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Ausgabe 1/11. Jg. LERNEN STUDIEREN LERNEN STUDIEREN LERNEN Vom Lernen zum Studieren ...

Vom Lernen zum Studieren - Universität Innsbruck · dieren ganz unterschiedliche Muster der Aneignung von (Welt-)Wissen verbergen. ... Konditionierung durch die Schulglocke hatte

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Ausgabe 1/11. Jg. LERNEN STUDIEREN LERNEN STUDIEREN LERNEN

VomLernenzumStudieren ...

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Inhalt

02 Editorial03 Studieren:einBildungsprozess04 Studieren,nichtLernenistdas„Kerngeschäft“ derUniversität05 LernenistdieVorfreudeaufsichselbst06 VerhindertBolognadasStudieren?08 Studenten!StelltmehrdummeFragen! WarumkönnenStudentenundProfessoren nichtmiteinanderreden?09 VonamerikanischenUniversitätenlernen10 Studieren:einBildungsprozess?12 IstLernenStudierenoderStudierenLernen?

MitherzlichenGrüßen,

Univ.-Prof.Dr.inIlseSchrittesser,Univ.-Prof.Dr.MichaelSchratz

13 Zweigleisigunterwegs:Mit13inderVorlesung14 UnitedWorldCollege–Schuleeinmalanders15 DieachtTodsündenimLehrerberuf16 Frühübtsich...18 DieAusbildunginder(Fremd-)Sprachendidaktik ausstudentischerPerspektive19 Neudabei!

Wegen der besseren Lesbarkeit wurde in den Artikeln auf die konsequente Verwendung weiblicher und männlicher Per-sonenbegriffe verzichtet. Gemeint und angesprochen sind natürlich immer beide Geschlechter.

LiebeLeserin,lieberLeser!

DerÜbergangvonderSchulezurUniversitätmarkierteinenEinschnittinderBiografiejungerMenschen:DerSchrittvonderSchulezur„Hoch-“Schuleisteinerseitsmit großen Erwartungen verbunden, allerdings auchvon Unsicherheiten geprägt. Es heißt sich zurecht-finden am (meist neuen) Studienort, und der Über-gangbedeutetvielfachdieInitiationinsunabhängigeErwachsenenalterdurchdieAblösungvonElternhausundFreundeskreis,derSuchenachWohnungundJobund einer neuen, freieren Taktierung von Leben undLernen.

DieSchnittstellezwischendemsekundärenundterti-ärenBildungsbereichbildetdenÜbergangamWegvonderSchülerinzurStudentin,vomSchülerzumStuden-tenunddamitvomLernenzumStudieren.Leichtfälltden meisten (Lehramts-)Studierenden dieser Schrittnicht,zumalsichhinterdenModivonLernenundStu-dieren ganz unterschiedliche Muster der Aneignungvon(Welt-)Wissenverbergen.

Dieser Übertritt bedingt Brüche in den gewohntenDenkformen und Verhaltensweisen. „Die jahrelangeKonditionierungdurchdieSchulglockehatteWirkunggezeigt“, beschreibt der jüngste HochschulabsolventÖsterreichsinseinemBeitragdieTaktierungdesLer-nensinderSchule,dieihnandieUniversitätbegleitete,woer„[e]ingeschüchtertvonderMenschenmenge ...keinbekanntesGesichterspähenkonnte.770Studen-tenauf650PlätzenineinemfensterlosenHörsaal-eswar stickig, chaotischund laut“.Dennochbeschreibtder Autor die Erfahrung des Studierens als faszinie-rend.

Gerade für künftige Lehrerinnen und Lehrer ist derWegvomLernenzumLehrenüberdasStudiereneine

wichtige biografische Erfahrung. Sie sollen über dasStudiumdasLehrenerlernen,zugleichaberExpertin-nenundExpertenfürLernenwerden,umsichindenheterogenen Voraussetzungen der heutigen Klassen-räume zu behaupten. Eine paradoxe Ausgangsbasis,derenBewältigunghoherReflexions-undDiskursfä-higkeitbedarf.

ZurSchärfungdieserFragestellungsollendieBeiträgediesesHeftesbeitragen,dievonder„Schmerzhaftig-keit von Bildungsprozessen“, dem Lernen als „Vor-freudeaufsichselbst“biszuraktuellenFrageführen,obBolognadasStudierenverhindert.WarumStudie-rendeundProfessorennichtmiteinanderredenkönnen,macht ein Kommunikationspychologe verständlich,undwasmanvonamerikanischenUniversitätenlernenkann,erklärteinProfessoranunsererPartneruniversi-tätinNewOrleans.WieimmerkommenauchBetrof-fene zu Wort, die den Übergang von der Schule zurUniversität aufunterschiedlichsteArt erfahrenhabenundihreErfahrungenmitunsteilen.Dankedafür!

chologische Studierendenberaterinerlebe ich, wie sich Studierendein Lernblockaden verstricken undwie schnell sich Krisen entwik-keln können. Auftretende Ängste,Depressionen, psychosomatischeBeschwerden und eine allgemeineLabilisierung des Selbstwertge-fühls können sich einstellen. Ausdem Bedürfnis nach Selbstschutzentsteht manchmal das Bestreben,perfekt und somit unangreifbar zuwerden–dochdamitverfestigtsicheinunerreichbaresIdeal,demmannicht genügen kann, woraus eineFortsetzung der eigenen Abwer-tung resultiert. Einige Studierendeumgeben sich aus VersagensangstmiteinerMaueroderigelnsichein.Anderewiederumversuchendurchmehr Selbstdisziplin, Motivati-onstricks und Selbstmanagement-methoden voran zu kommen, wasdurchaus helfen kann, eine SachezuEndezubringen.Abereskommtauchvor,dassdurchmehrEinsatzund mehr Selbstkontrolle nochmehrProblemegeschaffenwerden,indem die Identifizierung mit derursprünglichen Aufgabe verlorengeht und die SelbstentfremdungvergrößertunddieUnlustgesteigertwird.DiessindSymptomatiken,diedaraufhinweisen,dassmanseinenalten Weg nicht fortsetzen kann.Hier sind Strategien eines tiefergreifendenWandelsangebracht.

DiePsychologischeBeratungsstellefür Studierende ist bei der Suchenach neuen Wegen behilflich. Sieversucht als Service-Einrichtungdes Bundesministeriums für Wis-senschaft und Forschung Studie-rendeundStudienbewerberbeiderStudienwahlzuberatenundsiebeiderBewältigungstudentischerundpersönlicher Probleme professio-nellzuunterstützen.

Von der Herkunft her hat Lernenetwas mit Spuren hinterlassen,aberauchmitdemNachspürenzutun. Menschen lernen auch ohnezuwissen,dass sie lernen.LernenheißtauchsichimmerwiederneuenLebensbedingungenanzupassen.Studieren leitetsichvomlat.„stu-dere“abundbedeutet„nachetwaszustreben“,sich„umetwasbemü-hen“. Hier steht die Verantwor-tungimVordergrund.EshilftdemSelbstgefühl mehr, sich als Urhe-ber des Schicksals zu sehen bzw.als lernendes Wesen mit Einfluss-möglichkeiten. Daraus ergibt sich,dassLernenundStudiereneinanderbedingen,daseinekannnichtohnedemanderensein.Bereits bei der Studienwahlent-scheidung ist es wesentlich sichmit seinen Fähigkeiten, Interes-sen, Werten und Zielen aktiv aus-einander zu setzen. Wichtig ist esdabei, an die eigenen Fähigkeitenzuglauben,uminproblematischenSituationen Maßnahmen ergreifenzu können, vorhandenes Wissenverknüpfenzukönnen,Lerninhalteselbstzuentdeckenundsichanzu-eignen,und,wieErnstBlochsagt,„in das Gelingen verliebt sein“,auchwennnichtimmerallessofortzufriedenstellend klappt. Dieses„einander bedingen“ von Lernenund Studieren erfolgt in einemschöpferischenProzess.

Jeder lebendige Prozess– Bildung gehört dazu – istmit Schmerzen verbunden,auch eine „geistige Geburt“kommt nicht ohne Wehenzustande.

Manche Studierende fallen in dieForderungshaltung, das LernenmüsseinersterLinieSpaßmachen.LernenundStudierendürfenSpaßmachen, dies kann aber nichtBedingung sein. Es geht um dieEntwicklung eines Lebens, dasglücken soll und am eigenen Sinnnicht vorbeigehen will. Als psy-

Studieren: ein Bildungsprozess

OR Dr.in Gabriele KinzlKlinische- und Gesundheitspsy-chologin, Psychotherapeutin, seit 1986 psychologische Studieren-denberaterin an der Psycholo-gischen Studentenberatungsstelle (PBS) Innsbruck

Kontakt: [email protected]

Gabriele Kinzl

Eine Initiative zur Verbesserungder akademischen Lehre soll dazuführen, dass die Studierendenbesser lernen. Dem liegt offen-sichtlich das Missverständnis zu-grunde, gelernt würde das Ge-lehrte. Außerdem: AkademischeLehre dient herkömmlicherweisenicht der Weitergabe von Wissen,sondern der Hervorbringung vonneuem Wissen; sie tradiert nichtbloß disziplinäre Wissenschaft,sondernistbestrebt,derenGrenzenzu erweitern durch das Erprobenneuer Fragestellungen. Forschung,Lehre und Studium dienen, nebender Einführung in die GrundlageneinesFachgebietes,derSuchenachneuen Antworten, nicht der Wie-derholungderbekannten.

Lernen und Verstehen sindnur durch vielfaches ÜbenundWiederholen,AnwendenundVariierenerfolgreich.

Dass in Vorlesungen „gelernt“wordensei,hatniemandjebehaup-tet, nicht erwartet, nicht erlebt.Wennesgutgeht,wirdvielerklärtund verstanden von Zusammen-hängenundBegründungen,FragenundAntworten,EntdeckungenundHolz- und Umwegen. Ihre Quali-tät liegt nicht an den Folien oderamklarenTafelanschrieb, sondernzuerstdaran,dassderVortragendediedisziplinäreMatrixseinesFach-gebietesbzw.diekognitiveStruk-turseinesGegenstandesverstandenhat: dann konnte er in aller RegelauchdiezuihremVerständnisfüh-rendenkognitivenOperationenvor-führen,d.h.etwaserklären.Wirklichgelerntwird,imUmgangmit wissenschaftlichen Methoden,inSeminaren,ÜbungenundPraktikaeigenes elementares und exempla-risches wissenschaftliches Arbei-ten, weil etwas getan wird, vorallem in jenen Zeiten, die demSelbststudium vorbehalten sind:Lesen,Recherchieren,Exzerpieren,Experimentieren,Strukturieren,Re-

Prof. Dr. Ulrich HerrmannBis 2004 Ordinarius für Pädago-gik an der Universität Ulm

Kontakt: [email protected]

Studieren, nicht Lernen ist das „Kerngeschäft“ der Universität

Ulrich Herrmann

ferieren,Diskutieren.Lernen ist eine gezielte Aktivität,durch die der Studierende Grund-wissenerwirbt,Vorwissenerweitert,dasVerstehenvonZusammenhän-genvertieft.Lernen und Verstehen sind sehrzeitaufwändig und nur durch viel-faches Üben und Wiederholen,Anwenden und Variieren erfolg-reich. Werden die Zeitfenster fürdieseneigentlichenZweckdesUni-versitätsstudiumsnichtfreigehaltenund durch Pflichtsemesterwochen-stunden ausgefüllt (32 oder mehrSemesterwochenstunden), torpe-diertdieUniversitätdadurchselberihrenDaseinszweck:mangelsZeit,Wiederholung,Übung,Anwendungkannnichtsmehrnachhaltigange-eignet werden, und von „BildungdurchWissenschaft“sindwirJahreentfernt…

Gute Lehre schadet nicht: SieermöglichtVerstehensprozesseundverhindert keine Lernprozesse.AberdieLehrezu intensivieren ineinemBachelor-Lernsystemmachtkeinen Sinn, weil Lehre hier ausGründen des Zeitbudgets keinenachhaltigenFolgenfürindividuel-lesvertiefendesLernenundVerste-henhabenkann!DiesesSystemwillunablässigMemorierergebnissenurabprüfen–derenZustandekommenesselbersystemischverhindert.ImBachelor-Lehrsystem ist LernenSelbstzweck, in einem StudiumFundament von selbstgesteuerterKompetenzentwicklung.Es kann nicht um Initiativen zurVerbesserung der akademischenLehregehen,sondernumdieWie-derherstellung der VoraussetzungdesStudierens!In erweiterter Form erschienen in „For-schung & Lehre“ (Organ des Hochschul-lehrer-Verbandes), Heft 01/2009, S. 34 f.

Lernen ist die Vorfreude auf sich selbstSylvia Schubert-Henning

EinederklassischenAnforderungenim Universitätsalltag für die Stu-dierendenistdasLesensehrvieleranspruchsvoller Texte. Jede Lehr-veranstaltungwirdvonnahezuend-losenLiteraturlistenbegleitet.Sichdurch den „Buchstabendschungel“durchzuarbeiten und trotz hoherSeminardichte mit Anwesenheits-pflichtdienötigeZeitfürdasLesenzu finden, lässt viele verzweifeln.DieseVerzweiflungerzeugtDruckund Druck bringt Stresssymptomehervor.VieleStudierendeschiebendeshalbdieAnforderungenaufoderbewertensiealsnochnichtsowich-tig.DieTextebleiben liegen, stattTextbearbeitungbzw.Prüfungsvor-bereitung bevorzugt man den ent-spannendenKinobesuchetc.Studierendemüssenlernen,sichdieerforderliche Zeit bereit zu stellenunddieseauchwirklicheffektivzunutzen.AmbestenhilfteinZeitplan.Das mag zunächst banal klingen,aber Studieren gelingt nur, wennman seinen Lernprozess selbst-bewusst in die Hand nimmt. HiersollenkurzdieSchrittebeschriebenwerden, die zu funktionierendenZeitplänenführenunddamitLern-freudemöglichmachen:

Aufgaben-undWochenplaner-stellungNachZiel-undPrioritätenklärungenwirdfüranstehendeArbeitsprojekte(z.B. Hausarbeit, Prüfungsvorbe-reitung) ein Aufgabenplan ange-fertigt. Dieser Plan definiert voneinem Stichtag her (z.B. Abgabeder Hausarbeit) die Gesamtzeit,die zur Verfügung steht. Nur mitdieser realistischen Abschätzungdes gesamten Arbeitsumfangs,kanneinfunktionierenderWochen-planentstehen.DieserWochenplanenthält die Pflichttermine (sowohlbezogenaufdasStudiumals auchauf andere Verpflichtungen) undfestgelegte Arbeitsphasen für diejeweiligen Studienprojekte. Getra-gen wird das Konstrukt Zeitplanvon der Annahme, dass man sichfür„sein“Studienprojektentschei-det, ihm Zeit und Raum gibt, umsich entwickeln zu können. Miteiner rechtzeitigenFestlegungderArbeitsphasen im Wochenplan,entkommtmanderQual,sichjedenTagneufür„seinProjekt“entschei-denzumüssenundsichmitkonkur-rierendenBedürfnissenauseinanderzusetzen:„IchwilldasProjekt,ichentscheidemichfürdieZeiteintei-lung und ich übernehme dafür dieVerantwortung–auchdafür,wennesnichtgelingt,immerdieZeitein-zuhalten.“Misserfolge sind ein willkomme-ner Anlass herauszufinden, wie esbesser gelingen kann. Denn Zeit-pläne gehören zu den Lernprozes-sen:„LiebedeinenPlanundändereihnbeständig,freuedichüberalles,wasgelingt–daswasnichtgelingt,mache zu einer neuen Aufgabe.WendedazuneueIdeenan.“

TrennungArbeitszeit/FreizeitDerZeitplanmachtvorallemeinesklar:ArbeitsphasensindfürdiePro-jektedaunddieFreizeit istdavonstrikt zu trennen. Alles hat seineZeit.FreizeitgibtRaumfürIndivi-dualität,Entspannungunddieper-sönlichen Bedürfnisse. Beides ist

notwendig, um im Gleichgewichtzubleiben.Diese Trennung Arbeit/Freizeit istfür die Leistungsfähigkeit unab-dingbar.DieinnereFestlegungver-hindert ein Verschwimmen beiderBereiche, was nur Frustrationennachsichzieht:StudierendehabeninderFreizeiteinschlechtesGewis-senundgönnensichwederGenussnoch Entspannung, denn im Kopf„spukt“es: „Eigentlichmüsste ichjetztfürdiePrüfunglernen.“Ande-rerseits wird die ArbeitsaufgabeschnelleinmalzurSeitegelegt,um„maleben“zutelefonieren–darauswird schnell ein Dauergespräch.Die Folge ist ein Unbehagen,weil man sich nicht klar entschie-denhat.Frustbreitet sichausundverstärkt das schon beschriebeneAufschieben. Ein Teufelskreis!Ein guter „Zeitmanager“ weiß amMorgen,wanndieFreizeitbeginntundwirdFreizeitangebote,diesichin die Arbeitszeit „einschleichen“wollen,richtigumdelegieren–„ichrufe meine Freundin nach getanerArbeitan!DannhabeichmitgutemGewissenZeit.“

Gelingt es den Lernenden,sich auf einen bewusstenUmgang mit der Zeit ein-zulassen, dann wird auto-matisch ihr Selbstkonzeptgestärkt.

WennLernendeerfahren,dasssieesinderHandhaben,ihreTätigkeitenzusteuernunddarausresultierendeErfolge zu erzielen, beflügelt das!Gutes Selbstmanagement bedeu-tet also Entscheidungen zu tref-fen, sie umzusetzen und dafür dieVerantwortung zu übernehmen.Selbstvertrauen ist wie ein Motor,derneueEnergienschenktundmitdemWachsenvonErgebnissendasSelbststärkt:„LernenistdieVor-freudeaufsichselbst.“11DemZitat„LernenistdieVorfreudeaufsichselbst“begegneteichzumerstenMalin der Dokumentation „Treibhäuser derZukunft“vonReinhardKahl(2004).

Dipl.-Psych. Sylvia Schubert-Henning, M.A.Leiterin der Studierwerkstatt an der Universität Bremen, Mithe-rausgeberin der „Zeitschrift für Beratung und Studium“ (Universi-tätsverlag Webler, Bielefeld)

Kontakt: [email protected]

Prof. Mag.a Dr.in Ilse SchrittesserVormals Leiterin des Instituts für Bildungswissenschaft an der Uni-versität Wien, Stellvertretende Stu-dienpräses der Universität Wien, Professur für Lehr- und Lernfor-schung und Institutsleiterin am Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung (ILS) der Universi-tät Innsbruck

Kontakt: [email protected]

Verhindert Bologna das Studieren?

1999 wird mit der Bologna-Erklä-rung, die mittlerweile von 47europäischen Ländern unterzeich-net wurde, der Startschuss zu denEntwicklungen gegeben, die dieUniversitäten im letzten Jahrzehntbewegten.EinEuropadesWissenswird „als unerläßliche Voraus-setzung für gesellschaftliche undmenschliche Entwicklung sowiealsunverzichtbareKomponentederFestigung und Bereicherung dereuropäischen Bürgerschaft“ kon-statiert.Folgende konkrete MaßnahmenwerdenzurErreichungdiesesZielsangekündigt:(1) Die Einführung eines Systems leicht verständlicher und ver- gleichbarerAbschlüsse.(2) Die Einführung von zwei Hauptzyklen, („undergraduate und„graduate“)-diegeforderte Arbeitsmarktrelevanz des ers- tenAbschlusses,diehierbereits angeführtwird,wirdsichspäter in der Rede von „employabi- lity“wiederfinden.

(3) Die Einführung eines Lei- stungspunktesystems (Euro- pean Credit Transfer System, kurz ECTS) zur Förderung „größtmöglicherMobilität“der Studierenden.(4)DieInitiierungeineraufeuropä- ischer Zusammenarbeit beru- hendenQualitätssicherung.(5) Das Vorantreiben einer ver- stärkten Zusammenarbeit zwi- schenHochschulen,umMobi- litätsprojekte und integrierte Studien-, Ausbildungs- und Forschungsprogramme zu er- möglichen.2009,zehnJahrenachUnterzeich-nungderBologna-Erklärung,gehenStudierende europaweit auf dieStraße,verlangennachuniversitärerBildungstattAusbildungundpro-testieren gegen eine zunehmendeVerschulunguniversitärenLernens–imBologna-SystemgäbeeskaumMöglichkeitenderfreienWahl,dieCurricula seien wie ein Schulcur-riculumabzuarbeiten,dieZahlderabzulegendenPrüfungenhabesichvervielfachtundauchderWechselvon einer zur anderen Universitätseierschwert.

Die gegenwärtig wirksa-men Traditionen an denUniversitätensindnichterstseit der Einführung desBologna-Prozesses verbes-serungswürdig.

Dasserstens vielederKritikpunktenicht unmittelbar mit der Einfüh-rung der Bologna-Studienarchi-tektur zusammenhängen, sondernschon lange schwelende DefiziteuniversitärenLehrensundLernensindersogenanntenMassenuniver-sität darstellen und dass zweitensFehlinterpretationen der Bologna-Empfehlungen zu weiteren Fehl-entwicklungen führten, soll imFolgendengezeigtwerden.Ad1)DiegegenwärtigwirksamenTraditionen an den Universitätensindnicht erst seit derEinführungdes Bologna-Prozesses verbesse-

rungswürdig. Bei Brinckmann etal.,derenText1999/2000entstand1undderdahereinenWissenschafts-betriebbeschreibt,dervonBologna&Conochunberührtwar,werdeneinigesolcherverbesserungswürdi-gerAspektestringentaufdenPunktgebracht – sie lesen sich wahr-scheinlich für jeden mit universi-tärerLehreVertrautenalsdurchausseit Jahrzehnten (spätestens Endeder70erJahre)–bekannteDefizite:1. Stoffkataloge „deren Befolgungfür niemanden möglich ist“ unddamit einhergehend die Tendenz,dasStudierenzueinemErwerbvonZertifikaten misszuverstehen. 2.„LehremitHilfevonHandbüchernund die Orientierung an Lehrmei-nungen“unddamitverbundendas„Fehlen einer verbindlichen wis-senschaftlichen Diskurskultur“;stattdesseneineKultur,inderStu-dierende als Instanzen kritischerNachfrage nicht mehr vorkommen.3. Eine korrumpierende Zertifizie-rungsdynamik, die durch die Aus-dünnungderBeziehungenzwischenLehrendenundStudierendenanderMassenuniversität um sich greiftund gemäß einer „Input-Outputopti-mierung“dazuführt,denScheindortzumachen,womanihnamleichte-sten erhält, auch wenn man mög-licherweise am wenigsten dabeilernt. 4. „Bewertung ohne Selbst-Einschätzung“und5.MangelhafteRückmeldungenzuStudienleistun-gen und das Fernhalten der Stu-dierendenvonaktuellerForschung(Brinckmannetal,2001,S.45-52).

So gesehen hätte man denBologna-Prozess als will-kommenen Anlass nehmenkönnen,diegegebenenMiss-ständezubeseitigen.

Die zweigliedrige Studienstrukturließe sich vor diesem Hintergrundpositiv gedeutet als eine Struk-tur interpretieren, die Studieren-den die Möglichkeit gibt, sich ineinemerstenStudiengangmitdemGrundwissen, wissenschaftlichenGrundhaltungen und den relevan-ten Methodologien und Methoden

Ilse Schrittesser

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Schratz, M., Westfall-Greiter,T.(2010).Schulqualitätsichernund weiterentwickeln. Seelze:Klett/Kallmeyer.

Schrittesser, I. (Hrsg.) (2009).UniversitygoesBologna:TrendsinderHochschullehre.Entwick-lungen, Herausforderungen, Er-fahrungen.Wien:facultas.wuv.

einerDisziplinvertrautzumachen.Nichts spricht gegen eine konse-quenteBeachtungforschungsgelei-teterLehreundeinesEinbezugsderStudierenden in Forschungstätig-keit auch schon imBachelor.UndankeinerStellederBologna-Emp-fehlungenlässtsicheinZwangzurVerschulung der Bachelor-Curri-culaherauslesen.

Beim Abschluss des Bache-lorbestündedieMöglichkeit,die erworbenen Kenntnisseund Fähigkeiten erst einmalinderBerufspraxiszuerpro-ben.

Karriereverläufe würden dadurchübersichtlicher und erworbenesWissen fürdieAnforderungenderPraxis bedeutungshältig. EbensokönntenStudierendeandenBache-lor-einenMasterstudiengangdirektanschließen, möglicherweise ineiner angrenzenden Disziplin, aneiner anderen Universität im In-oderAusland–dieOptionenhättenreichhaltigerwerdenkönnen.Oder zum Stichwort „employabi-lity“:WäreesfürStudierendenichtaufschlussreich,eineIdeedavonzubekommen, inwelchenBerufspra-xenAbsolventinnenundAbsolven-teneinesStudiumsinderRegelFußfassen und welches Spektrum anPraxisdieBeschäftigungmiteinerbestimmten Disziplin eröffnet?Ließe sich so nicht viel „zweck-freier“–nämlichsehendenAuges–studieren?Istesnichtschonimmerauch für die an den Universitätentätigen Wissenschafterinnen undWissenschafter selbst höchst rele-vant zu verfolgen, welche Praxis-relevanz ihre Forschungsbereicheerlangen,welchegesellschaftlichenFragen damit in ihre Forschungs-fragen hineinreichen und wiedieseeinanderbefruchtenkönnen?Würde Beschäftigungsrelevanz soverstanden, dann stellte sich dasMitdenkenvon„employability“alsnichtsNeues,jageradezualsErfor-dernis fürdieGestaltungvonFor-schungundLehredar.AuchbeiderRede um Praxisrelevanz ginge es

daher–wiebeiderEinführungderdreigliedrigenStudienstruktur–umdieInterpretationderempfohlenenMaßnahme.Diesewirdindenein-schlägigenPapierenoffengelassen.JedeeinzelneFacettederBologna-InstrumentarienließesichindieserFormdurchdeklinieren.Ad2)UnabdingbareVoraussetzungfüreinderartigesFruchtbarmachendes Bologna-Prozesses wäre aller-dings gewesen, dass die Verant-wortlichen an den Universitätendie Curricula offensiv gestaltetund dass die Universitätsleitungeneine solche offensive Auffassungder Bologna-Curricula unterstützthätten.Daswurdeanvielen–nichtanallen–Universitäteneuropaweitverabsäumt, die gegebenen Spiel-räume wurden meist nur unzurei-chendgenutzt.

Vielmehr ginge es darum,die vielfach unter Zeitdruckund vor dem Hintergrundchronischer Budgetknapp-heit gebauten Curricula aufihreStudierbarkeiterneutzuüberprüfen.

Um zur Frage im Titel zurück zukommen: Die Bologna-Studienar-chitektur verhindert per se wederdasStudierenalsProzessderEnt-faltung einer forschenden HaltungbeidenStudierenden,nochbedeu-tet sie zwangsweise Verschulungdes Studiums. Vielmehr ginge esnundarum,diebegangenenFehlerwiederzukorrigieren,dievielfachunterZeitdruckundvordemHin-tergrundchronischerBudgetknapp-heit gebauten Curricula auf ihreStudierbarkeiterneutzuüberprüfenund die Bologna-Strukturen undinsgesamt den Geist der Univer-sität wieder so auszurichten, dassStudieren–wievondenprotestie-rendenStudierendengefordert–alsBildung im Medium der Wissen-schaftmöglichwird.

LiteraturSchrittesser, I. (2009). Die Bologna-

Reform. Ende oder Erneuerung der europäischen Universität ? Überlegun-gen zur Zukunft universitärer Lehre vor dem Hintergrund der aktuellen Studi-enreformen und Universitätsentwick-lung. In: Schrittesser, I. (Hrsg.) (2009). University goes Bologna. Trends in der Hochschullehre. Wien: facultas.wuv, S. 51-76.

1Brinckmann, H., Garcia O. Gruschka,A., Zur Lippe, R. (2002). Die Einheit von Forschung und Lehre: Über die Zukunft der Universität. Wetzlar: Büchse der Pandora.

Linkhttp://www.hrk-bologna.de/bologna/de//home/1979.php. Bologna-Erklärung, S. 1, 16.2.2011.

� Friedemann Schulz von Thun

Studenten! Stellt mehr dumme Fragen!Warum können Studenten und Professoren nicht miteinander reden?

Prof. Dr. Friedemann Schulz von ThunKommunikationspsychologe und Lehrender am Psychologischen In-stitut der Universität Hamburg bis 2009

Kontakt: [email protected]

Auch mir (als Psychologieprofes-sor und Kommunikationsexperte)passiertes immerwieder,dass ichmeineStudierendennichtverstehe.ErstvorKurzemhatmicheinStu-dentmitderFrageKönnen Sie mir sagen, welche Voraussetzungen ich erfüllen muss, um an diesem Kurs teilzunehmen?angesprochen.Ich habe ihm drauf geantwortetDas sehen Sie im Aushang neben Zimmer 4088. Auf der Sachebenewar das ein kurzes effektives Ge-spräch. Dass die Sachfrage desStudentennureinekleineEintritts-karte war, um mit mir in Kontaktzukommen,habeichnichtverstan-den.(Erfühltesichwiebestelltundnichtabgeholt.)

EinigeMatadorenderhoch-wissenschaftlichenEloquenzgebendenTonan,dieMehr-zahl der Studierenden sitztratlosundeinsamdabei.

EinGesprächzwischenStudentundProfessor ist wie eine interkultu-relleBegegnung:DieStudierendenkommen aus der Welt der Praxisund des gesunden Menschenver-standes, die Professoren aus derWelt der Spezialwissenschaft, indersievielleichtschondreißigJahrelangzuHausesind.DieBegegnungfindetaufeinemSpielfeldstatt,wodereineeinHeimspiel,derandereeinAuswärtsspielhat.FürdenStu-denten auch emotional nicht ohneHerzklopfen: die Nahbegegnungmit einem Menschen, den manbisher nur aus Büchern und aus200MeternEntfernungimHörsaalkennt,kanneinenschonetwaszit-ternlassen.SolchinnererStresswirdklareGedankenbehindern,unddierichtigenWortebekommtmanauchnichtallezufassen.DassjemandindieserSituationeinemintellektuel-lenHöhenflugnichtgewachsenist,liegt nahe.Wennnunnochhinzu-kommt, dass der Professor seinewissenschaftliche Heimspiel-Spra-cheflottundflinkimMundeführt

und der Student sich nicht traut,zu unterbrechen und vermeintlichdumme Fragen zu stellen, dannbrichtderKontaktab–auchwenndas Gespräch noch lange weiter-geht.DieserUni-BluffkannauchinSeminarenzumgemeinsamenSpielaller Beteiligten werden: EinigeMatadorenderhochwissenschaftli-chenEloquenzgebendenTon an,dieMehrzahlderStudierendensitztratlosundeinsamdabei.AberdazusollteunsdieLebenszeitzuschadesein. Jeder Studierende, nicht nurderProfessor, istverpflichtet,zumGelingen des Gespräches beizu-tragen. Der selbstbewusste Lehr-ling sollte jederzeit eingreifenundsagen:Moment, das habe ich nicht kapiert! DasRezept,damitStudentenihrenProfessor besser verstehen, istganz einfach: Stellt mehr dummeFragen! Verbindet den Respektdes Lehrlings vor dem Meistermit dem Selbstbewusstsein einesanspruchsvollen Kunden vor demDienstleistenden! Professoren sindindiesemBeziehungsgebildeBrük-kenbauer von der WissenschaftzumMenschen.EinProfessor,derseine Identität nur auf der Kory-phäeninselfindet,kannkeineBrük-kenbauen.Gute Kommunikation ergibt sichschließlichnichtvonselbst,sondernwillvonjederGenerationneuerrun-gen sein. Als ich 1968 studierte,ging es überaus konfrontativ undverächtlichzu.DastandenStuden-ten imHörsaalaufundprangertenmitdemBrusttonderSystemkritikdenSchwachsinnan,denderProfda vorne erzählen würde. HeutesinddieStudierendenüberausent-gegenkommend und signalisieren:Hallo, ich bin Lehrling, könntest du mein Meister sein? Koopera-tionstattKlassenkampf.Wenndas,zumindest auf der Beziehungs-ebene,keineErleichterungist!?

Prof. Mag. Gűnter Bischof, M.A., PhDMarshall Plan Professor of History an der University of New Orleans (UNO), Akademischer Direktor am CenterAustria (Center for Austrian Culture and Commerce)

Kontakt: [email protected]

Von amerikanischen Universitäten lernenGünter bischof

Meine Tochter Andrea Julia stu-diert das zweite Jahr an der Uni-versität von Chicago. Zu Beginnihrer Bachelor-Ausbildung nimmtsieeineMengevonGrundkursenindenNatur-,Sozial-undGeisteswis-senschaften, bevor sie überhaupteineVorlesungihrerSchwerpunkte„InternationalStudies“undGerma-nistik nimmt. In Chicago werdenvor allem die großen Denker for-ciert:AristotelesundPlatongehö-renebensozumTagesgeschäftwieAdamSmith,MarxundWeber.InmeinemganzenGeschichtsstudiuminInnsbruckwurdeichnieangehal-ten,diegroßenKlassikerzulesen.Für die besten amerikanischenUniversitäten sind die „septemartes liberales“ immer noch Teileiner Universitätsausbildung – inÖsterreichhatmanmeinesWissensdiesen Anspruch einer klassischenGrundausbildung an der Univer-sität längst aufgegeben. Man gehtdavon aus, solche Sachen werdenauf dem Gymnasium unterrichtet.Stimmtdas?

Die internationale Studen-tenmobilität (Auslandsstu-diensemester) ist eine sehrpositiveEntwicklungandenösterreichischen Universitä-ten.

Die guten amerikanischen Colle-ges bieten vielfältige Unterstüt-zungen im Laufe eines Studiums:EswerdenTutorienangeboten,umden Lesestoff zu verdauen und zudiskutieren, es werden unablässigAufsätzegeschrieben,dievondenProfessoren nicht nur sofort gele-senundamnächstenTagzurückge-geben(ichverbringevieleStundenmit dem Lesen solcher Arbeiten),sondern auch sorgfältig kommen-tiert werden. Die Universitätenhaben soziale und mentale Unter-stützungsmechanismen, um Stu-dierenden in Stresszeiten über dieRunden zu helfen. Am Ende desStudiums unterstützt die Universi-

tät ihre Absolventen ausgiebig beider Jobsuche. Wenn ich die ober-flächlichenUnterstützungschreiben(„recommendations“) lese, dieösterreichische Professoren fűr ihre StudentinnenundStudentenschrei-ben,diezuunsaufdieUNOfüreinJahr oder Semester kommen, undsie mit meinen 2- bis 3-seitigen„recommendations“vergleiche,dieich tagtäglich fűr meine Studenten verfasse,dannistmanbeeindrucktvon der Oberflächlichkeit solcherSchreiben.Österreichische(undEUropäische)Universitätenkopierengerneame-rikanische,dadieTop-Unisinden„rankings“ immer noch weltweitfűhrend sind. Auch das blindwűtige Kopieren der amerikanischen BA-StudiengängeinEUropadurchden„Bologna-Prozess“hatdieStudien-gänge an österreichischen Univer-sitäten nicht unbedingt verbessert– diese Erfahrung machen jetztösterreichische Universitäten undihreStudentenundStudentinnen.In manchen Aspekten kann manaber viel von amerikanischenUniversitäten lernen: etwa dieinternationale Studentenmobili-tät (Auslandsstudiensemester), diean amerikanischen Universitätenschon lange betrieben wird, greiftan österreichischen Universitätenrapideumsich,waseinesehrposi-tive Entwicklung ist. Die Univer-sität Innsbruck hat gerade in ihrerPartnerschaftserfahrung mit UNOpositiveImpulsedarausgezogen.MansolltealsoPositivaundNega-tiva im amerikanischen Universi-tätswesen genau untersuchen undunterscheiden,bevormansichdaranmacht, alles vom amerikanischenUniversitätsbetrieb nachzuahmen.Ichpersönlichhoffejedenfalls,dassmeineKinder,diedieDoppelstaats-bürgerschafthaben,aucheinStudi-enjahr auf einer österreichischenUniversitätabsolvieren.

10 Umfrage

Studieren: ein Bildungsprozess?Umfrage

Wie unterscheidet sich Ihrer Meinung nach das Lernen an der Schule vom Studieren an der Universität?

Studium: detaillierter!

Man muss sich mehr

selbst motivieren, es

ist viel unpersönli-

cher, man hat keine

Klassengemeinschaft

und man hat mehr

Freizeit/Freiraum.

Der Stoffumfang ist in der Schule viel geringer. In der Schule muss man meist nicht wirklich lernen, im Studium sehr wohl. Schule/Lehrer sind beeinflussbar: nicht immer objektiv.

Wir haben Studierende aller Fachrichtungen der Universität Innsbruck zum Thema studiert oder lernt man/frau an der Universität befragt. Hier finden Sie ihre Ansichten.

Anderer Stoffumfang!

In der Schule beschwe-

ren sich Schülerinnen

und Schüler schon bei 10

Seiten und auf der Uni-

versität geht‘s erst bei ca.

100 Seiten los!

Ich finde Lernen

und Studieren kann

nicht verglichen werden.

Studieren ist ein zu

hoher Begriff, er hat viel

mehr einen forschen-

den, wissenschaftlichen

Aspekt – und da ich das

noch nicht tue, lerne ich

nur und studiere nicht.

In der Schule wird mehr Rücksicht genommen. An der Universität muss man sich selbst antrei-ben. Lernen bleibt aber der gleiche Prozess.

An der Universität ist das

Lernen freier. Man kann

sich seine Zeit besser ein-

teilen, wofür man auch ein

gewisses Maß an Selbst-

ständigkeit mitbringen

muss. In der Schule ist

Lernen mehr mit Zwang

als freier Selbstbestimmung

verbunden.

In der Schule wurde einem

immer alles vorgegeben

und man musste sich nicht

selbstständig um Dinge

kümmern. Der Druck war

dort auch größer, wobei für

mich der Leistungsdruck an

der Universität auch nicht

gering ist. Die Universität

bietet gewisse Freiheiten,

sich alles selbst einzuteilen.

Ich studiere was ich will, wie ich will, wo ich will, wie lange ich will und wie viel ich will.

In der Schule wurde

mir alles vorgekaut und

es war nicht weiter

schwierig diesen study-

load zu bewältigen. Die

Lernmenge hat sich

verfünffacht und der

Aufwand auch!

11UmfrageUmfrage

Wie wird aus einer Schüle-rin eine Studentin bzw. aus einem Schüler ein Student? Welche Kompetenzen sollten Studienanfängerinnen und Studienanfänger mitbrin-gen?

Mut, Motivation,

Interesse, Durch-

haltevermögen,

Fleiß, Disziplin.

Sich gut übers Stu-

dium informieren

und versuchen,

die Mindeststudi-

endauer einzuhal-

ten.

Welche konkreten Ratschläge geben Sie Studienanfän-gerinnen und Studienan-fängern zur erfolgreichen Bewältigung des Studiums?

Eine Studienanwär-terin sollte fähig sein, sich ihren „Stunden-plan“ frei einzuteilen bzw. braucht ein gewis ses Gefühl für Orga-

nisation.

Selbstständigkeit,

Selbstbewusstsein,

Ehrgeiz, ein Ziel vor

Augen.

Wissen übers eigene Lernen, reflexive Fähigkeiten, um mit der neuen Situation klar zu kommen, Disziplin, Mut, Organisationstalent (heute besonders wichtig!), Selbstbewusstsein

Motivation,

gute Nerven,

Ausdauer.

Hilfe anfordern, wenn

nötig. Nicht verzwei-

feln, Zeit einplanen, Zeit

lassen, Zeit genießen,

nicht nur studieren son-

dern auch leben.

Am Ball blei-

ben: Wenn

man etwas

anfängt, auch

durchziehen.

Selbst Bücher

durcharbeiten, mit

anderen Studenten

austauschen, alte

Klausuren durch-

arbeiten.

Sich vom

System nicht

einschüchtern

lassen.

Bereits Studierende zum jeweiligen Stu-dium befragen, sich

Tipps holen von anderen Studentin-nen und Studenten.

Niemals aufge-ben, hartnäckig bleiben – das Ziel wird erreicht.

Von Daheim ausziehen. Der

Wandel dauert das 1. und

2. Semester. Ab dem 3.

Semester ist man eine rich-

tige Studentin/ein richtiger

Student. Voraussetzungen:

Hartnäckigkeit, Durchhal-

tevermögen.

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Ist Lernen Studieren oder Studieren Lernen?Isolde Woolley

Mag.a Isolde Woolley, M.A., PGCEAHS Lehramt in Englisch und Deutsch, Master in European Area Studies, Postgraduate Certificate in Education von Homerton Col-lege in Cambridge, Lehrerin für Fachwissenschaft Englisch und Erasmus Koordinatorin an der KPH-Edith Stein in Stams, Mitver-wendung am Meinhardinum

Kontakt:[email protected]

AusgehendvonderAnnahme,dass„Lernen“nichtgleichbedeutendmit„Studieren“ist,kannichdieFrage,ob jeweils das eine mehr als dasanderesei,nurinHinblickaufdenBildungsbegriff zu beantwortenversuchen. Bildung heißt letztlichlernen, was es bedeutet, Menschzusein,unddiesesZielkonstituiertPraxis.NurinBeziehungmitande-ren,d.h.,inGemeinschaftmitande-renkannicheinSelbstwerden.Diesbedeutet Befreiung aus einer nar-zisstischen Selbstbezogenheit undsomithatBildungmiteinerVerän-derungdesSelbstinGemeinschaftmitanderenzutun.

Lernen ist eine menschlicheErfahrung,dieeineVerände-rungdesSelbst,desWissens,derEinstellungunddesVer-haltensinHinblickaufetwasErstrebenswertes, auf etwasfürunsWertvolles,bedeutet.

AlsStudiumwirddaswissenschaft-licheLernenundForschenbezeich-net.DerBegriff‚Studieren’kommtvom lateinischen „studere“ undbedeutetallgemeinbetreiben,(nachetwas) streben, sich (um etwas)bemühen.Warumbemüheichmichin der LehrerInnenausbildung? Ineiner pädagogischen Hochschul-ausbildungistdasLernenBildungs-Gegenstand und unser Strebenliegtdarinmehrzuwissen,sowohlüberdasWas (das jeweilszuLer-nende) als auch das Wie (dasLernen selbst). Indem wir danachstreben,mehrüberdasLernenderunsAnvertrautenundunsereigenesLernenherauszufinden,könnenwirunsere Berufung sinnvoll leben.Eine Konzentration auf das allei-nigeStudierenimSinnevonindivi-duellerinnerlicherBetrachtungunddem Aneignen von purem Kopf-Wissen trägt den Beigeschmackvon Einzelhaft und vernachläs-sigt Lernen als Gemeinschaftsakt.LernenundStudierenwerdensyn-onymverwendet,wennesumden

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kognitivenAspektgeht.EinebloßeIdentifizierungbeiderProzessemitdemRationalenvernachlässigtwe-sentlichMenschlicheswieSpiritu-elles, Interpersonales und Emotio-nales.WirlernenalsganzePersoninunsererindividuellenEigentüm-lichkeit und relationalenBezogen-heit.

LehrerInnenausbildung setzt sichden empathischen Menschen zumZiel.Empathie istErlebenausderSichtdesAnderen,somitauchdasErleben der Schwierigkeiten undHindernisse, die es inLernprozes-sen zu überwinden gilt. Ein guterLehrerweißumdasSchmerzvolle,ist sich seiner Verantwortung fürdas Lernen der Schülerinnen undSchülerbewusstundbemühtderenEnergieundLernenRaumzugeben,indem er selbst Faszinierter, Stau-nender und Lernender bleibt. SoschafftmanpädagogischesWissenundermöglichtInnovation.

Daher lautet die Antwort aufdie Frage: „Wird an Pädagogi-schen Hochschulen studiert und/oder gelernt?“ – ganz eindeutig:BEIDES, denn wir bemühen unsum und streben nach („studere“)VeränderungdesSelbst(„lernen“),sowohl des eigenen als auch dasder uns Anvertrauten hinsichtlichdessen, was der Einzelne als fürseinLebenmitanderenauthentischundgutbetrachtet.Nichtsistmehrals das andere, aber das eine istnichtsohnedasandere.

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Zweigleisig unterwegs: Mit 13 in der VorlesungMarian Kogler

770Studentenbegannen imOkto-ber2005ihrInformatikstudiumander TU Wien. Ich war einer vonihnen – 13-jährig, ohne Matura,Siebtklässler.

Ich setzte mich am ersten Tag insAudimaxderTUWien,vollerVor-freudeaufdasStudium,aberaucheinwenigeingeschüchtertvonderMenschenmenge, in der ich keinbekanntesGesichterspähenkonnte.770 Studenten auf 650 Plätzen ineinemfensterlosenHörsaal–eswarstickig, chaotisch und laut. Kaumbeachtet erschienen unten einigeVortragende,dieoffenkundignochmit der Hörsaaltechnik kämpften.Plötzlichertöntekurzeinohrenbe-täubendesGeräusch,durchdringendwie eine Autohupe, und es wurdestill im Hörsaal. Die jahrelangeKonditionierung durch die Schul-glockehatteWirkunggezeigt.

AlsStudenterlebte ichend-lichdas,wonachichmichalsSchülersooftgesehnthatte:Freiheit und Eigenverant-wortung.

Ich konnte einer Vorlesung fern-bleiben, wenn ich wollte. War ichüberfordert, konnte ich Lehrver-anstaltungen verschieben; war ichunterfordert, konnte ich Wahlfä-cherhinzuwählen.DieSpielregelnwarenklar,undwennicheinenichtzufriedenstellende Note erhielt,wusste ich, wen ich verantwort-lich machen musste: mich alleine.SchließlichlagallesinmeinerVer-antwortung.

War ich im ersten Semester nochderSchüler,dereinigeVorlesungenanderUnibesuchte,wurdeichabdemzweitenSemesterzumStuden-ten, der nebenbei noch die Schuleabsolvieren musste. So erhöhteich mein Pensum an Lehrveran-staltungen auf das eines normalenVollzeitstudentenundbliebimmermehrSchulstundenfern(erlaubter-weise,natürlich).

Dadurch war in vielen Schulfä-chernkeineBeurteilungnachübli-chen Kriterien mehr möglich. AlsSchülerhatmandasRecht,beient-schuldigter Abwesenheit unabhän-gig vom Ausmaß eine sogenannte„Feststellungsprüfung” abzulegen.DiesePrüfungfindetamEndedesJahres statt; deren Beurteilung istalleine für die Note im Zeugnismaßgeblich.InderPraxisgelangesmirallerdings,mitfastallenLehr-kräften eine Sonderregelung zuvereinbaren,wieetwaeinPortfolioanstelle der Prüfung oder ein Prü-fungstermin zu Beginn des Schul-jahres.SokonnteichdenAufwandgegen Ende des Schuljahres, woich einerseits in vielen FächernFeststellungsprüfungen und ande-rerseitsUni-Prüfungenhätteabsol-vierenmüssen,starkreduzieren.

Gerade weil sich meine Schuler-fahrung von der meiner Schul-kolleginnen und Schulkollegengrundlegend unterschied, begannich bald, das System zu hinterfra-gen: Warum ist es eigentlich alsSchüler nicht möglich, in einemFachdenUnterricht einerhöherenKlassezubesuchen,wennmandieaktuellenInhaltebereitsbeherrschtund dies auch nachweisen kann?Warum behält eine Lehrkraft, dieallezweiWochen“vergisst”,indenUnterrichtzukommen,ihrenJob?

Naturgemäß war in dieser ZeitStress ein dauernder Begleiter,und meine Freizeit war stark ein-geschränkt. Doch meine Entschei-dung,nebenderSchulezustudierenundimAltervon13JahrenFreihei-tenzugenießenundVerantwortungzu übernehmen, wie es manchem18-jährigennochnichtmöglichist,bereuteichwederdamalsnochtueichdiesheute.

Dipl.-Ing. Marian KoglerLehrstuhl für theoretische Infor-matik an der Marthin-Luther-Uni-versität Halle-Wittenberg, jüngster Hochschulabsolvent Österreichs

Kontakt: [email protected]

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Von1997-99besuchteicheinUnitedWorldCollege(UWC)anderkana-dischenWestküste.DortlernteundlebteichmitJugendlichenausüber85 Nationen in einer Schulform,diezur internationalenMatura (IBDiplom)führt.UmaneinemUWCzu überleben, braucht man einegroße Portion Selbständigkeit unddas nicht nur, um am Flughafendas richtige Visum zu beantragen.Das „International BaccalaureateProgram“istnichtwirklichmitderösterreichischen Oberstufezuvergleichen.Wirhattensechs Fächergruppen (z.B.lebende Fremdsprachen,Naturwissenschaften,Sozi-alwissenschaften,etc.)undkonntenjeeinFachdarauswählen. Der Unterrichtwaroftgeblockt.Ichhattebeispielsweise fünf Stun-den Biologie pro Woche,wovonein„doubleblock“immer Arbeit im Laboroder im Freiland war. Inteils spektakulären Expe-rimenten erarbeiteten wirdengeradegelerntenStoff.Wiedasgeht?

IntrinsischeMotivationNatürlich braucht mandazu ein gut ausgestat-

Mag.a Rita FuchsLehramt Englisch, Biologie und Umweltkunde, freiberufliche Er-lebnispädagogin

Kontakt: [email protected]

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United World College – Schule einmal andersRita Fuchs

tetes Labor und kleine Klas-sen, Voraussetzungen, die aneinerAHShierzulandeseltensind.Den Hauptunterschied sehe ichaberwoanders:Wirhattenunsallefür ein Stipendium beworben, wirWOLLTENaneinUWC,undwirwähltenalleunsereFächerselbst.Myteacher,myfriendAuch der Bezug zu unseren Lehr-personen und ihre Rolle in derSchule waren anders: Sie lebtenmitunsanderSchuleundbereite-tenunsaufdieAbschlussprüfungenam Ende vor, die dann versiegeltzu einem anonymen Beurteilergeschicktwurden.MeineBiologie-professorin aus Wales war pas-sionierte Bergsteigerin, und hatjedes zweite Wochenende neben-beiBergtourenfürunsorganisiert.Die Erinnerungen an den wun-dervollsten Sonnenaufgang nacheinem schlaflosen Schnee-Biwakverdanke ich ihr. Das Gefühl vonGeborgenheit in einem fremdenLandverdankeichmeinemMathe-lehrer aus Ruanda, der mit seinerFamilie am Campus wohnte. Derenge Kontakt zu meinen Lehrper-sonenließmichauchihrepersönli-chenQualitätenschätzen,nichtnur

ihrengutenUnterricht.

WissenschaftlichesArbeitenSchon für meinen Schulabschlussverfassteicheine30-seitigeArbeitin Biologie, in der ich die Ergeb-nisse eines selbst entworfenenExperimentes mit wissenschaftli-cherLiteraturverglich.Damalswarich17undfühltemichalsForsche-rin.Heutebinich29undLehrerin.WenigeMomentemeinesspäterenBiologiestudiumsinInnsbruckblie-ben mir so lebhaft in Erinnerungwie meine Zeit am Pearson Col-lege.GeschützteWerkstätte?VondieserSchuleaneineUniver-sität zugehen, ander ichaufeineMatrikelnummer reduziert wurde,wareineHerausforderung.Ichkannmich noch gut an die Gesichtermeiner Studienkollegen erinnern,als ich in der 150-Personen-Ein-führungsvorlesung mehrmals auf-zeigte,ummeinesErachtenswich-tigeFragenzustellen.Dochirgend-wannhörte ichdamitaufundwarfroh um die einzeln verstreutenPraktika,indenenichdannendlichwiederselbstetwastunkonnte.

Link: www.uwc.ac.at

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AUFGEScHNAppT

AmDenkerweginAlpbachwirdeinLEA-BaumzuEhrendes20.Forums der Leadership Aca-demyenthüllt.

Besonders in SchiLfsvermag der Zynikerjede notwendige Re-form zu Fall zu brin-gen und oft tritt er,gestütztvoneinerstar-kenGruppe,gegenje-

den und alles an, dem seine Ideolo-gieentgegensteht.SoauchOStRH.,ein exzellenter Altphilologe, Fach-leiter und Schulbuchautor: „In denletzten20JahrenistmehrSchrottinsGymnasium gekommen als in denzurückliegenden 200 Jahren, wozumancheSchmusepädagogikmehrbei-getragenhatalsdieParolender68er.Der IQ istnunmalzu50%angebo-ren, und um den Unterschied zwi-schen Gerundium und Gerundivumzu kapieren, muss man wenigstens100 Punkte haben ...“ Sofort sekun-diert der Mathematiklehrer: „AucheineGleichungmit zweiUnbekann-tenlässtsichnichtmiteinemIQvon80lösen...“Hartnäckig verteidigen solche Zyni-ker ihre mitunter menschenverach-tende Anthropologie, nicht weil sieunbedingt verachten, sondern weilsienichtzurückwollenzuihremein-stigenIdealismus.InderSupervisionkommtmeistzutage,dassderZynikerursprünglichdurchausidealistischge-sonnen war (häufig sogar über dieMaßen),dannaberineinemquälendenBurnout-ProzessdenGlaubenandieChancendesMenschenverlorenhatundnunvehementdaraufachtet,dassihn niemand mehr dazu „verleitet“,neuerlichzuhoffen–erkönnteeinezweite Enttäuschung nicht ertragen.Angst verbreitet derZyniker und istdoch selber angefüllt mit Angst, dieerhintereinerMaskeausIronie,Sar-kasmus und Zynismus zu verbergensichbemüht.UnddieVermutungliegtnahe,dassdieübermäßigeDistanzie-rung„vonsolchenLehrern“Ausdruckder eigenen Angst ist, irgendwanneinmalauchdenpädagogischenOpti-mismuszuverlieren.Prof.Dr.RainerWinkelBerlinerUniversitätderKünste

Die achtTodsünden im Lehrerberuf

Michael Schratz, JohannaSchwarz und Tanja Westfall-GreiterpräsentiertenimNovem-ber2010aufderDGFETagungzur Professionsforschung undLehrerinnenbildung ihre Theo-rie pädagogischen HandelnslernseitsdesUnterrichtens.

DasILSveranstalteteunterderLeitungvonIlseSchrittesserimFebruar2011das2. Symposium der Universitären Platt-form für LehrerInnenbildung(UPL).

Das Forschungsteam „Per-sonale Bildungsprozessein heterogenen Gruppen“traf sich im Februar 2011mitProf.MeyerDrawevonderUniversitätBochumzueiner ForschungswerkstattinMattsee.

NadjaKöfflerpräsentierteaufdem internationalen Sympo-sium„FacetsofHealthLiter-acy -EducationalGuidelinesfor Schools, Universities,Teacher Training Collegesand Sport“ (März 2011) inWien ihr Forschungsprojektzum Thema „SubjektivesGesundheitsempfinden vonLehramtsstudierenden“ (Onthewell-beingofteacheredu-cationstudents).

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Früh übt sich ...

„SparklingScience“isteinProgrammdesBundesministeriumsfürWissenschaftundForschungzurFörderungdeswissenschaftlichenNachwuchses,mitdemZielmittelsKooperationsprojektenzwischenForschungseinrichtungenundSchulen,dasInteressevonJugendlichenamwissenschaftlichenArbeitenzuwecken.EinesderbereitsimRahmendiesesProgrammsumgesetztenProjekts,wirdzur-zeitunterdemTitel„ImDialogmitderAntike-InscriptionesAntiquae“(Lauf-zeit: 1.9.2009-30.6.2011) in Innsbruck durchgeführt. In Zusammenarbeit mitdreiGymnasienausInnsbruck,demAkademischenGymnasium,demBG/BRGSillgassesowiedemWRGderUrsulinenwirdamInstitutfürAlteGeschichteundAltorientalistikderUniversitätInnsbruckunterderLeitungvonMag.aDr.inBrigitte Truschnegg gemeinsam mit Mag.a Dr.in Kordula Schnegg die größteSammlung stadtrömischer Inschriften in Österreich erschlossen. In mehrerenSchrittenerarbeitensichdieSchülerinnenundSchülergrundlegendesWissenzurEpigraphik,übersetzenundkommentierenoriginaleInschriftenundschaf-fen außerdemeineDatenbank, inderdas Inschriftenmaterial fürdieWissen-schaftaufgearbeitetwird.

„Zwei am Projekt beteiligte Schüler kamen wäh-rend eines wissenschaftlichen Workshops an der Universität auf mich zu und erklärten mir, sie hätten nun plötzlich viel von dem genauer begrif-fen, was sie während des Jahres dafür an unse-rer Schule in der vor einiger Zeit eingeführten „Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten“

gelernt hatten. “ (Lehrperson)

„Zum gegenseitigen Verständnis … Ich habe den Eindruck, dass sich Schule und Universität untereinander ziemlich fremd sind. Solche Projekte überbrücken meiner Meinung nach diese Fremdheit. “ (Schüler/in)

„Die Schülerinnen und Schüler lernen von Projektbeginn an, die Mitverantwortung für das Gelingen des Gesamtpro-jekts zu übernehmen.“ (Lehrperson)

„Eine Neuheit an unserem Projekt ist sicherlich die enge Zusammenarbeit von Schulen und Universität. Außerdem werden den Schülerinnen und Schülern die Hauptaufga-ben überlassen und die Professorinnen und Professoren halten sich im Hintergrund.“ (Schüler/in)

„Die Zusammenarbeit von Schule und Universi-tät als gleichwertiger Partner …“ (Schüler/in)

„Wir Schülerinnen und Schüler erhalten große Freiräume, um selbstständig Themen zu erarbei-ten, die über den Horizont der Schule hinausge-hen …“ (Schüler/in)

http://www.sparklingscience.at

Abb.2:FragmenteeinerEhreninschriftfüreinerömischeSenato-renfamilieausdem3.Jahrhundertn.Chr.inderInschriftensamm-lungimZentrumfürAlteKulturen.

Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler reflektieren ihre Erfahrungen im Verlauf des Projekts:

Abb.1:DieInschriftensammlungimRaumderSchriftimZentrumfürAlteKulturen

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„Die „Nahtstelle“ Schule: Universität erfährt durch gemeinsame wissenschaftliche Projekte einen „fließenden Übergang“.“ (Lehrperson)

„Die Schülerinnen und Schüler, die als voll-wertige Kolleginnen und Kollegen an einem wis-senschaftlichen Projekt teilnehmen, gewinnen neben den einschlägigen und allgemeinen Erfah-rungen ein hohes Maß an (Selbst-) Bewusstsein, den Anforderungen eines universitären Studiums gewachsen zu sein.“ (Lehrperson)

„Die Schülerinnen und Schüler gewinnen in jedem Fall Orientierung. In vielen Fällen wächst bei ihnen durch die Erfahrung im Projekt das Interesse, ein Studium an der Universität zu begin-nen.“ (Lehrperson)

„So sehen Schülerinnen und Schüler wie es an der Universität abläuft, Universität ist kein abstrakter Begriff mehr für sie, und sie werden somit motiviert, vielleicht selbst ein Studium zu beginnen.“(Schüler/in)

„Durch unsere Arbeit am Projekt „schnuppern“ wir Uni-Luft und wissen nächstes Jahr schon in etwa was uns erwarten wird und auch was von uns als Studentinnen und Studenten erwartet wird.“ (Schüler/in)

Abb.4:InmehrerenWorkshopsandendreiPartnerschulen(hierWRGUrsulinen)erarbeitendieSchüler/inneninTeamsdiehistorischenKontextederInschriften.

Abb.5:PräsentationderArbeitsergebnisseamEndeeinesWorkshops.

Abb.3:BeimKick-Off-WorkshopzuProjektbeginnimNovember2010gehendieSchüer/innenerstmals„aufTuchfühlung“mitdenInschriften.

„Die Schülerinnen und Schüler verlieren die „Schwellenangst“ vor universitären Einrichtungen und werden im Sinne der Begabungsför-derung mit anspruchsvollen Inhalten und wissenschaftlichen Arbeitstech-niken konfrontiert.“ (Lehrperson)

„Ich hoffe (und bilde mir auch ein) besser in Gruppen arbeiten zu können.“ (Schüler/in)

„Die Arbeit in Teams über die Klassengruppe hinaus fördert soziale Kompetenzen und ähnelt dabei dem uni-versitären Alltag, wo sich Gruppenzusammensetzung und Arbeitsumfeld kontinuierlich ändern.“(Mag.a Dr.in Brigitte Truschnegg)

„Die SchülerInnen bringen eine andere Perspektive in das Projekt (andere Fragestellungen, andere Rückschlüsse) ein, als gängige Lehrmeinungen vorgeben.“ (Mag.a Dr.in Kordula Schnegg)

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Die Ausbildung in der (Fremd-)Sprachendidaktik aus studentischer Perspektive

Eva Maria Unterrainer

DervorliegendeArtikelgibtinver-kürzter Form Ergebnisse meinerDissertation(vgl.Unterrainer2010)wieder, die das Ziel verfolgte, diesubjektiven Sichtweisen von Stu-dierenden und damit ihre Kon-struktionen von Wirklichkeit überdas „Innsbrucker Modell derFremdsprachendidaktik“(IMoF)inErfahrung zu bringen. Seit 2002bietet IMoF für alle zukünftigen(Fremd-)SprachenlehrerInnen einesprachenübergreifende und mehr-sprachig ausgerichtete Ausbildungan; d.h. Studierende der Unter-richtsfächerEnglisch,Französisch,(Alt-)Griechisch/Latein,Italienisch,Russisch und Spanisch besuchengemeinsam sprachenübergreifendeund theoriegeleitete Lehrveran-staltungen,dievonden jeweiligensprachspezifischen Workshops er-gänzt werden. IMoF intendiertdurchdiese sprachenübergreifendeundteamorientierteLehredieFör-derung der Kooperation zwischenangehenden (Fremd-)Sprachenleh-rerInnenandenSchulen.DesWei-teren will IMoF damit Maßstäbe

Mag.a Dr.in Eva Maria Unterrai-nerUniversitätsassistentin am Arbeits-bereich Didaktik der Sprachen an der Universität Innsbruck, Lehre-rin für Italienisch an einem Inns-brucker Gymnasium, AHS-Lehr-amt für Italienisch, Psychologie und Philosophie

Kontakt: [email protected]

füreine(Fremd-)Sprachendidaktik-ausbildungsetzen,diedenAnforde-rungen der zunehmend mehrspra-chigenLebensweltderSchülerinnenundSchülergerechtwird(vgl.u.a.Hingeret.al.2008).In der Studie, die im Rahmen derDissertation durchgeführt wurde,wurden die studentischen Erwar-tungen an die Fremdsprachendi-daktikausbildungvorundnachAb-solvierung des Modells analysiertund deren Unterschiede eruiert.Dazu wurden sowohl Studierende,diedassogenannteEingangsmodulbesuchten und damit am BeginnihrerAusbildungstanden,alsauchStudierende,diesichimsogenann-tenAbschlussmodul,d.h.amEndeihrerAusbildunginderFremdspra-chendidaktik befanden, zu BeginndesSommersemesters2009schrift-lichbefragt.DesWeiterenwurdenzu Semesterende Leitfadeninter-views mit 15 der insgesamt 85 ander Untersuchung teilnehmendenStudierendendurchgeführt.

DieStudierendenbetrachtendiedurchIMoFpraktizierte,sprachenübergreifendeLehreüberwiegendalsneuen,inno-vativen Zugang zur Fremd-sprachendidaktik.

Insgesamtkonnteanhandderschrift-lichen Befragung in Erfahrunggebrachtwerden, dassdieStuden-tinnenundStudentendesEingangs-moduls dem AusbildungsmodellIMoF prinzipiell mehr zustimm-ten als jene des Abschlussmoduls.So erachten die Studierenden desEingangsmoduls es bspw. als sehrwichtig, dass Studierende durchdie im Team gehaltenen Lehrver-anstaltungseinheiten unterschied-licheUnterrichtsstileerfahren.DieStudierenden des Eingangsmodulsstufen die Wichtigkeit von TeamTeaching höher ein als jene desAbschlussmoduls.Folglichsahdiezweitgenannte Gruppe der Studie-renden ihre Erwartungen an Team

TeachingimAbschlussmodulnichtmehr umgesetzt. Dies zeigt, dassStudierende unter Team TeachingeineninersterLinievonmehrerenLehrveranstaltungsleiterinnen undLehrveranstaltungsleitern durchge-führten Unterricht verstehen undeine gemeinsame Kursplanungund Bewertung der Studierenden– im Unterschied zu IMoF – ehernichtalsTeamTeachingwahrneh-men. Die Studierenden schätzendie erlebte Abwechslung und dieMöglichkeit, Kontakte zu ande-ren Instituten und dadurch auchzuderenVortragendenknüpfenzukönnen.Dervon IMoF intendierteAustausch zwischen StudierendenverschiedenerSprachenbewahrhei-tetsichindenAugenderStudieren-dendesEingangsmodulsallerdingsnicht. Ebenso wenig nutzten dieStudierendendesAbschlussmodulsdie IMoF-Lehrveranstaltungen alsDrehscheibe für neue Kontakteuntereinander. Jedoch betrachtensie überwiegend die durch IMoFpraktizierte,sprachenübergreifendeLehre als neuen, innovativen Zu-gang zur Fremdsprachendidaktik,derwertvolle–überjenedurcheinemonolinguale Ausbildung hinaus-gehende–Einblickebietet.Die Studierenden des Eingangs-moduls sehen in der sprachen-übergreifenden Lehre die Chance,sprachlicheundinterkulturelleVer-gleiche durchzuführen sowie Ein-sichteninandereSprachenzuerhal-ten. Sie finden, dass aufgrund derÄhnlichkeiten zwischen Spracheneine gemeinsame Fremdsprachen-didaktikausbildung nahe liegt undrichtungsweisend–imSinneeinerMehrsprachigkeitsdidaktik–ist.LiteraturHinger, B. / Kofler, W. / Milne-Skinner, A. /

Spöttl, C. / Stadler, W. (2008). Das Innsbrucker Modell der Fremdspra-chendidaktik (IMoF) - eine Kurzdar-stellung. In: Views, 17 (3), S. 65-68.

Unterrainer, E. M. (2010). Eine sprachenübergreifende Ausbildung in der (Fremd-)Spra-chendidaktik aus studentischer Perspektive. Das „Innsbrucker Modell der Fremdsprachen-didaktik“ (IMoF). Innsbruck: Dissertation.

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Daniela Leitner

Neu dabei!

Danke für das Interview!Nadine Ulseß-Schurda

SiehabenIhreTätigkeitamILSvorKurzembegonnen,washabenSievorhergemacht?Ich habe ein abgeschlossenesLehramtsstudium für die Unter-richtsfächer Geschichte, Politi-sche Bildung und Sozialkundesowie Französisch. Mein Unter-richtspraktikum absolvierte ich imSchuljahr 2009/2010 am Akade-mischenGymnasiuminInnsbruck.Anschließend war ich als wissen-schaftliche Mitarbeiterin am Insti-tut für GeschichtswissenschaftenundEuropäischeEthnologiesowieindervomBundesministeriumfürUnterrichtKunstundKulturbereitsim Jahr 2005 initiierten Arbeits-gruppe EPIK (Entwicklung vonProfessionalität im internationalenKontext)tätig.

WelcheAufgabenerfüllenSieamILS?Meine Arbeitsbereiche am ILSumfassen zum einen den BereichForschung, da ich für meine Dis-sertation forschen kann und anProjekten mit Fokussierung aufLehrerInnenprofessionalität teil-nehmen werde. Zum anderen darf

ichauchselbstLehrveranstaltungenabhaltenundaktivmitgestalten.

Warum haben Sie sich für eineuniversitäre Laufbahn entschie-den?Die Kombination Universität/Schule hat mich schon währendmeines Studiums fasziniert undüberzeugt:MirgefälltderGedanke,Menschenauf ihremAusbildungs-weg zu begleiten, zu unterstützenundihnendabeizuhelfen,etwasinsichselbstzuentdecken.Währendmeines Unterrichtsjahres am Aka-demischen Gymnasium habe ichfestgestellt,dassichnicht„nur“mitSchülerinnenundSchülernarbeitenwill.AuchzukünftigeLehrerinnenundLehrermöchteichaufihrespä-tere berufliche Rolle vorbereitenundihnenberatendzurSeitestehen.Und: Weil ich als Frau natürlichauchneugierigbin, liebeicheszuforschenundneueErkenntnissezuerlangen, die anderen weitergege-benwerdenkönnen.

Welche Ziele verfolgen Sie inIhrerTätigkeitamILS?Ich bin schon sehr gespannt, wasmichbeimeinerTätigkeitalsUni-versitätsassistentin erwarten wirdundfreuemichsehraufunterschied-liche Aufgabenbereiche sowohl inderForschungalsauchinderLehre.Mit großem Engagement möchteich dazu beitragen, dass am ILSzukünftigeLehrerinnenundLehrerausgebildetwerden,dieinderLagesind,sowohlKopfalsauchHerzimUmgangmitKindernmit richtigerGewichtung einzusetzen. ZudemistesmireingroßesAnliegen,dassmein zukünftiges Forschungsvor-haben wissenschaftliche Debattenzulässt,diedennationalenalsauchinternationalen Austausch fördernundfordern.

Was haben Sie während IhresLehramtsstudiumsgemacht:stu-diertodergelernt?Am Beginn meiner Studienzeithabeichmehrgelernt,alsstudiert.

EsbotsichfürmicheinegänzlichneueSituation,eswehteeinandererWindals anderSchule. ImLaufedes Studiums hat sich mein Lern-verhalten jedoch sehr verändert.Anstattdemschulischen„Auswen-diglernen“versuchteich,individu-elle inhaltliche Schwerpunkte zusetzen und erhielt dabei die Mög-lichkeit, verschiedenste Themenzu vertiefen. Durch den Besuchzahlreicher Lehrveranstaltungenmitmethodisch-praktischemBezugkonnteicherkennen,dasssichStu-dierenundLernenganzleichtmit-einanderverbindenundverknüpfenlassen. Für mich schließt das einedasandereaufkeinenFallaus.ImGegenteil: Ichfinde,dass„Studie-ren“, alsoLehrveranstaltungenaufder Universität besuchen, dabeiWissen erwerben und sich Kennt-nisse in verschiedenen BereichenaneignenoderselbstUntersuchun-genwissenschaftlicherThematikenvornehmen, immer mit „Lernen“verbunden ist. Schließlich lerntmanjabekanntlichnieaus.

Wie sieht Ihr Leben außerhalbderUniversitätaus?Möglichst abwechslungsreich, so-fernesdieZeiterlaubt.IchbingerneinderNatur,auchumdenKopfmalrichtig„durchzulüften“.DasmacheichbeimSkifahren,RodelnoderimSommerbeimWandern.Unddannist es für mich wichtig, zu lachen– besonders mit meiner FamilieundmeinenFreunden.Ichliebees,zureisenunddabeineueKulturen,Sitten und Bräuche zu entdeckenundkennenzulernen.

Mag.a Daniela LeitnerLehramtsstudium Geschichte, Po-litische Bildung und Sozialkunde sowie Französisch, seit März 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung (ILS), Redak-tionsleitung ILS Mail

Kontakt: [email protected]

ImpressumInstitutfürLehrerInnenbildungundSchulforschung(ILS)UniversitätInnsbruckInnrain52,A-6020InnsbruckHrsg.:Univ.-Prof.Mag.Dr.MichaelSchratzundUniv.-Prof.Mag.aDr.inIlseSchrittesserRedaktionUniv.-Prof.Mag.Dr.MichaelSchratz,Univ.-Prof.Mag.aDr.inIlseSchrittesser,Mag.aNadineUlseß-Schurda(Redaktionsleitung),MMag.HerbertNeururer,Mag.a NadjaKöffler,Stud.-Ass.ClaudiaGugglberger,Stud.-Ass.MagdalenaDengg

RedaktionsadresseInnrain52,A-6020Innsbruck;Tel.+43(0)512507/4664;Fax/2815

[email protected]

Homepagehttp://uibk.ac.at/ils/ilsmail/

LayoutStud.-Ass.ClaudiaGugglberger,Stud.-Ass.MagdalenaDengg

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