12
H; Wild. 597 wenn bei unserer Holtz'schen Trichterrohre die stabilen Schichten, die in der positiven Lage sichtbar sind, in der negativen durch bewegliche ersetzt werden, und gleichzeitig an die Stelle der vollstandigen Indifferenz gegen geniiherte Leiter eine lebhafte Electrorepulsion tritt. V. Vollstarzd4ge l'heorie des Bifilarrnagnetorneters ZGnd meue lt6ethoden xur Best4rnrnumg der ab8oZutert Erixontal$ntensiE&t des Erdwmg.netismus sowie der l'emperatzcr- und I&zcctionscok~fic%enten der 3Tagnete; von I€. WiZd. (MBlanges physiques et chimiques tires du Bulletin de I'Academie Imp& riale des sciences de St.-PBtersbourg. 11. 15/21 Janvier 1880.) - __ Gauss hat im Jahre 1837 die beobachtende Physik mit einem neuen ,,zur unmittelbaren Beobachtung der Ver- anderungen in der Intensitat des horizontalen Theils des Erdmagnetismus bestimmten Instrument", dem sogenannten Bifilarmagnetometer beschenktl), von dem er spater auch eine eingehendere Theorie publicirte.2) In dieser Theorie hat Gauss einen der influirenden Factoren, die Torsion der Aufhangedrahte, als sehr klein vernachliissigt und einen zweiten, wahrscheinlich eben- falls als sehr klein vorausgesetzten, niimlich die Induction des Erdmagnetismus auf den Magnetismus des aufgehangten Magnets gar nicht beriicksichtigt. Aus einer aufmerksamen Verfolgung der Constanten der Bifilarmagnetometer im physikalischen Centralobserva- torium, die viele Jahre hindurch regelmassig jeden Monat aus dem Vergleiche mit den absoluten Messungen der Hori- zontalintensitat des Erdmagnetismus abgeleitet wurden, habe ich indessen schon vor mehreren Jahren erschlossen, dass 1) Resultate aus den Beobachtungen des magnet. Vereins iin Jahre 2) Resultate etc. im Jahre 1840. p. 1. 1837. p. 1.

Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

  • Upload
    h-wild

  • View
    216

  • Download
    4

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

H; Wild. 597

wenn bei unserer Holtz'schen Trichterrohre die stabilen Schichten, die in der positiven Lage sichtbar sind, in der negativen durch bewegliche ersetzt werden, und gleichzeitig an die Stelle der vollstandigen Indifferenz gegen geniiherte Leiter eine lebhafte Electrorepulsion tritt.

V. Vollstarzd4ge l'heorie des Bifilarrnagnetorneters ZGnd meue lt6ethoden xur Best4rnrnumg der ab8oZutert Erixontal$ntensiE&t des Erdwmg.netismus sowie der l'emperatzcr- und I&zcctionscok~fic%enten der

3Tagnete; von I€. WiZd . (MBlanges physiques et chimiques tires du Bulletin de I'Academie Imp&

riale des sciences de St.-PBtersbourg. 11. 15/21 Janvier 1880.) - _ _

G a u s s hat im Jahre 1837 die beobachtende Physik mit einem neuen ,,zur unmittelbaren Beobachtung der Ver- anderungen in der Intensitat des horizontalen Theils des Erdmagnetismus bestimmten Instrument", dem sogenannten B i f i l a r m a g n e t o m e t e r beschenktl), von dem er spater auch eine eingehendere Theorie publicirte.2)

I n dieser Theorie hat G a u s s einen der influirenden Factoren, die T o r s i o n d e r A u f h a n g e d r a h t e , als sehr klein vernachliissigt und einen zweiten, wahrscheinlich eben- falls als sehr klein vorausgesetzten, niimlich die Induction des Erdmagnetismus auf den Magnetismus des aufgehangten Magnets gar nicht beriicksichtigt.

Aus einer aufmerksamen Verfolgung der Constanten der Bifilarmagnetometer im physikalischen Centralobserva- torium, die viele Jahre hindurch regelmassig jeden Monat aus dem Vergleiche mit den absoluten Messungen der Hori- zontalintensitat des Erdmagnetismus abgeleitet wurden, habe ich indessen schon vor mehreren Jahren erschlossen, dass

1) Resultate aus den Beobachtungen des magnet. Vereins iin Jahre

2) Resultate etc. im Jahre 1840. p. 1. 1837. p. 1.

Page 2: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

598 H. Wild

die Torsion der Aufhangefaden, namentlich wenn es Metall- drahte sind, im allgemeinen durchaus kein zu vernachlassi- gender Factor sei, sondern unter Umstanden 5 O I 0 und mehr des Momentes der Schwere betragen konne.') Damals schon fie1 mir auch auf, dass die Relationen, welche die Gauss'sche Theorie fur den sogenannten Torsionswinkel und die Schwin- gungsdauern des Bifilarmagnetometers in der normalen, ver- kehrten und transversalen Lage ergeben hatte, mit den Beob- achtungen nicht in Einklang zu bringen seien. Bei der Un- vollkommenheit der Apparate und insbesondere Angesichts der Stdrungen, welchen die magnetischen Messungen in Petem- burg ausgesetzt waren, wagte ich indessen niclit , ein be- stimmteres Urtheil in dieser Richtung zu fallen; vielmehr fing ich an, mich der Ansicht zuzuneigen, dass die Bifilarmag- netometer verschiedener Umstande halber nicht sehr zuver- lassige Instrumente seien, und dass Lhnliche Erfahrungen dabei L a m o n t bemogen haben mochten, dieselben fur die Beobachtungen der Variationen der Horizontalintensitat durch andere, t h e o r e t i s c h jedenfalls weniger vollkommene Instru- mente, Unifilarmagnetometer mit Deflectoren, zu ersetzen.

Die vollkommeneren Instrumente und Einrichtungen im magnetischen und meteorologischen Observatorium in Paw- lowsk und der Ausschluss aller Storungen daselbst erlaubten mir erst, mit voller Sicherheit zu erkennen, dass die Mes- sungsresultate beim Bifilarmagnetometer in der That weit iiber die Grenzen der mSglichen Beobachtungsfehler hinaus von den erwahnten, durch die Gauss'sche Theorie gegebenen Relationen abweichen. Eine nahere Ueberlegung musste mich zur Annahme fuhren, dass der Grund dieser Abweichungen ausser in der vernachlissigten Torsion auch noch in der In- duction des Erdmagnetismus auf den Magnet zu suchen sei. Demzufolge habe ich die Theorie des Bifilarmagnetometers mit Berucksichtigung dieser beiden Factoren neu entwickelt, und es sind die, wie ich glaube, nicht ganz uninteressanten Resultate dieser vollstindigen Theorie, ihrer theilweisen Ver-

1) Siehe Einleitung mm Anhang der dnnalen des phys. Central-

~-

observatoriums fur 1874. p. 20 ff.

Page 3: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

H. Wild. 599

gleichung rnit der Erfahrung und weiterer daran angekniipf- ter Schliisse, welche ich in aller Kurze, vor der vollstandigen Darlegung des Ganzen in einer langern Denkschrift, heute der Akademie mittheilen mochte.

1. Der Ein5uss der Torsion der Aufhangefaden beim Bifilar kann entweder theoretisch aus den Dimensionen. der- selben und dem Elasticitatscoefficienten ihrer Substanz oder d a m empirisch durch Beobachtungen aus den zu dem Ende nur wenig zu modificirenden Bifilar selbst bestimmt werden. An einem grossern Bifilar habe ich in dieser Weise eine sehr befriedigende Uebereinstimmung zwischen den beziig- lichen Resultaten der Theorie und Erfahrung erhalten. Bei diesem Bifilar mit 4 m langen Messingdrahten betrug das Torsionsmoment der letztern in runder Zahl 1 Proc. des Drehungsmomentes der Schwere; dagegen erreichte dasselbe beim Bifilarmagnetometer des Magnetographen in St. Peters- burg, bei welchem die Aufhangedrahte von Stahl und blos 0,3 m lang waren, in runder Zahl 7 Proc. des Schwere- moments. Ein Bifilar in Pawlowsk aber mit C o c o n f a d e n von 1,2 m Lange hatte ein blos 0,3 Procent des Schwere- moments betragendes Moment der Torsion beider Faiden. - Es wird uberhaupt beim Bifilar das %foment der Torsion der Aufhangefaden gegeniiber dem Moment der Schwere um so kleiner , j e geringer der Elasticitatscoefficient der Substanz der Fiiden und deren Dicke ist, und je grosser das ange- hangte Gewicht und die Entfernungen der Faden werden. Nun hangt die Grbsse des Gewichts wieder von der Festig- keit der FLden, also dem Festigkeitscoefficienten ihrer Sub- stanz und ihrer Dicke ab, und die Entfernung der Faden kann, wenn die Empfindlichkeit des Apparates dieselbe blei- ben soll, nur zugleich mit einer Vergrosserung der L&nge derselben (im quadratischen Verhaltniss) vermehrt werden. Will man also zur Vermeidung von Storungen, welche aus der Veranderlichkeit des Torsionsmomentes der Auflange- faden rnit der Zeit, z. 33. durch die elastischen Nachwirkungen entspringen konnen, dieses im Verhaltniss zum Moment der Schwere moglichst klein machen, so ist zu den Aufhange- faden eine Substanz zu wahlen , deren Festigkeitscoefficient

Page 4: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

600 11. Wild.

im Verhaltniss zum Elasticitatscoefficienten recht gross er- scheint, und hat man dieselben moglichst lang zu machen. Der erstern Bedingung geniigt am besten die Coconseide; es wurden daher bei allen Bifilarmagnetometern im Observato- rium in Pawlowsk Coconfaden statt Metalldraht zur Auf- hangung der Magnete verwendet und diese in luftdichte, durch Schwefelsaure ausgetrocknete Gehause eingeschlossen , nm andererseits Veranderungen durch die hygroscopischen Eigen- schaften der Seide zu verhindern.

Der Verlangerung der Aufhangefaden aber a i rd in der Praxis durch die gegebene Hohe des Beobachtungslocals und den Umstand, dass man den Torsionskreis am obern Ende des Apparatsl) abzulesen ha t , eine Grenze gesetzt. Das Durchbrechen der Decke des Zimmers und Anbringung der Auf hangungsvorrichtung in einem obern Locale zur bessern Erfullung dieser letztern Bedingung diirfte der alsdann leicht eintretenden Temperaturverschiedenheiten und dadurch be- dingten Luftstromungen halber kaum rathlich sein.

Demgemass ist es nicht wahrscheinlich, dass das Tor- sionsmoment auf eine betrachtlich kleinere Grijsse als 0,3 Proc. des Schweremoments wird reducirt werden konnen, sodass dasselbe, auch unter Anwendung von Cocon€aden bei genauen Untersuchungen nicht neben dem letztern als eine sehr kleine Grosse vernachlassigt werden darf.

2. Bei Beriicksichtigung der Induction und Torsion ver- schwinden die Differenzen zwischen Theorie und Beobachtung, und man erhiilt nach den verschiedenen Methoden sehr nahe identische Werthe der die Empfindlichkeit des Bifilarmagne- tometers charakterisirenden Grosse , des sogenannten Tor- sionswinkels, wahrend dieselben nach cler angenaherten Theorie bis zu 'lao und mehr verschieden ausfielen.

3. Die vollstandige Theorie des Bifilarmagnetometers

1) Die Einrichtung, melche Gauss zur Vermeidung desseu dem Bifi- 1armag:ietomcter gegebcn hat, indem er niimlich den Torsionskreis unten beim Magnet anbrachte, llisst sich nur bei so schweren Magneten, wie er sie benntzte, init Erfolg anwenden. Da man den Gebrauch der letztern aus guten Grundeii seither verlassen hat, so musste auch der Torsions- kreis nach oben verlegt nerden.

~~

Page 5: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

H. Wild. 60 1

fiihrte aber auch unmittelbar zu einer v o r z u g l i c h e n Methode , urn aus der directen Beobachtung des Torsions- winkels und der drei Schwingungsdauern des Magnets in der normalen, verkehrten und transversalen Lage die zwei e r l e i I n d u cti o n s c o e f f i c i e n t e n desselben, namlich den bei der S c h w a c h u n g und den bei der V e r m e h r u n g des magne- tischen Moments durch Induction geltenden, g e t r en n t z u b e s ti mme n.

Die zur Bestimmung des Mittels dieser Cogfficienten gewohnlich befolgte Methode von La mo n t 1) ist so unsicher, dass sie mir bei wenig variirten Umstanden Werthe lieferte, von denen der eine doppelt so gross als der andere war, und noch vie1 unsicherer erscheint seine Methode zur Be- stimmung des Verhaltnisses der beiderlei Coefficienten. Die Methode von W. W e b e r 2) aber gibt nur das Mittel beider Coefficienten und ist in der Ausfiihrung sehr umstandlich.

Der Voreug der neuen Methode besteht hauptsachlich darin, dass dabei n i c h t die gegenseitige Einwirkung zweier nahen Magnete, der sich nur angenahert berechnen lasst, ins Spiel kommt, und dass man nur mit einem einzigen In- strumente zu operiren hat.

4. Derselbe Vorzug kommt auch der von mir friiher schon angegebenen Methode zu, mit dem Bifilarmagneto- meter den Ten ipe ra tu rcoe f f i c i en ten der Magnete zu bestimmen?)

Ich habe dieselbe indessen erst im letzten Sommer im Observatorium in Pawlowsk nach Beseitigung der erwahnten Zweifel an der Tauglichkeit des Bifilars uberhaupt zur Aus- fiihrung gebracht und dabei Belegenheit gehabt, mich von der Scharfe der Methode zu iiberzeugen.

Die gegenwartig allgemein iibliche Gauss’sche Me- thode zur absoluten Bestimmung der Horizontalintensitat

5.

1) L a m o n t , Haudbuch des Erduiagiietismus. p. 151. Berlin 1849. 2) W. Weber , Abhaudl. der Gesellsch. der Wissensch. zu Gottingen.

3) Wild, Bulletin de St. Petershourg. 19. p. 20. 1873. 6. Math. Classe. p.5. 1854.

Page 6: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

602 H. Wild.

des Erdmagnetismus l) setzt sich aus zweierlei Messungen zu- sammen , namlich der Ermittelung der Schwingungsdauer eines unifilar aufgehangten Magnets unter dem Einflusse des Erdmagnetismus, und sodann der Beobachtung von Ab- lenkungen aus dem magnetischen Meridian, welche e r aus bestimmter Entfernung an einem andern unifilar aufgehang- ten Magnet hervorbringt. Sie leidet demgemgss an zwei kleinen Uebelstanden. Die Bestimmung der Schwingungs- dauer nimmt, wenn sie genau sein soll, eine langere Zeit

bis 1 Stunde) in Anspruch, und doch k6nnen die wilh- rend dieser Zeit erfolgenden Variationen der Intensitat nicht wohl in Rechnung gebracht werden, sondern man muss sich mit der Annahme begniigen, dass die erhaltene Schwingungs- dauer dem ungefahren Mittel der Horizontalintensitat wah- rend dieses Zeitintervalls entspreche. Bei der Beobachtung der Ablenkungen sodann hat man zur Reduction der unmit- telbar abgelesenen Winkel sowohl die Variationen der Decli- nation als auch die der Horizontalintensit,at zu beriicksich- tigen, was die Fehlerquellen nothwendig vermehrt.

Da nach dem Vorigen die dem Bifilarmagnetometer an- haftenden Unsicherheiten als beseitigt zu betrachten sind, so schien es mir eines Versuchs werth, dieses Instrument auch zur a b s o l u t e n M e s s u n g d e r H o r i z o n t a l i n t e n s i t a t her- beizuziehen. Ich bin so zu folgender a e u e n Methode der Be’stimmung der letztern Grijsse gelangt.

Es seien analog wie bei den Ablenkungsbeobachtungen der Gauss’schen Methode zwei Magnete mit den magnetischen Momenten M und M gegeben, welche sich abwechselnd in genau fixirter Lage in ein bifilar aufgehangtes Schiffchen ein- legen lassen. Man lege zuerst den Magnet M in das Schiff- chen, bringe ihn in der ublichen Weise in die transversale Lage (senkrecht zum magnetischen Meridian) und lese am Torsionskreise den sogenannten Torsionswinkel z ab.

Darauf werde der Magnet M’ ins Schiffchen gelegt, der Magnet M in den magnetischen Meridian durch die Drehungs-

1) Gauss , Intensitas vis magneticae terrestris ad mensuram absolu- tam revocsta. Gottingae 1833.

Page 7: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

€I. Wild. 603

axe des Bifilars seitwarts in bestimmte Entfernung hingelegt, der Magnet iM' durch Drehen am Torsionskreise seinerseits in die transversale Lage gebracht und der neue Torsions- winkel z1 abgelesen.

Kehrt man hierauf den Magnet M um 180° um, sodass er jetzt mit dem Nordpole nach Siiden zeigt, wenn er vorher nach Norden gewendet war, so erhalt man einen dritten Torsionswinkel zz, nachdem der Magnet MI wieder in die transversde Lage gebracht worden ist.

Aus den drei diese Gleichgewichtslagen repriisentirenden Gleichungen lassen sich alle unbekannten Grossen eliminiren, sodass ausser den durch Rechnung oder auf empirischem Wege ein fur alle mal zu bestimmenden Constanten in der Schluss- gleichung nur die durch die jeweilige Beobachtung gegebenen drei Torsionswinkel z , zl, za iibrig bleiben, wtlhrend die In- tensittitslinderungen, welche allenfalls von der einen zur andern Ablesnng der letztern erfolgt sind, ganz scharf vermittelst gleichzeitiger Ablesungen an einem Variationsbifilarmagne- tometer in Rechnung zu bringen, resp. aus dem Resultate zu eliminiren sind. Dabei hat man nur diese IntensitBtsvaria- tionen zu beriicksichtigen, weil der Magnet stets nahe senk- recht auf dem magnetischen Meridian steht, und deshalb die gewohnlichen Variationen des letztern einen sehr geringen Einfluss haben. Es sind also in der That die erwiihnten beiden Uebelstiinde der Gauss'schen Methode hier beseitigt..

Ein weiterer uncl nicht unerheblicher Vortheil der Methode besteht ferner darin, dass die beiden aufeinander einwirken- den Magnete wegen der grossern Empfindlichkeit des Bifilars zur Erzielung gleich grosser Ablenkungswinkel wie heim Unifilar der ublichen Methode in grossere Entfernung Ton- einander als dort gebracht werden konnen, sodass die Wir- kung beider Magnete aufeinander mit grosserer Sicherheit zu berechnen ist.

Endlich kann der Umstand die nehe Methode auch nur empfehlen, dass bei dem darnach einzurichtenden Instrumente die zwei Hulfsgrossen fur absolute magnetische Messungen, namlich die Temperaturcoefficienten und die beiden Induc- tionscoefficienten, ebenfalls ohne weiteres nach den oben

Page 8: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

604 H. Wild.

angegebenen sichersten Methoden dafur gemessen werden konnen.

Das Torsionsmoment der Aufhangefaden ist mit genu- gender Genauigkeit aus den Abmessungen am Bifilar- und dem bekannten Elasticitatscoefficienten zu berechnen, dagegen wird es besser sein, das Schweremoment aus Schwingungs- beobachtungen am Bifilar abzuleiten, bei denen es in ver- schiedenen Entfernungen von der Drehungsaxe mit Gewich- ten belastet war. Dieses Verfahren zur Bestimmung dieser Hauptconstanten entspricht dann ganz dem Gauss'schen Ver- fahren zur Ermittelung des Tragheitsmomentbs des Magnets bei der bisherigen Methode der IntensitBtsbestirnmung.

Vollstandige. Intensitatsmessungen nach der neuen Me- thode sind bisher noch nicht ausgefuhrt worden, sondern ich habe mich nur von der Durchfuhrbarkeit derselben durch Vorversuche uberzeugt. Instrumente zur Anstellung regel- massiger Beobachtungen nach derselben, die m i n d e s t e n s als eine sehr willkommene Controle der absoluten Messungen nach der bisherigen Methode werden dienen konnen, sind gegenwaftig in Construction begriffen.

Zum Schlusse theile ibh die Endformeln fur die im

1. Das Torsionsmoment der beiden Aufhangefaden des vorigen erwahnten neuen Methoden mit:

Bifilars zusammen ist genau genug gegeben durch: 2 7 z e 4 e arc2

wenn e den Radius der Faden, I ihre Lange in Millimetern, s den Elasticittitscoefficienten ihrer Substanz, als z. B. fur Stahl 18.10 g, fur Coconseide 861.106 (Millimeter, Milligramme) endlich z den Torsionswinkel reprasentirt.

2. Wenn man der Kurze halber:

~ _ _ 5 2 '

setzt, wo G das an den Faden hangende Gewicht in Milli- grammen, do ihre untere und d', ihre obere Entfernung, end- lich I, ihre L h g e in Millimetern je bei O o darstellen! so

Page 9: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

H. Wild. 605

erhiilt man statt der bisherigen G l e i c h u n g fur die t r a n s - ve r sa l e L a g e des M a g n e t b e i O o :

Do sin z = HMO und statt der bisherigen Relationen zwischen dem so g e - n a n n t e n Tors ionswinke l z und den Schwingungs- d a u e r n d e s Magne t s TI bei no rma le r , T2 bei ver- k e h r t e r und Ts bei t r a n s v e r s a l e r L a g e , niimlich:

T,'- Tl' sinz = ____ und Tq2= T, , Tl T,' f TI2 mit Berdcksichtigung der Torsion der Aufhangefiiden und der Induction des Erdmagnetismus folgende genauere Aus- driicke:

T3,= T,. Tl (1 + wo H die horizontale Componente des Erdmagnetismus,

M, das magnetische Moment des Magnets bei Oo, v' den InductionscoGfficienten des Magnets bei Ver-

starkung und v" denjenigen bei Schwachung seines Magnetismus durch

Induction darstellen und die unmittelbar beobachteten Schwingungs- dauern bereits auf unendlich kleine Amplituden und eine Bewegung ohne Hindernisse (Dampfung) reducirt gedacht sind.

3. Bus der directen Messung des Torsionswinkels z am Torsionskreise und der Beobachtung der drei genannten Schwingungsdauern bei normaler, verkehrter und transver- saler Lage des Magnets berechnen sich die' obigen Induc- tioxascoefficienten nach den Formeln:

Page 10: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

606 H. Wild.

+ 1 - 1 + T 1 - -7 - h, ( p + p’) (tz - f) + U’’ (t,Z - q] 2-J 7 [ ( :3 wo :

und H , Hl und H, die Horizontalintensitaten, wie t, tl und tz die Temperaturen zu den Zeiten resp. der Einstellung des Magnets in die transversale Stellung - Messung des Torsions- winkels z - und der Schwingungsdauerbeobachtung in dieser Lage des Magnets, sowie der Schwingungsdauerbeobachtung in der normalen Lage (Index 1) und in der verkehrten Lage (Index 2) des Magnets darstellen. Ferner reprasentirt :

p’ den Temperaturcoefficienten des Magnets fur das lineare und

y” denjenigen fur das quadratische Olied der Temperatur, e den Ausdehnungscoefficienten des Stahls (Magnets),

der fur die Reduction des Tragheitsmoments auf dieselbe Temperatur in Betracht kommt,

6 den Ausdehnungscozfficienten des untern, 6’ den Ausdehnungscoefficienten des obern Verbindungs-

it den Ausdehnungscoefficienten der Substanz der Faden stiickes der Faden,

selbst, und in der Formel ist abkurzend gesetzt worden:

6 + 8- 3” = p . 4. Es seien zl, zz und z3 die in der Transversalstellung

des Magnets am Bifilar bei den Temperaturen t l , tz und t3 beobachteten Torsionswinkel und H I , H, und H3 die zu diesen Zeiten stattfindenden Horizontalintensitaten, so findet man daraus die Temperaturcoefficienten und die Ausdeh- nungscoefficienten 6 + 6’- il = nach den Formeln:

Page 11: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

H. Wild. 607

wo Z ’ ~ und z’, gegeben sind durch die Ausdriicke:

sin ztl = (2 - x). Hl sinz,, sinz’, = (2 - 2). sinz,.

Es bedarf kaum der Erwiihnung, dass die Grosse p fiir sich genau genug mit den fiir die betreffenden Stoffe gelten- den bekannten AusdehnungscoGfficienten berechnet werden kann.

Wie oben, so sind auch hier die Horizontalintensitaten Hl , H, etc. den gleichzeitigen Ablesungen oder Registri- rungen eines Variationsinstrumentes zu entnehmen.

5. Bei der oben mitgetheilten neuen Methode der Be- stimmung der Horizontalintensitat mittelst des Bifilars be- rechnet man die letztere aus den drei beobachteten Torsions- winkeln z , z1 und z,, wobei jeweilen die Temperaturen t, tl und tar sowie die Intensitaten H, Hl und H, stattgefunden haben mogen, nach der Formel:

2 . Do sinz. a. sinz, + b . sin z, c . sin z, - d . sin zz

Ha= -- Eoa

wo Do, /? etc. die friihere Bedeutung haben, ferner E, die Entfernung der Mittelpunkte beider Magnetc und a? eine in der bekannten Weise durch Variirung dieser Entfernung bei einigen Fundamentalversuchen ein fiir alle ma1 empirisch zu bestimmende Constante darstellen. Ferner ist :

a = 1 - ,u’ (tz - t ) - p”(tZ2 - tz) - 3mt, + (p + ,u‘J (tl - ts) + arc z1 + ,u”~ (tl ’ - t2’) - Y” H - z1

und hier reprasentiren p’l und dieselben CoGfficienten wie oben pf und p”, nur bezogen auf den Hulfsmagnet M’, ebenso z1 dieselbe Grosse wie z mit der einzigen Modification, welche das etwas andere Gewicht des Magnets M‘ im Schwere- moment hervorbringt, endlich m den linearen Ausdehnungs-

Page 12: Vollständige Theorie des Bifilarmagnetometers und neue Methoden zur Bestimmung der absoluten Horizontalintensität des Erdmagnetismus sowie der Temperatur- und Inductionscoëfficienten

608 R. Clausius.

coefficienten der Schiene, auf welche der ablenkende Magnet gelegt wird. h, und h, werden nach den friiheren Aus- driicken aus H, HI und H, berechnet, und fiir H i n den Aus- driicken a und 6 geniigt es, wegen der Kleinheit der Coef- ficienten v' und v", einen angeniiherten Werth der Horizon- talintensitat z u setzen.

Beriicksichtigt man, dass diese Formeln bereits alle Reductionsglieder enthalten, so wird man sie nicht compli- cirter finden als die fiir die bisherige Messungsmethode geltenden.

VI. Ueber die Vevgleichuwg der electrodyrumnischen Grundgesetxe m i t der Erf ahrung;

uon R. C l r i u s i u s . -

Das neue electrodynamische Grundgesetz , welches ich vor einiger Zeit aus Erfahrungssatzen abgeleitet habe, und welches von dem bekannten Weber'schen und dem spater aufgestellten Riemann'schen Grundgesetze in wesentlichen Punkten nbweicht, ist seitdem von verschiedenen Autoren besprochen, wobei es sich vorzugsweise darum gehan- delt hat, fur gewisse der Beobachtung zugangliche Falle die aus den verschiedenen Grundgesetzen hervorgehenden Folgerungen abzuleiten und mit der Erfahrung zu verglei- chen. Es mijge mir gestattet sein, Uber die Resultate dieser Untersnchungen einige Bemerkungen zu machen.

1. Als Grund, weshalb ich das Weber'sche und das Riemann'sche Grundgesetz nicht fur richtig halte, und daher geglaubt habe, ein anderes aufsuchen zu miissen, habe ich angefuhrt, dass diese beiden Gesetze nur dann mit den That- sachen vereinbar sind, wenn man sich vorstellt, dass die gal- vanischen Strbme, und ebenso die anderen electrischen Strome, fiir welche die electrodynamischen Gesetze gelten, also auch die molecularen Striime, durch welche man nach A m p k r e den Magnetismus erklart, nicht einfache Btrome sind, sondern aus je zwei gleichen und entgegengesetzten Stromen der bei-