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Schweizer Spielmuseum, Dossier « Vor 75 Jahren…» Vor 75 Jahren fand der 2. Weltkrieg ein Ende. Aus diesem Anlass zeigt das Schweizer Spielmuseum eine Auswahl von Spielen jener Jahre. Die Beschriftungen mit dem Bild hier oben zeigen Ihnen die Spiele an, die sie in verschiedenen Räumen der Dauerausstellung finden. Die Spiele aus der Sammlung des Schweizer Spielmuseums sind historische Quellen. Illustrativ, beredt und bisweilen verstörend, informieren sie uns über die Ereignisse und Themen, die die Menschen interessierten, ihre Sicht auf die Welt, ihren Geschmack und ihre Werte. Die Spiele, die in den Jahren vor und während des Krieges erschienen, wurden oft zu Propagandazwecken missbraucht, vor allem durch den Regierungen nahestehende Verlage. Diese Spiele richteten sich an das breite Publikum, aber auch an Soldaten. Kriegsgefangene fertigten Spiele an ebenso wie, in der Schweiz, Mobilisierte und Internierte. Die Spiele haben ihnen sicher geholfen, diese schweren Zeiten zu überstehen. 2014 hatten wir eine Sonderausstellung anlässlich des 100. Jahrestages des Beginns des 1. Weltkriegs organisiert. Der Krieg war schon 1914-18 Thema in den Spielen und wurde es erneut 1939-45. Wir wünschen Ihnen einen bereichernden Besuch. Bitte, geben Sie uns ein Feedback im Gästebuch oder auf unserer Facebook-Seite. Ulrich Schädler, Direktor

Vor 75 Jahren fand der 2. Weltkrieg ein Ende. · Spiel namens «Infanterie greift an!» sowie eine der Situation angepasste Variante des Belagerungsspiel mit dem Titel «Bunkerspiel»,

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Page 1: Vor 75 Jahren fand der 2. Weltkrieg ein Ende. · Spiel namens «Infanterie greift an!» sowie eine der Situation angepasste Variante des Belagerungsspiel mit dem Titel «Bunkerspiel»,

Schweizer Spielmuseum, Dossier « Vor 75 Jahren…»

Vor 75 Jahren fand der 2. Weltkrieg ein Ende.

Aus diesem Anlass zeigt das Schweizer Spielmuseum eine Auswahl von Spielen jener Jahre. Die Beschriftungen mit dem Bild hier oben zeigen Ihnen die Spiele an, die sie in verschiedenen Räumen der Dauerausstellung finden. Die Spiele aus der Sammlung des Schweizer Spielmuseums sind historische Quellen. Illustrativ, beredt und bisweilen verstörend, informieren sie uns über die Ereignisse und Themen, die die Menschen interessierten, ihre Sicht auf die Welt, ihren Geschmack und ihre Werte. Die Spiele, die in den Jahren vor und während des Krieges erschienen, wurden oft zu Propagandazwecken missbraucht, vor allem durch den Regierungen nahestehende Verlage. Diese Spiele richteten sich an das breite Publikum, aber auch an Soldaten. Kriegsgefangene fertigten Spiele an ebenso wie, in der Schweiz, Mobilisierte und Internierte. Die Spiele haben ihnen sicher geholfen, diese schweren Zeiten zu überstehen. 2014 hatten wir eine Sonderausstellung anlässlich des 100. Jahrestages des Beginns des 1. Weltkriegs organisiert. Der Krieg war schon 1914-18 Thema in den Spielen und wurde es erneut 1939-45. Wir wünschen Ihnen einen bereichernden Besuch. Bitte, geben Sie uns ein Feedback im Gästebuch oder auf unserer Facebook-Seite. Ulrich Schädler, Direktor

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MSJ 5048 Schach-Dame-Mühle: «Ein Gruss aus der Heimat» Combi-Spiele, Hannover 1940-45 Spielesammlung mit Schach, Dame und Mühle. Schachtel, Spielbrett und Spielsteine aus Karton hergestellt. Die Spielsteine tragen auf einer Seite Schachsymbole.

Solche Spielesammlungen waren für die Soldaten an der Front bestimmt. Leicht und platzsparend, können sie einfach im Gepäck mitgenommen werden. Sie wurden den Soldaten von ihren Familien mit der Feldpost an ihren Einsatzort geschickt.

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SAAL 4 MSJ 6223 Schachspiel Von einem deutschen Kriegsgefangenen in England 1945 aus wiederverwendeten Materialien hergestellt. Das klappbare Spielbrett aus Holz dient gleichzeitig zur Aufbewahrung der Steine. Ein Beutel aus Filz verschliesst die offene Seite und trägt die Inschrift «1945 PO».

Es gibt zahlreiche Kriegsgefangenen-Schachspiele. In Material und ausgefeilter Technik zeugen nicht wenige von der handwerklichen Ausbildung der Soldaten vor dem Krieg. MSJ 920 Spielkarten mit französischen Farbzeichen Von einem Kriegsgefangenen in den Niederlanden 1945 hergestellt.

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SAAL 5 MSJ 3121 Das Neue Deutschland Josef Scholz, Mainz, 1938 Gestaltung: Heinrich Hoffmann, Berlin Die Karten dieses Quartett- Spiels sind dem Deutschland der Nationalsozialisten gewidmet. gezeigt werden die Repräsentanten und Strukturen von Partei und Staat: der Führer und seine Mitarbeiter, die Hitlerjugend, Gedenktage, Bauten in München und Berlin, Parteiorganisationen, die Autobahnen, der Arbeitsdienst usw. Der Kinderbuch-und Spieleverlag Josef Scholz war für seine Reihe «Scholz‘ künstlerische Spiele» bekannt, die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in Zusammenarbeit mit bekannten Künstlern gestaltet wurde. In der Zwischenkriegszeit brachte der Verlag schon Spiele mit patriotischen Themen, z.B. über die verschiedenen Regionen Deutschlands, auf den Markt. Ab 1933 stellte sich der Verlag in den Dienst des NS-Regimes und veröffentlichte Spiele wie «Die Reichsautobahnen» (ca. 1935), «Achtung! Feind hört mit!» (1940) und «Siegreich voran!» (ca. 1941).

Die Bilder stammen von Heinrich Hoffmann, dem Leibfotografen Hitlers, der ihn schon in den frühen 1920er Jahren in Szene setzte. 1932 veröffentlichte er das Album «Hitler wie ihn keiner kennt».

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MSJ 3726 Das Kohlenklau Quartettspiel Deutschland, 1942-43 Unter dem Titel «Kampf dem Kohlenklau» wurde am 7. Dezember 1942 in Deutschland eine Kampagne gestartet, um die Bevölkerung zum Energiesparen anzuhalten. Die Kampagne bedientes sich verschiedener Medien, darunter auch ein am Gänsespiel orientiertes Brettspiel «Jagd auf Kohlenklau» und das «Kohlenklau Quartett».

Quelle: © The Trustees of the British Museum

Das Spiel mit 33 Karten zeigt in Farbbildern verschiedenste Verwendungsarten für Kohle, die vor allem für die Kriegsindustrie wichtig waren (Treibstoff, Kunststoffe, Medikamente u.a.). Das Spiel besteht aus 8 Quartetten zu vier Karten; die Zusatzkarte « Kohlenklau» erlaubt es «Schwarzer Peter» zu spielen. Dazu werden die Quartette in Paare aufgeteilt, und es gilt, nicht derjenige zu sein, der zum Schluss noch den «Kohlenklau» auf der Hand hat.

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SAAL 8 MSJ 1397 Monopoly des Bataillons 9 Hergestellt von Leutnant Georges Jacottet 1940 Von dieser Monopoly-Variante stellten Soldaten des 9. Bataillons mit grosser Sorgfalt 5 Exemplare her. Sie zeigen, dass Monopoly, das seit 1935 zuerst in den USA und kurz darauf bereits in Grossbritannien vermarktet wurde, bereits Ende der 1930er Jahre auch in der Schweiz weit verbreitet war, wo es von Franz Carl Weber vertrieben wurde. Auf dem Spielplan sind Städte im Rhônetal am Ostende des Genfer Sees vertreten wie Montreux, Villeneuve, Aigle, Bex, Monthey, Vouvry, Bouveret und St. Gingolph. Die Eisenbahnlinien sind die folgenden: AOM (Eisenbahn Aigle-Ollon-Monthey,1907-1945), BGVC (Strecke Bex-Gryon-Villars-Chesière, 1906-1942), CFF (Schweizer Bundesbahnen) und Tonkin, die Saint-Maurice über Evian-les-Bains und Thonon-les-Bains mit Genf verband. Während des 2. Weltkriegs war die Tonkin-Bahn die einzige offene Passage zwischen der Schweiz und Frankreich. Am Bahnhof Bouveret kamen täglich etwa 300 Güterwagons an.

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MSJ 6905 Mobi - Travail de mobilisés à leurs heures de loisir Aigle, Suisse, 1939-45 Ein Spiel mit Buchstaben. Auch wenn die Schweiz militärisch nicht in den 2. Weltkrieg involviert war, hatte dieser Konflikt erhebliche Auswirkungen auf Politik, Wirtschaft und das Alltagsleben in der Schweiz. Am 1. September 1939, ordnete der Nationalrat die allgemeine Mobilmachung an. Die zur Sicherung der Schweizer Grenzen einberufenen Soldaten hatten 800 Tage Dienst zu leisten, während der sie Überwachungsaufgaben, militärische Ausbildung, Märsche und Schiessübungen absolvierten. Bunker und Festungen wurden gebaut und Panzersperren errichtet. Der Dienst war anstrengend, aber oft auch eintönig. Die Männer hatten viel Zeit totzuschlagen. MSJ 59.16 Tangram Ils n'ont plus de foyer ... : Jeu de patience pour se distraire seul ou à plusieurs fabriqué par des Suisses rapatriés sans travail. Vertrieb: Ed. Junod, Morges, 1945-46 «Sie haben kein Zuhause mehr…» Diese Solidaritäts-Spiele wurden zur Unterstützung der zurückgekehrten Schweizerinnen und Schweizer verkauft. Viele Auslandsschweizer kehrten während der Kriegsjahre zurück, besonders 1945. Diese Schweizer kamen meistens aus Deutschland und flohen vor der anrückenden Roten Armee und dem Hunger. Die meisten waren im Ausland geborene Landarbeiter, deren Eltern ausgewandert waren und Deutsche geheiratet hatten. Viele von ihnen kannten die Schweiz kaum oder gar nicht. Nach einer gewissen Zeit der Quarantäne wurden sie in ihre Heimatgemeinden geschickt, wo sie sich integrieren mussten. Arbeit und Wohnraum waren allerdings knapp.

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Spiele für Soldaten an der Front MSJ 6386 Bunkerspiele-Heft 2: Spiele unter Kameraden Walther Blachetta Widuking Verlag Alexander Boss, Berlin 1940 Ein Regelheft, zwei doppelseitige Spielpläne für die Spiele Wirtshaus-Spiel, Wettrenn-Spiel, Kraftkönig (eine Reversi-Variante) und Immer der Reihe nach (eine Eile-mit-Weile-Variante) sowie zwei Blätter mit Spielmaterial zum Ausschneiden. Heft 1 beinhaltet «Spiele für Einen», Heft 2 «Spiele unter Kameraden».

Walther Blachetta (1891-1959) war ursprünglich Volksschullehrer, Maler, Schauspieler und Theaterdirektor. Früh schloss er sich den Nationalsozialisten an: Schon 1931 wurde er Mitglied der NSDAP. Fortan war er in verschiedenen Positionen im Bereich Presse und Propaganda tätig. Ende 1933 wurde er Referent in der Abteilung Schulung/Presse/Propaganda der Reichsjugendführung und veröffentlichte die Schrift «Hitlerjugend marschiert». Von 1933 bis 1936 war er beim Reichssender Berlin u.a. für die Themen Volkstum, Laienspiel, Brettspiel, und Geschichte zuständig. Er war zeitweilig Geschäftsführer des deutsch-japanischen Go-Instituts und veröffentlichte 1941 das Buch «Go – das vollkommene Brettspiel» und 1942 «Das große Spielmagazin» (Klinghammer Verlag) heraus.

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In der Einleitung zu seinen Bunkerspielen geht er, ganz im Sinne der NS-Ideologie, auf die Beliebtheit von Brett- und Würfelspielen der alten Germanen, der «Ahnen» der Deutschen ein, wie sie aus den nordischen Sagas hervorginge. Und deshalb habe auch ein «gut organisiertes» Volk das Recht, sich beim Spielen von den Mühen das Alltags erholen. MSJ 5130 Spielesammlung: Schach, Dame, Tic-Tac-Toe The American Red Cross, Atlanta Chapter, Atlanta, GA. 1940-45 Auf der Innenseite eines aufklappbaren Etuis befindet sich eine Dame-bzw. Schachbrett, auf der Rückseite ein Tic-Tac-Toe. Die Spielsteine sind als flache Scheiben zum Ausstanzen auf einen Karton gedruckt; eine Seite ist mit den Schachsymbolen versehen. Das Spiel des Amerikanischen Roten Kreuzes war für die amerikanischen Soldaten an der Front bestimmt.

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MSJ 9865 Spiele No 625. « Latv. vertsp. spiest. Riga » (Lettlands Wertpapierdruckerei Riga) « Herausgegeben im Auftrage des Oberkommando des Heeres durch Wehrmachtbefehlshaber Ostland. Abt. Ic/Betr. » Riga, Lettland (Deutschland, Ostland), 1941-43

Spielesammlung, die im Auftrag der deutschen Wehrmacht im Baltikum für die Soldaten an der Front herausgegeben wurde. Es enthält: Behalt’ den Humor (eine Eile-mit-Weile-Variante), Halma, Das Einsiedler-Spiel (Solitaire), Dame, Mühle, sowie die zwei Leiterli-Spiele «Das Froschspiel» und «Die Urlaubsfahrt» mit militärischem Thema. Die gute Qualität des Spielmaterials (starker Karton, gute Farben, gläserne Spielsteine und Würfel) überrascht im Vergleich zu anderen Spielen jener Zeit. Das «Reichskommissariat Ostland», vom NS-Regime 1941 nach dem Beginn des Krieges gegen Russland installiert, umfasste die baltischen Länder Estland, Lettland, Litauen sowie Teile Weissrusslands.

Quelle: Wikimedia Commons

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Kamerad, spiel mit Bildgut-Verlag, Essen 1939-45 Spielesammlung für Frontsoldaten in Feldpost-Verpackung. Spielplan und -steine sind auf leichten Karton gedruckt, letztere zum Ausstanzen. Zur Spielesammlung gehören Halma, Pferderennspiel, Dame, Mühle, Schach, ein Spiel namens «Infanterie greift an!» sowie eine der Situation angepasste Variante des Belagerungsspiel mit dem Titel «Bunkerspiel», wobei der Bunker die sonst übliche Festung ersetzt. MSJ 4575 Allerlei Unterhaltungs-u. Streichholzspiele: Kurzweil für die Front! Deutschland, 1939-45 Spielesammlung für Frontsoldaten. 10 Blätter, die von einer Banderole zusammengehalten werden mit der Information, dass die Spiele auf den Rückseiten von bedrucktem, also wiederverwendetem Papier gedruckt wurden.

Enthalten sind allerlei Knobeleien mit Streichhölzern, eine optische Illusion, eine Formel um den Wochentag seines Geburtstages zu ermitteln, Spielregeln für ein Spiel mit Pokerwürfeln, ein Tangram zum Ausschneiden sowie die Beschreibung des Zaubertricks mit der zerschnittenen Schnur.

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Spiele für das allgemeine Publikum MSJ 6380 Grossdeutschlands Städtespiel Mensler Spiele, Berlin 1941 Der Spielplan zeigt Deutschland in den Grenzen von 1941! Seit Kriegsbeginn 1939 hatte Deutschland Polen und Tschechien besetzt und in diesen Territorien sofort eine staatliche Verwaltung aufgebaut. In der Broschüre, die dem Spiel beiliegt, werden in Versform Städte beschrieben, um zu belegen, dass es sich um deutsche Städte handelt. Zu diesen Städten zählen u.a. Frankfurt, München, Leipzig und Königsberg, aber auch Strassburg, Wien (nach dem «Anschluss» Österreichs 1938), Posen, Prag, Danzig, Warschau und Lublin. Die Verse streichen besonders die deutschen Beiträge im Bereich des Städtebaus heraus. Über Warschau heisst es etwa: «Als in die Polenhauptstadt kam der König aus dem Sachsenstamm, Ließ er ein prächtig Schloß erbauen, «Brühl’sches Palais», stolz anzuschauen.» Und zu Strassburg liest man: «Du deutsche, du alte und wunderschöne Stadt, darinnen liegt begraben manch’ tapferer Soldat. Ein deutscher Meister hatte deinen (sic!) Münster einst gebaut. Deutsch sollst du ewig bleiben solang’ der Himmel blaut. »

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Im Spiel ziehen die Spieler Buchstaben aus einem Beutel. Rote Buchstaben markieren den Anfangsbuchstaben eines Städtenamens, mit den schwarzen vervollständigt man dann den Namen. Es gewinnt, wer keine schwarzen Buchstaben mehr hat, wenn keine Buchstaben mehr im Beutel sind. Andere Spiele aus dem Mensler Verlag sind etwa «Die lustige Schießbude» (ein Schiessspiel mit einer Armbrust), «Hinein - Das Spiel für Gross und Klein» (ein Spiel vom Typ Bagatelle/Flipper) sowie «Fliegerstaffel auf Feindflug» und «Seeschlacht in der Nordsee» zum Zweiten Weltkrieg.

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MSJ 1296 Bombardement de la Ligne Siegfried Jouets Vera, Paris, 1939-40 Das Spiel ist einfach eine Variante des Spiels «Schiffe versenken». Auf dem Schachteldeckel ist eine Schlacht dargestellt mit Artillerie, Panzern und Flugzeugen zwischen einer französischen und einer britischen Flagge. Darunter die Angabe «Von der Militärzensur autorisiert (17.11.39)».

Bei der «Siegfried-Linie» handelt es sich um den Westwall, eine Verteidigungssystem, das 1938 bis 1940 von den Deutschen errichtet wurde. Es reicht von Kleve an der deutsch-niederländischen Grenze bis nach Grenzach-Wyhlen an der Grenze zur Schweiz. Auch wenn die französische Armee im September 1939 die Siegfried-Linie kurzfristig überschritt, bestand keine realistische Aussicht auf eine Bombardierung dieser Stellung vor der Offensive der Alliierten 1944. Es ist wahrscheinlich, dass das Spiel in dem kurzen Zeitraum des sogenannten «Sitzkriegs» veröffentlicht wurde, also vor der deutschen Besetzung Frankreichs ab Mai 1940. «We’re going to hang out the washing on the Siegfried Line” («Wir hängen unsere Wäsche zum Trocknen an der Siegfried-Leine auf») ist der Text eines Liedes, das 1939 von Jimmy Kennedy des Britischen Expeditions-Korps verfasst wurde. Dabei spielt der Text mit der doppelten Bedeutung des Wortes «line» (Linie, aber auch Leine) und macht sich damit über die Verteidigungskapazitäten der Deutschen lustig.

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MSJ 6368 Adler-Luftverteidigungsspiel Verlag Hugo Gräfe, Dresden 1941 Der Verlag beschreibt das Spiel als «Kampfspiel für 2 Personen, das allen Möglichkeiten der Durchführung und Abwehr eines Luftangriffes (Kampfflugzeuge [Bomber], Jäger, Flak-Artillerie, Sperrballone, Luftschutz) Rechnung trägt». Es sein «in grosser Auflage bei Heer und Luftwaffe eingeführt». Der gleiche Verlag gab noch ein weiteres, ähnliches Spiel heraus, das «Adler-Luftkampfspiel». «Der Adler» war eine Illustrierte des Reichsluftfahrtministeriums unter Herrmann Göring. Sie diente zwischen 1939 und 1944 der Luftwaffe als Propaganda-Instrument. Sie wurde sogar in verschiedenen Sprachen herausgegeben. Im September1944 stellte das Ministerium die Publikation wegen fehlender Mittel ein. In der letzten Ausgabe Nr. 19 vom 12. September, S. 277, schrieb die Redaktion «Im Zuge der durch den totalen Krieg bedingten Konzentrationsmaßnahmen auf dem Gebiet der Presse stellt die Luftwaffen-Illustrierte DER ADLER mit diesem Heft ihr Erscheinen für die Dauer des Krieges ein. Dadurch werden weitere Kräfte für die Wehrmacht und die Rüstung frei. wir danken unseren Lesern und Freunden für die uns bewiesene Treue. Mit unserem zuversichtlichen Glauben an den Sieg verbinden wir die Hoffnung, allen Beziehern den ADLER nach dem Siege wieder in gewohnter Weise liefern zu können». Das Spielbrett zeigt eine Landschaft aus der Vogelschau, d.h. aus der Sicht eines Bomberpiloten, ähnlich wie die in der Zeitschrift erschienenen Photographien. Man sieht eine Kaserne mit Elektrizitätswerk, Gaswerk und Eisenfabrik.

Das Spiel muss recht erfolgreich verkauft worden sein, vor allem in der Zeit, als sich die Luftangriffe häuften. Noch heute findet man es relativ leicht auf dem Markt für antiquarische Spiele.

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MSJ 6364 Wir fahren gegen Engeland. Ein neues Kriegsspiel von U-Booten und Fliegern Josef Scholz, Mainz 1940-43 Das Foto auf dem Deckel wurde vom Weltbild Verlag übernommen, der Spielplan von Fritz Westenberger gezeichnet. Unserem Exemplar liegt ein handgeschriebener Brief bei, von «Tante Hanna» aus Plauen am 16. Januar 1941 an ihren Neffen «Putz» in Potsdam geschrieben.

«Wir fahren gegen Engeland» ist der Name eines deutschen Soldatenliedes aus dem 1. Weltkrieg. Das vom Dichter Hermann Löns 1910 verfasste Matrosenlied wurde 1939 von Georg Göhler vertont. Dieser Verweis zeigt, dass für die Deutschen der Konflikt mit England seine Wurzeln im 1. Weltkrieg hatte. Auf der Schachtel ist die U-41 unter dem Kommando von Kapitänleutnant Gustav Adolf Mugler zu sehen. Das Bild entstand noch vor dem Krieg im April 1939 zu Propagandazwecken und wurde vielfach reproduziert. Allerdings wurde das U-Boot schon bei seinem dritten Einsatz am 5. Februar 1940 beim Versuch einen Konvoi anzugreifen von einem britischen Zerstörer versenkt. Dabei kamen alle 49 Besatzungsmitglieder ums Leben. Der U-Boot-Krieg ist das Thema des Spiels. In propagandistischem Duktus schlägt die Einführung der Spielregel vor, «die ganze englische Flotte zu vernichten». «Das ist doch so recht ein Spiel, wie ihr es haben wollt!», glaubt der Verlag und fordert die Spieler dazu auf «recht viel Tonnage der Engländer auf den Meeresgrund absacken» zu lassen.

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Das Spiel besteht aus einer Karte der Nordsee, die das Vereinigte Königreich, die Küsten Norwegens, Dänemarks, Deutschlands, Belgiens und Frankreichs zeigt. Es werden Karten mit den Silhouetten der Zielschiffe zur Verfügung gestellt, die wesentliche Tonnage- und Größendaten angeben sowie eine Zahl zeigen, die dem Würfelwurf entspricht, der erforderlich ist, um das Schiff zu versenken. Das Spiel umfasst auch 3 U-Boote und 3 Flugzeuge für die Spieler. MSJ 7308 Das Grosse Belagerungsspiel Porst-Spiele-Fabrik Hanns Porst, Nürnberg 1939-41 Eine der vielen Ausgaben des Belagerungsspiels, diesmal mit Spielsteinen in Form von Panzern. Auf dem Umschlag eine Illustration der Flakartillerie. Hanns Porst (1896-1984), ein Nürnberger Unternehmer auf dem Gebiet der Fotografie, hatte 1938 den traditionsreichen Spieleverlag J.W. Spear übernommen. Unter dem Nazi-Regime war der jüdische Familienbetrieb zunehmend antisemitischem Hass ausgesetzt. Zwölf Mitglieder der Familie Spear kamen in Konzentrationslagern ums Leben. Unter der neuen Führung wurden einige Spear-Spiele modifiziert, um der nationalsozialistischen Ideologie Rechnung zu tragen. Darüber hinaus entwickelte die «arisierte» Firma Kriegsspiele wie «Kurs Ost-Nordost» (1939), «U-Boote fahren gegen England» (1940) und «Bomben auf England» (1940).

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SAAL 9 Plakat « Pour les Oeuvres de secours pendant la mobilisation » Loterie Romande 1939 Am 1. September 1939 ordnete der Bundesrat die Generalmobilmachung für den 2. September an. Bis zum 3. September waren 430.000 Soldaten im Dienst. Eine zweite allgemeine Mobilmachung fand am 10. Mai 1940 statt. Die Loterie Romande stellte den Gewinn aus den Lotterien für Hilfsaktionen zur Verfügung.

Anzeige in « Le Rhône» Anzeige im Anzeiger Nr. 29, vom 9. April 1940 der Stadt Neuchâtel vom

19. Juli 1940

Le nouvelliste Valaisan Nr. 5, La Liberté Nr. 123, vom 9. Januar 1940 vom 28. Mai 1940

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Nicht ausgestellt MSJ 4372 Wehr-Schach Tak-Tik Verlag Die Wehrmacht GmbH, Berlin W8 1938 Das «Wehr-Schach Tak-Tik» ist eine Variante des Schachspiels, die während des Zweiten Weltkriegs unter den Soldaten in Deutschland verbreitet war. Es wurde erstmals im April 1938 in «Hilf mit! Illustrierte Deutsche Schülerzeitung» vorgestellt und 1939 von Bernhard Lehnert in Berlin herausgegeben.

Quelle: Mémorial de Caen, Wikipédia

Das Spiel wurde bereits vor dem Krieg beworben, zum Beispiel in der Zeitung «Die Wehrmacht» Nr. 11/1938. «Die Wehrmacht» veröffentlichte auch regelmäßig Wehrschach-Probleme, vergleichbar mit Schachproblemen. Es wurde auf einem Brett mit 11×11 Feldern gespielt, die durch zwei Diagonalen und zwei weitere Linien in mehrere Gebiete unterteilt waren. Hinzu kommen zwei Seen-Felder (b5 und k7). Die jeweils 18 blauen und roten Spielfiguren sind aus Kunstharz gefertigt. Sie stellen die Hauptfigur in Form des Wehrmachtsadlers dar, Jagdflieger, Panzerkampfwagen, Artillerie und Infanteristen. Im späteren Kriegsverlauf kam die damals neue Wunderwaffe V2 hinzu.

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MSJ 5700 Reichsautobahnen im Bau Otto Maier Verlag Ravensburg / Ravensburger Spiele 1938 Wie verschiedene andere Spiele auch singt auch die Ravensburger Ausgabe das Hohelied auf den Bau der Autobahnen, ein propagandistisches Vorzeigeprojekt des nationalsozialistischen Regimes. Das Spiel muss kurz nach dem «Anschluss» Österreichs im März 1938 erschienen sein, da es bereits als zu Deutschland gehörend dargestellt wird. Von da an hiess Deutschland «Grossdeutschland». MSJ 6325 Fang den Feind ! Deutschland, 1939-42

MSJ 6378 Reise durch Grossdeutschland Allemagne, 1938-40

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MSJ 6377 Unser Deutschland! Das zeitgemässe geographische Spiel mit den Reichsautobahnen O. & M. Hausser, Ludwigsburg 1938-40

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MSJ 938 Jeu de l’Empire français / Course de l'Empire français France-Vichy, C. I. R. (Centre d'information et de renseignements) Gestaltung: Raoul Auger (1904-1991) 1940-42 Beide Spiele sind dem Ruhm Frankreichs gewidmet und versuchen, das Bild Frankreichs als Weltmacht aufrechtzuerhalten, dies in einem Moment der Geschichte, da Frankreich geteilt und ein Teil von Deutschland besetzt war.

In der Mitte des Spielbretts veranschaulicht eine Weltkarte den Kolonialbesitz Frankreichs. Die einzige hervorgehobene Persönlichkeit ist Marschall Pétain. Im Juni 1940 wurde Philippe Pétain im Angesicht der Niederlage gegen Deutschland zum Premierminister ernannt. Nach dem Waffenstillstand von Compiègne verlegte er den Regierungssitz nach Vichy in den von den Deutschen nicht besetzten Teil des Landes. Nach den Ereignissen des Sommers 1940 entwickelte sich um Pétain ein regelrechter Personenkult. Die Francisque, die aus einem Marschallstab und zwei Liktorenäxten bestand, wurde zum Symbol des Vichy-Regimes und ist an mehreren Stellen auf dem Plateau vertreten ist.

Pétain schlug einen Weg der Zusammenarbeit mit Hitlers deutschem Regime ein. Durch seine autoritäre Regierung geriet Pétain allerdings bald in Konflikt zur Resistance einerseits und zu den Alliierten andererseits.