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Völkerrechtliche Abhandlungen Band 1 : Boris Meissner-Theodor Veiter, Das Selbstbestimmungsrecht nach sowjetischer und westlicher Lehre by Friedrich Klein; Heinz Kloss; Boris Messiner; Fritz Münch; Reinhold Rehs; Theodor Vieter; Band 2: Beiträge zu einem System des Selbstbestimmungsrechts by Heinz Kloss; Band 3: System eines internationalen Volksgruppenrechts I. Teil: Grundlagen und Begriffe. 1970 II. Teil: Innerstaatlich ... Review by: O. Kimminich Archiv des Völkerrechts, 16. Bd., 2. H. (1974), pp. 232-236 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40797623 . Accessed: 17/06/2014 22:53 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Archiv des Völkerrechts. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.2.32.58 on Tue, 17 Jun 2014 22:53:39 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Völkerrechtliche Abhandlungen Band 1 : Boris Meissner-Theodor Veiter, Das Selbstbestimmungsrecht nach sowjetischer und westlicher Lehreby Friedrich Klein; Heinz Kloss; Boris Messiner;

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Völkerrechtliche Abhandlungen Band 1 : Boris Meissner-Theodor Veiter, DasSelbstbestimmungsrecht nach sowjetischer und westlicher Lehre by Friedrich Klein; HeinzKloss; Boris Messiner; Fritz Münch; Reinhold Rehs; Theodor Vieter; Band 2: Beiträge zu einemSystem des Selbstbestimmungsrechts by Heinz Kloss; Band 3: System eines internationalenVolksgruppenrechts I. Teil: Grundlagen und Begriffe. 1970 II. Teil: Innerstaatlich ...Review by: O. KimminichArchiv des Völkerrechts, 16. Bd., 2. H. (1974), pp. 232-236Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40797623 .

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232 Besprechungen

gerichts in Chabarowsk vom 30. Dezem- ber 1949, durch welches mehrere Japaner wegen des Einsatzes bakteriologischer Waffen verurteilt wurden, sowie das Urteil des Landgerichts Tokio vom 7. De- zember 1963 (Shimoda-Fall), durch das über eine Schadensersatzklage von Be- wohnern der Städte Hiroshima und Na- gasaki entschieden wurde, die beim Atombombenabwurf geschädigt worden waren. Bothe betont die Selbstverständ- lichkeit, mit dem das japanische Gericht von der Anwendbarkeit des Verbots von Giftgas und Bakterien ausging. Dies ist deshalb bedeutsam, weil weder Japan noch die Vereinigten Staaten das Genfer Protokoll von 1925 unterzeichnet hatten. Das Verbot kann sich daher nur auf Ge- wohnheitsrecht stützen.

Der größte Unterabschnitt (über 100 Druckseiten) ist der Behandlung des Verbots chemischer und bakteriologischer Waffen in den Vereinten Nationen ge- widmet. Bothe verfolgt die Debatten von 1946 bis zur Gegenwart, bringt sämtliche einschlägigen Resolutionen im englischen Wortlaut zum Abdruck und kommentiert sie. Von besonderem Inter- esse ist seine Untersuchung über die Fra- ge, ob die Vereinten Nationen zur Aus- legung des Genfer Protokolls und zur Feststellung von Gewohnheitsrecht be- fugt seien. Er beantwortet diese Frage nicht eindeutig, obwohl er sie an zwei verschiedenen Stellen (S. 58 f. und S. 290) behandelt. Auch die von ihm im Wort- laut mitgeteilten Äußerungen von UNO- Delegierten sind unklar und wider- sprüchlich.

Ähnlich wie für die Zeit der Völker- bundsära schildert Bothe auch die An- wendung bzw. Nichtanwendung chemi- scher und bakteriologischer Waffen in den großen kriegerischen Konflikten des betreffenden Zeitraums : Korea-Krieg, Yemen-Konflikt, Vietnam-Krieg, Befrei- ungskampf in den portugiesischen Kolo- nien. Allerdings beschränkt er sich bei dem letztgenannten Bericht auf die Wie- dergabe der einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung, die stets nur von einer »angeblichen« Verwendung solcher Waffen durch Portugal ausgehen,

und gegen die eine Reihe anderer Staa- ten gestimmt haben.

Den Schluß bildet die Darstellung ein- zelner Stellungnahmen zum Verbot der bakteriologischen und chemischen Waf- fen. Die wichtigsten Dokumente werden zumindest auszugsweise im Wortlaut mitgeteilt, wobei im allgemeinen die Landessprache verwendet wird. (Nur im Falle der Sowjetunion, für die allerdings lediglich eine Äußerung des Kriegskom- missars aus dem Jahre 1938 zitiert wird, verwendet der Autor eine fremde Spra- che, nämlich die englische.) Es handelt sich um die Stellungnahmen der Ver- einigten Staaten, Großbritanniens, Ita- liens, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs, der Sowjetunion und der DDR. Ein relativ breiter Raum wird den Debatten und Initiativen des Ro- ten Kreuzes eingeräumt, die ebenfalls die Rechtsüberzeugung erkennen lassen, »daß das Verbot chemischer und bakte- riologischer Waffen Bestandteil des Völ- kergewohnheitsrechts ist« (S. 375). Der Konventionsentwurf der International Law Association vom Jahre 1922, der sich in den Art. 6-9 mit B- und C-Waf- fen beschäftigte, kommt ebenso zum Abdruck wie der Bericht des ILA-Aus- schusses über die UNO-Satzung vom Jahre 1962, der u. a. das Verbot biolo- gischer, chemischer und nuklearer Waffen unter das Verbot von Giftgas und ver- gifteter Waffen subsumierte und als Völkergewohnheitsrecht darstellte. Auch der Beitrag, den die Naturwissenschaft- ler auf ihrem internationalen Kongreß für Mikrobiologie im August 1970 durch eine Resolution zu diesem Problem lei- steten, wird nicht vergessen. Eine aus- führliche Bibliographie ergänzt diese verdienstvolle Arbeit, die als Grundla- genwerk für den gesamten Fragenkom- plex der chemischen und bakteriologi- schen Waffen bezeichnet werden kann.

Prof. Dr. O. Kimminich, Regensburg

Völkerrechtliche Abhandlungen. Herausgegeben von Friedrich Klein, Heinz Kloss, Boris Meissner, Fritz

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Besprechungen 233

Münch, Reinhold Rehs und Theodor Veiter. W. Braumüller Universitäts- Verlagsbuchhandlung Wien-Stuttgart. Band 1 : Boris Meissner-Theodor Vei- ter, Das Selbstbestimmungsrecht nach sowjetischer und westlicher Lehre. 1967. 43 S. Band 2: Beiträge zu einem System des Selbstbestimmungsrechts, bearbeitet von Heinz Kloss. 1970, VII -h 319 S. Band 3: System eines internationalen Volksgruppenrechts, bearbeitet von Theodor Veiter. I. Teil: Grundlagen und Begriffe. 1970. VII + 193 S.; II. Teil: Innerstaatliche, regionale und universelle Struktur eines Volksgrup- penrechts. 1972. 312 S.

Wie aktuell das Selbstbestimmungs- recht heute ist, zeigen nicht nur die For- mulierungen in den Begleitnoten zu den Ostverträgen und in der Gemeinsamen Entschließung des Deutschen Bundesta- ges vom 17. Mai 1972, sondern auch die Referate und Diskussionen auf der Ta- gung der Deutschen Gesellschaft für Völ- kerrecht im Jahre 1973. Zugleich weiß jeder, der sich damit beschäftigt hat, wie vielschichtig und kontrovers die Proble- me des Selbstbestimmungsrechts noch im- mer sind. Jeder wissenschaftliche Bei- trag zu dieser Diskussion verdient daher Aufmerksamkeit und Interesse.

Band 1 der Reihe stammt bereits aus dem Jahre 1967, ist aber keineswegs überholt. Boris Meissner behandelt das Selbstbestimmungsrecht im sowjetischen Völkerrechtsdenken in knapper Form, die es wahrscheinlich auch bedingt hat, daß er nicht über die Impulse berichtet, die der junge Dschugaschwili (der nach- malige Stalin) bei seinem Aufenthalt in Wien im Jahre 191 3 von den Austro- marxisten empfangen hatte. Stalin war ja gerade in die Hauptstadt der Donau- monarchie geschickt worden, um die Pro- bleme eines Vielvölkerstaates zu studie- ren und zwangsläufig auch die Arbeiten von Karl Renner und Otto Bauer. Man muß diesen Ursprüngen der Stalinschen Gedankengänge nachgehen, um die von Meissner zitierte Stalinsche Definition

der Selbstbestimmung (S. 13) zu verste- hen.

Selbstverständlich ist stets die Versu- chung gegeben, Theorie und Praxis in der Innen- und Außenpolitik eines be- stimmten Staates miteinander zu verglei- chen. Es ist aber nicht einfach, die so- wjetische Selbstbestimmungstheorie, die ganz eindeutig das Selbstbestimmungs- recht als Völkerrechtsnorm bejaht, in krassen Gegensatz zur sowjetischen poli- tischen Praxis zu setzen. Auch das Deutschlandproblem sieht aus sowjeti- scher Sicht anders aus. In Übereinstim- mung mit der Ost- und Deutschlandpo- litik der Bundesregierung seit 1969 wird man in der Anerkennung zweier deut- scher Staaten nicht mehr ohne weiteres eine Verletzung des Selbstbestimmungs- rechts sehen können. Wenn die DDR von Bonn offiziell als »Staat« (wenn auch als »deutscher Staat«) bezeichnet wird, so bedeutet dies, daß ihr die drei Elemente des Staatsbegriffs in entsprechender Zu- sammengehörigkeit zuerkannt werden. Daraus folgt, daß nicht mehr die These vertreten wird, die auf dem Gebiet der DDR herrschende Staatsgewalt hänge nicht mit dem auf diesem Gebiet lebenden Volk zusammen. Insofern wäre das Manuskript des Jahres 1967 zu er- gänzen. Theodor Veiter weist in seinem Beitrag darauf hin, daß er nur einige Aspekte des Selbstbestimmungsrechts in westlicher Sicht behandeln kann. Wie alle wissenschaftlichen Werke Veiters ist auch dieses trotz seiner Kürze eine Fundgrube für Literatur und Quellenmaterial. Es betrifft den Inhalt des Selbstbestim- mungsrechts in dessen historischer Ent- faltung und aktueller Kontroverse, ins- besondere um den Träger des Selbstbe- stimmungsrechts (Völker und Volksgrup- pen). Zu dem letzteren Problemkreis kann allerdings auf zwei Druckseiten nicht viel gesagt werden.

Band 2 vertieft die Themen des ersten Bandes. Er ist ein Sammelband, an dem Thora von Bonin, Hans Werner Bracht, Heinrich Herrfahrdt, Friedrich Klein, Heinz Kloss, Fritz Münch, Kurt Rabl und Theodor Veiter mitgewirkt haben.

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234 Besprechungen

Die meisten von ihnen kommen mehr- mals zu Wort. Das Buch ist - unter der wissenschaftlichen Leitung von Heinz Kloss - äußerst systematisch aufgebaut. Es behandelt die Einzelthemen in sechs Gruppen, innerhalb deren jeweils ein oder zwei Grundsatzgutachten und meh- rere Spezialgutachten untergebracht sind. In den sechs Gruppen werden als Proble- me des Selbstbestimmungsrechts Rechts- natur, Inhalt, Träger, Ausübung, Ent- stehung und Verlust sowie Stellung hei- matvertriebener ethnischer Gruppen un- tersucht. Zur Rechtsnatur des Selbstbe- stimmungsrechts werden zwei Grund- satzgutachten veröffentlicht, von denen eines (von F. Klein) die westliche Auf- fassung, das andere (von Bracht) die so- wjetische Auffassung darstellt. In einem Spezialgutachten geht Klein der Frage nach dem Selbstbestimmungsrecht im Potsdamer Abkommen nach, wobei er insbesondere zu den Ausführungen des polnischen Juristen Skubiszewski Stel- lung nimmt. Auch die Grundsatzgutach- ten zum Inhalt des Selbstbestimmungs- rechts betreffen jeweils gesondert die westliche (von Kahl) und die sowjetische (von Bracht) Auffassung. In dieser Ab- teilung finden sich zahlreiche Spezialgut- achten, und zwar vier (von Bonin, Kloss, Veiter und Herrfahrdt) zur westlichen Lehre und Praxis, zwei {Bracht und Vei- ter) zur marxistisch-leninistischen Lehre und Praxis. Bezüglich der ersteren geht €s um die föderale Gestaltung Europas, Föderalismus und Volksgruppenrecht so- wie um Südtirol. Herrfahrdt überschrei- tet die vom Generalthema des Bandes gezogenen Grenzen ein wenig, wenn er von »neuen Rechtsformen für Über- schneidungsräume« spricht und den Ge- danken der »gegenseitigen Ergänzung« in den Vordergrund schiebt. An dieser Stelle erscheint es angezeigt, die Kritiker des Selbstbestimmungsrechts darauf hin- zuweisen, daß das Selbstbestimmungs- recht hauptsächlich deshalb in Verruf ge- raten ist, weil seine Explosivkraft be- tont wurde, während man vergaß, daß das Selbstbestimmungsrecht - wenn es entsprechend ausgeübt wird - auch zur Integration beitragen kann. Die Spezial-

gutachten der zweiten Kategorie betref- fen die Grundzüge der marxistisch-leni- nistischen Nationalitätenpolitik (hier be- handelt Bracht unter anderem Stalins Abhandlung über »Marxismus und die nationale Frage« und weist auf Stalins Polemik gegen Otto Bauer hin) und das Selbstbestimmungsrecht der Sorben. Ob die darin geäußerten Befürchtungen, das in der ersten Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1949 sehr großzügig ge- währte und in der zweiten Verfassung von 1968 bereits in den Hintergrund ge- tretene Selbstbestimmungsrecht dieser Minderheit sei »im Schwinden« begriffen (S. 131), berechtigt sind, entzieht sich der Kenntnis des Rezensenten.

Das Schema der Gegenüberstellung der westlichen und der östlichen Auffassung findet sich auch bezüglich der beiden Grundsatzgutachten zur Frage der Trä- ger des Selbstbestimmungsrechts (Veiter bzw. Bracht). Spezialgutachten fehlen hier ebenso wie in der folgenden Abtei- lung, welche die Ausübung des Selbst- bestimmungsrechts betrifft. Kloss legt nicht nur die einzelnen Modelle der Lö- sungsmöglichkeiten unter Anführung von Beispielen dar, sondern schildert auch die Geschichte und Technik des Plebiszits in allen Teilen der Welt in präziser und in- formativer Art. Bracht erläutert wieder die Behandlung dieses Problems in der sowjetischen Völkerrechtslehre.

Grundfragen des Selbstbestimmungs- rechts werden nochmals in dem Grund- satzgutachten von Veiter über »Aus- gangspunkt, Erwerb und Verlust des Selbstbestimmungsrechts der Völker« an- gesprochen, mit dem die fünfte Abtei- lung des Werkes eingeleitet wird. Ein Spezialgutachten hierzu (Kloss) schildert die Praxis der Vereinten Nationen in bezug auf das Selbstbestimmungsrecht, ein weiteres (F. Miinch) wirft die Frage nach einer möglichen Verwirkung des Selbstbestimmungsrechts durch Kollek- tivschuld auf und verneint sie. Mit dem Problem der folgenden Abteilung (Selbst- bestimmungsrecht heimatvertriebener ethnischer Gruppen) wird ein heißes Eisen angepackt; selbstverständlich ste- hen hier die vertriebenen Deutschen im

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Besprechungen 235

Vordergrund. Kloss kommt in dem Grundsatzgutachten zu dem Ergebnis, daß ihr Selbstbestimmungsrecht durch die Vertreibung nicht erloschen ist. Die beiden Spezialgutachten stammen von Veiter. Das erste betrifft das Recht auf die Heimat in seinem Verhältnis zum Selbstbestimmungsrecht, das andere ist eine Zusammenschau beider Probleme anhand eines konkreten Beispiels, näm- lich der Italiener in Istrien und Dalma- tien. Gewissermaßen als Schlußwort hat Herrfahrdt ein Essay über den gerech- ten Frieden geschrieben, der stellenweise an Kant, aber auch an die Enzyklika Pa- cem in Terris erinnert. Durch die politi- schen Entwicklungen der Zwischenzeit sind allerdings die darin ausgesprochenen Hoffnungen zum Teil bereits widerlegt.

Band 3 ist dem Volksgruppenrecht ge- widmet, dessen Bedeutung gerade die Enzyklika Pacem in Terris bereits vor zehn Jahren erneut betonte. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte die wissenschaft- liche Behandlung des Volksgruppenrechts einen großen Aufschwung erlebt, aber die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit schienen es in Vergessenheit geraten zu lassen. Nur langsam wird es aus diesem Zustand her- ausgeholt; es ist sicher ein großes Ver- dienst dieses Bandes und seines Bearbei- ters, V eiter ̂ hierzu beigetragen zu haben. Er hat auch die Einleitung geschrieben, in der er historische Wurzeln - vom Na- tionalitätenrecht des alten Österreich bis zum Minderheitenschutz der Völker- bundsära und den Autonomieregelungen der Gegenwart - sowie die rechtsphilo- sophische Begründung von Volksgruppe und Volksgruppenforschung aufzeigt und Grundbegriffe klärt. Der Begründer der »Volkswissenschaft«, /. W. Mannhardt, beschreibt den Inhalt und die Methoden dieser Wissenschaft, die er als Teil der »soziopol irischen Wissenschaft« sieht. Langsam tastet er sich an sein Thema »Die europäischen Volksgruppen als so- ziopolitisches Problem« heran, schildert weiträumige historische Zusammenhän- ge, erörtert die Möglichkeit des Endes des Nationalstaates, warnt vor dem Na-

tionalismus und schließt mit propheti- schen Worten über Europa zwischen Amerikanismus und Bolschewismus. Gro- ße Beachtung werden sicher auch die Aus- führungen von Guy Héraud über den Begriff des Ethnischen finden. Auf ihrer Grundlage wird der Entwurf eines Sta- tuts zur Verwirklichung des Selbstbe- stimmungsrechts der Völker und zum Schütze der sprachlichen und nationalen Minderheiten innerhalb eines föderier- ten Europas geschildert (Abdruck S. 21 bis 24).

Die einzelnen Abhandlungen dieses Bandes sind relativ kurz und betreffen jeweils Spezialfragen. Ein großer Teil der Arbeit ist von Veiter geleistet wor- den, der neben der Einleitung schrieb über »Volk und Volksgruppe« (S. 29 bis 41), »Volksgruppenrecht und Völker- recht« (S. 72-94) und »Demokratische oder autoritäre Ordnung innerhalb einer Volksgruppe« (S. 148-154). Mehrmals kommt auch Kloss zu Wort, nämlich mit den Abhandlungen »Volksgruppen und Volksgruppenrecht in der Demokratie« (S. 105-138) und »Objektive und sub- jektive Kriterien zur Bestimmung der Volkszugehörigkeit« (S. 155-180). Die kurze Abhandlung von E. Lendl, »Volks- gruppen und moderne Industriegesell- schaft« gehört in den Bereich der Sozio- logie, diejenige von F. Münch, »Volks- gruppenrecht und Menschenrechte«, in das Völkerrecht. Völkerrechtliche Bezüge finden sich allerdings bei fast allen Ab- handlungen, auch wenn sie nicht eindeu- tig in eine bestimmte wissenschaftliche Kategorie einzuordnen sind, wie etwa der Aufsatz von F. Klein über »Volks- gruppenrecht im autoritären Staat«, der staatstheoretisch, rechtsvergleichend und politikwissenschaftlich ist.

Der zweite Teilband des Bandes 3 führt die Thematik fort. Er beginnt wie- der mit dem Grundsätzlichen, das Er- macora in einer Untersuchung behan- delt, in der er innerstaatliche, regionale und universelle Struktur eines Volks- gruppenrechts umreißt. Die Untersu- chung hat auch eine historische Dimen- sion, in der die Geschichte des Selbstbe- stimmungsgedankens nochmals kurz dar-

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gestellt wird. Der Aufsatz schließt mit rechtsphilosophischen und rechtspoliti- schen Überlegungen. Die ersteren werden vertieft durch die unmittelbar daran an- schließende Abhandlung von Kroker über den rechtsphilosophischen Aus- gangspunkt des Volksgruppenrechts. Dann kommt wieder Ermacora zu Wort und berichtet über den Minderheiten- schutz im Rahmen der Vereinten Natio- nen und im Rahmen des Europarats. Über den »Minderheitenartikel« (Art. 27 der UN-Konvention über bürgerliche und politische Rechte) schreibt F. Münch. Das Problem der Verbindung von kol- lektiven und individuellen Rechten im Volksgruppenschutz behandelt Perntha- ler, der diese Frage bereits in einschlägi- gen Publikationen untersucht hat.

Die Fülle der in diesen beiden Teilbän- den behandelten Probleme ist so groß, daß hier nicht einmal versucht werden kann, die einzelnen Forschungsergebnisse aufzuzählen. Auch eine einheitliche Wer- tung ist bei einem Sammelwerk nicht möglich. Die Unterschiede der Analysen- ebenen - gelegentlich auch der Analysen- qualität - müssen bei einem solchen Werk in Kauf genommen werden. Auch Wie- derholungen sind unvermeidbar, weil ge- wisse Fakten die Grundlage für die Ana- lyse verschiedener Aspekte bilden. Trotz- dem kann gesagt werden, daß unnötige Wiederholungen vermieden worden sind. Alle Bände sind systematisch aufgebaut und durchleuchten die Probleme des Selbstbestimmungsrechts, des Minderhei- tenschutzes und des Volksgruppenrechts von verschiedenen Seiten. Freilich steht das Recht immer im Mittelpunkt. Es ist zugleich Maßstab und Ziel; aber auch die metajuristischen Faktoren werden gebührend berücksichtigt. Staatslehre, Geschichte, Philosophie, Soziologie (vor allem auch die lange vernachlässigte Ethno-Soziologie) und andere Hilfswis- senschaften werden zu Rate gezogen. In methodologischer Hinsicht ist daher das gesamte Sammelwerk ein Beispiel für eine erfolgreiche interdisziplinäre For- schungsarbeit.

Prof. Dr. O. Kimminich, Regensburg

A. M. STUYT: Survey of In- ternational Arbitrations. Leyden/DobbsFerry: A. W. SijthofF/ Ocana Publications. 1972. XV, 572 S.

Seiner Veröffentlichung aus dem Jahre 1939 hat Stuyt eine Neuauflage folgen lassen, die im Schemata weitgehend der früheren Arbeit gleicht, aber übersicht- licher ist. Der Grundteil (S. 1-456) ent- hält Berichte über die 435 internationa- sen Schiedssprüche seit dem Jay- Vertrag von 1794, der Ausgangspunkt der mo- dernen Schiedsgerichtsbarkeit war (zu seiner Bedeutung und Auswirkung vgl. Schlochauer, Entwicklung der interna- tionalen Schiedsgerichtsbarkeit, Archiv des Völkerrechts Bd. 10 [1962/63] S. 1 ff. [S. 8 ff.] und Jay- Vertrag von 1794* Wörterbuch des Völkerrechts Bd. 2, 1961, S. 170 ff.). Seit der Erstauf läge vom Jahr 1939 bis zum Jahr 1970 waren (leider) nur 30 neue Entscheidungen von Schieds- gerichten zu verzeichnen. Die Nachwei- sungen der Schiedssprüche nennen die Parteien, den Streitgegenstand, die Zu- sammensetzung des Schiedsgerichts, den Kompromiß und die Sentenz des Schieds- spruchs sowie die Dokumente zum jewei- ligen Streitfall, denen mehrfach eine Bi- bliographie angefügt ist. Zwei Appen- dices (S. 457-539) enthalten einmal eine Übersicht über »Ad-hoc Settlement«, zum anderen eine Liste der »Permanent Tribunals«. Appendix I gibt eine Zu- sammenstellung der Entscheidungen von Schiedsgerichten zwischen Staaten und nichtstaatlichen Einheiten sowie von Ver- gleichs-, Vermittlungs- und Untersu- chungskommissionen zwischen Staaten. Appendix II besteht aus einer Liste der Entscheidungen ständiger Spruchinstan- zen, nämlich der beiden Weltgerichtshöfe (für sie auch von Gutachten), der Ver- waltungsgerichte der Vereinten Natio- nen und der Internationalen Arbeits-Or- ganisation, der Gerichte regionaler Or- ganisationen sowie der Militärgerichte von Nürnberg und Tokio. Ein analyti- scher Index ist angefügt. Das Werk ver- mittelt einen einzigartigen Überblick über die Ergebnisse friedlicher Beilegung internationaler Streitigkeiten in nur ei-

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