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Christoph Seher
Vorgehensweisen von Grundschüler(inne)nbei Aufgaben zur Addition und Subtraktion
im Zahlenraum bis 1000Zusammenfassung: Der vorliegende Beitrag beschreibt, mit welchen Reehenmethoden(mündlich, halbschriftlich, schriftlich), mit welchem Erfolg und mit welchen Reehenstrategien rund 300 Grundschüler(innen) jeweils sechs Aufgaben zur Addition und zur SubtraktiondreisteIliger Zahlen bearbeiteten. Die zwölf Aufgaben wurden ihnen im Rahmen eines Klassentests insgesamt dreimal gestellt: im Februar des dritten Schuljahres vor der Einführung derschriftlichen Normalverfahren, im Juni nach der Behandlung derselben sowie im Oktober zuBeginn des 4. Schuljahres.
Abstract: The present paper describes the methods (mental, informal written, standard), thesueeess and the strategies 300 primary students used while working on six addition respectiveIy six subtraction problems with three-digit numbers. These twelve problems were administered three times by means of a dass test: in February (grade 3; nine-year-olds) before the standard methods were introduced, in June after they were made topic and in Oetober at the beginning of grade 4.
1 Hintergrund und Forschungsfragen
Gemessen an dem Anspruch, die Wissenschaft vom Mathematikunterricht zu sein, verfügt die Mathematikdidaktik insgesamt noch über erstaunlich wenige Erkenntnisse darüber, wie sich Kinder mit mathematischen Aufgabenstellungen auseinandersetzen. Zwarsind manche Themengebiete insbesondere im Bereich des Rechnens - wie etwa die arithmetischen Vorkenntnisse von Schulanfangern (vgl. als Überblick Schipper 1998; alsBeispiel Schmidt & Weiser 1982) oder das Rechnen im Zahlenraum bis 20 (vgl. alsÜberblick Fuson 1992; als Beispiel Gray 1991) - vergleichsweise gut erforscht. Über dasVorgehen der Schüler(innen) in anderen Themengebieten jedoch wissen wir noch zu werug.
Diese Defizitsituation trifft auch auf das additive Rechnen im Zahlenraum bis 1000 zu,denn hier existieren nur einige empirische Arbeiten wie etwa die von Fuson et al. (1997).Daher soll die vorliegende Forschungsarbeit aufzeigen, welche Rechenwege rund 300Grundschüler(innen) mit welchem Erfolg einschlugen. Dabei sollte bedacht werden, dasseine während der Schulzeit im Klassenzimmer durchgeführte Studie - wie die vorliegende- nicht mehr, aber auch nicht weniger erhellen kann, als die Vorgehensweisen, die dieSchüler(innen) innerhalb der Schule zeigten. Diese können bekanntlich von ihren imAlltag verwendeten Methoden differieren (vgl. Carraher et al. 1987).
Bevor das Design (Abschnitt 2) und Ergebnisse der Studie vorgestellt (Abschnitte 3 bis5) sowie zusammenfassend bewertet werden (Abschnitt 6), sollen im Folgenden wichtigeAspekte des fachdidaktischen Diskussionstands dargestellt werden. Der weiteren Gliederung dieser Arbeit in den Abschnitten 3 bis 5 folgend, wird dabei zunächst auf die verschiedenen Rechenmethoden (1.1), dann auf den Rechenerfolg der Schüler(innen) (1.2)sowie schließlich die Hauptstrategien des halbschriftlichen bzw. mündlichen Rechnens(1.3) eingegangen.
(JMD 21 (2000) H. 2, S. 227-258)
228 C. Selter
1. 1 RechenmethodenTraditionellerweise unterscheidet man in der Mathematikdidaktik drei verschiedene Rechenmethoden: das schriftliche, das halbschriftliche und das mündliche Rechnen (Kopfrechnen) (vgl. Krauthausen 1993). Die schriftlichen Normalverfahren sind bekanntlichdadurch gekennzeichnet, daß Zahlganzheiten in Ziffern zerlegt werden, die dann mit Hilfedes Einspluseins und des Einmaleins gemäß genau definierter Regeln zu verknüpfen sind(mit Ausnahme der Division an der Einerstelle beginnend, d. h. von klein nach groß).
Man kann die schriftlichen Standardalgorithmen auch als Methoden des Ziffernrechnensbezeichnen und sie gegenüber denen des Zahlenrechnens abgrenzen, ein Begriff, der dashalbschriftliche Rechnen (mit Aufzeichnungen unterschiedlicher Ausführlichkeit) und dienicht automatisierten Bereiche des mündlichen Rechnens zusammenfassend charakterisiert. Kennzeichnend hierfür ist generell, daß die Schüler(innen) mit (zerlegten) Zahlganzheiten nach nicht vollständig determinierten Vorgehensweisen operieren (in der Regelbeim größten Stellenwert beginnend, d. h. von groß nach klein; vgl. Selter 1999).
Die Grenzen zwischen mündlichem und halbschriftlichem Rechnen sind fließend. Dashalbschriftliche Rechnen sollte daher nicht primär als Vorstufe der schriftlichen Normalverfahren gesehen werden, sondern sollte sich im Laufe der Zeit zum Kopfrechnen gänzlich ohne bzw. mit nur noch wenigen Notizen weiterentwickeln. Für die Vorgehensweisen der Schüler(innen) beim mündlichen und beim schriftlichen Rechnen soll in dieserArbeit der Begriff Strategien verwendet werden, während beim schriftlichen Rechnenentweder von Algorithmus oder von (Normal-)Veifahren gesprochen wird.
Momentan finden weltweit Diskussionen über den zukünftigen Stellenwert der drei Rechenmethoden statt (vgI. Baroody 1987; Bauer 1998; Beishuizen & Anghileri 1998;Hedren 2000; Krauthausen 1993; McIntosh, Reys & Reys 1992; Nunes & Bryant 1996;Plunkett 1979; Ralston 1997; Sowder 1992; Thompson 1997; Treffers & de Moor 1990;Verschaffel & de Corte 1996). Speziell die zukünftige Bedeutung der schriftlichen Rechenverfahren wird eingehend diskutiert - mit unterschiedlichen Konsequenzen: Sokommt ihnen in den Curricula mancher Länder mittlerweile nur noch eine Randpositionzu (etwa in Dänemark), während in anderen Ländern die Normalverfahren zwar in ihrerBedeutung relativiert werden, aber auch aufgezeigt wird, wie eine (zeitlich ggf. zu reduzierende) Behandlung zu rechtfertigen ist (etwa in Deutschland; vgl. Bauer 1998; Schipper1998a).
Dass die Vormachtstellung der schriftlichen Normalverfahren erschüttert worden ist, hatviele Gründe. Einige davon sind empirischer Natur und seien hier ausschnitthaft angeführt: So scheinen Erwachsene in Alltagssituationen häufig nicht auf die schriftlichenNormalverfahren, sondern aufVorgehensweisen des Zahlenrechnens zurückzugreifen (vgl.z. B. Scribner 1984); auch für die brasilianischen Straßenkinder wird Ähnliches berichtet(vgl. Nunes et al. 1993).
Des weiteren sind Schüler(innen) häufig auch schon vor der Einführung der Standardmethoden in der Lage, Aufgaben mit ihren eigenen Methoden zu lösen (vgl. z. B. Madell1985; Olivier et al. 1990). Mehr als das: Sie scheinen bisweilen sogar eine gewisseImmunität ihnen gegenüber auszuprägen. So war ein Ergebnis der groß angelegten Studievon Hart (1981), dass viele englische Schüler(innen) der Sekundarstufe I dazu neigten,
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 229
nicht die gelehrten Algorithmen zu verwenden, sondern diese entweder zu modifizierenoder durch eigene Vorgehensweisen zu ersetzen (vgl. auch Plunkett 1979). VergleichbareUntersuchungen zum aufgabenbezogenen Wahlverhalten von Grundschüler(inne)n sindallerdings nicht gerade zahlreich.
In den wenigen diesbezüglichen Forschungsberichten (vgl. Carraher et al. 1987; Cooper1996; Thompson 1984; Ruthven 1998) lassen sich in Abhängigkeit von der jeweiligenUnterrichtskultur Unterschiede zwischen einzelnen Klassen sowie im Vergleich verschiedener Schulen feststellen, die auch im Rahmen des im Folgenden beschriebenen Projektszu vermuten sind.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Frage nach geschlechtsspezifischenDifferenzen (vgl. van den Heuvel-Panhuizen & Vermeer 1999). So interviewten Fennemaet al. (1998) 44 Jungen und 38 Mädchen über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg,wobei sie bei Routineaufgaben kaum Differenzen bezüglich der Erfolgsquoten feststellenkonnten, wohl aber Unterschiede im Entscheidungsverhalten. Verkürzt gesagt: Die Mädchen tendierten dazu, die Standardmethoden zu verwenden, während die Jungen häufigerGebrauch von eigenen, nicht algorithmischen Vorgehensweisen machten (vgl. auchThompson & Smith 1999).
Inwieweit eine aufgabenspezifische Wahl der Rechenmethode erfolgt und wie sich diediesbezüglichen Fähigkeiten von Grundschüler(inne)n über einen längeren Zeitraum hinweg entwickeln, ist bislang noch nicht systematisch untersucht worden. Vor dem Hintergrund des bislang Ausgeführten ergeben sich somit für die vorliegende Studie die folgenden Fragestellungen:
Wie häufig werden die drei Rechenmethoden bei Aufgaben zum additiven Rechnen imTausenderraum jeweils eingesetzt? Gibt es eine deutliche Dominanz der schriftlichenVerfahren? Wie hoch ist der Anteil des halbschriftlichen bzw. des mündlichen Rechnens?
Gibt es hierbei rechenart- oder aufgabenspezifische Unterschiede? Wenn ja, könnendiese durch die Eigenschaften der jeweiligen Zahlen erklärt werden? Wenn nein, läßtsich eine fehlende Flexibilität der Schüler(innen) feststellen?
Gibt es Unterschiede im 'Wahlverhalten' einzelner Schüler(innen), Klassen, der beidenGeschlechter?
Welche Entwicklungen sind bezüglich dieser drei Punkte über den Untersuchungszeitraum hinweg zu beobachten?
1.2 Erfolg
Vermutlich noch intensiver als über den Stellenwert der verschiedenen Rechenmethodenwird augenblicklich über Erfolgsquoten des Unterrichts diskutiert. Hier ist die Mathematikdidaktik gefordert, ihre Konzeptionen für den Unterricht in der Primarstufe so zu auszuarbeiten und darzustellen, dass zunehmend deutlich wird, dass dessen Ziele nicht auf denErwerb von Rechenfertigkeiten und auswendig verfügbarem Wissen reduziert werdenkönnen (Stichwort: allgemeine Lernziele).
Bei aller Wichtigkeit dieses Postulats darf allerdings auch nicht vergessen werden, dassdie Qualität von Unterricht freilich nicht nur, aber eben auch daran gemessen wird, ob die
230 C. Selter
Schüler(innen) über diese elementaren Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen. Insofernsoll die vorliegende Untersuchung für den Bereich des Rechnens im Tausenderraum aufzeigen, wie erfolgreich der reale Unterricht ist bzw. wo er nicht die gewünschten Erfolgezeigt.
Zur Beantwortung dieser Fragen existieren sicherlich schon gewisse Anhaltspunkte.Erfolgsquoten der Schüler(innen) beim Rechnen im Zahlenraum bis 1000 (und leichtdarüber hinaus) geben international angelegte Studien wie etwa TIMSS oder auch einzelne mathematikdidaktische Untersuchungen an (z. B. Beishuizen 1997; Cooper 1996;Reys et al. 1995). Ein erstes Beispiel: Eine der TIMSS-Aufgaben für die Grundschulebestand darin, die beiden untereinanderstehenden Zahlen 6000 und 2369 zu subtrahieren(Mullis et al. 1997,68), was die Mehrzahl der Schüler(innen) wohl nicht zuletzt aufgrundder Art der Aufgabendarbietung wohl schriftlich gemacht haben dürfte. Der internationaleDurchschnittswert korrekter Lösungen betrug für Drittklässler 50% und für Viertklässler71% (ebd., 71). Ein zweites Beispiel: Grassmann et al. (2000) legten mehr als 700 deutschen Kindern aus insgesamt 32 Klassen zu Beginn des vierten Schuljahres die Aufgaben123+999 sowie 4012-2002 vor, die von den Schüler(inne)n zu 63% (Plusaufgabe) bzw.70% (Minusaufgabe) korrekt gelöst wurden.
Hier wäre eine breitere empirische Basis im Sinne einer systematisch ausgewählten höheren Aufgabenanzahl wünschenswert. Die vorliegende Studie konzentriert sich daher imGegensatz zu anderen Untersuchungen, bei denen auch eine Reihe von anderen Inhaltenabgetestet wurde, ausschließlich auf das additive Rechnen. Die Schüler(innen) bekamenmehrere Aufgaben gestellt, bei denen das Zahlenmaterial gezielt variiert wurde, so dassmöglicherweise auftretende aufgaben spezifische Unterschiede sichtbar gemacht werdenkönnen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang erneut neben den zu erwartenden Unterschiedenzwischen einzelnen Schüler(inne)n, Klassen und Schulen auch ein Blick auf eventuellvorhandene geschlechtspezifische Differenzen. Wenn auch aufgrund der Literaturlagevermutet werden kann, dass die Wahl der Rechenmethode von Jungen und von Mädchenleicht unterschiedlich getroffen wird (vgl. 1.1), so sind vergleichbare Differenzen bei denAnzahlen jeweiliger korrekter Lösungen nicht unbedingt zu erwarten. Denn eine Reihevon Studien kommt zu dem Schluss, dass bei Aufgaben aus dem normalen Schulstoff dieErfolgsquoten von Jungen und Mädchen in etwa vergleichbar sind, sei es bei schriftlichenTests wie bei TIMSS, wo diese Aussage für die weitaus meisten Länder zutrifft (vgl.Mullis et al. 1997, 36), in Interviewstudien (vgI. Fennema et aI. 1998) oder auch in derÜbersichtsstudie von Richter (1995). Lediglich bei komplexeren, unbekannteren Aufgaben zeigte sich eine leichte Überlegenheit der Jungen (vgl. Fennema et al. 1990).
An die vorliegende Studie lassen sich daher mit Blick auf den Rechenerfolg lassen zusammenfassend die folgenden Fragen formulieren:
Wie erfolgreich rechnen die Schüler(innen) Aufgaben zur Addition und Subtraktion imTausenderraum?
Gibt es hier rechenart- oder aufgabenspezifische Unterschiede?
Sind die Schüler(innen) (auch in Abhängigkeit vom Zahlenmaterial) beim Einsatzbestimmter Rechenmethoden erfolgreicher als bei der Verwendung von anderen? Wer-
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 231
den z. B. beim schriftlichen Rechnen, das ja in der Regel intensiv geübt wird, weniger Fehler begangen, als beim halbschriftlichen Rechnen?
Gibt es Unterschiede in den Erfolgsquoten einzelner Schüler(innen), Klassen, derbeiden Geschlechter?
Welche Entwicklungen sind bezüglich dieser vier Punkte über den Untersuchungszeitraum hinweg zu beobachten?
1.3 Strategien
Der Hauptunterschied zwischen Ziffern- und Zahlenrechnen besteht bekanntermaßendarin, dass i. d. R. für Erstgenanntes eine einzige definierte und einzuhaltene Vorgehensweise vorgegeben wird, während beim Zweitgenannten eine Reihe von verschiedenenWegen eingeschlagen werden kann, die im weiteren Strategien genannt werden sollen.Hiermit wird ein dritter Kristallisationspunkt der aktuellen mathematikdidaktischen Diskussion angesprochen, der mit dem Begriff 'Rechnen auf eigenen Wegen' umrissen werden kann.
Zentral ist hierbei die Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit die Kinder verschiedene Strategien selbst entdecken sollen bzw. können und inwieweit die Lehrperson hiersteuernd eingreifen muss. Klein et al. (1998) haben in einer beachtenswerten Arbeit aufgezeigt, dass die Flexibilität in Klassen, die von Anfang an die Freiheit zugestandenbekamen, ihre eigenen Rechenmethoden zu entwickeln, ungleich größer war als in Klassen, in denen die Strategien gemäß einer vorgegebenen Reihenfolge von der Lehrpersoneingeführt wurden. Zudem zeigten die Schüler(innen) der ersten Gruppe leicht bessereRechenleistungen.
In Anlehnung an Wittmann & Müller (1990, 87f.) und Radatz u. a. (1999, 87ff.) werdendie folgenden Hauptstrategien des Zahlenrechnens unterschieden. Die tatsächlichen Rechenwege der Kinder lassen sich dadurch häufig nur obert1ächlich klassifizieren, da sieungleich komplexer und vielfältiger sein können (vgl. Selter 1998).
Tabelle J: Hauptstrategien des Zahlenrechnens
Addition (Beispiel 527+399) Subtraktion (Beispiel 701-698)
Schrittweise 527+300; +90; +9 701-600;-90;-8
Stellen extra 500+300; 20+90; 7+9; 700-600; 0-90; 1-8;800+110;+16 100-90; -7
Stellen- & Schrittweise 500+300; +27; +90; +9 700-600; +1;-90;-8
Hilfsaufgabe 527+400-1 701-700; +2
Vereinfachen 526+400 700-697
Ergänzen 701-698->698+- =701
Die in der Tab. I angegebenen Beispielrechnungen repräsentieren in der Regel jeweilseine Reihe von verschiedenen Möglichkeiten. Als Strategie 'Schrittweise' beispielsweisewären bei der Aufgabe 527+399 etwa auch folgende Rechenwege denkbar: +9; +90; +300oder +70; +3; +300; +20; +6 oder +300; +9; +70; +20 oder ...
232 C. Selter~~- ------ -------
Die Klassifizierung beruht auf bzw. stimmt weitgehend überein mit den weltweit erzielten Forschungsergebnissen von Fuson et al. (1997; Südafrika und USA), Fuson &Smith (1997; USA), Reys et al. (1995; Japan), Beishuizen (1993 & 1997; Niederlande),Klein (1998; Niederlande), Grassmann (1998; Deutschland), Thompson (1994; England),Carraher et al. (1987; Brasilien), Hengartner (1999, 98-108; Schweiz), Moch6n &Roman (1998; Mexiko) oder Cooper et al. (1996; Australien). Diese Studien sind zwarhäufig auf das Rechnen im Hunderterraum bezogen, aber deren Ergebnisse durchaus auchauf den Zahl raum bis 1000 übertragbar.
In der zitierten Literatur ist es eigentlich unstrittig, dass die beiden erstgenannten Strategien (und deren Variationen) am häufigsten auftauchen und dass die Strategie 'Stellenund Schrittweise' deutlich seltener zu beobachten ist. Eine Ausnahme bildet hier dasProjekt von Thompson & Smith (1999), bei dem diese Strategie bei der Addition amhäufigsten auftrat. Übereinstimmend kann des weiteren konstatiert werden, dass die anderen drei Strategien - auch aufgrund ihrer begrenzten Einsetzbarkeit - vergleichsweiseselten zu beobachten sind.
Einige Untersuchungen führen zu dem Schluss, dass die Strategie 'Schrittweise' insbesondere bei der Subtraktion von den Schüler(inne)n häutiger und mit höherem Erfolgeingesetzt werde als die Strategie 'Stellen extra' (vgl. z. B. Beishuizen 1993 oder Cooper1996). Die Berichte über andere Studien weisen zu Recht darauf, dass allerdings auch dieKonzeption des durchgeführten Unterricht die Wahl der Strategien zwar nicht determinieren, aber doch z. T. wesentlich beeinflussen kann.
So beschreiben Fuson et aI. (1997) ein von vier Forschergruppen unterschiedlicher Länder gemeinsam betriebenes Projekt. Eines der Hauptergebnisse lautete, dass neben demschriftlichen Rechnen die beiden erstgenannten Strategien am häufigsten zu beobachtenwaren, wobei abhängig von der jeweiligen Projektphilosophie und den unterrichtlichenAusgestaltungen entweder ganz bestimmte Strategien von den Schüler(inne)n favorisiertwurden - so gab es Klassen, bei denen fast ausschließlich 'Schrittweise' oder 'Stellenextra' auftauchte - oder diese flexibel zwischen unterschiedlichen Strategien wechselten.
Für die vorliegende Studie lassen sich aus dem Ausführungen dieses Abschnitts folgendeHauptfragestellungen ableiten:
Welche Rechenstrategien verwenden die Schüler(innen) wie häufig? Tauchen in denLösungen auch Strategien auf, die im Unterricht nicht oder nur am Rande behandeltwurden? Oder werden nur diejenigen zum Einsatz gebracht, die auch im Unterrichtthematisiert worden sind?
Sind die Hauptstrategien 'Stellenwerte extra' oder 'Schrittweise' auch bei solchenAufgaben dominant, die man aus der Erwachsenenperspektive auf andere Weise vielleichter berechnen könnte? Wechseln die Schüler(innen) also beim Zahlenrechnenzwischen verschiedenen Strategien hin und her oder vertrauen sie auf ihr 'Normalverfahren' des Zahlenrechnens?
Gibt es Unterschiede in den Vorgehensweisen einzelner Schüler(innen), Klassen, derbeiden Geschlechter?
Welche Entwicklungen sind bezüglich dieser drei Punkte über den Untersuchungszeitraum hinweg zu beobachten?
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 233
2 Design und Rahmenbedingungen
2.1 Überblick
Zur Beantwortung im Abschnitt I aufgeworfenen Fragen wurde im Verlauf des Jahres1999 eine Studie mit 298 Schüler(inne)n durchgeführt, die zwei Besonderheiten aufwies:
Drei Messpunkte: Die Schüler(innen) bekamen die Aufgaben nicht nur einmal, sondernzu drei verschiedenen Zeitpunkten vorgelegt: im Februar des dritten Schuljahres, bevor inden beteiligten Klassen die Normalverfahren der schriftlichen Addition und Subtraktionbehandelt worden waren, im Juni, nachdem dieses der Fall gewesen war, sowie im Oktober des 4. Schuljahres nach den Sommerferien.
Zwei Erhebungsmethoden. Alle Schüler(innen) bekamen die insgesamt 12 Aufgabenjeweils in Form eines Rechentests während der normalen Unterrichtszeit vorgelegt. Darüber hinaus wurde eine Auswahl von 36 Schüler(inne)n getroffen, die dieselben Aufgabenan einem der darauffolgenden Tage im Rahmen eines Einzelinterviews nochmals bearbeiteten und dazu befragt wurden. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf die Ergebnisse des schriftlichen Tests und deren Analyse. Die Ergebnisse der Interviewstudie werdenin Selter (i. V.) gesondert beschrieben.
2.2 Die Aufgaben
Es wurden sechs Aufgaben zur Addition und sechs zur Subtraktion im Tausenderraumausgewählt. Natürlich existieren weitere Möglichkeiten, das Zahlenmaterial und die Aufgabenanforderungen sinnvoll zusammenzustellen. Bewusst wurden keine Textaufgabengestellt, zum einen um den Schüler(inne)n zu ermöglichen, sich auf die Rechenaufgabezu konzentrieren, zum anderen, um die Auswertung zu erleichtern.
Tabelle 2: Die Aufgaben
Aufgabe Mögliche Strategie geschickten Rechnens 'Überträge'
527+399 Hilfsaufgabe (+400; -I) 2
199+198 Hilfsaufgabe (verschiedene Möglichkeiten) 2
250+279+250 Zusammenfassen (250 und 250) 1
119+120+121 Zusammenfassen (119+121) oder Ausgleichen (3·120) I
286+437 Keine 2
345+634 Keine 0
845-399 Hilfsaufgabe (-400; +1) 2
649-347 Teilaufgabe (49-47; ggf. ergänzen: 47+_=49) 0
701-698 Ergänzen (698+__=701) oder Hilfsaufgabe (-700; +2) 2
610-590 Ergänzen oder Hilfsaufgabe 1
836-567 Keine 2
758-515 Keine 0
Die Auswahl wurde - auch beeinflusst durch Erkenntnisse einer Pilotstudie (Selter 2000)- so getroffen, dass bei jeweils vier Aufgaben die Anwendung einer Strategie geschickten
234 C. Selter
119 + 120 + 121 =
Abbildung J: Eine Testaufgabe
Rechens nahelag (zumindest aus der Sicht geübter Rechner) bzw. prinzipiell möglichwar, während deren Verwendung bei jeweils zwei Aufgaben als nicht sinnvoll erschien.Letztere wurden so konstruiert, dass davon bei je einer Aufgabe kein 'Übertrag' bzw. zwei'Überträge' auftrat(en). Die Tab. 2 zeigt auf, welche Strategie geschickten Rechnens indas Aufgabenmaterial hineingelegt wurde bzw. wie viele 'Überträge' die Aufgabe jeweilsenthielt. In Ergänzung zu den Ausführungen des Abschnitts 1.3 wurde mit dem Zusammenfassen zweier Summanden (innerhalb einer Dreiersumme) eine weitere Vorgehensweise hinzugenommen.
2.3 Die Tests
Wie bereits erwähnt, haben sämtlicheSchüler(innen) - sofern sie nicht erkranktwaren oder zwischendurch verzogen sind an allen drei Terminen die Aufgaben imRahmen eines Klassentests bearbeitet.Durch Variation der Aufgabenreihenfolgewurden vier Testversionen erzeugt, ummöglicherweise auftretendem Abschauenvorzubeugen und um zu verhindern, dassdie immer gleiche Stellung einer bestimm-ten Aufgabe in einer Folge von Aufgaben(z. B. immer am Ende des Tests) das Unter-suchungsergebnis beeinflusst.
Jeweils sechs Plus- bzw. Minusaufgaben befanden sich auf einem DIN-A 4-Blatt; je zweiTestversionen begannen mit den Additions- bzw. den Subtraktionsaufgaben. Die SchüIer(innen) sollten auf jeden Fall hinter die AufgabensteIlung das Ergebnis eintragen.Ihnen wurde bewusst freigestellt, wie sie die Aufgaben rechneten und was sie ggf. aufschrieben. Hierzu befand sich unterhalb jeder Aufgabe genügend Platz, den sie nutzenkonnten (vgl. Abb. 1).
Der Test wurde gemäß einheitlicher Richtlinien von Hochschulpersonal durchgeführt. DieMathematiklehrerinnen der Klassen waren in der Regel bei der Durchführung anwesend,durften aber nicht eingreifen. Vorgesehen war für die Durchführung des Tests jeweils eineSchulstunde. Denjenigen Schüler(inne)n, die zur Aufgabenlösung mehr Zeit benötigten,wurde diese Zeit auch jeweils gegeben; diejenigen, die früher fertig waren, beschäftigtensich derweil still.
2.4 Rahmenbedingungen
Die sechs beteiligten Schulen wurden von der Schulaufsicht unter der Maßgabe ausgewählt, einen Querschnitt durch den Schulaufsichtsbezirk darzustellen. Mit der Auswahlder Schulen und der Schüler(innen) ist also kein strenger Anspruch auf Repräsentativitätverbunden. Um diese anzustreben, hätten ohnehin Mittel finanzieller und personeller Artin Dimensionen zur Verfügung stehen müssen, die der Mathematikdidaktik normalerweise nicht zugebilligt werden. Unabhängig davon ist es für mich ohnehin eine offene Frage,welche Kriterien hierbei berücksichtigt werden können bzw. sollten und welche unbe-
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 235
rücksichtigt bleiben müssen, weil sie schwer oder nicht redlich zu erheben sind, obwohlsie doch von eminenter Bedeutung sind (z. B. die Qualität des Mathematikunterrichts derLehrperson).
An der vorliegenden Untersuchung nahmen allerdings immerhin rund 300 Kinder teil, sodass sich durchaus aufschlussreiche Tendenzen erkennen lassen. Solche quantitativenFallstudien, bei denen eine größere Anzahl von Schüler(inne)n als Fall betrachtet wird,dessen Analyse gewisse Grundmuster hervortreten lässt, sind bei der Erforschung desmathematischen Denkens von Kindern m. E. momentan etwas unterrepräsentiert.
Von jeder Schule waren zwei Parallelklassen beteiligt. Der Unterricht orientierte sichnach Auskunft der Lehrerinnen überwiegend an den verwendeten Schulbüchern (jeweilsbaden-württembergische Ausgabe) multi (1995; Konkordia; 6 Klassen), Nußknacker(1992; Klett; 2), Mathematik (1996; Mildenberger; 2) und Mathematik Grundschule(1996; Cornelsen; 2). Eine ausführliche Analyse dieser Schulbücher würde den Rahmendieses Beitrags sprengen. Eine kritisch-reflektierte Begleitung und detaillierte Beschreibung des durchgeführten Unterrichts war im Rahmen des Projekts aus kapazitären Gründen nicht leistbar.
Gleichwohl lässt sich konstatieren: Schaut man sich die Anforderungen der Bücher imBereich des Zahlenrechnens an, so geht es in der Regel zunächst um die Addition bzw.Subtraktion glatter Hunderter-Zehner-Zahlen (z. B. 600+/-200 oder 400+/-70 oder 320+/240). Treten auch Einer auf, so sind in der Regel keine 'Überträge' zu machen (857+/-30),oder es handelt sich um Aufgaben des Typs 532+/-5. Bei den dann folgenden schwierigeren Aufgaben wird in allen Büchern als dominierende Strategie des Zahlenrechnens dieStrategie 'Schrittweise' thematisiert (vgl. 1.3). Diese wird dabei in der Regel entweder sobehandelt, dass zum nächsten Hunderter bzw. Zehner und von dort aus weiter zu rechnenist (Stichwort Operatormodell; z. B. 340+190->340+60; + 130) oder dass zunächst dieHunderter, dann die Zehner, dann die Einer zu verrechnen sind.
Die Strategie 'Stellen extra' taucht in 3 von 4 Büchern am Rande auf, jedoch ausschließlich für die Addition! Das 'Ergänzen' und die Strategie 'Hilfsautgabe' werden ebenfallsnur kurz erwähnt, die Mischform 'Stellen- und Schrittweise' sowie das 'Vereinfachen'überhaupt nicht. Generell dominiert das Vorgehen, dass die Schüler(innen) im Anschlussan die Besprechung einer oder zweier Musteraufgaben weitere Aufgaben gemäß der vorgemachten Strategie rechnen sollen.
Die Lehrerinnen verwendeten nach eigener Auskunft etwa doppelt so viel Unterrichtszeitfür das schriftliche wie für das halbschriftliche und mündliche Rechnen im Tausenderraum, was auch die in den Schulbüchern vorgesehene Schwerpunktsetzung zum Ausdruckbringt. Cum grano salis lässt sich sagen, dass dort zunächst das mündliche, dann dashalbschriftliche und schließlich das schriftliche Rechnen thematisiert werden.
Somit kann festgehalten werden, dass zum ersten Messpunkt im Februar das mündlicheund das halbschriftliche Rechnen mehr oder weniger vollständig behandelt worden waren.Im Juni war das Pensum des schriftlichen Rechens absolviert worden. Zu Beginn des 4.Schuljahrs erfolgte in den meisten Klassen eine recht kurze Wiederholung des halbschriftlichen und schriftlichen Rechnens.
Im folgenden Abschnitt soll nun zunächst dargestellt werden, welche Rechenmethoden dieSchüler(innen) verwendeten, um die 12 Aufgaben zu lösen.
236
3 Rechenmethoden
C. Selter
Zunächst einmal wurden die Aufgabenbearbeitungen danach kategorisiert, ob die Kinderdas schriftliche Normalverfahren, eine halbschriftliche Strategie, eine Kopfrechenstrategieoder Mischformen dieser Vorgehensweisen benutzten. Als Mischformen wurden diejenigen Rechnungen codiert, bei denen die Schüler(innen) erkennbar zwei Rechenmethodenzur Lösung einer Aufgabe verwendeten, also z. B. zunächst zwei Zahlen schriftlich addierten und dann die dritte im Kopf hinzurechneten. Als halbschriftliches Rechnen wurdendiejenigen Lösungen klassifiziert, bei denen Gleichungen notiert wurden, als Kopfrechnendiejenigen, bei denen keine Rechnung auf dem Aufgabenblatt ersichtlich war.
Für die Lösungen, die überwiegend im Kopf erfolgten, bei denen die Schüler(innen) sichjedoch Zwischenresultate oder noch zu verarbeitende Teiloperanden als Merkzahlen notierten, wurde eine eigene Auswertungskategorie vorgesehen. Die Anzahl der hier einzusortierenden Lösungen erwies sich aber als so verschwindend gering, dass diese schließlichder Kategorie Kopfrechnen zugeschlagen wurden. Die Kodierung als schriftliches Normalverfahren erfolgte in den weitaus meisten Fäl1en problemlos; zu erwähnen ist lediglich, dass bei der Subtraktion - in der Regel bei nicht in Deutschland geborenen Kindern- beobachtet werden konnte, dass nicht eines der in Deutschland üblichen Normverfahren(Erweitern bzw. Ergänzen (Auffüllen» zur Anwendung gebracht wurde, sondern das Enthündelungsverfahren ('Borgen'). Die entsprechende Anzahl war allerdings sehr klein, sodass diese Lösungen nicht gesondert aufgeführt wurden. Es zeigt sich aber, dass mancheKinder - aus welchen Gründen auch immer - sich offensichtlich als 'resistent' gegenüberder schulischen Einführung des Standardverfahrens erwiesen.
Natürlich ist nicht auszuschließen, dass die Schüler(innen) auch bei den als Kopfrechnenklassifizierten Lösungen den schriftlichen Standardalgorithmus im Kopf zur Anwendungbrachten, ohne die Zahlen nochmals untereinander zu notieren, was insbesondere für dieAufgaben 'ohne Übertrag' keine abwegige Vermutung ist. Erste Tendenzen der Auswertung der ebenfalls durchgeführten Interviews, bei denen in solchen Fällen konkret nachgefragt werden konnte, lassen allerdings die Vermutung zu, dass dieses im Rahmen derTests nicht sehr häufig der Fall war (vgl. Selter i. V.).
Im Folgenden soll nun beschreiben werden, welcher Anteil der Schüler(innen) jeweilsmündlich, halbschriftlich oder schriftlich rechnete bzw. eine Mischform zu Anwendungbrachte und wie sich deren Wahlverhalten bei den Additions- und den Subtraktionsaufgaben über den Untersuchungszeitraum hinweg veränderte.
3.1 Unterschiedliche Zeitpunkte
Das Diagramm I verdeutlicht, dass die schriftlichen Normalverfahren (schwarz) nach ihrerEinführung - wie auch nicht anders zu erwarten war - die im Juni bzw. im Oktober amhäufigsten genutzte Rechenmethode darstellten (zwischen 53% und 60%). Das halbschriftliche Rechnen (grau) verschwand fast vollständig (i. d. R. weniger als 10 %), während das Kopfrechnen (weiß) weiterhin zu einem vergleichsweise hohen Anteil verwendetwurde (nahezu 1/3; vgl. auch Selter 2000, 55). Angesichts des deutlich höheren Zeitaufwands, der dem schriftlichen Rechnen im Unterricht zukam, ist es zweifelsohne erstaunlich, dass das Zahlenrechnen, insbesondere das Kopfrechnen, doch recht häufig verwendetwurde.
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 237
Diagramm 1: Anteil der Rechenmethoden zu unterschiedlichen Zeitpunkten
Feb·Plus Feb-Minus Junt-Plus Junl·Minus Okt·Plus Okt-Minus
! CKopf mhalbschr. • schriftlich CMischform
Auffällig ist ebenfalls, dass es keine großen Unterschiede zwischen der Addition und derSubtraktion gab. Allerdings ist zu konstatieren, dass bei den Minusaufgaben immereinige Prozent weniger Kopfrechenlösungen sowie im Gegenzug etwas mehr halbschriftliches (Februar und Juni) sowie schriftliches Rechnen (Oktober) zu beobachten war(en).
Berücksichtigt man des weiteren, dass in den als Mischformen kodierten Lösungen ebenfalls nicht unerhebliche Anteile des schriftlichen Rechnens enthalten sind, so kann mandem Diagramm (vgl. jeweils auch die Tab. im Anhang) das nicht überraschende, gleichwohl interessante Ergebnis entnehmen, dass ein nicht geringer Prozentsatz der Kinder imFebruar bereits schriftlich rechnete, bevor die Verfahren eingeführt worden waren (mögliche Gründe: Wiederholer, Einfluss von Eltern oder älteren Geschwistern, ... ).
Es muss zunächst offen bleiben, ob das Vorgehen der Schüler(innen) nach Einführung <:b'Algorithmen tatsächlich inflexibler und schematischer wurde, wie man eventuell angesichts der deutlich zugenommenen Häufigkelten des schriftlichen Rechnens vermutenkönnte. Eine genauere Analyse der Rechenstrategien in Abschnitt 5 wird einen Beitragzur Beantwortung der Frage liefern, ob die unterrichtliche Behandlung der schriftlichenStandardverfahren zu einer Verdrängung von geschickten, flexiblen Strategien des Zahlenrechnens oder lediglich zu einer Ablösung von 'Normalverfahren' des halbschriftlichenbzw. mündlichen Rechnens führte.
3.2 Unterschiedliche Aufgaben
Die Werte in Diagramm I sind Durchschnittswerte für die Gesamtheit der Plus- bzw. derMinusaufgaben. Vor dem Hintergrund der Aufgabenauswahl ist es interessant, die Verteilung der Rechenmethoden bei den einzelnen Aufgaben zu analysieren. Möglicherweise
238 C. Selter
wurde ja die Aufgabe 701-698 von vergleichsweise vielen Schüler(inne)n im Kopf gerechnet. während bei 836-567 nahezu alle schriftlich rechneten. Die Auswenung jedochergibt zu allen drei Messpunkten ein an diesen Erwanungen gemessen relativ stabilesWahlmuster über die einzelnen Aufgaben hinweg. Dieses soll am Beispiel der Methodenwahl der Schiller(innen) im Oktober illustrien werden (vgl. für ähnliche Aufgabenauch Seher 2000.55).
Zu den Messzeitpunkten im Februar und im Juni ergaben sich vergleichbare Stabilitätenim Entscheidungsverhalten. Die Daten aus dem Oktober werden hier und auch im Weiteren häufigerexemplarisch herangezogen,da sie mit einer gewissen zeitlichen Distanz zurEinführungder schriftlichen Normalverfahren erhoben wordensind und somit das authcntischste Bild von den mittelfristigenLernerfolgen der Schüler(innen)geben kann.
Diagramm 2: Anteilder Rechenmethoden bei den einzelnen Plusaufgoben im Oktober
100'4
110'4
80'4
70'4
80'4
30'4
20'"'"
tO"JI.
527.31111 250.3711.250 1111.120"2'
DKopf chalbschrifllich .schrtltlrch aMischlorm
'Ilil. '1l8
Natürlich sollen nicht sämtliche Unterschiede wegdiskutiert werden. Die Aufgabe345+634 (kein Übertrag) wurde von 40% der Kinder im Kopf gerechnet. während es bei537+399 (zwei Überträge) 31.7 % waren. Auch bei den Minusaufgaben (vgl. Diagramm3) gab es Unterschiede. die größten zwischen 845-399 (26.7 % im Kopf) und 610-5«:10(40.5 % im Kopf).
Aber im Großen und Ganzen ist die Streuung um den aus dem Diagramm I ersichtlichenWen für die einzelnen Aufgaben nicht so hoch wie erwartet. Die Schüler(innen) entschieden also offensichtlich nicht aufgabenspezifisch. welche Rechenmethode sie verwendeten.sondern es finden sich annähernd gleiche Verteilungen, Das bedeutet zum Beispiel auch.dass mehr als die Hälfte der Kinder selbst Aufgaben wie 701-698. 845-3«:1«:1. 527+399oder 250+379+250 schriftlich rechnete.
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 239
Diagramm 3: Anteil der Rechenmethoden bei den einzelnen Minusaufgaben im Oktober
100%
90%
80%
70%
80%
50%
.0%
30%
2O'lC,
10%
0%
70 Hl98
I 0 Kopf • halbschriftlich • schriftlich • Mischfoon
Keine derjenigen Aufgaben, in die eine Strategie 'geschickten Rechnens' hineingelegtworden war (vgl, 2.2), wurde von mehr als 40% der Kinder im Kopf bzw. von mehr alsI0 ~'o von ihnen halbschriftlich gerechnet. Lediglich bei den Aufgaben 119+ 120' 121bzw. 61{}-590 liegt der Anteil des schriftlichen Rechnens im Oktober - also mit einwenig zeitlicher Distanz zur Behandlung der Normalverfahren - knapp unter 50%.
Darüber wie diejenigen Kinder dachten, die im Kopf gerechnet haben. kann man freilichnur spekulieren. Hier stößt man an die Grenzen dessen. was die Durchführung undAuswertung eines schriftlichen Tests leisten kann. Allerdings können wenigstens diehalbschriftlichen Lösungen daraufhin analysiert werden. welche Rechenstrategien genutzt wurden - im speziellen. ob hierbei die in die Aufgaben hineingelegten Strategienzur Anwendung gebracht wurden (vgl. Abschnitt 5).
3.3 Unterschiedliche Schüler(innen) und Klassen
Zu beantworten ist auch die Frage, ob die annähernd gleiche Verteilung der Rechenmethoden in der Schüler(innen)gruppe auf zufällige Ausgleichsprozesse oder auf StabilitätIm Vorgehen der einzelnen Schüler(innen) zurückzuführen ist. Anders gefragt: Wechselten die Schülertinnen) aufgabenbezogen oder tendierten sie dazu, stets bei ihrer,Standardmethode , zu bleiben? Diese Frage soll exemplarisch am Beispiel der Teiluntersuchung im Oktober beantwortet werden. Vergleichbare 'Stabilitätstendenzen' ließenSich auch im Juni und im Februar beobachten, wenngleich an diesem Termin natürlichdie Werte für das schriftliche Rechnen aus naheliegenden Gründen wesentlich niedrigerausfielen.
240-------------_.-
Tabelle 3: Methodenwahl im Oktober
Plusaufgaben Minusaufgaben
Gesamtzahl SchOler(innen) 260 260
nur schriftlich 111 112
nur mündlich 69 61
nur halbschriftlich 14 12
einmal anders 20 32
sonstiges 46 43
C. Selter
Ausgehend von dem bisher Gesagten überraschtes nicht unbedingt. dass sich eine deutliche Stabilität im Lösungsverhalten zeigt Nahezu 3/4 der Schüler(innen) ging alle sechsPlus- bzw. alle sechs Minusaufgaben mit derselben Rechenmethode an (vgl. Tab. 3):Rund 43% der SchOler(innen) rechneten jeweils sämtliche sechs Aufgaben schriftlich.etwa 1/4 wählten ausschließlich das Kopfrechnen. Zählt man hier noch die Anzahl derjenigen Schüler(innen) hinzu. die genau einmal bei sechs Aufgaben eine andere Methodeals ihre Standardmethodeverwendeten, so erhöht sich derAnteil der 'stabilen Rechner' garauf rund 5/6. Nimmt man die Gesamtheit aller 12 Aufgaben in den. Blick (ohne Tab.), solöste im Oktober jedes drille Kind (34.2%) sämtliche Aufgaben mit derselben Methode(davon rechneten 61 Schüler(innen) nur schriftlich. 2S nur im Kopf und 3 nur halbschriftlichj.Weitere 7.3% vcrwc:ndeten genau einmal eine andere Methode. Darüber hinaus ließen sich auch reehenertspezitiscbe Festlegengen beobachten: Nahezu 20% der Schülcr(innen) verwendeten konsequent für alle Plusaufgaben eine Methode und für sämtlicheMinusaufgaben eine andere.
Diagramm 4: Klassenweise Verteilung der Rechenmethoden im Okiober
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 241
Bezüglich der Häufigkeitsverteilungen der verschiedenen Rechenmethoden innerhalb cb'12 beteiligten Klassen ergeben sich häufig keine nennenswerten Unterschiede. Vergleichtman aber einzelne Klassen. so stößt man schon auf die erwarteten, z: T. betrachthebenUnterschiede. Im Diagramm 4 sind im übrigen jeweils zwei aufeinandcrfolgende Klassenderselben Schule zugehörig;allerdings handelt es sich um unterschiedliche Lehrpersonen.
So gab es im Oktober Klassen. in denen knapp 20% der Aufgaben im Kopf gerechnetwurde. allerdings auch eine andere. in derder Kopfrechenanteil 60% betrug. In manchenKlassen wurden 20% der Aufgabenhalbschriftlich bearbeitet, in zwei anderen keine einzige! Ähnliches trifft auch für das schriftliche Rechnen zu: Hier reichte die Spanne von25% bis zu mehr als 70%.
3.4 ~1äd(hen und JungenBeider Auswertungdes Entscheidungsverhahens der im übrigen etwa zu gleichen Anteilen beteiligten Jungen und Mädchen lassen sich durchaus nicht unerwartete Tendenzenfeststellen, insbesondere nach der Einführung der schriftlichen Normalverfahren (vgl.Diagramm 5). Während im Februar allenfalls auffällt. dass die Mädchen 5% wenigerhalbschriftliche und im Gegenzug 5% mehr schriftliche Lösungen angaben. ist für dasKopfrechnen im Juni und im Oktober ein deutlicher Unterschied zu konstatieren. denn eslassen sich in dieser Kategorie 18.6% bzw, 16,4% mehr Rechnungen bei den Jungenverorten. Dieser Wen wird bei den Mädchen im Juni im wesentlichen durch einen höhercn Prozentsatz schriftlicher. im Oktober etwa zu gleichen Teilen schriftlicher und halbschriftlicher Rechenwegeausgeglichen.
Diagramm 5: Verteilung der Rechenmethoden bei Jungen und Mädchen
0'Y0 --- .....
Fet>-m (N.I38) Fet>-w (N.l32) Jum-m(N.152)
Junl'w Okl·m (N.129) Okl·w (N.'31)(N.l'3)
C Kopf ahalbschrifllich .schriftlich aMIschform
242
4 Erfolg
C. Selter
4. 1 Unterscbiedlicbe ZeitpunkteDie Tab. 4 gibl an. wie viel Prozent der Aufgaben zu den drei Zeitpunkten jeweils korrekt gelöst wurden. Bei den Plus- und den Minusaufgaben läßl sich von Februar bis Oktobet jeweils eine Zunahme von etwas mehr als 20 % konstatieren. Ein recht stabile,Unterschied von ebenfalls rund 20 % ergab sich im Vergleich derErfolgsquoten der Plusund der Minusaufgaben. Außerdem ist festzuhalten. dass zusammengenommen etwa 3/~
der Aufgabenzum additiven Rechnen im TausenderTaum zu Beginn des vierten Schuljahres korrekt bearbeitet wurden (vgl. auch Selter 2000. 55).
Tabelle4: Prozentsar: korrekterLasungen gesamt
Februar Juni Oktober
Plus 61.6 % 78.3 % 82.8 %
Minus 41.2 % 57.5 % 64.4 %
Dass allerdings im Februar nur knapp 60% (Plusaufgaben) bzw. 40% der Aufgaben (Mi·nusaufgaben) mit richtigem Resultat gelöst wurden. obwohl das mündliche und das halbschriftliche Rechnen zu diesem Zeitpunkt thematisiert worden war. iSI sicherlich keirzufriedenstellendes Resultat. Neben Defiziten der didaktischen Konzeptionen mögenGründe hierfür auch in der für eine Reihe von Schüler(inne)n begrenzten Einsetzbarkeildes mündlichen bzw. halbschriftlichen Rechncns liegen.
".2 Unterschiedliche Aufgaben
Auch bei der Analyseder Diagramme 6 und 7 wird deutlich, dass einzelne Aufgaben dct1Schülertinnejn im Februar erhebliche Schwierigkeiten machten.
Diagramm 6: Anteil korrekter Losungen bei den einzelnen Plusaufgaben
100'"
a Februar a Juni .Oklober
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 243
So löste nur knapp bzw, etwas mehr als die Hälfte der Schüler(innen) Plusaufgaben richtig, bei denen zwei 'Überträge' zu machen waren. Auch bei den Minusaufgahen war dieserAufgabentyp problematisch: Nur 16.1% (26.2%) korrekter Lösungen bei der Aufgabe845-399 (836-567) fallen gegenüber den Werten bei den Aufgaben 701-698 sowie610-590 ein wenig und gegenüberden anderen beiden Aufgaben 'ohne Überträge' deutlichab. bei denen jeweils mehr als 60% korrekter Resultate erzielt wurden.
Im Juni ist bei den Plusaufgaben mit zwei .Übenragen, sowie bei 119+120+121 eindeutlicher Zuwachs von fast 20% bis zu 27.5% (bei 199+198) zu verzeichnen. Differenzierter fallen hier die Steigerungsraten bei der Subtraktion aus; sie reichen von 35.1%(bei 845-399) bis hinunter zu 4.6% (bei 610-590).
Analysiert man die Resultate im Oktober (vgl. ähnlich auch Scher 2000. 55). so falltauf. dass es zwar nach den Ferien keinen Rückschritt. aber zumindest bei der Aufgabe199+198 auch keinen Fonschrill mehr gab. Bei den anderen Aufgaben gab es im Vergleich zum Juni leichte Zuwachse der Erfolgsquoten von in der Regel wenig mehr als5%. Außerdem ist zu konstatieren. dass bei drei derjenigen Aufgaben. bei denen einegeschickte Rechenstrategie möglich war. der Prozentsatz korrekter Lösungen im Oktoberrecht niedrig lag: Lediglich 48% lösten 701-698 korrekt. nur 54% 845-399 und kaummehr als 60% 610-590. Vergleichbares lässt sich auch bei der Addition beobachten.
Diagramm 7: Anteil korrekter Losungen bei den einzelnen Mill/lsCl/lfgClbm
649-347758-515
••••
836-56761()-590845-399
100%
~...
ao~'.
7~;'
60%
5~
4~
30%
20"...
10"....
~"701-698
D Februar .Junl .Oktober
Schließlich bleibt noch festzuhalten. dass sich bei den Plusaufgaben die Erfolgsquotezwischen 76% und 91% einpendelte. während bei den Minusaufgaben doch größere Unterschiede (48% bis 84%) zu verzeichnen waren.
244 C. Selter
4.3 Unterschiedliche Schulen und Schüler(innen)
Wie erwartet gab es Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen und den einzelnenSchüler(inne)n (ohne Tab.): Beim Oktober-Test beispielsweise gab es zwar insgesamt 31(56; 38) Schüler(innen), die zwölf (elf; zehn) Aufgaben korrekt hatten, aber auch 1 (2; I;6) Kinder, die lediglich 0 (1; 2; 3) richtige(s) Ergebnis(se) notierten. Interessant ist sicherlich, dass der im Februar zu konstatierende Unterschied in den Erfolgsquoten eheinzelnen Schulen (zwischen 46% und 60%) im Oktober deutlich kleiner wurde (zwischen70,5% und 75,5%).
4.4 ~ädchen und Jungen
Zusammenfassend kann gesagt werden (vgl. Tab. 5), dass die Mädchen bei Plusaufgabenetwas besser abschnitten, die Jungen bei den Minusaufgaben. Insgesamt lassen sich jedoch für die Erfolgsquoten insbesondere im Oktober keine nennenswerten geschlechtsspezifischen Unterschiede ausmachen. Das ist vor dem Hintergrund interessant, dass sich inAbschnitt 3.4 zeigte, dass die Mädchen geringfügig häufiger dazu neigten, die Normalverfahren zu nutzen, während die Jungen mehr im Kopf rechneten.
Tabelle 5: Erfolgsquoten der Mädchen und der Jungen
Mädchen Jungen
Februar 48,9% 51,4%
Juni 69,6% 66,6%
Oktober 73,9% 73,4%
4.5 Unterschiedliche Rechenmethoden
Die Tab. 6 zeigt abschließend für jede der drei Rechenmethoden auf, wieviel Prozent ehBearbeitungen der Plus- bzw. der Minusaufgaben im Oktober jeweils korrekt waren (vgl.auch Selter 2000, 56). Da die Methoden unterschiedlich oft zum Einsatz gebracht wurden,ist die entsprechende Anzahl jeweils in Klammern hinzugefügt worden. Es zeigt sich einerecht hohe Sicherheit beim schriftlichen Rechnen; mit jeweils rund lO%igen Abstandfolgen die Werte für das mündliche bzw. das halbschriftliche Rechnen. Lediglich bei ehhalbschriftlichen Subtraktion kommt es zu einem deutlichen Einbruch.
Tabelle 6: Erfolgsquoten der Rechenmethoden
Plusaufgaben Minusaufgabenmündlich 78,4 % (von 552) 61,6 % (von 511)halbschriftlich 77,6 % (von 125) 36,4 % (von 131)schriftlich 88,9 % (von 830) 71,2 % (von 874)
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 245
5 Strategien
Die Angaben dieses Abschnitts beziehen sich auf die halbschriftlichen bzw. die wenige:mündlichen Rechenwege. In Kap. 3.1 ist bereits deutlich geworden, dass das Zahlenrechnen zwar im Februar von mehr als 1/3 der Kinder genutzt wurde, zu den anderen beiderMesspunkten jedoch von weniger als 10% aller Schüler(innen). Wie die rund 30% OeKinder vorgingen, die im Kopf rechneten und keine Notizen hinterließen, kann natürlielnicht gesagt werden. Prinzipiell exisitieren hier zwei Möglichkeiten: Entweder findet sieldie Häufigkeitsverteilung der halbschriftlichen Strategien so ähnlich auch im Bereich demündlichen Rechnens wider (s.o.) oder die hohe Anzahl der Kopfrechenlösungen kamdadurcherklärt werden, dass die Schüler(innen) geschickt vorgingen, z. B. also 701-69ldurch Ergänzen im Kopf lösten und verständlicherweise keinen Grund sahen, das auelnoch schriftlich zu fixieren (vgl. hierzu Selter i. V.). Zumindest das häufige Auftreten deResultats 197 bei der Aufgabe 701-698 könnte für die erstgenannte Möglichkeit spreehen.
Alle Lösungen, bei denen begründet auf die verwendete Strategie des Zahlenrechnen.geschlossen werden konnte, wurden wie aus der Tabelle 7 ersichtlich kodiert. Dabei stehen die angegebenen Beispiele stellvertretendfür mögliche Rechenwege, die in die jeweilige Kategorie fallen (vgl. Abschnitt 1.3; Unterschiede in den Resultaten im Vergleiclzur Pilotstudie (Selter 2000) sind im übrigen nicht nur durch andere Zahlenwerte, sonderrim wesentlichen durch eine leicht unterschiedliche Kodierungzu erklären).
Tabelle 7: Zur Kodierung der Strategien
Strategie ErläuterungStellen extra, sämtliche 'Stellenwerte' einzeln, z. B. 345+634->300+600; 40+30; 5+4; 900+70; +9Version I
Stellen extra, s.o., aber Zehner und Einer oder Hunderter und Zehner in einem Schritt, z. B.Version 2 300+600;45+34;900+79
Schrittweise, sämtliche 'Stellenwerte' schrittweise, z. B. 345+600; +30; +4Version I
Schrittweise, s.o., aber Zehner und Einer oder Hunderter und Zehner in einem Schritt, z. B.Version 2 345+600;+34
Stellen- und Mischform, z. B. 300+600; +45; +34schrittweise
Hilfsaufgabe z. B. 845-399 ->845--400; +1
Ergänzen z. B. 845-399 -c- 399+ ? =845
Vereinfachen z. B. 845-399 -> 846--400
Zusammenfas- z. B. 250+379+250 -> 500+379sen
Bewusst wurden dabei die Strategien 'Stellen extra' und 'Schrittweise' danach unterschieden, ob die Schüler(innen) sämtliche 'Stellenwerte' einzeln berücksichtigten (Version I;oder zwei von ihnen zusammenfassten (Version 2). Selbstverständlich ist es in diesemFall möglich, dass in letztgenanntem Fall die Berechnung trotzdem getrennt nach Stellenwerten erfolgte und die Zusammenfassung lediglich in der Schreibfigur erfolgte. Esbestand jedoch aus naheliegenden Gründen keine andere Möglichkeit, als die Kodierungauf die Schreibfiguren der Kinder zu beziehen. Wir begegnen hier dem generellen Pro-
246 C. Selter
blem, dass schriftliche Auskünfte der Kinder über ihren Rechenweg nie garantieren, derenDenken authentisch abzubilden. Mit Interviews kommt man der Wahrheit schon näher,Aber letztendliche Gewissheit über das Vorgehen der Kinder kann es auch dort nicht geben.
Für die Auswertung wurden in der weitaus überwiegenden Zahl halbschriftliche Rechenwege berücksichtigt. Da die Grenzen zwischen Kopfrechnen und halbschriftlichen Rechnen bekanntlich t1ießend sind, wurden zudem diejenigen, allerdings sehr wenigen Kopfrechenlösungen mit einbezogen, bei denen die Schüler(innen) ein Zwischenergebnis notierthatten, das relativ zweifelsfrei auf die Verwendung einer bestimmten Strategie hinwies (z.B. bei 845-399 das Zwischenresultat 445, was den Rückschluss auf die StrategieHilfsaufgabe erlaubt). Dadurch erklären sich auch leichte Differenzen der Daten im Vergleich zu den Werten bezüglich des halbschriftlichen Rechnens in Abschnitt 3.1.
5.1 Unterschiedliche Zeitpunkte
In Tabelle 8 sind für die o. a. Hauptstrategien die Häufigkeiten deren Auftretens einmalals Absolutzahl und einmal als Prozentsatz angeführt. Bei 'Stellen extra' bzw. 'Schrittweise' stehen die Summanden vor dem Gleichheitszeichen für die Version 1 bzw. 2.
Tabelle 8: Häufigkeit des Auftretens der Strategien gesamt
Februar Juni Oktober
Gesamtzahl 1168 324 284Stellen extra 277+286 =563 48.2% 60+110 =170 52,5% 88+89= 177 62.3%
Schrittweise 129+281 = 410 35.1% 16+65 =81 25.0% 25+44 = 69 24,3%
Stellen- & 147 12.6% 38 11.7% 11 3,9%Schrittweise
Hilfsaufgabe 23 27 22
Ergänzen 6 2 2
Vereinfachen 4 2 3
Zusammenfassen 15 4 0
In der Auswertung wird deutlich, dass die beiden Hauptstrategien 'Stellen extra' und'Schrittweise' zu allen drei Terminen jeweils zusammengenommen den Großteil derfestzustellenden Strategien ausmachten (vgl. Selter 2000, 57). Dabei darf natürlich nichtvergessen werden, dass im Februar ungleich mehr Daten vorlagen. Dass der relative Anteil von 'Schrittweise' im Verlauf der Monate leicht zurückging und derjenige von 'Stellen extra' im gleichen Zeitraum etwas anstieg, könnte dadurch erklärt werden, dass sichdie Strategie 'Schrittweise' aufgrund des geringeren Merkaufwands zu einer Kopfrechenstrategie weiterentwickelte. Aber das ist zunächst nicht mehr als eine, allerdings plausibleVermutung.
Auffällig ist sicherlich, dass beide Strategien bisweilen sogar deutlich häutiger in derweniger Schreibaufwand erfordernden Version 2 zu beobachten waren, bei der Teilsummanden zuammengefasst wurden, als in der Version 1, die in fachdidaktischen Publ ikationen häufig als Endform bezeichnet wird.
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 247
Insgesamt am dritthäufigsten war die Mischform aus 'Stellen extra' und 'Schrtittweise'
zu verzeichnen, die sich in den verwendeten Schulbüchern gar nicht und in den weitausmeisten anderen Lehrbuchwerken und didaktischen Publikationen ebenfalls nicht bzw.selten findet. Dieses trifft im übrigen auch auf die beiden oben beschriebenen AlternativVersionen der beiden Hauptstrategien zu.
Zumindest bei einigen wenigen Aufgaben, insbesondere im Juni und im Oktober, wurdedie Vorgehensweise 'Hilfsaufgabe' zur Anwendung gebracht. Dieses geschah dann oftjedoch nicht in der erwarteten Form (845-399-> 845-400; +I), sondern in anderen Versionen, bei denen die Schüler(innen) zunächst eine für sie leichtere Aufgabe ausrechneten,bevor sie entsprechend ausglichen, wie z. B.: 845-399 -> 800-399; +45.
Die relativen Häufigkeiten der Verwendung der weiteren drei Strategien bewegten sichjeweils im 1%-Bereich oder noch darunter. Das heisst nichts anderes, als dass in denhalbschriftlichen Lösungen der Kinder die in die Aufgaben hineingelegten Strategienkaum oder zumindest nicht erkennbar angewendet wurden (vgl. Selter 2000, 57). EineAusnahme bildet hier die Verwendung der Mischform aus SteIlen- und Schrittweise beider Aufgabe 694-347, die vergleichsweise häufig beobachtet werden konnte.
Dass bei nur sehr wenigen Aufgaben ergänzt wurde, könnte man allerdings so erklären,dass die entsprechenden Rechenoperationen im Kopf abliefen und eine Notation der Zwischenrechnungen nicht erforderlich war. Zumindest für die Aufgabe 701-698 ist das sicherlich denkbar, wenngleich die vergleichsweise hohe Fehleranzahl der Kopfrechenlösungen dagegen sprechen mag. Nähere Informationen zu den Kopfrechenstrategien derKinder bietet die Projekt-Interviewstudie (vgl. Selter i. V.).
5.2 Unterschiedliche AufgabenDie sich in 5.1 andeutenden generellen Tendenzen werden auch durch den Blick auf einzelne Aufgaben bestätigt (ohne Tab.). Einige Beispiele: So wurden die Summe '327+599'bzw. die Differenz '701-698' fast ausnahmslos mit Hilfe der drei Hauptstrategien bearbeitet. Die Strategie 'Hilfsaufgabe' in der erwarteten Form (+400; -1) wurde bei '327+599'an drei Messpunkten insgesamt viermal beobachtet, das Ergänzen bei '701--698' keineinziges Mal!
Tabelle 9: Häufigkeit des Auftretens der Hauptstrategien bei Plus- und Minusaufgaben
Feb-Plus Feb-Min Juni-Plus Juni-Min Okt-Plus Okt-Min
Stellen 316 247 80 90 100 77extra (r: 76%) (r: 34%) (r: 80%) (r: 32%) (r: 83%) (r: 22%)
Schritt- 129 281 20 61 25 44weise r: 58%) (r: 60%) (r: 60%) (r: 53%) (r: 64%) (r: 48%)
Stellen& 82 65 26 12 9 2Schrittw
Summe 527 593 126 163 134 123
Faßt man die Anzahlen bei den Plus- und den Minusaufgaben zusammen (Tab. 9), sofällt sofort ins Auge, wie oft von den Schüler(inne)n die im Unterricht nicht thematisier-
248 C. Selter
te Strategie 'Stellen extra' bei der Subtraktion benutzt wurde. Wenn es so sein sollte,dass die Kopfrechenstrategien der Schüler(innen) häufig Fortentwicklungen ihrer halbschriftlichen Strategien sind, so könnte man daraus schließen, dass auch beim Kopfrechnen eine nicht geringe Anzahl dieser Kinder 'Stellen extra' bei der Subtraktion anwendete.
Interessant ist in diesem Zusammenhang der für 'Stellen extra' und 'Schrittweise' jeweilsin Klammern angegebene Prozentsatz richtiger (gekennzeichnet durch ein 'r:') Lösungen.Zwar sind die Zahlenwerte mit Vorsicht zu interpretieren, da ihnen unterschiedlicheGrundwerte zugrunde liegen und zudem nicht von den Prozentsätzen derjenigen SchüIer(innen), die halbschriftlich rechneten, generell auf sämtliche Schüler(innen) geschlossen werden kann.
Gleichwohl ergeben sich in der Tendenz auffällige Diskrepanzen im Vergleich der Erfolgsquoten für 'Stellen extra' (im Mittel: Addition etwa 80% korrekt, Subtraktion nurknapp 30%) bzw. bei der Subtraktion im Vergleich zwischen 'Stellen extra' (s.o.) und'Schrittweise' (mehr als 50% richtig). (Geringfügige Unterschiede zu den Daten der Pilotstudie (Selter 2000) erklären sich durch nicht vollständig übereinstimmende Auswertungskriterien).
5.3 Unterschiedliche Klassen, Schulen und Schüler(innen)Hier muss der Hinweis auf das erwartete Resultat genügen, dass sich Klassen bzw. Schulen fanden, in denen alle drei Hauptmethoden vergleichsweise häufig verwendet wurden,solche, in denen sich diese kaum fanden, weil die Kinder kaum halbschriftlich rechneten,und schließlich solche, in denen eine oder zwei dieser Strategien besonders populär waren.
Bei denjenigen Schüler(inne)n, die sämtliche Aufgaben oder zumindest vorwiegend halbschriftlich rechneten, war die Tendenz zu konstatieren, über die Aufgaben hinweg dieselbeStrategie zu verwenden (z. B. bei allen Plusaufgaben 'Stellen extra' oder 'Schrittweise'),also ihr halbschriftliches 'Normalverfahren' zur Anwendung brachten anstatt aufgabenbezogen zu variieren.
5.4 ~ädchen und JungenAn der Tabelle 10 wird abschließend deutlich (vgl, auch 3.4), dass anfangs geringfügigmehr Jungen eine halbschriftliche Strategie auf ihrem Aufgabenblatt notierten, währenddies im Oktober doppelt so viele Mädchen wie Jungen taten. Anders gesagt: Der Anteilder halbschriftlichen Rechnungen der Jungen reduziert sich von Februar bis Oktober aufein 1/7, bei den Mädchen hingegen nur auf 1/3.
Außerdem fällt auf, dass es sich beim halbschriftlichen Rechnen bei den Jungen im Junischon andeutet und im Oktober deutlicher zeigt, dass offensichtlich 'Stellen extra' zurHauptstrategie des halbschriftlichen Rechnens geworden ist, während bei den Mädchenauch noch vergleichsweise häufig die Strategie 'Schrittweise' notiert wurde. Es sei abschließend nochmals hervorgehoben, dass damit keine Aussage über vergleichbare Tendenzen beim Kopfrechnen gemacht werden kann.
Erinnert sei in diesem Zusammenhang daran (vgl. 3.4), dass die Mädchen im Vergleichzum I. Meßpunkt im Februar deutlich weniger Kopfrechenlösungen zeigten, währendvergleichsweise viele Jungen nach wie vor mündliches Rechnen zeigten.
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 249
Tabelle 10:Häufigkeit des Auftretens der Hauptstrategien für Jungen undMädchen
Februar Juni Oktober
Geschlecht m w m w m w
Stellen extra 332 231 100 70 73 104
Schrittweise 205 205 33 48 6 63
Stellen- & Schrittweise 86 61 24 14 4 7
Summe 615 505 157 132 83 174
6 Zusammenfassung und Diskussion
Abschließend sollen die wichtigsten Resultate der vorliegenden Untersuchung anhand vonzehn Punkten zusammenfassend angeführt und vor dem Hintergrund ihrer Relevanz fürden Mathematikunterricht in der Grundschule diskutiert werden. Dabei müssen mancheFragen offen bleiben, da eine Analyse der Denkwege der Schüler(innen) lediglich auf derBasis der vorliegenden schriftlichen Aufgabenbearbeitungen und daher nur eingeschränktmöglich war.
Gleichwohl hat die Auswertung einige interessante Tendenzen ergeben, die in der Gesamtschau nicht unbedingt als unerwartet zu bezeichnen sind. Allerdings kann eine solcheBeschreibung des möglicherweise als status quo zu bezeichnenden Zustands der weiterenDiskussion über die zukünftige Ausgestaltung des Arithmetikunterrichts eine breitereempirische Basis verleihen.
1 Die Dominanz der schriftlichen AlgorithmenWie erwartet, stellten die schriftlichen Normalverfahren nach ihrer Einführung die hauptsächlich verwendete Rechenmethode dar. Diese Dominanz ist sicherlich auch durch denvergleichsweise hohen Anteil zu erklären", der der Behandlung der Normalverfahren schriftlichen Rechnens an der Unterrichtszeit zukam. Andererseits trägt hierzu vermutlich auchbei, dass die Algorithmen aufgrund ihrer vergleichsweisen Einfachheit den Schüler(inne)n- vielleicht in besonderem Maße den sog. schwächeren Schüler(inne)n - eine gewisseSicherheit bieten. Es wäre allerdings interessant, zu untersuchen, ob in einem Unterricht,der das schriftliche Rechnen 'lediglich' als eine Methode unter mehreren behandelt, ebenfalls mehr als die Hälfte der Aufgaben mit Hilfe der schriftlichen Normalverfahren gelöstwerden würde.
Nicht unbedingt zu erwarten war, dass die Dominanz der schriftlichen Algorithmen nichtaufgabenspezifisch unterschiedlich ausfiel, sondern sich über die Aufgaben hinweg inetwa gleich hohe Prozentsätze feststellen ließen. Das bedeutet, dass mehr als die Hälfteder Schülertinnen) Aufgaben wie 701-698 oder 250+379+250 schriftlich rechneten. Hierist zu fragen, ob der Unterricht nicht stärker den Blick für Eigenschaften von Zahlen unddas aufgabenbezogene Entscheidungsverhalten der Schüler(innen) schulen sollte.
Denn abgesehen davon, dass die Schule ja keine Rechen-Auto-Mathen (Stella Baruk)erzeugen, sondern flexible Rechner ausbilden sollte, bleibt festzuhalten, dass es eigentlichviel leichter ist, 701-698 durch Ergänzen zu lösen, als den schriftlichen Algorithmus
250 C. Selter
anzuwenden und dabei mit einer Reihe von möglichen Fehlerquellen konfrontiert zu sein.Insofern könnte eine Relativierung der Vorrangstellung der Algorithmen bei bestimmtenAufgaben sogar zu einer Steigerung der Rechenleistungen führen.
2 Die relative Dominanz des Kopfrechnens
Ein relativ hoher Anteil der Schüler(innen) (im Februar mehr als Hälfte, danach immerhin noch rund 1/3) rechnete die Aufgaben im Kopf aus; das halbschriftliche Rechnenwurde nach der Einführung der Algorithmen kaum noch verwendet. In Anbetracht 00Tatsache, dass im Unterricht Aufgaben des Typs 845-399 normalerweise schriftlich,manchmal auch halbschriftlich gerechnet wurden und sich das Kopfrechnen in der Regelauf Aufgaben etwa des Typs 780+90 reduzierte, ist dieser hohe Anteil zweifelsohne überraschend, insbesondere da zu konstatieren ist, dass es keine großen zahlenwertabhängigenUnterschiede zwischen den einzelnen Aufgaben gab. So fanden sich bei der Aufgabe286+437 sogar geringfügig mehr Kopfrechenlösungen als bei 527+399! Dabei habenviele dieser Schüler(innen) wohl gemäß der halbschriftlichen Hauptstrategien im Kopfgerechnet, wie erste Analysen der begleitend durchgeführten Interviews vermuten lassen.
Auffällig ist des weiteren, dass das Zahlenrechnen in den weitaus meisten Fällen entwederals ausführliche halbschriftliche Aufgabenbearbeitung (mit Gleichungen) oder als vollständige Kopfrechenlösung (ohne jegliche Notiz) klassifiziert werden konnte. Es fehlenVorgehensweisen nahezu vollständig, bei denen die Schüler(innen) Zwischenergebnisseoder Teilaufgaben notierten, kurz gesagt: Vorgehensweisen, die zwischen dem halbschriftlichen Rechnen und dem Kopfrechnen in Reinform liegen.
Da viele Schüler(innen) das halbschriftliche Rechnen offensichtlich nicht mehr verwendeten, nachdem die Normalverfahren eingeführt worden waren, weil der im Vergleich dazugroße Schreibaufwand sie vermutlich abschreckte, andererseits das Kopfrechnen aufgrundder großen Anzahl der erforderlichen Merkprozesse u. U. recht fehleranfällig ist, könnteeine stärkere Berücksichtigung solcher informeller Notationen das Zahlenrechnen aufwerten helfen und dadurch insgesamt zu einer höheren Flexibilität des Vorgehens führen.
3 Die unerwarteten Stabilitäten
Die Schüler(innen) zeigten über die einzelnen Aufgaben hinweg ein recht stabiles Entscheidungsmuster, welche Rechenmethode sie zum Einsatz brachten. Im Oktober beispielsweise gingen 3/4 von ihnen alle sechs Plus- bzw. sämtliche sechs Minusaufgabenmit derselben Rechenmethode an. Zählt man diejenigen Schüler(innen) hinzu, die lediglich einmal eine andere Methode verwendeten, so erhöht sich dieser Anteil auf 5/6. VieleSchüler(innen) schienen also nicht aufgabenbezogen zu variieren, sondern eine Standardmethode zu benutzen, unabhängig davon, ob beispielsweise 701-698 oder 836-567 zuberechnen war.
Auch bei der Wahl der Rechenstrategie konnte die Analyse der halbschriftlichen Lösungenaufdecken, dass die Schüler(innen) offensichtlich über ein recht stabiles Vorgehen verfügten. Sie rechneten in der Regel sämtliche Aufgaben gemäß einer der Hauptstrategien, alsozum Beispiel jede Aufgabe (und dann auch 701-698) nach der Strategie 'Stellen extra'.
Diese nicht unbedingt erwarteten Stabilitäten lassen den Rückschluss zu, dass die SchüIcr(innen) dazu neigen, vertraute Wege zu gehen. Inwieweit dieses Vorgehen ein spontanes Verhalten seitens der Schüler(innen) darstellte oder durch Defizite der dem Unterricht
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 251
zugrundeliegenden didaktischen Konzeptionen begünstigt bzw. ausgeprägt wurde, kann andieser Stelle nicht abschließend beantwortet werden.
4 Die erwarteten Heterogenitäten
Wie erwartet, war die Verteilung der Häufigkeiten der Rechenmethoden in den verschiedenen Klassen recht unterschiedlich ausgeprägt; so reichte der Anteil des schriftlichenRechnens im Oktober von 25% in einer Klasse bis zu mehr als 70% in einer anderen.Auch was die Verteilung der Rechenstrategien anbelangt, gab es die erwarteten Unterschiede: Klassen, in denen viele verschiedene Strategien auftauchten, existierten genausowie Klassen, in denen es lediglich ein Normalverfahren des Zahlenrechnens gab. DieseDifferenzen sind vermutlich durch unterschiedliche Unterrichtskulturen zu erklären. Wenndem tatsächlich so wäre, würde es sich hier um einen Indikator dafür handeln, dass einezukünftige Verlagerung von didaktischen Schwerpunktsetzungen durchaus Einfluss aufdas Lösungsverhalten der Schüler(innen) haben könnte.
Während die Leistungen der einzelnen Schüler(innen) - wie nicht anders zu erwarten stark streuten, war in der Gesamtschau der einzelnen Klassen bzw. Schulen eine interessante, sicherlich nicht unwesentlich auf die Behandlung der Normalverfahren zurückgehende kompensatorische Tendenz zu beobachten. Während im Februar die Erfolgsquotender einzelnen Schulen zwischen 43% und 60% lagen, so hatten sich die entsprechendenWerte im Oktober zwischen 70,5% und 75,5% eingependelt.
5 Der relative Eljolg des Unterrichts
Zu Beginn des 4. Schuljahres wurden in dieser Untersuchung wie auch in der Pilotstudie(Selter 2000) rund 3/4 der Aufgaben richtig ausgerechnet. Allerdings ließ sich jeweils eindeutlicher Unterschied zwischen den Plus- und den Minusaufgaben konstatieren. So sinddie Erfolgsquoten bei der Addition im Oktober mit fast 83% eigentlich als recht erfreulichzu bezeichnen, während bei der Subtraktion weniger als 2/3 der Aufgaben korrekt gelöstwurden. Nun sind diese sicherlich nicht repräsentativ ausgewählt, doch bestätigt sich hierdas Alltagswissen vieler Lehrerinnen, dass die Schüler(innen) bei der Subtraktion größereSchwierigkeiten haben als bei der Addition.
Dieser Umstand könnte u. a. darauf zurückzuführen sein, dass die in den Schulbüchern inder Regel (noch?) verwendete Methode des schriftlichen Subtrahierens (Ergänzen mitErweitern) sich für die Schüler(innen) als problematisch gestaltet. Es könnte auch daranliegen, dass Grundvorstellungen des Subtrahierens (im Vergleich zur Addition) schon inden Klassen I und 2 generell schwieriger sind und/oder nicht in erforderlichem Maßebehandelt werden. Schließlich könnte ein weiterer Grund darin liegen, dass das Subtrahieren im Zahlenraum bis 1000 nicht intensiv genug behandelt wird. Hier sind sicherlichKorrekturen angebracht. Weitere Gründe sind selbstverständlich denkbar (z. B. psychischeBarrieren).
Im Zeitraum von Februar bis Oktober waren sowohl bei der Addition als auch bei derSubtraktion Steigerungen des Anteils der richtigen Lösungen von jeweils rund 20% zukonstatieren. Je nachdem, ob man das Glas als halbvoll oder halbleer ansieht, kann mandamit zufrieden sein oder nicht. Manche Lehrerinnen jedenfalls, die mit diesen Zahlenkonfrontiert wurden, haben diese Steigerung als wenig zufriedenstellend und als hinter deneigenen Vermutungen deutlich zurückbleibend bezeichnet. Andere haben zurecht darauf
252 c. Selter
verwiesen, dass viele Faktoren für den Unterrichtserfolg verantwortlich sind, und dievorhandene Steigerung der Werte bezüglich der Korrektheit der Lösungen als erfreulichbezeichnet.
Wie auch immer man diese Zahlen bewertet, bleibt festzuhalten, dass der Anteil der richtigen Lösungen im Februar mit rund 60% (Plusaufgaben) bzw. rund 40% (Minusautgaben) sicherlich nicht zufriedenstellend ausgefallen ist. Die Einführung der Normalverfahren stand hier unmittelbar bevor, so dass man sich wünschen würde, dass die Leistungenim Zahlenrechnen eine solidere Grundlage geboten hätten. Das bedeutet nicht, dass m. E.Aufgaben des Typs 286+437 von allen Schüler(innen) im Kopf berechnet werden könnensollten, aber dass es um die Kompetenzen beim Zahlenrechnen insbesondere bei Aufgaben wie etwa 250+379+250 besser bestellt sein sollte.
Dass die höhere Rechensicherheit in den Monaten Juni und Oktober auch mit der Einführung der schriftlichen Algorithmen begründet werden kann, ist sicherlich zutreffend. Esist unbestritten, dass diese für eine ganze Reihe von Schüler(inne)n eine spürbare Entlastung darstellten. Andererseits ist damit nicht gesagt, dass nicht auch eine den schriftlichen Normalverfahren vergleichbar intensive Behandlung des Zahlenrechnens zu einerähnlichen Leistungssteigerung geführt hätte.
6 Die Vorherrschaftder Hauptstrategien
Die Hauptstrategien 'Stellen extra' und 'Schrittweise' machten zu allen drei Messpunktenden Großteil der festzustellenden halbschrijtlichen Strategien aus. Im begleitenden Interviewprojekt (Selter, i. V.) wird zu erforschen sein, ob sich diese auch als die Hauptstrategien des Kopfrechnens erwiesen und ob die in die Aufgaben hineingelegten Strategien des'geschickten' Rechnens - wie etwa das Zusammenfassen oder die Hilfsaufgabe - so gutwie überhaupt nicht (nachweisbar) zur Anwendung gebracht wurden. Erneut wäre dann indiesem Zusammenhang die Forderung nach einer konzeptionell stärkeren Einbindung desflexiblen Rechnens zu erheben, indem im Unterricht behutsam und kontinuierlich, allerdings nicht verfrüht über verschiedene Rechenstrategien sowie deren unterschiedlich ausgeprägte Eignungen für bestimmte Zahlenwerte reflektiert wird.
7 Die Existenz weiterer (Haupt- )Strategien
In der Analyse der halbschriftlichen Schüler(innen)lösungen wurde nicht nur deutlich,dass manche der antizipierten Vorgehensweisen kaum oder sogar überhaupt nicht auftauchten. Es war auch zu beobachten, dass manche Strategien in anderen Versionen benutzt wurden. Am auffälligsten erwiesen sich in diesem Zusammenhang insbesondere dieVarianten von 'Stellen extra' und 'Schrittweise', Zehner und Einer bzw. Hunderter undZehner zusammenzufassen. Es liegt ja auch nicht nahe, Kopfrechenanforderungen, dienormalerweise von Drittkläßlern verlangt werden (wie etwa 34+28), in der Schreibfigurin weitere Teilrechnungen aufzusplitten.
Natürlich sollten diese Varianten nicht für alle Schüler(innen) verpflichtend gemachtwerden. Allerdings waren sie in dieser Untersuchung vergleichsweise häufig zu beobachten und stellen eine Verkürzung der häufig Endformen genannten Vorgehensweisen dar.Somit sind sie gegenüber den schriftlichen Normalverfahren ein wenig konkurrenzfähigerund sollten daher zumindest in das für ihre Klasse angenommene Strategiepotential 00Lehrerin Eingang finden.
Vorgehensweisen bei Aufgaben zur Addition und Subtraktion 253
Ähnliches trifft auch für die Strategie Hilfsaufgabe zu. In der 'mathematisch eleganten'Form 845-399->845-400+1 trat sie kaum auf. Dies mag ein Versäumnis des Unterrichts sein; andererseits zeigt es aber vielleicht auch auf, dass dieses Vorgehen aus derSicht der Kinder nicht so naheliegend zu sein scheint, wie häufig angenommen wird.Statt dessen konnte die Strategie 'Hilfsaufgabe' in einer anderen Variante beobachtet werden, die im Unterricht durchaus häufiger thematisiert werden sollte (845-399->800-399;+45).
8 Das Auftreten nicht behandelter Strategien
Die Schüler(innen) nahmen nicht nur von sich aus Variationen der Hauptstrategien vor,sondern brachten auch Vorgehensweisen des halbschriftlichen Rechnens zur Anwendung,die überhaupt nicht 'gelehrt' worden waren. So konnte die auch in der Literatur bisweilenbelegte Mischform zwischen 'Stellen extra' und 'Schrittweise' keineswegs selten festgestellt werden.
Auch die in den verwendeten Schulbüchern bewusst nicht thematisierte Strategie 'Stellenextra bei der Subtraktion' stellte zu allen drei Messpunkten eine wichtige Lösungsstrategie dar. Knapp die Hälfte der Schüler(innen), die die Minusaufgaben halbschriftlich rechneten, brachte sie zum Einsatz. Ob es angesichts dieser Werte eine didaktisch kluge Entscheidung ist, dieses Vorgehen mit den Schüler(inne)n nicht zu thematisieren, darf bezweifelt werden. Eine Einbeziehung in den Unterricht bedeutet ja keine Verptlichtung,diese bekanntermaßen schwierige Strategie verwenden zu müssen, könnte aber helfen, fürdie mit ihrer Anwendung verbundenen Schwierigkeiten zu sensibilisieren.
9 Die Vernachlässigung des Ergänzens
Insbesondere bei den Aufgaben 701-698 und 610-590 fällt auf, dass nur sehr wenigeSchüler(innen) Subtraktionsaufgaben halbschriftlich durch Ergänzen lösten. Über dieKopfrechenmethoden können natürlich keine Aussagen gemacht werden. Doch handelt essich um eine durchaus plausible Hypothese, dass die Kopfrechenstrategien der Schüler(innen) häufig Fortsetzungen der halbschriftlichen Strategien sind (s.o.). Das würdebedeuten, dass auch bei den Kopfrechenlösungen häutig nicht ergänzt wurde, sondern dieo. a. Hauptstrategien verwendet wurden.
Dieser Befund deckt sich mit eigenen informellen Beobachtungen von Grundschüler(inne)n, die die Grundvorstellungen der Subtraktion häutig auf das Abziehen zu reduzieren scheinen. Unabhängig davon, ob das Ergänzen als zweite Grundvorstellung dem Denken der Schüler(innen) ähnlich naheliegt oder als weniger eingängig wahrgenommen wird(so gibt es bspw. keine Entsprechung bei der Addition), scheinen die o. a. Ergebnisse aufeine Vernachlässigung der Ergänzungsvorstellung in den Konzeptionen der verwendetenSchulbücher hinzuweisen. Diese wären nicht nur vor dem Hintergrund der Vorgehensweisen bei Aufgaben wie 701-698 zu relativieren, sondern auch im Hinblick auf die zukünftig auf die Schüler(innen) zukommenden Anforderungen (z. B. Rechnen mit negativenZahlen).
10 Geschlechtsspezifische Besonderheiten
Im Großen und Ganzen traten hier die erwarteten Befunde ein. Die Erfolgsquoten vonMädchen und Jungen unterschieden sich in der Regel nicht, doch ließ sich die Tendenz
254----------
C. Selter
beobachten, dass die Mädchen im Juni (18,6%) und im Oktober (16,4%) deutlich seltenerim Kopf und dafür häufiger schriftlich (bzw. im Oktober dann auch halbschriftlich) rechneten. Auch ließen sich mit Blick auf die verwendeten Strategien halbschriftlichenRechnens gewisse geschlechtsspezifische Unterschiede feststellen: So wurde im Verlaufder Monate Februar bis Oktober bei den Jungen 'Stellen extra' zur Hauptstrategie, dieStrategie 'Schrittweise' wurde kaum noch notiert, während die Mädchen auch weiterhindie Strategie 'Schrittweise' als halbschriftliche Strategie zum Einsatz brachten. Man kanndiese Resultate vielleicht vorsichtig so interpretieren, dass bei in etwa gleicher Rechenleistung die Mädchen etwas eher dazu neigten, vermeintlich sicherere Wege zu gehen,während die Jungen sich eventuell aufgrund eines etwas höheren mathematischen Selbstbewusstseins eher zutrauten, im Kopf zu rechnen.
7 Schlussbemerkungen
Der in Forschungsberichten häufig zu lesende Satz 'Further research is needed', trifftnatürlich auch auf die vorliegende Studie zu. Die große Anzahl der beteiligten Schüler(innen) erlaubt es zwar, nicht nur in Einzelfallkategorien zu denken und die Existenzbestimmter Phänomene aufzuzeigen, sondern deren Auftreten auch mit gewissen Häufigkeiten zu belegen. Andererseits müssen aufgrund der quantitativen Anlage viele Fragenoffen bleiben. Da jedoch 36 der beteiligten Schüler(innen) an einer begleitenden Interviewstudie teilnahmen, stehen qualitative Daten zur Verfügung, die manche dieser Punkteerhellen werden können (vgl. Selter i. V.).
Abschließend: Die vorliegenden Befunde sprechen m. E. nicht dagegen, dass Schüler(innen) kreativ und produktiv ihren eigenen mathematischen Weg gehen können, wennsie kontinuierlich die Gelegenheit dazu erhalten. Didaktische Konzeptionen - vermitteltetwa durch Schulbücher, Lehrpläne, Aus- und Fortbildung - können allerdings offensichtlich entscheidend dazu beitragen, dass sich eine gewisse Unflexibilität im Denken einstellen kann, die zwar kurzfristig gesehen entlastend wirken mag, aber in mittel- und langfristiger Perspektive vor dem Hintergrund der inhaltlichen, der allgemeinen und der affektiven Ziele des Mathematikunterrichts zu überwinden ist.
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Anmerkungen
Das Projekt wurde durch Personal- und Sachmittel aus dem Forschungsetat der PH Heidelbergunterstützt. Meinen Mitarbeiterinnen Serena von Itzenplitz, Verena Meseth, Eva Neuhäuslerund Elisabeth Ott sei für ihre Unterstützung recht herzlich gedankt.Den beiden anonymen Gutachtern des Journals für Mathematik-Didaktik danke ich für ihrekritisch-konstruktiven Hinweise sehr.
AutorChristoph SelterPädagogische Hochschule HeidelbergFakultät lll, Fach MathematikIm Neuenheimer Feld 56169120 HeidelbergTel.: 062211477343Fax: 06221/477487e-mail: [email protected]
258 C. Selter
AnhangTabelle zu Diagramm J: Anteil der Rechenmethoden zu unterschiedlichen Zeitpunkten
Kopf halbschr. schriftlich Mischform
Feb-Plus 54,5% 32,0% 7,1% 6,4%
Feb-Minus 51,5% 36,3% 6,6% 5,6%
Juni-Plus 32,3% 5,8% 59,6% 2,2%
Juni-Minus 27,6% 10,5% 59,5% 2,5%
Okt-Plus 35,2% 8,0% 52,9% 4,0%
Okt-Minus 32,5% 8,2% 55,6% 3,8%
Tab. zu Diagr. 2: Anteil der Rechenmethoden bei den einzelnen Plusaufgaben im Okt.527+399 345+634 250+379+250 119+120+121 286+437 199+198
Kopf 30,8% 40,1% 36,6% 38,6% 31,7% 33.2%
halbschriftlich 8,5% 7,2% 7.6% 7,6% 7,6% 9,2%
schriftlich 56,5% 50,4% 52,7% 49,2% 56,1% 52,3%
Mischforrn 4,2% 2,3% 3,1% 4,6% 4,6% 5,3%
Tab. zu Diagr. 3: Anteil der Rechenmethoden bei den einzelnen Minusaufgaben im Okt.701-698 845-399 610-590 836-567 758-515 649-347
Kopf 33,6% 26,7% 40,4% 27,8% 33,2% 33,2%
halbschriftlich 8,8% 10,3% 6.9% 8% 6,9% 8,4%
schriftlich 54,2% 58,8% 48,1% 60,8% 56,5% 55%
Mischforrn 3,4% 4,2% 4,6% 3,4% 3,4% 3,4%
Tabelle zu Diagramm 4: Verteilung der Rechenmethoden im OktoberKI. Kopf halbsehr. schriftlich Mischform KI. Kopf halbschr. schriftlich Mischforrn1 31,6'70 8,4'70 57,4'70 2,6'70 7 32,7'70 0,0'70 65.5% t.8%
2 42.0% 8,9% 44.8% 4,3% 8 33,5% 7.0% 54,8% 4,7%
3 35,4'70 9,8% 52,4'70 2,4% 9 34,0% 8.7% 52,9% 4,4%
4 20,2% 19,8% 57,7% 2,3% 10 21,4'70 19,9% 49.1% 9,6%
5 23,7% 2,3% 70,8% 3,2% 11 49,6% 2.7% 45,5% 2,2%
6 26,1% 0,0% 71,8% 2,1% 12 60,7% 6,6% 25,6% 7.1%
Tabelle zu Diagramm 5: Verteilung der Rechenmethoden bei Jungen und MädchenZeitpunkt N Kopf halbschriftlich schriftlich Mischform
Feb-m 138 54,0% 36,2% 4,4% 5,4%
Feb-w 132 52,0% 31,9% 9,4% 6,7%
Juni-rn 152 38,8% 8,7% 51,3% 1,2%
Juni-w 143 20,2% 7,8% 68,4 3,6%
Okt-m 129 42.1% 5,2'70 50,2% 2,5%
Okt-w 131 25,7% 11,0% 58,1% 5,2%
Tabelle zu Diagramm 6: Anteil korrekter Lösungen bei den einzelnen Plusaufgaben527+399 345+634 250+379+250 119+120+121 286+437 199+198
Februar 58,4% 81,3% 69.3% 61,4% 48,7% 50,2%Juni 73,0% 85,6% 79,0% 81.8% 72,6% 77,5%
Oktober 77,5% 90,8% 87.8% 87,4% 76.0% 77.5%
Tabelle zu Diagramm 7: Anteil korrekter Lösungen bei den einzelnen Minusaufgaben701-698 845-399 610-590 836-567 758-515 649-347
Februar 34.8% 16,1% 44,9% 26,2% 64,4% 60,7%
Juni 43,8% 51,2% 49,5% 48,1% 80,7% 74,4%
Oktober 48,1% 54,2% 60,3% 57,6% 83,6% 82,4%