvol-le Operationen muss er erdulden.Fast drei Jahre bleibt er im Spital.

Klar, dass eine solche Ge-schichte zu einem Absturz in derJugendzeit führt: Selbstmordver-suche, Erziehungsheim, Gewalt-taten, Diebstähle, Obdachlosig-keit, Prostitution, wieder Erzie-

hungsheim, Flucht, Jugendge-richt…

Endlich ermöglicht ihm eineRichterin eine Lehre. Er besuchteine technische Schule und hat ei-nen Bewährungshelfer. Ein har-tes Leben, doch Tim ist zufrieden.Erstmals macht er positive Erfah-rungen: mit den Kollegen am Bauund den Mitschülern in der Be-rufsschule.

Das ändert aber nichts daran,dass seine Gewalttätigkeit leichtentflammbar bleibt. In dieser Zeitlernt er boxen. Es wird nicht dereinzige Kampfsport sein, denTim erlernt, ist er doch von derIdee besessen, stärker zu werdenals sein Vater, um ihn umzubrin-gen. So wird aus ihm ein sehr gut-er Boxer. Denkt er nämlich beimBoxen an seinen Vater, so ist derKampf auch schon gewonnen.

Die Bekanntschaft mit einemArbeitskollegen, der Christ ist,leitet einen langjährigen Prozessder Umkehr – durchaus mit Rück-fällen durchsetzt – ein. Die Statio-nen dieses Neubeginns: Taizé, ei-

ne Begegnung mit Mutter Teresaauf der Straße in Rom, ein Trappi-stenkloster in Kanada, die Archevon Jean Vanier, Begegnungenmit der Mystikerin Marthe Robin,schließlich die Ehe mit einer gläu-bigen Frau.

In diesen Jahren wächst in ihmauch das Bewusstsein, er müssedem Vater vergeben. Menschlich

gesehen ausgeschlossen. Wie esdennoch dazu kam, erzählt Timso: „Das ging nicht schlagartig.Zunächst möchte man vergeben,kann es aber nicht. Dann wennKopf und Herz sich einig sind,bleiben noch die Erinnerungen,die an die Oberfläche steigen.Jahre später musste ich mich we-gen der Verletzungen durch mei-nen Vater noch an den Beinenoperieren lassen. Da fällt dasVerzeihen schwer. Das Verge-ben der Erinnerungen kann langedauern.“

Aber dann schafft er denDurchbruch. Er versöhnt sich mitseinem Vater, und es entsteht imLaufe der Jahre eine neue Bezie-hung zwischen beiden.

Vor Jahren habe ich Tim hier inWien als einen der berührendstenund überzeugendsten Zeugen fürVergebung kennengelernt. Anseiner Geschichte wird deutlich,wie sehr ein Mensch sich zu än-dern vermag, wenn er menschli-che Zuwendung erfährt und derLiebe Gottes begegnet. Nur so istdas Wunder der Versöhnung zwi-schen Tim und seinem Vater er-klärbar.

Alexa Gaspari

siehe auch Portrait Vision undDAs BoxErKinD. Von tim Guen-ard

Weil für Gott nichts unmöglich ist

Ein Wunder der Vergebung

Schwerpunkt VISION 2000 3/2017 9

Von Vater und Stiefmutter

spitalsreif geprügelt

Verantwortung für alle diese Ta-ten. Ich verstand erst, wie vielLeid ich verursacht hatte, als ichmich mit den Opfern an einenTisch gesetzt hatte. In ihren Her-zen kann ich unheilbare Wundensehen. Aber das lässt mich dieGröße Gottes und Seine Liebeverstehen. Weil diese Menschenmir trotz allem vergeben haben.Wenn sie mir nicht vergebenkönnen, kann ich das verstehen.Aber wenn sie mir vergeben,können wir beide Ruhe findenund ein Leben in Frieden führen.

Diego Vecino, Ex-Chef einerparamilitärischen Gruppe in

Kolumbien

Was bringt mir der Hass?Eines Tages klopfte die Gewaltan meine Tür. Sie haben meine

Mutter ermordet. Ich war immermehr von Hass und Groll erfüllt.Machtlosigkeit. Ich wollte mirselbst Gerechtigkeit verschaffen.Ich weinte immer, bis ich mir sag-te: Was bringt mir so viel Hass?Ich fühlte mich, als wäre einSchwert aus meinem Herzen ent-fernt worden. Es steckt mir biszum Griff in der Brust. Und eswurde mir langsam entfernt.

Eine Kolumbianerin

Vergebungsbitte eines DiktatorsIch bitte alle um Vergebung, diewährend meiner Regierungszeit(1983 bis 1989) durch mein Han-deln oder das meiner Untergebe-nen in irgendeiner Form verletztoder geschädigt worden sind. Zudieser Bitte um Vergebung hatmich das Vaterunser angeregt,

das erste Gebet, das man mir zuHause beigebracht hat.

General Noriega, Ex-Diktator von Panama

Gott möge ihm vergeben!Er sagte mir, er habe meinemMann sechs Kugeln ins Gehirngejagt. Es war sehr schwer. Ichwar sicher, dass ich ihm niemalsvergeben würde. Eher würde ichsterben. Und doch vergab ichDon Ramon, obwohl er mir soviel Leid zugefügt hat. (Er sitztneben ihr, und sie hält ihn bei derHand). Das hat mir Ruhe ge-

schenkt. Und mein Leben hatsich total verändert. Ich fühle kei-nen Hass gegen ihn, und ich betezu Gott, dass Er ihm auch verge-be. Man muss vergeben. Dennwer sind wir, dass wir nicht ver-geben?

Eine Kolumbianerin

Ausschnitte aus interviews in demFilm DAs GrößtE GEschEnK – einFilmprojekt von Juan manuel co-telo (Portrait Vision 6/16), derauch die Filme DEr lEtztE GiPFElund mArys lAnD produziert hat.Das Filmprojekt ist noch nicht aus-finanziert. An seiner Fertigstel-lung kann man sich durch spendenbeteiligen. näheres siehe: https://infinitomasuno.org/dasgroesstegeschenk/

Zeugnisse aus dem neuen Cotelo-Film über die Kraft der Vergebung

Das größte Geschenk

Tim Guénard

10 Schwerpunkt VISION 2000 3/2017

Es gibt Unrecht, das man nichtvergessen kann. Man kann vomOpfer eines Attentats oder vonEltern, deren Sohn ermordetworden ist, nicht verlangen, dasLeid, das ihnen zugefügt wordenist, zu vergessen – und auch nichtden, der es verschuldet hat. Es istnormal – ja durchaus gesund –,dass man sich in Erinnerung ruft,was man durchgemacht hat. Undman kann auch auf dem Rechtbestehen, dass dies nicht in Ver-gessenheit gerät. In manchenFällen spricht man sogar von derPflicht zur Erinnerung. Heißtdas, dass es etwas Unverzeihli-ches gibt?Erlittenes Unrecht zu vergessen,liegt nicht in unserer Verfü-gungsmacht. Wir können nichtbeschließen, etwas auszulö-

schen, auch wenn uns das rechtwäre. Diese Erfahrung machenwir alle: Es gibt schwere oderleichte Verletzungen, die wirgern vergessen würden, die den-noch im Gedächtnis haften. Sind wir also unfähig, wahrhaftzu vergeben, wenn sich unserGedächtnis weigert, Schwammdrüber zu machen?„Die Auferstehung lässt die Pas-sion nicht in Vergessenheit gera-ten,“ stellte Kardinal Jean-MarieLustiger einmal fest. Und genau-so wenig sind Vergeben undVergessen gleichbedeutend.Wenn Erinnerungen an erlitte-nes Unrecht wieder wach wer-den, meinen viele, dies sei einZeichen dafür, dass sie nicht ver-geben hätten. Man kann aber einEreignis, das Schmerzen bereitet

hat, nicht vergessen. Denn dieErinnerung hat etwas mit demGedächtnis zu tun – die Verge-bung aber mit dem ernsten Wil-len. Das ist nicht dasselbe.„Das Zeichen dafür, dass wir vonHerzen und ganz vergeben ha-ben, und dass diese Vergebungangekommen ist, besteht darin,dass wir uns zwar nach wie vorerinnern, dass uns dies jedochnicht mehr zerstört, nicht mehrunser Leben ruiniert.“ So Simo-ne Pacot in l’Évangelisation desprofondeurs. (…)Wer vergibt, muss sich erinnernkönnen. Die Vergebung bestehtnicht darin, die Verletzung zuleugnen oder so gut wie möglichzu verstecken. Im Gegenteil: Umvergeben zu können, muss mansich zunächst bewusst machen,

dass man verletzt worden ist.Warum aber soll man scheinbarvergessene Verletzungen wie-der ins Bewusstsein heben? Weilsie, solange sie nicht vergebensind, wie Eiterherde wirken, dieihr Gift verbreiten. Wie viele inder frühen Jugend erlittene Wun-den belasten doch die Familien-beziehungen, obwohl man dach-te, sie seien längst geheilt! Es istdie Vergebung, die unser Ge-dächtnis heilt, indem sie unsFrieden schenkt. So wird die Er-innerung an das erlittene Leid einWeg des Lebens und des Segens,wo sie doch ein Weg des Todesund Fluches war. Die Vergebungist wahrhaft Auferstehung: vomTod zum Leben.

Christine PonsardFamille chrétienne v. 8.8.98

Im 2. Weltkrieg hatte die tief -gläubige Hölländerinmit ihrerSchwesterJuden ge rettet. Alsdies aufflog, kamen beide insKonzentrationslager. Nur sieüberlebte. Als sie dann nach demKrieg in Vorträgen für Ver söh -nung eintrat, steht eines Ta gesihr Peiniger von damals vor ihr…

Es war in einer Kirche inMünchen 1947. Ich warvor kurzem von Holland in

das besiegte Deutschland mit derBotschaft gekommen, dass Gottallen vergibt. Es war die Bot-schaft, die in diesem grauen, zer-bombten Land am meisten ge-braucht wurde.Und da sah ichihn! Hager, in grauem Mantelbahnte er sich einen Weg durchdie Menge.

Die Erinnerung kam wie einBlitz: der riesige Raum voll spot-tender Männer, in der Mitte dertraurige Kleiderhaufen, die Schu-he, und dann die Demütigung, je-den Freitag unbekleidet an die-sem SS-Mann vorbeigehen zumüssen. Vor meinen Augen warnoch die abgemagerte Gestaltmeiner Schwester, und nun stander mit ausgestreckter Hand strah-lend vor mir, einer der grausam-sten Wärter im Lager: „Eine wun-derbare Botschaft, Fräulein. Wiegut zu wissen, dass Er, wie Sie sa-gen, all unsere Sünden abgewa-schen hat“, sagte er.

Und ich, die soeben eindrück-lich über die Vergebung gespro-chen hatte, machte mich an mei-nen Notizen zu schaffen, um sei-

ne Hand nicht ergreifen zu müs-sen.…)

„Sie haben Ravensbrück inIhrem Vortrag erwähnt,“ sagte er.„Ich bin dort Aufseher gewesen.Aber das ist vor-bei. LetztesWeihnachtenwurde ich Christund weiß, dassGott mir meineGreueltaten vondamals vergebenhat. Doch ich batIhn, mir die Mög-lichkeit zu ge-ben, eines derOpfer persönlichum Vergebungzu bitten! Des-halb möchte ichSie fragen: Kön-nen Sie mir vergeben?“Wiederstreckte er mir die Hand hin, dochin mir kochten bittere Rachege-danken.

Konnte er Betsies langsamen,schrecklichen Tod ausradieren,nur weil er um Vergebung bat?

Doch Jesus war für diesenMann gestorben. Wollte ich mehrverlangen? „Herr Jesus“, beteteich, „vergib mir und hilf mir, ihm

zu vergeben!“ Alles dauerte nurein paar Sekunden, aber mir er-schienen sie wie Stunden, dennich kämpfte mit dem Schwierig-sten, mit dem ich je zu tun hatte.

Ich versuchtezu lächeln,bemühte michkrampfhaft, dieHand zu heben,konnte es abernicht (…) DochJesus sagt:„Wenn ihr denMenschen ihreVerfehlungennicht vergebt,wird auch derhimmlische Va-ter euch eureVerfehlungennicht verge-

ben.“Wie oft hatte ich in Bloe-mendaal darüber gepredigt, undwie sehr war es dort mit Händenzu greifen: Nur jene, die ihrenfrüheren Feinden vergeben konn-ten, waren in der Lage, wieder indie Außenwelt zurückzukehrenund ihr Leben neu in die Hand zunehmen, ganz gleich, in welchemkörperlichen Zustand sie sich be-fanden. Und da stand ich nun mit

meinem kalten Herzen! Vergebung ist kein Gefühl, dies

war mir klar. Vergebung ist einAkt des Willens, und der Willekann ohne Rücksicht auf dieTemperatur des Herzens handeln.„Jesus, hilf mir! Ich kann ihmnicht vergeben. Schenke mir Dei-ne Vergebung!“, hauchte ichschwach. Und während ich höl-zern, mechanisch meine Handhob und in seine legte, geschah et-was ganz Unglaubliches: Vonmeiner Schulter herunter, an mei-nem Arm entlang und durch mei-ne Hand schien ein Strom von mirauf ihn überzugehen, währendmich eine heilende Wärmedurchflutete. In meinem Herzenloderte eine Liebe zu diesemFremden auf, die mich überwäl-tigte.

Und unter Tränen konnte ichsagen: „Ich vergebe dir, Bruder,von ganzem Herzen!“Für einigeAugenblicke hielten wir uns ganzfest: der ehemalige Wärter unddie ehemalige Gefangene. Niezuvor hatte ich Gottes Liebe so in-tensiv erlebt wie in diesem Mo-ment. Und so entdeckte ich, dassdie Heilung der Welt weder vonunserer Vergebung noch von un-serer Güte abhängt, sondern al-lein von der Seinen. Wenn Er unssagt, dass wir unsere Feinde lie-ben sollen, dann schenkt Er unsmit dem Gebot auch die notwen-dige Liebe dazu.

Corrie ten Boom †

Weil dieser text aus Vision 1/10 dasWesen der Vergebung so gut illu-striert, bringen wir ihn noch einmal.

Begegnung mit dem Peiniger

Da stand ich nun mitkaltem Herzen…

Vergeben heilt das Gedächtnis, löscht jedoch nicht die Erinnerungen aus

Corrie ten Boom (1892-1983)

Das Ziel der Sühne ist Versüh -nung: Versöhnung des verletz-ten, gering geschätzten, belei -digten und leidenden Du. Wiederhergestelltes Vertrauen. Einegereinigte, wohltuende, zumGuten führende Atmosphäre.

Denn so geht es im Leben:Wilhelm Schamoni be-richtet das Beispiel des

Generalvikars Pascali: „Damalserfuhr ich eine besonders schwerkränkende Beleidigung von ei-nem Menschen, der mir gegenü-ber sowohl Freundschaft wieVerpflichtungen hatte. Der Ärgerdarüber war so stark, dass ichnicht nur nichts zu Mittag essenkonnte, sondern auch schon denEntschluss gefasst hatte, meinAmt aufzugeben und aus dieserStadt fort zu ziehen. Um mich ab-zulenken und den bedrücktenGeist zu erleichtern, verließ ichdas Haus, um einen weiten Gangzu machen . . .

In meine Wohnung zurückge-kehrt, hörte ich kurz danach an dieTür klopfen, und zu meiner Über-raschung erblickte ich die Person,von der ich die Beleidigung emp-fangen hatte. Sie näherte sich mirmit beschämtem Angesicht, dassich schon meinte, sie sei gekom-men, mich mit neuen Beschimp-fungen zu überfallen. Als wir indas Kaminzimmer eingetretenwaren, sehe ich, wie sie sich vormir auf die Knie wirft, meineHand ergreift, sie küsst und michum Verzeihung bittet für dieKränkung, die sie mir angetan ha-be, und fleht, diese zu vergessenund in Zukunft mit größtem Ver-trauen über sie zu verfügen in al-lem, was mir begegnen würde,und dass ich einen Freund in demfinden würde, der mein ungerech-ter Beleidiger gewesen sei.

Ich hob ihn auf, umarmte ihn,und über eine Stunde verbrachtenwir in vertrautem Gespräch. AlleBitterkeit erlosch in mir, der Ge-danke, diese Stadt zu verlassenund mein Amt aufzugeben, ver-schwand, ich speiste mit Zufrie-denheit zu Abend und schliefdann in vollkommener Ruhe.“

So geschieht Sühne und be-wirkt Versöhnung und neue, tie-fere Freundschaft.

Der Täter schadet sich selbstNicht jeder Beleidiger leistet sol-che Genugtuung. Viel Unrecht,

Bitterkeit und Schaden bleibenbestehen und fressen sich zer-störend weiter. Während er denanderen beleidigt, verletzt der Tä-ter dabei auch seine eigene Ehre.Ein Sohn zum Beispiel, der seinenVater grob beschimpft, belastetdamit nicht nur diese Beziehungund die ganze Atmosphäre derFamilie. Er schadet zugleich sichselbst in den Augen vieler, die nunbei ihm weitere Ausbrüche fürmöglich halten. Sünden gegen dieLiebe und Ehre eines Du stören ei-ne elementare, naturgegebeneOrdnung und das Grundvertrau-en, den Boden jeder gesunden Be-ziehung.

Und je höher die verletzte Per-son, je stärker und reiner ihre Lie-be und Ehre, desto schwerer sinddie Folgen gerade für den, der ver-letzt hat. Auch die verursachteStörung zieht dann um so weitereKreise – ähnlich einem blindenTerroranschlag, der zum Unter-schied von anderen schlimmenVerbrechen ein ganzes Volkschockiert. Darum ist es so nötig,die höchste und wichtigste Ord-nung wieder herzustellen: durchdie Sühne für alle Geringschät-zung oder gar Verachtung gegenGott – und ebenso gegen die unsvon Ihm geschenkten höchstenPersonen auf Erden, Jesus undSeine Mutter Maria.

Stellvertretung - eingöttlicher AuswegDazu gewährt Gott als gnädigeEinrichtung die stellvertretendeSühne. Die tiefe Störung, die jedeSünde hinterlässt und die denSünder selbst schwer schädigt,wird so geheilt. Wo einer verhär-tet bleibt und nicht sehen will, waser angerichtet hat, darf ein andererfür ihn eintreten und die Wirkungder Sünde löschen. Im Grunde hatJesus das für uns alle getan. Ernimmt die Schuld von uns allenauf sich. Er ist für alle gekommenund hat eine ewige Erlösung be-wirkt.

Die stellvertretende Sühne, dieMenschen für einander tun,nimmt nun diese göttliche Liebeauch für andere, die sie noch ab-

lehnen, in Empfang.

Einfluss auf das Weltgeschehen

Welches Potenzial von Versöh-nung und Frieden! Welches An-gebot Unserer Lieben Frau vonFatima an unsere heutige Zeit!Die Christen von Portugal habenes begriffen und genützt. Nach er-sten Zweifeln und Prüfungen hatdas einfache Volk den Kindernund damit der Gottesmutter Glau-

ben geschenkt. Nach dem großenSonnenwunder am 13. Oktober1917 wuchs die Bereitschaft zumtäglichen Rosenkranz und zurSühne und überwand die herr-schende Feindschaft gegen Glau-be und Kirche. Portugals Bischö-fe entsprachen dem Wunsch Ma-rias und weihten das Land ihremUnbefleckten Herzen. So bliebihm der Zweite Weltkrieg erspart.

Ein AngebotDie Einladung des Himmels istzugleich einfach und klar. Mariahat durch die Seherin Lucia einesolche Sühne von uns erbeten, diees in diesem 100. Jahr zu erneuerngilt. Sie bestärkt zuerst unsereHoffnung auf den Himmel undverspricht, allen in der Todes-

stunde beizustehen, die fünfmalnacheinander am ersten Monats-Samstag – in der Beichte Gottes Verge-bung erbitten,– die heilige Kommunion emp-fangen,– den Rosenkranz beten–und noch eine Viertelstunde sei-ne Geheimnisse betrachten, ganzbewusst als Sühne und Wieder-gutmachung aller Kränkungenund Missachtung gegen Gott undgegen ihr unbeflecktes liebendes

Herz, das ja nichts an-deres will, als uns zuIhm hin zu führen.

Dabei geht es nichtnur um grobeSchmähungen. Nochmehr muss es Mariaweh tun, wenn ihrSohn nur als bloßerMensch gilt und manvergisst oder leugnet,dass in Ihm Gottselbst auf unsere Erdegekommen ist: dashöchste und rettendeGeschenk an die ver-lorene Welt. Maria ist Mutter Got -tes!

So bewegt uns dasFatima-Jubiläum zurMitwirkung amgroßen Plan, dieMenschheit in ihremweltweiten Zusam-

menwachsen vor ihren Irrwegenzu bewahren und den Blick aufdas Ziel zu richten, auf eine mitGott versöhnte Familie aller Na-tionen und Kulturen. Denn das istGottes Vision für uns und wirdimmer deutlicher in den Prophe-ten und Psalmen, in der Liturgieund im Gebet. Die einfache, prak-tische Einladung der Got -tesmutter ergeht an jeden, der ih-re Worte liest und hört. Auch eineBeichte nach längerer oder langerZeit fällt nicht mehr so schwer imBlick auf den liebevollen Schutz,den wir dabei gemeinsam emp-fangen und noch vielen Suchen-den vermitteln dürfen.

Der Autor ist mönch in der Abteiseckau. zum thema Fatima sieheauch Beitrag s. 24-25.

Die Aktualität einer Botschaft, die vor 100 Jahren erging

Fatima – ein Appell an unsVon P. Leo Liedermann OSB

Schwerpunkt VISION 2000 3/2017 11

Muttergottes-Statue in Fatima

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2001 hat Gott sie gerufen: „Machmein wahres Antlitz unterMuslimen erfahrbar!“ Sie trittaus ihrem Orden aus und bricht2006 mit einer zweiten Schwe-ster in den Niger auf – zu denÄrmsten der Armen. Heute sindsie 40, helfen, wo die Not amgrößten ist – und bezeugen dieLiebe Christi mitten unter denMuslimen…

Du und Deine Schwestern, Ihrmissioniert unter Muslimen.Geht das überhaupt? Und wiemacht Ihr das?Mutter Marie-Catherine

Kingbo: Vor allem, indem wirfür die Not der Menschen da sind.Sie sind hier äußerst arm. Die bei-den letzten Ernten waren eine Ka-tastrophe. Bei unserem letztenTreffen mit den Imamen, denDorfältesten und Vertreterinnenvon Frauenorganisationen, etwa170 Personen, hat einer der Ima-me festgestellt, dass es in denDörfern fast keine Männer mehrgibt. Sie haben sich auf die Suchenach Nahrung begeben. Es blei-ben nur Frauen und Kinderzurück. Und die Frauen pflückendie Blätter von den Bäumen, umsie zu kochen und zu essen. Esfehlt einfach an Nahrungsmit-teln. Und wir helfen, so gut wirkönnen, vor allem den unte-rernährten Kindern.

In welcher Form geschieht das?M. Marie-Catherine:Wir hal-ten etwa 300 unterernährte Kin-der pro Woche über Wasser.Früher konnten wir bis zu 800Kindern helfen. Damals hat unsdas Welternährungsprogrammunterstützt. Weil die Mittel nunaber auf die Flüchtlinge vor BokuHaram im Norden Nigerias um-gelenkt worden sind, bekommenwir von dort nichts mehr. Jetztversuchen wir eben dank privaterSpenden unser Ernährungszen-trum am Leben zu erhalten. Oftkommen so viele, dass wir ge-zwungen sind, sie wieder wegzu-schicken, weil uns die Mehl-vorräte ausgegangen sind. Unddabei verlangen wir für zwei Ki-lo Mehl ganze drei Cent. DasMehl erzeugen wir selbst…

Kinder sind Euch also ein be-sonderes Anliegen…M. Marie-Catherine: Seitzwei Jahren haben wir mit deut-scher, französischer und öster-reichischer Hilfe eine Vorschul-

Ausbildung gestartet. Dort habenwir auch fünf körperlich behin-derte Kinder ab vier Jahren auf-genommen. Sie werden von denEltern meist schlecht behandeltund zum Betteln geschickt. DieKinder bekommen ein Mittages-sen und gehen abends wiedernach Hause. Weil die Eltern derKinder so arm sind, können siekeinen finanziellen Beitrag lei-sten. Wir tragen die gesamtenKosten. Darüber hinaus habenwir 14 etwas ältere Mädchen insInternat aufgenommen. Sie woh-nen in zwei Räumen, die wir ur-sprünglich für Gäste vorgesehenhatten. In der Obsorge der Mäd -chen wechseln sich deren Mütterab. Sie werden bei uns unterrich-tet und in die Verrichtung vondem Alter entsprechenden Tätig-keiten eingeführt. Für sie sind wirauf der Suche nach Paten. Insge-samt betreuen wir 62 Kinder imVorschulalter. Unterrichtet wer-den sie von unseren Schwestern,aber auch von zwei Lehrkräften.Nun wollen wir auch eine Volks-schule einrichten.Eines unserer Hauptanliegen istder Kampf gegen die Frühehe.

Deshalb wollen wir ein Internatbauen, in das wir 150 Mädchenaufnehmen können. Das Fernzielwäre, sie von der Vorschule biszur Matura zu führen. Die Sacheist mit den Imamen und den Dor-fältesten abgesprochen. Sie un-terstützen das Projekt.

Ihr bemüht Euch vor allem auchum die Frauen…M. Marie-Catherine: Ja. Un-ser Programm mit den Mikrokre-diten läuft gut. Es verschafft denFrauen Zusatzeinkommen undwertet sie dadurch auf. Nur habenwir weitaus mehr Nachfragenach solchen Krediten, als wirMittel haben. Einmal in der Wo-che, am Sonntag, fahre ich in ei-nes der 15 Dörfer, die wir betreu-en. Da komme ich dann mit denFrauen zusammen. Sie erzählenüber ihre Tätigkeit, wie die Dingemit dem Mikrokrediten laufen.Wir helfen eben, wo Hilfe ge-braucht wird: So haben wir vorJahren Lepra-Kranken, denensonst niemand hilft, Ziegen ver-schafft. Nur haben wir nicht ge-nug Zeit, um uns regelmäßig umsie zu kümmern. So besuchen wirsie eben einmal jährlich, meist zuWeihnachten und versorgen sieda auch mit Lebensmitteln. Le-bensmittel bringen wir auch wei-terhin ins Gefängnis. Einmal ha-ben sie mich auch um Medika-

mente gebeten. Damals habe ichum Spenden gebeten und habeMedikamente im Wert von 2000Euro besorgen können. So versu-chen wir auf die Bedürfnisse derMenschen hier zu antworten. Solernen uns die Leute kennen. Aufdiese Weise begreifen sie, dassuns die Liebe Christi antreibt.Ihretwegen sind wir ja hier.

Du hast früher erzählt, dass esMuslime gibt, die Christen wer-den wollen. Wie sehen die Dingeda aus?M. Marie-Catherine: In ei-nem der Dörfer hat uns z.B. derDorf älteste gesagt, er möchteChrist werden. In dieser Sachehaben uns allerdings die Ereig-nisse von 2015, nämlich die mus-limischen Ausschreitungen imAnschluss an die Publikation vonMohammed-Karikaturen inCharlie Hebdo, einen Strichdurch die Rechnung gemacht unduns gezwungen, in Wartepositi-on zu bleiben.

Was hat sich denn 2015 bei Euchin Maradi abgespielt?M. Marie-Catherine: Am 16.Jänner nach dem Freitagsgebethaben sich Muslime hier ganz inder Nähe auf den Weg gemacht,um die Kirche, ein Kloster unddie Schule der Schwestern, die

12 Mission VISION 2000 3/2017

„Die Leute spüren, dass uns die Liebe Christi antreibt“

Mitten unter Muslimen Jesus Christus bezeugen

M. Marie-Catherine Kingbo

Die Vorschulkinder auf dem Weg zum täglichen heiß ersehnten Mittagessen

Christus-Statue im liebevoll gepflegten Garten

Autos der Priester und derSchwestern und das französischeKulturinstitut in Maradi nieder-zubrennen und zu zerstören. DieSchwestern und die Priesterkonnten sich verstecken, sonstwären sie umgebracht worden. Inder Hauptstadt Niamey war esganz schlimm. Dort wurden meh-rere Kirchen, Schulen, kurzumalles, was Christen gehörte, zer-stört. Insgesamt gab es im Nigerneun Tote. Uns haben Polizistenbeschützt. Wir waren aber wirk-lich traumatisiert, und das hat un-sere Aktivitäten zurückgewor-fen. Mittlerweile hat sich, Gottsei Dank, wieder alles beruhigt.Wir werden jedoch weiterhin vonzwei Polizisten bewacht.

Also keine Bekehrungen mehr?M. Marie-Catherine: Im Fe-bruar kamen die Verantwortli-chen einiger Dörfer zu mir, ummir mitzuteilen, dass sie Chri-sten werden wollen. Wir solltenin ihr Dorf kommen, um ihnendas Wort Gottes zu verkünden.Allerdings wohnen sie weit weg.Was wir durchgehend gemachthaben, ist, Frauen und Mädchen,aber auch Burschen auszubilden,damit sie verantwortungsvollmiteinander umgehen. Das hatschon Früchte getragen und eslässt sich eine veränderte Menta-

MissionVISION 2000 3/2017 13

lität in der Bevölkerung feststel-len. Wir haben also viel zu tun.Aber Dank Gottes Gnade klapptalles recht gut. Noch ein Beispiel: Die Familieeines muslimischen Würdenträ-gers schätzt einfach unsere liebe-volle Zuwendung zu den Men-schen hier, erkennt darin die Lie-be Gottes. Sie haben uns ihre sie-benjährige Tochter zur Betreu-ung übergeben mit dem aus-drücklichen Wunsch, sie mögekatholisch werden. Sie hat sichsehr gut bei uns eingelebt. Eszeichnet sich also ab, dass dieMuslime, die mit uns in Kontaktstehen, nichts dagegen haben,wenn ihre Kinder Christen wer-den.

Was bereitet Dir eigentlich diegrößte Freude?M. Marie-Catherine: Als ichheute im Dom in der HeiligenMesse war, habe ich dem Herrngesagt: Das größte Geschenkmeiner Eltern war, dass sie michtaufen ließen. Und dann meinEintritt in den Orden – beidesSchlüssel für mein jetzigesGlücksgefühl: Die Freude, denMenschen durch Werke dienenzu können. Es ist eine anstecken-de Freude. Das erfahren wir – unddie Leute sagen uns das. Für siestellen wir die Kirche dar, JesusChristus mitten unter uns. DieMenschen bitten uns um Hilfe,lösen damit unsere Aktivitätenaus, aber sie machen bei ihnenauch mit. Und sie merken, dasswir anders sind als die NGOs. Ja,das ist – trotz meiner Armut undUnfähigkeit – meine Freude. Noch etwas macht mich glück-lich: Die Sehnsucht der Men-schen, voranzukommen. Und sierechnen damit, dass wir ihnen da-bei helfen. Trotz der Hitze (50Grad), der Armut, der vielen Ar-beit – ich bereue in keiner Weise,in den Niger gegangen zu sein.Vor allem mache ich immer wie-der die Erfahrung, dass der Herruns führt, uns in Notsituationenrechtzeitig hilft. So bekamen wiretwa im Jänner, als wirklich tota-

le finanzielle Ebbe herrschte,kein Geld für Nahrungsmittel dawar, 5.000 Euro. Die Vorsehungwirkt Wunder. Jedenfalls sindwir froh, im Einsatz für Christuszu stehen. Die Leute sehen, dass

genau das unsere Motivation istund dass wir für sie da sind: für dieFrauen, die Kinder, die ganze Be-völkerung. Und daher treten sieauch sehr für uns ein.

Fühlt Ihr Euch bedroht?M. Marie-Catherine: Es gibtimmer wieder Attentate. Ihnenfiel auch mehrere Soldaten zumOpfer. Zuletzt im Februar waren14 Soldaten Opfer bei Überfällenvon Boko Haram. Auch in unse-rer Gegend hat man drei bewaff-nete Boko-Haram-Mitgliederaufgegriffen. Wir passen daherimmer gut auf. Aber wir fürchtenuns nicht und nehmen es aus Lie-be zu Christus in Kauf. Schließ-lich werden wir ja bewacht. Im-mer wieder schauen auch Strei-fen in Fahrzeugen vorbei. 2015,als die Brandschatzungen statt-fanden, habe ich meinenMädchen gesagt, sie könnten ge-hen, wenn sie zu große Angst hät-

ten. Aber alle sind geblieben.Und dabei sind wir mittlerweile40, wenn ich neben den Postulan-tinnen und Novizinnen die Aspi-rantinnen dazurechne. Sie allemuss ich durchfüttern. Wenn ichdann noch die Schülerinnen hin-zuzähle, müssen wir täglich –außer am Wochenende, da sinddie Schüler daheim – für minde-stens 100 Personen Essen zube-reiten.

Wie ganz anders ist doch EuerLeben!M. Marie-Catherine: Ja, ofthat man den Eindruck, es sei wieTag und Nacht. Ihr seid Euchnicht bewusst, wie gut es Euchgeht. Bei uns geht es oft um dasnackte Überleben, weil die Leutebuchstäblich nichts haben. DieFrauen legen 20 Kilometerzurück, um bei uns zwei KiloMehl für ihre unterernährten Kin-der zu bekommen. Vor Jahren ha-ben wir einmal von neun bis 22Uhr Essen ausgegeben. Aber eswaren immer noch Leute da, dienichts bekommen hatten. Schicktsie doch weg, hieß es dann. Nein,sagte ich – und dachte an die wun-derbare Brotvermehrung. Undplötzlich erklang aus dem Kreisjener, die weggeschickt werdensollten, der Ruf: „Mutter, da stirbtgleich ein Kind!“ Wir sind hinge-stürzt und konnten gerade nochdas Schlimmste verhindern. Hät-ten wir sie weggeschickt, wäredas Kind gestorben. Leider müs-sen wir jetzt diese Hilfe ein-schränken. Aber wir hoffen auf„Brotvermehrung“ durch stei-gende Spenden.

Das Gespräch hat Alexa Gasparigeführt. Siehe auch Portrait 1/09

Die Vorsehung wirkt

immer wieder Wunder

„Die Leute spüren, dass uns die Liebe Christi antreibt“

Mitten unter Muslimen Jesus Christus bezeugen

Spenden

Mit Spenden auf das KontoIBAN: AT92 3628 1000 30080972 BIC: RZTIAT22281,Kennwort Sparbuch Maradikann man die weitere Missi-onsarbeit von M. Marie-Cat-herine Kingbo unterstützen.

Die Vorschulkinder auf dem Weg zum täglichen heiß ersehnten Mittagessen

Die älteren helfen bei einfachen Arbeiten mit

Trotz des Wintermantelsfriere ich unglaublich andiesem Tag Mitte Jänner in

Vogau, in der Südsteiermark. Ichstaune, dass der Friedhof dennochvoller Menschen ist, die in derKälte ausharren. Es ist das Be-gräbnis von Maria Deutschmann.„Eine große Frau mit einem tiefenGlauben,“ beschreibt sie ihr En-kel Georg. Es sind die liebevollenWorte der Enkel, als Nachruf, alsFürbitte oder im selbstgedichte-ten Lied vorgebracht, die in mirden Wunsch reifen ließen, einPortrait dieser kleinen Frau mitdem großen Herzen zu verfassen.

Allerdings hatten mein Mannund ich Frau Deutschmann längstins Herz geschlossen. Denn mitihrer Tochter Maria und derenMann Erwin Fellner sind wir be-freundet, seitdem wir ihr Portraitin VISION (6/02) gebracht ha-ben. Und ein Besuch bei MariasMutter war jedes Mal ein Fix-punkt in unserem Südsteiermark-Urlaub. Dabei war uns stets auf-gefallen, wie liebevoll sie trotz ih-rer erkennbaren Gebrechlichkeitihre große Familie versorgte.Auffallend auch, dass sie uns stetserfahren ließ, wie sehr sie sichüber unseren Besuch freute. Sowurden wir mit köstlichem Essenerwartet, oft im Kreise ihrer Kin-der, Enkel und Urenkel – undPfarrer Tropper, der zur Familiezu gehören schien. So haben wirviele schöne und berührende Mo-mente in ihrem Haus erlebt.

Eigentlich wollte ich nur MariaDeutschmann portraitieren, daich ihren Mann Johann – er starb2007, an ihrem 50. Hochzeitstag –weniger gekannt habe. Doch nacheinem Besuch bei Fellners vor ei-nigen Wochen, wo ich möglichstviel Information über die Verstor-bene sammeln wollte, entschiedich anders. Auch die Unterlagen,die ich mitbekam – Aufzeichnun-gen, vom Ehepaar besprocheneKassetten, und dessen Lebens-lauf – machten mir klar, dass einso lange und glücklich verheirate-tes Ehepaar einfach zusammen-gehört, auch als Portrait.

Beeindruckt war ich vor allemvon der Schilderung ihrer Erfah-rungen in der Kriegs- und Nach-kriegszeit. Wie wenig wissen wirdoch über das schwere Leben derHauptakteure dieser Zeit, der Sol-daten und der zuhause gebliebe-nen Mädchen und Frauen, und allihrer körperlichen und seelischenVerwundungen! Mein Hauptau-

genmerk bleibt aber auf Maria,die ich besser gekannt habe. DasFolgende ist daher ein aus ver-schiedenen Quellen zusammen-gesetztes Bild.

Nun also zu Marias Lebenslauf,die im Dezember 1928 als Ältestevon vier Kindern in Wagendorf inder Südsteiermark zur Welt kam.Mit fünf Jahren erkrankt sie anDiphterie. Der herbeigerufeneArzt meint: „Da ist nichts mehr zumachen.“ Keine Spritze, das wäreumsonst – und er geht. Der Vaterläuft ihm nach, ist bereit alles zuzahlen. So bekommt die kleineMaria doch die, wie man sieht, le-bensrettende Spritze.

Schon als Kind geht sie gerne indie Kirche und betet viel. EinesTages fragt eine Nachbarin sie:„Sag mal, was macht denn derLiebe Gott mit soviel „Vaterun-ser“ und „Gegrüßet seist du Ma-ria?“ „Das wird Er schon wissen,“meint die Kleine, „aber ich glaubEr braucht sie“. Sie ist ein lustigesMäderl, zu Streichen aufgelegt,reitet auch einmal auf einemSchwein durch die Gegend.

Sieben Jahre lang besucht siedie Schule. „Bei den geistlichenSchwestern haben wir die erstendrei Jahre viel gelernt. Dann kamHitler und die Schwestern mus-sten verschwinden,“ erzählt sie.

Die Folge: Oftmaliger Lehrer-wechsel und mangelhafter Unter-richt. „63 Schüler waren in denletzten drei Jahren in meiner Klas-se. Dann musste ich die Schuleverlassen und zu Hause arbeiten.“

Die Eltern hatten eine 56 Jochgroße Wirtschaft. Da die Mutterwegen eines verkrüppelten Fußesund eines Leistenbruchs nicht amFeld arbeiten kann, muss Mariavon klein auf bei der Feldarbeithelfen. Und weil der Vater eineAllergie gegen die Ausdünstungder Schweine entwickelt, müssendie Kinder da die Hauptarbeit lei-sten. Zum Kochen muss Mariaauf einen Sessel steigen. Schonals kleines Kind ist sie sehr coura-giert. Den Krampus, der ihrenkleinen Bruder erschrecken will,springt sie an und reißt ihm dieMaske herunter.

Und der Krieg? „da haben wirschwere Stunden verbracht,“ er-innert sie sich. So muss sie etwahelfen, Schützengräben auszuhe-

ben. Und einmal bekommt sie die„Stalinorgel“ aus nächster Entfer-nung zu hören. Dann Kriegsende.Maria ist 16 und wird geschickt,den jüngeren Bruder, der bei derTante im Heustall versteckt war,heimzuholen. Daheim angekom-men, ist sie gerade beim Wä-scheaufhängen, als sie die erstenRussen sieht. Einer auf einemSchimmel kommt auf sie zu. Sieläuft davon, und versteckt sich imFeld. Er geht ihr nach, findet sieaber nicht. „Sie sind zu den Nach-barn, haben Uhren, Fahrrädermitgenommen.“ Wenn sie aufdem Feld arbeitet, verkleidet siesich als alte Frau. „Angst?“, frag-te sie Georg einmal. „Nein, wennder Russe zu nahe gekommen wä-re, hätte ich schon auch zuge-schlagen.“ Zu diesem Zweck hat-te sie stets spitz zugeschnitteneStauden bei sich sowie ein spitzesMesser.

Eines Abends klopft ein Russean die Haustüre: „Aufmachen!“,er stürmt ins Haus – bleibt dannaber stehen, als er im Gitterbettdas jüngste Kind sieht, geht hin,

hebt es zärtlich auf, gibt ihm einenKuss und verschwindet. DerNachbarin geht es nicht so gut:„Sie ist von den Russen überfallenund vergewaltigt worden, bekamSyphilis und ist später daran ge-storben. Zwei Kinder hatte sie,war allein, denn der Mann war imKrieg verschollen. Wir haben ge-holfen, so gut es ging.“

Später werden Bulgaren imGarten einquartiert. Die Familiebekommt vom Oberst, der im Ne-bengebäude wohnt, die Zusiche-rung, man werde sie nicht belästi-gen. Was zutrifft. „Nach den Bul-garen kamen die Tito- Partisanen.„Sie haben alles durchwühlt, allesmitgenommen, was die Russennicht gestohlen hatten.“ Mariaversteckt sich beim Onkel derRussisch kann „Es ist fürchterlichzugegangen,“ erinnert sie sich.„Nie wieder so eine Zeit.“

Sie organisiert dann eine drin-gend notwendige Haushaltungs-schulung für junge Mädchen, diesonst nirgends unterkommen, aufdem Hof der Eltern, besuchtselbst auch diese Schule, und ar-

Maria Deutschmann, ein Leben im Dienst ihrer Familie u

G’weint hab’ i we Von Alexa Gaspari

14 Portrait VISION 2000 3/2017

Von klein auf muss sie bei

der Feldarbeit helfen

Maria Deutschmann mit Tochter

Maria und Schwiegerenkelin Luise.

Kleines Bild: Silberhochzeit von

Maria und Johann Deutschmann

beitet danach als Köchin bei derFamilie Assmann. Den aus derUntersteiermark vertriebenenFrauen, die auf der Straße vorbei-kommen, hilft sie, so gut es geht,gibt ihnen zu essen. Oft verspre-chen ihr diese ihr Gebet als Ge-genleistung. Und von diesem Ge-bet, meint Maria, habe sie sich im-mer getragen gefühlt. Die Abfall-kübel waren da immer leer. DieKöchin gab eben jeden Rest wei-ter oder verarbeitet ihn. Eine vonden Frauen, die sich später in derGegend niedergelassen hat, erin-nert sich nach Marias Beerdigungdankbar: „Was mir diese FrauGutes getan hat, ist unbeschreib-lich!“

Und Johann? 1925 in Untervo-gau geboren, besucht er die fünf-klassige Volksschule. Als guterSchüler verdient er sich ein Kör-berlgeld, indem er MitschülernAufgaben und Aufsätze macht.Sein Vater stirbt, als Johann 12Jahre alt ist. So muss der Bub

schon früh bei der Arbeit am Hofmithelfen. 1938 kommt Hitlernach Straß. Als die Hitlerjugendihn eines Tages zu einem Hitler-jugendappell zitiert, inszenierener und Freunde dort eine ordentli-che Rauferei, die ihm zwar einblaues Auge einbringt, aber eineweitere Teilnahme an ähnlichenVeranstaltungen erspart.

Im August 1942 wird er,17jährig, tauglich für den Wehr-dienst befunden. Im Dezember

geht es nach Deutschland zur mi-litärischen Ausbildung. Es folgenviele Stationen, bis er bei einemEinsatz gegen Partisanen imRaum Laibach durch einen Gra-natsplitter am Oberschenkel ver-letzt wird und ins Lazarettkommt. Nach einem Genesungs-urlaub muss er trotz Gelbsucht imJänner 1944 wieder einrücken.Wenig später geht es ab RichtungRussland. An der Front heißt es

„eingraben“! Mitten in der Arbeitein russischer Angriff. Ein Gra-natsplitter trifft ihn am Fuß. Wie-der Lazarett. Wundfieber. Ein La-zarettzug bringt ihn mit vielenSchwerverwundeten nach Öster-reich. Wieviel Schreckliches erda zu sehen bekommt!

Nach 14 Tagen Lazarett heißtes wieder, einrücken. Knapp vorWeihnachten landet er in Ungarn.Als Beobachter wird er von seinerStellung auf dem Kirchturm re-gelrecht von Panzerabwehrkano-nen heruntergeschossen. Seinnächster Posten, ein riesigerStrohhaufen beginnt zu brennen,als die Russen mit Leuchtmuniti-on hineinschießen. Er versucht zufliehen, wird aber von Granatwer-fern getroffen: ein wahnsinnigerSchmerz im Rücken, überallBlut…Ein Sanitäter bringt ihn inSicherheit: Lungendurchschuss.

Es folgen Lazarettaufenthaltein Tschechien und auf dem Sem-mering. Und dann – man glaubt es

kaum – wieder zurück an dieFront. In Oberschlesien gerät erschließlich in russische Kriegsge-fangenschaft. „Unvorstellbaregrausame Szenen haben sich da-mals abgespielt,“ schreibt er spä-ter, ohne auf die furchtbaren Jah-re der Gefangenschaft näher ein-zugehen. Johanns Fazit: „Niewieder Krieg. Möge der Herrgottuns und unsere Nachkommen-schaft in Zukunft davor bewah-ren“.

Als er nach 2,5 Jahren Gefan-genschaft heimkehrt, wiegt er 38Kilo bei einer Größe von 1m80, istschwerkrank. Die Wiedersehens-freude mit der Mutter ist riesen-groß. Nun muß der Heimkehrerwieder zu Hause Fuß fassen.

Und wie haben sich die Eheleu-te kennengelernt? Johann wirdFührer bei der katholischen Ju-gend in St. Veit und Obmann desBundes der steirischen Landju-gend. Bei Veranstaltungen der Ju-gend tanzen Maria und Johannmiteinander. Doch er lässt nie er-kennen, dass er sie heiraten möch-te. In der Kirche sitzt sie hinter

ihm und bewundert seineschwarzen Haare, wie sie ihremEnkel Georg später gesteht. „HastDu überhaupt aufgepasst, was derPfarrer gesagt hat?“, neckt sie derEnkel. „Doch, doch,“ beteuert dieGroßmutter, „aber ich konntedoch nicht die Augen zuma-chen!“

Zu Sylvester ist sie wegen einerBlutvergiftung im Spital. Ein paarTage später holt sie ihr Rad, dassie wegen der Verletzung am Ar-beitsplatz stehengelassen hatte.Auf dem Weg nach Hause trifftsie Johann zufällig. Und da – beimTransformatorhäuschen – fragt er

sie, ob sie ihn heiraten möchte. Ja,sie will! Sie soll das ihren Elternsagen, erklärt Johann. Doch Ma-ria ist vorsichtig: Wie steht sie da,wenn er doch nicht kommt? Alsosagt sie nichts. Aber Johannkommt und die Eltern freuen sichüber den überraschenden Heirats-antrag. Daraufhin gibt Maria denJob als Köchin auf und es wird imFebruar 1957 geheiratet. Warumhast du die Mutter geheiratet fragtdie älteste Tochter später ihrenVater: „Hübsch, war sie, an Gotthat sie geglaubt – und so fleißigwar sie,“hat er lächelnd geant-wortet.

Johann ist Landwirt, wird inden Gemeinderat und 1962 zumBürgermeister von Vogau ge-wählt, in ein Amt, das er mehr als20 Jahre innehaben wird. In derrussischen Gefangenschaft hatteer gelobt: „Sollte ich heimkom-men, will ich mich aktiv am poli-tischen Aufbau meiner Heimatbeteiligen, damit ein weitererKrieg und die Irrlehre des Kom-munismus Österreich verscho-nen möge.“ Dieses Gelöbnis hater eingelöst – und zwar als gläubi-ger Christ, im Gegensatz zu vie-len Politikern bemüht, den Sonn-tag heilig und arbeitsfrei zu hal-ten. „Ich weiß was es heißt, einKind Gottes zu sein, und was esbedeutet, frei sein zu dürfen,“ warsein Spruch.

Man kann gar nicht aufzählenwas er in dieser Zeit auf die Beinegestellt hat: für die Feuerwehr,den Fremdenverkehr, das Ge-meindeamt, den Kindergarten,die Abwasserentsorgung, denWohnungsbau, den Hochwasser-schutz… Seine Frau Maria kocht

und versorgt die Gemeinderäte,wenn eine Sitzung bei ihnen zuHause stattfindet, denn anfangsgibt es kein Gemeindehaus. Je-denfalls unterstützt Maria ihrenMann, so gut sie kann: „Klein anKörpergröße, aber sehr bestimmt– wie ein kleiner General. Geht esums Verhandeln des Holzpreises,dann schickt Johann seine Frau.Er wusste, sie kann das besser alser,“ bekomme ich zu hören.

Liebevoll und aufopfernd hatMaria ihren Mann gepflegt! Dennseit seiner Heimkehr leidet er anden Folgen der Kriegsverletzun-gen und der Kriegsgefangen-schaft: der Lungendurchschusswird ihm sein Leben lang Atem-und Herzbeschwerden bereiten.Und die russische Gefangen-schaft hat Magengeschwüre undwiederkehrende Magenblutun-gen im Gefolge. „Immer wieder,“erinnert sich die Tochter, „ging esda um Leben oder Tod, wenn dieBlutungen oder die Atem- undHerzbeschwerden zu heftig wur-den. Mehr als einmal dachten dieÄrzte, er würde so einen Anfallnicht überleben.“

Immer wenn es dem Mannschlecht ging, musste Maria dieFeld- und Hofarbeit alleine ma-chen. Sie fährt mit dem Traktor,auch ohne Führerschein. „KeineZeit dafür,“ erklärt sie. Da sie gutmit dem Gerät umzugehen wus-ste, drückt die Polizei ein Auge zu.

Die älteste Tochter, Maria,kommt 1958 zur Welt. Die Mutterarbeitet gerade auf dem Acker, alssie den Blasensprung hat. Da dieArbeit ja erledigt sein soll, arbei-tet sie weiter, nimmt dann dasFahrrad und radelt ins Kranken-haus. Das Ergebnis: Kaiser-schnitt. „Du bist ein Wunder-kind,“ sage ich zur Tochter Maria,„ diese Geburt hätte auch schlimmausgehen können.“

Weil die Feldarbeit weiterge-hen muss, nimmt Maria die Toch-ter schon nach wenigen Wochenmit aufs Feld. Dort liegt das Kinddann zunächst auf einer Plane undspäter spielt es auf dem Acker ne-ben der Mutter. Tochter Maria hatdieses Erlebnis der mütterlichenNähe in schönster Erinnerung.

Drei Töchter und drei Söhnebekommt das Ehepaar Deutsch-mann, doch alle drei Buben über-leben nur kurz. Der erste Sohnwird viel zu früh geboren, hattekeine Überlebenschance, dochdie beiden anderen hätten, ob-

Maria Deutschmann, ein Leben im Dienst ihrer Familie und im Glauben an die Vorsehung

G’weint hab’ i wenig, aber viel bet’Von Alexa Gaspari

Fortsetzung auf Seite 16

Portrait VISION 2000 3/2017 15

Und im Februar 1957

wird dann geheiratet

Aufopfernd hat Maria

ihren Mann gepflegt

wohl Frühchen, vielleicht über-lebt, wenn sie nicht, jeweils nachder Hausgeburt in die Kinderkli-nik nach Graz gebracht wordenwären. Das geschah aus Übervor-sorge für die Mutter, die bei dervorhergehenden Geburt der zwei-ten Tochter Johanna fast verblutetwäre, und man vermutet hatte, siesei eine Bluterin. Beide im Ab-stand von zwei Jahren zu früh ge-borene Buben erlitten jedoch inden schlecht gefederten Ret-tungsautos auf holprigen Straßenschwere Gehirnblutungen, die sienur wenige Tage überlebten. Da-bei war die Freude der Eltern undSchwestern bei den Schwanger-schaften so groß gewesen. Mankann sich den Schmerz vor-stellen den der Tod der Bubenverursacht hat.

1969 kommt die jüngste Toch-ter Elisabeth zur Welt. Einegroße Freude für die leidgeprüf-ten Eltern. Später ermahnt Mariaihre Enkelinnen dankbar für je-des Kind zu sein, es sei ein großesGeschenk. Und so wird der Le-bensschutz Maria auch zeitle-bens ein großes Anliegen sein.Ebenso die Familie. Daher auchgroße Freude über die vielen En-kelkinder. Ihr ältester Enkel Ge-org hat daher auch die besten Er-innerungen an seine Großmut-ter, die wie eine zweite Mutter fürihn war. Viele Abende undNächte hat er bei ihr verbracht,sein erstes Gebet, das Schutzen-gelgebet, hat er bei ihr gelernt, undwie man vor dem Essen betet, dieHände faltet. Mit Weihwasser zusegnen, war ihr wichtig, vor al-lem, wenn eine Reise bevorstand.Gegen Ende ihres Lebens er-mahnte sie einmal ihre Familie:„Dass ihr mir nicht ohne Weih-wasser zum Grab kommt!“

„Achtung vor dem Herrgott,verbunden mit sehr viel Liebe, dashat ihr Leben geprägt. Ihr Um-gang mit der Natur und den Men-schen, die Achtung vor derSchöpfung Gottes, haben dasstark zum Ausdruck gebracht,“erzählen Tochter Maria und En-kel Georg, „und viel Nächstenlie-be.“ So habe sie etwa Kinder vonarmen Familien aus Graz undBerlin in den Ferienmonaten auf-genommen. Bei ihrem Begräbnissei einer der Buben von damalsdabei gewesen. Auch Gastarbei-terfamilien durften sich gratis beiihr erholen und auch Flüchtlingewährend des Bosnienkriegs

konnten bei ihr unterkommen.1964 stellt das Ehepaar einen be-hinderten Landarbeiter ein, dersonst nirgends unterkommenkonnte. „Der hat brav gearbeitet,aber wenn er zuviel Alkohol in dieHand bekommen hat, konnte esauch vorkommen, dass er durch-dreht und mit einer Mistgabeloder ähnlichem nach der Haus-frau geworfen hat,“ erinnert sichdie Tochter.

Kein Schicksalsschlag – vondenen gab es ja mehr als genug –konnte Frau Deutschmann wirk-lich umwerfen. „Ich hab mich nievom Herrgott ganz verlassen ge-fühlt,“ hat sie den Enkeln oft be-teuert. Und: „G’weint hab i we-

nig, aber bet’ hab i viel.“ Geweinthat sie allerdings schon auch,weiß Tochter Maria zu erzählen,wenn z.B. „Kühe oder Schweineunerwartet verendeten oder derHagel die Mais-Ernte vernichtethat.“ Aber dann habe sich dieMutter gleich wieder an die Ar-beit gemacht und neu gepflanzt.„Sie hat sich einfach nicht unter-kriegen lassen und eben nochmehr gebetet...“ Auch wenn esdem Mann schlecht ging und diefinanzielle Situation auf der Kip-pe war, blieb sie geduldig – undbetete. „Ja, sie war ein geduldigerMensch,“ erinnert sich die Toch-ter, „wie Gott will, ich halte still,war ihr Motto.“

Nicht nur Kochen, Nähen undeiniges mehr habe Tochter Mariavon ihr gelernt, wie sie mir er-zählt, sondern vor allem auch „ih-re Geradlinigkeit“. Das hatten dieLeute an ihr geschätzt. Auch ihreMütterlichkeit, ihr tiefer Glaubehätten nicht nur auf die Familie,sondern auf die ganze Gegend

ausgestrahlt, darin ist sich die Fa-milie im Rückblick einig.

Ihren Enkel Georg wiederumhat beeindruckt, wie ausgeprägtdie Liebe der Großmutter zur Na-tur gewesen sei: „So wie sie imEinklang mit der Natur gelebt, je-den Baum, jede Feldfrucht ge-schätzt hat und kein Obst verder-ben ließ, war beeindruckend. Siehat alles verwertet: da wurdeKompott, Most, Strudel, Marme-laden oder Schnaps hergestellt.Für sie waren alle Früchte wahreGeschenke. Sie hat in Dankbar-keit mit der Natur gelebt.“

Sie ist noch keine 70, da erfährtMaria Deutschmann, dass sieschwere Osteoporose hat. Nach

schweren Brüchen aufGrund ihrer Erkrankungnehmen die Schwierigkei-ten beim Gehen zu: Zuerstgeht sie mit Stöcken, dannmit einem Rollator. Dasbremst ihren Einsatz für dieFamilie jedoch nicht. „IhrLeben war ihre Familie,“ er-zählt ihre Tochter und wie-derholt einen der Sprücheihrer Mutter: „Wir brau-chen Kinder, wir brauchengute Mütter und Großmüt-ter. Und die sollen für ihreEnkel beten.“

Zu Sylvester 2016kommt Maria Deutsch-mann mit Magenblutungenund einer Lungenentzün-dung ins Spital. Dort stirbt

sie am 5. Jänner 2017, dem 36.Geburtstag ihrer ältesten Enkelin,selbst schon Mutter von fünf Kin-dern.

Was sie abschließend über ih-re Eltern und Großeltern hervor-heben möchten, frage ich alle,die da mit mir um den Küchen-tisch bei Fellners beisammensit-zen. Und man ist sich einig: Bei-de Großeltern habe ein tieferGlaube ausgezeichnet, einegroße Liebe zur Familie – „siewaren zur Ehe und füreinanderberufen“ – sowie ein vertrauens-volles Annehmen aller Schwie-rigkeiten, Entbehrungen undSchicksalsschläge. Und das Be-sondere an der Großmutter? „Zu-frieden, gottesfürchtig, dankbarund nie geizig. Sie hat niemandvor ihrer Türe stehen lassen derHilfe gebraucht hat,“ erklärt Ge-org. Und seine Frau ergänzt:„Am meisten habe ich ihr Lachenund ihre Freundlichkeit geliebt.Ich war gleich daheim bei ihr.“

Wir auch. Danke!

Fortsetzung von Seite 15

Jean-Baptiste Nicolas RobertSchuman wird am 29. Juni1886 in Clausen, einem Vor-

ort von Luxemburg, in Lothrin-gen geboren. Er bleibt Einzel-kind. In der Familie wird das Fun-dament für sein späteres religiö-ses und politisches Leben gelegt.Ein fester Bestandteil seines Le-bens ist von früh an der Besuchder Messe. Sein Vater, Jean-Pier-re Schuman (1837-1900),stammt aus Frankreich, nach derteilweisen Annexion Lothrin-gens durch das Deutsche Reich1871 wird er zum Reichsdeut-schen. Seine Mutter, EugénieDuren (1864-1911), stammt ausLuxemburg. Nach dem frühenTod ihres Mannes widmet sichdie Mutter ganz der Ausbildungund Erziehung ihres Sohnes.

Ihn prägte der in Luxemburgübliche Unterricht in lëtzeburgi-scher, deutscher und französi-scher Sprache. Er legt 1903 dieReifeprüfung in Metz ab. ImSommer 1904 immatrikulierte ersich an der Universität Bonn undwurde Mitglied der katholischenStudentenverbindung Unitas-Salia mit dem Wahlspruch „ImNotwendigen die Einheit, imZweifel die Freiheit, in allem dieNächstenliebe.“ Er studierteRechts- und Wirtschaftswissen-schaften, politische Philosophie,Theologie und Statistik, zuerst inBonn, dann in Berlin, Münchenund Straßburg. Das erste Staats-examen legte er 1908 in Straß-burg ab, verbrachte dort und inMetz seine Refendarszeit undpromovierte 1910 zum Dr. jur.Nach dem Unfalltod seiner Mut-ter im Jahr 1911 trug er sich mitdem Gedanken, Priester zu wer-den. Er heiratete nie. Ein Freundder Familie legte ihm ans Herz,Laie zu bleiben, sich den Heraus-forderungen der Welt zu stellen,denn „die Heiligen dieses Jahr-hunderts tragen Straßenanzüge“.1912 legte er das zweite Staats-examen ab und wurde Rechtsan-walt in Metz.

Seit 1910 war er der Görres-Gesellschaft, einer der ältestendeutschen katholischen Wissen-schaftsgesellschaften, 1912 dem„Volksverein für das katholischeDeutschland" beigetreten. Schu-man war mitverantwortlich fürVorbereitung und Organisationdes Katholikentags 1913 in Metz.Er profilierte sich als verlässli-cher kirchlicher Mitarbeiter undwurde vom Metzer Bischof Wil-

16 Portrait VISION 2000 3/2017

Maria mit zwei

ihrer Urenkelinnen

librord Benzler zum Vorsitzen-den der katholischen Jugendver-bände von Metz mit 4.000 lo-thringischen Jugendlichen er-nannt. Schumans Begeisterungfür Benedikt von Nursia und des-sen Leitspruch „Ora et labora" bil-deten den Maßstab für sein geist-liches und weltliches Leben.

Während des ersten Weltkrie-ges arbeitete Schuman im Be-zirkspräsidium in Boulay Mosel-le, wurde 1918 Stadtrat in Metzund 1919 bei der ersten Wahl zur

Assemblée Nationale Abgeord-neter der katholischen Volkspar-tei Lothringens. Das blieb er mitAusnahme der Zeit des zweitenWeltkrieges bis 1962, ein Jahrvor seinem Tod. Beim Ausbruchdes zweiten Weltkrieges war erStaatssekretär für das Flücht-lingswesen, flüchtete mit seinenLandsleuten nach Bordeaux,kehrte aber wieder nach Metzzurück, um seinen Lothringern indieser bitterenZeit beizustehen.Im Herbst 1940wurde er von derGestapo verhaf-tet, konnte 1942 ins freie Frank-reich fliehen und wurde 1945wieder als Abgeordneter zur As-semblée Nationale gewählt.

Nun war seine große Stundeder Bewährung angebrochen.Als langjähriger Präsident des Fi-nanzausschusses der Assembléewurde Robert Schuman 1947 Fi-nanzminister, dem man die Ret-tung des Francs zutraute. Erschaffte es mit eiserner Disziplingegen den Generalstreik derkommunistisch gelenkten Ge-

werkschaften, die den Umsturzdes Staates im Auge hatten. 1946erklärte der amerikanischeAußenminister Burnes dieKriegspartnerschaft mit derUdSSR für beendet, der „kalteKrieg“ war damit eingeleitet. Einhalbes Jahr später verkündeteAußenminister George Marshallden nach ihm benannten Planzum wirtschaftlichen AufbauEuropas, um es gegen das Expan-sionsstreben der UdSSR zu „im-munisieren“.

Robert Schuman konnte dieseWende in der Weltpolitik alsRückenwind für seine Deutsch-land- und Europapolitik nützen.1948 fand in Luxemburg eineKonferenz der Präsidenten ihrerchristlich-demokratischen Par-teien unter Vorsitz des italieni-schen Priesters Liugi Sturzo statt.Sturzo gehörte 1919 mit De Gas-peri zu den Gründern der Vorläu-ferpartei der italienischen De-

mocrazia Cristia-na. Er hatte schonnach dem erstenWeltkrieg für ei-nen „Mercato

Communo“ (GemeinsamenMarkt) in Europa plädiert unddiesen zwischen 1925 und 1932in fünf Kongressen bei den „Par-teien christlicher Prägung“ ange-mahnt (Helmut Zenz). RobertSchuman (FR), Alcide De Gas-peri (IT), Konrad Adenauer(DE), Paul van Zeeland (BE),Dirk Stikker (NL) und JosephBech (LU) waren zugleich dieMinisterpräsidenten ihrer Län-der. Sie beschlossen, die bereitsim März 1944 ausgearbeitete

„Deklaration über die europäi-sche Zusammenarbeit“ zurGrundlage ihrer gemeinsamenPolitik zu machen.

Die politische Großwetterlagebegann sich zu ändern. Mit einerHärte, die ihm niemand zugetrauthätte, mit militärischer Verstär-kung der Polizei und mit rigoro-sen Entlassungsdrohungen hatRobert Schuman den linken Um-sturzversuch in die Knie gezwun-gen. Staatspräsident Auriol –kein Freund Schumans – bedank-te sich bei ihm als „Retter des Va-terlandes“, „befreite“ ihn abervom Amt des Ministerpräsiden-ten. So konnte er als Außenmini-ster die Außenpolitik Frank-reichs zunehmend „europäisie-ren“. Bald erhitzte sich der „kalteKrieg“. Der Eiserne Vorhang, dieGründung Israels, die Berlin-blockade und der Koreakrieg be-schleunigten die Gründung derNATO als„SchutzschildEuropas“, engverknüpft mit derFrage nach derWiederbewaffnung Deutsch-lands.

1950 legte der UnternehmerJean Monnet seinem Außenmini-ster Schuman einen Entwurf zurZusammenlegung der westeu-ropäischen Schwerindustrie un-ter Verwaltung einer „HohenBehörde“ (Montanunion) vor.Daraus entstand Robert Schu-mans „Historische Erklärungvom 9. Mai 1950“, aus der ichfünf Kerngedanken herauslese,die auch für uns heute höchst gül-tig sind: 1. Geduld, Europa lässt sich nichtmit einem Schlag herstellen.2. Solidarität der Tat in einem be-grenzten, aber entscheidendenPunkt.3. Die europäische Produktionist weltoffen.4. Afrikas Entwicklung ist einewesentliche europäische Aufga-be.5. Die Europäische Föderationist zu Bewahrung des Friedensunerlässlich.

Weitere Pläne der Gründervä-ter zum Aufbau einer Verteidi-gungs- und einer politischen Ge-meinschaft wurden von der As-semblée verworfen. Frankreichwar in den Abzug aus Vietnamverstrickt und blockierte alle Ab-stimmungen über europäischeVerträge. Dennoch gelang am25. März 1957 die Unterzeich-

nung der Römischen Verträge,deren 60-jähriges Jubiläum wirheuer gefeiert haben.

1952 musste Robert Schumansein Amt niederlegen, weil er fürseine Ideen im damaligen Frank-reich kein Verständnis fand. 1953wurde die von ihm maßgeblichmitgestaltete Straßburger Men-schenrechtskonvention von 26europäischen Staaten unterzeich-net. Er selbst warb auf zahllosenVortragsreisen für die Idee einesgeeinten Europas. 1955 wurde erzum Justizminister, 1958 zum er-sten Präsidenten des Europäi-schen Parlaments berufen.

Im Oktober 1959 treten ersteZeichen schwerer Krankheit auf.Inmitten einer öffentlichen Redeverliert er den Faden: Gehirn -sklerose. 1960 folgt er schwerenHerzens dem Rat, auf sein Amtals Parlamentspräsident zu ver-zichten. Er zieht sich in sein Haus

in Scy-Chazellebei Metz zurück.Robert will seineSchriften ver-nichten, lässt sich

aber von seinem Freund Beyerbewegen, wichtige Auszüge zueiner Synthese seiner politischenIdeen zusammen zu fassen.

Roberts Kräfte nehmen ab,aber er klagt nicht. Seine Pflege-rin beschreibt ihn als geduldig,überaus bescheiden, freundlich,immer mit einem Lächeln: „Erwar ein ganz einfacher Mensch,ein guter Mensch, ein Mann desGebets.“ Auch an seinem Le-bensabend besuchte er, wie in al-len Tagen seines Lebens, die Hei-lige Messe. Zum Schluss sagt er,der Einsamkeit und Stille schätz-te, zu seinem Freund Beyer: „Vorallem, lass mich nicht allein!“Am 4. 9. 1963 tritt Robert Schu-man nach einer schweren Nachtder Agonie in das neue Leben ein,ganz nahe bei Gott. Zu Pfingsten2004 übermittelt der Metzer Bi-schof Pierre Raffin die Unterla-gen zur Selig sprechung RobertSchumans nach Rom.

Unter welch widrigen weltpoli-tischen Umständen hat doch dertiefgläubige Christ Robert Schu-man an der Einigung Europas ge-wirkt! Und wie verzagt und weh-leidig be klagen wir heutige Chri-sten, dass in Europa „nichts wei-tergeht“? Wissen wir europäischeChristen überhaupt, was wir wol-len?

Robert

Schuman

Botschaftan�uns

Von�Helmut�Hubeny

Portrait VISION 2000 3/2017 17

„… geduldig, überaus

bescheiden, freundlich…“

1940 wurde er von der

Gestapo verhaftet

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PA

Ich wurde am 7. Juli 1958 ge-boren, am Tag genau sechsJahre nach der Weihe Russ -

lands an das Unbefleckte HerzMariens durch Papst Pius XII.Mein Vater war evangelisch undmeine Mutter katholisch. Beidepraktizierten ihre Religion nicht,so dass meine beiden Geschwi-ster und ich keinerlei Glaubens -prägung von Zuhause mitbekom-men haben.

Als ich zehn war, nahm michmein Bruder Alfred einige Malein die Sonntagsmesse mit. Jederdieser Gottesdienste in unsererTaufkirche hinterließ einen star-ken Eindruck. Auch fand ich denReligionsunterricht prinzipiellwichtig, weil ich verstand, dass eretwas mit dem Sinn des Lebenszu tun hat. Aber andere Interes-sen, Hobbys und Leidenschaftengewannen die Oberhand. So warmein einziges Interesse an mei-nem Firmtag, ob wohl das neueBodybuildingmagazin schon inden Kiosken erhältlich sei.

Im Jugendalter geriet ich in denEinfluss schlechter Freunde undrasch auch in den Bannkreis vonnegativen und sündhaften Din-gen. Meine Seele begann zu lei-den – zuerst Angstzustände, dannPanikattacken. Mein Leben ge-riet immer mehr aus den Fugen.Die Schule, ja mein ganzes Lebenwurde zur Qual. Ich kreiste nurum mich und meine Ängste,konnte mich jahrelang nicht da-von befreien. Psychiater undÄrzte verschrieben Medikamen-te, es gab autogenes Training,aber nichts half wirklich.

Nie kam mir der Gedanke, inder Kirche oder im Glauben Hil-fe zu suchen, bis eines Tagesmein Bruder begann, daheim auskatholischen Büchern, die er voneiner Arbeitskollegin geborgt be-kam, vorzulesen. Wir hörten ei-gentlich nur widerwillig zu, aberallmählich wurde es spannend:Ein Pater, der 50 Jahre lang dieWundmale Christi trug, unzähli-ge Kranke heilte, im Beichtstuhlin den Seelen lesen konnte, dieGabe der Bilokation besaß…Dieser Pater Pio hinterließ einenbleibenden Eindruck.

Und dann kamen die angebli-chen Erscheinungen der Mutter

von Jesus in Fatima im Jahr 1917zur Sprache. Irgendwo fand icheine Kleinschrift über dieses Fa-tima, herausgegeben von einemRosenkranz-Sühnekreuzzug.

Die knappen, eindrücklichen

und auch fordernden Worte die-ser Erscheinung wie: „Wenn mantut, was ich euch sage, wird Frie-de sein. Wenn nicht, wird Rus-sland seine Irrtümer über dieWelt verbreiten, der Heilige Va-ter wird verfolgt, viele Gute wer-den gemartert werden…“, präg-ten sich mir ein. Ja und dann die-ser erschütternde, historisch be-glaubigte Bericht über diesesSonnenwunder, das an die70.000 Zeugen miterlebt hatten.

Damals begann ich zu beten,

zuerst heimlich morgens im Bett.Aber Fatima ging tiefer, ich ver-stand, dass man den WünschenMariens folgen muss, damit mandes Friedens Gottes würdig undfähig wird. So entschloss ich

mich, je-den Tagden Rosen-kranz zubeten. Nunwurde einegründlicheBeichtefällig, dieich mitklopfen-dem Her-zen ableg-te. Die re-gelmäßigeSonntags-messe

wurde zur gerne erfüllten Pflicht. Endlich kehrte Friede in meine

aufgewühlte Seele zurück. DieMedikamente wurden überflüs-sig, die quälende Menschen-furcht verschwand allmählich.Neuer Lebensmut, Hoffnung und– die Bereitschaft, mich für dasReich Gottes in seiner Kirche ein-zusetzen, nahm ich als drängen-den inneren Ruf „von oben“wahr. Es folgten eine Anstellungin der Erzdiözese Wien, fünf Jah-re Apostolat bei der Legion Mari-ens. Ich wurde Sekretär bei derMarianischen Priesterbewe-gung, trat dem Dritten Orden deshl. Franziskus bei und gründeteim Center St. Elisabeth den Ver-lag Katholische Neuevangelisie-rung.

Die kleine QuartalszeitungGott mein Alles (früher Gott exi-stiert) und ein vielfältiges Schrif-ten- und Filmapostolat wurdenzur großen Aufgabe, die mich bisheute erfüllt. Meine Frau Susan-ne – wir haben 2014 am Festtagdes hl. Leopold geheiratet – un-terstützt mich dabei tatkräftig.Ich bin Gott überaus dankbar,dass Er mich aus tiefen Nöten zuneuem Leben gerufen und in Sei-nen und in den Dienst Mariensgerufen hat. Möge Seine Liebegerade in der heute so schwieriggewordenen Zeit und Welt im-mer mehr Herzen erreichen.

Günther Zoppelt

18 Zeugnis VISION 2000 3/2017

AnkündigungenBegegnung mit der Fatima-Botschaft

Damals begann ich zu beten

Jeder, der mit offenen Augendurch die Welt geht, er-kennt, dass Europa in

schwere Turbulenzen geratenist, in massiven geistigen Aus-einandersetzungen steht. In die-ser Situation ist das Jubiläum100 Jahre Fatima eine großeChance. Die neu gegründeteFatima-Mission möchte mitdem achtseitigen Fatima-Mis-sion-Folder möglichst vielenMenschen die so aktuelle Bot-schaft von Fatima nahebringen.Nähere Infos unter: [email protected] 0650/6741371 (GüntherZoppelt). Außerdem werden imMai die besten Fatima-Filmegezeigt: Gentzgasse 122, A-1180 Wien (Mittwoch 17 Uhr,Freitag 14 und 17 Uhr).

Fatima-Mission

Treffen

Treffen für Menschen in Tren-nung, Scheidung, Wiederver-heiratung und Witwenschaft,die ihren Weg mit Christus undder Kirche gehen wollen mitImpuls zur Eheerneuerung, Hl.Messe, Familiensegnung, An-betung, Beichte, Kinderpro-gramm…Zeit: 28. Mai ab 19:15 UhrOrt: Stift Göttweig

Exerzitien„Leben in Fülle“ – Exerzitienim Sommer für Laien und Prie-sterZeit: 18. bis 23. Juli

„In Frage gestellt“ – Exerzitiennur für PriesterZeit: 30 Juli bis 4. AugustOrt: Kolleg St. Josef, Gyl-lenstormstraße 8, 5026 Salz-burg-AigenAnmeldung: 0662 623 417-0,[email protected]

CharismatischeExerzitien

„Kehrt um und glaubt an dasEvangelium!“ – Thema der Ex-erzitien mit P. Kuriakose Pun-nolil VC & TeamZeit: 29. Juli bis 1. AugustOrt: Gebetshaus Guter Hirte,Mandorferstr. 28, A-4595WaldneukirchenInfo&Anmeldung: VroniWasserbauer, Adresse wieoben, Tel: 0043 (0) 66473573970, [email protected],www.hausdesgebetes.jimdo.com

Exerzitien„Gottes Wille geschehe. Darinallein ist Ruhe zu finden“ – Ex-erzitien mit Kpl. Norbert PurrerZeit: 7. Juni 18 Uhr bis 10. Juni Ort: Erholungsheim d. Kreuz-schwestern Thalheim/WelsAnmeldung: Elisabeth Bra-meshuber: 0742 46254 -38

PilgerreiseAnlässlich 100 Jahre FatimaPilgerreise mit geistlicher Rei-seleitung von P. Walthard Zim-mer, Priesterbruderschaft St.PetrusZeit: 12. bis 15. AugustInfos&Anmeldung: Reise-büro Glas, Tel. 07717 7171

Günther und Susanne Zoppelt

Rotto. Gebrochen. Sagt derTaxifahrer, wirft nochmals einenprüfenden Blick auf die kleineKinderhand, die etwas verlorenherunterhängt, wendet sich abund startet. Mit Sportverletzun-gen kennt er sich aus, sein Sohnist Profifußballer und hat heuteNachmittag ein Match.

Jetzt bringt er mich und mei-nen Vierjährigen rasch hochauf den römischen Hügel

Gianicolo, zum KinderspitalBambino Gesù. Es ist Karsams-tagmorgen, und die Pilgergruppe,mit der wir seit einer Woche durchSizilien und Rom touren, ist gera-de auf dem Weg zum Petersdom.Nur wenige hundert Meter weiterwarte ich. Nicht vor einer leblosenPietá aus Marmor, sondern nebeneinem schreienden Baby mit be-sorgten Eltern, einer französi-schen Madame mit Teenager-tochter und einem japanischenSchüler samt Großfamilie.

Ich habe einen leisen Groll inmir und bin alles andere als begei-stert von dem, was gerade abläuft.Gestern Abend hat sich meinSohn beim Spielen an der Handverletzt, es folgt eine schlafloseNacht auf dieser Reise, die unsüber 4.000 Kilometer mit demBus durch Italien führt. Von An-fang an begleiten uns als FamilieBegrenztheiten, Hürden, durch-kreuzte Pläne.

Es ist eine Pilgerreise. Am Mitt-wochnachmittag habe ich bei P.Francisco gebeichtet, der unsereReise begleitet. Ohne meine Le-bensumstände genau zu kennen,gibt er mir Antwort auf eine Her-

zensfrage: Jesus Christus, das istfür dich dein Ehemann. JesusChristus, das ist dein Sohn, das istdeine Tochter. Gott spricht nichtprimär in Stille und Anbetung zudir, sondern durch die dir Anver-trauten! Punkt.

Noch ein zweites lehrt michdiese Beichte: Mein Geist ist frei.Selbst wenn ich während der Hei-

ligen Messe eine Zeitlang rausmuss, weil meine Jungs Bewe-gungsdrang haben, können michweder Kinderlärm noch Mauernvon der geistlichen Realität tren-nen, meine Andacht ist nicht ge-bunden an schweigendes Knienvor dem Allerheiligsten. Ich darfGott meine Sehnsucht hinlegen,warten, meinen Geist ausrichtenauf den Allerhöchsten.

An diesem Nachmittag ist eine

echte Last abgefallen: Die widri-gen Umstände, die mir auf dieserReise und in meinem Leben zu-setzen, hindern mich nicht daran,Gott zu begegnen, sondern siesind Trainingseinheiten. DerZorn meiner Lieben – und meineigener – lehrt mich Geduld. DieMüdigkeit lehrt mich Durchhal-tevermögen. Meine Bedürftig-

keit und Hilfslosigkeit lehrenmich Demut und Dankbarkeit.Menschliches Unvermögen lehrtmich, alles von Gott zu erwarten.

Perfetto, wunderbar, kommen-tiert die italienische Ärztin undscherzt mit uns herum. Der Armmeines Sohnes ist nicht gebro-chen, sondern nur ausgerenkt,und nach wenigen Minuten lau-fen wir ausgelassen den Hügelherunter in Richtung Petersdom,

jagen Tauben zwischen den Ko-lonnaden am Petersplatz und es-sen Eis in der Via delle Fornaci. Esist ein herrlicher sonniger Sams-tagvormittag.

Eigentlich ist nicht viel passiertin diesen wenigen Stunden. Ichbin erleichtert, ich bin dankbar.Aber vor allem habe ich Gottesbarmherzigen Blick auf mein Le-ben ganz neu angenommen.

Ja: Gott ist dir näher als dudenkst. Er wartet nicht unbedingtin einer Kirche auf dich. Er wartetdort, wo du jetzt gerade am mei-sten kämpfst, wo dein Versagenam größten ist, deine Abhängig-keit am massivsten und dein Lei-den am schmerzhaftesten. Erbraucht nicht deine Perfektion,sondern deine Sehnsucht. Erbraucht dein tägliches Ja zu dirselbst und zu deiner komplettenAbhängigkeit von seiner Güte.

Hinter jedem deiner Problemegibt es eine geistliche Wirklich-keit und einen liebenden Blick desVaters auf dich. Lass dich von denWidrigkeiten deines Lebens nichtdavon abhalten, aufzuschauen,lass dich nicht fesseln von deinenNöten, sondern denke über diegöttliche Perspektive auf dein Le-ben nach. Erhoffe alles von Ihm,setze alles auf Gottes Karte!

Petra Knapp-Biermeier

Aus kath.net v. 21.4.17

ZeugnisVISION 2000 3/2017 19

Erlebnis auf einer Pilgerreise durch Italien

Setz alles auf Gottes Karte!

Versuchen Sie einmal,wenn Sie zum Nacht-mahl eingeladen sind, zu

erklären, es missfiele Ihnen sehr,wenn durch Elektroschock Tieregetötet werden, um ihren Pelz zuverarbeiten. Aber weitaus mehrbeängstige Sie, dass Kinder imSchoß ihrer Mütter zerstückeltwerden und dies als Errungen-schaft, die Misshandlung vonwinzigen Hermelinen jedoch alsBarbarei angesehen werde. Siewerden erleben, wie sich eisigesSchweigen unter den Tischge-nossen breitmacht.Oder versuchen Sie zu erklären,dass biologische Nahrung sichereine gute Sache sei, dass Ihnenaber die Manipulation an den

Embryonen viel größere Sorgenbereite als die genetische Verän-derung von Pflanzen…Ich bin überzeugt: Der Mensch,der sich von Gott abwendet,braucht dennoch eine Art Reli-gion. Daher muss er sich selbsteine zurechtlegen – und sei sienoch so künstlich, unvernünftig,irreal. Es ist so, als habe er dasdiffuse Gefühl, es sei für denMenschen nicht gut, ohne höhe-re Bezugspunkte dazustehen. Daher schafft er sie sich, indemer die eigenen Vorstellungenverabsolutiert, sie mit der Würdevon Glaubenssätzen umgibt.Und so gibt es einige Leitsätzedieser merkwürdigen, von Men-schen selbst gemachten Religi-

on, über die es extrem schwierigist, in ein Gespräch einzutreten.Und ich frage mich, ob es über-haupt nützlich ist.Ein befreundeter Priester hateinmal gesagt: Beim Anblick ei-nes verlotterten Hauses gibt eszwei Möglichkeiten: den Ei-gentümer auf sein Fehlverhaltenaufmerksam zu machen, ihn zukritisieren, ihm Vorwürfe ma-chen, usw… – oder man kannihm vor Augen führen, wieschön es ist, in einem gepflegtenHaus zu leben. Wir Christen müssen überzeu-gender wirken als die anderen.Das geht aber nur, wenn wirselbst überzeugt sind. Wenn un-ser eigenes Haus schön und sau-

ber ist, wenn man dort gute Luftatmet und fröhlich lebt. Macht es dann überhaupt nochSinn, sich zu ereifern, dass ande-re Häuser hässlich, dreckig, trau-rig, übelriechend sind? Solltenwir nicht eher ihretwegen traurigsein? Und die Betroffenen zu unseinladen?Wir Katholiken müssen neueWege finden, um die Dogmendes politisch Korrekten in Fragezu stellen, neue Wege, um unsereKinder vor den verqueren Infor-mationen zu schützen, die ihnenin der Schule vorgesetzt werden.

Constanza Miriano

Ihr Beitrag ist ein Auszug aus Il

TIMoNe, Jänner 2014

Die selbst gemachte Religion

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Erleichtert landen Mutter und Sohn bei den Kolonnaden

Die Frage, wann und wiedas Buch „Familien fei-ern das Kirchenjahr“ un-

ser Leben bereicherte, lässt sichnicht konkret fixieren. Es warenvielmehr verschiedene Angel-punkte in unserem Familienle-ben, an denen es uns wertvolleHilfe leistete. So wurde es uns zueinem liebgewonnen „Lebens-begleiter“.

Ich muss vorausschicken,dass das Buch schon länger inunserem Bücherregal stand unddarauf wartete, gelesen zu wer-den. Wir hatten es einfach ge-kauft, weil wir die Autorin, Ma-ria Prügl, sehr schätzen. Sie re-cherchiert gewohnt gründlichund steht mit Herz und Hirn hin-ter allen ihren Projekten. Derrichtige Moment das Buch zu le-sen kam – wie erwartet –, als un-sere Kleinstkinder größer wur-den (ca. 2 bis 4 Jahre). Damalsversuchten wir, das Familienge-bet für sie ansprechend und ab-wechslungsreich, aber dennochmit Tiefgang zu gestalten. Danahm ich das Buch aus dem Re-gal, begann zu lesen und konntegar nicht mehr aufhören. DerGedanke: „Das hätte ich ja schonviel früher lesen sollen!“ ließmich nicht mehr los.

Hier erfuhr ich endlich: – Welche liturgischen Feste fei-

ern wir und was bedeuten die li-turgischen Farben.– Wie kann man den Herrgotts-winkel im Jahreskreis gestalten.– Was kann man mit Kindernoder alleine beten,singen, bastelnoder backen.– An welchemWochentag betetman welchen Ro-senkranz.– Und vielesmehr.

Für mich alsMutter war dasbesonders kost-bar, weil man jamit drei bisvier Kindernz.B. nie die ganze Litur-gie der Karwoche mitfeiernkann. Mit Hilfe der Anregungenim Buch und vielen daraus ent-standenen eigenen Ideen derKinder feierten wir über Jahrehinweg unsere eigenen Andach-ten zu Hause.

Heute begleitet uns das Buchvor allem in der Ehevorberei-tung. Wir erzählen unserenBrautpaaren unter anderem dar-über, wie wir als Familie ausdem Glauben Kraft schöpfen.

Wir ma-chen siedaraufaufmerk-sam, dasssie bei derkirchli-chen Trau-ung ver-sprechen,die Kinder,die Gott ih-nen schenkt,im christli-chen Glaubenzu erziehen.

Sie sind also die Erstverkünder,und ihren Kindern das Wissenund die Liebe zum katholischenGlauben zu vermitteln, sei ihreVerantwortung – und nichtprimär die Aufgabe des Prie-

sters, der Religionslehrer oderder Leiter der Erstkommunion-oder Firmgruppen. Das berührtviele, und dann nehmen vielegleich „Familien feiern das Kir-chenjahr“ vom Büchertisch mit.

Vor kurzem hörten wir in ei-nem Vortrag über eine aktuelleStudie, die besagt, dass 80 Pro-zent der Jugendlichen Gott nichtbrauchen und sich mit der Insti-tution Kirche nicht identifizie-ren könnten. Wir sind jedoch derÜberzeugung, dass sie nur mei-nen, Gott und seine Kirche nichtzu brauchen, weil sie – obwohloft getauft und gefirmt – meistweitgehend ahnungslos sind,was die Inhalte des katholischenGlaubens und den Wert der Hei-ligen Messe betrifft. Wir ver-schenken deshalb „Familien fei-ern das Kirchenjahr“ auch zuAnlässen wie Hochzeit, Woh-nungseinweihung, Geburt oderTaufe, weil die Erfahrung zeigt,dass damit der Einstieg in ein Le-ben mit Gott in Seiner Kirchewieder gelingen kann.

Sylvia Planitzer

FaMilien Feiern das kirchenjahr– jahr der natur und jahr dergnade / die Feste iM kirchen-jahr / leBen iM glauBen / dersonntag / christliches Brauch-tuM. Von Maria Prügl, Verlagehefamiliebuch, 148 seiten, 18,50euro, www.ehefamiliebuch.at

Über das Leben im Glauben

Familien feierndas Kirchenjahr

Einen schmalen, aber ed-len Bildband über denemeritierten Papst Bene-

dikt XVI. hat der oberöster-reichische Fotograf ChristophHurnaus jetzt im Eigenverlagvorgelegt. Jahrelang produzier-te Hurnaus, der mehr als 45päpstliche Auslandsreisen mitgezückter Kamera begleitet hat,Papst-Kalender auf hohemästhetischen Niveau. Der nunvorliegende Bildband lebt nichtnur von exzellenten Fotografi-en, sondern nicht minder von Zi-taten Benedikts XVI., die die tie-fe Spiritualität und die intellek-tuelle Weite des bayerischenPapstes nochmals treffend ansLicht heben.

Bilder und Texte stehen je fürsich: Fotografisch spannt sichein Bogen vom ersten Auftrittdes neugewählten Papstes am19. April 2005 auf der Mittellog-gia des Petersdoms in Rom überzahlreiche Auslandsreisen biszur Begegnung Benedikts mitseinem Nachfolger Franziskus

in den Vatikanischen Gärten.Die Kurztexte aus Ansprachenund Predigten Benedikts greifennoch weiter aus: Hier setzt dieKomposition mit der Predigt desKardinaldekans Joseph Ratzin-ger bei der „Missa Pro EligendoRomano Pontifice“ unmittelbarvor dem Konklave ein.

Ergänzt hat Hurnaus den Zita-

tenreigen Benedikts durch hell-sichtige Einordnungen von Erz-bischof Georg Gänswein undPeter Seewald, dessen vier In-terviewbücher mit KardinalRatzinger beziehungsweisePapst Benedikt den bayerischenJournalisten zu einem Expertengemacht haben. Aber auch PapstFranziskus kommt mit einemWort über den „weisen Großva-ter“ in den Gärten hinter SanktPeter zu Wort. Wer mit Hur-naus‘ Bildband das Pontifikatdes 265. Nachfolgers Petri inWort und Bild nochmals Re-vue passieren lässt, wird wohlSeewald zustimmen, der überBenedikt schrieb: „Er wird in

die Geschichte eingehen als ei-ner jener tapferen Päpste, diesich der inneren Reinigung derKirche gewidmet haben, nichtum ihren Schatz aufzulösen,sondern um ihn zu retten, damitdie Welt ihren Anker behält.“

Stephan Baier

Benedikt XVi. ProPhetischeWorte – BleiBende erinnerun-gen, christoph hurnaus (hrsg.),Medienverlag christoph hur-naus, 64 seiten, 12,30 euro.

20 Empfehlenswerte Bücher VISION 2000 3/2017

Dieses und alle anderen Bücherkönnen bezogen werden bei:Christlicher MedienversandChristoph HurnausWaltherstr. 21, A-4020 LinzTel.+Fax.: [email protected]

Benedikt XVI. zum 90. Geburtstag

Ein großer Papstin Wort und Bild

Drei sehr unterschiedlicheBücher haben michwährend der letzten Wo-

chen begleitet. Besonders er-staunt war ich über good Bye Mo-hammed, verfasst von Norbert G.Pressburg, ein Pseudo nym, dassicher wegen der im Buch ge-machten Behauptungen Sinnmacht. Ein Leser hatte es mir nachder Lektüre des Interviews mit

Abdel-Samad inder letzten Num-mer geschickt.

Der Autor zwei-felt darin schlichtund einfach dieGrundlagen des Is-lams an: nämlichdass Mohammed –so er überhaupt ge-lebt hat – Urheberdes Korans ist; dassder Koran Ergebnisüberirdischer Einge-bung ist; dass er ur-sprünglich in arabi-scher Sprache verfasst

worden ist; dass die Hadithen aut-hentisch das Leben Mohammedserzählen; dass die ersten KalifenMuslime gewesen sind… „Sowie diese Frühgeschichte aus tra-ditionell-islamischer Sicht be-schrieben wird, hat sie mit Sicher-heit nicht stattgefunden,“ fasstder Autor das Ergebnis zusam-men. Aus den ersten Jahrhunder-ten, die dem Islam zugeschriebenwerden, gebe es keine Belege fürdessen Existenz. Ein Buch, des-sen Aussagen total gegen die gän-gige Islamforschung steht.

Also zum Vergessen? Nein,denn der Autor kann interessanteFakten ins Treffen führen. Alleindie Tatsache, dass der Koran „nurso von Fremdwörtern aus demSyro-Aramäischen, Persischen,Griechischen und Hebräischen“wimmelt, ist verdächtig bei ei-nem Buch, das man authentischnur auf Arabisch verstehen kön-ne. Auf Aramäisch, der im vor-derasiatischen Raum zunächstdominierenden Sprache, gelesen,bekommen manche Stellen erstSinn oder verändern die derzeitgängige Lesart total. Besondersanschaulich: Es mutieren die denMärtyrern im Paradies verheiße-nen Jungfrauen zu „herabhän-genden Früchten, die noch nie-mand angerührt hat“.

Auch das muslimische Heilig-tum in Jerusalem, der Felsendom,wird „entzaubert“. „Gebaut wur-de der Felsendom sicher nicht als

Moschee, sondern als Kirche.Aber nicht als Kirche für den All-tag, vielmehr bezeichnete der Fel-sendom (…) den Ort, wo der Er-löser herabsteigen würde.“ SeinErbauer Abd al-Malik, den diemuslimische Tradition als Kalifführt, müsse nämlich laut histori-schem Befund (z.B. Münzprä-gungen) eindeutig Christ gewe-sen sein. Und das originaleSchriftband im Dom – Muslimedeuten es auf Mohammed – ent-halte bei genauerem Hinsehendas Glaubensbekenntnis Abd al-Maliks: das Bekenntnis zu JesusChristus, jedoch in häretischerForm: Jesus nicht als eine dergöttlichen Personen der Trinität.

Soweit zur Illustration dieserInfragestellung des Islams auf252 Seiten. Spannend, recht gutverständlich, wenn auch nicht sozu lesen wie ein Krimi.

Wie ein Krimi hingegen liestsich das zweite Buch:du musst dran glauben– Vom Mörder zumMenschenretter, dieLebensgeschichte vonTorsten Hartung (sie-he auch S. 9 Vision2/17 und Portrait3/09). Der Autor be-schreibt darin seineJugend, die fehlendeGeborgenheit da-heim, die Wutaus-brüche des Vaters,das Desinteresseder Mutter –idealeVoraussetzungendafür, dass er auf dieschiefe Bahn geriet: Schon mit 15entwickelt er sich zum Schlägerund Kleinkriminellen, der baldauch mit den Behörden in derDDR in Konflikt gerät. Mit 17geht er erstmals in den Knast.

Hochintelligent, willensstark,skrupellos und phantasiebegabtbringt Hartung alle Vorausset-zungen für eine außergewöhnli-che Verbrecherkarriere mit, aller-dings erst im Westen Deutsch-lands. Dort werden zunächst pol-nische Autohändler ausgeraubt –sehr ertragreich. Und dann steigt

er ins große Geschäft ein: Autoswerden geknackt und lukrativ indie Länder des ehemaligen Ost-blocks verschoben: Finanziell einunsagbarer Hit.

Als einer seiner Mitarbeiterversucht, ihn zu hintergehen, legter ihn kaltblütig um. Bezeichnendwie er seine damalige Verfassungbeschreibt: „Es klingt hart, aberich habe damals nichts empfun-den. Keine Reue, keine Schuld,einfach nichts. Dieter war mir to-tal egal… Abends haben wir dannnoch zusammengefeiert, richtiggesoffen.“

Schließlich wird er wegen einer„Kleinigkeit“, Drogenkonsum,verhaftet. Sein „Autohandel“fliegt auf. Es folgt jahrelange Ein-zelhaft – und Hartung beginntüber sein Leben nachzudenken,er durchlebt „eine Achterbahn derGefühle“ mit schweren depressi-ven Schüben. Endlich keimt auchReue in ihm auf. Am 15. Mai hat

Torstensein „Da-maskus-Er-lebnis“ – un-fassbar, wieGott sich mitzärtlicherLiebe diesemso verdorbe-nen Menschenoffenbart undihn an sichzieht.

Mit welcherKonsequenzund DisziplinHartung den Wegder Umkehr von

da an verfolgt, ist lesenswert. Dasüberlasse ich Ihrer Lektüre, liebeLeser. Heute hilft Torsten Straf-entlassenen, wieder Fuß zu fas-sen.

Nun aber kompletter Szenen-wechsel zum dritten Buch: PeterEgger, bekannt durch seine zahl-losen Vorträge – auch in radioMaria oder k-tV – mit Lehrauf-trägen in Brixen und Heiligen-kreuz, hat kürzlich ein Buch ver-öffentlicht: kirchengeschichte –licht und schatten. Meine Reak-

tion, als ich daserfuhr: Endlichein Blick aufdie Geschich-te von einem,der die Kircheliebt, eineSichtweisealso, die sichnicht daraufbeschränkt,in derenWunden zuwühlen.

Erstaunlich, wiees Egger gelingt, auf 271 Seiteneinen Bogen vom Leben Jesu biszu den Erneuerungsbewegungender jüngsten Vergangenheit zuschlagen. Er schafft das, weil er ingewohnt gekonnter Weise kurzund prägnant zu formulieren ver-steht.

So werden etwa das 1. und das2. Vatikanische Konzil auf je-weils vier Seiten in kurzen Para-graphen abgehandelt, die Gegen-reformation auf fünf Seiten. Undman erfährt dabei eine Menge,denn die Absätze – jeder mit ei-nem Titel versehen – enthaltendichte Info. Auf diese Weise be-kommt der Leser tatsächlich ei-nen guten Überblick über diewichtigsten Phasen und Ereignis-se in der 2000-jährigen Geschich-te der Kirche.

Beim Lesen habe ich mir natür-lich öfter gedacht: Schade, dassüber dieses oder jenes interessan-te Geschehen nur so wenig hiersteht, darüber würde ich gern aus-führlicher informiert werden.Aber Details lassen sich nun ein-mal auf diesem beschränktenRaum nicht wiedergeben. Dafüraber bietet Eggers Kirchenge-schichte einen umfassenden, fai-ren Überblick, der keineswegs ei-nen großen Bogen macht um dieSchattenseiten der letzten 2000Jahre dieser einmaligen Instituti-on, in der wir Katholiken den LeibChristi erkennen. Bei vielen wirddie Lektüre des Buches denWunsch wecken, mehr über de-ren bewegte und bewegende Ge-schichte zu erfahren.

Christof Gaspari

good Bye MohaMMed – das neueBild des islaM. Von norbert g.Pressburg. Books on demand, 252seiten, 19,80 euro.du Musst dran glauBen. VoMMörder zuM Menschenretter.Von torsten hartung & christophFasel. adeo. 237 seiten. 17,99 eu-ro.kirchengeschichte – licht undschatten.Von Peter egger. MediaMaria, 271 seiten, 18,95 euro.

Der Koran, die Kirche – und ein Mörder

Der Glaube: drei Perspektiven

Empfehlenswerte Bücher VISION 2000 3/2017 21

Peter Seewald hat seit 1996meh rere In terview-Bücher mitJosef Ra tzinger/Benedikt XVI.ver öffen tlicht. Er kennt ihn wiekein an derer Journalist. Im Fol -genden würdigt er den Jubilar.

Herr Seewald, was wissen Sieaus eigener Anschauung, wie esPapst Benedikt XVI. aktuellgeht?Peter Seewald:Ich habe ihn imDezember das letzte Mal gesehenund besuche ihn jetzt im Mai. Ichweiß, dass es ihm gut geht, natür-lich dem Alter von 90 Jahren ent-sprechend. Er ist in allem etwaslangsamer geworden. Er hat mitdem Gehen Probleme, sprichtlangsamer und hört auch schlech-ter. Natürlich leidet er auch unterder gewaltigen Glaubenskrise,die selbst viele Verantwortlichein der Kirche noch nicht richtig er-kannt haben. Er ist ja kein Pensio-nist, der sich zum Rosenzüchtenzurückgezogen hat. Er hat bei sei-nem Rücktritt erklärt, dass er dieLast dieser Kirche im Gebet mit -trägt. Auch als Papa emeritusnimmt er regen Anteil daran, wasin der Kirche und in der Welt pas-siert. Ansonsten freut er sich dar-über, dass er in der Ruhe seinesKlosters sonnige Tage mit Freun-den erleben kann.

Öffentlich wurden mehrfachsehr unterschiedliche Bildervom Menschen Joseph Ratzin-ger gezeichnet. Sie kennen ihnaus drei Lebensphasen persön-lich, als Kardinal und Präfektder Glaubenskongregation, alsPapst und schließlich als „Papaemerito“. Was zeichnet ihn dennwirklich aus?Seewald: Ich habe ihn jetzt einVierteljahrhundert als Journalistbegleitet und habe unter seinenvielen Wegbegleitern, die ich ge-sprochen habe, außer Hans Küngnoch niemanden getroffen, derdas Bild des finsteren, machtbe -flissenen, harten, einsamen undrückwärtsgewandten Mannes,das ja von Ratzinger in manchenMedien noch immer gepflegtwird, teilen würde. Ich habe ihnals wirklichen Mann Gottes, alsbeispiellosen Intellektuellen ken-nengelernt, der durch seine bril-lanten Analysen, durch die Nach-haltigkeit seiner Prognosen be-sticht, und als Theologen desVolkes, der nie vergessen hat,woher er gekommen ist, der im-mer bemüht war, den Glauben vor

allem auch den einfachen Men-schen zu vermitteln.In der persönlichen Begegnungist er ein sehr herzlicher Mensch,mit dem man auch viel lachenkann, mit dem es immer spannendist, und der es einem leicht macht,mit ihm ins Gespräch zu kom-men. Er ist alles andere als kon-taktscheu und besticht durch sei-ne Demut. Ich habe mich immerum journalistische Distanzbemüht, und natürlich ist auch einJoseph Ratzinger nicht frei vonFehlern. Aber es ist eigentlich un-möglich, wenn man sich mit Per-son und Werk beschäftigt, nichtauch Sympathie für diese Personund dieses Werk zuempfinden.

Vom persönlichenEindruck zum Urteilder Geschichte: Waswird, Ihrer Prognosezufolge, seine blei-bende Bedeutungprägen? Seewald: Noch niestand jemand so langewie Joseph Ratzinger– mehr als drei Jahr-zehnte lang – an derSpitze der größten undältesten Institution derWelt. Er ist durch sei-ne Beiträge zum Kon-zil, die Wiederent-deckung der Väterund die Verlebendigung der Leh-re als ein Erneuerer des Glaubens,der Kirchenlehre zu sehen. WasBenedikt XVI. von anderen Päp-sten unterscheidet, ist ein Werk,das ganz unabhängig vom Ponti-fikat bereits groß und bedeutendist. Ich denke, der Tag ist nichtmehr fern, an dem man von PapstBenedikt allgemein als den Kir-chenlehrer der Moderne sprechenwird. Ich schließe mich da denWorten von Papst Franziskus an,der sagte: „Sein Geist wird vonGeneration zu Generation immergrößer und mächtiger in Erschei-nung treten.“

Sein Nachfolger Papst Franzis-kus hat ein katholisches Selbst-bewusstsein neu gestärkt. Diesgab es auch unter Benedikt XVI.,

zusammengefasst in der Schlag-zeile „Wir sind Papst“. Warumist dies so schnell eingebrochen?Seewald: Von „schnell einge-brochen“ kann nicht die Redesein. Wir vergessen allzu leicht,wie die ersten vier Jahre des Pon-tifikats ausgesehen haben. Manhat von einem „Benedetto-Fie-ber“ gesprochen, das man nichtfür möglich hielt. Er hat Millio-nen von Menschen mit seinenSchriften bewegt, Millionen vonMenschen versammelt. (…)Dann gab es den Bruch durch dieWilliamson-Affäre. DieseSchnittstelle hat das Pontifikat inzwei Teile geteilt. Nach dem Ho-

sianna in der ersten Hälfte wurdees nun mühsam.Er hat aber nie einen Holocaust-Leugner wieder zum Bischof derkatholischen Kirche gemacht.Diese Überschrift hat dem Ponti-fikat einen Schlag versetzt, abersie ist falsch. Dann kam der Miss -brauchsskandal, der nun ausge-rechnet dem Papst angelastetwurde. Dabei hat Ratzingerschon als Präfekt soviel wie mög-lich getan, um solchen Verbre-chen nicht nur vorzubeugen, son-dern die Fälle aufzuarbeiten, dieTäter zu bestrafen und die Opferzu würdigen. Diese Linie hat erals Papst konsequent fortgeführt.Selbst seine Kritiker mussten an-erkennen, dass Benedikts Mana-gement maßgeblich dazubeitrug, dass sich eine der gewal-

tigsten Krise der Kirchenge-schichte nicht zu einem Fanal fürdie ganze katholische Kircheauswirkte.Wenn wir durch den zunehmen-den zeitlichen Abstand auf dasPontifikat und die Diskussiondarum wieder einen freierenBlick auf Person und Werk be-kommen, wird man auch die ge-waltige Leistung erkennen kön-nen, die sich damit verbindet. Wirhaben im deutschen Papst nichtnur eine Jahrhundertbiografie,sondern auch eine echte Jahrhun-dertgestalt, einen der brillante-sten und charismatischsten Figu-ren unserer Zeit.

Von einem seiner Schüler wurdeder emeritierte Papst Benedikteinmal als Dissident bezeichnet.Sie arbeiten ja an seiner Biogra-phie: Können Sie sich vorstellen,inwiefern diese Bezeichnungpassend ist?Seewald:Er hat sich immer mu-tig eingemischt, gegen Tenden-zen gestellt, von denen er über-zeugt war, dass sie den Men-schen, der Welt oder der Kircheschaden. Ratzinger ist immerauch eine Art Widerstandskämp-fer gewesen: Aus der Erfahrungder atheistischen Diktatur heraushat er dafür eine besondere Sensi-bilität. Er hat es aber nie beim Wi-derspruch belassen, sondern im-mer auch Lösungen angeboten.Er hat sich in schwierigen Situa-tionen als Knotenlöser erwiesen,der mit Kopf und Herz den Men-schen Orientierung geben kann.Joseph Ratzinger träumte davon,als Professor ein theologischesWerk zu schaffen, das unsererZeit wieder Christus zeigen kann.Aber er hat sein Lebensglückganz dem Dienst für die Kirchegeopfert. Die Berufungen zumErzbischof und zum Präfektenwaren alles andere als seine per-sönlichen Sternstunden.

Waren Sie überrascht, als er dieTiara erstmals aus dem päpstli-chen Wappen entfernte?Seewald: Wenn man ein wenigvom Lebensweg und von der Per-sönlichkeit Ratzingers kennt,dann sieht man, dass er immer ein

Benedikt XVI. zum 90. Geburtstag

Ein demütiger Kirchenlehrer

22 Glaube und Kirche VISION 2000 3/2017

Papst em. Benedikt XVI. zum 90-er

Weil die Welt eng verflochtenund die Kirche ein Leib ist, prägtdie geistige Situation im reichenWesten das Gesche hen in Afrikaentscheidend mit. Ein Appell anEuropas Christen, sich ihrerVerantwortung zu stellen.

Eminenz, wie sehen Sie das Ver-hältnis der Kirche Afrikas zurWeltkirche?Kardinal robert Sarah: DieFrage bringt mich etwas in Verle-genheit. Denn die Kirche Afrikasist Teil der Weltkirche und bildetmit ihr zusammen die eine und al-leinige Kirche. Es gibt also keine„afrikanische Kirche“, die derWeltkirche gegenübersteht.Richtig ist natürlich, dass die ka-tholische Lehre von der Kircheauf der Gemeinschaft der Ortskir-chen gründet. Aber ich möchteauch daran erinnern: Bei derWeltkirche handelt es sich nichtum eine Art lockeren Zusammen-schluss von Ortskirchen. DieWeltkirche wird durch die KircheRoms symbolisiert und vertreten– mit dem Papst als Oberhaupt,dem Nachfolger Petri und Leiterdes Apostelkollegiums.

Heißt das, es kann keine natio-nalen Kirchen geben?Sarah: Ohne gemeinsamenGlauben läuft die Kirche Gefahr,dass es zu Verwirrung kommt.Zersplitterung oder Spaltungkönnen die Folge sein. Auch heu-

te besteht ein großes Risiko, dieKirche zu „zerstückeln“, indemman auf den nationalen Identitä-ten beharrt und daraus die Fähig-keit ableitet, selbständige Ent-scheidungen zu treffen, beson-ders in so wichtigen Bereichenwie der Glaubens- und Sittenleh-re. Papst Benedikt XVI. sagte ein-mal dazu: „Die Kirche wächstnicht, indem sie sich national ein-igelt, … sondern sie braucht dieEinheit im Glauben, in der Lehreund der Moral. Sie braucht denPrimat des Papstes und dessenAuftrag, den Glauben zu stär-ken.“ In diesem Sinne hat sich dieKirche in Afrika immer als Teileiner Familie gesehen, der Fami-lie Gottes.

Welchen Beitrag leisten aus Ih-rer Sicht die Katholiken Afrikasfür diese eine Familie Gottes?Sarah: Auch wenn die Kirche inNordafrika sehr alt ist, betrachtensich die Diözesen und Gemein-den in den Ländern südlich derSahara eindeutig als missionari-sche Frucht und Tochter der„westlichen“ Kirche. Die Kirchein Afrika muss sich auch weiter-hin auf die theologische, liturgi-sche und monastische Erfahrungder „alten“ christlichen Konti-nente verlassen können – undauch auf deren finanzielle Unter-stützung. Die Kirche Afrikas ih-rerseits kann der weltweiten Chri-stenheit in aller Bescheidenheit

die Wunder zeigen, die Gottdurch den Heiligen Geist in ihr ge-wirkt hat, aber auch die Qualen,die Jesus auch heute noch inmit-ten des Leids und der Armut sei-ner Gläubigen erduldet.

Worin bestehen diese Qualen?Sarah: Sie sind so vielfältig:Kriege, Hunger, der verheerendeMangel an Bildungs- und Ge-sundheitsstrukturen. Und dannwäre da noch der verderblicheEinfluss westlicher Ideologien:der Kommunismus, die Gender-Ideologie … Afrika ist zum Auf-fangbecken für Verhütungsmittelund Waffen geworden. Afrika istauch Schauplatz für den organi-sierten Diebstahl von Rohstoffen.Kriege werden deswegen geführtund geplant, das Chaos wird vor-angetrieben. Denn so wird esmöglich, die natürlichen Res-sourcen ohne Rücksicht aufRecht und Gesetz abzubauen. DieWirtschaftsmächte der Weltmüssen damit aufhören, die Ar-men auszuplündern!

Ist der Islam eine weitere Gefahrfür das Überleben der afrikani-schen Kirche?Sarah: Viele Jahrhunderte langlebten in den Ländern südlich derSahara Christen und Muslimefriedlich Seite an Seite. Jener ex-tremistische Islam aber, der alspolitische Organisation auftrittund sich dem Rest der Welt auf-zwingen will, stellt nicht nur eineGefahr für Afrika dar. Er ist vor al-lem eine Gefahr für die Gesell-schaften in Europa, die allzu oftkeine Identität und keine Religionmehr haben. Wenn eine Gesell-schaft aber ihre eigenen Werteverdammt, die aus ihrer Traditi-on, Kultur und Religion hervor-gegangen sind, dann ist sie demUntergang geweiht. Denn sie hatdamit jeglichen Antrieb, jeglicheEnergie und jeglichen Willen ver-loren, um für die Verteidigung ih-rer Identität zu kämpfen.

Auszug aus einem Gespräch, das Jür-gen Liminiski mit dem Präfekten derKongregation für den Gottesdienstund die Sakramentordnung für Kir-che in not (26.4.17) geführt hat.

modern denkender Mensch ge-wesen ist, dass er bereit ist, Din-ge zu tun, die niemand zuvor ge-tan hat. Er ist einerseits ein Lieb-haber und Verfechter der Tradi-tion, der sich bemüht, das Erbemitzudenken, gleichwohl aberneue Impulse zu entwickeln undden Gegebenheiten unserer Epo-che gerecht zu werden. Die Ent-fernung der Tiara aus dem Wap-pen, als Zeichen auch für dieweltliche Macht des Papstes,zeigte den Weg an. Der histori-sche Akt seiner Demission wardie konsequente Folge dieser Li-nie. Benedikt XVI. hat damit dasPetrus amt verändert, wie es inder Neuzeit noch nie verändertwurde. Die bis dahin gültige, na-hezu mystische Tradition, dassein Papst in seinem Amt zu ster-ben habe, hatte seine Größe, fürdie heutigen Anforderungenaber auch gewisse Fesseln, unddie hat Benedikt XVI. gesprengt.„Weide meine Lämmer, weidemeine Schafe“, ist der Auftrag anden Nachfolger Petri. Und dazubraucht es gerade in der globali-sierten Welt alle Kräfte einesPapstes. Sind diese nicht mehrgegeben, sollte er das Amt in jün-gere Hände legen.

Was erkennen Sie als Leitmotivim Wirken Joseph Ratzingers/Papst Benedikts XVI.?Seewald: Er steht einerseits fürdie Symbiose von Vernunft undGlaube. Er wurde nicht müde,darauf hinzuweisen, dass Religi-on und Wissenschaft, Beten undDenken, sich nicht ausschließen,sondern einander bedingen.Durch sein Bischofsmotto,„Mitarbeiter der Wahrheit“ zusein, ist er der Anti-Populistschlechthin, weil er nicht nachder Mode der Zeit fragt, sonderndanach, was Gott will, wie dieOrdnung des Alls gestaltet ist,nach der wir leben müssen. DieHauptüberschrift ist vielleichtder ‚Pontifex of love‘. Liebe istdas zentrale Moment seinerLehrtätigkeit vom Anfang biszum Ende. Den Ausdruck dafürgefunden zu haben, was es heißt,dass Gott die Liebe und diese derGrundkern der gesamten Schöp-fung ist, ist ein Geschenk für dieganze Welt, faszinierend undbuchstäblich ansteckend. Da istein Erbe entstanden, das weit indie Zukunft hinein wirken wird.

Das Gespräch hat Michaela Kol-ler für Zenit.org v. 14.4.17 geführt.

Glaube und KircheVISION 2000 3/2017 23

Gespräch über die Kirche in Afrika

Vom Geist bewegt, aber leidend und arm

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Afrika: Armut, Hunger, mangelnde Bildung prägen das Bild

24 Über den Glauben VISION 2000 3/2017

100 Jahre Fatima: Gedenken aneine kirchlich anerkannte Er -schei nung der Gottesmutter, dielange Zeit unbeachtet blieb. Derfolgende Beitrag zeigt auf, wiebedeutsam deren Inhalt fürunsere Tage ist.

Jede Erscheinung scheint al-len anderen ähnlich zu sein,weil in ihrem Zentrum stets

ein Aufruf zum Gebet und zurBuße steht. Gleichzeitig unter-scheidet sie sich aber auch vonden anderen, eben dadurch, dasssie einen besonderen Aspekt desGlaubens hervorhebt. Die Aura,die Lourdes umgibt, ist die Gelas-senheit. Kennzeichnend dafür ist,dass Maria bei keiner anderen Ge-legenheit so viel gelächelt hat.(…) Allerdings darf man dabeinicht vergessen, dass jene, die beider Grotte erklären wird, sie seidie Unbefleckte Empfängnis, da-mit etwas sehr Bedeutsames zurSprache gebracht und jeden zuBuße und Gebet für sich selbstund die Sünder aufgerufen hat.Aber alles in einer Stimmung derRuhe, ohne Androhung von Stra-fe. Genau das ist jener Aspekt, deram meisten die Menschenmassein die Pyrenäen lockt.

Die Atmosphäre von Fatimahingegen erscheint überwiegendeschatologisch, apokalyptisch –allerdings mit einem versöhnli-chen, zuversichtlichen Ab-schluss. Es ist offenkundig, dassder Hauptgrund für die Erschei-nung in Portugal darin besteht,den Menschen den ungeheurenErnst des irdischen Lebens in Er-innerung zu rufen. Dieses ist letzt-lich nichts als eine kurze Vorbe-reitung auf das wahre Leben, aufeine Ewigkeit, eine Ewigkeit derFreude, aber auch der Tragik. Sieerinnert an die Barmherzigkeit,gleichzeitig aber auch an die Ge-rechtigkeit Gottes.

Kein permissiver OnkelDie einseitige Betonung derBarmherzigkeit heute vergisstdas „Und-Und“, das für das Ka-tholische typisch ist. So erblicktman in Gott den liebenden Vater,der uns mit weit offenen Armenerwartet, gleichzeitig aber auchden Richter, der auf Seiner un-fehlbaren Waage Gutes und Bö-ses abwägt. Ja, es erwartet uns einParadies, aber dieses setzt voraus,dass wir die kleinen oder großenTalente, die uns anvertraut wur-den, so gut wie möglich einsetzen.

Keine Frage: Der katholischeGott ist sicher nicht der sadisti-sche des Calvinismus, der in sei-nem unergründlichen Beliebendie Menschheit in zwei Gruppeneinteilt: jene, die für das Paradiesvorherbestimmt zur Welt kom-men und jene, die seit jeher dieHölle erwartet. (…) Nein, der ka-tholische Gott hat wirklich nichtsgemein mit solchen Verzerrun-gen. Aber Er ist auch nicht der gut-mütige, permissive, tolerante On-kel, dem alles recht ist und der al-le in gleicher Weise annimmt…

Auch wenn es in den Ohren ei-nes gewissen heutigen, für dasgeistige Leben gefährlichen„Gutmenschentums“ wie ein Är-gernis klingt, bietet Christus un-serer Freiheit eine endgültigeWahl für die gesamte Ewigkeitan: die Rettung oder die Verdam-mung. Daher kann uns auch eineHölle erwarten, die wir zwar ab-geschafft haben, allerdings umden Preis der Ausblendung derklaren, wiederholt geäußertenWarnungen des Evangeliums. Inihm findet man die ergreifendeEinladung Christi: „Kommt alle

zu mir, die ihr euch plagt undschwere Lasten zu tragen habt,ich werde euch Ruhe verschaf-fen.“ Und da gibt es viele andereWorte und Gesten, die AusdruckSeiner Zärtlichkeit sind. Aber, obuns das nun gefällt oder nicht, esgibt im Evangelium durchausauch anderes. Da ist ein Gott, derunendlich gut und auch unendlichgerecht ist, und in dessen Augenfolglich ein unverbesserlicherÜbeltäter durchaus nicht gleichgesetzt wird mit einem Gläubi-gen, der sich – trotz seiner Gren-zen und Abstürze, die jederMensch kennt – bemüht hat, dasEvangelium ernst zu nehmen.

Im Katechismus, diesemgrundlegenden Text über dieLehre der Kirche, komplett er-neuert, verfasst auf Geheiß desheiligen Johannes Paul II. und un-ter der Verantwortung vom da-

maligen Kardinal Joseph Ratzin-ger (ein Text der sich ganz imGeist des 2. Vatikanischen Kon-zils versteht) ermahnen die Auto-ren: „Die Aussagen der HeiligenSchrift und die Lehren der Kircheüber die Hölle sind eine Mahnungan den Menschen, seine Freiheitim Blick auf sein ewiges Schick-sal verantwortungsvoll zu ge-brauchen. Sie sind zugleich eineindringlicher Aufruf zur Bekeh-rung.“

„Kehrt um!“Es sind genau diese Appelle (zurVerantwortung und zur Umkehr),die im Zentrum der Botschaft vonFatima stehen und die sie mehrdenn je dringend und aktuell ma-chen: Jedenfalls mehr als zu derZeit, als Maria in der Cova da Iriaerschienen ist.

Aus der katholischen Predigt istnun schon seit Jahrzehnten dasverschwunden, was die Theolo-gie die letzten Dinge nennt: Tod,Gericht, Hölle, Himmel. Wennnun aber in Gott alle Tugenden inunendlicher Fülle enthalten sind,kann da in Ihm die Gerechtigkeitfehlen, die ja die Kirche – inspi-riert vom Heiligen Geist, aber

durchaus dem allgemeinen Ver-ständnis entsprechend – unter dieKardinaltugenden zählt? Damangelt es nicht an Theologen,sogar bekannten und geachteten,die einen wesentlichen Teil derSchrift herausoperieren wollen,indem sie das, was ihnen nichtpasst, beseitigen und meinen,großzügiger und besser als Gottzu sein. Und so sagen sie: „DieHölle gibt es nicht. Und, sollte sieexistieren, ist sie leer.“

Es stimmt, dass die Kirche im-mer schon erklärt hat, dass einigeihrer Kinder mit Sicherheit geret-tet seien, indem sie diese zu Seli-gen oder Heiligen erklärt hat. Unddieselbe Kirche hat noch niemalserklärt, jemand sei verdammt

worden. Denn sie überlässt richti-gerweise Gott das letzte Urteil.Wer jedoch behauptet, die Hölle,auch wenn sie existiere, sei leer,dem sollte man entgegenhalten:„Leer? Aber das schließt ja nichtdie schreckliche Möglichkeit aus,dass wir, du und ich, sie einwei-

In Fatima erinnerte die Gottesmutter vor 100 Jahren an die Letzten Dinge

Eine Botschaft – politisch unkorrekt

12.5.1982: Papst Johannes Paul II hatte nach seinem Attentateine besondere Beziehung zu Fatima

Eine Wahl, die unsere

Ewigkeit bestimmt

Ein erschütternder

Blick in die Hölle

man sieht, die ganz auf die Letz-ten Dinge ausgerichtet und denKindern von der Gottesmutterselber gesagt worden sind. (…)

Kommen wir nun aber zu denletzten Zeilen des Berichts derZeugin Lucia, im Anschluss andie Vision vom schrecklichenSchicksal der unverbesserlichenSünder: „Wir erhoben die Augenzu Unserer Lieben Frau, die vollGüte und Traurigkeit sprach: Ihrhabt die Hölle gesehen, wohin dieSeelen der armen Sünder kom-men, Um sie zu retten, will Gott inder Welt die Andacht zu meinemUnbefleckten Herzen begrün-den. Wenn man tut, was ich euchsage, werden viele Seelen gerettetwerden.“

Das ist nun die tröstliche, ganzchristliche, ja katholische Note…Die Wahrheit erfordert, in Erin-nerung zu rufen: Wenn Men-schen die Ernsthaftigkeit desEvangeliums ausblenden, gehensie ein großes Risiko ein. Aber dieBarmherzigkeit des Himmelsbietet sofort ein Heilmittel an:sich unter dem Schutzmantel Ma-rias zu bergen und sich ihrem Un-befleckten Herzen anzuvertrau-en, offen für jeden, der um ihremütterliche Fürsprache bittet…

Wozu also die Erscheinungen?Fatima gehört zu den bedeuten-den Antworten für eine Welt, diemehr und mehr – und heute be-sonders – darauf vergisst, dassdas Leben hier auf Erden seinewahre Bedeutung in seiner Fort-setzung in der Ewigkeit findet.Fatima ist eine „harte“ Botschaft,in der heutigen Ausdrucksweisewürden wir sie als „politisch un-korrekt“ bezeichnen. Genau des-wegen ist sie evangeliums-gemäß, indem sie die Wahrheitverkündet und die Heucheleien,Verdrängungen, Beschönigun-gen zurückweist. Aber wie bei al-lem, was wahrhaft katholisch ist,wirken alle Gegensätze in einerlebensträchtigen Synthese zu-sammen: die „Härte“ koexistiertmit der Zärtlichkeit, die Gerech-tigkeit mit der Barmherzigkeit,die Drohung mit der Hoffnung.So ist die Botschaft, die mit Por-tugal verbunden ist, gleichzeitigbeunruhigend und tröstlich.

Vittorio Messori

Der Autor ist italienischer Journalist,bekannt auch durch sein Buch Zur

LAge Des gLAuBens, ein Interview-Buch mit Kardinal ratzinger. Messo-ris Beitrag ist ein Auszug aus: QueL

MessAggIo poLItIcAMente scorretto,MA evAngeLIco DI FAtIMA in LA nuovA

BussoLA QuotIDIAnA v. 31.1.17.

Über den GlaubenVISION 2000 3/2017 25

hen könnten.“ (…)Anlässlich der wichtigsten Er-

scheinung, jener vom 13. Juli1917, geschah das, was Schwe-ster Lucia 1941 in dem berühm-ten Brief an ihren Bischof soschildert: „Das Geheimnis be-steht aus drei verschiedenen Tei-len, von denen ich zwei jetzt of-fenbaren will. Der erste Teil wardie Vision der Hölle. Unsere Lie-be Frau zeigte uns ein großes Feu-ermeer, das in der Tiefe der Erdezu sein schien. Eingetaucht indieses Feuer sahen wir die Teufelund die Seelen, als seien es durch-sichtige schwarze oder braune,glühende Kohlen in menschli-cher Gestalt. Sie trieben im Feuerdahin, empor geworfen von denFlammen, die aus ihnen selbst zu-sammen mit Rauchwolken her-vorbrachen. Sie fielen nach allenRichtungen, wie Funken bei ge-waltigen Bränden, ohne Schwereund Gleichgewicht, unterSchmerzensgeheul und Ver-zweiflungsschreien, die einenvor Entsetzen erbeben und erstar-ren ließen.“

Jacinta, die drei Jahre später,als zehnjähriges Kind starb, wirdbestürzt über das, was sie in die-sen wenigen Momenten gesehenhatte, auf ihrem Totenbett sagen:„Wenn ich den Sündern doch nurdie Hölle zeigen könnte, würdensie alles unternehmen, um sie zuvermeiden, indem sie ihr Lebenändern würden.“ (…)

Gebet für die SünderZur Bestätigung der zentralenBedeutung der Botschaft über dieGefahr, verloren zu gehen, gibt esin Fatima auch noch Folgendes:Die Erscheinung lehrt die Seherein Gebet, das nach jedem Gesätzdes Rosenkranzes zu wiederho-len sei. Ein Gebet, das in der ka-tholischen Welt eine so außeror-dentliche Aufnahme fand, dass esüberall gesprochen wird, wo manRosenkranz betet. Und es lautet:„O mein Jesus, verzeih uns unse-re Sünden, bewahre uns vor demFeuer der Hölle, führe alle Seelenin den Himmel, besonders jene,die deiner Barmherzigkeit ammeisten bedürfen.“ Worte, wie

In Fatima erinnerte die Gottesmutter vor 100 Jahren an die Letzten Dinge

Eine Botschaft – politisch unkorrekt Musical Ruth

Die Kisi-Kids führen ihr neuesMusical Ruth, die berührendeGeschichte eines unzerreißba-ren Bandes von Treue, die Gren-zen überwindet und einen Neu-beginn wagen lässt.Zeit: 25. Mai, Vorstellungenum 14 und 18 UhrOrt:Kulturzentrum Eisenstadt,Franz Schubert-Platz 6, A-7000EisenstadtTickets: bei oeticket.com,www.ruth-musical.org

DanksagungDanksagung für 100 Jahre Ma-rienerscheinung in Fatima, Lei-tung Mag. Johannes VertesichZeit: Jeder 3. Samstag des Mo-nats im Jahr 2017, 15 Uhr 20Ort: Spitalstraße vor dem Jo-sefhaus, A-8250 Vorau

FesttagAnlässlich 50 Jahre Charismati-sche Erneuerung in der Katholi-schen Kirche lädt die Bewe-gung zu einem Festtag mit Lob-preis, Anbetung, Heiliger Mes-se einZeit: 5. Juni ab 13 UhrOrt: Hl. Geist Kirche, Schum-peterstr. 3, 4040 Linz

Bibeltagung3. Wiener Bibeltagung der Vin-zentiner Kongregation P. Var g -hese Parackal VC und TeamZeit: 5. Juni 10 bis 23:30 UhrOrt: Pfarre Am Schöpfwerk,Lichtensterng. 4, A-1120 Wien

EinkehrtageZeit:11. Juni 15 bis 21 Uhr zumThema „Hl. Dreifaltigkeit,Quelle und Ursprung jeder Hei-ligkeit“15. Juni 15 bis 21 Uhr zum The-ma: „Ich bin das Brot, das vomHimmel herabgekommen ist“23. Juni 15 bis 21 Uhr zum The-ma: „Wo dein Schatz ist, da istauch dein Herz“Ort: wie oben

WallfahrtWallfahrt nach Medjugorje be-gleitet von P. Florian Calice CO,Pfr. von St. Rochus, WienZeit: 27. Sept. bis 1. Oktober Anmeldung: Martha G. Hans-mann, Tel: 0699 1920 1323 oder 01 9201323, mghansmann@ yahoo.de

Pilgerreise

Pilgerreise ins Heilige Land,Leitung: Karl-Heinz & LouisaFleckenstein, geistige Beglei-tung: Pfr. Konstantin Spiegel-feldZeit: 3. bis 10. Februar 2018Infos: [email protected] oder01/214 64 94Anmeldeschluss: Ende No-vember 2017

Filmvorführung Film zum 100jährigen Jubiläumder Erscheinungen der MutterGottes in FatimaZeit: 20. Mai, Wh. am 21. je-weils 16 UhrOrt: Schloß Hetzendorf, Mari-ensaal, Hetzendorferstr. 79, A-1120 Wien

Die Botschaft von Fatima - eindringender Aufruf an dieMenschheitZeit: 10. Juni, Wh. am 11. je-weils um 16 UhrOrt: wie oben

GlaubensseminarGlaubensseminar mit PfarrerPeter Meyer: Lobpreis, Vorträ-ge, Beichte, Hl. Messe, Hei-lungsgebete…Zeit: 23. bis 26. Juni Ort:Franziskushaus, Neuöttin-ger Str. 53, D-84503 AltöttingAnmeldung: 0049 (0) 86719800, www.franziskushaus-al-toetting.de

Marsch f. die FamilieAuch heuer findet ein Marschfür die Familie in Wien statt.Zeit: 17. Juni 15.00 UhrOrt: Wien, Innenstadt. Der ge-naue Versammlungsort wirdaus Sicherheitsgründen nochnicht veröffentlicht. Er ist abdem 13.6. auf www.marschfuerdiefamilie.at zu ersehen oderunter 0680 1282410 zu erfra-gen.

Ankündigungen

Gebetsanliegen

Für Herbert, der sich zweischweren Krebsoperationenunterziehen musste, um voll-ständige Heilung.

Für die schwer erkrankte Chri-

stiana, um Zuversicht und umGenesung.

26 Zeitgeschehen VISION 2000 3/2017

In Deutschland beichtet niemand mehr

(Man hat) mir davon erzählt,dass so was wie die Beichte invielen Regionen Deutschlandsim Grund verschwunden ist. Istdas so?“Thomas sTernberg: InDeutschland beichten nicht maldie frömmsten Katholiken“.Aber wie dürfen die Leute, dienicht mehr beichten gehen, dieEucharistie empfangen?sTernberg: Wir sehen den Zu-sammenhang zwischen Beichteund Eucharistie nicht mehr so.Aber dieser Zusammenhang istnach der Kirchenlehre sehr eng.Die Frage ist dann, ob die Eu-charistiefeier in Deutschlandunter diesen Bedingungenüberhaupt gültig ist.sTernberg: Ja, sie ist gültig.Aber es ist ein interessantes The-ma. Die Eucharistie beruht nichtauf der Beichte. Weil die Eucha-ristie selbst die Kraft hat, die Sün-den zu verzeihen. Es ist wahr,dass der Zusammenhang zwi-schen Eucharistie und Beichte ra-dikal gebrochen ist, er existiertpraktisch nicht mehr.In Ihrem ZdK kennen Sie kei-nen Menschen, der zur Beichtegehen würde?sTernberg:Nein, ich kenne nie-manden.“

Aus einem Interview des Vorsitzen-den des Zentralkomitees der Deut-schen Katholiken mit der slowaki-schen katholischen Internetzei-tung Postoj zitiert in IDAF-Nach-richt 4/2017

Ist das oberste Laiengremiumin Deutschland überhauptnoch katholisch? Wie soll einim glauben so geschwächtesVolk auf Dauer dem Islamstandhalten, umso mehr als dieZuwanderer gern unter sichbleiben?

Probleme bei derIntegration

„Die Migrantenmilieus ent-wickeln sich auseinander“, sagtBernd Hallenberg vom VHW(Bundesverband für Wohnenund Stadtentwicklung). Das gel-te sozial und vor allem kulturell.Bürgerliche Segmente begreifensich als Bestandteil Deutsch-lands, während sich andere „inClans“ zurückziehen. Dabei son-dern sich nicht nur sozial ab-gehängte Migranten ab, sondernauch Teile der sozialen Mitte.

„Die Abgrenzung zu Deutsch-land greift auch in Schichten mithöherer Bildung um sich“, sagter. Viele fühlen sich der Her-kunftskultur stärker zugehörig,halten an heimatlichen Traditio-nen fest. Die Migranten „kapselnsich ethnisch, sozial oder räum-lich ab“ und entwickeln Vorbe-halte gegenüber dem westlichenLebensstil, heißt es in dem Be-richt. (…) „Wir sind nun mal kei-ne Deutschen, wir sind nun malTürken“, sagt eine befragte Per-son. „Meine Freunde sind über-wiegend religiös und überwie-gend Ausländer, nicht nur Tür-ken. Ich glaube, mit denen habenwir mehr gemeinsame Sachen alsmit Deutschen.“

Die Welt online v. 1.12.16

auf der anderen seite wächstdie skepsis gegen weitere mus-limische Zuwanderung in eu-ropa:

Gegen weitere Einwanderung

Der 1920 gegründete ThinkTank, bekannt unter dem NamenChatham House, hat 10.000 Eu-ropäer in 10 Staaten über die Ein-wanderung aus muslimischenStaaten befragt. Die Befragungergab, dass die Europäer denWunsch äußern, die Immigrationaus den Ländern islamischenGlaubens einzustellen. Die Spa-nier (41%) und die Briten (47%)wären demnach die einzigen, diedies nicht mehrheitlich wollen.Mit 61% liegt Frankreich hinterPolen (71%), Österreich (65%),Belgien (64%) und Ungarn(64%), aber noch vor Deutsch-land (54%).

Le figaro v. 8.2.17

Vieles deutet auf stärkere Kon-frontation hin:

Ein heiliger KriegMit Bezug auf Holland hat derTürkische Außenminister Mev -lüt Cavusoglu am 15. März fest-gestellt, dass die Wahlniederlage

des islamfeindlichen Wilderskeine Bedeutung habe, weil allegrößeren Parteien die selbe Hal-tung gegenüber dem Islameinnähmen. Ausdrücklich sagteer: „Diese Haltung wird Europain den Ruin treiben; Europa istdabei zu kollabieren (…), baldwird es in Europa zu einem heili-gen Krieg kommen.“ Und zweiTage darauf der Aufruf von Erdo-gan, der an die Türken in Europafolgenden Appell richtet: „Sie-delt euch in den besten Gebietenan; fahrt die besten Autos; wohntin den schönsten Häusern; machtnicht drei, sondern fünf Kinder.Denn ihr seid die Zukunft Euro-pas. Das wird die beste Antwortauf die Ungerechtigkeiten, die ihrerlebt, sein.“ Diese Worte sindnicht in den Wind geredet. Alleeuropäische Länder liegen weitunter dem Niveau, ihre Bevölke-rung zu ersetzen – und zwar seitJahrzehnten. (…) Einer Schät-zung des Pew Research Centerzufolge beträgt die durchschnitt-liche Kinderzahl der europäi-schen Frauen 1,5, jene der musli-mischen 2,2. Ein ins Gewicht fal-lender Unterschied, der sich vorallem auf die jugendliche Bevöl-kerung auswirken wird. Schonheute beträgt das Durchschnitt-salter bei den Muslimen 32 Jahregegenüber 40 bei der nicht isla-mischen Bevölkerung. Und dieKluft wird sich weiten.

La Nuova Bussola Quotidiana v.20.3.17

man sollte solche aussagennicht nur als geschwätz abtun.auch ist es höchste Zeit, die de-mographischen alarmsignaleernstzunehmen und endlich ei-ne familienfreundliche Politikzu starten. In China ist manschon gezwungen, gegen dieverheerende Wirkung derKinderarmut anzukämpfen:

Geburtenprämienin China

Die Ein-Kind-Politik in China ist

wohl endgültig vorbei: Die Re-gierung in Peking überlegt, El-tern, die ein zweites Kind habenwollen, finanziell zu unterstüt-zen. Dies berichteten staatlicheMedien am Dienstag. Im Jänner2016 war die umstrittene Ein-Kind-Politik abgeschafft wor-den, was zu einem Geburtenplusvon 1,3 Millionen Babys geführthatte. Doch laut einer Studie derKommission für Gesundheit undFamilienplanung zögern 60 Pro-zent der chinesischen Eltern, einzweites Kind zu bekommen. Siebefürchteten demnach, sich einegrößere Familie nicht leisten zukönnen, berichtete die Zeitung"China Daily". Ein zweites Kindsei das Recht jeder Familie, sagteder Chef der Kommission, WangPeian. "Aber Leistbarkeit ist zueiner Engstelle geworden, diediese Entscheidung negativ be-einflusst." Daher ziehe die Regie-rung Geburtenprämien und För-derungen in Betracht.

derstandard.at v. 28.2.17

Wäre auch in europa überfäl-lig. mehr Zeit für die eigenenKinder ist ja längst ein Wunscheiner mehrheit der eltern:

Länger bei denKindern bleiben

Die Mehrheit der Mütter möchtenach der Geburt eines Kindes kei-ne rasche Rückkehr in den Beruf.Wie lange sie zu Hause bleibenund wie spät sie erst wieder inVollzeit arbeiten möchten, hatnun ein Forschungsinstitut unter-sucht. Im Durchschnitt haltenFrauen drei Jahre nach der Geburtihres Kindes für einen guten Zeit-punkt, um in den Job zurückzu-kehren – wenn auch zunächst nurin Teilzeit. Einen Vollzeitjobkönnen sich Frauen dagegendurchschnittlich erst ab dem sieb-ten Lebensjahr ihres Kindes vor-stellen. Das ist das Ergebnis einerneuen Studie des Nürnberger In-stituts für Arbeitsmarkt- und Be-rufsforschung (IAB).

FAZ-net v. 12.4.17

13 Neupriester inBangladeschGleich 13 Seminaristen wurdenam 30. Dezember 2016 in Bang-ladesch zu Priestern geweiht. Beider Zeremonie in der Diözese vonRajshahi waren 40 weitere Prie-ster sowie rund 500 Gläubige an-wesend. In den vergangenen Jah-ren hat es einen Anstieg von Prie-

Pressesplitterkommentiert

ZeitgeschehenVISION 2000 3/2017 27

stern im Land gegeben, berichtetP. Emmanuel Kanon Rozario,der Rektor des einzigen HöherenPriesterseminars im Land. Bang-ladesch ist ein mehrheitlich mus-limisches Land, doch die katholi-schen Christen stellen mit etwa600.000 Gläubigen eine wichtigeMinderheit dar.

Lebendige Pfarre st. jakob Nr. 193

hoffnungsvolle Zeichen derLebendigkeit der Kirche untersehr schwierigen bedingun-gen, die uns Christen in europamut machen sollten.

700.000 Bibeln verteiltDer Gideonbund hat 2016 inDeutschland 742.129 Neue Te-stamente verteilt. Damit sei proMinute durchschnittlich mehr alseine Bibel weitergegeben wor-den. Darunter waren 167.000fremdsprachige Bibeln – so vielwie nie zuvor. Sie seien in Asyl-bewerberheimen, unter ausländi-schen Lastwagenfahrern auf Au-tobahnraststätten und in persönli-chen Gesprächen überreicht wor-den.

PURmagazin 2/17

auch dieses ehrenamtliche en-gagement evangelikaler Chri-sten könnte ein ansporn fürmehr missionarischen elan un-ter uns Katholiken sein. er wä-re so wichtig für europa, dasseine Tore weit für die Kulturdes Todes öffnet:

Euthanasie: + 10%Dutch News berichtet, dass 2016die Zahl der Euthanasiefälle 6091betragen habe und um 10% ge-stiegen sei. Das entspricht 4% al-ler Todesfälle in den Niederlan-den. (…) Alle fünf Jahre führendie Niederlande eine größere Un-tersuchung über Euthanasiedurch. Die 2010 durchgeführteStudie wurde 2012 in Lancet ver-öffentlicht und ergab, dass 23%aller Euthanasiefälle nicht ge-meldet worden waren. Sollte die-ser Trend weiter bestehen, sowären 2016 weitere 1.400 Men-schen betroffen. (…) Im Oktoberhatte die niederländische Regie-rung erklärt, sie plane Sterbehilfeauszuweiten auf Leute, die wederkrank noch sterbend sind, aber er-klärten, sie hätten „ihr Lebenvollendet“. Kürzlich hat dieholländische Ärztekammer aller-dings erklärt, sie lehne eine Än-derung des Gesetzes ab.

Lifesite News v. 18.4.17

Wenn einmal eine bresche in

den Lebensschutz geschlagenworden ist, brechen im gefolgealle Dämme.

Ehe stabiler als Partnerschaften

Kinder, deren Eltern bei ihrer Ge-burt verheiratet sind, wachsen instabileren Familienverhältnissenauf als Altersgenossen, deren El-tern ohne Trauschein zusammen-leben. So zumindest das Ergebniseiner Studie der US-„BrookingsInstitution“ (Washington). DieForscher W. Bradford Wilcoxund Laurie DeRose werteten Da-ten aus den USA und 16 Ländern

Europas aus. Das Ergebnis istähnlich: Das Risiko einer Tren-nung von unverheiratet zusam-menlebenden Eltern sei doppeltso hoch wie das von Ehepaaren.Zusammenlebende unverheira-tete Partnerschaften seien we-sentlich instabiler als verheirate-te Partnerschaften. Die Tren-nungsrate in Europa bei unver-heirateten Eltern von Kindern un-ter 12 Jahren sei um 90 % höherals bei verheirateten Eltern. „DieErgebnisse implizieren, dass dieEheschließung per se ein stabili-sierendes Element in sich berge“,so die Forscher.

IEF v. 31.3.17

ein gutes argument, für De-batten über die Frage, ob esheute überhaupt noch sinnmacht zu heiraten. Wer heira-tet, bringt mit diesem schritteben zum ausdruck, dass er esernst meint mit seiner bezie-hung.

Eine besondere Wetteransage

Via Facebook hatte Melanie Sé-gard um Unterstützung gebetenund gewaltigen Zuspruch erhal-ten. „Hallo Leute, ich heißeMélanie. Ich möchte am 27. Märzim Fernsehen den Wetterberichtpräsentieren. Klickt ,Gefällt mir’auf meiner Seite ,Mélanie kann esschaffen!', schrieb die 21-Jährigeund sammelte schon in den erstenbeiden Tagen über 100.000 Li-kes. Mehrere TV-Sender wolltensich daraufhin die Dienste derjungen Französin sichern; letzt-lich stand Mélanie Ségard für

France 2 vor der Kamera und ab-solvierte ihren Auftritt als Wet-terfee mit Bravour.

tV.heute.at v. 15.3.17

Das besondere an der mel-dung: melanie hat das Downsyndrom, gehört also zu jenerKategorie von menschen, diefast systematisch im mutter-leib ausgemerzt werden.

Er wird die Verfassungwirklich hüten

Neil M. Gorsuch ist der neunteRichter des Obersten Gerichts-hofs der USA. Seine am Freitagvom Senat in Washington be-stätigte Ernennung bringt dasHöchstgericht der VereinigtenStaaten auf die Vollzahl seinerMitglieder und ist das bisherwichtigste erfolgreiche politi-sche Anliegen, das PräsidentTrump verwirklicht hat… (…)Mit seinen acht Kollegen ist Gor-such berufen, über die Verfas-

sungsmäßigkeit der US-ameri-kanischen Gesetze zu wachen.Und die gute Nachricht ist, dassein Rückblick auf seinen bisheri-gen Lebensweg von einer Per-sönlichkeit erzählt, die im Be-rufsleben nicht ihre Haltung alsMensch verleugnet oder sich fürsie schämt; eine Person, die nichtvon der Schizophrenie zwischenSein und Sein-Sollen befallen ist;ein Jurist, der keine Angst hat,sich lächerlich zu machen, indemer noch das Gute und Wahre alsPolarstern der Justiz ansieht. Ins-gesamt werden es also nicht daspolitisch Korrekte, der Zeitgeistund auch nicht – was schlimmerwäre – die „Antitheologie“ des„Alles-ist-relativ“ sein, die Gor-such leiten werden.

La Nuova Bussola Quotidiana v.10.4.17

eine erfreuliche meldung ausden Usa, vor allem auch weilgorsuch pro Life ist.

265 Kilometer zu Fuß pro Jahr

Die Österreicher gehen im Alltagdurchschnittlich 265 Kilometerim Jahr zu Fuß - in die Arbeit oderdie Schule, ins Kaffeehaus undzum Einkaufen. Die meisten Me-ter zu Fuß machen laut Berech-nungen des VCÖ (VerkehrsclubÖsterreich) Tiroler und Wiener.Frauen seien um rund ein Drittelmehr zu Fuß unterwegs als Män-ner, Senioren legen eine doppeltso lange Strecke zurück wie Ju-gendliche. Unterm Strich kom-men die Österreicher damit proJahr auf etwas mehr als sechs Ma-rathons, die sie gehend im Alltag(ohne Wanderungen und Spa-ziergänge) absolvieren. (…)In den großen Städten werde proKopf und Jahr um rund 80 Kilo-meter mehr marschiert als in klei-neren Kommunen (…) Im Bun-desländer-Vergleich rangierendie Tiroler mit 335 Kilometern ander Spitze. Dahinter liegen dieWiener mit durchschnittlich 315Kilometern und die Vorarlbergermit 295 Kilometern. Am wenig-sten gehen die Burgenländer zuFuß – nur 190 Kilometer pro Per-son und Jahr.

salzburger Nachrichten v. 21.4.17

720 meter pro Tag ist aller-dings noch kein wirklichesKreislauftraining. Dazu würdees dann schon die Wanderun-gen, die ja nicht mitgezähltwurden, brauchen.

Fußgängerzone in Wien: Städter sind mehr zu Fuß unterwegs als die Landbevölkerung

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Man kann die Zeit, in derwir leben, nicht ohnedie Vergangenheit be-

greifen, die nicht als die Gesamt-heit ferner Tatsachen zu verste-hen ist, sondern als der Lebens-saft, der die Gegenwart durch-strömt. Ohne dieses Bewusstseinverliert die Realität ihre Einheit,die Geschichte ihren logischenFaden, und die Menschheit gehtdes Sinnes ihrer eigenen Taten so-wie der Richtung der eigenen Zu-kunft verlustig.

Der 25. März 1957 war ein Tagvoller Erwartungen, voller Hoff-nung, Begeisterung und Bangen,und nur ein aufgrund seiner Trag-weite und historischer Konse-quenzen außergewöhnliches Er-eignis konnte ihn zu einem ein-zigartigen Tag in der Geschichtemachen. Das Gedenken jenes Ta-ges verbindet sich mit den Hoff-nungen von heute und den Erwar-tungen der Völker Europas, dieein Nachdenken über die Gegen-wart fordern, um mit neuemSchwung zuversichtlich den ein-geschlagenen Weg fortzusetzen.

Die Gründerväter und die Ver-antwortungsträger, die durch dieUnterzeichnung der zwei Verträ-ge jene politische, wirtschaftli-che, kulturelle, aber vor allemmenschliche Wirklichkeit ins Le-ben gerufen haben, die wir heuteEuropäische Union nennen, wa-ren sich dessen wohl bewusst.Andererseits ging es, wie der bel-gische Außenminister Spaak sag-

te, „gewiss um den materiellenWohlstand unserer Völker, umdie Ausweitung unserer Wirt-schaft, um den sozialen Fort-schritt, um völlig neue Industrie-und Handelsmöglichkeiten, abervor allem […] um eine Lebens-haltung nach menschlichemMaß, brüderlich und gerecht“.(…)

Die Gründerväter erinnern uns

daran, dass Europa nicht eineSumme von einzuhaltenden Re-geln, nicht ein Handbuch von zubefolgenden Protokollen undVerfahrensweisen ist. Es ist einLeben; eine Art, den Menschenausgehend von seiner transzen-denten und unveräußerlichenWürde zu begreifen und nicht nurals eine Gesamtheit von zu vertei-digenden Rechten oder einzufor-dernden Ansprüchen. Am Ur-sprung der Idee Europa steht „dieGestalt und die Verantwortlich-keit der menschlichen Personsamt dem Ferment einer im Evan-gelium gegründeten Brüderlich-keit, […] mit ihrem Willen zur

Wahrheit und zur Gerechtigkeit,der von einer tausendjährigen Er-fahrung geschärft wurde“ (A. deGasperi). Rom ist mit seiner Be-rufung zur Universalität Symboldieser Erfahrung und wurde des-wegen als Ort für die Unterzeich-nung der Verträge ausgewählt.Denn hier – wie der niederländi-sche Außenminister Luns ins Ge-dächtnis rief – „wurden die politi-

schen, rechtlichen und ge-sellschaftlichen Funda-mente unserer Kultur ge-legt“.

Von Anfang an war klar,dass das pulsierende Herzdes politischen ProjektsEuropa nur der Menschsein konnte. Zugleich be-stand offenkundig das Risi-ko, dass die Verträge toterBuchstabe bleiben könn-ten. Diese mussten mit le-bendigem Geist erfüllt wer-den. Und das erste Elementeuropäischer Lebenskraftist die Solidarität. »Die Eu-ropäische Wirtschaftsge-meinschaft«, bekräftigte

der luxemburgische Premiermi-nister Bech, »wird nur dann lebenund erfolgreich sein, wenn sie inihrem Bestehen dem Geist eu-ropäischer Solidarität, der sie ge-schaffen hat, treu bleibt und wennder gemeinsame Wille des entste-henden Europas mächtiger ist alsdie nationalen Willensbestrebun-gen«. Dieser Geist ist angesichtsder zentrifugalen Kräfte wie auchder Versuchung, die Gründungs-ideale der Union auf produktive,wirtschaftliche und finanzielleErfordernisse zu reduzieren, heu-te höchst notwendig.

Aus d. Ansprache an die Staats- undRegierungschefs der EU zum 60.Jahrestag des Vertrags von Rom

Vision 2000

Herausgeber und Verleger:Verein VISION 2000,Beatrixgasse 14a/12, A-1030 Wien, ÖsterreichTel/Fax: +43 1 5869411E-Mail: [email protected]: www.vision2000.atRedaktion:Alexa und Dr. Christof Gaspari,Joseph DoblhoffF.d.I.v.: Dr. Christof GaspariDVR-Nr 0675482

Hersteller: Druckerei Liebenprint, A-7053 Hornstein

Bildnachweis:APA (8), Begsteiger(1), Archiv, privat

Blattlinie: VISION 2000 ist einMedium, das Mut zu einemchristli chen Leben machen willund Christen Orientierung zubieten versucht. Wir freuen uns über den Nach-druck unserer Texte, bitten aberum Quellenangabe.

Worte des Papstes zum 60. Geburtstag der EU

Im Zentrum der MenschFoyer de Charité –Haus am Sonntagberg

19. – 25. Juni

„Das ist mein Leib, der für euchhingegeben wird“, Schweige-Exerzitien mit P. Ernst LeopoldStrachwitz

9. – 15. Juli

„Jesus ging an einen einsamenOrt, um zu beten“, Schweige-Exerzitien mit P. Ernst LeopoldStrachwitz

2. – 7. Juli

„Gott sah alles, was er gemachthatte: Es war sehr gut“ Wander-Exerzitien mit P. Ernst LeopoldStrachwitz und Edith PresslerInfo+Anmeldung: Foyer deCharité, Haus am Sonntagberg,Sonntagberg 6, A-3332 Sonn-tagberg, Tel: 07448 3339,www.foyersonntagberg.at

JungfamilientreffenTolle Woche für junge Famili-en mit Kindern bis 13, die ihrLeben auf festen Grund, auf Je-sus Christus stellen wollen:Vorträge (P. Daniel Ange, P.Luc Emmerich, EhepaarGams…), Austauschrunden,Gebetszeiten, Work shops…für die Großen, geistliches, lu-stiges Programm für die Kin-der.Zeit: 18. bis 23. JuliOrt: Pöllau/SteiermarkInfo&Anmeldung: RobertSchmalzbauer, Husarentem-pelg. 4, A-2340 Mödling, Tel:02236 304280, [email protected]

Fest der Jugend

Unter dem Mottot „Neues Feu-er braucht das Land“ verantal-tet die Loretto-Gemeinschaftwieder ein großes Pfingsttref-fen für die Jugend in Salzburg.Zeit: 2.bis 5. JuniOrt: Dom, St. BlasiusInfos: www.loretto.at

Liebe Kinder!Liebt, betet und bezeugt meineGegenwart all jenen, die fernsind. Mit eurem Zeugnis undBeispiel könnt ihr Herzen, diefern von Gott und Seiner Gna-de sind, näher bringen. Ich binbei euch und halte Fürsprachefür jeden von euch, damit ihrmit Liebe und Beherztheit be-zeugt und alle ermutigt, diefern von meinem Unbefleck-ten Herzen sind. Danke, dass ihr meinem Rufgefolgt seid.Medjugorje, am 25. April 2017

Medjugorje

Kommt Fritzchen in die Wä-scherei: „Hier sind die Hemdenvon meinem Vater zurück. Erhat gesagt, wenn sie nochmalsso zerknittert geliefert werden,kommt er selber vorbei undhaut hier alles kurz und klein.“„Wie ist seine Kragenweite?“ –„36“ – „Ja, dann kann er ruhigkommen!“

Zu guter Letzt

Weitere Ankündigungen S. 18, 25,

28 VISION 2000 3/2017

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