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VK Sachsen, Beschluss vom 30.08.2017, 1 / SVK / 015 - 17
(Bieter obsiegt)
Normen:
§ 122 GWB; § 127 GWB; § 45 VgV; § 46 VgV
Stichworte:
Eignungs- und Zuschlagskriterien, Abgrenzung
Leitsatz (amtlich):
1. Im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs ist die Entscheidung, welche Unternehmen zur
Angebotsabgabe aufgefordert werden und welche Unternehmen nicht aufgefordert werden,
ausschließlich anhand der in der Bekanntmachung angegebenen Eignungskriterien zu treffen. Es ist
allein entscheidend, ob die Unternehmen die vom Auftraggeber angelegten Eignungskriterien erfüllen
oder nicht.
2. Ob ein Kriterium Eignungs- oder Zuschlagskriterium ist, bestimmt sich danach, ob es
schwerpunktmäßig die Beurteilung der Eignung des Bieters für den ausgeschriebenen Auftrag betrifft,
also unternehmensbezogen ist (Eignungskriterium), oder sich auf die angebotene Leistung bezieht
und daher mit der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zusammenhängt (Zuschlagskriterien).
3. Für die Abgrenzung zwischen beiden Arten von Wertungskriterien ist maßgeblich, ob sich ein
Wertungsaspekt in seinem wesentlichen Kern bzw. hinsichtlich seines Bewertungsschwerpunkts auf
Angaben stützen soll, die nur für den konkreten Auftrag Bedeutung erlangen oder auf Angaben zu
den generellen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Bieters.
4. § 46 Abs. 3 VgV zählt abschließend die Belege auf, die zum Nachweis der technischen und
beruflichen Leistungsfähigkeit herangezogen werden können.
Entscheidungstext:
In dem Nachprüfungsverfahren
Anmietung von Multifunktionsgeräten und Druckern
pp.
hat die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen durch den hauptamtlichen Beisitzer Herrn Rücker,
die hauptamtliche Beisitzerin Frau Eberhard und den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn Höhne aufgrund
der mündlichen Verhandlungen vom 3. und 28. August 2017 am 30. August 2017 beschlossen:
1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.
2. Das Vergabeverfahren ist aufzuheben.
3. Die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) trägt die Auftraggeberin. Die
Verfahrensgebühr wird auf X.XXX EUR festgesetzt. Die Auftraggeberin ist von der Zahlung der
Gebühren befreit.
4. Die Auftraggeberin trägt die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen
Aufwendungen der Antragstellerin. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Aufwendungen selbst.
Gründe:
I
Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist ein Rahmenvertrag zur Betreibung der Druckumgebung
der Auftraggeberin im Rahmen eines Managed Print Service für 5 Jahre. Der Auftrag wurde
europaweit in einem Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb
ausgeschrieben und am 6. Januar 2017 im Supplement zum Amtsblatt der EU veröffentlicht. Als Frist
zur Abgabe der Teilnahmeanträge wurde der 6. Februar 2017 genannt.
Der Teilnahmewettbewerb wurde dabei von der Auftraggeberin in 2 Phasen unterteilt. Zunächst
konnten alle Interessierte die Vergabeunterlagen für Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs durch
Verlinkung im Internet abrufen. Aus den „Informationen zum Teilnahmewettbewerb“ ergab sich,
dass die besten 8 Teilnehmer in die 2. Phase des Teilnahmewettbewerbs vordringen sollten. Die
Wertungsreihenfolge wurde anhand einer bekannt gemachten Wertungsmatrix ermittelt, welche
maßgeblich auf Eigenerklärungen zu Unternehmenskennzahlen (Umsätze und Mitarbeiterzahlen in
verschiedenen Bereichen) und einer Bewertung der jeweils vorgelegten Referenz abstellte. Daneben
gab es zwingende Kriterien, für die ebenfalls Eigenerklärungen abzugeben waren (Erklärung zu § 123
GWB, Mitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft usw.). Den „Informationen zum
Teilnahmewettbewerb“ war weiter zu entnehmen, dass die Auftraggeberin plane, im April 2017 das
Leistungsverzeichnis an die in Phase 2 erfolgreichen Teilnehmer zu übergeben und diese zur Abgabe
eines ersten Angebots aufzufordern. Die Antragstellerin belegte in Phase 1 des
Teilnahmewettbewerbs den 3. Platz und gelangte somit in die Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs.
Den verbliebenen 8 Teilnehmern wurden nunmehr die Unterlagen/Aufgabenstellung für Phase 2 des
Teilnahmewettbewerbs mit Schriftsatz vom 2. März 2017 übermittelt. Es sollte zur weiteren
Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 4 eine „Lösungs-Präsentation“ vorgestellt werden. In dieser sollte
eine Gesamtlösung für die Betreibung der Druckumgebung der Auftraggeberin im Rahmen eines
Managed Print Service dargestellt und von einer Jury bewertet werden. Die Auftraggeberin machte
dazu unterschiedliche Vorgaben. Sie gab für die zu verwendenden Drucker und Multifunktionsgeräte
Grundanforderungen vor, unterteilte diese in 3 Leistungsklassen und gab für die unterschiedlichen
Leistungsklassen dann weitere speziellere Anforderungen vor. Den verbliebenen Teilnehmern wurde
in der Aufgabenstellung mitgeteilt, dass zur Präsentation Prospektmaterial mit den technischen
Daten der von den Teilnehmern konkret benannten Geräte übergeben werden soll. Weiter wurde
darauf hingewiesen, dass die Bewertung der Präsentationen anhand einer der Aufgabenstellung zur
Präsentation beigefügten Wertungsmatrix erfolgen soll.
Die Wertungsmatrix für die Bewertung der Präsentationen in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs
sah folgende Wertungskriterien vor:
1. Technik
2. Managed Print Service
3. Abrechnung
4. IT- Anforderungen und Geräteverwaltung
5. Rollout
6. Innovationen
7. Gesamteindruck der Präsentation
Alle Kriterien waren in weitere umfangreiche Unterkriterien aufgeteilt.
In der der Aufgabenstellung ebenfalls beigefügten „Eigenerklärung zu Fragen der Bieterpräsentation“
sollten die Teilnehmer konkret für die 3 geforderten Leistungsklassen jeweils ein Modell/Gerät
angeben und Angaben dazu machen, ob diese über verschiedene technische Ausstattungsmerkmale
verfügen. Die entsprechenden Angaben sollten dann im Unterkriterium 1 „Technik“ entsprechend
bewertet werden. Daneben waren in dieser Eigenerklärung Angaben zu den konkret benannten
Geräten bezüglich des Unterkriteriums 2.1.4 „Managed Print Service – Reporting bzw.
Zählerstandsermittlung“, 3.3 „Abrechnung – Verrechnung Recyclingpapier machbar“ und zu
verschiedenen Unterkriterien des Kriteriums 4 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung“ zu
machen, welche dann ebenfalls bewertet werden sollten. Der Aufgabenstellung waren zudem
umfangreiche Hinweise zu entnehmen, auf welche Fragen bzw. Themen die Teilnehmer in ihrer
Präsentation zu den einzelnen Unterkriterien eingehen sollten.
Der Antragstellerin wurde am 26. April 2017 mitgeteilt, dass sie in der Phase 2 des
Teilnahmewettbewerbs 328 von möglichen 448 Punkten erreicht habe. Damit belege sie nur den
siebten Rang und werde nicht zur nächsten Stufe – dem eigentlichen Verhandlungsverfahren –
zugelassen. Mit weiterem Schriftsatz vom 27. April 2017 wurde ihr dann die ausgefüllte
Wertungsmatrix mit den Bewertungen der einzelnen Unterkriterien samt Begründung durch die
Auftraggeberin übermittelt. Den besten 4 Teilnehmern dieser Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs
(die Beigeladenen zu 1-4) wurde mit Schriftsatz vom 9. Mai 2017 dann das Leistungsverzeichnis
übergeben und diese zur Abgabe eines ersten Angebots aufgefordert. Als Frist dafür wurde der 30.
Juni 2017 genannt.
Die Antragstellerin rügte mit Schriftsatz vom 4. Mai 2017, dass die Vergabeunterlagen intransparent
seien und der Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Bewertung ihrer Präsentation verletzt worden sei.
Der Auftraggeber habe zu Unrecht Abwertungen ihrer Präsentation in den folgenden Unterkriterien
vorgenommen.
Im Einzelnen führt sie aus:
Bezüglich des Unterkriteriums 2.1.1 „Managed Print Service - Help Desk – Aufwand Zugänglichkeit
und Automatisierung“ sei die Auffassung des Auftraggebers, dass bei der Antragstellerin ein
persönlicher Ansprechpartner nicht zur Verfügung stehe und die Hotline über eine kostenpflichtige
0180-Nummer betrieben werde, falsch. Die Antragstellerin verfüge über eine kostenfreie 0800-
Nummer für die Hotline und habe sowohl für den Rollout als auch für den nachfolgenden Service
einen persönlichen Ansprechpartner benannt.
Im Unterkriterium 3.1.2 „Abrechnung - Abrechnung auf Produkte und Kostenstellen“ habe der
Auftraggeber zu Unrecht eine Abwertung vorgenommen. Worin der unterstellte erhöhte
Nachbearbeitungsaufwand konkret bestehen soll, sei in der Begründung zur Bewertung nicht
ausgeführt worden. Aus den Vergabeunterlagen würden sich auch keine Vorgaben zur Abrechnung
ergeben. Diese seien insoweit an dieser Stelle intransparent. In der Teilnehmerpräsentation sei
dargestellt worden, dass bei den Systemen der Antragstellerin eine automatische
Kostenstellenzuordnung mittels des integrierten Follow-Me-Systems erfolge und dabei automatisiert
auswertbare Dateien verschiedener Dateitypen erstellt würden. Dabei entstehe kein messbarer
Aufwand für den Auftraggeber. Die Antragstellerin hätte daher zwingend mit der besten Kategorie
„kein/wenig Nachbearbeitungsaufwand zur Kostenzuordnung für Auftraggeber“ bewertet werden
müssen.
Hinsichtlich des Unterkriteriums 3.1.3 „Abrechnung – Funktionsweise und Ablauf“ sei nicht
nachvollziehbar, dass der Antragstellerin einerseits vorgeworfen werde, dass die Beschreibung des
Abrechnungsschemas nicht ausreichend detailliert gewesen sein soll, andererseits jedoch
Rückschlüsse auf einen Mehraufwand beim Auftraggeber zulassen soll. Beides könne zugleich nicht
stimmen. Die Abrechnungsabläufe seien auf acht Folien in der Präsentation beschrieben und
umfassend mündlich erläutert worden. Mangels transparenter Vorgaben in den Vergabeunterlagen
sei es nicht möglich gewesen, auf spezielle Kundenwünsche zur Abrechnung einzugehen.
Im Unterkriterium 4.8 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Software“ habe die
Auftraggeberin einen hohen Administrationsaufwand bei der Verwaltung der Software unterstellt.
Dies habe sie damit begründet, dass die Geräte der Antragstellerin nur zentral via Admin-Tool
administrierbar seien, weil keine Web-Schnittstelle vorhanden sei. Diese Annahme treffe nicht zu.
Die von der Antragstellerin angebotenen Systeme würden über eine Web-Schnittstelle zur
Administration verfügen. Dies sei während der Präsentation auf Nachfrage auch ausdrücklich
bestätigt worden.
Auch im Unterkriterium 4.10 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Architektur des
Gesamtsystems“ habe die Auftraggeberin in allen Unter-Unterkriterien (Ausfallsicherheit,
Lastverteilung und Skalierbarkeit, Desaster Recovery) Abwertungen vorgenommen und der
Antragstellerin nur ein mäßiges Niveau unterstellt. In der Präsentation sei der Auftraggeberin die
Hochverfügbarkeitslösung der Antragstellerin ausführlich vorgestellt worden. Im Falle eines
Serverausfalles würden anstehende Aufträge automatisch an einen gespiegelten Back-up-Server des
Kunden weitergeleitet. So könne es nicht zu einem Ausfall kommen. Ganz maßgeblich sei die
Ausfallsicherheit jedoch von der Systeminfrastruktur des Kunden abhängig. Diese liege nicht in der
Einflusssphäre der Antragstellerin, sondern allein beim jeweiligen Kunden und könne insoweit nicht
Gegenstand der Bewertung sein. Hinsichtlich des Themas Lastverteilung böte das System der
Antragstellerin z. B. beim Scannen den großen Vorteil der Dezentralität. Würden gleichzeitig viele
Scanvorgänge gestartet, führe dies nicht zu Problemen, da die Texterkennung dezentral auf dem
jeweiligen Systemgerät durchgeführt werde. Würden hingegen die gleichzeitigen Scanvorgänge
zentral auf einem Server bearbeitet werden, könnten sich unter ungünstigen Umständen lange
Wartezeiten ergeben. Hinsichtlich des Druckens seien die Systeme der Antragstellerin so
konfigurierbar, dass bei starken Anforderungen entschieden werden könne, ob die Drucke in eine
Warteschlage gehen oder auf einem anderen System ausgedruckt werden. Bezüglich der Desaster
Recovery fehle es an transparenten Angaben seitens der Auftraggeberin in den Vergabeunterlagen.
Bei einem Systemausfall würden jedenfalls keinerlei Infrastruktureinstellungen auf den Systemen der
Antragstellerin verloren gehen.
Bezüglich des Unterkriteriums 5.1 „Rollout – Rollout-Konzept“ habe die Auftraggeberin zur
Begründung der Abwertung ausgeführt, dass das vorgestellte Rollout-Konzept einen mäßigen
Aufwand beim Auftraggeber verursache. Diese Bewertung sei erkennbar von sachfremden
Erwägungen getragen. Im Unterkriterium 5.1 sei an dieser Stelle die Schlüssigkeit des Konzeptes und
nicht ein vermeintlicher Aufwand für den Auftraggeber zu bewerten gewesen. Dies sei allein
Gegenstand des nachfolgenden Unterkriteriums 5.1.1 „Rollout – Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für
AG)“.
Hinsichtlich des Unterkriteriums 5.1.1 „Rollout – Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für AG)“ sei die
Abwertung der Antragstellerin mit dem Hinweis begründet worden, dass beim Rollout ein mäßiger
Aufwand für den Auftraggeber entstehe. Worin dieser erhöhte Aufwand bestehen soll, sei nicht
angegeben worden. Aus den Vergabeunterlagen würden sich keine Vorgaben zum Rollout ergeben,
sodass auch in diesem Unterkriterium eine Intransparenz der Vergabeunterlagen festzustellen sei. Es
sei für die Antragstellerin auch nicht erkennbar, welchen messbaren Mehraufwand ihr Rollout-
Konzept gegenüber demjenigen anderer Bieter haben soll. Die Antragstellerin verfüge über das
leistungsfähigste Pre-Konfiguration-Center aller Marktteilnehmer und könne einen Output von bis zu
350 Systemen am Tag realisieren. Die Systeme würden vollkommen vorkonfiguriert zu den
vorbestimmten Stellplätzen transportiert werden und müssten in aller Regel lediglich noch an das
Strom- und Datennetz angeschlossen werden. Weniger Aufwand gebe es bei keinem anderen
Mitbewerber.
Die Auftraggeberin habe auch im Unterkriterium 6.1 „Innovationen – Unterscheidungsmerkmale
Software/Hardware/Service von Wettbewerbern“ zu Unrecht Abwertungen vorgenommen. Im
diesbezüglichen Unter-Unterkriterium „Software“ sei in der Präsentation das einmalige Joint Venture
mit dem Partner XXX vorgestellt worden. Dieser biete im Bereich E-Gouvernement fertige Lösungen
an, welche die Auftraggeberin bereits kenne. Hinsichtlich des Unter-Unterkriteriums „Service“ habe
die Antragstellerin in der Präsentation ihr Sicherheitskonzept erörtert. Alle Daten würden sich in der
Hand des Kunden befinden. Es sei gewährleistet, dass sämtliche Daten im räumlichen
Geltungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes bleiben würden. Dies sei ein innovativer Ansatz und
ein Alleinstellungsmerkmal unter den großen Anbietern der Branche.
Die Vergabeunterlagen seien intransparent, da die offensichtlich von der Auftraggeberin erwarteten
Angebotsinhalte nicht in den Vergabeunterlagen beschrieben worden seien. Auf diese Weise seien
vergleichbare Angebote nicht zu erwarten und eine Gleichbehandlung der Bieter finde nicht statt.
Dies könne nur durch eine erneute Bewertung der Teilnahmepräsentation der Antragstellerin oder
durch Aufhebung des Vergabeverfahrens mit anschließender Neuausschreibung geheilt werden.
Die Auftraggeberin teilte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 4. Mai 2017 mit, dass den Rügen zur
Bewertung der Unterkriterien 2.1.1 „Managed Print Service - Help Desk – Aufwand Zugänglichkeit
und Automatisierung“ und 6.1 „Innovationen – Unterscheidungsmerkmale
Software/Hardware/Service von Wettbewerbern“ abgeholfen werde. Die Antragstellerin werde in
diesen Unterkriterien nunmehr mit der Höchstpunktzahl bewertet. Im Übrigen seien die Rügen aber
zurückzuweisen. Vorab sei darauf hinzuweisen, dass das Ziel der Bieterpräsentationen gewesen sei,
dass die Auftraggeberin einen Eindruck über die Arbeitsweise der Teilnehmer, der vorgeschlagenen
Technik und des Systems sowie mögliche Innovationen erhalte und bewerte. Diese seien anhand der
veröffentlichen Bewertungsmatrix bewertet worden. Es sei ausschließlich die mündliche Präsentation
bewertet worden, nicht eventuell ausgereichte Schriftstücke zur Präsentation.
Zur Bewertung der einzelnen Unterkriterien führte die Auftraggeberin im Einzelnen aus:
Bezüglich des Unterkriteriums 3.1.2 „Abrechnung - Abrechnung auf Produkte und Kostenstellen“
habe die Jury aus der Präsentation der Antragstellerin zu diesem Punkt geschlussfolgert, dass eine
durchgängig automatisierte Abrechnung mit der vorhandenen technischen Basis der Auftraggeberin
nicht möglich sein werde. Nicht alle Geräte der Auftraggeberin würden mit dem Follow-Me-System
arbeiten, da getrennte Netze sowie lokale Systeme bestünden. Dadurch entstünden separate
Abrechnungsinformationen und der Aufwand für die Zusammenführung dieser separaten
Abrechnungsinformationen läge nach den Erkenntnissen aus der Präsentation ausschließlich bei der
Auftraggeberin.
Hinsichtlich des Unterkriteriums 3.1.3 „Abrechnung – Funktionsweise und Ablauf“ habe die
Antragstellerin in ihrer Präsentation lediglich drei Folien vorgestellt. Sie habe nur die Verarbeitung
automatisiert gewonnener Daten betrachtet, sei jedoch nicht auf die Besonderheiten lokaler
Systeme eingegangen. Dies sei jedoch in der Aufgabenstellung zur Präsentation gefordert gewesen.
Der bemängelte Mehraufwand im Unterkriterium 3.1.3 „Abrechnung – Funktionsweise und Ablauf“
beziehe sich auf den Aufwand aus den Abrechnungen per se. Im Unterkriterium 3.1.2 „Abrechnung -
Abrechnung auf Produkte und Kostenstellen“ beziehe sich der bemängelte Mehraufwand für den
Auftraggeber hingegen auf damit verbundene Aufwände für die entsprechende Datenpflege,
Abgleiche, etc. auf Seiten der Administration der Auftraggeberin.
Auch hinsichtlich des Unterkriteriums 4.8 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Software“ sei
die Abwertung gerechtfertigt. Die Antragstellerin habe in ihrer Präsentation keine Web-Schnittstelle
zur Administration vorgestellt.
Bezüglich des Unterkriteriums 4.10 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Architektur des
Gesamtsystems“ sollte die zukünftige Lösung der Teilnehmer für eine volle Punktzahl eine eigene
Ausfallsicherheit mitbringen, die über eine Virtualisierungsumgebung hinausgehe. Das System der
Antragstellerin stütze sich nach deren Präsentation und auch nach expliziter Nachfrage jedoch
eindeutig nur auf die Ausfallsicherheit der Virtualisierungsumgebung und nicht auf eine eigene
Rückfallebene für die zentralen Systeme. Auch die vorgestellte Software XXX biete keine erhöhte
Ausfallsicherheit. Im Unter-Unterkriterium Lastverteilung seien die Voraussetzungen für eine
Bewertung mit der Höchstpunktzahl ebenfalls nicht gegeben gewesen. Die dezentrale OCR-
Verarbeitung stelle keine Lastverteilung einer Scan-Server-Lösung dar. Der On-Board-Scan der
Systeme der Antragstellerin sei nach der Präsentation auch nicht in der Lage, Word-Dokumente zu
generieren, sondern nur PDF-Dokumente. Die dargestellte Lastverteilung beim Drucken habe sich
lediglich auf die Auslastung einzelner Endgeräte und nicht auf die zentralen Server bezogen.
Bezüglich des Unter-Unterkriteriums Desaster Recovery habe die Antragstellerin in ihrer Präsentation
keine expliziten Ausführungen gemacht. Hier vertraue sie wohl offensichtlich ebenfalls auf die
vorhandene Infrastruktur der Auftraggeberin. Dies könne keinesfalls eine überdurchschnittliche
Bewertung rechtfertigen.
Im Unterkriterium 5.1 „Rollout – Rollout-Konzept“ habe die Auftraggeberin im Schriftsatz vom 27.
April 2017 versehentlich eine falsche Begründung zur Punktevergabe genannt. Man sei bei der
Erstellung des Schreibens in der Zeile verrutscht und habe deshalb versehentlich die Begründung für
die Bewertung des Unterkriteriums 5.1.1 „Rollout – Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für AG)“ auch im
Unterkriterium 5.1 „Rollout – Rollout-Konzept“ benutzt. Die Antragstellerin habe sich bei ihrer
Präsentation hinsichtlich der verfügbaren Zeit nicht ausreichend gut organisiert. Zum Ende der
ablaufenden Präsentationszeit habe sie die Folien nur noch überflogen und wenig ausgeführt. Die
Mitglieder der Bewertungsjury hätten deshalb kein schlüssiges und vollständiges Rollout-Konzept
erkennen können.
Hinsichtlich des Unterkriteriums 5.1.1 „Rollout – Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für AG)“ habe man
aus der Präsentation erkennen können, dass beim Rollout erhöhte Aufwände für die Auftraggeberin
entstehen würden. Beispielsweise sei dargestellt worden, dass Arbeiten, die in der Zuständigkeit des
Projektleiters liegen könnten, an die Auftraggeberin abgetreten worden seien.
Konfigurationsarbeiten, die die Antragstellerin in Dienstleistung für die Auftraggeberin hätte
erbringen und anbieten können, müsse die Auftraggeberin laut der Präsentation selbst vornehmen.
Die Auftraggeberin hätte auch nicht vorhandene Zwischenlagerungsflächen bereitstellen müssen.
Dass die Systeme der Antragstellerin vorkonfiguriert seien, sei nicht herausragend, da die meisten
Marktteilnehmer ihre Systeme vorkonfiguriert ausliefern würden.
Auch im Unterkriterium 6.1 „Innovationen – Unterscheidungsmerkmale Software/Hardware/Service
von Wettbewerbern“ habe sich das suboptimale Zeitmanagement der Antragstellerin in ihrer
Präsentation negativ ausgewirkt. Hinsichtlich des Unter-Unterkriteriums Software habe diese die E-
Gouvernement-Lösung „XXX“ vorgestellt, welche der Auftraggeberin bereits bekannt sei und von
dieser seit geraumer Zeit genutzt werde. Dies sei der Antragstellerin auch bekannt. Der
diesbezügliche Vortrag in der Präsentation der Antragstellerin könne daher nicht als
Innovationsneuheit im Bereich Software angesehen werden. Die ebenfalls vorgestellten Software
XXX erfülle nicht die entsprechenden Systemvoraussetzungen, da sie unter Windows 2008 R 2 nicht
funktionsfähig sei. Damit habe die Antragstellerin ein K.-o.-Kriterium verletzt und wäre somit aus
dem Vergabeverfahren auszuschließen gewesen. Bezüglich des Unter-Unterkriteriums Service sehe
man die diesbezüglich vorgetragenen Inhalte zur Datensicherheit als Grundvoraussetzung für den
Betrieb des Systems und nicht als Innovation an.
Zur gerügten Intransparenz der Vergabeunterlagen führte die Auftraggeberin aus, dass eine
genauere Definition dessen, was die Auftraggeberin erwarte und als optimal ansehe, nur sehr
schwerlich möglich sei. Dazu hätte die Auftraggeberin selbst bereits ein optimales Konzept
erarbeiten müssen. Sinn und Zweck der Erarbeitung von Konzepten sei es jedoch, die bei den Bietern
vorhandene Fachkunde und Kreativität abzufragen. Diese seien aufgrund ihrer Erfahrungen und dem
täglichen Umgang mit den ausgeschriebenen Leistungen viel eher in der Lage, effektive Mittel und
Lösungen zu präsentieren. Sollte ein Auftraggeber vorab ein eigenes Konzept erarbeiten müssen, an
dem er die eingereichten Konzepte messen würde, müsste er dieses wiederum vorab den
Teilnehmern zur Kenntnis geben. Für diese wäre es dann ausreichend, dieses Konzept einfach zu
übernehmen, um eine optimale Punktzahl zu erlangen. Dies würde dem Ziel der Auftraggeberin von
den Bietern eigene und möglicherweise auch neue Lösungen zu benennen, entgegenstehen. Ein
vorab aufgestellter kompletter Anforderungskatalog würde den unterschiedlichen Lösungen und
Herangehensweisen der einzelnen Teilnehmer nur bedingt gerecht werden. Innovative
Lösungsvorschläge, welche der Auftraggeber noch nicht kennen würde, wären dann gar nicht ihrer
Bedeutung entsprechend wertbar.
Bei der Wertung eines Angebotes sei auch nicht zu Gunsten der jeweiligen Bieter zunächst von der
Maximalpunktzahl auszugehen, von der die Vergabestelle im Rahmen der Wertung bei Nicht- oder
Schlechterfüllung Punkte abziehe, sondern es sei grundsätzlich von 0 Punkten auszugehen und
abhängig vom Angebotsinhalt müssten Punkte addiert werden.
Durch die vorgenommene Abhilfe in zwei Unterkriterien verbessere sich das Ergebnis der
Antragstellerin von 328 Punkten auf 343 Punkte. Die Antragstellerin erreiche somit in der Wertung
den fünften Rang. Das Verhandlungsverfahren finde jedoch nur mit den vier bestplatzierten Bietern
statt. Deshalb werde die Antragstellerin nicht aufgefordert, ein erstes Angebot abzugeben.
Die Antragstellerin beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 23. Mai 2017 bei der erkennenden
Vergabekammer die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Diesen Antrag begründete sie im
Wesentlichen mit den bereits in der Rüge vom 4. Mai 2017 vorgetragenen Gründen bezüglich der aus
ihrer Sicht fehlerhaften Bewertung ihrer Präsentation. Die Ausführungen der Auftraggeberin in der
Rügeerwiderung seien unzutreffend. Diese würden zeigen, dass die Auftraggeberin bei ihren
Bewertungsmaßstäben von Kriterien ausging, die sie den Teilnehmern nicht genannt habe und die
somit intransparent seien. In den Vergabeunterlagen seien auch keine Angaben zur Art der
Präsentation gemacht worden. Es habe keinen entsprechenden Hinweis der Auftraggeberin gegeben,
dass schriftliche Teile der Präsentation unberücksichtigt bleiben würden. Die Auftraggeberin habe im
Anschluss an die Präsentation überreichte Unterlagen gern entgegengenommen. Es sei daher davon
auszugehen, dass alle Teile der Präsentation bei der Bewertung zu berücksichtigen seien. Die
Auftraggeberin könne bei der Bewertung der Präsentation nicht eigene Erwartungen zur Bewertung
heranziehen, ohne diese vorher allen Teilnehmern bekannt gemacht zu haben. Wegen der
beschriebenen Vergabemängel sei das Vergabeverfahren aufzuheben und die Beschaffung neu
auszuschreiben.
Die Auftraggeberin erwiderte hierzu mit Schriftsatz vom 12. Juni 2017. Dabei wiederholte sie im
Wesentlichen ihren Vortrag aus der Rügeerwiderung vom 11. Mai 2017. Man habe die Präsentation
aller Teilnehmer nunmehr „hilfsweise“ unter Einbezug der zur Präsentation übergebenen
schriftlichen Unterlagen geprüft. Dabei hätten sich keine Veränderungen bei der Bewertung ergeben.
Den Teilnehmern sei zur Vorbereitung der Präsentation transparent und erschöpfend dargestellt
worden, welche Ziele mit der Ausschreibung verfolgt würden, welche Voraussetzungen verlangt
würden und welche Grundlagen bei der Auftraggeberin dafür vorlägen. Auf eine Konzeptvorgabe
habe man bewusst verzichtet, da die Auftraggeberin optimierte und über das bestehende System
hinaus individuelle Lösungswege erwartet habe. Die Auftraggeberin könne nicht alle Innovationen
dieses Sektors am Markt kennen. Es habe über die Vorgaben zur Präsentation hinaus keine
zusätzlichen Erwartungen/Forderungen an die Bieter gegeben, welche zur Bewertung herangezogen
würden. Die Bewertung sei ausschließlich anhand der veröffentlichten Wertungsmatrix erfolgt.
Die Vergabekammer forderte die Auftraggeberin und die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20. Juli
2017 auf, zu einzelnen Aspekten der Wertung der Antragstellerin Stellung zu nehmen. Zugleich wies
sie darauf hin, dass eine Korrektur des Wertungsergebnisses der Antragstellerin durch die
Vergabekammer wegen des der Auftraggeberin zustehenden weiten Beurteilungsspielraums nur
unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei.
Mit Schriftsätzen vom 27. und 28. Juli 2017 nahmen die Auftraggeberin und die Antragstellerin
daraufhin erneut zur Wertung der Lösungs-Präsentation Stellung.
Die Vergabekammer machte im rechtlichen Hinweis vom 1. August 2017 darauf aufmerksam, dass
Bedenken wegen der Unterteilung des vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs in 2 Phasen und der
dort bewerteten Kriterien bestehen würden. Nach § 51 Abs. 1 VgV sei die Begrenzung der
Teilnehmerzahl im Teilnahmewettbewerb ausschließlich mittels Eignungskriterien vorzunehmen. Es
bestünden vorliegend Zweifel, ob es sich bei den hier verwendeten Kriterien ausschließlich um solche
handeln würde.
In der mündlichen Verhandlung am 3. August 2017 wurde der Sach- und Streitstand mit den
Beteiligten erörtert.
Die Antragstellerin beantragte:
„Es wird festgestellt, dass die Bewertung der Bieterpräsentation der Antragstellerin durch die
Auftraggeberin vergabefehlerhaft war und die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt
worden ist.“
Die Auftraggeberin beantragte:
„Der Antrag der Antragstellerin wird abgelehnt.“ Die Beigeladene zu 1 stellte keinen eigenen Antrag.
Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 16. August 2017 nahm die Auftraggeberin erneut Stellung und
legte dar, dass sie nach ihrer Auffassung in den einzelnen Wertungskriterien der Phase 2 des
Teilnahmewettbewerbs ausschließlich die Eignung der einzelnen Teilnehmer gewertet hätte und die
vorgenommene Aufteilung des Teilnahmewettbewerbs zulässigerweise erfolgte. Sie führte zu den
einzelnen Unterkriterien aus, dass es sich jeweils um Eignungsmerkmale der technischen
Leistungsfähigkeit handele.
Mit Beschluss vom 16. August 2017 wurden die Beigeladenen zu 2-4 zum Verfahren hinzugezogen
und am 28. August 2017 wurde erneut in die mündliche Verhandlung eingetreten.
Die Antragstellerin beantragte:
„Es wird festgestellt, dass die Bewertung der Bieterpräsentation der Antragstellerin durch die
Auftraggeberin vergabefehlerhaft war und die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt
worden ist.“
Die Auftraggeberin beantragte:
„Der Antrag der Antragstellerin wird abgelehnt.“ Die Beigeladenen stellten keine eigenen Anträge.
Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die
vorgelegte Vergabeakte wird ergänzend Bezug genommen.
Die Frist zur Entscheidung wurde gemäß § 167 Abs. 1 Satz 2 GWB durch Verfügungen der
Vorsitzenden verlängert.
II
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
a) Die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen ist gemäß § 2 der Verordnung der Sächsischen
Staatsregierung über Einrichtung, Organisation und Besetzung der Vergabekammern des Freistaates
Sachsen (SächsVgKVO) für den Antrag zuständig.
b) Die geplante Gesamtauftragssumme überschreitet den maßgeblichen Schwellenwert, § 106 Abs. 1
GWB i. V. m. Artikel 4 c) der Richtlinie 2014/24/EU i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 c) der delegierten
Verordnung (EU) 2015/2170.
Der Gesamtauftragswert des streitgegenständlichen Dienstleistungsauftrags beläuft sich nach der
Schätzung des Auftraggebers auf einen Auftragswert, der den maßgeblichen Schwellenwert für
öffentliche Liefer- und Dienstleistungsaufträge gemäß § 106 Abs. 1 GWB i. V. m. Artikel 4 c) der
Richtlinie 2014/24/EU i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 c) der delegierten Verordnung (EU) 2015/2170 von
209.000 EUR überschreitet.
c) Die Antragstellerin ist gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt.
Nach § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag zulässig, wenn ein Unternehmen ein
Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB geltend
macht.
Diesem Erfordernis ist genügt, wenn mit dem Nachprüfungsantrag eine Verletzung
vergaberechtlicher Vorschriften schlüssig vorgetragen wird. Darüber hinaus ist es gemäß § 160 Abs. 2
Satz 1 GWB erforderlich, dass mit dem Nachprüfungsantrag auch dargelegt wird, dass dem
Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist
oder zu entstehen droht.
Diesen Anforderungen genügte der Vortrag der Antragstellerin. Sie legte im Nachprüfungsantrag und
in der vorherigen Rüge dar, dass die Wertung ihrer Präsentation im dem Verhandlungsverfahren
vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb rechtswidrig erfolgt sei und sie deshalb zu Unrecht nicht zum
Verhandlungsverfahren zugelassen worden sei. Dadurch hat die Antragstellerin schlüssig
vorgetragen, dass sie in ihren Rechten verletzt ist und ihr durch die Nichtzulassung zum
Verhandlungsverfahren ein Schaden zu entstehen drohe, da sie dadurch den streitigen Auftrag nicht
erhalten kann.
Damit sind die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 GWB erfüllt.
c) Die Antragstellerin hat ihre Rüge rechtzeitig erhoben und den Antrag auf Einleitung eines
Nachprüfungsverfahrens fristgerecht und formgerecht gestellt, §§ 160 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 4 GWB
und 161 GWB.
Die Antragstellerin hat ihre Rüge gegen den Ausschluss ihres Teilnahmeantrags innerhalb der Frist
des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB und damit rechtzeitig erhoben.
Der Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der erkennenden Vergabekammer
wurde innerhalb der Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB gestellt und entspricht den Anforderungen des
§ 161 GWB.
d) Die Rügen der Antragstellerin gegen die Transparenz der Vergabeunterlagen sind nicht nach § 160
Abs. 3 Nr. 3 GWB präkludiert.
Gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB ist ein Antrag unzulässig, soweit Verstöße gegen Vergabevorschriften,
die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur
Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.
Als Frist zur Bewerbung war in der Bekanntmachung der 6. Februar 2017 angegeben. Die bis dahin
eingegangenen Teilnahmeanträge wurden in Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs ausgewertet und
eine erste Reduktion auf 8 Teilnehmer vorgenommen. Die Antragstellerin war in Phase 1 erfolgreich
und ihr wurden daraufhin mit Schriftsatz vom 2. März 2017 die Aufgabenstellung für die in Phase 2
des Teilnahmewettbewerbs vorgesehene „Lösungs-Präsentation“ übermittelt (mittels derer eine
weitere Reduktion von 8 auf 4 Teilnehmer vorgenommen werden sollte). Ihre Rügen bezüglich der
Transparenz richten sich gegen die in der Aufgabenstellung zur Lösungs-Präsentation enthaltenen
Vorgaben, welche nicht ausreichend transparent gewesen sein sollen.
Die Frist zur Bewerbung (6. Februar 2017) - also die Frist zur Abgabe der Teilnameanträge - war
bereits abgelaufen, als die verbliebenen 8 Teilnehmer die angegriffene Aufgabenstellung zur
Lösungs-Präsentation für die 2. Phase des Teilnahmewettbewerbs am 2. März 2017 erhalten haben.
Die Auftraggeberin hat vorliegend die Vergabeunterlagen für die Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs
nur den in Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs erfolgreichen Teilnehmern - nach dessen Auswertung
- übermittelt.
Somit lagen der Antragstellerin zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist zur Bewerbung die angegriffenen
Vergabeunterlagen (Aufgabenstellung für Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs) noch gar nicht vor.
Auf die Frist zur Bewerbung kann im Rahmen des § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB deshalb hier nicht
abgestellt werden.
Nachdem die „Lösungs-Präsentationen“ in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs bewertet wurden,
erhielt die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 26. April 2017 das Ergebnis und mit Schriftsatz vom 27.
April 2017 die Begründung ihres Wertungsergebnisses mitgeteilt. Sie rügte daraufhin am 4. Mai 2017
das Wertungsergebnis und die Intransparenz der Vorgaben zur Lösungspräsentation. Ihr gegenüber
wurde keine Frist zur Angebotsabgabe bekannt gemacht, da die Auftraggeberin immer nur den in
den jeweiligen Phasen erfolgreichen Teilnehmern die Unterlagen für die nächste Phase zur
Verfügung gestellt hat. Nur den in Phase 2 des Teilnehmerwettbewerbs erfolgreichen 4 Teilnehmern
wurden mit Schriftsatz vom 9. Mai 2017 die weiteren Vergabeunterlagen für das eigentliche
Verhandlungsverfahren übermittelt. Nur aus diesen Unterlagen ergab sich, dass die Frist zur Abgabe
eines ersten Angebots am 30. Juni 2017 abläuft.
Unabhängig davon - ob in einer solchen Fallkonstellation überhaupt auf eine der Antragstellerin nicht
bekannte Angebotsabgabefrist abgestellt werden kann - war die Frist zur Angebotsabgabe zum
Zeitpunkt der Rüge jedenfalls noch nicht abgelaufen, sie war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal
benannt oder festgelegt. Damit war die Frist zur Angebotsabgabe zum Zeitpunkt der Rüge nicht
abgelaufen und es kann dahinstehen, ob die genannten Verstöße für die Antragstellerin erkennbar
waren.
Eine Präklusion nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB scheidet demnach hier aus.
2. Der Antrag ist begründet.
Die Auftraggeberin hat den vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb intransparent ausgestaltet (Ziffer
II 2. a)) und die Begrenzung der Anzahl der Teilnehmer nicht entsprechend den Vorgaben der § 17
Abs. 4 Satz 2 VgV i. V. m. § 51 VgV vorgenommen (Ziffer II 2. b), insbesondere die Begrenzung der
Zahl der Bewerber nicht ausschließlich anhand von Eignungskriterien vorgenommen (Ziffer II 2. c).
a) Die Ausgestaltung des Teilnahmewettbewerbs ist intransparent und verstößt gegen § 51 Abs. 1
Satz 2 VgV.
Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 VgV gibt der öffentliche Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung die
von ihm vorgesehenen objektiven und nichtdiskriminierenden Eignungskriterien für die Begrenzung
der Zahl der einzuladenden Bewerber an.
Dieser Verpflichtung ist die Auftraggeberin hinsichtlich der Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs
nachgekommen. In der Auftragsbekanntmachung wurde diesbezüglich auf die „Informationen zum
Teilnahmewettbewerb“ verwiesen, der die mit dem Teilnahmeantrag abzugebenden
Eigenerklärungen und die Wertungsmatrix, anhand der die Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 8 in
Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs vorgenommen werden sollte, waren darin enthalten.
Dann sollte jedoch in einer Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs mittels einer Lösungs-Präsentation
eine weitere Reduzierung der Teilnehmerzahl auf 4 vorgenommen werden. Die Aufgabenstellung für
die Erstellung dieser Lösungspräsentation, dazu abzugebende Eigenerklärungen und die
Wertungsmatrix, anhand derer die weitere Reduktion von 8 auf 4 Teilnehmern vorgenommen
werden sollte, wurden nur den in Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs erfolgreichen Bietern
unmittelbar übermittelt. Es hieß dazu in den noch allen Interessierten zur Verfügung gestellten
„Informationen zum Teilnahmewettbewerb“:
„Die maßgeblichen Wertungskriterien sowie entsprechenden Einladungen/Informationen zu den
einzelnen Phasen werden den Teilnehmern rechtzeitig bekanntgegeben.“
Damit wurden die Kriterien mittels derer die (weitere) Begrenzung der einzuladenden Teilnehmer in
der Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs vorgenommen wurde nicht - wie von § 51 Abs. 1 Satz 2 VgV
gefordert - in der Auftragsbekanntmachung angegeben und die durch die genannte Vorschrift
geforderte Transparenz nicht geschaffen.
b) Die Aufteilung des Teilnahmewettbewerbs in 2 Phasen zur Begrenzung der Bewerber verstößt
gegen § 17 Abs. 1 Satz 3 VgV i. V. m. § 51 Abs. 1 Satz 2 VgV.
Die Auftraggeberin hat den vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb vergaberechtswidrig in 2 Phasen
unterteilt.
Nachdem ein Auftraggeber die objektiven und nichtdiskriminierenden Eignungskriterien für die
Begrenzung der Zahl der einzuladenden Bewerber nach § 51 Abs. 1 Satz 2 VgV in der
Auftragsbekanntmachung angegeben hat, übermitteln die Unternehmen mit dem Teilnahmeantrag
die vom öffentlichen Auftraggeber geforderten Informationen für die Prüfung ihrer Eignung, § 17
Abs. 1 Satz 3 VgV. Daraus ist abzuleiten, dass der Auftraggeber die Entscheidung, welche
Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden und welche Unternehmen nicht
aufgefordert werden, anhand der in der Bekanntmachung angegebenen Eignungskriterien und der
daraufhin eingegangenen Teilnahmeanträge zu treffen hat (Ortner/Willweber in:
Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl. 2016, § 51 VgV, Rn. 6). Öffentliche Auftraggeber
prüfen im Rahmen der Auswertung der Teilnahmeanträge die Eignung der Bewerber abschließend.
Eine erneute Überprüfung der Eignung der zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerber findet nur
statt, sofern sich über den Verlauf des Vergabeverfahrens Umstände ergeben, die die festgestellte
Eignung entfallen lassen könnten (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2014 – X ZB 15/13 –, juris, Rn.
33).
Die Auftraggeberin hat hier zunächst in Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs die Eignung der
Teilnehmer anhand der allen bekannt gemachten Eignungskriterien und den in den
Teilnahmeanträgen eingereichten Eigenerklärungen zu Unternehmenskennzahlen und Referenzen
beurteilt und eine erste Auswahl (Reduktion der Teilnehmerzahl auf 8) getroffen.
Danach wurden die verbleibenden Teilnehmer in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs aufgefordert,
eine „Lösungs-Präsentation“ zu erstellen. Die Entscheidung, wer diese weitere Phase 2 des
Teilnahmewettbewerbs erfolgreich übersteht, wurde weder anhand der in der
Auftragsbekanntmachung veröffentlichten Eignungskriterien getroffen, sondern durch Kriterien, die
später nur den in Phase 1 erfolgreichen Teilnehmern übermittelt worden sind (siehe oben II 1. a)),
noch durch die dazu in den ursprünglichen Teilnahmeanträgen übermittelten Informationen der
Teilnehmer. Vielmehr erfolgte die Entscheidung in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs durch danach
eingereichte weitere Eigenerklärungen, die unmittelbaren Eindrücke einer Jury des Auftraggebers
von der „Lösungs-Präsentation“ der Teilnehmer und die danach von der Auftraggeberin „hilfsweise“
herangezogenen schriftlichen Unterlagen zur Präsentation (Folien), welche mittels einer
Wertungsmatrix bewertet wurden.
Damit wurde die Frage, welche Teilnehmer den Teilnahmewettbewerb in Phase 2 erfolgreich
überstehen nicht durch die in § 17 Abs. 1 Satz 3 VgV i. V. m. § 51 Abs. 1 Satz 2 VgV vorgesehenen in
der Auftragsbekanntmachung veröffentlichten Eignungskriterien und den dazu in den
Teilnahmeanträgen enthaltenen Informationen entschieden.
c) In Phase 2 des streitigen Teilnahmewettbewerbs wurden nicht ausschließlich Eignungskriterien
gewertet.
Unabhängig von den Erwägungen in Ziffer II 1. b) hat die Auftraggeberin in Phase 2 des
Teilnahmewettbewerbs auch nicht ausschließlich Eignungskriterien zur weiteren Begrenzung der
Anzahl der Teilnehmer herangezogen.
Die Durchführung des Teilnahmewettbewerbs dient dem öffentlichen Auftraggeber dazu, die
Eignung der interessierten Unternehmen vorab zu prüfen. Dafür übermitteln die interessierten
Unternehmen in ihrem Teilnahmeantrag „die vom Auftraggeber geforderten Informationen für die
Prüfung ihrer Eignung“. Aus dieser Vorgabe des § 17 Abs. 1 Satz 3 VgV folgt, dass die Entscheidung,
ob ein Unternehmen, das einen Teilnahmeantrag eingereicht hat (Bewerber), aufgefordert wird, ein
Angebot abzugeben, zunächst ausschließlich danach entschieden werden kann, ob es die vom
Auftraggeber angelegten Eignungskriterien erfüllt oder nicht (Ortner/Willweber in:
Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl. 2016, § 16 VgV). Für die Auswahl unter einer
größeren Anzahl an grundsätzlich geeigneten Bewerbern kommt es dann auf den Grad der Eignung
bzw. auf ein „Mehr an Eignung“ an. § 51 Abs. 1 VgV legt hinsichtlich der für den
Teilnahmewettbewerb geltenden Kriterien für die Auswahl der begrenzten Zahl von Bewerbern einen
strengeren Maßstab an. Kriterien, anhand derer der Bewerberkreis reduziert werden kann, dürfen
lediglich objektive und nichtdiskriminierende Eignungskriterien sein (Ortner/Willweber in:
Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl. 2016, § 51 VgV, Rn. 14). Im Ergebnis soll also die
Begrenzung der Teilnehmerzahl im Teilnahmewettbewerb mittels Eignungskriterien stattfinden.
Nach § 122 GWB ist ein Unternehmen geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im
Einzelnen zur ordnungsgemäßen Ausführung des öffentlichen Auftrags festgelegten
Eignungskriterien erfüllt. Die Eignungskriterien dürfen dabei ausschließlich Folgendes betreffen: die
Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung, die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit
sowie die technische und berufliche Leistungsfähigkeit. Mittels der Eignungskriterien soll festgestellt
werden, ob ein Unternehmen nach seiner personellen, finanziellen und technischen Ausrüstung in
der Lage sein wird, den Auftrag auszuführen (Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 22. Mai
2015 – Z3-3-3194-1-13-02/15 –, juris).
Ob ein Kriterium Eignungs- oder Zuschlagskriterium ist, bestimmt sich danach, ob es sich auf die
angebotene Leistung bezieht und daher mit der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots
zusammenhängt (Zuschlagskriterien) oder schwerpunktmäßig die Beurteilung der Eignung des
Bieters für den ausgeschriebenen Auftrag betrifft, also unternehmensbezogen ist (Eignungskriterium,
VK Bund, Beschluss vom 13. Juni 2014 – VK 1 - 34/14 –, juris). Für die Abgrenzung zwischen beiden
Arten von Wertungskriterien ist maßgeblich, ob sich ein Wertungsaspekt in seinem wesentlichen
Kern bzw. hinsichtlich seines Bewertungsschwerpunkts auf Angaben stützen soll, die nur für den
konkreten Auftrag Bedeutung erlangen oder auf Angaben zu den generellen Fähigkeiten und
Fertigkeiten des Bieters (OLG Naumburg, Beschluss vom 12. April 2012 - 2 Verg 1/12 -, juris). Deshalb
sind die Eignungsprüfung und die wirtschaftliche Bewertung der Angebote grundsätzlich voneinander
zu trennen. Beide Wertungsvorgänge dürfen nicht miteinander vermischt werden (so bereits EuGH,
Urteil vom 20. September 1988 – 31/87 –, juris). Bei der Angebotswertung darf nicht nochmals
einfließen, ob das Angebot von einem besonders leistungsfähigen oder erfahrenen Unternehmen
abgegeben wurde (BGH, Beschluss vom 15. April 2008 - X ZR 129/06 -, juris).
§ 46 VgV zählt abschließend die Belege auf, die zum Nachweis der technischen und beruflichen
Leistungsfähigkeit herangezogen werden können. Ein Auftraggeber darf von den Bewerbern weder
andere als die in der genannten Vorschrift aufgeführten Nachweise zur Beurteilung der Eignung
verlangen noch hat ein Unternehmen die Möglichkeit, seine technische und berufliche
Leistungsfähigkeit mit anderen als den zulässigerweise geforderten Beweismitteln zu belegen (OLG
Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2014 – Verg 46/13 –, juris).
In Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs hatten die Teilnehmer zunächst eine Eigenerklärung
abzugeben, in der jeweils ein Modell (Drucker/Multifunktionsgerät) für verschiedene
Leistungsklassen konkret benannt wurde. Daneben musste versichert werden, dass die benannten
Geräte über verschiedene technische Eigenschaften verfügen. Die entsprechenden Angaben wurden
dann maßgeblich in den Unterkriterien 1 „Technik“ und 4 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung“
der Wertungsmatrix bewertet. Daneben sollte eine „Lösungs-Präsentation“ vorgestellt werden, zu
der eine umfangreiche Aufgabenstellung vorgegeben war und die dann ebenfalls mittels dieser
Wertungsmatrix bewertet wurde. Die sich aus dieser Wertung ergebende Reihenfolge der
Teilnehmer war Grundlage für in Phase 2 des Teilnehmerwettbewerbs vorgesehene (weitere)
Begrenzung der Anzahl der Teilnehmer auf 4. Nur die besten 4 wurden nach Auswertung der Phase 2
des Teilnehmerwettbewerbs zum eigentlichen Verhandlungsverfahren zugelassen und zur Abgabe
eines ersten Angebots aufgefordert.
Die in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs verwendeten Kriterien stellen nicht ausschließlich
Eignungskriterien dar.
Hierzu im Einzelnen:
aa) Das Unterkriterium 6 „Innovationen“ stellt kein Eignungskriterium dar.
Im Unterkriterium 6 „Innovationen“ sollten die Teilnehmer gemäß der Aufgabenstellung
Unterscheidungsmerkmale ihrer Software, Hardware und des Service gegenüber Wettbewerbern
darlegen sowie vorstellen, welche eigenen Ideen sie zum Projekt einbringen.
Sie wurden aufgefordert die Fragen:
„Gibt es weitere bemerkenswerte Unterscheidungsmerkmale der von Ihnen angebotenen Hard-
/Software/Servicedienstleistungen gegenüber den Wettbewerbern?
Gibt es ihrerseits Ideen/Vorschläge, die über die bereits gestellten Fragen hinaus die Umsetzung der
Aufgabenstellung berücksichtigen?“
in der Präsentation zu beantworten.
Nach der Wertungsmatrix wurden in dem Unterkriterium 6.1 „Innovationen -
Unterscheidungsmerkmale Software/Hardware/Service von Wettbewerbern“, falls Vorteile
gegenüber den Mitbewerbern erkennbar waren in den Unter-Unterkriterien Hardware, Software und
Servicedienstleistungen jeweils 1 Punkt vergeben, falls keine Vorteile erkennbar waren jeweils 0
Punkte. Im Unterkriterium 6.2 „Innovationen - Einbringung eigener Ideen zum Projekt“ erhielten die
Bewerber 0 Punkte, falls keine Ideen zum Projekt eingebracht wurden, 1 Punkt falls mäßige Ideen
eingebracht wurden und 2 Punkte, falls gute Ideen eingebracht wurden.
Unabhängig davon, dass es noch gar keine konkret „angebotenen Hard-
/Software/Servicedienstleistungen“ geben kann, da im hier streitigen Teilnahmewettbewerb noch
gar keine konkreten Angebote abgegeben wurden, soll durch dieses Unterkriterium die
Leistungsfähigkeit/Qualität „der angebotenen Hard-/Software/Servicedienstleistungen“ gegenüber
Mitbewerbern bewertet werden und nicht, ob das Unternehmen an sich geeignet ist, den Auftrag
durchzuführen. Damit wird schwerpunktmäßig auf die konkrete Leistung und deren Qualität
abgestellt und diese mit den Mitbewerbern verglichen und nicht auf die generellen Fähigkeiten des
Unternehmens. Für die Vergabekammer ist nicht ersichtlich, welche Rolle bei der Eignungsprüfung
der Unternehmen der Umstand spielen soll, welche eigenen Ideen/Vorschläge man in das Projekt
einbringt. Es geht - im Rahmen der Eignung - gerade nicht darum, welche eigenen Ideen man zu
einem Auftrag beisteuert, sondern, ob man in der Lage ist, den bekannt gemachten Auftrag mit den
zur Verfügung stehenden Mitteln durchzuführen. Beide genannten Unterkriterien knüpfen nicht an
das Unternehmen an sich an, sondern an Eigenschaften der „angebotenen Hard-
/Software/Servicedienstleistungen“ und an die Qualität von dargestellten konkreten Ideen zur
Umsetzung der Aufgabenstellung, also des Auftrags an sich an.
Soweit die Auftraggeberin hierzu ausführt, dass sie in diesem Unterkriterium anhand von geforderten
Erklärungen nach § 46 Abs. 3 Nr. 2, 3, 7 und 9 VgV die technische und berufliche Leistungsfähigkeit
der Bewerber geprüft hätte, kann dem die Vergabekammer nicht folgen. Nach der genannten
Vorschrift ist es lediglich zulässig, sich Angaben zu technischen Fachkräften der Unternehmen (§ 46
Abs. 3 Nr. 2 VgV), Beschreibungen der technischen Ausrüstung der Unternehmen (§ 46 Abs. 3 Nr. 3
VgV), Angaben zu Umweltmanagementmaßnahmen der Unternehmen (§ 46 Abs. 3 Nr. 7 VgV) bzw.
Erklärungen aus denen ersichtlich ist, über welche Geräte die Unternehmen verfügen (§ 46 Abs. 3 Nr.
9 VgV) vorlegen zu lassen und ausgehend davon die Eignung der Unternehmen zu beurteilen. Die zu
diesem Unterkriterium in der Aufgabenstellung geforderten Angaben gehen weit darüber hinaus und
beschränken sich nicht auf eine Erklärung aus der ersichtlich ist, über welche Geräte oder welche
technische Ausrüstung ein Unternehmen für die Ausführung des Auftrags verfügt. Zum einen sollte
ein Vergleich mit Mitbewerbern erstellt und Unterscheidungsmerkmale dargelegt werden, zum
anderen eigene Ideen/Vorschläge zur Umsetzung des Auftrags eingebracht werden.
Soweit die Auftraggeberin ihre Bedürfnisse und Anforderungen an die zu beschaffende Leistung noch
nicht abschließend geklärt hat und dies im Dialog mit Unternehmen erörtern will, hätte sie dies im
Rahmen eines wettbewerblichen Dialogs nach § 18 VgV tun können.
bb) Die Unterkriterien 5.1.1 „Rollout – Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für AG)“ und 5.3 „Rollout –
Ablauf Rollout (bzgl. Nutzungsausfall)“ stellen keine Eignungskriterien dar.
Im Unterkriterium 5 wurde maßgeblich der Rollout bewertet. Die Teilnehmer sollten dazu ein
Konzept vorstellen. Dieses wurde u. a. hinsichtlich des entstehenden Aufwands für die
Auftraggeberin (Unterkriterium 5.1.1 „Rollout - Ablauf Rollout (bzgl. Aufwand für AG)“) und dem zu
erwartenden Nutzungsausfall (Unterkriterium 5.3 „Rollout - Ablauf Rollout (bzgl. Nutzungsausfall)“)
bewertet. Die Teilnehmer erhielten, je nachdem wie hoch die Auftraggeberin ihren eigenen Aufwand
einschätzte, eine Bewertung von 0 bis 2 Punkten. Ähnliches gilt für den zu erwartenden
Nutzungsausfall, je höher dieser von der Jury auf Grundlage der Präsentation eingeschätzt wurde,
desto niedriger war wurde das Unterkriterium bewertet. Die Auftraggeberin gab den Bewerbern in
der Aufgabenstellung vor, dass sie den Rollout nur mit begrenzten personellen Kapazitäten begleiten
kann und forderte dazu auf, in der Präsentation u. a. auf folgende Fragen einzugehen:
„Welche Möglichkeiten bestehen den Rollout/Rollback mit dem bisherigen AN bezüglich des Abbaus
von Altgeräten abzustimmen?
Wie kann ein weitgehend unterbrechungsfreies Arbeiten bezüglich des Gerätetausches für den
Nutzer sichergestellt werden?“
Der Antragstellerin wurde in der Begründung zu der Wertungsentscheidung in diesem Unterkriterium
mitgeteilt, dass ihre Präsentation Mitwirkungspflichten der Auftraggeberin enthielt. Diese
Mitwirkungspflichten der Auftraggeberin hätte sie auch als Dienstleistung für den Auftraggeber
selbst durchführen können, dies sei bei anderen Mitbewerbern der Fall gewesen (so die
Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung vom 3. August 2017). Damit wurden zu erwartende
einzelne konkrete Leistungsbestandteile des zukünftigen Angebots quasi vorab ohne, dass diese
bereits feststehen, geprüft und entsprechend bewertet, nicht jedoch die Fähigkeiten des
Unternehmens den Auftrag überhaupt durchführen zu können. Die Auftraggeberin hat hier damit die
Qualität des beabsichtigten Rollouts als Bestandteil des konkreten Auftrags geprüft und anhand
verschiedener Unterkriterien bewertet, nicht die Eignung des Unternehmens.
Die oben genannten von der Auftraggeberin gestellten Fragen und geforderten Angaben im
Unterkriterium 5 „Rollout“, auf die die Bewerber in der Lösungs-Präsentation eingehen sollten,
lassen sich auch nicht unter die in § 46 Abs. 3 VgV aufgeführten Belege und Erklärungen zur
Eignungsprüfung subsumieren. Zur technischen Ausrüstung im Sinne des § 46 Abs. 3 Nr. 3 VgV
gehören alle Geräte, Fahrzeuge u. Ä., die für die Ausführung eines konkreten Auftrags notwendig
sind. Der Auftraggeber kann von den am Auftrag interessierten Unternehmen entsprechende
Angaben verlangen und diese Informationen in die Eignungsprüfung einbeziehen (Summa in:
Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl. 2016, § 46 VgV). Diese hierzu einzig in Betracht
kommende Vorschrift ist nicht einschlägig. Die Auftraggeberin hat die Bewerber vielmehr dazu
aufgefordert, konkret darzulegen, welche Leistungen sie im Rahmen des Rollouts erbringt und dazu
auch entsprechende Vorgaben gemacht. Die oben aufgeführten Fragen sind ebenso wenig vom
Anwendungsbereich des § 46 Abs. 3 VgV umfasst wie die weiter in der Aufgabenstellung hierzu
enthaltene Frage, welche Probleme die Bewerber beim Rollout sehen und was es eventuell zu
beachten gibt.
cc) Die Unterkriterien 2.1.1 „Managed Print Service - Help Desk – Aufwand, Zugänglichkeit und
Automatisierung“ und 2.2 „Managed Print Service - Unterscheidung MPS-Konzept gegenüber
Mitbewerber“ stellen keine Eignungskriterien dar.
Des Weiteren wurden die Teilnehmer im Unterkriterium 2 „Managed Print Service“ u. a. dazu
aufgefordert ihr Help Desk vorzustellen (Unterkriterium 2.1.1 „Managed Print Service - Help Desk –
Aufwand, Zugänglichkeit und Automatisierung“). Dabei sollten die Teilnehmer 2 Punkte bekommen,
falls eine Erreichbarkeit über eine Hotline mit ggf. persönlichen Ansprechpartnern existiert, geringste
Aufwände für Nutzer entstehen und automatisierte Fehlerbehebungen bestehen. 1 Punkt sollten die
Teilnehmer erhalten, falls die Teilnehmer über eine Hotline zu erreichen sind und geringe Aufwände
für die Nutzer bestünden.
Die Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium zunächst mit 1 von 2 Punkten bewertet, weil die
Auftraggeberin davon ausging, dass deren Hotline über eine kostenpflichtige 0180’er Nummer
betrieben wird und kein persönlicher Ansprechpartner existiere. Dadurch entstünde ein
Kostenaufwand und deswegen (und wegen des fehlenden persönlichen Ansprechpartners) könne sie
in diesem Unterkriterium nur mit 1 von 2 Punkten bewertet werden, so die Auftraggeberin. Nachdem
von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 4. Mai 2017 gerügt wurde, dass sie über eine kostenfreie
Hotline verfüge, hat die Auftraggeberin der Rüge wie folgt abgeholfen:
„Ihre Argumentation in Ihrem Schreiben wurde bei der erneuten Prüfung durch unsere eingesetzte
Jury bestätigt. Die Feststellung, dass keine kostenfreie Hotline zur Verfügung steht wurde im Ergebnis
dieser Prüfung korrigiert. Sie haben in ihrer Präsentation ausgeführt, dass grundsätzlich eine
kostenpflichtige Hotline bereitgestellt wird, allerdings bei Forderung einer kostenfreien Hotline diese
im Angebot berücksichtigt werden kann. Somit wurde die vormalige Abwertung in Punkt 2.1.1 zu
Unrecht getätigt und es wird eine Korrektur der Bewertung vorgenommen.“
Wie die Auftraggeberin hier selbst ausführt, war für die entsprechende Bewertung in diesem
Unterkriterium relevant, ob eine kostenfreie Hotline im (noch nicht vorliegenden) Angebot
berücksichtigt werden kann und wird. Die Frage, welche Kosten für eine Hotline entstehen, hat nichts
mit der Eignung eines Unternehmens, sondern mit einer wirtschaftlichen Bewertung der konkret
angebotenen Leistung zu tun. Schlussendlich wurde hier vorab im Rahmen der Eignungsprüfung die
Wirtschaftlichkeit des (kommenden) Angebots geprüft. Je höher der (zu erwartende) Kostenaufwand
ausfiel, desto schlechter wurde die Präsentation in diesem Unterkriterium bewertet. Dies stellt keine
Eignungsprüfung dar, da diesbezüglich nicht auf die generellen Fähigkeiten des Unternehmens
abgestellt wird, sondern auf konkrete Angaben zum streitigen Auftrag.
Im Unterkriterium 2.2 „Managed Print Service - Unterscheidung MPS-Konzept gegenüber
Mitbewerber“ sollte nach der Aufgabenstellung in der Präsentation die Frage beantwortet werden:
„Unterscheidet sich ihr Managed-Print-Service-Konzept von denen der Mitbewerber?
Gibt es Leistungen/Lösungsansätze, die andere Mitbewerber nicht anbieten?“
Je nachdem wieviel Besonderheiten erkennbar waren, wurde eine entsprechende Bewertung mit 0-2
Punkten vorgenommen. Damit wurde auch hier nicht die generelle Eignung des Unternehmens,
sondern das Vorhandensein bestimmter Leistungen/Lösungsansätze geprüft, und je nachdem, ob es
andere Mitbewerber auch anbieten oder nicht eine vergleichende Bewertung von zu erwartenden
Leistungsbestandteilen vorgenommen.
Die in der Aufgabenstellung dazu enthaltenen Fragen (siehe oben) zu den Unter-Unterkriterien 2.1.1
„Managed Print Service - Help Desk – Aufwand, Zugänglichkeit und Automatisierung“ und 2.2
„Managed Print Service - Unterscheidung MPS-Konzept gegenüber Mitbewerber“, auf welche die
Teilnehmer in ihrer Präsentation eingehen sollten und anhand derer diese bewertet wurden, sind
nicht von der Regelung des § 46 Abs. 3 VgV umfasst. Die Bewerber wurden hier aufgefordert – quasi
im Wege einer Markterkundung – darzulegen, welche Leistungen andere Bewerber im Vergleich zu
ihnen nicht anbieten und welche Vorteile das eigene Managed-Print-Service-Konzept hinsichtlich des
Help Desks, des Supports, des Verbrauchsmaterials und des Reporting (Zählerstandsermittlung)
gegenüber den anderen Mitbewerbern hat. Die entsprechenden Regelungen des § 46 Abs. 3 VgV
sehen solche Untersuchungen und Vergleiche als vorzulegende Belege, die der Auftraggeber von den
Bewerbern zur Prüfung der Eignung fordern und im Rahmen der Eignungsprüfung bewerten kann,
nicht vor.
dd) In den Unterkriterien 1 „Technik“ und 4 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung“ wurden
jedenfalls nicht ausschließlich Eignungskriterien gewertet.
Für die Unterkriterien 1 „Technik“ und 4 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung“ war in der
Aufgabenstellung zunächst vorgesehen, dass alle zum Einsatz kommenden Geräte (Drucker und
Multifunktionsgeräte) gewisse technische Grundanforderungen zu erfüllen hatten. Dann wurden die
Geräte in Leistungsklassen unterteilt und weitere speziellere technische Grundanforderungen für
diese einzelnen Leistungsklassen bestimmt. Die Teilnehmer sollten in einer Eigenerklärung für jede
Leistungsklasse ein Modell konkret benennen und zur Präsentation Prospektmaterial mit den
technischen Daten dieser benannten Geräte übergeben. In der Eigenerklärung sollten dann weitere
Angaben zu den benannten Geräten getätigt werden. So sollte u. a. dazu eine Aussage getroffen
werden, ob die Gerätetechnik den Forderungen der Auftraggeberin entspricht (Unterkriterium 1.1
„Gerätetechnik der Leistungsklasse 1-3 entspricht der Forderungen des AG“), ob alle 3
„angebotenen“ Geräteklassen das Umweltzeichen EnergyStar besitzen (Unterkriterium 1.2 „Beitrag
zum Umwelt-/Gesundheitsschutz“), ob die für die einzelnen Leistungsklassen benannten Geräte über
das Umweltsiegel Blauer Engel verfügen (Unterkriterium 1.2 „Beitrag zum Umwelt-
/Gesundheitsschutz“), ob ein Tonerwechsel ohne Entweichen von Toner möglich ist (Unterkriterium
1.10 „Tonerstaub – Welchen Beitrag leisten die Geräte (Systematik des Kartuschensystems“), ob ein
Einsatz von Recyclingpapier möglich ist (Unterkriterium 1.11 „Einsatz von Recyclingpapier nach DIN
EN 12281“), ob der Follow-Me-Druck unterstützt wird (Unterkriterium 4.2.1 „Follow-Me“) usw. Die
entsprechenden Angaben wurden dann im Rahmen der Wertungsmatrix mit unterschiedlichen
Punkten bewertet, einzelne Unterkriterien stellten K. o.-Kriterien dar.
Die Abgrenzung zwischen der technischen Leistungsfähigkeit als Eignungskriterium einerseits und der
Bewertung der angeboten Leistung als Zuschlagskriterium andererseits ist im Einzelfall schwierig.
Nach Auffassung der Vergabekammer wurde jedenfalls im Unterkriterium 1.2 „Beitrag zum Umwelt-
/Gesundheitsschutz“ nicht die Eignung der Bewerber an sich, also deren technische
Leistungsfähigkeit, sondern die Ausstattung der konkret benannten Geräte bewertet. Dazu wurde in
der Wertungsmatrix berücksichtigt, ob das für die Leistungsklasse 1 konkret benannte Gerät über
einen Blauen Engel oder eine vergleichbare Auszeichnung verfügt oder nicht. War dies der Fall,
erhielt der Bewerber 1 Punkt, war dies nicht der Fall, erhielten die Bewerber in diesem
Unterkriterium 0 Punkte. So wurde auch bei den anderen Leistungsklassen vorgegangen. Damit
wurde schwerpunktmäßig auf die später zu erbringende Leistung und deren konkrete Spezifikation
abgestellt, nicht auf unternehmensbezogene Eigenschaften.
Da im Teilnahmewettbewerb noch keine Angebote abgegeben werden, ist es zudem schwer
nachzuvollziehen, warum die Auftraggeberin die Eignung der Teilnehmer anhand von Eigenschaften
konkret benannter Gerätetypen bewertet, welche im Zweifel später gar nicht angeboten werden.
d) Die Rügen der Antragstellerin gegen die konkrete Wertung ihrer Präsentation bleiben erfolglos. Sie
sind überwiegend unbegründet und führen jedenfalls nicht zu einer kausalen Rechtsverletzung der
Antragstellerin.
Unabhängig von dem Umstand, dass in dem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb nicht
ausschließlich die dafür vorgesehenen Eignungskriterien geprüft worden sind, begegnet die konkrete
Bewertung der Antragstellerin keinen durchgreifenden Bedenken der Vergabekammer.
Die Antragstellerin greift die durch eine Jury der Auftraggeberin vorgenommene Bewertung ihrer
Präsentation in insgesamt 7 Unterkriterien an. Die verschiedenen Unterkriterien sind teilweise weiter
in Unter-Unterkriterien aufgeteilt. Es gab in jedem Unterkriterium 0-2 Punkte bzw. teilweise 0-1
Punkt zu erreichen. Nach Auffassung der Antragstellerin seien alle diesbezüglichen „Abwertungen“
ihrer Präsentation unrechtmäßig, sie müsse in den angegriffenen Unterkriterien jeweils die
Maximalpunktzahl erhalten. Die Auftraggeberin hat zur Bewertung hilfsweise auf die übergebenen
Präsentationsunterlagen (Folien) zurückgegriffen.
aa) Der Auftraggeberin steht bei der Bewertung von Präsentationen ein weiter
Beurteilungsspielraum zu.
Dem Auftraggeber steht bei Bewertung von Präsentationen ein weiter Beurteilungsspielraum zu,
dessen Ausfüllung einer Überprüfung durch die Vergabekammer weitgehend entzogen ist. Die
Eindrücke der Jury sind dabei naturgemäß und auch von vornherein für alle Bieter ersichtlich
subjektiv geprägt (VK Südbayern, Beschluss vom 25. März 2013 - Z3-3-3194-1-06-03/13 -; VK
Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - VK 1 - 19/13 -, jeweils juris). Da die Präsentation
einen Vorgang darstellt, welcher einer Situation in einer mündlichen Prüfung ähnelt und welcher
wegen seiner Einmaligkeit nicht wiederholt werden kann, ist schon von daher eine nur
eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit dieser Situation gegeben (OLG München, Beschluss vom
17. Januar 2008 – Verg 15/07 –, juris). Ein Überschreiten dieses Beurteilungsspielraums und
Einschreiten der Vergabekammer ist daher nur dann möglich, wenn ein vorgeschriebenes Verfahren
nicht eingehalten wird, wenn nicht von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt
ausgegangen wird, wenn sachwidrige Erwägungen in die Wertung einbezogen werden und wenn der
sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung haltende Beurteilungsmaßstab nicht zutreffend
angewandt wurde (vgl. bspw. VK Bund, Beschluss vom 1. September 2011 Vergabekammer – VK 3
110/11 -, juris). Angesichts dieses Beurteilungsspielraums kann weder ein Antragsteller noch eine
Vergabekammer ihre Wertung an die Stelle der Wertung der Vergabestelle setzen. Nur
ausnahmsweise, d. h., wenn eine bestimmte Wertung zwingend ist, also der Beurteilungsspielraum
auf Null reduziert ist, dürfen die Nachprüfungsinstanzen die Wertung der Vergabestelle selbst
revidieren und ihre Einschätzung an deren Stelle setzen (vgl. bspw. VK Bund, Beschluss vom 24. Juni
2014 - VK 2 - 39/14 -, juris).
bb) Die Auftraggeberin hat den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten, die
Bewertung der Präsentation in den einzelnen angegriffenen Unterkriterien erfolgte rechtmäßig.
Hierzu im Einzelnen:
1) Unterkriterium 3.1.2 „Abrechnung - Abrechnungsschema - Abrechnung auf Produkte und
Kostenstellen“
Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.
In der Wertungsmatrix hieß es, dass 1 Punkt vergeben wird, falls ein mäßiger
Nachbearbeitungsaufwand zur Kostenzuordnung aus der Präsentation hinsichtlich des
Abrechnungsschemas erkennbar ist und 2 Punkte, falls wenig/kein Nachbearbeitungsaufwand zur
Kostenzuordnung erkennbar ist.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass eine komplett automatisierte Abrechnung der
Verbräuche der eingesetzten Drucker und Multifunktionsgeräte nur möglich wäre, falls alle Geräte
das Follow-Me-System verwenden. Es wurde jedoch in der Aufgabenstellung zur Präsentation darauf
hingewiesen, dass – wegen der Infrastruktur der Auftraggeberin – es nicht möglich ist, alle
eingesetzten Geräte mit diesem System arbeiten zu lassen. Es bestehen vielmehr auch getrennte
Netze sowie lokale Systeme, in denen ebenfalls Drucker und Multifunktionsgeräte eingesetzt werden
sollen. Dadurch entstehen mehrere (getrennte) Abrechnungsinformationen. Diese unterschiedlichen
Kosteninformationen (Zählerstände) sollte der Bewerber zusammenführen, damit am Ende nur eine
Kostensumme anfällt und kein weiterer bzw. ein möglichst geringer Aufwand für die Auftraggeberin
entsteht.
Zwar bietet die Antragstellerin ein System an, mit dem die Zählerstände von Geräten, welche nicht
mit dem Follow-Me-System arbeiten, zunächst an die Antragstellerin und dann an die Auftraggeberin
per Internet übertragen werden. Doch hat die Auftraggeberin zutreffend hierzu weiter vorgetragen,
dass eine nicht unerhebliche Menge von Geräten gar nicht an das Internet angeschlossen wird.
Darauf wurde in der Aufgabenstellung zur Lösungs-Präsentation ausdrücklich hingewiesen. Für diese
käme die von der Antragstellerin präsentierte Lösung hinsichtlich der abgetrennten und lokalen
Systeme nicht in Betracht, da diese Geräte keine Informationen (Zählerstände) an das
Rechenzentrum der Antragstellerin übertragen können.
Für die Vergabekammer ist es deshalb nachvollziehbar, dass die Auftraggeberin hinsichtlich der
Abrechnung von einem mäßigen Nachbearbeitungsaufwand ausging. Die Bewertung ist nicht
willkürlich und sachfremd. Gründe, warum die Antragstellerin in diesem Unter-Unterkriterium
zwingend mit „wenig/kein Nachbearbeitungsaufwand für die Auftraggeberin“ zu bewerten gewesen
wäre, liegen nicht vor. Die Bewertung erfolgte innerhalb des der Auftraggeberin zur Verfügung
stehenden Beurteilungsspielraums.
2) Unterkriterium 3.1.3 „Abrechnung – Abrechnungsschema - Funktionsweise und Ablauf“
Die Präsentation Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.
Nach den Vorgaben der Wertungsmatrix war vorgesehen, dass 1 Punkt vergeben wird, falls mäßig
praktikable Abläufe aus der Präsentation hinsichtlich des Abrechnungsschemas erkennbar sind und 2
Punkte, falls praktikable Abläufe erkennbar sind.
Während die Antragstellerin darauf hinweist, in verschiedenen Folien auf die Funktionsweise und
den Ablauf der Abrechnung auch hinsichtlich der getrennten lokalen Systeme eingegangen zu sein,
erwidert die Auftraggeberin hierzu, dass in der Präsentation lediglich auf 3 Folien (Folien 67-69)
konkret die Funktionsweise und der Ablauf der Abrechnung derjenigen Geräte dargestellt wurden,
welche mit dem automatisierten Follow-Me-System arbeiten. Auf die getrennten und lokalen
Systeme sei nicht eingegangen worden.
Zutreffend ist, dass in den von der Antragstellerin genannten Folien beschrieben wird, dass beim
Arbeiten in getrennten Netzen eine Datenübertragung der Zählerstände der Geräte an das
Rechenzentrum der Antragstellerin stattfindet und die Auftraggeberin diese Daten dann abrufen
kann (vgl. oben II 2. b) aa)). Dies stellt jedoch keine konkrete Darstellung eines automatisierten
Ablaufs der Abrechnung für die getrennten und lokalen Systeme dar. Die Antragstellerin hat eine
solche konkrete Darstellung für die Funktionsweise und den Ablauf der Abrechnung nur für Geräte
vorgestellt, die mit dem Follow-Me-System arbeiten. Es erscheint daher vor diesem Hintergrund als
nicht willkürlich bzw. sachfremd, wenn die Auftraggeberin daraus ableitet, dass der Ablauf der
Abrechnung insgesamt (also auch mit den getrennten und lokalen Systemen) bei Verwendung der
Geräte der Antragstellerin für sie mäßig praktikabel ist. Die Bewertung der Präsentation der
Antragstellerin mit 1 von 2 Punkten in dem genannten Unter-Unterkriterium durch die
Auftraggeberin ist daher nach Auffassung der Vergabekammer von deren Beurteilungsspielraum
umfasst.
2) Unterkriterium 4.10 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Architektur des Gesamtsystems –
Ausfallsicherheit“
Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.
In der Wertungsmatrix war vorgegeben, dass bei einer mäßigen Ausfallsicherheit 1 Punkt und bei
einer guten Ausfallsicherheit 2 Punkte vergeben werden.
In der Präsentation wurde eine Lösung für die Ausfallsicherheit vorgestellt, die auf einer
Virtualisierungsumgebung und gespiegelten Back-up-Servern beruht. Dadurch ist das Maß an
Ausfallsicherheit maßgeblich von der Systeminfrastruktur der Auftraggeberin abhängig. Eine eigene
Ausfallsicherheit bzw. Rückfallebene besitzt die vorgestellte Lösung der Antragstellerin nicht.
Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Maß an Ausfallsicherheit der vorgestellten Lösung
durch die Auftraggeberin mit mäßig bewertet wird. Keinesfalls ist durch diese Bewertung der der
Auftraggeberin zustehende Beurteilungsspielraum überschritten.
3) Unterkriterium 4.10 – „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Architektur des Gesamtsystems
– Lastverteilung und Skalierbarkeit“
Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.
Aus der Wertungsmatrix war ersichtlich, dass 1 Punkt vergeben wird, falls die vorgestellte Lösung
eine mäßige Lastverteilung und Skalierbarkeit bietet und 2 Punkte, falls eine gute Lastverteilung und
Skalierbarkeit erkennbar ist.
Die benannten Geräte der Antragstellerin scannen Dokumente dezentral auf jedem Gerät selbst und
schicken das Bild nicht an einen zentralen Server, der die Texterkennungen durchführt. Dabei werden
bei Verwendung der „OnBoard“ Scan-Lösung durchsuchbare PDF-Dokumente erstellt. Andere
Dateiformate können mittels Integration einer OCR Software in das Follow-Me-System erstellt
werden.
Während die Antragstellerin die dezentrale Lösung beim Scannen als Mehrwert gegenüber anderen
Systemen betrachtet, da bei einem großen Anfall von gleichzeitigen Scan-Vorgängen keine
Wartezeiten bei einem zentralen Server entstehen, stellt dies nach Auffassung der Auftraggeberin
gar keine Lastverteilungslösung eines Gesamtsystems dar. Zudem könne der „On-Bord“-Scan bspw.
keine Word-Dokumente herstellen.
Die Einschätzung der Auftraggeberin, dass die vorgestellte Scan-Lösung der Antragstellerin eine
mäßige Lastverteilung und Skalierbarkeit aufweist, ist jedenfalls nicht willkürlich oder sachwidrig. Es
ist auch nicht zwingend, dass die vorgestellte Scan-Lösung der Antragstellerin mit 2 von 2 Punkten
bewertet werden müsste. Die Auftraggeberin hat darauf hingewiesen, dass die On-Bord-Scan-Lösung
der Antragstellerin nur PDF Dokumente erstellen kann. Andere Dateiformate sind nur erstellbar,
wenn eine OCR Software in das Follow-Me-System integriert wird. Das Follow-Me-System kommt
jedoch wegen der Infrastruktur der Auftraggeberin (getrennte Netze bzw. überhaupt kein
Internetzugang) nicht an allen Standorten für die Geräte zum Einsatz, weswegen hier eine Bewertung
mit 1 von 2 Punkten vom Beurteilungsspielraum der Auftraggeberin umfasst ist.
4) Unterkriterium 4.10 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung – Architektur des Gesamtsystems –
Desaster Recovery“
Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.
Nach der Wertungsmatrix wurde hier 1 Punkt vergeben, falls die vorgestellte Desaster Recovery als
mäßige bewertet wird und 2 Punkte, falls diese als gut angesehen wird.
In der Präsentation der Antragstellerin wurde auf dieses Thema nicht explizit eingegangen. Es gibt
keine Folie, auf der Ausführungen speziell zur Desaster Recovery vorhanden sind.
Dementsprechend gibt es keinen Anlass die vorgenommene Bewertung zu korrigieren. Es kann
keinen Anspruch darauf geben, in diesem Unterkriterium die Höchstpunktzahl zu erhalten, wenn in
der Präsentation dazu nichts vorgetragen wurde.
5) Unterkriterium 5.1 „Rollout - Rollout-Konzept“
Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.
Hierzu war in der Wertungsmatrix vorgesehen, dass ein vorhandenes, jedoch nicht vollständiges und
schlüssiges Konzept mit 1 Punkt bewertet wird und ein nachvollziehbares und schlüssiges Konzept
mit 2 Punkten.
In der Präsentation der Antragstellerin wurde der Ablauf des Rollouts umfangreich dargestellt. Dabei
ist jedoch auch nach Auffassung der Vergabekammer nicht explizit auf alle konkreten
Vorgaben/Fragen der Aufgabenstellung eingegangen worden. So finden sich zwar allgemeine
Ausführungen zum Abbau der vorhandenen Altgeräte und deren Verwertung.
Welche Möglichkeiten für eine Abstimmung mit dem bisherigen Auftraggeber hinsichtlich des
Abbaus der Altgeräte bestehen, ist allerdings nicht ersichtlich. Auch wurde lediglich allgemein
dargestellt, wie die Inbetriebnahme abläuft. Zur in der Aufgabenstellung ebenfalls aufgeführten
konkreten Frage, wie ein weitestgehend unterbrechungsfreies Arbeiten während des
Geräteaustauschs sichergestellt werden könne, finden sich keine konkreten Ausführungen. Da auf die
konkreten Fragen in der Aufgabenstellung zum Rollout nicht vollständig eingegangen wurde, kann
die vorgenommene Wertung mit 1 von 2 Punkten nicht erfolgreich angriffen werden, der der
Auftraggeberin zustehende Beurteilungsspielraum wurde nicht überschritten.
6) Unterkriterium 5.1.1 „Rollout - Ablauf Rollout (bezüglich Aufwand für AG)“
Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 1 von 2 Punkten bewertet.
Dabei wurde gemäß der Wertungsmatrix ein mäßiger Aufwand beim Ablauf des Rollouts mit 1 Punkt
bewertet und ein geringer Aufwand mit 2 Punkten.
Aus den Folien der Präsentation ist ersichtlich, dass der Auftraggeberin verschiedene
Mitwirkungspflichten zugewiesen sind, insbesondere soll sie für den Rollout bei Bedarf
Zwischenlagerungsflächen zur Verfügung stellen. In der Aufgabenstellung zur Präsentation wurde
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Rollout von Seiten der Auftraggeberin nur mit begrenzten
personellen Kapazitäten („ausschließlich Koordination“) unterstützt werden könne und
dementsprechend die Kapazitäten der Teilnehmer anzupassen seien. Die Auftraggeberin hat hierzu
nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass einige der aufgeführten Mitwirkungspflichten auch von der
Antragstellerin (als Dienstleistung) selbst hätten übernommen werden können,
Zwischenlagerungsflächen bei ihr nicht vorhanden wären und der Umstand, dass die Geräte
vorkonfiguriert ausgeliefert werden würden, kein herausragendes Alleinstellungsmerkmal sei. Die
vorgenommene Bewertung dieses Unterkriteriums und die damit einhergehende Einschätzung,
wonach ein mäßiger Aufwand für die Auftraggeberin beim Rollout entstehen würde, ist daher weder
sachwidrig noch willkürlich.
7) Unterkriterium 6.1 „Innovationen - Unterscheidungsmerkmal von Wettbewerbern – Software“
Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 0 von 2 Punkten bewertet.
Dabei war in der Wertungsmatrix vorgesehen, dass die Präsentationen hier nur mit 0 oder 2 Punkten
bewertet werden konnten. Soweit Vorteile im Bereich Software erkennbar waren, sollte die
vorgestellte Lösung mit 2 Punkten bewertet, falls keine Vorteile im Bereich Software erkennbar
waren, sollte eine Bewertung mit 0 Punkten vorgenommen werden.
Die Antragstellerin hat zu diesem Unterkriterium ihr Joint-Venture mit der Firma XXX vorgestellt.
Diese vertreibt als E-Governementlösung die Software „XXX“. Diese Software wird bereits von der
Auftraggeberin benutzt, was der Antragstellerin auch unstreitig bekannt war.
Vor diesem Hintergrund überschreitet die vorgenommene Wertung mit 0 Punkten hier nicht den
Beurteilungsspielraum der Auftraggeberin. Die als innovatives Unterscheidungsmerkmal vorgestellte
Software, war der Auftraggeberin nicht nur bereits bekannt, sondern wird von dieser bereits benutzt.
Die Einschätzung der Auftraggeberin, in deren zukünftiger Verwendung kein innovatives
Unterscheidungsmerkmal der Antragstellerin zu Mitbewerbern zu sehen, erscheint deshalb
nachvollziehbar.
8) Unterkriterium 6.1 „Innovationen - Unterscheidungsmerkmal von Wettbewerbern – Service“
Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 0 von 2 Punkten bewertet.
Auch hier war in der Wertungsmatrix vorgesehen, dass die Präsentationen nur mit 0 oder 2 Punkten
bewertet werden konnten. Wenn Vorteile im Bereich Service erkennbar waren, sollte eine
Bewertung mit 2 Punkten erfolgen, wenn hingegen keine Vorteile im Bereich Service erkennbar
waren, sollte eine Bewertung mit 0 Punkten vorgenommen werden.
Von der Antragstellerin wurde hierzu ausgeführt, dass sie ein Sicherheitskonzept vorgestellt habe.
Danach befänden sich alle Daten in der Hand des Kunden. Daten, die an die Antragstellerin
übermittelt würden, verblieben im räumlichen Geltungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes
(BDSG). Dies sei ein innovativer Ansatz und Alleinstellungsmerkmal gegenüber Mitbewerbern. Hierzu
erwiderte die Auftraggeberin, dass ein öffentlicher Auftraggeber immer an die
Datenschutzanforderungen des BDSG gebunden sei und ein zusätzliches Kriterium zum Beispiel zur
Datenverschlüsselung gefehlt habe, in dem Aspekte der Datensicherheit explizit gewürdigt würden.
Auch hinsichtlich der Bewertung dieses Unterkriteriums wurde der Beurteilungsspielraum der
Auftraggeberin nicht überschritten. Der Umstand, dass die Auftraggeberin das von der
Antragstellerin vorgestellte Sicherheitskonzept nicht in dem Unterkriterium 6.1 „Innovationen -
Unterscheidungsmerkmal von Wettbewerbern – Service“ als innovatives Unterscheidungsmerkmal
bezüglich des Service berücksichtigt hat, war weder willkürlich noch sachwidrig. In der
Aufgabenstellung war den Erläuterungen zu diesem Unterkriterium zu entnehmen, dass die
Teilnehmer darstellen sollten, welche Unterscheidungsmerkmale der von ihnen angebotenen
Servicedienstleistungen gegenüber den Wettbewerbern bestehen. Die von der Antragstellerin in
ihrem Sicherheitskonzept dargelegten Ausführungen betreffen jedoch eher Eigenschaften bei der
Datenverarbeitung und Datenübertragung als konkrete Servicedienstleistungen der Antragstellerin.
Damit ist auch diese Bewertung vom Beurteilungsspielraum der Auftraggeberin gedeckt und durch
die Vergabekammer nicht korrigierbar.
9) Unterkriterium 4.8 „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung - Software - Verwaltung“
Die Präsentation der Antragstellerin wurde in diesem Unterkriterium mit 0 von 1 Punkten bewertet.
Aus der Wertungsmatrix ist ersichtlich, dass 0 Punkte bei einem hohen Administrationsaufwand und
1 Punk bei einem niedrigen Administrationsaufwand vergeben werden sollten.
In den Vergabeunterlagen wurde als Grundvoraussetzung für alle Geräte der unterschiedlichen
Leistungsklassen gefordert, dass eine Webschnittstelle zur Administration verfügbar ist.
Die Parteien streiten, ob eine solche in der Präsentation vorgestellt wurde. In der mündlichen
Verhandlung stellte sich heraus, dass sich die von der Antragstellerin als Anlage zur
Antragsbegründung vorgelegten Folien der Präsentation und diejenigen, welche der Auftraggeberin
unmittelbar nach der Präsentation übergeben worden sind, unterscheiden. Während in den von der
Antragstellerin übergebenen Folien davon die Rede ist, dass die Softwarelösung der Antragstellerin
über einen „Network Print Monitor“ verfüge, welcher die Administration auf Maschinenebene
ermögliche und laut Aussage der Antragstellerin das Softwaretool zur Benutzung der
Webschnittstelle darstelle, spricht die entsprechende Folie, welche der Auftraggeberin nach der
Präsentation übergeben wurde, davon, dass ein „KM NetAdmin“ die Administration auf
Maschinenebene ermögliche. An einer anderen Stelle der Präsentation wird dazu weiter ausgeführt,
dass dieses „web basierte Tool ist für die zentrale Verteilung der Print Policy und der Pflege eventuell
benötigter lokaler Adressbücher zuständig“ ist. Der Widerspruch dieser unterschiedlichen
Folieninhalte konnte im Nachhinein nicht aufgelöst werden.
Nach Auffassung der Antragstellerin verfügen die von ihr benannten Geräte tatsächlich über eine
Webschnittstelle. Darauf sei in der Präsentation auch eingegangen worden. Zudem verhalte sich die
Auftraggeberin widersprüchlich, wenn sie das angebliche Nichtvorhandensein einer Webschnittstelle
zur Begründung einer Bewertung mit 0 Punkten in diesem Unterkriterium heranzieht, die
Antragstellerin wegen der Nichterfüllung eines K.o.-Kriteriums jedoch nicht ausschließe. Dahingegen
vertritt die Auftraggeberin die Auffassung, dass eine Webschnittstelle nicht vorgestellt wurde und
deshalb davon ausgegangen werden konnte, dass die benannten Geräte der Auftraggeberin auch
tatsächlich nicht über eine solche verfügen, was wiederum eine Bewertung mit 0 Punkten
rechtfertigt.
Eine Entscheidung darüber, ob die Wertung dieses Unterkriteriums fehlerhaft erfolgte, kann
dahinstehen.
Zur Abgabe eines ersten Angebots sollten die 4 bestplatzierten Teilnehmer aufgefordert werden. Die
Antragstellerin belegt in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs den 5. Rang, die Beigeladene zu 1 den
4. Rang. Der Abstand zur Beigeladenen zu 1 beträgt 36 Punkte nach Wichtung. Im Unterkriterium 4.8
– „IT-Anforderungen und Geräteverwaltung - Software – Verwaltung“ war maximal die Bewertung
mit einem Punkt möglich, der nach Wichtung mit 4 Punkten in der Gesamtwertung Berücksichtigung
gefunden hätte. Eine kausale Rechtsverletzung der Antragstellerin durch einen eventuellen
Bewertungsfehler in diesem Unterkriterium ist somit ausgeschlossen. Selbst wenn die
Vergabekammer der Argumentation der Antragstellerin folgen würde und die Wertung in diesem
Unterkriterium korrigieren würde, wäre der Abstand der Antragstellerin zur Beigeladenen zu groß
und an der Wertungsreihenfolge insgesamt würde sich nichts ändern. Damit wäre ein eventueller
Bewertungsfehler in diesem Unterkriterium unerheblich (vgl. OLG München, Beschluss vom 19. März
2009 – Verg 2/09 –, juris).
e) Die Rügen der Antragstellerin gegen die Transparenz im Zusammenhang mit der konkreten
Wertung der Präsentation der Antragstellerin bleiben erfolglos.
aa) Die Vorgaben zur Erstellung der Präsentation waren hinreichend transparent.
Den Teilnehmern, welche die Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs erfolgreich überstanden haben,
wurde die Aufgabenstellung zur Erstellung der Teilnahmepräsentation inklusive der Wertungsmatrix
übergeben.
Die Antragstellerin rügt hinsichtlich des Unterkriteriums 3.1.2 Abrechnung auf Produkte und
Kostenstellen (Abrechnungsschema), des Unterkriteriums 3.1.3 Funktionsweise und Ablauf
(Abrechnungsschema), des Unterkriteriums 4.10 Architektur des Gesamtsystems (Desaster
Recovery), des Unterkriteriums 5.1.1 Ablauf Rollout (bezüglich Aufwand für AG) und des
Unterkriteriums 6.1 Innovationen (Software), dass den Bietern nicht ausreichend vorgegeben wurde,
auf was sie in der Präsentation eingehen sollten. Die gestellten Anforderungen seien diesbezüglich
intransparent.
Dem ist nicht so.
In den hier angegriffenen Unterkriterien sollten die Teilnehmer darstellen, welche „Lösungen“
angeboten werden und Konzepte erstellen.
Es ist vergaberechtlich nur notwendig, aber auch ausreichend, wenn der Bieter erkennen kann,
worauf es dem Auftraggeber bei der Anwendung eines ausfüllungsbedürftigen Wertungsschemas
inhaltlich ankommt (OLG Dresden, Beschluss vom 26. Januar 2016 – 1 Verg 1/16 –, juris). In der
Aufgabenstellung zur Präsentation wurde den Teilnehmern zunächst durch allgemeine Erläuterungen
und dann mittels konkreter Vorgaben zu den einzelnen Unterkriterien und expliziten Fragen
hinreichend deutlich gemacht, auf was sie in der Präsentation bezüglich der o. g. Unterkriterien
einzugehen hatten, was erläutert und dargestellt werden sollte.
Der Auftraggeber muss den Bietern weder direkt noch mittelbar Lösungskomponenten vorgeben, die
diese zwangsläufig aufgreifen würden, um in der Angebotswertung bestehen zu können. Damit
würde ein Auftraggeber gezwungen, Aufgaben zu übernehmen, deren Lösung er im Rahmen einer
funktionalen Ausschreibung in vergaberechtlich unbedenklicher Weise auf die Bieter delegieren
wollte (BGH, Beschluss vom 4. April 2017 – X ZB 3/17 –, juris).
Ein Auftraggeber ist auch nicht verpflichtet im Vorhinein, jedem einzelnen Wertungsaspekt im
Rahmen eines Unterkriteriums einen konkreten Punktwert zuzuordnen. Wäre das anders, dann wäre
der Auftraggeber letztlich gehalten, im Vorfeld der Ausschreibung auf der Grundlage eigener
Markterkenntnisse nicht nur ein Idealkonzept zu entwickeln und offenzulegen, welches dann mit der
erreichbaren Höchstpunktzahl zu bedenken wäre, sondern zudem Abstufungen nach unten
vorzunehmen und gleichfalls offenzulegen, was konkret zu bestimmten Punktabzügen führen wird.
Ein solches Vergabeverhalten wäre das Gegenteil dessen, was durch ein wettbewerbliches Verfahren
erreicht werden soll. Denn es würde die Bieter der Chance berauben, mit abweichenden oder
innovativen Konzepten und Lösungen Wertungsvorteile zu erlangen, und den Auftraggeber daran
hindern, den Vergleich unterschiedlicher Konzepte zum Wertungsgegenstand zu machen und
dadurch das inhaltlich beste und wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln (OLG Dresden a. a. O.).
Ausgehend davon waren die Vorgaben der Auftraggeberin nicht intransparent.
bb) Die Auftraggeberin hat über die in der Wertungsmatrix bekanntgemachten Unterkriterien keine
weiteren nicht bekannt gemachten Unterkriterien verwendet.
In Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs wurden die Präsentationen und Eigenerklärungen der
Teilnehmer anhand einer umfangreichen Wertungsmatrix der Auftraggeberin bewertet und mit
dieser die Wertungsreihenfolge erstellt.
Die Antragstellerin rügt hierzu sinngemäß, dass die Auftraggeberin schon vor dem Zeitpunkt der
Präsentation gewusst habe, dass ihr verschiedene Lösungsansätze nicht ausreichen würden. Dies
hätte sie früher transparent bekannt machen müssen, um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen.
Soweit die Antragstellerin damit rügt, dass die Auftraggeberin weitere nicht bekannt gemachte
Unter-Unterkriterien für die Wertung verwendet hätte, ist nicht zutreffend.
Die Auftraggeberin ist zunächst verpflichtet, die Wertungsmatrix des Teilnahmewettbewerbs zu
veröffentlichen. Beabsichtigt der öffentliche Auftraggeber mehr als ein objektives und
nichtdiskriminierendes Eignungskriterium zur Begrenzung der Anzahl der Bewerber anzusetzen, ist es
erforderlich, eine Eignungsmatrix aufzusetzen, die zur Wahrung des Transparenzgrundsatzes den
interessierten Unternehmen in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen bekannt zu
machen ist (Ortner/Willweber in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl. 2016, § 51 VgV).
Dies hat die Auftraggeberin zumindest für diejenigen Teilnehmer, welche in Phase 1 des
Teilnahmewettbewerbs erfolgreich waren, getan.
Weiter geht die Vergabekammer grundsätzlich davon aus, dass die zu den Zuschlagskriterien
entwickelte Rechtsprechung, wonach Unterkriterien, welche die Hauptkriterien aufschlüsseln
inklusive deren Gewichtung bekannt zu machen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. März
2005 - Verg 77/04 - sowie EuGH, Urteil vom 24. November 2005 – C-331/04 –, jeweils juris), auf die
hier aufgestellten Kriterien zur Auswahl der Teilnehmer übertragen werden können. Einer
abschließenden Entscheidung dazu bedarf es jedoch nicht, da die Auftraggeberin hier keine
(weiteren) nicht bekannt gemachten (Unter-) Unterkriterien aufgestellt hat und anhand derer die
Wertung der Präsentationen in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs durchgeführt hat. Dafür gibt es
in den Vergabeunterlagen keine Anhaltspunkte. Die der Antragstellerin übersandte Begründung für
die Wertung der einzelnen Unterkriterien wurde individuell anhand der Inhalte der Präsentation und
der Eigenschaften der benannten Geräte erstellt.
f) Das Vergabeverfahren ist aufzuheben.
Gemäß § 168 Abs. 1 GWB entscheidet die Vergabekammer, ob der Antragsteller in seinen Rechten
verletzt ist, und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine
Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und
kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.
Der Vergabekammer war es vorliegend nicht verwehrt von Amts wegen zu prüfen, ob die
Antragstellerin - unabhängig von deren Vortrag im Nachprüfungsantrag - durch die Ausgestaltung des
Teilnahmewettbewerbs und die dort verwendeten Kriterien zur Begrenzung der Teilnehmerzahl in
ihren Rechten verletzt wurde. Zwar gibt es im Nachprüfungsverfahren keine allgemeine
Rechtmäßigkeitskontrolle (Dreher in Immenga/Mestmäcker, GWB, § 114, Rn. 17). Wird der
Nachprüfungsantrag jedoch für zulässig erachtet, prüft die Vergabekammer, ob ein Verstoß gegen
bieterschützende Vorschriften zu Lasten des Antragstellers vorliegt, und trifft gegebenenfalls - ohne
Bindung an Anträge - Maßnahmen, die im Interesse des Antragstellers zur Wiederherstellung eines
fairen Wettbewerbs geeignet und notwendig sind (Summa in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-
VergR, 5. Aufl. 2016, § 168 GWB, Rn. 10 f.). Das schließt ein, Vergaberechtsverstöße auch ohne
ausdrückliche Benennung durch den Antragsteller aufzugreifen, wenn und soweit sie aufgrund des
zur Prüfung gestellten Sachverhalts zutage treten und subjektive Rechte des Antragstellers betroffen
sind (OLG Dresden, Beschluss vom 29. Mai 2001 – WVerg 3/01 –, juris) und nicht präkludiert sind
((OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. Juli 2002 - Verg 22/02 - ,juris).
Der Antrag ist vorliegend zulässig (siehe oben Ziffer II 1.).
Auch sind hier subjektive Rechte der Antragstellerin betroffen. Diese begehrte vorliegend eine
Korrektur des Ergebnisses der Bewertung ihrer Präsentation im Teilnahmewettbewerb, um in die
Verhandlungsphase vorzudringen und die Chance auf Abgabe eines ersten Angebots und
schlussendlich eine Chance auf Erteilung des Zuschlags zu bekommen. Dies wurde ihr verwehrt.
Soweit die Auswahlentscheidung zur Begrenzung der Anzahl der Teilnehmer auf einer
vergaberechtswidrigen Aufteilung des Teilnahmewettbewerbs und der Verwendung von dafür in § 51
Abs. 1 VgV nicht vorgesehenen Kriterien beruht, berührt dies die Antragstellerin in ihren subjektiven
Rechten. Sie ist gegen diese Auswahlentscheidung – mit anderen Argumenten – vorgegangen. Soweit
nur die Phase 1 des Teilnahmewettbewerbs zur Anwendung gekommen wäre, hätte man sie zur
Abgabe eines ersten Angebots aufgefordert. Nach der Aufhebung des Vergabeverfahrens hat sie
jedenfalls eine 2. Chance um den Zuschlag für den streitigen Auftrag zu erhalten.
Die Antragstellerin wäre mit einer Rüge hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des
Teilnahmewettbewerbs und die dort verwendeten Kriterien nicht nach § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB
präkludiert. Dies würde voraussetzen, dass die beschriebenen Vergaberechtsverstöße erkennbar
gewesen wären. Für die Erkennbarkeit kommt es darauf an, ob dem Antragsteller das Übersehen des
Verstoßes gegen das Vergaberecht vorgeworfen werden kann. Es ist zu fragen, ob dem Antragsteller
eine fahrlässige Vernachlässigung einer Obliegenheit vorgeworfen werden kann. Prüfungsmaßstab ist
die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Antragstellers. Erkennbar sind somit
Vergaberechtsverstöße, die von einem Durchschnittsbieter bei üblicher Sorgfalt und den üblichen
Kenntnissen erkannt werden. Verstöße gegen die Vorschriften zur konkreten Ausgestaltung eines
dem eigentlichen Verhandlungsverfahren vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs und die
Beachtung der dafür vorgesehenen Anforderungen sind von Durchschnittsbietern für die hier
streitige Dienstleistung im Rahmen der hier vorgenommenen Ausgestaltung des Vergabeverfahrens
und aufgrund der hier vorliegenden Vergabeunterlagen nicht erkennbar gewesen. Es gibt - soweit
ersichtlich - dazu keine veröffentlichte Entscheidung einer Vergabekammer oder eines
Oberlandesgerichts. Die konkrete Abgrenzung der technischen Leistungsfähigkeit von Unternehmen
einerseits und der Bewertung von technischen Details der angeboten (oder hier in Aussicht
gestellten) Leistung ist im Einzelfall schwierig, sodass nach Auffassung der erkennenden
Vergabekammer eine fahrlässige Vernachlässigung einer bestehenden Obliegenheit nicht festgestellt
werden kann. Zudem hätte die Antragstellerin diese Verstöße gar nicht vor Ablauf der Frist zur
Bewerbung am 6. Februar 2017 rügen können. Die Vergabeunterlagen, aus denen sich die genannten
Verstöße ergeben, wurden der Antragstellerin erst am 2. März 2017 übermittelt. Eine Frist zur
Angebotsabgabe wurde der Antragstellerin von der Auftraggeberin nicht bekannt gemacht, da die
Unterlagen für die Verhandlungsphase nur den in Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs erfolgreichen
Teilnehmern übermittelt wurde und sich nur diesen Unterlagen die Frist zur Angebotsabgabe
entnehmen ließ. Weitere Präklusionstatbestände kommen nicht in Betracht.
§ 168 GWB vermittelt der Vergabekammer einen weiten Entscheidungsraum, der nur innerhalb des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Schranken findet (VK Sachsen, Beschluss vom 7. Januar 2008 -
1/SVK/077-07 -, juris). Die Vergabekammer kann alles unternehmen, was für die Rechtmäßigkeit des
Vergabeverfahrens erforderlich ist. Ausgeschlossen ist lediglich die Zuerkennung von Schadensersatz.
Die Maßnahme muss jedoch geeignet sein, die Rechtsverletzung zu beseitigen, gleichzeitig aber auch
das mildeste Mittel hierfür sein (VK Sachsen, Beschluss vom 30. April 2008 - 1/SVK/020-08 -, juris).
Hier ist kein anderes milderes Mittel als die Aufhebung des Vergabeverfahrens ersichtlich, welche die
genannten Vergaberechtsverstöße heilen kann. In der Bekanntmachung wurde hinsichtlich der
Bedingungen für die Reduzierung der Teilnehmerzahl auf die online abzurufenden
Vergabeunterlagen verwiesen („Informationen zum Teilnahmewettbewerb“). Diesen war bereits die
Aufteilung des Teilnahmewettbewerbs in 2 Phasen und die Kriterien für die erste Reduzierung der
Teilnehmerzahlen zu entnehmen. Deshalb ist eine Rückversetzung in den Stand nach
Bekanntmachung unzureichend und eine Fehlerkorrektur im laufenden Verfahren nicht mehr
möglich. Die Vergabekammer ordnet deshalb die Aufhebung des streitigen Vergabeverfahrens an.
Die Vergabekammer weist darüber hinaus auf Folgendes hin: Wie bereits beschrieben, dürfen die
Eignungsprüfung und die Prüfung der wirtschaftlichen Bewertung der Angebote nicht vermischt
werden (EuGH a. a. O.). Bei der Angebotswertung darf nicht nochmals einfließen, ob das Angebot
von einem besonders leistungsfähigen oder erfahrenen Unternehmen stammt (BGH a. a. O.). Den in
Phase 2 des Teilnahmewettbewerbs erfolgreichen 4 Teilnehmern wurden die Zuschlagskriterien und
die Wertungsmatrix für die Angebotsprüfung bereits übermittelt. Dort sind Kriterien aufgestellt, die
bereits im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs zum Einsatz kamen und gewertet worden sind. Das
Unterkriterium 2.3 „Zählerstandsübermittlung von Geräten ohne Netzwerkauslesung“ des
Teilnahmewettbewerbs findet sich als Unterkriterium 1.2 „Einholung von Zählerständen an
Standorten ohne Netzwerkanbindung durch den Auftragnehmer“ der Angebotswertung wieder. In
beiden Unterkriterien ist vorgesehen, dass ein Teilnehmer/Bieter 0 Punkte erhält, wenn der
Auftraggeber Zählerstände manuell einholen und übermitteln muss, 1 Punkt erhält, falls die
Zählerstandsübermittlung durch Hilfsmittel/Tools unterstützt werden kann und 2 Punkte, falls der
Auftragnehmer die Einholung der Zählerstände übernimmt. Damit wird in beiden Unterkriterien
dasselbe gewertet, was wegen des Doppelverwertungsverbots ausgeschlossen ist. Auch sind die K.o.-
Kriterien des Teilnahmewettbewerbs hinsichtlich der Gerätetechnik und der Software (Seite 2-4 der
Aufgabenstellung), die in der Wertungsmatrix des Teilnahmewettbewerbs in den Unterkriterien 1.1
„Gerätetechnik der Leistungsklasse 1 bis 3 entsprechend den Forderungen des AG“ und 4 „IT-
Anforderungen und Geräteverwaltung“ bewertete wurden und die in der Angebotswertung
enthaltenen K.-o.-Kriterien zu den Anforderungen der angebotenen Geräte an die Software und
Gerätetechnik (Leistungsverzeichnis Seite 11-12) identisch. Eine doppelte Prüfung dieser Kriterien ist
unabhängig von deren Einordnung als Eignungs- oder Zuschlagskriterium ausgeschlossen.
III
1. Die Auftraggeberin hat die Kosten zu tragen, § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB.
Die Auftraggeberin hat als Unterliegende die Kosten (Gebühren und Auslagen) des
Nachprüfungsverfahrens gemäß § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB zu tragen.
Die Gebühr beträgt mindestens 2.500 EUR und soll den Betrag von 50.000 EUR nicht überschreiten (§
182 Abs. 2 Satz 1 und 2 GWB). Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und
sachlichen Aufwand der erkennenden Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen
Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens (§ 182 Abs. 2 GWB). Der Gesetzgeber hat
mit dieser an § 80 Abs. 2 GWB orientierten Regelung klargestellt, dass - wie im
Kartellverwaltungsverfahren - vorrangig auf die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens
abzustellen ist. Die Vergabekammern des Bundes haben eine Gebührenstaffel erarbeitet, die die
erkennende Vergabekammer im Interesse einer bundeseinheitlichen Handhabung in der Regel
übernimmt. Zur Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses wird in der Regel auf den Angebotswert
des Angebotes der Antragstellerin abgestellt. Vorliegend hat die Antragstellerin noch kein Angebot
abgegeben, da sie bereits im dem Verhandlungsverfahren vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb
ausgeschieden ist und nicht zur Abgabe eines ersten Angebots aufgefordert wurde. Hinsichtlich der
wirtschaftlichen Bedeutung stellt die Vergabekammer deshalb auf den von der Auftraggeberin
geschätzten Auftragswert ab. Es ist dabei nach § 3 Abs.1 Satz 1 VgV (der nach ständiger
Rechtsprechung auch zur Berechnung des Streitwerts heranzuziehen ist, vgl. bspw. OLG München,
Beschluss vom 12. August 2008 - Verg 6/08 -, juris). von der geschätzten Gesamtvergütung für die
vorgesehene Leistung auszugehen. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift sind alle Optionen oder
Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Auftragswerts ist jedoch zu
berücksichtigen, dass bei einem eingeräumten Optionsrecht zu Gunsten des Auftraggebers es allein
in der Macht dessen steht, die Laufzeit des Vertrages zu verlängern. Die Ungewissheit darüber, ob
der Auftraggeber das Optionsrecht ausüben wird, ist mit einem angemessenen Abschlag vom vollen
Auftragswert zu berücksichtigen, der rechnerisch während der optionalen Vertragslaufzeit erzielt
werden könnte. Dieser Abschlag beträgt im Regelfall 50 % (BGH, Beschluss vom 18. März 2014 – X ZB
12/13 –, juris). Ausgehend davon ergibt sich hier ein Auftragswert für den die Gebührentabelle der
Vergabekammern des Bundes eine Gebühr in Höhe von X.XXX EUR vorsehen.
Dieser Betrag kann entsprechend § 182 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. GWB ermäßigt werden, ggf. bis auf ein
Zehntel. Als Gründe einer Ermäßigung sind dabei nur solche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die
im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Bedeutung sowie dem erforderlichen
Verwaltungsaufwand stehen. Gründe, die dies rechtfertigten, sind hier nicht gegeben. Damit hat die
Auftraggeberin den Betrag von X.XXX EUR zu tragen.
Auslagen, die nicht mit der Gebühr abgegolten wären, sind nicht angefallen.
Die Auftraggeberin ist jedoch als Gemeinde i. S. d. § 3 Abs. 2 SächsGemO von der Zahlung der Gebühr
nach § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 des Verwaltungskostengesetzes (Bund) vom 23.
Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung befreit.
2. Die Auftraggeberin hat die notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu tragen, § 182 Abs. 4
Satz 1 GWB.
Gemäß § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB hat ein Beteiligter - soweit er unterliegt - die zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen.
Vorliegend ist die Auftraggeberin die Unterlegene, diese hat daher die notwendigen Aufwendungen
der Antragstellerin zu tragen.
Die Antragstellerin hat keinen Verfahrensbevollmächtigten im Sinne des § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i. V.
m. § 80 Abs. 2 VwVfG hinzugezogen. Herr Breuer war für die Antragstellerin als deren Senior
Manager Legal bzw. Syndikusanwalt tätig. Gemäß § 80 Abs. 2 VwVfG sind die Gebühren und Auslagen
eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn
die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Tätigkeit des Syndikusrechtsanwalts stellt
zwar nach Aufgabe der Doppelberufstheorie und der Neugestaltung des Rechts der Syndikusanwälte
eine anwaltliche Tätigkeit nach § 46 Abs. 2 BRAO dar. Ein Syndikusanwalt kann im Rahmen seiner
Tätigkeit für seinen Auftraggeber jedoch keine Gebühren nach dem RVG geltend machen, da dieses
Gesetz nicht für die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt gilt, § 1 Abs. 2 RVG. Daher muss hier über die
Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin nach § 182
Abs. 4 Satz 4 GWB i. V. m. § 1 SächsVwVfZG und § 80 Abs. 2 VwVfG nicht entschieden werden.
4. Die Beigeladenen sind nicht an der Tragung der Kosten zu beteiligen, § 182 Abs. 3 Satz 5 GWB. Ihre
Aufwendungen sind nicht zu erstatten, § 182 Abs. 4 Satz 3 GWB i. V. m. § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB
Kostenschuldner ist gemäß § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB der Beteiligte, der im Verfahren unterliegt. Die
Beigeladenen sind nach § 162 Satz 1 GWB ebenfalls Beteiligte am Verfahren und wäre vorliegend
auch unterlegen. Nach § 182 Abs. 3 Satz 5 GWB können die Verfahrenskosten auch Beigeladenen
auferlegt werden, wenn dies billigem Ermessen entspricht. Die Beigeladenen sind hier jedoch nicht
an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen, da sie sich nicht aktiv am Verfahren beteiligt haben. Sie
haben zwar teilweise an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, jedoch keine eigenen Anträge
gestellt und auch sonst nicht durch eigene Beiträge am Verfahren teilgenommen. Es entspricht daher
nicht billigem Ermessen, sie vorliegend an der Kostentragung zu beteiligen.
Da sie selbst unterlegen wären, kommt eine Kostenerstattung ihrer eigenen Aufwendungen nicht in
Betracht, § 182 Abs. 4 Satz 3 GWB i. V. m. § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB.
IV
Gegen die Entscheidungen der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen ist gemäß § 171 Abs. 1
GWB die sofortige Beschwerde zulässig.
Sie ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt (§ 172
Abs. 1 GWB), schriftlich beim Beschwerdegericht einzulegen. Beschwerdegericht für die 1.
Vergabekammer des Freistaates ist das
Oberlandesgericht Dresden, Vergabesenat, Schlossplatz 1, 01067 Dresden.
Die sofortige Beschwerde kann beim Oberlandesgericht Dresden auch elektronisch erhoben werden
(vgl. Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über den
elektronischen Rechtsverkehr, die elektronische Aktenführung, die elektronischen Register und das
maschinelle Grundbuch in Sachsen (Sächsische E-Justizverordnung – SächsEJustizVO) vom 6. Juli 2010
(SächsGVBl. S. 190) in der jeweils geltenden Fassung).
Die Beschwerde muss zugleich mit ihrer Einlegung begründet werden (§ 172 Abs. 2 GWB). Die
Beschwerdebegründung muss enthalten: die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Kammer
angefochten wird und eine abweichende Entscheidung beantragt wird sowie die Angabe der
Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt
nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 175 Abs. 1 GWB). Mit der
Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vom Beschwerdeführer durch
Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 172 Abs. 4 GWB). Die
sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer.
Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist (§ 173 Abs. 1
GWB).
Eberhard
Rücker
Höhne
Der ehrenamtliche Beisitzer hat nach Beschlussfassung auf eine Unterschrift verzichtet. Diese ist
nach § 5 Nr. 1 der Geschäftsordnung der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen nicht
notwendig.