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Viskosit ¨ aten unterk ¨ uhlter Metallschmelzen Von der Fakult¨ at f¨ ur Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der Rheinisch-Westf¨ alischen Technischen Hochschule Aachen zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Naturwissenschaften genehmigte Dissertation vorgelegt von Diplom-Physiker Stephan Schneider aus K¨ oln Berichter: Prof. Dr. I. Egry Prof. Dr. G. G¨ untherodt Tag der m¨ undlichen Pr¨ ufung: 27.3.2002 Diese Dissertation ist auf den Internetseiten der Hochschulbibliothek online verf¨ ugbar.

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Viskositaten

unterkuhlter Metallschmelzen

Von der Fakultat fur

Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften

der Rheinisch-Westfalischen Technischen Hochschule Aachen

zur Erlangung des akademischen Grades eines

Doktors der Naturwissenschaften genehmigte Dissertation

vorgelegt von

Diplom-Physiker

Stephan Schneider

aus Koln

Berichter: Prof. Dr. I. Egry

Prof. Dr. G. Guntherodt

Tag der mundlichen Prufung: 27.3.2002

Diese Dissertation ist auf den Internetseiten der

Hochschulbibliothek online verfugbar.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 1

2 Viskositat 3

2.1 Ansatze zur Beschreibung der Viskositat . . . . . . . . . . . . . . 5

2.1.1 Theoretische Ansatze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2.1.2 Semiempirische Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.1.3 Empirische Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.2 Methoden der Viskositatsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.2.1 Die Kapillarmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.2.2 Messung mittels eines schwingenden Behalters . . . . . . . 13

2.2.3 Die Rotationsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.2.4 Messung uber eine schwingende Platte . . . . . . . . . . . 16

2.2.5 Gasblasenviskosimeter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2.2.6 Beruhrungsfreie Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3 Grundlagen der Unterkuhlung 21

3.1 Keimbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3.1.1 Homogene Keimbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

3.1.2 Heterogene Keimbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

4 Elektromagnetische Levitation 27

4.1 Kraft auf eine levitierte Probe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4.2 Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

4.3 Leistungsaufnahme einer levitierten Probe . . . . . . . . . . . . . 30

4.4 Warmeverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

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II INHALTSVERZEICHNIS

4.5 Viskositatsmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

5 Oberflachenschwingungen 35

5.1 Schwingungen ohne außere Krafte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

5.2 Schwingungen unter dem Einfluss außerer Krafte . . . . . . . . . . 36

5.3 Einfluss der Probenrotation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

5.4 Geometrie der Schwingungsmoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

5.5 Modenidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

6 Erzwungene Schwingungen 45

6.1 Anregung durch eine periodische Kraft . . . . . . . . . . . . . . . 46

6.2 Anregung durch einen Kraftstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

6.3 Technische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

7 Messung der Resonanzkurve 53

7.1 Resonanzkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

7.2 Versuchsaufbau und Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

7.2.1 Aufbau der Levitationsanlage des DLR . . . . . . . . . . . 56

7.2.2 Bildauswertung und Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

7.2.3 Modulationsamplitude des Generators . . . . . . . . . . . 59

8 Ergebnisse der Levitation unter 1g 65

8.1 Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

8.2 Auswertung der Resonanzkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

8.3 Dampfung durch das Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

9 Schwingungsanregung unter µ-g Bedingungen 79

9.1 TEMPUS-Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

9.2 Messmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

9.3 Experimentdurchfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

9.4 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

9.4.1 Pd76Cu6Si18 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

9.4.2 Co80Pd20 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

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INHALTSVERZEICHNIS III

10 Zusammenfassung und Ausblick 91

A Messung der Modulationsamplitude 95

B Phasendiagramme 97

Literaturverzeichnis 100

Danksagung 108

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Kapitel 1

Einleitung

Die Viskositat einer flussigen Metallschmelze ist einer der wichtigsten thermo-

physikalischen Parameter. Bei Diffusionsprozessen ist die Viskositat einer der

dominierenden Parameter, da durch sie die Beweglichkeit der Teilchen beschrie-

ben wird. Der Zusammenhang zwischen der Viskositat η und der Diffusionskon-

stanten D einer Flussigkeit lasst sich durch die Stokes-Einstein Beziehung

η =kBT

6πRD(1.1)

ausdrucken (kB ist die Boltzmannkonstante und R der Radius der Teilchen).

Besonders bei allen Gießereiprozessen ist die Viskositat eine entscheidende

Große, da dort die Zahigkeit der Flussigkeit beim Guss in eine Form die Verteilung

und Fließgeschwindigkeit der Schmelze beeinflusst.

Zur Untersuchung der Viskositat gibt es zwar viele verschiedene Messme-

thoden, aber die Mehrzahl ist auf Temperaturbereiche uber dem Schmelzpunkt

beschrankt. Messungen bei Temperaturen unter dem Schmelzpunkt sind beson-

ders schwierig, da sich eine solche unterkuhlte Flussigkeit in einem metastabilen

Zustand befindet und den festen Zustand anstrebt. Fur physikalische Untersu-

chungen in diesem metastabilen Bereich unterkuhlter Metallschmelzen sind da-

her besondere Untersuchungstechniken notwendig. Eine Moglichkeit, unterkuhlte

Metallschmelzen zu prozessieren und deren thermophysikalische Eigenschaften zu

messen, bietet die elektromagnetische Levitation, da diese ein beruhrungsfreies

Verfahren ist und somit die heterogene Keimbildung in der Schmelze verhindern

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2 EINLEITUNG

bzw. reduzieren kann.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden Untersuchungen zu Viskositatsmessungen

unterkuhlter Metallschmelzen in elektromagnetischer Levitation auf der Erde so-

wie unter Schwerelosigkeit durchgefuhrt. Da die Messung auf der Analyse der

Oberflachenschwingungen basiert, wurde die Technik der schwingenden Tropfen

als Untersuchungsmethode gewahlt. Hierbei wird ein freischwebender Tropfen

mittels Videokameras beobachtet, was es dem Experimentator ermoglicht, die

Schwingung ohne den storenden Einfluss eines Substrates zu untersuchen und au-

ßerdem aufgrund des behalterlosen Verfahrens die Schmelze auch im unterkuhlten

Zustand zu prozessieren. Bei den Messungen kamen zwei Formen der erzwunge-

nen Schwingung zur Anwendung:

• Bei den Experimenten auf der Erde wurden erzwungene Schwingungen

durch eine sinusformigen Modulation des Magnetfeldes erzeugt. Mittels

digitaler Bildverarbeitung wurden die Schwingungsamplituden der schwin-

genden Tropfen aufgezeichnet und daraus eine Resonanzkurve erstellt. Da

in der Bodenlevitation das starke Magnetfeld die Messung beeintrachtigt,

wird dieser Einfluss untersucht und diskutiert.

• Bei den Experimenten unter Schwerelosigkeit wurde die Probe durch einen

Puls zu einer einzelnen Schwingung angeregt und mit digitaler Bildauswer-

tung ausgewertet. Aus dem Abklingverhalten der Schwingung wird das

Dampfungsmaß (und damit die Viskositat) bestimmt.

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Kapitel 2

Viskositat

Der Unterschied zwischen einer idealen und einer realen (zahen) Flussigkeit liegt

in der Viskositat. Wahrend bei einer idealen Flussigkeit keine innere Reibung

auftritt, existiert bei realen Flussigkeiten, die einer inhomogenen Stromung un-

terworfen sind, eine Reibung zwischen den Volumenelementen. Die Viskositat ist

ein Maß fur diese Reibung.

u

h

dV

y

x

Abbildung 2.1: Geschwindigkeitsverteilung einer Flussigkeit zwischen zwei gegen-

einander bewegten Platten und Geschwindigkeitsvektoren in der Flussigkeit

Ein Zusammenhang zwischen der Viskositat und einer Scherstromung lasst

sich anhand folgenden Aufbaus experimentell ableiten. Man betrachtet die Ge-

schwindigkeit einer Flussigkeit zwischen zwei in x-Richtung gegeneinander be-

wegten Platten. Eine solche Anordnung ist in Abbildung 2.1 dargestellt. Die

Ausdehnung in z-Richtung soll keinen Einfluss auf die Stromung haben, sodass

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4 VISKOSITAT

man hier das Problem nur in der x-y Ebene betrachtet. Fur y=0 ist vx = 0 und fur

y=h ist vx = u. Damit hat man eine Geschwindigkeitsverteilung in y-Richtung,

die sich linear mit y andert also:

~v =

(

u yh

0

)

(2.1)

oder wenn man nur die Geschwindigkeitskomponente in x Richtung betrachtet

gilt:

vx =u

hy (2.2)

Dieses Geschwindigkeitsfeld hat eine verschwindende Divergenz ~∇~v = 0 und

von der Rotation existiert nur die z-Komponente (~∇×~v)z = −∂vx

∂y. Experimentell

hat man festgestellt, dass die Scherkraft pro Flacheneinheit dA proportional zum

Geschwindigkeitsgradienten ∂vx

∂yist. Das bedeutet, dass die Kraft sich schreiben

lasst als:

Fx = η∂vx

∂ydA (2.3)

Der Proportionalitatsfaktor η zwischen der Kraft, die auf ein Flachenelement

ausgeubt wird, und dem Geschwindigkeitsgradienten ist die Viskositat.

Die Viskositat ist mit dem Spannungstensor Tij nach [26] uber folgende Glei-

chung verknupft:

Txy = Tyx = −η∂vx

∂y(2.4)

Fur eine inkompressible Flussigkeit lasst sich dann die Navier-Stokes Glei-

chung ableiten, welche die grundlegende Bewegungsgleichung einer Flussigkeit

ist:

ρ(∂~v

∂t+ ~v~∇~v) = −~∇p + η∇2~v (2.5)

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2.1 ANSATZE ZUR BESCHREIBUNG DER VISKOSITAT 5

Dabei ist ρ die Dichte der Flussigkeit und p der Druck.

Die Einheit der Viskositat ist [ kgms

] oder [Pas], daneben ist aber auch im CGS-

System die Einheit Poise gebrauchlich: 1 Poise = 1 gcms

(oder 10 Poise = 1 Pas).

Die Viskositat η wird auch dynamische oder Scherviskositat genannt. Der

Kehrwert der Viskositat wird als Fluiditat bezeichnet. Das Verhaltnis von dyna-

mischer Viskositat zur Dichte der Flussigkeit ηρ

ist die kinematische Viskositat.

2.1 Ansatze zur Beschreibung der Viskositat

Eine Zusammenstellung verschiedener Modelle zur Berechnung bzw. Beschrei-

bung der Viskositat findet sich z.B. bei Iida [34]; eine kurze Einfuhrung in die

Modellansatze, die besonders die Viskositat unterkuhlter Schmelzen beschreiben,

findet sich z.B. bei Wilde [87]. Im folgenden wird zwischen theoretischen, semiem-

pirischen und empirischen Modellen unterschieden. Die theoretischen Ansatze be-

schreiben die Viskositat aus einem physikalischen Modell und einigen Materialpa-

rametern, ohne Viskositatsmessungen zu Hilfe zu nehmen. Die semiempirischen

Modelle basieren ebenfalls auf physikalischen Modellen und Materialparametern,

nehmen aber Viskositatsmessungen zu Hilfe, um Korrekturfaktoren, Vorfaktoren

etc. zu bestimmen. Die empirischen Modelle basieren zwar auf theoretischen

Modellen, die Parameter in dem empirischen Modell werden jedoch aus einem

Fit des Modelles an die Messwerte gewonnen.

2.1.1 Theoretische Ansatze

Die meisten theoretischen Vorhersagen von Transporteigenschaften (u.a. der Vis-

kositat) flussiger Metalle basieren auf der statistischen Mechanik. Wenn die Paar-

verteilungsfunktion g(r) und das Paar-Potenzial φ(r) bekannt sind, kann man die

thermodynamischen Eigenschaften der Flussigkeit berechnen. Die Berechnung

der dynamischen Eigenschaften einer Schmelze ist ungleich schwieriger, da die

Bewegung der Atome nicht als Funktion der Zeit vorhergesagt werden kann.

Daraus resultieren die großen Unterschiede zwischen theoretischer Vorhersage

und den experimentellen Daten der dynamischen Großen.

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6 VISKOSITAT

Kinetische Theorie

1947 benutzten Born und Green [9] ihre kinetische Theorie, um die Viskositat

in Abhangigkeit von der Paarverteilungsfunktion und des interatomaren Paarpo-

tenzials auszudrucken. Der Ausdruck fur die Viskositat (von Flussigkeiten und

Gasen) besteht dabei aus zwei Teilen. Der erste resultiert aus der thermischen Be-

wegung der Molekule und der zweite aus den intermolekularen Kraften. Wahrend

in der kinetischen Gastheorie nur der erste anwendbar ist, sind bei Flussigkeiten

die intermolekularen Krafte dominierend. Das fuhrt zu folgendem vereinfachten

Ausdruck:

η =2π

15

m

kTn2

0

0

g(r)∂φ(r)

∂rr4dr (2.6)

(m ist die Atommasse)

Mit Hilfe dieser Gleichung wurden z.B. von Johnson et al. [37] u.a. [74] [84]

[85] [86] die Viskositaten verschiedener Metalle berechnet und mit experimentel-

len Werten verglichen. Fur die mit der Born-Green Integralgleichung (die einen

Zusammenhang zwischen g(r) und φ(r) herstellt) berechneten Werte ergab sich

(mit Ausnahme einiger Metalle) eine gute Ubereinstimmung mit den experimen-

tellen Daten.

Einen ahnlichen Ansatz benutzten Rice und Mitarbeiter [65] [66], die die Vis-

kositat in: a) einen kinetischen Anteil ηk b) einen Anteil aus Impulsubertragungen

aus Kollisionen harter Kugeln ηφ(σ) und c) einen Beitrag aus der langreichwei-

tigen Wechselwirkung zwischen den Atomen ηφ(r > σ) aufteilen. Dabei ist der

kinetische Beitrag vernachlassigbar klein (ηk ¿ ηφ(σ) < ηφ(r > σ)) und der

Anteil der Paarwechselwirkung dominiert im flussigen Zustand (70-80 % der Vis-

kositat). Daraus resultiert folgende Gleichung:

ηφ(r > σ) =2πmn2

0

15ζ

0

r4

∂2φ(r)

∂r2+

4

r

∂φ(r)

∂r

g(r)dr (2.7)

wobei ζ ein molekularer Reibungskoeffizient ist.

Damit ermittelte Viskositatswerte stimmen bis auf einen Faktor zwei mit den

experimentellen Werten uberein. Rechnet man die Werte semiempirisch, d.h. gibt

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2.1 ANSATZE ZUR BESCHREIBUNG DER VISKOSITAT 7

fur einige Ausdrucke experimentell ermittelte Daten vor, liegt die Abweichung im

Prozentbereich.

Das Modell harter Kugeln

Unter der Annahme einer dichten Flussigkeit von sich nicht anziehenden harten

Kugeln entwickelten Longuet-Higgins und Pople 1956 [43] eine Formel fur die

Viskositat:

η =4a

5

mkT

π

(

P

kT− NV

)

(2.8)

wobei m und a die Masse und der Radius der Kugeln sind. Diese wurde von

Faber [25] in Abhangigkeit von der Packungsdichte χ ausgedruckt.

η = 3.8 ∗ 10−8 (MT )12

V23

χ23 (1 − χ/2)

(1 − χ)3(2.9)

wobei M die Molmasse und V das Molvolumen ist.

Setzt man fur die Packungsdichte flussiger Metalle an ihrem Schmelzpunkt

den Naherungswert 0.45 ein, so ergibt sich fur die Viskositat am Schmelzpunkt:

ηm = 0.61 ∗ 10−7 (MTm)12

V23

m

(2.10)

Die Werte, die mit dieser Formel ermittelt werden, liegen ungefahr um einen

Faktor 0.3 zu tief.

2.1.2 Semiempirische Modelle

Die quasikristalline Theorie

Nach der Theorie von Andrade [2] schwingen die Atome im flussigen Zustand

in der Nahe des Schmelzpunktes mit zufalligen Perioden und in zufallige Raum-

richtungen wie bei einem Festkorper (Einstein Oszillatoren). Der Unterschied

zwischen dem festen und flussigen Zustand ist hierbei nicht in der Große der in-

teratomaren Kraft (welche die Schwingungen bestimmt), sondern vielmehr in der

Amplitude der Schwingungen begrundet. Die Folge ist, dass im flussigen Zustand

die Atome miteinander in Kontakt kommen und sich die Gleichgewichtsposition

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8 VISKOSITAT

(die im Festkorper fest ist) leicht verandert. Diesem Modell zufolge resultiert die

Viskositat aus einem Impulsubertrag der Schwingungen von einer Atomlage zur

nachsten. Andrade folgerte daraus folgende Formel fur eine einfache (einatomare)

Flussigkeit nahe des Schmelzpunktes.

ηm =4

3

νm

a(2.11)

wobei ν die charakteristische Schwingungsfrequenz, a der mittlere Abstand und

m die Masse der Atome ist. Der Vorfaktor 43

ist aus experimentellen Daten grob

abgeschatzt. Um die Viskositat zu berechnen, benutzte Andrade die Lindemann-

Formel

ν = C

Tm

MV23

(2.12)

und (V/NA)13 fur a. C ist dabei eine Konstante, die fur alle Metalle annahernd

gleich ist (C ≈ 9.0 ∗ 108 in SI-Einheiten). Damit lasst sich Gleichung 2.11 schrei-

ben als:

ηm = 1.6 ∗ 10−7 (MTm)12

V23

m

(2.13)

Diese Gleichung beschreibt die Viskositat in guter Ubereinstimmung mit den

gemessenen Werten [35].

Weiterhin hat Andrade eine Formel fur den Temperaturverlauf der Viskositat

angegeben:

ηv13 = Ae

cvT (2.14)

wobei A und c Konstanten und v das spezifische Volumen ist. Auch wenn die

Formel bisher theoretisch nicht befriedigend erklart wurde, beschreibt sie sehr

gut die experimentellen Daten.

Reaktionsgeschwindigkeitstheorie

Eyring [24] und Glasstone [31] benutzten einen Ansatz, die Viskositat mittels

Sprungen von Teilchen uber einen Potenzialwall auf benachbarte Platze zu be-

schreiben. Dieser Ansatz ist als Reaktionsgeschwindigkeitstheorie oder”Theory

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2.1 ANSATZE ZUR BESCHREIBUNG DER VISKOSITAT 9

of rate process “bekannt. Die Rate, mit der ein Teilchen den Potenzialwall W

uberwindet und zum Nachbarplatz springt ist [69]:

s = s0e−WkT (2.15)

Im Gleichgewicht ist die Sprungrate s in alle Richtungen gleich; wirkt auf die

die Schichten jedoch eine Scherspannung f, so wird der Potenzialberg auf einer

Seite erhoht und auf der anderen Seite erniedrigt. Der Energieaufwand fur einen

Sprung in Kraftrichtung erniedrigt sich damit. Als Sprungrate in Kraftrichtung

ergibt sich dann:

∆s ≈ sfa3

kT(2.16)

wobei s die Gleichgewichtssprungrate und a die Gitterkonstante des Kristalls ist.

Die Geschwindigkeit des Teilchens ergibt sich aus der Sprungrate mal Sprung-

weite:

v = a∆s (2.17)

Da die Viskositat durch Kraft pro Flache (f) durch den Geschwindigkeitsgra-

dienten (v/a) gegeben ist, folgt:

η =af

v=

f

∆s=

kT

a3s=

nkT

s(2.18)

dabei ist die Teilchendichte n durch n = a−3 ausgedruckt.

Lochertheorie

Das Lochermodell wurde von Eyring [23] und Frenkel [27] eingefuhrt, um mehrere

verschiedene Eigenschaften, von denen eine die Viskositat ist, einer Schmelze zu

beschreiben. Die Viskositat wird dabei durch viskoses Fließen von Molekulen

in anliegende Mikrohohlraume erklart. Die Wahrscheinlichkeit fur einen solchen

Prozess hangt also von der Wahrscheinlichkeit fur die Bildung von Lochern und

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10 VISKOSITAT

der Wahrscheinlichkeit fur das Besetzen eines Loches durch ein angrenzendes

Teilchen ab. Dieses Modell fuhrt zu folgender Proportionalitat:

η(T ) ∝ e∆EηRT (2.19)

Dabei entspricht ∆Eη dem Energiebetrag, der aufgewendet werden muss, um

die Potenzialbarriere bei der Bewegung in alternative Positionen zu uberwinden.

1965 kombinierten Litovitz und Macedo [41] die Lochertheorie mit der Theorie

des freien Volumens zur so genannten Hybridgleichung:

η(T ) = ATeγν∗

fνf e

∆EηRT (2.20)

Wobei νf das mittlere freie Volumen pro Atom ist und ν∗

f ist ein Grenzwert

fur molekularen Transport. Ein molekularer Transport in der Schmelze ist nur

moglich, wenn νf ≥ ν∗

f ist. Somit ist Gleichung 2.20 nur fur νf ≥ ν∗

f physikalisch

sinnvoll.

Theorie des freien Volumens

Nach Cohen und Turnbull ([16], [80], [81]) kann man Viskositatsanderungen aus

Veranderungen der Mikrohohlraume in einer Schmelze erklaren. Der mittlere An-

teil des freien Volumens Vf nimmt mit abnehmender Temperatur ab, wodurch die

Beweglichkeit der Atome eingeschrankt wird und in der Nahe des Glasubergangs

fast vollig verschwindet. Der Zusammenhang zwischen Viskositat und freiem

Volumen wird durch folgende Gleichungen beschrieben [87]:

η(T ) = η1eγVmVf (2.21)

Vf ∼T − T0 +

(T − T0)2 + CT

2(2.22)

Wobei γ und C Konstanten sind, Vm das molare Volumen der Teilchen und

T0 eine kritische thermodynamische Temperatur ist.

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2.1 ANSATZE ZUR BESCHREIBUNG DER VISKOSITAT 11

2.1.3 Empirische Modelle

Der Verlauf der Viskositat in Abhangigkeit von der Temperatur zeigt einen sehr

steilen Verlauf bei tieferen Temperaturen und eine geringe Steigung bei hohen

Temperaturen. Um diesen Verlauf zu beschreiben, kann man entweder einen

Ansatz wahlen, der eine kritische Temperatur T0 enthalt, bei der die Viskositat

divergiert (Vogel-Fulcher-Tammann Gesetz und Potenzgesetz) oder einen Ansatz,

der den Verlauf kontinuierlich bis 0 K (Arrheniusgesetz) beschreibt.

Die folgenden Modelle wurden deswegen als empirisch bezeichnet, weil sie

die zugrunde liegende Funktionsgleichung zwar aus theoretischen Modellen ablei-

ten, die notwendigen Parameter werden jedoch aus einer Anpassung der Visko-

sitatsfunktion an Messwerte ermittelt.

Vogel-Fulcher-Tammann Gesetz

Die Vogel-Fulcher-Tammann Gleichung wurde um 1925 von den Autoren [83] [30]

[77] zur Beschreibung des steilen Anstiegs der Viskositat um den Glasubergang

aufgestellt. Die Gleichung zur Beschreibung der Viskositat leitet sich dabei im

wesentlichen aus dem Modell des freien Volumens von Cohen und Turnbull her.

η(T ) = η0eB

T−T0 (2.23)

Dabei ist B eine Konstante, die mit der Aktivierungsenergie fur das viskose Flie-

ßen verknupft ist, T0 ist die Glastemperatur und η0 ist ein Skalierungsfaktor.

Potenzgesetz

Ein anderer Ansatz, der sich einer kritischen Temperatur T0 bedient, um die

Viskositat zu beschreiben ist ein Potenzansatz. Physikalisch ist ein solcher Ansatz

durch die Modenkopplungstheorien motiviert, die zu einem Potenzgesetz in der

Temperaturabhangigkeit fuhren:

η = A ∗ (T − T0)−α (2.24)

Wobei A und α Konstanten sind und T0 die Glastemperatur ist.

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12 VISKOSITAT

Arrhenius Gesetz

Ein Ansatz, der die Viskositat kontinuierlich beschreibt, ist vom Arrheniustyp.

Man betrachtet dabei die Viskositat als thermisch aktivierten Prozess, wobei

die Viskositat exponentiell von dem Verhaltnis der Aktivierungsenergie ∆E zur

thermischen Energie RT (wobei R die molare Gaskonstante ist) abhangt:

η = η0 ∗ e∆ERT (2.25)

2.2 Methoden der Viskositatsmessung

Im folgenden wird ein Uberblick uber einige der gangigen Methoden gegeben, die

benutzt werden, um Viskositaten zu messen. Eine Ubersicht uber die verschiede-

nen Messtechniken findet sich z.B. bei Iida [34] und Bakhtiyarov [6].

2.2.1 Die Kapillarmethode

Bei der Kapillarmethode werden die Stromungseigenschaften einer viskosen Flus-

sigkeit zur Messung der Viskositat benutzt.

Grundlage fur diese Methode ist die Hagen-Poiseuille Gleichung, die die Stro-

mungsgeschwindigkeit einer viskosen Flussigkeit beschreibt. Man betrachtet da-

bei einen Flussigkeitszylinder mit dem Radius r in einem Hohlzylinder mit dem

Radius R und der Lange l, in welchem die Druckdifferenz p1 − p2 herrscht. Die

Gleichung fur die Stromungsgeschwindigkeit lautet dann :

v(r) =p1 − p2

4ηl(R2 − r2) (2.26)

Fur den gesamten Volumenstrom V durch den Hohlzylinder gilt:

V =πR4(p1 − p2)

8ηl(2.27)

Um die Viskositat zu bestimmen, wird ein Messaufbau wie in Abbildung 2.2

benutzt. Dabei wird aus der Zeit t, die ein Volumen V braucht um durch eine

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2.2 METHODEN DER VISKOSITATSMESSUNG 13

Kapillare in ein Messgefaß zu fließen nach einer modifizierten Hagen-Poiseuille-

Gleichung die Viskositat η errechnet.

η =πr4ρht

8V (l + nr)−

mρV

8π(l + nr)t(2.28)

Dabei ist r und l Radius und Lange der Kapillare, h die effektive Hohe der

Flussigkeitssaule, ρ die Dichte, V das Volumen, das in der Zeit t die Messpunkte

m1 und m2 durchfließt, und m und n sind Korrekturfaktoren.

m2

m1

Meßgefäß

Kapillare

Flüssiges Metall

Abbildung 2.2: Messapparatur zur Viskositatsmessung mit der Kapillarmethode

2.2.2 Messung mittels eines schwingenden Behalters

Bei dieser Methode wird der Behalter mit der flussigen Probe uber eine Torsi-

onsfeder in Schwingungen versetzt. Die resultierende Bewegung wird durch die

Viskositat der Flussigkeit gedampft. Aus der Dampfung und der Zeitkonstanten

der Schwingung des Systems kann dann die Viskositat berechnet werden. Leider

ist die Entwicklung einer Gleichung zur Berechnung der Viskositat unter Einbe-

ziehung der Gerateparameter relativ schwierig. Zur Berechnung der Viskositat

aus den so bestimmten Schwingungsparametern gibt es daher mehrere Arbeits-

gleichungen, wovon zwei der wichtigsten hier exemplarisch aufgefuhrt werden:

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14 VISKOSITAT

flüssige

Probe

Spiegel

Behälter

Aufhängung

Abbildung 2.3: Messung uber einen schwingenden Behalter

Die Gleichung von Knappwost

Diese semiempirisch entwickelte Formel wurde von Knappwost [38] [39] vorge-

schlagen, um die Viskositat einer flussigen Probe in einem Behalter mit einem klei-

nen Verhaltnis von Hohe zu Breite aus dem logarithmischen Dekrement δ = ΓT

der Schwingung und der Schwingungperiode T zu berechnen. Das logarithmi-

sche Dekrement ist der Logarithmus zweier aufeinander folgender Amplituden

der Schwingung und berechnet sich als Produkt des Dampfungsmaßes Γ (siehe

Kapitel 6) und der Schwingungsperiode T. Die Viskositat ist dann mit der Schwin-

gungsdauer und dem logarithmischen Dekrement folgendermaßen verknupft:

δT32 = K(ρη)

12 (2.29)

Wobei ρ die Dichte der Flussigkeit und K eine Geratekonstante ist, die durch Ka-

libriermessungen mit Flussigkeiten bekannter Viskositat bestimmt werden muss.

Diese Gleichung wurde wegen ihrer Einfachheit oft fur relative Viskositatsmes-

sungen benutzt.

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2.2 METHODEN DER VISKOSITATSMESSUNG 15

Die Gleichung von Roscoe

Eine andere Gleichung, die vor allem zur Berechnung absoluter Viskositaten be-

nutzt wird, ist die Formel von Roscoe [70] [71]. Da die Formel an sich relativ

komplex ist, sei hier nur zur Verdeutlichung die Naherungsformel fur kleine loga-

rithmische Dekremente angegeben:

δ

ρ= A

(

η

ρ

)12

+ B

(

η

ρ

)

+ C

(

η

ρ

)32

(2.30)

Wobei die Konstanten A,B,C von den geometrischen Abmessungen der Apparatur

und der Schwingungsdauer T abhangen. Das logarithmische Dekrement besitzt

neben dem dominanten Term der Viskositat der Flussigkeit auch einen Anteil

der Dampfung durch die Apparatur (Dampfung durch den Torsionsdraht und

die Schutzgasatmosphare). Dieser Anteil muss daher durch Messungen mit dem

leeren Behalter vorher bestimmt werden.

2.2.3 Die Rotationsmethode

Motor

Spiegel

Aufhängung

äußerer Zylinder

flüssiges Metall

innerer Zylinder

r2

r1

Abbildung 2.4: Rotationsviskosimeter

Die Rotationsmethode beruht auf dem Effekt, dass durch eine viskose Flussig-

keit eine Kraft ubertragen werden kann. Dabei benutzt man zwei koaxiale Zy-

linder und lasst den außeren mit konstanter Winkelgeschwindigkeit rotieren. Im

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16 VISKOSITAT

Zwischenraum zwischen den Zylindern befindet sich die flussige Probe, die auf-

grund der Viskositat eine Drehkraft auf den inneren Zylinder ausubt. Diese Kraft

kann durch die Drehung, die mit einem Spiegel bestimmt wird, gemessen und dar-

aus die Viskositat ermittelt werden.

Diese Methode wird auch in dem umgekehrten Aufbau benutzt, bei dem man

den inneren Zylinder in der Flussigkeit rotieren lasst und die dazu notige Kraft

als Messgroße der Viskositat benutzt. Dieses Messprinzip wird in verschiedenen

geometrischen Formen benutzt, um die Viskositat zu messen.

Eine Beschreibung der Auswertung einer solchen Methode findet sich z.B. bei

Bakhtiyarov [6]. Dabei befindet sich ein flussiges Metall zwischen zwei Zylindern

mit dem Aussenradius r1 bzw. Innenradius r2. Einer der Zylinder wird mit der

konstanten Winkelgeschwindigkeit ω bewegt und ubt ein Drehmoment M uber

die viskose Flussigkeit auf den anderen Zylinder aus. Um Effekte des ausseren Zy-

linderbodens zu eliminieren, wird das ausgeubte Drehmoment bei zwei Fullhohen

h1 und h2 des Zwischenraumes gemessen. Das dann resultierende Drehmoment

ist M1 bzw. M2. Die Viskositat errechnet sich dann gemaß folgender Formel:

η =(M1 − M2)(r

22 − r2

1)

4π(h1 − h2)ωr21r

22

(2.31)

2.2.4 Messung uber eine schwingende Platte

Die Messung uber eine schwingende Platte nutzt den Dampfungseffekt, den eine

Flussigkeit auf einen bewegten Korper ausubt. Dabei wird mittels eines Motors

eine Platte in der Flussigkeit in Schwingungen versetzt. Die Amplitude dieser

Schwingungen wird durch die Dampfung der Flussigkeit bestimmt. Aus einem

Vergleich der Schwingungsamplituden mit und ohne dampfendes Medium kann

man die Viskositat bestimmen [34].

ρη = K0

(

faEa

fE− 1

)2

(2.32)

Dabei sind fa und f die Resonanzfrequenzen der Platte an Luft bzw. in der

Flussigkeit und Ea und E die Schwingungsamplituden der Platte an Luft und in

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2.2 METHODEN DER VISKOSITATSMESSUNG 17

Motor

Behälter

Flüssiges Metall

Oszillierende Platte

Abbildung 2.5: Messung mit einer schwingenden Platte

der Flussigkeit. K0 ist eine Geratekonstante, die von dem mechanischen Wider-

stand RM , der Resonanzfrequenz f und der Flache A der Platte abhangt:

K0 =R2

M

πfA2(2.33)

2.2.5 Gasblasenviskosimeter

Bei der Gasblasenmethode [28] wird die Viskositat uber die Zeit bestimmt, die

Gasblasen brauchen, um in einer Schmelze aus einer Kapillare an die Ober-

flache aufzusteigen. Die Druckanderung in der Kapillare gibt dabei genaue Aus-

kunft uber den Zeitpunkt des Austritts der Gasblase. Ein Vorteil dieser Tech-

nik ist, dass die Druckanderung in der Kapillare wahrend der Gasblasenbildung

es ermoglicht, die Dichte und Oberflachenspannung des flussigen Metalls ab-

zuschatzen.

2.2.6 Beruhrungsfreie Methoden

Es ist moglich, mit verschiedenen Methoden Proben zu levitieren und behalterfrei

zu prozessieren. Die im folgenden erklarten Verfahren zur Viskositatsmessung

sind ahnlich den in dieser Arbeit benutzten und werden daher hier nur kurz

erlautert. Es gibt folgende Methoden, um Proben behalterfrei zu levitieren:

• elektromagnetische Levitation

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18 VISKOSITAT

• elektrostatische Levitation

• Gasfilmlevitation

• akustische Levitation

Auf elektromagnetische Levitation wird spater gesondert eingegangen, daher

werden nur die Moglichkeiten der anderen Levitationstechniken erklart.

Schwingungsanregung

Bei dieser Methodik wird die levitierte Probe durch eine außere Kraft zu ei-

ner (einzelnen) Schwingung angeregt, und aus deren Abklingverhalten wird die

Dampfung und damit die Viskositat bestimmt. Diese Methodik wird bei ver-

schiedenen Levitationstechniken realisiert:

Die elektrostatische Levitation nutzt die Kraft, die ein elektrostatisches Feld

auf eine geladene Probe ausubt. Dadurch wird die Gravitation kompensiert,

und die Probe schwebt. Durch seitliche Elektroden kann ein Storfeld uberlagert

werden und die Probe zu einer Schwingung angeregt werden. Einen Uberblick

uber die Technik und die Ergebnisse findet man z.B. in folgenden Artikeln: [61]

[62] [53] [63] [64] [54]

Bei der Gasfilmlevitation [4] [5] schwebt die Probe auf einem Gaspolster uber

einer Duse, aus der ein Gas ausstromt. Die Probe wird dann durch mechanische

Verformung mittels eines Stempels, der sie zusammendruckt, zu Schwingungen

angeregt.

Die akustische Levitation [78] nutzt den Druck, den Schallwellen auf die Probe

ausuben, um diese zu levitieren. Die Zeitkonstante lasst sich aus der Dampfung

einer anfanglichen Storung oder aus der Zeit, die eine stark verformte Probe

braucht, um ihre Normalform wiedereinzunehmen, ermitteln.

Schwingungsmodulation

Bei der akustischen Levitation wird die hochfrequente Druckwelle mit einer nie-

derfrequenten Schwingung moduliert [50]. Die daraus resultierende Schwingungs-

amplitude des Probenradius wird in Abhangigkeit von der Modulationsfrequenz

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2.2 METHODEN DER VISKOSITATSMESSUNG 19

aufgetragen und somit eine Resonanzkurve bestimmt. Aus der Breite dieser Kur-

ve wird das Dampfungsmaß (und daraus die Viskositat) bestimmt.

Ahnliche Untersuchungen wurden mit Gasfilmlevitation durchgefuhrt [56],

wobei die Modulation uber eine Bewegung der Gasduse verursacht wurde. Die so

erhaltenen Resonanzkurven und Tropfenformen waren dabei asymmetrisch. Die-

se Asymmetrie wird von den Autoren auf einen nichtlinearen Schwingungsanteil

zuruckgefuhrt.

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Kapitel 3

Grundlagen der Unterkuhlung

Das geeignete thermodynamische Potenzial, um den Ubergang von einer Schmelze

in einen Festkorper zu beschreiben, ist die freie Enthalpie G, da diese von den

Parametern Druck P und Temperatur T (und der Teilchenzahl) abhangt.

Temperatur T

TmT

∆T

∆G

G

Gl

s

Abbildung 3.1: Freie Enthalpie in der flussigen und festen Phase

Der stabilste Zustand fur das Material ist der mit der geringsten freien Enthal-

pie. Wie man in Abbildung 3.1 sieht, ist oberhalb der Schmelztemperatur Tm der

flussige Zustand und unterhalb Tm der feste Zustand energetisch am gunstigsten.

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22 GRUNDLAGEN DER UNTERKUHLUNG

Kuhlt man eine Flussigkeit unter ihre Schmelztemperatur Tm ab, so kann sie

unter gewissen Bedingungen im energetisch ungunstigeren flussigen Zustand ver-

harren. Man spricht dann von einer unterkuhlten Flussigkeit. Die treibende

Kraft fur eine Kristallisation ist proportional zu ∆G. Je hoher die Unterkuhlung

∆T = Tm −T , um so großer wird die Differenz der ∆G = Gs −Gl der festen und

flussigen Phase, sie errechnet sich aus:

∆G = ∆H(T ) − T∆S(T ) (3.1)

mit

∆H(T ) = ∆Hm −

∫ Tm

T

∆cP (T ′)dT ′ (3.2)

∆S(T ) = ∆Sm −

∫ Tm

T

∆cP (T ′)dT ′

T ′(3.3)

Dabei ist ∆cP die Differenz der spezifischen Warmen der festen und flussigen Pha-

se. Die Temperaturabhangigkeit von ∆cP ist experimentell nur schwer zuganglich,

wahrend die Schmelzentropie ∆Sm und die Schmelzenthalpie ∆Hm fur viele Me-

talle und Legierungen bekannt ist.

Die Eigenschaft, dass eine Flussigkeit in dem energetisch ungunstigerem Zu-

stand der Unterkuhlung verharren kann, lasst sich durch eine Aktivierungsener-

gie, die uberwunden werden muss, um einen Phasenubergang auszulosen, er-

klaren.

Bei der Erstarrung erwarmt sich eine unterkuhlte Flussigkeit wieder, da die

Kristallisationswarme frei wird und zu einer Aufheizung bis zur Schmelztem-

peratur fuhrt. Dieser Effekt wird Rekaleszenz genannt. Bei der so genannten

Hypercooling-Grenze ∆THyp reicht die Schmelzwarme ∆Hm gerade aus, um die

Flussigkeit wieder auf Tm aufzuheizen. Bei hoheren Unterkuhlungen erreicht der

Temperaturanstieg daher nicht wieder die Schmelztemperatur. Die Hypercooling-

Grenze lasst sich mit Hilfe der spezifischen Warme der Schmelze durch

∆THyp =∆Hm

cp

(3.4)

ausdrucken [69].

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3.1 KEIMBILDUNG 23

3.1 Keimbildung

Die zur Kristallisation erforderliche Aktivierungsenergie wird im Rahmen der

Keimbildungstheorie eingefuhrt. Man unterscheidet grundsatzlich zwischen ho-

mogener und heterogener Keimbildung. Erstere beschreibt einen intrinsischen

Prozess, bei dem der Keim aus Fluktuationen in der Schmelze entsteht, letztere

stellt ein extrinsisches Phanomen dar, bei dem eine Fremdphase die Aktivierungs-

schwelle senkt und die Keimbildung dadurch begunstigt bzw. auslost.

3.1.1 Homogene Keimbildung

Die Grundlagen der Keimbildungstheorie wurden 1926 von Volmer und Weber

[82] gelegt, welche die Kondensation von Tropfchen aus ubersattigtem Dampf

beschrieben. Becker und Doring [8] erweiterten deren Theorie und Turnbull und

Fisher [79] ubertrugen die Theorie auf den Phasenubergang flussig-fest.

In der unterkuhlten Flussigkeit kommt es durch lokale Dichtefluktuationen

zur Ausbildung von Atomclustern, die eine festkorperahnliche Struktur besitzen.

Dies fuhrt einerseits zu einem Gewinn an freier Enthalpie aufgrund der niedrige-

ren Enthalpie des Festkorpers, andererseits wirkt dem ein Verlust an Energie Aσ

(σ ist die Grenzflachenenergie), die zum Aufbau der Grenzschicht der Flache A

zwischen der festen und flussigen Phase notig ist, entgegen. Dieser Energieauf-

wand ist fur die Aktivierungsschwelle verantwortlich. Fur einen kugelformigen

Cluster mit dem Radius r ergibt sich daher folgende Energiebilanz:

∆GCl =4

3πr3∆GV + 4πr2σ (3.5)

wobei ∆GV negativ ist.

Der erste Term beschreibt den Energiegewinn ∆GV pro Volumen, der zweite

den Energieverlust durch den Aufbau der Grenzflache. In Abbildung 3.2 ist die

Energie schematisch in Abhangigkeit vom Clusterradius dargestellt.

Die Funktion in Gl. 3.5 hat ein Maximum bei r = r∗ = 2σ/∆GV . Cluster,

deren Radius kleiner ist als r*, benotigen Energie zum Wachstum und tendieren

daher zum Zerfall, Cluster, deren Radius großer ist als r*, gewinnen Energie

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24 GRUNDLAGEN DER UNTERKUHLUNG

r*

-4/3π r3∆G

V + 4π r

4π r2σ

-4/3 π r3∆G

V

Radius des Clusters

Abbildung 3.2: Differenz der freien Enthalpien ∆GCl von Cluster und un-

terkuhlter Schmelze in Abhangigkeit vom Clusterradius

beim Wachstum. Keimbildung setzt also erst fur r > r* ein, und die notwendige

Aktivierungsenergie zur Bildung eines Keims mit dem Radius r* betragt:

∆GCl(r = r∗) =16

σ3(T )

∆G2V (T )

(3.6)

Sinkt die Temperatur einer Schmelze also unter die Schmelztemperatur Tm,

so befindet diese sich in einem metastabilen Zustand, da zum Erreichen der ener-

getisch stabilen festen Phase erst die Aktivierungsenergie zur Bildung des Keims

aufgewandt werden muss. Die Wahrscheinlichkeit zur Kristallisation wachst mit

der Unterkuhlung ∆T , da die treibende Kraft ∆G mit der Unterkuhlung zu-

nimmt. Erst bei sehr großen Unterkuhlungen sinkt die Wahrscheinlichkeit fur

eine Keimbildung wieder, da bei tiefen Temperaturen die thermische Energie ge-

ringer ist und es somit fur die Flussigkeit schwieriger wird, einen kritischen Keim

aufzubauen. Zusatzlich erschwert die anwachsende Viskositat die Bewegung der

Atome und damit die Bildung eines kritischen Keims.

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3.1 KEIMBILDUNG 25

3.1.2 Heterogene Keimbildung

Bei der heterogenen Keimbildung handelt es sich um einen extrinsischen Effekt,

der die Aktivierungsenergie herabsetzt und damit katalytisch fur die Keimbil-

dung wirkt. Befinden sich in der unterkuhlten Schmelze Fremdkorper, wie z.B.

Verunreinigungen oder Tiegelwande, so stellen diese ein Substrat dar, auf dem

ein Keim wachsen kann. In Abbildung 3.3 ist solch ein Keim auf einem Substrat

gezeigt.

Substrat

Keim

Schmelze

θ

Abbildung 3.3: Bildung eines Keimes auf einem Substrat mit Benetzungswinkel

Θ

Man muss nun neben der Grenzflachenenergie zwischen Keim und Schmelze

σlk auch die Grenzflachenenergie zwischen Keim und Substrat σks und zwischen

Schmelze und Substrat σls berucksichtigen. Fur den Benetzungswinkel Θ ergibt

sich aus dem Kraftegleichgewicht am Rand des Kugelsegments:

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26 GRUNDLAGEN DER UNTERKUHLUNG

cos(Θ) =σls − σlk

σks

(3.7)

Das Volumen des Keimes, der die Form eines Kugelsegments mit dem Radius

r hat, ist:

V =π

3r3(1 − cos(Θ))2(2 + cos(Θ)) = VKugelf(Θ) (3.8)

wobei f(Θ) das Verhaltnis des Volumens der Kugelkalotte zum Volumen der

Vollkugel ist (und Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann fur Winkel zwischen

0 und 180 Grad).

f(Θ) =1

4(2 − 3cos(Θ) + cos3(Θ)) (3.9)

.

Die freie Enthalpie bei heterogener Keimbildung ergibt sich zu:

∆Ghet = ∆Ghomf(Θ) (3.10)

Die Aktivierungsenergie der homogenen Keimbildung wird um einen Faktor

f(Θ) gesenkt. Daraus erklart sich bei Experimenten mit unterkuhlten Flussigkeiten

die Notwendigkeit kontaktfreier Methoden und hochreiner Prozessbedingungen,

wie sie z.B. bei elektromagnetischer Levitation gegeben sind.

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Kapitel 4

Elektromagnetische Levitation

Um thermophysikalische Eigenschaften flussiger Metalle auch im unterkuhlten

Bereich messen zu konnen, ist es notwendig, die heterogene Keimbildung zu re-

duzieren und so eine Kristallisation zu verhindern bzw. zu verzogern. Eine

Moglichkeit dazu ist eine Glaseinlagerung der Metallschmelze. Leider ist bei die-

ser Methode das Metall in einem Tiegel der Untersuchung nicht frei zuganglich

und, da der Tropfen aufliegt, ist bei Schwingungsanalysen (Oberflachenspannung

und Viskositat) keine Schwingung um eine freie Kugelform moglich. Eine er-

folgversprechendere Methode bietet hingegen die elektromagnetische Levitation.

Bei dieser Technik wird durch das freie Schweben des Metalltropfens ein Kon-

takt mit Tiegelwanden vermieden. Dadurch wird die heterogene Keimbildung

herabgesetzt, und es konnen auch sehr reaktive Materialien prozessiert werden.

Desweiteren ist der Tropfen der Beobachtung mit Videokameras frei zuganglich

und vollfuhrt freie Schwingungen um seine Tropfenform.

Das Verfahren der elektromagnetischen Levitation beruht auf der Wechsel-

wirkung zwischen dem Hochfrequenzfeld einer konischen Spule und den dadurch

in der Probe induzierten Wirbelstromen. Das hochfrequente Wechselfeld (ν =

300 - 500 kHz) der Spule erzeugt in der Probe Wirbelstrome. Diese fuhren zu

einer abstoßenden Kraft in Wechselwirkung mit dem Magnetfeld der Spule und

sorgen gleichzeitig durch die ohmschen Verluste fur eine Aufheizung der Probe.

Eine ausfuhrliche Diskussion dieser Technik findet sich bei Okress [55], Fromm

[29], Rony [68], Lohofer [44] und Sahm [69].

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28 ELEKTROMAGNETISCHE LEVITATION

Abbildung 4.1: Levitierte Metallprobe

4.1 Kraft auf eine levitierte Probe

Da das Magnetfeld am Ort der Probe nur schwach variiert, kann man seine Tay-

lorentwicklung nach dem ersten Glied abbrechen. Die Lorentzkraft auf eine Probe

lasst sich dann folgendermaßen beschreiben:

~F = ~∇(~m~B) (4.1)

wobei ~m das magnetische Dipolmoment der Probe und ~B das außere Magnetfeld

ist. Setzt man das magnetische Dipolmoment einer nichtferromagnetischen, gut

leitenden Kugel in einem homogenen Magnetfeld ein, so erhalt man als mittlere

Kraft auf die Kugel:

F = −4πR3

3

~∇B2

2µ0

G(q) (4.2)

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4.1 KRAFT AUF EINE LEVITIERTE PROBE 29

mit

G(q) =3

4(1 −

3

2q

sinh(2q) − sin(2q)

cosh(2q) − cos(2q)) (4.3)

und q = Rδ

(R=Radius der Probe; δ =√

2µωσ

Skintiefe [36]).

Die in Gleichung 4.2 auftauchenden Terme haben folgende Bedeutung:

•~∇B2

2µ0stellt eine Kraftdichte dar

• 4πR3

3ist das Volumen der Probe und ergibt zusammen mit der Kraftdichte

die Kraft auf die Probe

• G(q) stellt einen Wirkungsgrad dar, der von der Frequenz des HF-Feldes,

der Große der Probe und deren Leitfahigkeit abhangt

0 2 4 6 8 10 12 14 16

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

Wirkungsgra

d G

(q)

q

Abbildung 4.2: Wirkungsgrad G(q) aufgetragen gegen q = Rδ

In Abbildung 4.2 ist die Abhangigkeit des Wirkungsgrades G(q) in Abhangig-

keit von q dargestellt. Man sieht, dass fur q→ 0 (das entspricht einer verschwin-

denden Leitfahigkeit) aufgrund der fehlenden Wechselwirkung zwischen Feld und

Probe G(q)→ 0 geht. Fur q→ ∞ strebt G(q)→ 34.

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30 ELEKTROMAGNETISCHE LEVITATION

4.2 Gleichgewicht

Fur eine stabile Levitation muss die elektromagnetische Kraft gerade die Gravi-

tationskraft auf die Probe kompensieren.

~Fem = ~FG (4.4)

mit Gleichung 4.2 und ~FG = 4π3

R3ρg, wobei ρ die Dichte des Materials und g die

Erdbeschleunigung ist, ergibt sich fur die z-Komponente der Kraft:

∂ ~B2

∂z=

2µ0g

G(q)ρ (4.5)

Das bedeutet, dass die Levitationseigenschaften im wesentlichen von der Dichte

des Materials (und naturlich der Skintiefe) abhangen und nicht von der Masse.

4.3 Leistungsaufnahme einer levitierten Probe

Die mittlere absorbierte Leistung ergibt sich zu

P =B2

2µ0

ω4π

3R3H(q) (4.6)

mit

H(q) =9

4q2

(

qsinh(2q) + sin(2q)

cosh(2q) − cos(2q)− 1

)

(4.7)

Auch in Gleichung 4.6 kann man den verschiedenen Termen eine physikalische

Bedeutung zuordnen:

• B2

2µ0ist die Energiedichte des elektromagnetischen Feldes

• die Dimension von ω ist [1/s]; ω ergibt also mit dem ersten Term eine

Leistungsdichte

• 4π3

R3 ist das Volumen, d.h. die ersten 3 Terme ergeben eine Leistung

• H(q) ist ein Wirkungsgrad

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4.4 WARMEVERLUSTE 31

0 2 4 6 8 10 12 14 16

0,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

q

Wirku

ng

sg

rad

H(q

)

Abbildung 4.3: Wirkungsgrad H(q) aufgetragen gegen q = Rδ

In Abbildung 4.3 ist die Abhangigkeit des Wirkungsgrades H(q) in Abhangig-

keit von q wiedergegeben. Fur q → 0 folgt H(q)→ 0, d.h. fur eine verschwindende

Leitfahigkeit existiert keine Wechselwirkung zwischen Probe und Feld. Fur q →

∞ geht auch H(q) → 0, da dieses einem idealen Leiter entspricht und somit die

Ohmschen Verluste verschwinden.

4.4 Warmeverluste

Da sich die Probe aufgrund der Leistungsaufnahme standig weiter aufheizen

wurde, muss diese Leistung durch Warmeverluste abgefuhrt werden. Im Vakuum

treten nur Verluste durch Warmestrahlung gemaß dem Stefan-Boltzmann-Gesetz

auf

Prad = Aσε(T 4 − T 4U) (4.8)

wobei A die Oberflache der Probe, σ die Stefan-Boltzmann-Konstante, TU die

Umgebungstemperatur und ε die totale hemispharische Emissivitat ist. Fuhrt

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32 ELEKTROMAGNETISCHE LEVITATION

man die Experimente unter einer Schutzgasatmosphare durch, so tritt zusatzlich

eine Kuhlung durch Warmeleitung und Konvektion auf:

PWL = 4πRλeff (T − TR) (4.9)

Dabei ist λeff eine effektive Warmeleitung, die auch Konvektion mit berucksich-

tigt. Beide Prozesse haben unterschiedliche Temperatur- und Volumenabhangig-

keiten. In Abbildung 4.4 sieht man, dass bei niedrigen Temperaturen die Warme-

leitung und bei hohen Temperaturen die Warmestrahlung dominiert.

e = 0.4

e = 0.3

e = 0.2 Helium

Argon

Temperatur [K]

Verlustleis

tung [W

]

Abbildung 4.4: Warmeverluste durch Strahlung (fur Emissivitaten von ε=0.2, 0.3

und 0.4) und Warmeleitung durch Helium- und Argongas

Es stellt sich ein Gleichgewicht bei der Temperatur ein, bei der die Warme-

verluste genau die Leistungseinkopplung in die Probe kompensieren. In der Regel

wird vor allem konvektiv uber einen Gasstrom, der uber die Probe blast, gekuhlt.

Durch Verstarken oder Abschwachen dieses Gasstromes kann man also die Tem-

peratur kontrollieren. Eine Ausnahme bilden die Experimente mit Aluminium,

da dabei nicht uber einen Gasstrom, sondern uber die Warmeleitung mit dem

Schutzgas gekuhlt wird. Die Temperaturregelung geschieht dann uber den Druck

in dem Rezipienten.

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4.5 VISKOSITATSMESSUNGEN 33

4.5 Viskositatsmessungen

Die Technik der elektromagnetischen Levitation wurde im folgenden benutzt,

um beruhrungsfrei Metalle zu prozessieren und deren Viskositat bzw. Schwin-

gungsdampfung zu messen. Dazu wurden zwei verschiedene Methoden benutzt:

• Modulation des Magnetfeldes und dadurch Anregung der Probe zu er-

zwungenen Schwingungen; daraus Bestimmung der Resonanzkurve und des

Dampfungskoeffizienten

• Anregung der Probe zu einzelnen Schwingungen und Berechnung der Vis-

kositat aus dem Abklingverhalten

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Kapitel 5

Oberflachenschwingungen

Da bei der Messung der Resonanzkurve das Schwingungsverhalten der flussigen

Metalltropfen untersucht wird, ist es notig, etwas naher auf die Geometrie der

Schwingungen einzugehen.

5.1 Schwingungen ohne außere Krafte

Die Oberflache einer Flussigkeit fuhrt bei Existenz einer Schwingungsanregung

Oszillationen um die Ruhelage aus. Als rucktreibende Kraft dient die Eigengravi-

tation oder die Oberflachenspannung. Da die Gravitation nur fur große Systeme

(Sterne etc.) relevant ist, wird im folgenden nur auf Schwingungen aufgrund der

Oberflachenspannung eingegangen. Lord Rayleigh [58] erweiterte 1879 Rechnun-

gen, die sich mit Schwingungen aufgrund der Eigengravitation beschaftigten, auf

flussige Kugeln, die nur durch die Oberflachenspannung oszillieren. Bei den Rech-

nungen wurde Rotationssymmetrie angenommen und der Probenradius R(x, t)

wurde durch Legendrepolynome Pl beschrieben:

R(x, t) = (∞

l=0

alPl(x)sin(ωlt)) (5.1)

mit

Pl(x) =

l/2∑

k=0

(−1)k (2l − 2k)!

2lk!(l − k)!(l − 2k)!xl−2k (5.2)

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36 OBERFLACHENSCHWINGUNGEN

Die Variable x ist hier der allgemeinen Definition entnommen, fur unseren Fall

ist x = cosΘ.

und fur die Schwingungsfrequenzen ergab sich:

ω2l = l(l + 2)(l − 1)

γ

ρR3(5.3)

(wobei R der Radius, ρ die Dichte und γ die Oberflachenspannung ist)

Diese Formel wird allgemein als Rayleighformel bezeichnet.

Lamb [40] und Chandrasekhar [15] erweiterten diese Formel auf viskose Flus-

sigkeiten. Fur kleine Viskositaten werden die Frequenzen nicht verandert, es tritt

nur eine Dampfung der Schwingung (∼ e−tτ ) auf. Die Relaxationszeit τ ist dabei

folgendermaßen mit der Viskositat η verknupft:

τ =1

(l − 1)(2l + 1)

ρR2

η(5.4)

5.2 Schwingungen unter dem Einfluss außerer

Krafte

Die bisher erwahnten Rechnungen wurden alle fur den Fall kugelformiger Tropfen

ohne außere Krafte durchgefuhrt. Bei Experimenten, die in elektromagnetischen

Levitationsanlagen durchgefuhrt werden, treten zwei zusatzliche Effekte auf:

• Wegen des Skineffektes lasst sich die Levitationskraft als magnetischer

Druck beschreiben, daraus resultiert eine Verschiebung der Schwingungs-

frequenzen zu hoheren Werten.

• Da die Levitationskraft nicht gleichmaßig auf die Probenoberflache wirkt,

wird die Probe deformiert, dieses fuhrt zu einer Aufspaltung der Schwin-

gungsfrequenzen.

Die Levitationskraft greift vor allem am Aquator der Probe an und wird zum

Pol hin geringer. Daher wird die Probe aufgrund der Gravitation in die Lange

gezogen, und nur die Oberflachenspannung verhindert ein Ausfließen der Probe

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5.2 SCHWINGUNGEN UNTER DEM EINFLUSS AUSSERER

KRAFTE 37

nach unten. Die Probe nimmt daher im statischen Fall eine nicht kugelsymme-

trische Form an.

Durch die Wechselwirkung der Wirbelstrome, die auf der Oberflache der Pro-

be induziert werden, mit dem außeren Magnetfeld entsteht auf der Oberflache der

Probe eine nach innen gerichtete Kraft. Diese Kraft wird als magnetischer Druck

bezeichnet. Cummings und Blackburn [17] haben den Einfluss des magnetischen

Druckes und der Probenform unter der Annahme eines linearen Magnetfeldgra-

dienten untersucht. Dabei berechneten sie folgende Effekte:

• Die Entartung der Schwingungsmoden wird aufgehoben, und die Schwin-

gungsmoden spalten sich (fur l=2) in drei Frequenzen zu |m| =≤ l auf; die

Entartung zwischen ±m bleibt bestehen.

• Die Schwingungsfrequenzen verschieben sich und mussen mit einem Zusatz-

term korrigiert werden.

Fur Messungen der Oberflachenspannung und Viskositat sind vor allem die

Schwingungen zu l=2 wichtig. Die Schwingung zu l=0 entspricht einem Auf-

blahen der Kugel, was wegen der Inkompressibilitat der Materialien nicht moglich

ist, l=1 ist fur die kleinen Amplituden, die man in der Realitat vorliegen hat,

hauptsachlich eine Translation und kaum eine Oszillation. Fur l > 2 liegt zwar

eine Oszillation vor, aber bei hohen Frequenzen und in der Realitat mit kleinen

Amplituden. Die Ursache fur die geringeren Amplituden lasst sich aus Gleichung

5.3 ableiten, da das Dampfungsmaß (1/τ) proportional zu (l−1)(2l+1)l

ist. Die

Dampfungsmaß ist somit fur l=3 fast doppelt so groß wie fur l=2.

Es ergibt sich fur jede Schwingungsmode eine Formel, welche die Schwin-

gungsfrequenzen der einzelnen Moden zu l=2 und |m| = 0, 1, 2 vorhersagt:

ω22,0 = ω2

R + ω2τ (3.832 − 0.1714(z0/R)2) (5.5)

ω22,±1 = ω2

R + ω2τ (3.775 − 0.5143(z0/R)2) (5.6)

ω22,±2 = ω2

R + ω2τ (−0.9297 − 2.571(z0/R)2) (5.7)

wobei ωR die Rayleighfrequenz (vergleiche Gleichung 5.3), ωτ die gemittelte

Translationsfrequenz (ω2τ =

ω2x + ω2

y + ω2z), z0 die Position der Probe relativ

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38 OBERFLACHENSCHWINGUNGEN

zur Gleichgewichtslage der Probe und R der Radius der Probe ist

5.3 Einfluss der Probenrotation

Die bisherigen Uberlegungen setzten alle Rotationssymmetrie voraus. In der

Realitat ist aber weder das Spulensystem noch die Probe rotationssymmetrisch.

Durch die dadurch verursachten Inhomogenitaten und die Probenform entstehen

zusatzliche Drehmomente auf die Probe, die zu einer Rotation fuhren konnen.

Busse [13] leitete 1983 eine einfache Formel zur Berechnung der Frequenzaufspal-

tung aufgrund der Rotation her. Die Schwingungsfrequenzen einer rotierenden

Probe errechnen sich in erster Naherung folgendermaßen:

ωRot ≈ ω0 +m

2Ω (5.8)

Dabei ist ω0 die Schwingungsfrequenz ohne Rotation und Ω die Rotationsfre-

quenz. Die Schwingungsfrequenz spaltet also symmetrisch proportional zu m

und der Rotationsfrequenz auf.

Das bedeutet, dass bei einer rotierenden Probe in einem Magnetfeld die Ent-

artung der Schwingungsmoden vollstandig aufgehoben wird. Dadurch wird jeder

Schwingungsmode eindeutig eine Frequenz zugeordnet, und man kann gezielt ei-

ne Mode durch Wahl des entsprechenden Frequenzbereiches zu Schwingungen

anregen.

5.4 Geometrie der Schwingungsmoden

Fur nicht rotationssymmetrische Oberflachen muss der Ansatz 5.1 wie folgt ver-

allgemeinert werden:

R(ϑ, φ, t) =∑

l=0

m=+l∑

m=−l

al,m(t)Y ml (ϑ, φ) (5.9)

wobei R der Radius der deformierten Kugel, al,m die Amplituden der verschiede-

nen Beitrage und Y ml die Kugelflachenfunktionen sind. Fur l=0 erhalt man den

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5.4 GEOMETRIE DER SCHWINGUNGSMODEN 39

t=0 t=1/8T

t=1/4T

t=1/2Tt=3/8T

Abbildung 5.1: Schwingungsmode zu l=2 und m=0, dargestellt ist die Form der

Probe fur eine halbe Schwingungsperiode

ungestorten Radius R0 der Kugel. Die Deformation von der Kugelform wird also

durch die Summanden mit l ≥ 1 dargestellt.

Die Kugelflachenfunktionen sind folgendermaßen definiert [11] [3]:

Y ml (ϑ, φ) = Pm

l (cosϑ)cos(mφ) fur m ≥ 0 (5.10)

Y ml (ϑ, φ) = P−m

l (cosϑ)sin(−mφ) fur m < 0 (5.11)

wobei Pml die zugeordneten Legendre Polynome sind, die folgendermaßen de-

finiert sind [3]:

Pml (x) = (1 − x2)m/2 dm

dxmPl(x) (5.12)

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40 OBERFLACHENSCHWINGUNGEN

t=0 t=1/8 T

t=1/4 T

t=1/2 Tt=3/8 T

Abbildung 5.2: Schwingungsmode zu l=2 und m=1, dargestellt ist die Form der

Probe fur eine halbe Schwingungsperiode

und Pl die in Gleichung 5.2 definierten Legendre Polynome sind.

Die Schwingung, die Experimenten am besten zuganglich ist, ist l=2 zuge-

ordnet (siehe Kapitel 5.2). Im folgenden wird deswegen etwas naher auf die

Geometrie dieser Schwingungen eingegangen. Zu l=2 gibt es funf verschiedene

Schwingungsarten, die zu den Indizes m= -2, -1, 0,1 ,2 gehoren. Der Radius der

deformierten Kugel lasst sich gemaß Gleichung 5.9 berechnen:

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5.4 GEOMETRIE DER SCHWINGUNGSMODEN 41

t=0T t=1/8T

t=1/4T

t=3/8T t=1/2T

Abbildung 5.3: Schwingungsmode zu l=2 und m=2, dargestellt ist die Form der

Probe fur eine halbe Schwingungsperiode

R2,0(ϑ, φ, t) = a0 +1

2a2,0(t)(3cos

2ϑ − 1) (5.13)

R2,+1(ϑ, φ, t) = a0 + 3a2,+1(t)sinϑcosϑcosφ (5.14)

R2,−1(ϑ, φ, t) = a0 + 3a2,−1(t)sinϑcosϑsinφ (5.15)

R2,+2(ϑ, φ, t) = a0 + 3a2,+2(t)sin2ϑcos(2φ) (5.16)

R2,−2(ϑ, φ, t) = a0 + 3a2,−2(t)sin2ϑsin(2φ) (5.17)

Die Geometrie dieser Schwingungen fur l=2 und m = 0,±1,±2 ist in den Ab-

bildungen 5.1, 5.2 und 5.3 dargestellt. Aufgrund der Rotationssymmetrie lasst

sich die Schwingungsmode zu m=0 durch eine periodische Modulation des Ma-

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42 OBERFLACHENSCHWINGUNGEN

gnetfeldes am besten zu Schwingungen anregen.

5.5 Modenidentifikation

r2+∆r2

r1+∆r1

r2-∆r2

r1-∆r1

r2

r1

Abbildung 5.4: Schwingungsmode zu l=2, m=0; die obere Zeile zeigt die

Schragansicht (vgl. Abbildung 5.1), die untere Zeile zeigt die Aufsicht; die Radi-

en werden gleichzeitig großer bzw. kleiner; das bedeutet die Differenz der Radien

ist konstant, die Summe andert sich periodisch mit der Schwingungsfrequenz

Fur die Messung der Resonanzkurven und bei Experimenten zur Messung der

Oberflachenspannung ist es notwendig, die beobachteten Frequenzen den Schwin-

gungsmoden zuzuordnen. Zur Bestimmung einer Resonanzkurve ist es notwendig,

vor dem Experiment ein Spektrum aufzunehmen und in diesem die Frequenz der

m=0 Schwingungsmode zu ermitteln, um den Messbereich festzulegen.

Die Technik der digitalen Bildauswertung wird spater noch naher erlautert.

Im folgenden Abschnitt wird erklart, wie man aufgrund der Geometrie der Schwin-

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5.5 MODENIDENTIFIKATION 43

r1

r2

r1+∆r1r2-∆r2

r2+∆r2

r1-∆r1

Abbildung 5.5: Schwingungsmode zu l=2, |m|=2; die obere Zeile zeigt die

Schragansicht (vgl. Abbildung 5.3), die untere Zeile zeigt die Aufsicht; die Radi-

en andern sich antizyklisch, wenn r1 wachst fallt r2 und umgekehrt; das bedeutet

die Summe der Radien ist konstant, die Differenz andert sich periodisch mit der

Schwingungsfrequenz

gungen aus der Messung zweier senkrechter Radien die Schwingungsmoden un-

terscheiden kann.

Bei den Experimenten wurden die Proben mittels einer CCD-Kamera von

oben beobachtet und zwei senkrechte Radien, die Querschnittsflache und deren

Schwerpunktskoordinaten in x- und y-Richtung in Abhangigkeit von der Zeit

aufgezeichnet.

In den Abbildungen 5.4 und 5.5 ist neben einer Schragansicht eine Aufsicht auf

die Probe dargestellt. In diese Aufsichten sind jeweils zwei senkrechten Radien

zu verschiedenen Zeiten eingezeichnet. Von diesen zwei senkrechten Radien r1

und r2 betrachtet man die Summe und Differenz.

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44 OBERFLACHENSCHWINGUNGEN

Mit den Definitionen

R+,m(ϑ, φ, t) = R2,m(ϑ, φ, t) + R2,m(ϑ, φ +π

2, t) (5.18)

R−,m(ϑ, φ, t) = R2,m(ϑ, φ, t) − R2,m(ϑ, φ +π

2, t) (5.19)

folgt mit den Gleichungen 5.13 - 5.17:

R+,0(ϑ, φ, t) = 2a0 + (3cos2ϑ − 1)a2,0(t) (5.20)

R−,0(ϑ, φ, t) = 0 (5.21)

R+,2(ϑ, φ, t) = 2a0 + 3a2,2(t)sin2ϑ(cos2φ + cos(2φ + π)) = 2a0 (5.22)

R−,2(ϑ, φ, t) = 3a2,2sin2ϑ(cos2φ − cos(2φ + π)) = 6sin2ϑcos2φa2,2(t) (5.23)

Diese Gleichungen zeigen, dass fur die Schwingungsmode mit m=0 die Differenz

der senkrechten Radien konstant ist, wahrend fur die Schwingungsmoden fur

|m|=2 die Summe zweier senkrechten Radien konstant ist. Geometrisch wird

dieser Zusammenhang in den Abbildungen 5.4 und 5.5 verdeutlicht.

In Abbildung 5.4 fur m=0 erkennt man, dass die Differenz konstant ist, da

sich beide Radien in gleichem Verhaltnis andern. Die Summe der Radien andert

sich jedoch periodisch mit der Schwingungsfrequenz der Probe.

In der Abbildung 5.5 fur |m|=2 sieht man, dass sich die Differenz der Radien

periodisch mit der Schwingungsfrequenz andert, wahrend die Summe konstant

ist.

Eine Fouriertransformation der Summe der Radien erzeugt also ein Spektrum

bei dem die Frequenzen fur |m|=2 nicht sichtbar sind. Analog fuhrt eine Fourier-

transformation der Differenz der Radien zu einem Spektrum, das keinen Peak bei

der Frequenz der m=0 Schwingungsmode zeigt. Die Geometrie fur m=1 wird hier

nicht naher betrachtet, da weder Differenz noch Summe der Radien konstant ist.

Als Auswahlregel reicht jedoch die Konstanz der Summe fur |m|=2 bzw. Differenz

fur m=0, da es somit moglich ist zwei von drei Schwingungsmoden zuzuordnen

und damit auch die dritte zu bestimmen.

Eine Auswertung der Differenz- und Summenspektren erlaubt also eine ein-

deutige Zuordnung der Frequenzen im Spektrum zu den Schwingungsmoden.

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Kapitel 6

Erzwungene Schwingungen

Beide in dieser Arbeit benutzten Verfahren zur Viskositatsmessung basieren auf

erzwungenen Schwingungen. Daher wird im folgenden Kapitel die Theorie der er-

zwungenen Schwingungen und ihre Anwendung auf Levitationsexperimente etwas

naher erlautert.

Die Bewegungsgleichung fur eine erzwungene gedampfte Schwingung lautet:

md2x(t)

dt2+ c

dx(t)

dt+ kx(t) = F0F (t) (6.1)

Dabei ist m die Masse des Oszillators, c reprasentiert den Dampfungsanteil

und k ist der Proportionalitatsfaktor der rucktreibenden Kraft, F(t) ist die Funk-

tionsgleichung der anregenden Kraft mit der Amplitude F0.

Dividiert man diese Gleichung durch die Masse m, so erhalt man:

¨x(t) + 2Γ ˙x(t) + ω20x(t) =

F0

mF (t) (6.2)

Wobei Γ = c2m

und ω20 = k

mist.

Diese Differenzialgleichung lasst sich auch kurzer schreiben, indem man F0

mF (t)

zu einer Anregung f(t) zusammenfasst:

¨x(t) + 2Γ ˙x(t) + ω20x(t) = f(t) (6.3)

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46 ERZWUNGENE SCHWINGUNGEN

Die Losung dieser inhomogenen Differenzialgleichung ergibt sich als Summe

der allgemeinen Losung der homogenen Gleichung und einer speziellen Losung

der inhomogenen Gleichung.

x(t) = X(t) + c1x1(t) + c2x2(t) (6.4)

Dabei ist X(t) eine spezielle Losung der inhomogenen Gleichung und c1x1(t) +

c2x2(t) die allgemeine Losung der homogenen Gleichung. Die homogene Losung

ist von der Form x(t) = e−Γtsinωt (eigentlich eine Summation aus einem Sinus-

und einem Kosinusterm, die sich zu einer Sinusfunktion mit einer Phasenver-

schiebung zusammenfassen lassen). Das bedeutet das zeitliche Verhalten ist auf

großen Zeitskalen proportional zu e−Γt und damit verschwindet dieser Term fur

t → ∞. Dieses wird als Abklingen des Einschwingvorganges bezeichnet.

Die beiden in dieser Arbeit benutzten Methoden bedienen sich unterschiedli-

cher Formen der erzwungenen Schwingung:

• Anregung durch eine periodische (Sinus) Funktion und Messung der Schwin-

gungsamplitude und Bestimmung der Dampfung aus der Form der Reso-

nanzkurve

• Anregung durch einen Kraftstoß (Deltafunktion) und Messung der Damp-

fung uber das Abklingverhalten der Schwingung

6.1 Anregung durch eine periodische Kraft

Die folgende Herleitung ist an die Behandlung von Schnakenberg angelehnt [73].

Regt man den Oszillator durch eine periodische Schwingung (Sinusfunktion)

an, so kann man die anregende Funktion komplex schreiben als:

f(t) = eiωt (6.5)

Als Losung wahlt man einen Ansatz der Form:

X(t) = A(ω)eiωt (6.6)

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6.1 ANREGUNG DURCH EINE PERIODISCHE KRAFT 47

Setzt man diesen Ansatz in Differenzialgleichung ein, so ergibt sich:

⇒ (−ω2 + 2iΓω + ω20)A(ω) = 1 (6.7)

⇒ A(ω) =1

(ω20 − ω2 + 2iΓω)

(6.8)

Ein analoges Vorgehen fur

f(t) = e−iωt (6.9)

liefert

⇒ A(ω) =1

(ω20 − ω2 − 2iΓω)

(6.10)

Da beide Ansatze eine Losung der Differenzialgleichung sind, ist die Losung

eine Linearkombination beider Losungsansatze.

f(t) = (eiωt + e−iωt)/2 = cosωt (6.11)

⇒ X(t) =1

2A(ω)eiωt +

1

2A(−ω)e−iωt (6.12)

mit

A(ω) = |A(ω)|e−iαt (6.13)

A(−ω) = A∗(ω) = |A(ω)|e+iαt (6.14)

⇒ |A(ω)| =1

(ω20 − ω2)2 + 4Γ2ω2

(6.15)

⇒ X(t) = |A(ω)|1

2[eiωt−iα(ω) + e−iωt+iα(ω)] = |A(ω)|cos(ωt − α(ω)) (6.16)

wobei A|(ω)| die frequenzabhangige Amplitudenfunktion und α(ω) die Phasen-

verschiebung zwischen anregender Schwingung und der stationaren erzwungenen

Schwingung ist. Die Form einer solchen Amplitudenfunktion ist in Abbildung 6.1

fur eine Eigenfrequenz von 35 Hz und einem Dampfungsmaß Γ = 0.01 dargestellt,

diese Funktion wird oft auch Resonanzkurve genannt.

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48 ERZWUNGENE SCHWINGUNGEN

30 32 34 36 38 40

0

10

20

30

40

50

n 0 =35Hz

Anregungsfrequenz [Hz]

Sc

hw

ing

un

gs

am

plitu

de

[a

.u.]

Abbildung 6.1: berechnete Resonanzkurve zu einer Eigenfrequenz ν0 = 35 Hz und

einem Dampfungsmaß Γ=0.01

6.2 Anregung durch einen Kraftstoß

Die zweite Methode benutzt einen einzelnen kurzen Kraftstoß zur Schwingungsan-

regung. Eine Behandlung dieses Falles findet sich beispielsweise bei G. Sussmann

[76]. Der zeitliche Verlauf eines solchen Kraftstoßes lasst sich mit der Dirac’schen

Deltafunktion beschreiben. Die δ- Funktion ist so definiert [3] , dass sie fur x 6= 0

verschwindet und ihr Integral im Intervall [−∞,∞] auf 1 normiert ist:

−∞

δ(x)dx = 1 (6.17)

Daraus folgt:

−∞

δ(x)f(x)dx = f(0) (6.18)

Die Differenzialgleichung der Schwingung fur eine Anregung uber einen kurzen

Kraftstoß lautet :

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6.3 TECHNISCHE ASPEKTE 49

md2x(t)

dt2+ k

dx(t)

dt+ cx(t) = F0δ(t) (6.19)

Eine Losung fur diese Differenzialgleichung lasst sich folgendermaßen schrei-

ben:

x(t) =1

ω20 − Γ2

e−Γtsin(√

ω20 − Γ2t)Θ(t) (6.20)

Dabei ist Θ(t) eine Treppenfunktion fur die

Θ(t) =1

2(1 + sgn(t)) =

0 fur t < 012

fur t = 0

1 fur t > 0

(6.21)

gilt und deren Ableitung Θ′(t) = δ(t) ist. Die Richtigkeit dieser Losung uberpruft

man leicht durch Einsetzen in die Differenzialgleichung.

6.3 Technische Aspekte der Viskositatsbestim-

mung mittels erzwungener Schwingungen

In den letzten zwei Kapiteln wurde eine erzwungene Schwingung mit einer peri-

odischen Anregung und einer Anregung uber einen Kraftstoß diskutiert. Beide

Techniken haben also denselben physikalischen und mathematischen Hintergrund,

mussen aber aufgrund der verschiedenen Anregungsform technisch anders reali-

siert werden.

Bei Messungen auf der Erde ist es technisch ohne weiteres moglich, die Pro-

be zu periodischen Schwingungen anzuregen. Die standige Anregung hat den

Vorteil, dass die Amplitude der angeregten Schwingung großer ist als die der

selbstangeregten Schwingung. Eine Steuerung der Amplitude ist mit der Ampli-

tude der anregenden Schwingung moglich. Auf die Amplituden der anregenden

Schwingung wird spater noch gesondert eingegangen, da die Amplitude des vom

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50 ERZWUNGENE SCHWINGUNGEN

Generator erzeugten Magnetfeldes eine sehr komplexe Reaktion auf eine modu-

lierte Steuerspannung darstellt. Die Schwingungsamplitude ist proportional zur

Modulationsamplitude des Magnetfeldes.

Eine Anregung durch einen einzelnen Puls ist schwer realisierbar, weil ein

Puls, der durch das Magnetfeld ausgeubt wird, zu einer schlagartigen Erhohung

oder Erniedrigung des Feldes fuhren muss. Die Probe wird daher in der Spule

entweder nach oben gedruckt oder sackt nach unten ab. Das erste Problem, das

sich daraus ergibt, ist die Stabilitat der Levitation. Bei einem zu starken Ab-

sacken der Probe besteht die Gefahr, dass die Probe nicht mehr von dem Feld

getragen werden kann und absturzt. Bei einem Impuls nach oben entstehen sehr

starke Translationen der Probe, welche zu einer Beruhrung mit der Spule und

somit zu einem Abbruch des Experimentes fuhren konnen. Selbst wenn man

durch eine geschickte Dosierung der Starke des Pulses eine Levitation ohne Ab-

sturz der Probe erreichen kann, fuhrt die Lageanderung in der Spule dazu, dass

die Probe in einem Bereich mit starkerem oder schwacherem Feld levitiert wird

und die Temperatur (die Heizleistung in der Probe ist proportional zum Qua-

drat des Magnetfeldes) dadurch drastisch geandert wird. Eine Messung bei einer

konstanten Temperatur wird dadurch merklich erschwert. Das großte Problem

ist allerdings die Uberlagerung der selbstangeregten Schwingungen mit der durch

den Puls angeregten Schwingung. Aufgrund der Amplitudenverhaltnisse dieser

beiden Schwingungen (die Amplituden sind etwa gleich groß (bzw. die durch

einen Puls angeregte Schwingungsamplitude ist in einem Spektrum eher kleiner)

kann man das Abklingen der angeregten Schwingung nicht verfolgen, da standig

neue Schwingungen angeregt werden. Diese Methode erfordert also Proben, die

kaum selbstangeregte Schwingungen zeigen.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma bieten Experimente unter Schwerelosig-

keit, da dort keine selbstangeregten Schwingungen existieren. Aufgrund der Tren-

nung von Heiz- und Positionierspule (siehe Abbildung 9.1) kann man durch die

Heizspule einen Puls auf die Probe geben, ohne die Position zu verandern. Man

kann also die Probe gezielt zu einer Einzelschwinung anregen und deren zeitli-

chen Verlauf beobachten. Rein theoretisch ist es naturlich auch moglich, unter

Schwerelosigkeit die Probe durch eine Modulation des Feldes zu erzwungenen

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6.3 TECHNISCHE ASPEKTE 51

Schwingungen anzuregen. Die notwendige Technik war jedoch in der benutzten

TEMPUS-Anlage nicht verfugbar. Daher konnten derartige Experimente bei den

hier bearbeiteten Messungen nicht ausgefuhrt werden.

Man kann also zusammenfassend feststellen:

• Auf der Erde lasst sich der zeitliche Verlauf einzelner Schwingungen nicht

verfolgen und daher lassen sich nur Messungen mittels einer periodischen

Anregung und der Bestimmung der Resonanzkurve durchfuhren.

• Unter Schwerelosigkeit ist der zeitliche Verlauf einzelner Schwingungen gut

beobachtbar, und daher ist eine Schwingungsanregung uber einen einzelnen

Kraftstoß realisierbar.

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Kapitel 7

Messung der Resonanzkurve

Der in dieser Arbeit zur Levitation benutzte Hochfrequenzgenerator lasst sich ex-

tern durch einen Funktionsgenerator ansteuern. Damit ist es moglich, die hoch-

frequente Schwingung des Generators mit einer niederfrequenten sinusformigen

Modulation zu uberlagern.

Das Magnetfeld lasst sich dann darstellen als:

B = B0sin(ωHt)(1 + δM ∗ sin(ωM t)) (7.1)

wobei B0 die Amplitude des Magnetfeldes, ωH die hochfrequente Eigenfre-

quenz des Generators (≈ 300 - 660 kHz), ωM die Modulationsfrequenz (≈ 30 - 50

Hz) und die Amplitude der Modulation δM im Idealfall ein konstanter Wert ist.

Schematisch ist ein solches Feld in Abbildung 7.1 dargestellt, die Hochfrequenz

wurde zur Anschauung kleiner als in der Realitat gewahlt. Eine Probe, die einem

solchen Feld ausgesetzt ist, wird dadurch neben den selbsterregten Schwingungen

zu erzwungenen Schwingungen angeregt.

7.1 Resonanzkurve

Die niederfrequente Modulation des Feldes fuhrt zu einer erzwungenen Schwin-

gung der Probe und lasst sich in Analogie zu mechanischen Schwingungen be-

schreiben. Die Differenzialgleichung, die die Schwingungsamplitude des Pro-

benradius beschreibt, ist also aquivalent zu Gleichung 6.1. Die Resonanzkur-

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54 MESSUNG DER RESONANZKURVE

0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10

-6

-4

-2

0

2

4

6

Zeit [s]

Ma

gn

etfe

ld

Abbildung 7.1: Schematische Darstellung des modulierten Magnetfeldes, in die-

ser Abbildung betragt die Hochfrequenz ωH 300 Hz und die Modulationsfrequenz

ωM 30 Hz, diese Werte sind rein willkurlich gewahlt und dienen nur der Veran-

schaulichung

ve (Abhangigkeit der Schwingungsamplitude von der Frequenz) lasst sich also

folgendermaßen ausdrucken:

A(ω) = A01

(ω20 − ω2)2 + 4Γ2ω2

(7.2)

Dabei ist A0 die Amplitude der anregenden Schwingung.

Das Dampfungsmaß Γ ist mit der Relaxationszeit τ uber folgende Gleichungen

verknupft.

1

τ= Γ (7.3)

Nach Gleichung 5.4 gilt fur eine Schwingung mit l=2 schließlich folgender

Zusammenhang zwischen der Relaxationszeit und der Viskositat:

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7.1 RESONANZKURVE 55

1

τ= Γ =

20π

3

ηR0

m(7.4)

wobei R0 und m Radius und Masse der Probe sind.

Die Probe kann also durch Modulation des Generators zu erzwungenen Schwin-

gungen angeregt werden. Durch eine Anpassung einer theoretischen Resonanz-

funktion an die gemessenen Werte lasst sich das Dampfungsmaß errechnen. Dabei

treten folgende Probleme auf:

• Die Schwingungsamplituden der erzwungenen und selbsterregten Schwin-

gungen uberlagern sich

• Die Schwingungsamplituden der verschiedenen Schwingungsmoden uber-

lagern sich

• Die Anregungsamplitude A0 ist von der Anregungsfrequenz abhangig

Das Problem der Schwingungsuberlagerung lasst sich durch die Form der Spu-

le beeinflussen. Durch die Modulation wird vor allem die Schwingungsmode zu

m=0 angeregt. Bei der benutzten Spule wies die Schwingungsmode zu m=2 die

hochsten Amplituden auf. Durch die Form der Spule wurde eine Rotation der

Probe hervorgerufen, woraus eine Aufspaltung der Schwingungsmoden resultiert.

Dadurch liegt die Schwingungsfrequenz der m=2 Mode bei einer anderen Fre-

quenz als die der m=0 Mode. Daher lasst sich die erzwungene Schwingung der

Schwingungsmode mit m=0 gut von der sehr hohen selbstangeregten Schwin-

gungsmode bei m=2 trennen. Die selbsterregte Amplitude fur m=0 kann man

durch eine Messung ohne Modulation bestimmen. Dabei stellte sich heraus, dass

die Amplitude der erzwungenen Schwingung viel großer ist als die der selbster-

regten Schwingung, sodass eine Korrektur uberflussig ist.

Wenn bisher von Modulationsamplitude die Rede war, dann bezog sich das

auf die Modulation der Steuerspannung, die mit dem Funktionsgenerator vorge-

geben wird. Der Generator reagiert aber leider nicht linear auf eine vorgegebe-

ne Steuerspannung, sodass die resultierende Modulationsamplitude des Magnet-

feldes eine Funktion der Anregungsfrequenz und der Modulationsamplitude des

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56 MESSUNG DER RESONANZKURVE

Funktionsgenerators ist. Diese Abhangigkeit der Anregungsamplitude von der

Anregungsfrequenz und Amplitude wird in Kapitel 7.2.3 diskutiert.

7.2 Versuchsaufbau und Auswertung

7.2.1 Aufbau der Levitationsanlage des DLR

Im folgenden wird kurz die in dieser Arbeit benutzte Levitationsanlage des DLR

(siehe Abbildung 7.2) beschrieben.

Videorekorder

CCD-Kamera

CCD

1550°C

Vakuum-Pumpstand

He He/H2

PC-Datenerfassung

Pyrometer

Rezipient

T-t.

Hochfrequenz-

Generator

Funktionsgenerator

35Hz

Abbildung 7.2: Levitationsanlage des DLR

Die Anlage besteht im wesentlichen aus einem Huttinger Hochfrequenzgenera-

tor Typ IG20/600 mit einer Maximalleistung von 24 kW; die Hochfrequenz kann

durch An- und Abklemmen der Kondensatoren im Induktor diskret zwischen 300

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7.2 VERSUCHSAUFBAU UND AUSWERTUNG 57

und 660 kHz variiert werden. Angesteuert wurde der Generator durch einen SRS-

DS 345 Funktionsgenerator, sodass durch eine Modulation der Steuerspannung

(die im Normalfall eine Gleichspannung und proportional zum Magnetfeld ist) der

Generator niederfrequent (0-50 Hz) moduliert werden konnte. Die Spule befindet

sich in einem Edelstahlvakuumrezipienten, der auf 10−4 mbar evakuiert werden

kann und somit ein Arbeiten unter Schutzgasatmosphare ermoglicht. Als Gas

wurde Helium oder ein Gemisch aus 92% Helium und 8% Wasserstoff (beides in

der Reinheit 5.0) benutzt. Durch eine Gaszuleitung direkt unter der Probe wird

das Gas uber die Probe geblasen und somit die Probe konvektiv gekuhlt. Die

Temperatur wird beruhrungsfrei mit einem Infrarotstrahlungspyrometer (Maurer

TMR 485-d) gemessen.

7.2.2 Bildauswertung und Analyse

Um ein Schwingungsspektrum zu erhalten, wird das Bild der Probe von oben

mit einer Videokamera aufgenommen. Zur Gewinnung eines eindeutigen Spek-

trums muss nach dem Nyquist-Theorem die Abtastrate mindestens doppelt so

groß sein wie die hochste vorkommende Frequenz. Da bei den verwendeten Pro-

ben die Schwingungsfrequenzen typischerweise ≤ 50 Hz sind, ist fur eine schnelle

Fouriertransformation eine Aufnahmefrequenz von mindestens 100 Hz notwendig.

Fur die Aufnahmen wurde eine Videokamera vom Typ KAPPA CF 100 mit ei-

nem Zoomobjektiv 18-108 mm benutzt. Um die erforderliche Aufnahmefrequenz

zu erreichen, kann man die raumliche Auflosung reduzieren und dadurch die Ab-

tastrate erhohen. Speichert man zwei Halbbilder des CCD-Chips untereinander

auf ein Videobild (siehe Abbildung 7.3), so erreicht man eine Aufnahmefrequenz

von 100 Hz. Die Aufnahmen werden auf einem PAL-Videoband gespeichert und

mit einer digitalen Bildauswertung weiterverarbeitet. Dabei werden die Videobil-

der einzeln uber eine Framegrabberkarte und einen Bildsynchronisator (um ein

Zittern der Bilder zu vermeiden) in einen PC-eingelesen [32]. Weil die heiße Pro-

be heller ist als die Umgebung, konnen durch Festsetzen eines Schwellenwertes

die Pixel, die zur Probe gehoren, selektiert werden. Von jedem Bild werden die

Schwerpunktskoordinaten, zwei senkrechte Radien und die Querschnittsflache der

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58 MESSUNG DER RESONANZKURVE

Probe bestimmt. Diese Informationen werden jeweils in eine Datei geschrieben,

die die Radius-Zeit-Abhangigkeit festhalt.

Abbildung 7.3: Aufnahme der Probe in der Ansicht von oben; die schwarzen

Striche zeigen die Radien, die von der Bildauswertung bestimmt werden

Zur Aufnahme einer Resonanzkurve wird fur eine Sequenz von Anregungsfre-

quenzen, die um die Eigenfrequenz der m=0 Mode gewahlt werden, eine Bilder-

serie (in der Regel 4096 Bilder) aufgenommen. Diese Bilderserie wird wie oben

beschrieben verarbeitet. Auf den zeitabhangigen Daten (Schwerpunktskoordina-

ten, Flache, zwei senkrechte Radien) wird mittels eines bei der DLR geschriebenen

Programmes [67] eine schnelle Fourier-Transformation (FFT) durchgefuhrt. Bei

dem dadurch erhaltenen Frequenzspektrum kann man dann mit dem Programm

die Schwingungsamplitude in relativen Einheiten ausmessen. Tragt man diese

Schwingungsamplituden gegen die Anregungsfrequenzen auf, so erhalt man die

Resonanzkurve.

An diese Resonanzkurve wird folgende Funktion von der Form der Amplitu-

denfunktion 7.2 angepasst:

f(x) =d

(1 − (xa)2)2 + 4b2(x

a)2

+ c (7.5)

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7.2 VERSUCHSAUFBAU UND AUSWERTUNG 59

Dabei ist d die relative Amplitude der Schwingung, a die Resonanzfrequenz, b

der Dampfungsparameter, c ein konstanter Untergrundwert und x die Frequenz.

Dabei gilt b ∗ a ∗ 2 ∗ π = Γ, das heißt Γ = b ∗ ω0. Die Anpassung wurde mit dem

Programm Origin 5.0 von Microcal durchgefuhrt.

7.2.3 Modulationsamplitude des Generators

0 25 50 75 100 125 150 175 200 225

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

Modulation:

0.1 V

0.2 V

0.3 V

0.4 V

0.5 V

FF

T-A

mp

litu

de

[m

V]

Modulationsfrequenz [Hz]

Abbildung 7.4: relative Modulationsamplitude in Abhangigkeit von der Modula-

tion der Steuerspannung; die Gleichspannung betrug 1.15 V, die Amplitude der

Modulation wurde bis 0.5 V variiert

Da der Generator mit dem Induktor eine Hochfrequenzschaltung mit ange-

schlossenem Schwingkreis darstellt, ist zu erwarten, dass die Ausgangsspannung

nicht linear von der Steuerspannung abhangt. Der Generator wird im Normalbe-

trieb mit einer Steuerspannung von 0-5 V (Gleichspannung) betrieben. Aufgrund

von internen Widerstandsverhaltnissen entspricht das einer Spannung von 2,5 V

des Funktionsgenerators. Bei einem Modulationsexperiment wird diese Steuer-

spannung durch eine Wechselspannung (0 - 0,5 V) moduliert. Die Spannung lasst

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60 MESSUNG DER RESONANZKURVE

0 25 50 75 100 125 150 175 200 225

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

Modulation

0.1 V

0.2 V

0.3 V

0.4 V

0.5 V

FF

T-A

mplit

ude [m

V]

Modulationsfrequenz [Hz]

Abbildung 7.5: relative Modulationsamplitude in Abhangigkeit von der Modula-

tion der Steuerspannung; die Gleichspannung betrug 2.3 V, die Amplitude der

Modulation wurde bis 0.5 V variiert

sich dann folgendermaßen schreiben:

V (t) = V0 + δV sin(ωM t) (7.6)

Das Magnetfeld des Generators wird mit der gleichen Wechselspannung ωM t

moduliert. Wahrend der Funktionsgenerator naturlich eine Steuerspannung mit

konstanter Modulationsamplitude δV ausgibt, hangt die Modulationsamplitude

des Magnetfeldes δM wie oben erwahnt von der Modulationsfrequenz ab. Da-

her wurde die Modulationsamplitude des Magnetfeldes in Abhangigkeit von der

Modulationsfrequenz und Amplitude der Steuerspannung mit einer Schaltung

gemessen. Diese Schaltung wird im Anhang A naher erlautert.

In den Abbildungen 7.4 und 7.5 sieht man, dass fur kleine Frequenzen die

Modulationsamplitude des Magnetfeldes (wegen der Messung mittels FFT FFT-

Amplitude genannt) linear proportional zur Steuerspannung ist und leicht mit

der Frequenz steigt. Fur Frequenzen kleiner als 5 Hz ist das teilweise durch die

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7.2 VERSUCHSAUFBAU UND AUSWERTUNG 61

0 20 40 60 80 100 120

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

0,1V Modulation

0,2V Modulation

0,3V Modulation

0,4V Modulation

0,5V Modulation

Modula

tionam

plit

ude (

FF

T)

[mV

]

Modulationsfrequenz [Hz]

Abbildung 7.6: relative Modulationsamplitude in Abhangigkeit von der Modula-

tion der Steuerspannung; die Gleichspannung betrug 1.15 V, die Amplitude der

Modulation wurde bis 0.5 V variiert; der starke Abfall bei niedrigen Frequenzen

wurde durch einen Hochpass in der Messapparatur hervorgerufen; die Abbildung

ist vergleichbar zu Abbildung 7.4, jedoch ist der messtechnisch interessante Be-

reich zwischen 25 Hz und 55 Hz fur die benutzten Modulationsamplituden von

0,1 V und 0,3 V mit hoherer Auflosung vermessen

Hochpasseigenschaften der Messapparatur bedingt, fur hohere Frequenzen ist das

ein physikalischer Effekt des Hochfrequenzsystems. Die Kurven durchlaufen ein

Maximum und nahern sich dann unabhangig von der Modulationsamplitude ei-

ner abfallenden einhullenden Funktion. Der Abfall ist durch die Tragheit des

schwingenden Systems begrundet, und die Modulationsamplitude des Magnet-

feldes hangt nicht mehr von der Modulationsamplitude der Steuerspannung ab.

Der Einbruch bei 50 Hz beruht wahrscheinlich auf einer Interferenz mit der Netz-

frequenz. Die Messung findet in der Regel in einem Frequenzbereich zwischen 35

und 50 Hz statt. Fur kleine Modulationsamplituden befindet man sich auf einem

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62 MESSUNG DER RESONANZKURVE

0,1 0,2 0,3 0,4 0,5

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

Modulationsfrequenz

5 Hz

15 Hz

30 Hz

60 Hz

90 Hz

FF

T-A

mplit

ude [a.u

.]

Modulationsamplitude [V]

Abbildung 7.7: FFT-Amplitude in Abhangigkeit von der Modulationsamplitude

der Steuerspannung, als Parameter wurde die Anregungsfrequenz benutzt, die

Gleichspannung betrug 1,15 V

Plateau und die Modulation ist fast konstant: die Amplitude muss daher nicht

korrigiert werden. Fur die hoheren Amplituden, die in diesem Bereich einen stei-

len Abfall aufweisen, kann man an den Verlauf ein Polynom anpassen und damit

die Amplituden normieren.

Tragt man die FFT-Amplitude gegen die Modulationsamplitude des Funkti-

onsgenerators mit der Modulationsfrequenz als Parameter auf (siehe Abbildung

7.7 und 7.8), so bestatigt sich das Ergebnis, dass fur kleine Frequenzen der Zusam-

menhang linear ist, wahrend bei hoheren Frequenzen die FFT-Amplitude einen

konstanten Wert nicht uberschreitet. Je hoher die Modulationsfrequenz ist, desto

eher geht die Kurve in einen konstanten Wert uber.

Die hier benutzte Messmethode fur die Modulationsamplitude des Magnetfel-

des lasst also zwei Verfahren fur die Messung der Resonanzkurven zu:

• Wahl der Versuchsparameter Frequenz und Modulationsamplitude des Funk-

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7.2 VERSUCHSAUFBAU UND AUSWERTUNG 63

0,1 0,2 0,3 0,4 0,5

500

1000

1500

2000

2500

3000

Modulationsfrequenz

5 Hz

15 Hz

30 Hz

60 Hz

90 Hz

FF

T-A

mplit

ude [a.u

.]

Modulationsamplitude [V]

Abbildung 7.8: FFT-Amplitude in Abhangigkeit von der Modulationsamplitude

der Steuerspannung, als Parameter wurde die Anregungsfrequenz benutzt, die

Gleichspannung betrug 2,3 V

tionsgenerators dergestalt, dass die Modulationsamplitude des Magnetfel-

des in dem Messbereich moglichst konstant ist; diese Methode wurde in der

vorliegenden Arbeit benutzt

• Korrektur der Modulationsamplitude; sollte eine Messung in einem Bereich

notwendig sein, in dem die Modulationsamplitude nicht konstant ist, kann

die Amplitude nach den Messungen in den Abbildungen 7.4 bis 7.6 (bzw.

7.7 oder 7.8) auf den Wert bei einer Frequenz normiert werden.

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Kapitel 8

Ergebnisse der Levitation unter

1g

8.1 Materialien

Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Viskositat von Nickel, Co80Pd20, Pd82Si18,

Ni36Zr64 und Aluminium untersucht. Die Phasendiagramme der binaren Legie-

rungen finden sich in Anhang B. Diese Materialien (Liquidustemperaturen und

Literaturwerte der Viskositat finden sich in Tabelle 8.1) wurden aus folgenden

Grunden fur die Untersuchungen ausgewahlt:

• Nickel ist wegen seiner guten Levitationseigenschaften als Testmaterial sehr

gut geeignet.

• Co80Pd20 und Pd82Si18 wurden wegen ihrer gegensatzlichen Eigenschaften

gewahlt: Co80Pd20 ist ein Material mit einem relativ hohen Schmelzpunkt

und einer geringen Viskositat. Ein Grund, sich mit dieser Legierung zu

beschaftigen, liegt in ihren magnetischen Eigenschaften. Eine Forschungs-

gruppe veroffentlichte Messungen [1] [12] [60], bei denen flussiges Co80Pd20

unter die Curie-Temperatur abgekuhlt wurde und kurzzeitig als flussiger

Ferromagnet vorlag. Weiterhin gibt es Untersuchungen [72] aufgrund von

statistischen und magnetischen Messungen, die vermuten lassen, dass die

Keimbildung durch den Effekt der zunehmenden magnetischen Ordnung

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66 ERGEBNISSE DER LEVITATION UNTER 1G

in der weit unterkuhlten, paramagnetischen Co80Pd20-Schmelze induziert

wird. Pd82Si18 besitzt einen niedrigen Schmelzpunkt und ist ein Glasbild-

ner, die Viskositat steigt also mit abnehmender Temperatur stark an. Als

Zusammensetzung der Legierung wurde eine der eutektischen Konzentra-

tionen gewahlt. Ein Vorteil dieser Materialien ist auch die Vergleichbar-

keit mit Viskositatsmessungen in Schwerelosigkeit, da bei der MSL-1 Mis-

sion 1997 Co80Pd20, Pd76Cu6Si18 und Pd82Si18 untersucht wurden. Weil

Pd82Si18 in terrestrischer elektromagnetischer Levitation zu starken Tem-

peraturschwankungen neigt, welche eine starke Anderung der Viskositat

nach sich ziehen, konnte keine auswertbare Messung durchgefuhrt werden.

• Um den Einfluss von Storeffekten zu reduzieren, wurde versucht, ein ande-

res Material mit hoher Viskositat zu levitieren, in der Hoffnung, ein besse-

res Verhaltnis des Messwertes zu der Storung zu bekommen. Dafur wurde

wegen seiner hohen Viskositat Ni36Zr64 gewahlt. Da Ni36Zr64 aber zur

Bildung einer starken Oxidhaut neigt, konnten leider nur schlechte Reso-

nanzkurven aufgenommen werden.

• Als letztes wurde Aluminium levitiert, da es sehr leicht ist und nur geringe

Levitationsspannungen braucht.

Eine Ubersicht uber die Liquidustemperaturen und die Viskositaten dieser

Materialien ist in Tabelle 8.1 gegeben.

Metall Liquidustemp. [K] Viskositat [mPas]

Ni 1728 4.5-6.4

Al 933 1-4

Co80Pd20 1610 10

Pd82Si18 1093 37-66

Ni36Zr64 1343 20

Tabelle 8.1: Liquidustemperaturen und Literaturwerte [34] [61] [7] [33] [52] der

Viskositat der untersuchten Metalle

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8.2 AUSWERTUNG DER RESONANZKURVEN 67

8.2 Auswertung der Resonanzkurven

32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

Am

plit

ude [a.u

.]

Anregungsfrequenz [Hz]

Abbildung 8.1: Resonanzkurve von Nickel mit angepasster Amplitudenfunktion

(siehe Gl. 7.5) bei 1453C

In den Abbildungen 8.1, 8.2, 8.3 und 8.4 sind exemplarisch Resonanzkurven

von Nickel und Aluminium und die angepassten Amplitudenfunktionen darge-

stellt.

Anhand von den Datenpunkten in Abbildung 8.1 wurde der Einfluss von ei-

ner weiteren (kleineren) Resonanzfrequenz untersucht. Die Abbildung lasst die

Existenz einer weiteren Resonanzfrequenz bei einer hoheren Frequenz (41,5 Hz)

vermuten. Daher wurde untersucht, ob sich der Dampfungsparameter andert,

wenn die Amplitudenfunktion nur an die linke Flanke der Datenpunkte ange-

passt wird oder eine weitere Eigenfrequenz in die Anpassung einbezogen wird:

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68 ERGEBNISSE DER LEVITATION UNTER 1G

Material Λ Nr. Temp. Frequenz b Masse Viskositat UL UM

[K] [Hz] [g] [mPas] [V] [V]

Nickel 90 A 1723 37,15 0,018 0,98 65,3 4,00 1,00

Nickel 90 B 1649 39,24 0,040 0,99 149,4 4,60 0,50

Nickel 90 C 1568 41,16 0,018 1,00 69,7 4,85 0,15

Nickel F C 1568 41,20 0,016 1,00 63,5 4,85 0,15

Nickel 0 D 1616 41,06 0,006 0,99 23,4 4,85 0,30

Nickel 90 E 1592 41,65 0,012 0,99 49,4 4,85 0,10

Nickel 0 F 1726 40,72 0,012 0,99 43,0 4,85 0,10

Nickel 90 F 1726 40,70 0,011 0,99 42,9 4,85 0,10

Nickel 0 G 1726 35,82 0,011 1,05 39,3 4,70 0,10

Nickel 90 G 1726 35,72 0,011 1,05 39,2 4,70 0,10

Co80Pd20 0 A 1600 40,23 0,017 0,96 65,5 4,60 0,40

Co80Pd20 0 B 1621 41,20 0,014 0,97 55,7 4,60 0,20

Co80Pd20 F B 1621 41,20 0,018 0,97 74,8 4,60 0,20

Aluminium F A 1686 36,00 0,022 0,64 36,6 2,30 0,60

Aluminium 0 A 1686 36,05 0,021 0,64 35,8 2,30 0,60

Aluminium F B 1343 38,45 0,012 0,40 14,5 2,50 0,20

Aluminium 0 B 1343 38,47 0,010 0,40 13,1 2,50 0,20

Ni36Zr64 F A 1753 36,27 0,044 1,00 145,6 4,60 0,40

Ni36Zr64 0 A 1753 36,74 0,029 1,00 96,8 4,60 0,40

Tabelle 8.2: Ergebnisse der ausgewerteten Resonanzkurven und benutzte Ver-

suchsparameter: Λ ist die ausgewertete Messgroße: 90 steht dabei fur den senk-

rechten Radius, 0 fur den horizontalen Radius und F fur die Querschnittsflache

der Probe; Nr. ist eine Nummerierung der Experimente, die erlautert wel-

che Messgroßen in einem Experiment ausgewertet werden konnten; b ist der

Dampfungsparameter; Viskositat bezeichnet die aus diesen Werten ermittelte

Viskositat nach Gl. 7.4; UL ist die Levitations- und UM ist die Modulations-

spannung;

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8.2 AUSWERTUNG DER RESONANZKURVEN 69

30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

Amplitude der FFT

Untergrund

korrigierte Amplitude

Am

plit

ude d

er

FF

T [a.u

.]

Anregungsfrequenz [Hz]

0

400

800

1200

1600

2000

2400

2800

Abbildung 8.2: Resonanzkurve von Nickel bei 1376 C; die offenen Kreise sind

die unkorrigierten Werte, die ausgefullten Quadrate stellen den Untergrund ohne

Modulation dar, die ausgefullten Dreiecke geben die korrigierten Werte an, neben

der angepassten Amplitudenfunktion 7.2 ist auch ein selbsterregtes Spektrum

eingezeichnet

Art der Anpassung Dampfung b

Anpassung an alle Punkte 0,01833

nur linke Flanke, Eigenfrequenz offen gelassen 0,01486

nur linke Flanke, Eigenfrequenz auf 31,15 Hz festgelegt 0,02068

zwei Peaks (keine Konvergenz auf den kleineren Peak) 0,01947

Die Anpassungen ergaben, dass alle Dampfungsparameter in der gleichen

Großenordnung (Abweichung ± 10%) liegen. Es stellte sich aber heraus, dass

der Peak bei der hoheren Frequenz zu klein war um gefittet zu werden, da die

Anpassung der benutzten Fitroutine (Origin 5.0, 6.0) divergierte. Ebenfalls zeigte

sich, dass ein Fit, der nur auf Datenpunkten auf der linken Flanke durchgefuhrt

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70 ERGEBNISSE DER LEVITATION UNTER 1G

34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51

-0,2

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

1,8

2,0

2,2

Amplitude der FFT

Untergrund

korrigierte Amplitude

Am

plit

ude [a.u

.]

Anregungsfrequenz [Hz]

Abbildung 8.3: Resonanzkurve von Nickel bei 1295 C, die offenen Quadrate sind

die unkorrigierten Werte, die offenen Dreiecke stellen den Untergrund ohne Mo-

dulation dar, die ausgefullten Kreise geben die korrigierten Werte an

wurde, besser konvergierte wenn die Resonanzfrequenz fest vorgegeben wurde.

Die spater noch zu diskutierenden großen Abweichungen der Messungen von den

Literaturwerten sind mit der Art der Anpassung also nicht zu erklaren.

In den Abbildungen 8.2 und 8.3 ist zusatzlich der Untergrund (selbsterreg-

te Schwingung), der ohne Modulation gemessen wurde, eingezeichnet, sowie die

Werte, bei denen der Untergrund abgezogen wurde. Man sieht, dass die Amplitu-

de der selbsterregten Schwingungen erheblich geringer ist als die der erzwungenen

Schwingungen und damit die Originalwerte und korrigierten Werte fast aufein-

anderliegen. In Abbildung 8.2 ist zusatzlich ein selbsterregtes Spektrum einge-

zeichnet, um die Lage Schwingungspeaks der einzelnen Moden zu verdeutlichen.

Die Amplitude ist allerdings willkurlich gewahlt und dient nur der Anschauung

(d.h. die Amplitude dieser Schwingungspeaks ist nicht zu vergleichen mit den

Amplituden der Resonanzkurve).

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8.2 AUSWERTUNG DER RESONANZKURVEN 71

26 28 30 32 34 36 38 40 42

200

400

600

800

1000

1200

1400

1600

1800

Schw

ingungsam

plit

ude [a.u

.]

Anregungsfrequenz [Hz]

Abbildung 8.4: Resonanzkurve von Aluminium bei T=1120 C

Die Ergebnisse der Messungen sind in Tabelle 8.2 zusammengefasst. Ein-

getragen ist jeweils das Material, die Messgroße, mit der die Resonanzkurve er-

stellt wurde (Radius der Probe in 90-Grad Richtung, Radius in 0-Grad Richtung,

Flache der Probe), die Temperatur, die Eigenfrequenz der Schwingungsmode zu

m=0, der aus der Anpassung bestimmte Dampfungsparameter b, die Masse der

Probe, die nach Formel 7.4 bestimmte Viskositat, die Gleichspannung und die

Modulationsspannung, mit der der Generator angesteuert wurde. Wie schon in

Kapitel 7.2.3 erwahnt, sind diese Spannungen doppelt so groß wie die am Funk-

tionsgenerator SRS-DS 345 eingestellten. Die Dampfungsparameter b sind in

den Abbildungen 8.5, 8.6, 8.7, und 8.8 fur die untersuchten Materialien als Hi-

stogramm dargestellt. Dort sind die einzelnen Versuche, aus denen die Daten

resultieren, alphabetisch benannt. Die jeweils ausgewertete Messgroße ist hinter

dem Buchstaben angegeben. Dabei bedeutet 0 den waagerechten Radius, 90 den

senkrechten Radius und F die Querschnittsflache der Probe.

Die Mittelwerte der Dampfungsparameter b und Dampfungsmaße Γ der ver-

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72 ERGEBNISSE DER LEVITATION UNTER 1G

A,90 B,90 C,90 C,F D,0 E,90 F,0 F,90 G,0 G,90

0,000

0,005

0,010

0,015

0,020

0,025

0,030

0,035

0,040

0,045

Nickel

mp

fun

gsm

Versuchsnummer und Messgröße

Abbildung 8.5: Histogramm der Dampfungsparameter b fur Nickel; die Versuche

sind alphabetisch durchnummeriert und 0, 90, F gibt in Analogie zu Tabelle

8.2 die Messgroße an, die Temperatur lag zwischen 1568 und 1726 K (in der

Reihenfolge der Werte in Tabelle 8.2)

schiedenen Materialien sind in Tabelle 8.3 zusammengefasst. Zum Vergleich sind

auch die aus den Literaturwerten (siehe Tabelle 8.1) errechneten Dampfungsmaße

ΓLit aufgefuhrt.

Ein Vergleich der aus der Bodenlevitation abgeleiteten Dampfungsmaße mit

Literaturwerten (siehe Tabelle 8.3) zeigt, dass die in dieser Arbeit ermittelten

Werte eine Großenordnung uber den Literaturwerten liegen.

Der Grund ist, dass neben der molekularen Viskositat die Turbulenzen des

Stromungsfeldes und das hochfrequente Magnetfeld einen dampfenden Einfluss

besitzen. Daher wird der Einfluss des Magnetfeldes im folgenden Kapitel naher

diskutiert.

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8.3 DAMPFUNG DURCH DAS MAGNETFELD 73

A,0 B,0 B,F

0,000

0,005

0,010

0,015

0,020

0,025

0,030

0,035

0,040

0,045

CoPd

mp

fun

gsm

Versuchsnummer und Messgröße

Abbildung 8.6: Histogramm der Dampfungsparameter b fur Co80Pd20; die Ver-

suche sind alphabetisch durchnummeriert und 0 , F gibt in Analogie zu Tabelle

8.2 die Messgroße an, bei Versuch A betrug die Temperatur 1600 K, bei Versuch

B 1621 K

Material Dampfungsparameter b Γ ΓLit

Ni 0.015 3.84 0.35

Co80Pd20 0.016 4.19 0.63

Al 0.016 3.76 0.16

Ni36Zr64 0.037 8.36 1.26

Tabelle 8.3: Mittelwerte der in der Bodenlevitation ermittelten Dampfungs-

parameter b und Dampfungsmaße Γ, zum Vergleich sind aus Literaturwerten

errechnete Dampfungsmaße ΓLit mitaufgefuhrt

8.3 Dampfung durch das Magnetfeld

Eine elektrisch leitende Flussigkeit, die sich in einem Magnetfeld bewegt, un-

terliegt neben den molekularviskosen Reibungskraften Kraften, die durch das

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74 ERGEBNISSE DER LEVITATION UNTER 1G

A,F A,0 B,F B,0

0,000

0,005

0,010

0,015

0,020

0,025

0,030

0,035

0,040

0,045

Aluminium

mp

fun

gsm

Versuchsnummer und Messgröße

Abbildung 8.7: Histogramm der Dampfungsparameter b fur Aluminium; die Ver-

suche sind alphabetisch durchnummeriert und 0, F gibt in Analogie zu Tabelle

8.2 die Messgroße an, bei Versuch A betrug die Temperatur 1683 K, bei Versuch

B 1343 K

Magnetfeld hervorgerufen werden. Stellt man die Bewegungsgleichung fur eine

viskose Flussigkeitsschicht der Hohe h, die sich in einem Magnetfeld B bewegt,

auf, so enthalt diese als Ausdruck fur die Dampfung den dimensionslosen Pa-

rameter Ha. Dieser Parameter wird Hartmannzahl genannt: das Quadrat der

Hartmannzahl gibt das Verhaltnis der magnetischen Dampfung zur molekularen

Viskositat wieder.

H2a =

ηmag

ηmol

(8.1)

Die Hartmannzahl ist definiert als:

Ha =

σ

ηBh (8.2)

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8.3 DAMPFUNG DURCH DAS MAGNETFELD 75

A,F A,0

0,000

0,005

0,010

0,015

0,020

0,025

0,030

0,035

0,040

0,045

NiZr

mp

fun

gsm

Versuchsnummer und Messgröße

Abbildung 8.8: Histogramm der Dampfungsparameter b fur Ni36Zr64; die Da-

ten stammen aus einem Versuch und 0, F gibt in Analogie zu Tabelle 8.2 die

Messgroße an, die Temperatur betrug 1753 K

wobei σ die elektrische Leitfahigkeit ist.

Eine Herleitung uber die magnetohydrodynamischen Grundgleichungen findet

man z.B. bei Jackson [36] oder Moreau [51].

Die Anwendung auf eine kugelformige Probe ergibt eine analoge Formel:

Ha =

σ

ηBR (8.3)

wobei R der Radius der Probe ist.

Zur Berechnung der Hartmannzahl ist die Kenntnis der magnetischen Fluss-

dichte B notwendig. Das Magnetfeld der benutzten Spule wurde dazu als Super-

position der Magnetfelder von mehreren kreisformigen Leiterschleifen berechnet.

Die magnetische Flussdichte B einer Schleife auf einer Achse z senkrecht durch

die Mitte der Querschnittsflache errechnet sich nach dem Biot-Savart Gesetz fol-

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76 ERGEBNISSE DER LEVITATION UNTER 1G

gendermaßen [57]:

Bz =µ0I

2

r2

(r2 + z2)3/2(8.4)

wobei I der Strom durch die Leiterschleife, r der Radius der Leiterschleife und z

der vertikale Abstand ist.

Das Gesamtfeld der benutzten Spule setzte sich aus 6 kreisformigen Leiter-

schleifen zusammen, wobei eine Leiterschleife als Gegenwicklung gewickelt war.

Das daraus resultierende Feld ist in Abbildung 8.9 dargestellt. Der maximale

Stromfluss wurde zu 400 A abgeschatzt. Mit diesen Werten ergibt sich als ma-

ximale magnetische Flussdichte in der Spule 0,09 Tesla. Da Aluminium wegen

seiner geringeren Dichte mit kleineren Feldern levitiert werden konnte, ergab sich

fur Aluminium eine errechnete maximale magnetische Flussdichte von 0,05 Tesla.

-20 -10 0 10 20

-0,02

0,00

0,02

0,04

0,06

0,08

0,10

Abstand von der obersten Windung [mm]

B [T

esla

]

Abbildung 8.9: Berechnete magnetische Flussdichte der benutzten Spule: der

Nullpunkt der x-Achse ist durch die oberste Spulenwindung festgelegt

Mit Formel 8.3 wurden die Hartmannzahlen fur Nickel, Aluminium und

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8.3 DAMPFUNG DURCH DAS MAGNETFELD 77

Co80Pd20 abgeschatzt. Die eingehenden Daten wurden [34], [45] und [20] ent-

nommen.

Material Leitfahigkeit [ Sm

] B-Feld [T] η[mPas] H2a

Nickel 1529051 0,09 5 17

Aluminium 4132231 0,05 2 22

Co80Pd20 609756 0,09 10 4

Tabelle 8.4: Quadrat der Hartmannzahlen fur Nickel, Aluminium und Co80Pd20

Material Γexp

ΓLit

Γmag

ΓvisH2

a

Nickel 11 10 17

Aluminium 23 22 22

Co80Pd20 7 6 4

Tabelle 8.5: Vergleich der errechneten Hartmannzahlen Ha und dem Verhaltnis

des experimentell ermittelten Dampfungsmaßes und der viskosen Dampfung Γexp

ΓLit,

bzw. der magnetischen Dampfung und der viskosen Dampfung Γmag

Γvisfur Nickel,

Aluminium und Co80Pd20

Aus Tabelle 8.4 kann man ersehen, dass die Hartmannzahlen alle großer eins

sind. Das bedeutet, dass der Dampfungseffekt des Magnetfeldes die Dampfung

durch die Viskositat uberwiegt.

Um Aufschluss daruber zu erhalten, wie gut die Hartmannzahl die magneti-

sche Dampfung beschreibt, wird in Tabelle 8.5 die Hartmannzahl, die aus dem

Magnetfeld und den Materialparametern errechnet wurde (siehe Tabelle 8.4)

mit dem Verhaltnis des im Experiment ermittelten Dampfungsmaßes und dem

Dampfungsmaß aus Literaturwerten (viskose Dampfung) aus Tabelle 8.3 (im fol-

genden auch experimentelle Hartmannzahl genannt) verglichen. Das experimen-

tell ermittelte Dampfungsmaß setzt sich dabei aus der magnetischen Dampfung

und der viskosen Dampfung zusammen:

Γexp = Γmag + Γvis (8.5)

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78 ERGEBNISSE DER LEVITATION UNTER 1G

Das Verhaltnis der experimentell bestimmten Dampfung und der Dampfung

aus Literaturdaten oder anderen Messwerten ist also:

Γexp

Γvis

=Γmag + Γvis

Γvis

=Γmag

Γvis

+ 1 = H2a + 1 (8.6)

Wie man sieht, stimmt die experimentell bestimmte Hartmannzahl mit der

errechneten Hartmannzahl relativ gut uberein. Die Auswertungen der Resonanz-

kurven zeigen also, dass die Dampfung eindeutig von dem Dampfungsanteil durch

das Magnetfeld dominiert wird und dass die Großenordnung der Dampfung mit

der Hartmannzahl abgeschatzt werden kann.

Neben der Tatsache, dass das Magnetfeld direkt eine Dampfung hervorruft,

verursacht das alternierende Magnetfeld turbulente Stromungen in der Probe.

Diese Stromungen verursachen ebenfalls eine Schwingungsdampfung, welche aller-

dings nicht direkt messbar bzw. quantifizierbar ist. Die tatsachliche Dampfung ist

wahrscheinlich also ein wenig großer als die uber die Hartmannzahl abgeschatzte.

Die Tatsache, dass die Probe einem starken Magnetfeld unterliegt, lasst sich

nicht andern, da das Magnetfeld essentiell fur die elektromagnetische Levitation

ist. Die Levitationskraft in bodengebundener elektromagnetischer Levitation ist

zwar abhangig vom Gradienten des Magnetfeldes und nicht von der Starke des

Feldes, aber dennoch lasst sich das Magnetfeld technisch nicht weit genug redu-

zieren, um den Einfluss geringer als die Eigendampfung zu halten. Man konnte

die Methode zwar auf Materialien mit sehr hoher Viskositat anwenden (z.B. stark

unterkuhlte Glasbildner), aber da die Messung uber die Schwingungsamplituden

geschieht, wurde die dann insgesamt zu hohe Viskositat die Schwingung zu stark

dampfen. Die einzige Moglichkeit, dem Dilemma der hohen Magnetfelder zu ent-

kommen, ist eine Prozessmethode, die nicht an solche starken Felder gekoppelt

ist. Eine solche Methodik wurde in der TEMPUS-Anlage angewandt.

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Kapitel 9

Schwingungsanregung unter µ-g

Bedingungen

9.1 TEMPUS-Anlage

POSITIONIEREN HEIZEN

Abbildung 9.1: Schematische Darstellung des Spulensystems der TEMPUS-

Anlage, Heizen und Positionieren der Probe erfolgt mit zwei getrennten Spulen

und kann daher unabhangig voneinander gesteuert werden

Eine andere Methode, Viskositaten unterkuhlter Metallschmelzen zu bestim-

men, ist mit der TEMPUS-Apparatur [18] unter Schwerelosigkeit im Spacelab ge-

geben. TEMPUS steht hierbei fur Tiegelfreies ElektroMagnetisches Positionie-

ren Unter Schwerelosigkeit. Das Spulensystem der TEMPUS-Anlage besteht im

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80 SCHWINGUNGSANREGUNG UNTER µ-G BEDINGUNGEN

Gegensatz zu erdgebundener Levitation aus zwei getrennten Spulen, die in Ab-

bildung 9.1 schematisch dargestellt sind. Eine Spule erzeugt ein Feld mit einem

Magnetfeldgradienten und hat die Aufgabe, die Probe zu positionieren. Da die

Messung unter Schwerelosigkeit erfolgt, ist keine Levitationskraft vonnoten, und

man braucht nur ein schwaches Feld, um die Probe in der Mitte der Spule zu

halten. Die zweite Spule erzeugt ein homogenes Magnetfeld und wird zum in-

duktiven Aufheizen der Probe benutzt. Das Heizen und Positionieren kann hier

getrennt erfolgen, da das Positionierfeld sehr gering ist und die damit verbunde-

nen Wirbelstrome kaum Heizleistung besitzen.

Nach einer Rechnung von G. Lohofer [46] liegt die magnetische Flussdichte des

Positionierfeldes der Tempusanlage bei 0.0088 Tesla, wahrend bei eingeschaltetem

Heizfeld ein Feld von 0.014 Tesla prasent sein kann. Da die Dampfung vom

Quadrat der Hartmannzahl und somit vom Quadrat der magnetischen Flussdichte

abhangt, folgt daraus, dass die Dampfung durch das Positionierfeld in TEMPUS

um 2 Großenordnungen geringer ist, als durch das Levitationsfeld auf der Erde.

Selbst bei eingeschalteter Heizspule betragt das Feld nur ein vierzigstel des Feldes

einer Levitationsanlage auf der Erde. Die magnetische Viskositat ergibt sich aus

dem Zahler der Hartmannzahl (siehe Gleichung 8.1 und 8.3):

ηmagn = σB2R20 (9.1)

Damit ergibt sich als magnetische Viskositat fur Co80Pd20 im Positionierfeld

von TEMPUS 0.4 mPas. Der Beitrag der magnetischen Dampfung liegt damit

nur noch im Prozentbereich, statt wie auf der Erde die molekulare Viskositat um

eine Großenordnung zu uberwiegen.

9.2 Messmethode

Durch kurzes Einschalten der Heizspule wird die Probe verformt und zu ei-

ner Schwingung (Schwingungsmode m=0) angeregt, die durch die Viskositat

gedampft wird. Die Amplitude dieser einzelnen Schwingung lasst sich beschreiben

durch:

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9.2 MESSMETHODE 81

A = A0cos(ωt)e−Γt (9.2)

wobei A die Amplitude, A0 die Anfangsamplitude, und Γ das Dampfungsmaß ist.

Ein typischer Messzyklus ist in Abbildung 9.2 dargestellt. Die Probe wird

zunachst mit konstanter Heizspannung aufgeheizt und aufgeschmolzen. Danach

wird der Heizer abgeschaltet, und die Probe kuhlt durch die Strahlungsverluste

ab. Wahrend der Abkuhlphase wird die Heizspannung in mehreren kurzen Einzel-

pulsen erhoht. Dadurch wird die Probe zu Schwingungen angeregt. Letztendlich

erstarrt die Probe aus dem unterkuhlten Zustand, was man an der schlagartigen

Erhohung der Temperatur wahrend der Rekaleszenz erkennt. Die Rekaleszenz

ist dabei die Wiedererwarmung der Probe durch die freiwerdende Kristallisati-

onswarme.

19:32:30 19:33:00 19:33:30 19:34:00 19:34:30 19:35:00 19:35:30 19:36:00

1200

1300

1400

1500

1600

1700

1800

Temperatur [K]

Tem

pera

tur

[K]

GMT

150

200

250

300

350

400

450

500

Heizpulse

Rekaleszenz

Schmelzplateau

Heiz

spannung [V

]

Heizspannung [V]

Abbildung 9.2: Ein Messzyklus einer Co80Pd20 Probe, dargestellt ist die Heiz-

spannung mit den Heizpulsen und die Temperatur der Probe, man erkennt den

Anstieg der Temperatur bei eingeschaltetem Heizfeld, die Abkuhlphase nach Ab-

schalten der Heizspule und die Temperaturerhohung bei der Erstarrung der Pro-

be, welche die große Unterkuhlung verdeutlicht

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82 SCHWINGUNGSANREGUNG UNTER µ-G BEDINGUNGEN

Wahrend der Messung wird die Probe mit einer Videokamera aufgenommen.

Ausgewertet wurden die Seitenaufnahmen der Probe, die mit einer Frequenz von

30 Hz aufgezeichnet wurden (siehe Abbildung 9.3).

Abbildung 9.3: Seitenansicht einer Co80Pd20 Probe, die Zahlen am oberen Bild-

rand geben die Zeit seit Missionsbeginn an

Aus diesen Aufnahmen wurde mittels digitaler Bildverarbeitung der waage-

rechte Radius der Probe bestimmt. Dieser waagerechte Radius der Probe fur

einen Messzyklus ist in Abbildung 9.4 dargestellt. Man erkennt deutlich die Ra-

dienanderung nach dem Puls sowie das exponentielle Abklingen der so angeregten

Schwingung.

An diese Messwerte wird eine einhullende Exponentialfunktion angepasst und

aus dieser das Dampfungsmaß Γ bestimmt.

In Abbildung 9.5 ist ein einzelner Puls und die einhullende Exponentialfunk-

tion eingezeichnet.

Aus dem Dampfungsmaß Γ lasst sich dann die Viskositat ableiten:

Γ =20π

3

ηR0

m

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9.3 EXPERIMENTDURCHFUHRUNG 83

0 5 10 15 20 25

530

540

550

560

570

580

590

600

Ra

diu

s [p

ixe

l]

Zeit [s]

Abbildung 9.4: Horizontaler Radius einer Co80Pd20 Probe wahrend eines Mes-

szyklus

9.3 Experimentdurchfuhrung

Die im folgenden vorgestellten Ergebnisse wurden im Rahmen der MSL-1 (Micro-

gravity Science Laboratory) Mission [52], wahrend der Shuttlefluge STS-83 und

STS-94 gewonnen. Die Messungen wurden an Co80Pd20 und Pd76Cu6Si18 durch-

gefuhrt. Wahrend es moglich war, Co80Pd20 ungefahr 340K unter den Schmelz-

punkt zu unterkuhlen, konnte Pd76Cu6Si18 nicht unterkuhlt werden. Beide Expe-

rimente wurden unter einer Schutzgasatmosphare durchgefuhrt. Bei Pd76Cu6Si18

wurde die Messung unter 100 mbar Argon (6.0 Reinheit) und bei Co80Pd20unter

100 mbar He − 4%H2 Atmosphare durchgefuhrt. Die Temperatur wurde beruh-

rungsfrei mit einem Pyrometer mit einem InAs-Detektor gemessen. Der Messbe-

reich lag zwischen 600 K und 2000 K und die Messrate des Pyrometers betrug

100 Hz. Die Videobilder wurden mit 30 Hz aufgenommen, und jedes Bild wurde

mit einer Zeiteinblendung, welche die seit Missionsbeginn vergangene Zeit an-

gab, versehen. Dadurch war es moglich, beide Signale mit einer Genauigkeit von

weniger als 0.1 s abzugleichen.

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84 SCHWINGUNGSANREGUNG UNTER µ-G BEDINGUNGEN

4 5 6 7 8 9

550

560

570

580

590

Ra

diu

s [

Pix

el]

Zeit [s]

Abbildung 9.5: Schwingung der Metallprobe nach einem Anregungspuls und an-

gepasste Exponentialfunktion

Die Proben wurden nach einer Stabilisierung aufgeschmolzen und 100-400 K

uberhitzt. Danach wurde das Heizfeld entweder ganz abgeschaltet oder reduziert.

In Abbildung 9.2 ist der Temperaturverlauf einer Co80Pd20-Probe dargestellt.

Zusatzlich ist die Heizspannung eingezeichnet, und man sieht sehr deutlich den

Temperaturabfall, der bei Reduktion der Heizspannung einsetzt. Die Abkuhlung

trat dann durch Strahlungsverluste ein. Die Messung geschieht dabei wahrend

der Abkuhlung und damit geht ein Temperaturfehler von 5-10 K einher. Um die

Temperatur konstant zu halten, musste man das Heizfeld einschalten, wodurch

allerdings die Messung verfalscht wurde (siehe Abschnitt 8.3).

9.4 Ergebnisse

9.4.1 Pd76Cu6Si18

Pd76Cu6Si18 ist ein Glasbildner bei einer eutektischen Zusammensetzung und

einer Liquidustemperatur von 1033 K. Die Zugabe von Cu in das binare Pd-Si

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9.4 ERGEBNISSE 85

Abbildung 9.6: Viskositat von Pd76Cu6Si18 unter µ-g Bedingungen; an die

Messwerte wurde ein Vogel-Fulcher, ein Arrhenius- und ein Potenzgesetz an-

gepasst; dargestellt sind Datensatze aus den Shuttleflugen STS-83 und STS-94,

wobei die Daten der STS-94 Mission eine hohere Streuung aufweisen

System soll die Glasbildnereigenschaften verbessern. Leider reduzierte die Bil-

dung von Cu-O die Unterkuhlung von Pd76Cu6Si18. Die Daten wurden wegen

technischer Probleme des Shuttles wahrend zweier Missionen gewonnen. Die erste

Mission STS-83 musste vorzeitig abgebrochen werden, und das Experiment wurde

wahrend des Flugs STS-94 zu Ende gefuhrt. Bei STS-83 konnten drei Messzy-

klen (mit jeweils mehreren Aufschmelz- und Erstarrungsvorgangen) durchgefuhrt

werden und bei STS-94 16 Zyklen.

Es wurden verschiedene Viskositatsmodelle, die eine Glastemperatur mitein-

beziehen (siehe Kapitel 2), an die Messdaten angepasst. Als Modell fur die An-

passungskurven wurde ein Vogel-Fulcher-Gesetz, ein Arrheniusgesetz und ein Po-

tenzgesetz gewahlt. Die Messdaten mit den angepassten Modellkurven sind in

Abbildung 9.6 dargestellt [20], [21], [22]. In dieser Abbildung sind die Messungen

fur die zwei Missionen STS-83 und STS-94 getrennt dargestellt, da die Streuung

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86 SCHWINGUNGSANREGUNG UNTER µ-G BEDINGUNGEN

Abbildung 9.7: Viskositat von Pd76Cu6Si18, zum Vergleich zu den in dieser Ar-

beit ermittelten Werten (gefullte Quadrate) sind zwei widerspruchliche Literatur-

werte eingezeichnet; aufgrund der guten Ubereinstimmung mit den Werten von

Lee et al. [42] konnen diese Werte im Gegensatz zu den Werten von Steinberg et

al. [75] bestatigt werden

der Daten aus der ersten Mission erheblich geringer ist als die Streuung der Daten

aus der zweiten Mission. Eine mogliche Ursache fur die unterschiedliche Qualitat

der Daten ist die unterschiedliche µ-g Qualitat wahrend der beiden Missionen. Da

die Ergebnisse zwar eine unterschiedliche Streuung aufweisen, aber dennoch den

gleichen Verlauf (die Fitkurven fur beide Datensatze sind identisch) zeigen, wur-

den die Modellkurven an beide Datensatze gemeinsam angepasst. Die Ergebnisse

dieser Anpassung sind in den folgenden Gleichungen zusammengefasst:

V ogel − Fulcher − Gesetz : η = 1.97 ∗ e1.82∗10−20

k(T−630) [mPas]

Arrhenius − Gesetz : η = 0.134 ∗ e8.35∗10−20

kT [mPas]

Potenzgesetz : η = 7.49 ∗ 107(T − 630)−2.38 [mPas]

(9.3)

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9.4 ERGEBNISSE 87

wobei k die Boltzmannkonstante und T die Temperatur in K ist.

Um zu entscheiden, welches Modell die Daten am besten beschreibt, wur-

de die relative quadratische Abweichung ζ der Messpunkte von der angepassten

Modellfunktion bestimmt:

ζ =N

1

(yi − η(xi))2

η(xi)2(9.4)

Dabei sind (xi; yi) die Temperatur und Viskositat der Messwerte und η(xi) ist

der Funktionswert der theoretischen Modellfunktion bei einer Temperatur xi.

Um diesen Wert von der Anzahl der Datenpunkte unabhangig zu machen, wurde

durch die Anzahl der Datenpunkte dividiert:

ζN =1

N

N∑

1

(yi − η(xi))2

η(xi)2(9.5)

Die Ergebnisse der summierten relativen quadratischen Abweichung ζ und der

mittleren relativen quadratischen Abweichung ζN sind fur einen Vogel-Fulcher-,

Arrhenius- und einen Potenzansatz in Tabelle 9.1 zusammengestellt.

theor. Modell ζ ζN

Vogel-Fulcher 4,04003 0,0708

Arrhenius 4,02493 0,07061

Potenzgesetz 4,01912 0,07051

Tabelle 9.1: summierte und mittlere relative quadratische Abweichung der theo-

retischen Modellkurven von den Messwerten

Da sich die mittlere quadratische Abweichung ζN der angepassten Modellkur-

ven (siehe Abbildung 9.6) kaum voneinander unterscheidet, ist es nicht moglich

zu entscheiden, welches Modell fur eine Beschreibung der Viskositat der un-

terkuhlten Metallschmelze am sinnvollsten ist. Es ist denkbar, dass man eine

solche Unterscheidung treffen konnte, wenn Daten bis zu großen Unterkuhlungen

vorlagen, da die Modellkurven bei tieferen Temperaturen auseinanderlaufen. Es

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88 SCHWINGUNGSANREGUNG UNTER µ-G BEDINGUNGEN

ist aber ebenfalls sehr gut denkbar, dass alle Modelle auch einen großeren Da-

tensatz ahnlich gut beschreiben und wieder erst jenseits der vorhandenen Daten

Unterschiede aufweisen.

Die Vogel-Fulcher Gleichung weicht erst in der Nahe der Glastemperatur stark

von den anderen Modellen ab, da sie dort einen steileren Anstieg vorhersagt.

Um eine eindeutige Bestatigung dieses Modells zu erhalten, sind also Messungen

bei sehr tiefen Temperaturen notwendig. Diese sind aber mit Levitationsexpe-

rimenten wegen der geringen Kuhlrate schwierig. Zudem wird durch die hohe

Viskositat in der Nahe der Glastemperatur die Schwingungsamplitude der Pro-

be extrem klein und eine Messung mittels Schwingungsmessung schwierig oder

unmoglich.

Die Viskositat von Pd76Cu6Si18 wurde von zwei Arbeitsgruppen mit unter-

schiedlichen Ergebnissen untersucht. Die Werte von Steinberg et al. [75] liegen

um ein bis zwei Großenordnung hoher als die Werte von Lee et al. [42]. Zum

Vergleich sind beide Datensatze in die mit TEMPUS ermittelten Daten eingetra-

gen (siehe Abbildung 9.7). Man sieht, dass die Werte von Lee et al. sehr gut

mit den TEMPUS-Werten ubereinstimmen, wahrend die Werte von Steinberg

deutlich hoher liegen und daher ausgeschlossen werden konnen.

9.4.2 Co80Pd20

Die Viskositatswerte fur Co80Pd20 sind in Abbildung 9.8 dargestellt [20], [22],

[47]. Zur Verdeutlichung der großen Unterkuhlung von ca. 340 K ist die Liquidu-

stemperatur durch einen senkrechten Strich eingetragen. Bei den erreichten Un-

terkuhlungen wurde das Hypercooling Limit (siehe Gleichung 3.4) uberschritten

(erkennbar am Rekaleszenzpeak, der nicht die Hohe des Schmelzplateaus er-

reicht), und die Temperatur kam in die Nahe der Curie-Temperatur der flussigen

Phase.

Da Co80Pd20 kein Glasbildner ist, wurde hier zur Beschreibung der Daten ein

kontinuierlicher Ansatz vom Arrheniustyp gewahlt:

η = 0.15 ∗ e9.37∗10−20

kT [mPas] (9.6)

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9.4 ERGEBNISSE 89

Abbildung 9.8: Viskositat von Co80Pd20

Die gemessenen Viskositaten reichen von 5 bis 30 mPas, und die Unterkuhlung

von ca. 300 K fuhrt zu einem Anstieg der Viskositat auf das dreifache des Wertes

am Schmelzpunkt.

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Kapitel 10

Zusammenfassung und Ausblick

Im Rahmen dieser Arbeit wurden Viskositatsmessungen mit zwei verschiedenen

Formen der erzwungenen Schwingung durchgefuhrt:

Messung der Resonanzkurve

Es ist erstmals gelungen, in elektromagnetischer Levitation einen flussigen

Metalltropfen zu erzwungenen Schwingungen anzuregen und die Resonanzkur-

ve aufzuzeichnen. Auf der Erde ist es moglich, durch die Wahl einer geeigne-

ten Anregung die erzwungene Schwingung von den selbstangeregten zu trennen.

Aus der Resonanzkurve konnte dann die Dampfung eines schwingenden Trop-

fens im elektromagnetischen Feld ermittelt werden. Aus einem Vergleich mit

Literaturwerten und Daten aus der TEMPUS-Anlage, die unter Mikrogravitati-

onsbedingungen und bei erheblich geringeren Feldstarken gewonnen wurden, ist

der Einfluss der magnetischen Dampfung verdeutlicht worden. Eine Abschatzung

fur diesen Dampfungseffekt liefert die Hartmannzahl. Ein Vergleich der gemesse-

nen Dampfung mit den errechneten Hartmannzahlen zeigt, dass die magnetische

Dampfung gut durch die Hartmannzahl abgeschatzt werden kann.

Diese Arbeit hat gezeigt, dass die magnetische Dampfung die Dampfung durch

die Viskositat uberwiegt. Die elektromagnetische Levitation lasst sich sicherlich

im Hinblick auf die Hartmannzahlen etwas verbessern, indem man z.B. Mate-

rialien mit einer großeren Viskositat prozessiert und Spulen entwickelt, die ein

geringeres absolutes Feld bei ahnlicher Levitationskraft haben. Die Anderungs-

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92 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

moglichkeiten fur das Feld sind naturlich eingeschrankt, da stets ein starkes Le-

vitationsfeld vonnoten ist. Die Viskositat des Metalls unterliegt ebenfalls gewis-

sen Grenzen, da ein zu viskoses Material geringere Schwingungsamplituden zei-

gen wurde und damit eine Schwingungsanalyse entsprechend erschweren wurde.

Ein Ansatzpunkt fur weitere Untersuchungen konnte eher eine genauere quan-

titative und qualitative Analyse des magnetischen Dampfungseffektes sein. Es

ware denkbar, auf diesem Wege Aufschluss uber die magnetohydrodynamischen

Verhaltnisse und Vorgange in der Schmelze zu bekommen.

Messung des Abklingverhaltens

Bei Messungen unter Schwerelosigkeit war es moglich, das Problem der Damp-

fung durch das Magnetfeld zu umgehen. Die Messungen unter Schwerelosigkeit

stellen somit eine gute Methode dar, Referenzmessungen fur unterkuhlte Metall-

schmelzen zu bekommen und die Werte mit Daten, die in Levitationsanlagen auf

der Erde gewonnen wurden, zu vergleichen. Damit konnte die Gultigkeit der

Hartmannzahl als Maß fur die magnetische Dampfung gezeigt werden.

Die Messungen der Viskositat wahrend der MSL-1 Missionen konnten die

Unsicherheit in bezug auf die Viskositat von Pd76Cu6Si18 beseitigen und die

Richtigkeit der Messungen von Lee et al. [42] zeigen. Leider war es nicht moglich,

eine Aussage uber die Gultigkeit der verschiedenen Viskositatsmodelle zu machen,

da der Temperaturbereich fur eine derartige Aussage zu gering war.

Die Messungen von Co80Pd20 konnten uber einen großen Temperaturbereich

bis weit in den unterkuhlten Bereich durchgefuhrt werden. Diese Messungen

wurden durch die Kombination der beruhrungsfreien Methode der elektromagne-

tischen Levitation mit der Mikrogravitationsumgebung in der TEMPUS-Anlage

ermoglicht.

Es hat sich somit gezeigt, dass diese Technik eine gute Moglichkeit bietet,

zuverlassige Daten unterkuhlter Metallschmelzen zu bekommen. Weitere Mes-

sungen uber einen weiteren Temperaturbereich und bei großeren Temperaturen

konnten auch Aufschluss uber die Gultigkeitsbereiche der verschiedenen Visko-

sitatsmodelle liefern. Es ware auch durchaus denkbar, die benutzten Methoden zu

kombinieren und Resonanzkurven in Schwerelosigkeit aufzunehmen. Dieses hatte

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93

gegenuber den Experimenten auf der Erde den Vorteil, dass keinerlei selbster-

regte Schwingungen auftreten. Aufgrund des getrennten Spulensystems in der

TEMPUS-Anlage und der Geometrie der Heizspule ließe sich dort sehr gezielt

nur die m=0 Mode der Schwingung anregen, was sich sicherlich eine hohere Ge-

nauigkeit der Resonanzkurve zur Folge hatte. Die Abwesenheit starker magneti-

scher Felder wurde es ermoglichen, Viskositatsmessung mittels der Resonanzkurve

durchzufuhren und eventuell Vergleiche zwischen den auf der Erde gewonnenen

Resonanzkurven und denen unter Mikrogravitation gewonnenen zu ziehen. Das

wiederum konnte qualitativ verbesserte Aussagen uber den Einfluss des Magnet-

feldes bei der Schwingungsdampfung ermoglichen.

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Anhang A

Messung der

Modulationsamplitude

Da die Amplitude der Modulation des Magnetfeldes nicht linear von der Ampli-

tude der Modulation der Steuerspannung abhangt, wurde die Modulationsam-

plitude des Magnetfeldes des Generators mit der Schaltung [67] in Abbildung

A.1 gemessen. Die Magnetfeldstarke wurde mit einer Induktionsspule in eine

Spannung umgewandelt.

4,7kW 4,7kW4,7kW

5kW

10kW

+

HA3-28415

8mF

22kW

3,3 kW

+

1nF

LR412CN

1mF

330+20kW

1mF

470kW

+

100kW

12kW

LR412CN

Abbildung A.1: Schaltung zur Messung der Modulationsamplitude des HF-

Generators

Bei der Messung der frequenzabhangigen Modulationsamplitude geschieht fol-

gendes:

• Die Spannungswerte werden uber mehrere Perioden gemittelt, sodass der

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96 MESSUNG DER MODULATIONSAMPLITUDE

0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10

-6

-4

-2

0

2

4

6

Zeit [s]0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10

-6

-4

-2

0

2

4

6

Zeit [s]

0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10

-6

-4

-2

0

2

4

6

Zeit [s]

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

1,8

2,0

Frequenz [Hz]

I II

III IV

Abbildung A.2: schematische Arbeitsweise der Schaltung zur Messung der Modu-

lationsamplitude: zuerst wird der Hochfrequenzanteil durch eine Mittelung ent-

fernt (II), danach wird die so gewonnene Einhullende Funktion auf die x-Achse

verschoben (III) und aus diesem Signal wird durch eine FFT die Anregungsam-

plitude bestimmt (IV)

hochfrequente Anteil innerhalb einer Einhullenden des modulierten Wech-

selfeldes verschwindet und nur die Einhullende ubrig bleibt

• Von dieser einhullenden Funktion wird der Gleichspannungsanteil abgezo-

gen und somit eine Schwingung, die symmetrisch zur Zeitachse ist, erzeugt

• Analysieren der resultierenden Wechselspannung mit einem digitalen Oszil-

loskop (TDS 520), welches eine FFT durchfuhrt und so die Modulation von

anderen Storeffekten wie Netzspannung etc. trennen kann

• Aus der Hohe des Peaks der Anregungsfrequenz im Spektrum der FFT wird

die Anregungsamplitude (in relativen Einheiten) abgelesen

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Anhang B

Phasendiagramme

Abbildung B.1: Phasendiagramm von Nickel-Zirkon

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98 PHASENDIAGRAMME

Abbildung B.2: Phasendiagramm von Palladium-Silizium

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99

Abbildung B.3: Phasendiagramm von Kobalt-Palladium

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Danksagung

Schließlich mochte ich mich bei allen bedanken, die mich bei der Erstellung dieser

Dissertation unterstutzt haben.

Herrn Prof. Dr. I. Egry gilt mein besonderer Dank fur die interessante Themen-

stellung, seine standige Diskussionsbereitschaft und die vielen Ratschlage bei den

Problemen, die sich im Rahmen dieser Dissertation ergeben haben.

Bei Herrn Prof. Dr. B. Feuerbacher bedanke ich mich fur die Moglichkeit, die

vorliegende Arbeit am Institut fur Raumsimulation durchfuhren zu konnen.

Ebenfalls mochte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Guntherodt fur die Ubernahme

des Koreferats bedanken.

Desgleichen gilt mein Dank den Mitarbeitern des Instituts fur das kollegiale Ar-

beitsklima, viele hilfreiche Tipps und anregende Diskussionen. Besonders her-

vorheben mochte ich hier Thomas Richardsen, der mir bei vielen technischen

Problemen geholfen hat und der viele Ideen zur Verbesserung der Messtechnik

und Auswertung der Ergebnisse geliefert hat.

Ebenso mochte ich mich bei meinen Eltern bedanken, die mir das Physikstudium

ermoglicht und mich stets unterstutzt haben.

Nicht zuletzt bedanke ich mich bei Christine Goebel fur ihre Unterstutzung und

Geduld wahrend der Entstehung dieser Arbeit.

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Lebenslauf

2.12.1968 geboren in Koln-Porz

Sept. 1975 – Juli 1979 Grundschule Porz-Grengel

Sept. 1979 – Juni 1988 Gymnasium Porz-Wahn

Okt. 1988 Beginn des Physik-Studiums

an der Universitat Bonn

8.4.1991 Vordiplom Physik

Mai 1994 – 31.5.1995 Diplomarbeit

Aug. 1995 – Feb. 1997 Mathe Sek.II Studium

01.02.1997 – 6.3.2000 Stipendiat im Graduiertenkolleg

”Schmelze, Erstarrung, Grenzflachen“

Seit 06.03.2000 Wissenschaftlicher Mitarbeiter

im Institut fur Raumsimulation,

Deutsches Zentrum fur Luft-

und Raumfahrt (DLR),

Koln-Porz