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R. L. Stine Vollmond an Halloween Aus dem Amerikanischen von Janka Panskus

Vollmond an Halloween - bücher.de · 2018. 12. 4. · Hast du ein Problem?«, bellte er. Das war sein Lieblingsspruch beim Wrestling. Es machte seine Freunde wahnsinnig, dass er

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R. L. Stine

Vollmondan HalloweenAus dem Amerikanischenvon Janka Panskus

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OMNIBUS ist der Taschenbuchverlag für Kinderin der Verlagsgruppe Random House

Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das für dieses Buch verwendeteFSC-zertifizierte Papier Munken Print liefertArctic Paper Munkedals AB, Schweden

1. AuflageErstmals als OMNIBUS Taschenbuch November 2006Gesetzt nach den Regeln der RechtschreibreformDie Originalausgabe erschien unter dem Titel»The Nightmare Room – Full Moon Halloween« beiHarperCollins Children’s Books, a Division ofHarperCollins Publisher, Inc.© 2001 für die Originalausgabe ParachutePublishing, L.L.C.All rights reserved© 2003 für die deutsche ÜbersetzungOMNIBUS Taschenbuch Verlag/cbj, Münchenin der Verlagsgruppe Random House GmbHDie deutschsprachige Erstausgabe im Hardcovererscheint in der Serie »Gruselfieber« unter dem Titel »Vollmond an Halloween«Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten durchOMNIBUS Taschenbuchverlag/cbj, MünchenDieses Werk wurde vermittelt durch dieLiterarische Agentur Thomas Schlück GmbH,Garbsen.Übersetzung: Janka PanskusLektorat: Sabine TandetzkeUmschlagkonzeption: Atelier Langenfass, IsmaningMI · Herstellung: CZSatz: Uhl + Massopust, AalenDruck und Bindung: GGP Media GmbH, PößneckISBN-10: 3-570-21722-1ISBN-13: 978-3-570-21722-1Printed in Germany

www.omnibus-verlag.de

SGS-COC-1940

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»He, wartet auf mich!«Tristan Gottschalk rannte eilig

hinter seinen Freunden her. SeineSchritte dröhnten auf dem harten

Boden und hallten im langen, leeren Flur wider. Erschlang den Arm um Ray Davidoffs Hals und nahmihn in den Würgegriff. »Los! Kämpfen, Mann!«

Ray riss sich von Tristan los. »Du hast doch nichtden Mumm, einen Wrestler wie ›Stone Cold Ray‹rauszufordern!«, grölte er. Den Namen »StoneCold Ray« hatte er sich selbst gegeben, weil er gernso eiskalt und knallhart wie ein Catcher sein wollte.Er bog Tristans Arm im Polizeigriff auf denRücken, bis der Freund laut aufschrie.

Bei ihrem spielerischen Ringkampf knallten diebeiden Jungen gegen die Metallspinde an den Wän-den.

Rosa Martinez zog Ray von Tristan weg. »Hörtauf mit dem Kinderkram«, sagte sie, »und lasst unsendlich von hier abhauen.«

Bella Chester nickte. »Wenn keiner mehr da ist, istes in der Schule echt unheimlich. Ich kann’s nichtglauben, dass wir wirklich den letzten Bus verpassthaben.«

»Draußen ist es schon fast dunkel«, sagte Rosa.

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»Warum machen sie in der Schule eigentlich immerso früh das Licht aus?«

Ray lachte. »Die riesige Rosa. Seit wann fürch-test du dich vorm Dunkeln?«

Rosa gab ihm einen harten Schubs. »Ich hab dirschon hundertmal gesagt, du sollst mich nicht sonennen! Ich bin groß und nicht riesig!«

»Du bist größer als ich!«, rief Ray.Rosa sah ihn finster an. »Kann ich was dafür,

dass du so’n Knirps bist?«Tristan lachte. »Du nennst Stone Cold Ray einen

Knirps? Nur weil mein Hund größer ist als er?«»He!« Ray blickte die beiden stirnrunzelnd an.

»Ich hatte letzten Monat einen Wachstumsschub.Mein Vater meint, ich könnte dieses Jahr lockernoch fünfzehn Zentimeter wachsen.«

»Was soll das Gelaber überhaupt?«, fragte Bella.»Merkt ihr nicht, dass unsere Stimmen durch denganzen Flur hallen? Jeder kann dieses dämliche Ge-spräch mithören.«

»Aber hier ist doch niemand«, wandte Rosa ein.»Die anderen sind alle schon nach Hause gegan-gen.«

»Hallt toll hier«, sagte Ray. Er warf den Kopf zu-rück und stieß ein langes, hohes Tiergeheul aus.

Tristan lachte. »Der Ruf der Wölfe!« Er fiel mitein und sie heulten um die Wette.

»Aufhören«, stöhnte Bella. Sie strich sich mit

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einer schwungvollen Bewegung das lange, lockigerote Haar zurück. »Das ist echt nicht lustig. Gucktihr denn keine Nachrichten? Habt ihr noch nichtsvon den Angriffen der wilden Tiere mitbekom-men?«

Ray grinste höhnisch. »Sag mal, glaubst du etwadiesen Quatsch, dass Werwölfe in der Stadt rum-schleichen? Das sind doch nur Gerüchte. Wahr-scheinlich haben sich das ein paar Leute aus lauterLangeweile ausgedacht.«

»Aber hast du die beiden Katzen gesehen, die an-gefallen wurden?«, fragte Bella. »Sie wurden zer-fetzt und aufgefressen. Nur ihre Köpfe sind übriggeblieben. Und um die Köpfe herum waren überallgroße Pfotenabdrücke im Boden.«

»Igitt«, sagte Rosa und schnitt eine Grimasse.»Hör bloß auf.«

»Ja, davon krieg ich nämlich Hunger!«, rief Ray.Er und Tristan legten die Hände wie einen Trich-

ter um den Mund und heulten wieder los.»Ich versteh nicht, dass Mr Moon uns nach der

Schule so lange dabehalten hat«, sagte Rosa, die diebeiden Jungen ignorierte.

»Stimmt. Warum hat er ausgerechnet uns gebeten,ihm bei seinen Experimenten für Bio zu helfen?«,meinte Bella. »Wir sind doch gar nicht die Cracks inder Klasse.«

»Vielleicht mag er uns ja«, sagte Rosa.

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»Haha!«, entgegnete Ray mit beißendem Spott.»Das soll wohl ’n Witz sein, was?«

Vor ihren Spinden blieben sie stehen. Bella ließein paar Bücher auf den Boden ihres Spinds fallen.Dann zog sie ihre schwarze Fleecejacke heraus.

»Ich finde, Mr Moon hat ein total schrecklichesLächeln«, sagte sie. »Als hätte er mindestens fünf-hundert Zähne.«

»Er sieht aus wie ein Vampir aus einem dieseralten Filme«, bemerkte Rosa. Sie setzte sich einerote Wollmütze auf ihre kurzen schwarzen Haare.»Mit seiner angeklatschten, zurückgekämmten Fri-sur, den dichten Augenbrauen und diesen komi-schen Knopfaugen.«

Tristan warf einen Blick den Flur hinunter. »Pscht!Er kann wahrscheinlich jedes Wort hören.«

»Quatsch«, schnaubte Ray. »Ich wette, er ist nochim Labor und spritzt irgendso ’n seltsames Zeug inVogeleier.«

»Ich finde solche Experimente echt cool«, sagteTristan. Er zog seine Jeansjacke an und schwangsich den Rucksack über die Schulter. »Ist doch ’nestarke Idee, irgendwas Fremdes in Eier zu tun unddann zu sehen, was dabei rauskommt.«

»Also, mich brauchst du nicht mehr zum Früh-stück bei dir einzuladen!«, rief Rosa.

Alle prusteten los. Rosa brachte sie immer zumLachen.

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Sie knallten die Spindtüren zu und schlossen ab.Dann gingen sie durch den schummrig beleuchte-ten Flur zum Hintereingang der Schule.

Wir vier sind schon ewig befreundet, dachte Tris-tan. Aber das weiß Mr Moon nicht. Wir sind ja nichtmal im selben Biokurs. Warum hat er dann ausge-rechnet uns ausgewählt, um ihm bei seinen Experi-menten zu helfen?

Sie kamen an einem orange-schwarzen Plakat vor-bei, auf dem die Halloweenparty der Schule ange-kündigt wurde.

»Wow, bald ist Halloween«, sagte Rosa. »Gehenwir dieses Jahr wieder von Haustür zu Haustür unddrohen den Leuten an, ihnen einen Streich zu spie-len, wenn sie uns keine Süßigkeiten geben?«

Bella dachte angestrengt nach. Wie immer verzogsie dabei das Gesicht und ihre grünen Katzenaugenschienen zwischen ihren vielen Sommersprossen zu verschwinden. »Ich weiß nicht«, erwiderte sie.»Sind wir dafür nicht schon zu alt? Ab wann ist manzu alt für die Halloweentour?«

»Ich glaube, mit zwölf«, antwortete Tristan. »Undwir sind zwölf.«

»Na und?«, sagte Ray. »Aber Süßigkeiten mö-gen wir doch immer noch, oder? Also sind wir nochnicht zu alt dafür. Ich finde, wir sollten losziehen.«

Er schubste Bella gegen die Wand. »Außer natür-lich, du hast Angst vor den Werwölfen!«

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»Hab ich nicht«, fauchte Bella und schubste zu-rück.

»Aber wenn wir auf Halloweentour gehen wol-len, brauchen wir was zum Verkleiden.«

»Warum machen wir dieses Jahr nicht ’ne Party?«,fragte Ray. »Eine Kostümfete wäre doch Klasse! Ichmale mir Tattoos auf die Brust und die Arme undkomme als Stone Cold Ray.«

Er stieß einen barbarischen Kampfschrei aus undnahm Tristan in den Schwitzkasten. »Hast du einProblem, hä? Hast du ein Problem?«, bellte er.

Das war sein Lieblingsspruch beim Wrestling. Esmachte seine Freunde wahnsinnig, dass er ihn stän-dig wiederholte.

Tristan kämpfte sich frei. »Ja, ich hab ein Prob-lem«, ächzte er und strich sich das lockige stroh-farbene Haar glatt. »Wenn wir eine Party machen,haben wir keine Zeit für unsere Sammeltour.«

Sie waren fast an der Tür angelangt. Durch dieGlasscheibe konnte Tristan den gespenstisch fahlenMond sehen, der noch tief am Spätnachmittagshim-mel stand.

Als sie gerade das Schulgebäude verlassen woll-ten, warf Tristan einen Blick zurück – und keuchteerschrocken auf, als er hinter ihnen jemanden be-merkte. Eine Gestalt, die ganz still an die dunkleWand gelehnt dastand, sie beobachtete und be-lauschte.

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»He…«, flüsterte Tristan den anderen zu. Alle vierdrehten sich um.

Die Augen in dem dämmrigen Licht zusammen-gekniffen, erkannte Tristan, dass es ein Junge ausihrer Klasse war.

Michael Moon, der Sohn des Lehrers.Ein seltsamer Junge. Mager und dunkel, mit dem

geschniegelten schwarzen Haar seines Vaters, klei-nen Knopfaugen und einem schmalen, unangeneh-men Gesicht.

Ein Gesicht wie ein Frettchen, dachte Tristan.Michael Moon, der ein Einzelgänger war und

kaum jemals den Mund aufmachte. Und der an derSchule keine Freunde zu haben schien.

An die Wand gelehnt, beobachtete Michael Tris-tan und dessen Freunde. Die Hände hatte er tief inden Taschen seiner schwarzen Jeans vergraben.

Plötzlich richtete er sich auf.Er legte die Hände an den Mund. Und rief ihnen

mit hoher Flüsterstimme zwei Worte zu.Nur zwei Worte, mehr nicht.Aber sie jagten Tristan einen Schauder über den

Rücken.»Seid vorsichtig!«

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Kurz darauf betrat Rosa hinter Tris-tan das Haus der Coopers. »Der Typ ist mir echt unheimlich«, sagtesie.

Tristan starrte sie an. »Wer? Ray?«»Nein, du Idiot!« Lachend gab sie ihm einen der-

ben Knuff. »Michael Moon.«Sie zog sich die Mütze vom Kopf, warf einen

Blick in den Flurspiegel und fuhr sich mit den Fin-gern durch das dunkle Haar. Dann schlüpfte sie ausder Daunenweste und warf sie auf die Bank nebender Tür.

Rosa trug einen weiten dunkelroten Pulli überausgebeulten khakifarbenen Cargohosen. Nach ei-nem letzten prüfenden Blick in den Spiegel wandtesie sich wieder an Tristan.

»›Seid vorsichtig‹ – was glaubst du, warum hatMichael Moon das zu uns gesagt?«, fragte sie.

Tristan zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Viel-leicht wollte er uns vor irgendwas warnen. Oderuns drohen?«

»Ich – ich weiß auch nicht«, erwiderte Rosa.»Aber wie er es gesagt hat – das war irgendwieunheimlich.«

»Ja, stimmt.«

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Tristan ließ seinen Rucksack auf den Boden fal-len und ging in die Küche. »Mom? Bist du zuHause?«

»Ich bin im Wohnzimmer«, rief seine Mutter. »Mitwem redest du denn da?«

»Rosa ist noch auf einen Sprung mitgekommen«,sagte Tristan und steckte den Kopf in das kleineWohnzimmer.

Mrs Gottschalk sah sich die Fernsehnachrich-ten an und hatte eine Zeitschrift aufgeschlagen imSchoß liegen. Sie machte immer mindestens zweioder drei Dinge gleichzeitig. Es war ein alter Fami-lienwitz, dass sie nicht fernsehen konnte, ohnegleichzeitig zu lesen und zu telefonieren.

Tristan sah seiner Mutter sehr ähnlich. Beidewaren groß und dünn. Er hatte ihre lockigen stroh-farbenen Haare, die gleichen runden blauen Augenund die kurze Stupsnase.

Sie nahm die Fernbedienung und stellte den Tonleiser. »Hallo, Rosa. Wieso seid ihr beide so spätdran?«

»Mr Moon hat uns gebeten, ihm bei ein paar Ex-perimenten zu helfen«, antwortete Tristan.

»Es war ganz interessant«, fügte Rosa hinzu. »Wirhaben gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen ist.«

»Mr Moon – ist das nicht der neue Lehrer?«,fragte Tristans Mutter. »Ich habe ihn noch nichtkennen gelernt.«

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»Der ist okay«, sagte Rosa. »Ein bisschen seltsamvielleicht.«

Mrs Gottschalk zog eine Augenbraue hoch. »Selt-sam?«

»Komisch halt. Ist doch egal«, sagte Tristan. »Wirsterben vor Hunger. Ist irgendwas zu essen da?«

Seine Mutter sah ihn stirnrunzelnd an. »Es ist fastAbendbrotzeit. Rosa, kannst du noch zum Essenbleiben?«

»Nein, ich muss nach Hause«, antwortete sie.»Meine Tante und mein Onkel aus Kalifornien sindzu Besuch und ich muss auf meinen kleinen Cousinaufpassen.«

Tristan ging in die Küche, um sich eine Kleinig-keit zu essen zu holen. Rosa folgte ihm dicht aufden Fersen. »Mein Cousin Benny ist wie ein Tier«,sagte sie. »Er ist vier Jahre alt, aber er beißt immernoch.«

Tristan holte eine Tüte Schokokekse aus demSchrank. »Echt? Und was machst du, wenn er dichbeißt?«

»Na, zurückbeißen natürlich!«, erwiderte Rosatrocken.

Darüber mussten beide lachen.Tristan reichte Rosa ein paar Kekse. Dann schob

er sich selbst einen besonders großen in den Mund.Laut mampfend begann er, den Briefstapel auf

dem Küchentisch durchzusehen.

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Er zog einen viereckigen schwarzen Umschlagheraus. Name und Adresse waren in orangefarbe-ner Druckschrift geschrieben. »He – der ist ja fürmich«, sagte er.

Rosa betrachtete den Umschlag. »Schwarz undorange? Sieht wie die Einladung zu ’ner Halloween-party aus.«

»Komisch«, murmelte Tristan. »Wir kennen dochgar keinen, der eine Party macht, oder?«

Er riss den Umschlag auf, der mit einem lautenKnall explodierte.

Erschrocken ließ Tristan ihn auf den Tisch fallen.Und stieß einen Schrei aus, als dichter schwarzer

Rauch daraus hervorquoll.

Mit klopfendem Herzen beobachteteTristan, wie sich der schwarze Rauchaus dem zerrissenen Umschlag her-

vorkräuselte. Nach wenigen Sekunden hatte er sichverzogen.

Rosa lachte. »Wow, da will aber jemand auf Teu-fel komm raus deine Aufmerksamkeit erregen!«

Tristans Mutter kam in die Küche gestürmt. »Was

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war das für ein Knall? Was ist passiert? Hier riecht’sja nach Rauch!« Ihre Augen waren tellergroß vorPanik.

»Nur so ’n Scherzartikel«, sagte Tristan. Er nahmden Umschlag vorsichtig in die Hand.

Ob er noch mal explodierte?Nein. Tristan zog eine schwarz-orangefarbe-

ne Karte heraus. »Komm zu der unheimlichstenHalloweenparty aller Zeiten!«, las er. »Du hattestRecht, Rosa. Es ist wirklich eine Einladung.«

»Von wem ist sie?«, fragte Rosa.Tristan warf einen Blick auf die Unterschrift.

»Ich glaub’s nicht. Die ist von Mr Moon.«»Das ist nicht dein Ernst, oder?«, rief Rosa.»Zeig mal«, sagte Tristans Mutter. Sie nahm ihm

die Karte aus der Hand und las sie aufmerksamdurch. »Ist das nicht nett? Euer Lehrer gibt eineHalloweenparty.«

»Nett?«, fragte Tristan schwach. »Was soll darannett sein?«

»Es ist schrecklich«, jammerte Rosa. »Wir wol-len Halloween doch nicht mit einem Lehrer ver-bringen. Wir wollen Spaß haben und mit unserenFreunden abhängen.«

»Immerhin ist er neu an eurer Schule«, sagte MrsGottschalk. »Er will euch eben besser kennen ler-nen.«

Rosa stöhnte auf. »Ob ich auch eingeladen bin?«

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Sie nahm das Telefon und wählte ihre Nummer.»Hallo, Mom. Ich bin’s… Ja, ich bin bei Tristan. Warheute zufällig ein schwarzer Umschlag für mich inder Post?«

Rosa stöhnte wieder. »Ja? Oh. Nein – lass mal,Mom. Ist wirklich nicht nötig. Mach ihn nicht auf.Ich bin gleich da.« Sie legte auf.

»Wahrscheinlich hat Mr Moon alle seine Schülereingeladen«, sagte Tristans Mutter. »Das wird dochbestimmt lustig.«

»Wie aufregend«, ätzte Tristan und verdrehte dieAugen.

Rosa schüttelte bedrückt den Kopf. »Halloweenmit einem Lehrer«, murmelte sie. »Das ist echt nichtfair. Es ist das letzte Jahr, wo wir noch auf Sammel-tour gehen können.«

»Wahrscheinlich sitzen wir nur dumm rum, trin-ken Apfelsaft und erzählen uns richtig doofe Ge-spenstergeschichten«, sagte Tristan seufzend. »Grot-tenlangweilig.«

»Und spielen so ’n Kinderkram wie Topfschlagenoder so«, fügte Rosa hinzu.

»Ihr müsst ja nicht die ganze Zeit bleiben«, sagteMrs Gottschalk.

Tristan sah sie an. »Hm? Wie meinst du das?«»Bleibt einfach für ein Stündchen dort. Ihr wisst

schon, der Höflichkeit halber. Und danach zieht ihrmit euren Freunden von Haus zu Haus.«

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»Cool!«, sagte Tristan.»Total cool«, bekräftigte Rosa. »Aber meinen Sie,

wir schaffen es, uns so früh wieder abzusetzen?«»Das dürfte eigentlich kein Problem sein«, er-

widerte Tristans Mutter.»Warum sollte es auch?«

Währenddessen bereiteten auf der anderen Seiteder Stadt Mr Moon und seine Frau Angela in ihremHaus alles für die Halloweenparty vor.

Mr Moon trug weite Khakihosen und ein brau-nes Sweatshirt, das am Hals zerrissen war.

Seine Frau war untersetzt und hatte ein rund-liches rosafarbenes Gesicht, umrahmt von blon-dem Kraushaar, das in alle Richtungen abstand. Sie trug eine Brille mit dicken, viereckigen Gläsern,durch die ihre Augen so groß wie die einer Eulewirkten.

»Was für ein schäbiges altes Haus«, seufzte An-gela, während sie einen Streifen schwarzes Krepp-papier quer über die Wohnzimmerwand spannte.

»Es ist eine Schande, dass wir noch keine Zeithatten, es herzurichten.«

Ein seltsames Lächeln breitete sich auf Mr MoonsGesicht aus. »Aber für unsere Party ist es perfekt«,sagte er. »Es ist kühl und zugig. Die Tapete ist ris-sig. Die Teppiche sind fleckig. Alles sehr unheim-lich.«

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»Ich finde, unser nächstes Haus sollte niegel-nagelneu sein«, erwiderte Angela. »Und die Wändesollten wir weiß und gelb streichen. Ich würde zurAbwechslung gern mal in einem hellen, freundli-chen Haus leben.«

»Mal sehen«, murmelte Mr Moon. Er stellte ge-rade Totenköpfe aus Plastik nebeneinander auf denKaminsims.

»Mom hat Recht«, sagte Michael Moon, der indiesem Moment den Raum betrat. Über der schwar-zen Jeans trug er ein schwarzes T-Shirt mit einemFoto von Jimi Hendrix auf der Brust.

Er mampfte einen Apfel und drehte ihn dabei inden Händen, als äße er einen Maiskolben. Saft liefihm über das schmale, spitze Kinn.

»Ich hab’s satt, immer in so unheimlichen altenSchuppen zu wohnen«, meckerte er.

Mr Moons dichte schwarze Augenbrauen schos-sen in die Höhe. »Haben wir dich etwa nach deinerMeinung gefragt?«, fuhr er ihn an.

»Warum müssen wir diese Party eigentlich ma-chen?«, fragte Michael.

»Du wirst dich bestimmt großartig amüsieren«,entgegnete seine Mutter. »Du weißt doch, dass un-sere Partys immer aufregend sind. Und du hast dieGelegenheit, Zeit mit deinen neuen Freunden zuverbringen.«

»Ich hab keine Freunde«, knurrte Michael mit

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finsterer Miene. »Wie soll ich denn Freundschaftenschließen, wenn ich jedes Jahr die Schule wechselnmuss?«

»Hilf deiner Mutter mit dem Krepppapier«, kom-mandierte Mr Moon.

»Hört mir doch mal zu«, bat Michael eindring-lich. »Bitte lasst die Party ausfallen. Ich flehe euchan!«

Angela drehte sich um und musterte ihn. »Mi-chael, du weißt doch, dass wir diese Halloween-party geben müssen. Wir geben die Party schließ-lich immer, nicht wahr?«

Mr Moon trat zwischen die beiden. »Michael,keine Widerworte mehr«, sagte er streng. »Dies wirddie beste Party aller Zeiten. Zieh deinen Mantel anund lauf zum Laden an der Ecke. Wir brauchen nochmehr schwarzes Krepppapier.«

»Kauf so viel, wie du kriegen kannst«, sagte An-gela.

»Warum wollt ihr denn nicht auf mich hören?«,jammerte Michael.

»Und bring auch noch orangefarbenes Krepp-papier mit«, fügte Angela hinzu. »Diese Party solletwas ganz Besonderes werden.«

Leise murrend schnappte sich Michael seinenMantel aus dem Schrank. Dann stapfte er wü-tend aus dem Haus und knallte die Tür hinter sichzu.

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»Früher war er viel umgänglicher«, sagte MrMoon kopfschüttelnd. »Als er noch klein war, hatten wir immer so viel Spaß miteinander. Aberjetzt…«

»Ach, das ist nur eine Phase, die er durchmacht«,meinte Angela.

»Na, hoffentlich.« Mr Moon seufzte. Er strichsich mit der Hand über das glatte schwarze Haar.»Lass uns die Fenster überprüfen«, sagte er. »Pro-bier die Schalter aus.«

Angela ging zum Regal an der hinteren Wandund schob einen Bücherstapel beiseite. Dann zogsie einen rechteckigen schwarzen Metallkasten her-vor und öffnete ihn mit einem Schlüssel. Darin be-fanden sich drei rote Knöpfe. Angela drückte aufden ersten Knopf.

Klong. Klirr. Klirr.Die beiden sahen zu, wie vor allen Fenstern Git-

terstäbe aus Stahl herunterrasselten.Lächelnd ging Mr Moon zum Vorderfenster

hinüber, packte mit jeder Hand einen Stab und rüt-telte daran.

»Sitzen fest«, sagte er. »Sehr gut.«»Die Türen habe ich auch kontrolliert«, berich-

tete Angela. »Sie werden alle automatisch verrie-gelt, wenn ich den mittleren Knopf drücke.«

»Hervorragend«, lobte Mr Moon, und sein Lä-cheln wurde breiter. »Ganz hervorragend. Verrie-

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gelte Türen, vergitterte Fenster. So können sie nichtheraus. Ich möchte schließlich nicht, dass eines derKinder entkommt.«

Am nächsten Morgen lief Tristan imSchulbus durch den Mittelgang zuseinem Stammplatz in der hinters-

ten Reihe.»He, Tristan!«»Was steht an?«»Alles klar, Mann?«Auf seinem Weg nach hinten klatschte Tristan

mit seinen Kumpeln ab, die ihm zur Begrüßung dieHände entgegenstreckten. Er war einer der belieb-testen Schüler an der Wordsworth Middle School.Er hatte viele Freunde, weil er clever und lustig,gutmütig und umgänglich war.

Als Nächstes hielt der Bus vor Rays Haus. Raykam die Einfahrt runtergestürmt, während er sichgleichzeitig mit seiner Jacke abmühte. Wie üblichwar er spät dran.

»Stone Cold Ray an Bord«, rief er beim Einstei-gen.

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

R.L. Stine

Vollmond an HalloweenGruselfieber - Band 13

Taschenbuch, Broschur, 128 Seiten, 12,5 x 18,3 cmISBN: 978-3-570-21722-1

cbj

Erscheinungstermin: Oktober 2006

Schaurige Abenteuer, unheimliche Ereignisse und mysteriöse Zufälle sorgen für Nervenkitzelpur! • Noch mehr Gruselspaß für alle R. L. Stine-Fans• Lesefutter zum Taschengeldpreis• Jeder Gruselfieber-Band zum ersten Mal im Taschenbuch• Jeder Gänsehaut-Band ein Doppelschocker