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Vokaländerungen vom Mittelhochdeutschen (Mhd.) zum Neuhochdeutschen (Nhd.) Bearbeitet von Miriam Förster und Sarah Schwiedel (WS 2003/2004)

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Vokaländerungen vom Mittelhochdeutschen (Mhd.) zum Neuhochdeutschen (Nhd.)

Bearbeitet von Miriam Förster und Sarah Schwiedel (WS 2003/2004)

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Die drei langen geschlossenen Vokale werden diphthongiert.

Drei Diphtonge werden monophthongiert. Kurze Vokale in offener Silbe werden

gedehnt.

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1. Änderungen der 1. Änderungen der Vokalqualität:Vokalqualität:

- Nhd. Diphthongierung - Diphthong = Laut, der aus zwei Vokalen besteht Zwielaut grch. di- „zwei“ + phthongos „Laut“,

z.B. “au“ oder “ei“ Diphthongierung = Verwandlung eines einzelnen

Vokals in einen aus zwei Vokalen bestehenden Laut, z.B .“i“ wird zu “ie“, “u“ wird zu “au“

mhd. Monophthong wird zu nhd. Diphthong Diphthongierung geht vom Südosten und Osten aus

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Durch sie sind die mittelhochdeutschen engen Langvokale /i:/, /u:/, /y:/ (geschrieben i, u, u/iu) in die neuhochdeutschen steigenden Diphthonge /ae/, /ao/, / e/ (frühnhd. geschrieben ei/ai/ey, au/aw, eu/ew/aw) verwandelt worden.

e

c

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mhd. zît nhd. Zeit î ei (ai)mhd. mîn nhd. mein î ei (ai)mhd. niuwez y: nhd. neues iu (ü) eu (äu)mhd. hûs nhd. Haus û au mhd. friunt nhd. Freund iu (ü) eu (äu)

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Diphthongierung in der SchriftDiphthongierung in der Schrift

- 12. Jh. in Südtirol und Kärnten-  13. Jh. in Österreich und Bayern, -  14. Jh. in Ostfranken, Böhmen, Schlesien, -  15. Jh. in Schwaben und Sachsen, - 16. Jh. teilweise im Ober- und

Mittelrheingebiet

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Von der Diphthongierung nicht betroffen sind das

-    Niederdeutsche, -    Nordhessische, -    Westthüringische, -    Ripuarische (um Köln), - Alemannische (Südbaden, Elsaß, Schweiz).

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Schaubild 1 aus: König, Werner: dtv-Atlas zur deutschen Sprache. München: Deutscher NIG, 11. Aufl., 1996

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Nhd. MonophthongierungNhd. Monophthongierung

Monophthong = Laut, der aus einem Vokal besteht

grch. monophthongos „eintönig“, z.B. “ü“, “ie“ wie in “lieb“ (Obwohl “ie“ hier mit zwei Buchstaben geschrieben wird, ist es trotzdem ein Monophthong, da es sich um Laute und nicht um Orthographie handelt.).

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Monophthongierung = Verwandlung eines aus zwei Vokalen bestehenden Lautes in einen einzelnen Vokal, z.B. “guot“ wird zu “gut“

mhd. Diphthong wird zu nhd. Monophthong

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Monophthongierung beginnt im 11./12. Jh.. -  Sie geht vom Westen und mittleren Osten aus. -  Sie vereinfachte die mittelhochdeutschen fallenden

Diphthonge /i /, /u /, /y /, (geschrieben ie, uo/ů, ue/u/üe) zu den neuhochdeutschen Monophthongen /i:/, /u:/, /y:/ (frühnhd. geschrieben i/ie/ih, u/uh, u/uh/ü/üh).

ee c

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mhd. liebe nhd. liebe ie imhd. guote nhd. gute uo umhd. brüeder nhd. Brüder üe ümhd. müede nhd. müde üe ü

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Von der Monophthongierung nicht betroffen sind das

-   Niederdeutsche-   Oberdeutsche.

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Vokalischer LautwandelVokalischer LautwandelSchaubild 2 aus: Von Polenz, Peter: Dt. Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Walter Schaubild 2 aus: Von Polenz, Peter: Dt. Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Walter

de Gruyter.Berlin-New York, Band 1, 2. Aufl., 2000, S. 148de Gruyter.Berlin-New York, Band 1, 2. Aufl., 2000, S. 148

Mhd.: /i/ /u/ /y/ /i/ /u/ /y/ /i:/ /u:/ /y:/ /ei/ /ou/ /öy/

Monophthongierung

Dehnung Diphthongierung

Nhd.: /i/ /u/ /y/ /i:/ /u:/ /y:/ /ae/ /ao/ /e/

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Nhd. DiphthongwandelNhd. Diphthongwandel

Diphthongwandel vollzieht sich seit dem 13. Jh.

Betrifft die Öffnung der mhd. Diphthonge “ei“, “ou“ und  öu.

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mhd. bein (e - i) nhd. Bein (a - i) ei aimhd. boum nhd. Baum ou au

mhd. böume nhd. Bäume öu äu 

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Die mhd. Schreibung wird jedoch bei “ei“ beibehalten: 

Beispiel: mhd. bein nhd. Bein Einzige Ausnahme bildet: mhd. keiser spätmhd. keyser nhd.

Kaiser

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Die “ai“-Schreibungen bei semantischen Unterscheidungen: 

Beispiele: mhd. lîp nhd. Leib aber: mhd. leip nhd. (Brot) laib mhd. sîte nhd. Seite aber: mhd. seite nhd. Saite

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Bereits um 1300 gab es Schreibunterschiede.

Gr. Heidelberger Liederhs.: leit – scheiden (Zürich) Weingartner Liederhs.: lait – schaiden (Konstanz)

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Die nhd. Schreibung “ei“ für den geöffneten Diphthong “ai“ stammt vom Schreibgebrauch der kursächsischen Kanzlei.

Die Schreibung “au“ statt mhd. “ou“ lässt sich auf die Habsburger Kanzlei zurückführen.

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Rundung ungerundeter VokaleRundung ungerundeter Vokale

Auch Labialisierung. Veränderung der Lippenstellung von

“ungerundet, gespreizt“ zu “gerundet“ bei der Vokalartikulation.

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Die Rundung ungerundeter Vokale tritt nicht generell auf.

In der Nachbarschaft von “l“, “r“, “sch“, sowie Labialen und Affrikaten wird

mhd. e nhd. ö.

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mhd. helle nhd. Hölle e ö aber: mhd. welle nhd. Welle

mhd. scheffe nhd. Schöffe e ö aber: mhd. scheffel nhd. Scheffel

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In der Nachbarschaft vor Nasalen und nach “w“ wird mhd. â ô.

mhd. âne nhd.ohne â ô mhd. mâne nhd. Mond (Stützkonsonant d)

â ô mhd. wâge nhd. Woge

â ô aber: mhd. slât nhd. Schlot aber: mhd. tâht nhd. Docht

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2. Änderung der Vokalquantität2. Änderung der Vokalquantität Dehnung kurzer mhd. Vokale in offenen

TonsilbeDie Dehnung beginnt westniederfränk. im 9.Jh., im Mitteldt. im 12.Jh., im Oberdt. im 13.Jh..

    

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mhd. tages > nhd. Tages

über > über leg(g)en > legen nemen > nehmen vrävel > nhd. Frevel

Phonetische Interpretation[a] > [a:]

[Y]> [y:] [e] [] [e:] [ae] Zu beachten ist, dass die

drei mhd. e- Phoneme zusammenfallen.

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DehnungsverhinderungDehnungsverhinderung

-t (fast immer): mhd. gate > nhd. Gatte, mhd. vater > nhd. Vater, mhd. riten >nhd. ritten.

 -m(häufig), bes. wenn -er, -el folgt: mhd. hamer > nhd. Hammer, mhd. himel>nhd. Himmel, mhd. komen > nhd.kommen

 vor -er: mhd. wider > nhd. Widder, mhd. doner > nhd. Donner

vor -sch und -ch: mhd. vlasche> Flasche, mhd. brechen>nhd. brechen

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Dehnung, vor /r/ in Dehnung, vor /r/ in geschlossener Silbegeschlossener Silbe

vor r + Dental: vart- Fahrt, begirde- Begierde, harz- Harz

 in einsilbigen Wörtern vor r: dar- dar, er- er, dir-dir.

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Übung: Suchen Sie Beispiele für Diphthongierungen, Übung: Suchen Sie Beispiele für Diphthongierungen,

Monophthongierungen und VokaldehnungenMonophthongierungen und Vokaldehnungen Thomasin von Zirklaere. Aus dem Wälschen Gast: Thomasin von Zirklaere. Aus dem Wälschen Gast:

Papst Innozenz III. und der guote kneht (1215/16)Papst Innozenz III. und der guote kneht (1215/16)

1 Got hât uns einen meister geben 2 der rihten solde unser leben: 3

den schelte wir zaller zît 4 niwan durch haz ode nît. 5 daz ist der bâbest, daz geloubet, 6 nâch got der kristenheit houbet. 7 nu wizzet vür die wârheit, 8 der schendet hart die kristenheit 9 der durch sînen übermuot 10 sprichet ir houbet sî niht guot. 11Swer ze lange zungen hât, 12 ich wil im gegen mînen rât 13 daz ers kürzen heizen sol.

Gott hat uns ein Oberhaupt gegeben,

der unserem Leben lenken soll, den schelten wir ständig wegen Haß oder Neid. Das ist der Papst, das glaubt mir, nach Gott das Oberhaupt der Christenheit. Nun wißt wahrlich, daß derjenige der Christenheit große Schande antut, der aufgrund seines Hochmutes sagt, daß ihr Oberhaupt nicht gut sei. Jedem, der eine zu lange Zunge hat,

will ich raten, daß er sie kürzen lassen soll.

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LiteraturlisteLiteraturliste - König, Werner: dtv-Atlas zur deutschen Sprache. München:

Deutscher NIG, 11. Aufl., 1996 - Schweikle, Günther: Germanisch-deutsche Sprachgeschichte im

Überblick. Stuttgart: J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH, 1986

- Tschirch, Fritz: Geschichte der deutschen Sprache. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 3. Aufl., 1969

- Von Polenz, Peter: Dt. Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Walter de Gruyter-Berlin-New York, Band 1, 2. Aufl., 2000

- Wells, C. J.: Deutsch eine Sprachgeschichte bis 1945. Tübingen: Max Niemeyer-Verlag, 1990