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8 FRILO-Magazin Fachthema DIN 1045-1 Vorgespannte Deckenplatten Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jürgen Grünberg, Dr.-Ing. Michael Hansen Institut für Massivbau Universität Hannover 1 Allgemeines Einachsig gespannte Platten können in der Spannrichtung vorgespannt werden, um die Durchbiegungen oder die Riss- bildung zu begrenzen. Die Schnittgrößen infolge Vorspan- nung werden wie bei Balkentragwerken berechnet. Bei schiefwinkligen Platten sowie bei zweiachsig gespann- ten Platten ist es zweckmäßig, die Wirkung der Vorspan- nung mit Hilfe von Umlenkkräften und Verankerungskräften zu erfassen. Durch parabolische Führung der einzelnen Spannglieder werden gleichmäßig verteilte Umlenkflächen- lasten erzeugt, für die sich die Plattenschnittgrößen mit Tabellenwerken berechnen lassen. Abb. 1: Parabolische Spanngliedführung in einer Platte Umlenkkräfte: u x = 8 P 0 z x / (a y L x 2 ) u y = 8 P 0 z y / (a x L y 2 ) Aufteilung nach der Streifenmethode: u x = ε 4 u y ; mit ε = L y / L x a x z x = ε 2 a y z y Die in Abbildung 1 angegebene Reihenfolge der Spann- glieder bei der Verlegung wird durch die Höhenordinaten an den Kreuzungspunkten bestimmt! Infolge der Umlenkkräfte erhält man zunächst die Schnitt- größen und Auflagerkräfte für die Gesamtwirkung der Vorspannung. Zieht man die statisch bestimmte Wirkung (Vorspannkraft mal Spanngliedordinate) sowie die Veran- kerungskräfte davon ab, so bleibt als Differenz die statisch unbestimmte Wirkung mit den zugehörigen statisch unbe- stimmten Auflagerkräften übrig. Bei Aufteilung der Umlenkkräfte und dementsprechend der Spannglieder nach der Streifenmethode ergibt sich eine annähernd verträgliche d.h. zur äußeren Belastung affine Aufteilung der statisch unbestimmten Auflagerkräfte. 2 Flachdecken mit verbundloser Vorspannung [5] Die Entwicklung vorgespannter Flachdecken wurde vor allem in den USA (seit 1955) und Australien vorangetrieben. In Deutschland wurde erst 1979 die erste ohne Verbund vorgespannte Flachdecke ausgeführt. In neuerer Zeit wird ausschließlich die teilweise Vorspan- nung gewählt, vor allem unter den folgenden Gesichtspunk- ten: § Erweiterung des Anwendungsbereichs des Stahlbetons in Bezug auf große Spannweiten und hohe Nutzlasten § Verbesserung der Nutzbarkeit und Dauerhaftigkeit durch Begrenzung der Durchbiegungen und der Rissbildung § Wirtschaftliche Kombination von Betonstahl und hoch- festem Spannstahl, d.h. Optimierung des Bewehrungs- aufwands § Vermeidung einer Durchstanzbewehrung Im allgemeinen werden Flachdecken mit verbundloser Vorspannung ausgeführt. Da Flachdecken in der Regel für niedrige Vorspanngrade ausgelegt werden, fällt der statische Nachteil der Vorspannung ohne Verbund, nämlich geringere lastabhängige Spannungszuwächse im Spannglied, nicht ins Gewicht bzw. kann durch geringere Spannkraftverluste infolge verminderter Reibung ausgeglichen werden.

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Fachthema DIN 1045-1

Vorgespannte Deckenplatten

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jürgen Grünberg, Dr.-Ing. Michael HansenInstitut für MassivbauUniversität Hannover

1 Allgemeines

Einachsig gespannte Platten können in der Spannrichtung vorgespannt werden, um die Durchbiegungen oder die Riss-bildung zu begrenzen. Die Schnittgrößen infolge Vorspan-nung werden wie bei Balkentragwerken berechnet.Bei schiefwinkligen Platten sowie bei zweiachsig gespann-ten Platten ist es zweckmäßig, die Wirkung der Vorspan-nung mit Hilfe von Umlenkkräften und Verankerungskräften zu erfassen. Durch parabolische Führung der einzelnen Spannglieder werden gleichmäßig verteilte Umlenkflächen-lasten erzeugt, für die sich die Plattenschnittgrößen mit Tabellenwerken berechnen lassen.

Abb. 1: Parabolische Spanngliedführung in einer Platte

Umlenkkräfte: ux = 8 ⋅ P0 ⋅ zx / (ay ⋅ Lx

2)uy = 8 ⋅ P0 ⋅ zy / (ax ⋅ Ly

2)

Aufteilung nach der Streifenmethode: ux = ε4 ⋅ uy; mit ε = Ly / Lx

ax ⋅ zx = ε2 ⋅ ay ⋅ zy

Die in Abbildung 1 angegebene Reihenfolge der Spann-glieder bei der Verlegung wird durch die Höhenordinaten an den Kreuzungspunkten bestimmt!Infolge der Umlenkkräfte erhält man zunächst die Schnitt-

größen und Auflagerkräfte für die Gesamtwirkung der Vorspannung. Zieht man die statisch bestimmte Wirkung (Vorspannkraft mal Spanngliedordinate) sowie die Veran-kerungskräfte davon ab, so bleibt als Differenz die statisch unbestimmte Wirkung mit den zugehörigen statisch unbe-stimmten Auflagerkräften übrig.Bei Aufteilung der Umlenkkräfte und dementsprechend der Spannglieder nach der Streifenmethode ergibt sich eine annähernd verträgliche d.h. zur äußeren Belastung affine Aufteilung der statisch unbestimmten Auflagerkräfte.

2 Flachdecken mit verbundloser Vorspannung [5]

Die Entwicklung vorgespannter Flachdecken wurde vor allem in den USA (seit 1955) und Australien vorangetrieben. In Deutschland wurde erst 1979 die erste ohne Verbund vorgespannte Flachdecke ausgeführt.

In neuerer Zeit wird ausschließlich die teilweise Vorspan-nung gewählt, vor allem unter den folgenden Gesichtspunk-ten:§ Erweiterung des Anwendungsbereichs des Stahlbetons in

Bezug auf große Spannweiten und hohe Nutzlasten§ Verbesserung der Nutzbarkeit und Dauerhaftigkeit durch

Begrenzung der Durchbiegungen und der Rissbildung§ Wirtschaftliche Kombination von Betonstahl und hoch-

festem Spannstahl, d.h. Optimierung des Bewehrungs-aufwands

§ Vermeidung einer Durchstanzbewehrung

Im allgemeinen werden Flachdecken mit verbundloser Vorspannung ausgeführt. Da Flachdecken in der Regel für niedrige Vorspanngrade ausgelegt werden, fällt der statische Nachteil der Vorspannung ohne Verbund, nämlich geringere lastabhängige Spannungszuwächse im Spannglied, nicht ins Gewicht bzw. kann durch geringere Spannkraftverluste infolge verminderter Reibung ausgeglichen werden.

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2.1 Spanngliedführung und Vorspannung

2.1.1 SpanngliedführungBei den ersten in den USA gebauten Flachdecken wurden die Spannglieder meist in beiden Richtungen auf Feld- und Gurtstreifen gleichmäßig verteilt. Untersuchungen, die in den frühen 70er Jahren in der Schweiz durchgeführt wurden, zeigten, dass die Anordnung der Spannglieder in schmalen über die Stützen durchlaufen-den Strängen statische Vorteile aufweist:§ Auf das Plattentragwerk wirken nur nach oben gerich-

tete Umlenkkräfte, die nach unten gerichteten Abtriebs-kräfte werden direkt in die Stützen eingeleitet.

§ Durch die Konzentration der Spannglieder in den Gurt-streifen wird die aufzunehmende Querkraft durch die Vertikalkomponenten der geneigten Spannglieder ver-ringert und damit die Durchstanzbeanspruchung.

Flächenvorspannung Stützstreifenvorspannung

Abbildung 2: Arten der Vorspannung

2.1.2 Vorspannung durch Erzeugung gleichmäßig ver-teilter Umlenkflächenlasten

Meistens werden bei einer Flachdecke gleichmäßig verteilte Flächenlasten angesetzt. Daher ist es naheliegend, eine Spanngliedführung zu entwerfen, die entgegen gesetzte Umlenkflächenlasten u = ux + uy erzeugt.

Abbildung 3: Gleichmäßige Flächenvorspannung

Umlenkflächenlasten: ux = 8 ⋅ P0 ⋅ zx / (ay ⋅ Lx

2)uy = 8 ⋅ P0 ⋅ zy / (ax ⋅ Ly

2)Umlenkrandlasten: vx = ux ⋅ Lx / 2

vy = uy ⋅ Ly / 2Umlenklinienlasten: vx = ux ⋅ Lx

vy = uy ⋅ Ly

Am ungestützten Rand einer Flachdecke entstehen auf-grund der geneigten Endtangenten der Spannglieder Umlenkrandlasten vx und vy – bzw. die lotrechten Kom-ponenten der Verankerungskräfte – die der Lastwirkung gleichgerichtete ungünstige Randbiegemomente erzeugen.

Bei einer mehrfeldrigen Flachdecke werden die Spann-glieder in den Stützstreifen mit Mindestkrümmungsradius umgelenkt, so dass dort Umlenklinienlasten vx und vy ent-stehen, die ebenfalls ungünstig wirken.

Würde man die aus den günstig wirkenden Umlenkflä-chenlasten resultierenden Umlenklinien- und -randlasten als Belastung der Flachdecke wirken lassen, hätte man nur eine Umlagerung der äußeren Flächenlasten auf konzentrierte Stützstreifenlasten bewirkt. Dabei entstehen in den Stütz-streifen zusätzliche Biegemomente in der gleichen Größen-ordnung wie die Biegemomente infolge äußerer Belastung.

Soll daher diese Vorspannmaßnahme nicht sinnlos sein, müssen die ungünstig wirkenden Umlenklinien- und -rand-lasten durch zusätzliche in den Stützstreifen konzentrierte Spannglieder aufgefangen werden. Aus den Gleichgewichts-bedingungen für die statisch bestimmte Wirkung der Flä-chenvorspannung ergibt sich eine Verdopplung des Spann-kraftbedarfs:

v L v L u u L Lx y y x x y x y⋅ + ⋅ = +( ) ⋅ ⋅

(1)

Die zusätzlichen Spannglieder für die Stützstreifen sind auf der Breite der kritischen Fläche des Durchstanzkegels Acrit (siehe [1], 10.5.1) zu verteilen, damit die konzentrierten Umlenkkräfte in den Stützbereichen unmittelbar durch die Stützen aufgenommen werden können.

2.1.3 StützstreifenvorspannungIn Flachdecken konzentrieren sich die Biegemomente infolge äußerer Lasten auf die Gurtstreifen und dort beson-ders auf die Stützbereiche. Eine zweilagige Betonstahlbe-wehrung über den Stützen in beiden Richtungen ist keine Seltenheit.

Daher sollte eine Vorspannmaßnahme vor allem zu einer „Normalisierung“ der beschriebenen Bewehrungsführung

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beitragen. Dieses Ziel kann durch eine ausschließliche Stütz-streifenvorspannung erreicht werden.

Abbildung 4: Stützstreifenvorspannung

Der Vergleich einer kombinierten Flächen- und Stützstrei-fenvorspannung mit einer ausschließlichen Stützstreifenvor-spannung liefert folgende Ergebnisse:

§ Die durch die ausschließliche Stützstreifenvorspannung erzeugten Biegemomente sind nicht mehr affin zu den Biegemomenten aus äußerer Belastung.

§ Bei ausschließlicher Stützstreifenvorspannung entstehen in den Gurtstreifen Biegemomente, die weitaus größer als die Hälfte der Biegemomente aus kombinierter Flä-chen- und Stützstreifenvorspannung mit dem insgesamt doppelten Spannkraftbedarf sind.

§ Die Normalkraftwirkung ist bei ausschließlicher Stütz-streifenvorspannung insgesamt nur halb so groß wie bei kombinierter Flächen- und Stützstreifenvorspannung. Sie ist in den Rand- und Eckfeldern in einer bzw. in beiden Richtungen überhaupt nicht vorhanden.

Als Resümee ist festzuhalten, dass§ für höhere Vorspanngrade die kombinierte Flächen- und

Stützstreifenvorspannung gewählt werden sollte – ins-besondere wenn der Grenzzustand der Dekompression nachzuweisen oder die Durchbiegung zu begrenzen ist,

§ während sich für niedrige Vorspanngrade die ausschließ-liche Stützstreifenvorspannung besser eignet, – insbe-sondere wenn der Stahlbedarf minimiert werden soll.

Bei nicht quadratischen Seitenverhältnissen der Felder sollte eine Flächenvorspannung durch zusätzliche Spannglieder im Stützstreifen der längeren Achsrichtung ergänzt werden, um den Bewehrungsbedarf in beiden Richtungen über den Stützen besser anzugleichen.

2.1.4 Wahl des VorspanngradesGedrungene Flachdecken sind für die teilweise Vorspannung wenig geeignet.

Bei großen Schlankheiten (L / h ≥ 30) und großen Nutz-lasten (qk,N > 10 kPa) führt die teilweise Vorspannung zum optimalen Gesamtbewehrungsaufwand.

Bei kleineren Schlankheiten (L / h < 30) und niedrigen Nutzlasten (qk,N < 5 kPa), besonders bei kleineren Stützwei-ten unter 7,0 m, lässt sich die Qualität durch teilweise Vorspannung gegenüber einer Stahlbetondecke erheblich verbessern, zum Teil nur mit geringem Mehraufwand.

Die teilweise Vorspannung sollte so gewählt werden, dass eine zusätzliche Durchstanzbewehrung vermieden wird:

v vEd Rd ct≤ , (2)

Bemessungswert der Querkraftbeanspruchung ([1], 10.5.3):

(3)

mit den Umlenklinienlasten der Stützstreifenvorspannung vx (–) und vy (–), die innerhalb des kritischen Rundschnitts (rcrit) wirken.Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit ([1], 10.5.4):

v f dRd ct L ck cd, , ,= ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅( ) − ⋅

⋅0 14 100 0 121

1 3η κ ρ σ (4)

mit den Anteilen

κ = + ≤1200

2 0d

, (5)

ρ ρ ρL Lx LysLx

x

sLy

y

cd yda

d

a

d

f f= ⋅ = ⋅

≤ ⋅

0 40

0 02

,

, (6)

σ σ σcd cx Ed cy Edx Ed y Edn

h

n

h= ⋅ +( ) ≅ ⋅ +

0 5 0 5, ,, ,

, ,

(7)

Die größtmöglichen Vorspanngrade werden durch kon-struktive Randbedingungen bestimmt, nämlich aus der größten Anzahl der im Stützstreifen unterzubringenden Spannglieder.

Bei teilweiser Vorspannung sollte in den Stützbereichen in beiden Richtungen jeweils nur eine obere Bewehrungs-lage angeordnet werden, um eine möglichst große nutzbare Höhe für die Spannglieder zu erhalten.

Für mittlere Nutzlasten (qk,N ≤ 10 kPa) ist es wirtschaft-lich, ca. 30% der Stützmomente aus äußerer Belastung durch teilweise Vorspannung aufzunehmen. Bei solchen niedrigen Vorspanngraden ist eine Stützstreifen-vorspannung sinnvoll.

vV

u

V V

u

V v L v L

u

EdEd Ed pd

Ed x y y x

=⋅

=⋅ −( )

≅⋅ + ⋅ + ⋅( )

β β

β

0

0

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Ein anderer Ansatz für die Bestimmung eines wirtschaft-lichen Vorspanngrads ist es, eine solche Kombination von Betonstahl und Spannstahl zu wählen, dass mit der Beton-stahlbewehrung sowohl die Begrenzung der Rissbreiten als auch die Biegetragfähigkeit nachgewiesen werden kann.

2.2 Verbundlose Vorspannung mit Monolitzen in freier Spanngliedlage

2.2.1 Bemessungskonzept „Vorgespannter Stahlbeton” [9]

Die Aufgabe der verbundlosen Vorspannung besteht in der§ Einhaltung der zulässigen Durchbiegung bei Platten und § Erhöhung des Durchstanzwiderstands bei Flachdecken

Dabei übernimmt die Betonstahlbewehrung die Aufgabe der § Gewährleistung der Tragsicherheit sowie der§ Begrenzung der Rissbreiten

Als Konsequenzen für die Spanngliedführung lässt sich daraus ableiten, dass§ die Affinität zur äußeren Belastung bzw. zu den äußeren

Biegemomenten nicht erforderlich ist, ebenso wenig die genaue Einhaltung der Spanngliedlage;

§ sich bei Platten die Ausführung in freier Spanngliedlage anbietet, da die Kosten für die Spanngliedunterstützun-gen relativ hoch sind und in der Regel keine Bügelbe-wehrung dafür verfügbar ist.

2.2.2 Monolitzen-Spannverfahren

In Flachdecken kommen in der Regel Monolitzen zum Ein-satz. Diese bestehen aus 7-drähtigen Litzen aus Spannstahl St 1570 / 1770 und sind mit einem werkseitigen Korrosions-schutz versehen. Einige Kennwerte dieses Spannverfahrens sind nachstehend aufgelistet:Zulässige Vorspannung: σpm0 =0,70 ⋅ fpk =0,70 ⋅ 1770=1239 MPaHöchste Spannung der Litzen an der Spannpresse: σp0 = 1340 MPaErtragbare Schwingbreite (an Endverankerungen und Kopplungen): ∆σp = 110 MPaReibung der einzelnen Litzen im mit Korrosionsschutzmasse gefüllten PE-MantelDehnungsbehinderung durch Reibung: µ = 0,06 k = β = 0,5° / mVerankerungsschlupf am Spannanker: ∆L = 5 mm

7-drähtige Litze ∅ 15,3 mm ∅ 15,7 mmQuerschnitt 140 mm2 150 mm2

Spannkraft pro Litze 178 kN 191 kNSpannkraft für 4 Litzen 714 kN 765 kNSpannkraft für 12 Litzen 2142 kN 2295 kNMinimaler Krümmungshalbmesser 2,50 m 2,60 m

Tabelle 1: Spannstahlquerschnitte und zulässige Spannkräfte

2.2.3 Freie SpanngliedlageDie Anwendung der freien Spanngliedlage ist auf Stahlbe-tonplatten mit höchstens 45 cm Dicke und auf Vorspannung mit Spanngliedern ohne Verbund zu beschränken. In der oberen und unteren Lage sind die Spannglieder mit dem Bewehrungsnetz zu verbinden (Verwendung von 2 mm dickem Draht und Überschubrohr) ([1], 12.10.4(7) und [9]).

Im Übergangsbereich zwischen oberer Spanngliedlage und Verankerung (z. B. bei einem Kragarm) darf der größte gegenseitige Abstand der Unterstützungen auf 1,5 m erhöht werden; im Übergangsbereich zwischen unterer und oberer Spanngliedlage oder unterer Spanngliedlage und Veranke-rung sogar auf 3,0 m ([1], 12.10.4(7) und [9]).

Die Höhe der zentrischen Vorspannung sollte auf 1,0 bis 1,5 MPa begrenzt werden, um Zwänge und damit auch Risse in benachbarten Bauteilen zu vermeiden [9].

Die parabolisch verteilten Umlenkkräfte u ergeben sich unter Annahme einer Parabel 4. Grades für die Biegelinien der frei durchhängenden Spannglieder nach Abbildung 5 und Abbildung 6. Verlauf, Neigung und Krümmung der Spannglieder sowie die freie Durchhanglänge und die zuge-hörigen Umlenkkräfte werden nachstehend für die Randan-hebung und die Mittenanhebung angegeben [10].

2.2.3.1 Randanhebung

Abbildung 5: Randanhebung der freien Spanngliedlage

Spanngliedverlauf

y x ex

L

x

L

xLR R R

( ) = − ⋅ − ⋅ + ⋅

4

4

3

32 2 (8)

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Neigung des Spanngliedes

y x ex

L

x

L LR R R

’( ) = − ⋅ ⋅ − ⋅ + ⋅

4 6 213

4

2

3

(9)

Krümmung des Spanngliedes

y x ex

L

x

LR R

’’( ) = − ⋅ ⋅ − ⋅

12 122

4 3

(10)

Mit der Vorspannkraft P ergibt sich der Verlauf der Umlenk-kräfte u(x) ≈ y’’(x) ⋅ P nach Gleichung (11). Diese lässt sich unter Berücksichtigung der maximalen Umlenkkraft an der Stelle x = LR/2 nach Gleichung (12) in Gleichung (13) über-führen.

u x z x P e Px

L

x

LR R

( ) ’’( )= ⋅ = − ⋅ ⋅ ⋅ −

122

4 3

(11)

ue P

LR1 2

3=

⋅ ⋅

(12)

u x ux

L

xLR R

( ) = − ⋅ ⋅ −

4 1

2

2

(13)

Unter Annahme der Biegelinie nach linearer Stabtheorie wird die freie Durchhanglänge der Randanhebung LR nach Gleichung (14) berechnet. Für eine Monolitze F150 mit I = 269,2 mm4, E = 195.000 N/mm2 und einem Eigengewicht g = 13,03 N/m vereinfacht sich der Ausdruck zu Gleichung (15).

LE I egR =

⋅ ⋅ ⋅244

(14)

L cm e cmR [ ] = ⋅ [ ]99 162 4,

(15)

2.2.3.2 Mittenanhebung

Abbildung 6: Mittenanhebung der freien Spanngliedlage

Spanngliedverlauf

y x e ex

L

x

L

x

Le

M M M

( ) ( )= + ⋅ − ⋅ + ⋅ − ⋅ +

−1 2

4

4

3

3

2

2 13 8 6 1

(16)

Neigung des Spanngliedes

y x e ex

L

x

L

x

LM M M

’( ) ( )= + ⋅ − ⋅ + ⋅ − ⋅

1 2

3

4

2

3 212 24 12

(17)

Krümmung des Spanngliedes

y x e ex

L

x

L LM M M

’’( ) ( )= + ⋅ − ⋅ + ⋅ − ⋅

1 2

2

4 3 236 48 12

1

(18)

Der Verlauf der Umlenkkräfte ergibt sich analog zur Randanhebung nach Gleichung (19). Diese Formulierung lässt sich unter Berücksichtigung der maximalen Umlenk-kraft u2 nach Gleichung (20) (vgl. Abbildung 6) in Gleichung (21) überführen.

u x z x P

e e Px

L

x

L LM M M

( ) ’’( )= ⋅

= ⋅ +( ) ⋅ ⋅− ⋅

+⋅

123 4 1

1 2

2

4 3 2 (19)

ue e P

LM2

1 22

12=

⋅ +( ) ⋅

(20)

u x ux

L

xLM M

( ) = ⋅ − ⋅ + ⋅ −

2

2

23 4 1

(21)

In Analogie zur Randanhebung wird die freie Durchhang-länge der Mittenanhebung LM nach Gleichung (22) bzw. (23) berechnet.

LE I e e

gM =⋅ ⋅ ⋅ +( )72 1 24

(22)

L cm e e cmM [ ] = ⋅ +( ) [ ]130 504 1 24,

(23)

3. Anwendungsbeispiel3.1 System

Die in Abbildung 7 dargestellte Flachdecke soll mit Vor-spannung ohne Verbund hergestellt werden [3]. Das Bauteil liegt im Innenbereich eines Gebäudes und wird der Anforde-rungsklasse D nach [1], Tab. 19 zugeordnet.

Da in diesem Fall kein Nachweis der Dekompression zu führen ist ([1], Tab. 18), wird eine teilweise Vorspannung gewählt. Dabei soll die verbundlose Vorspannung die Ein-haltung der zulässigen Durchbiegung gewährleisten und die zusätzliche Einlage von Durchstanzbewehrung erübrigen. Die Aufgabe der einzulegenden Betonstahlbewehrung liegt in der Gewährleistung der Tragsicherheit und der Begren-zung der Rissbreite.

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Abbildung 7: Grundriss der Deckenplatte

Die Vorspannung in der Deckenplatte wird durch über den Stützstreifen konzentrierte Monolitzen erzeugt. Dadurch wird ein zweistufiges Lastabtragungssystem mit einem erhöhten Spannstahlbedarf wie bei der flächenhaften Spannstahlanordnung vermieden. Die Vorteile der Mono-litzen liegen darin, dass sie aufgrund ihres geringen Durch-messers auch in der dünnen Flachdecke mit relativ großen Exzentrizitäten verlegt werden können und dass sie auf-grund ihrer geringen Spanngliedreibung geringere Spann-kraftverluste als Spannglieder mit nachträglichem Verbund aufweisen.

Bei der parabolischen Spanngliedführung ist zur Sicher-stellung der genauen Lage eine große Anzahl unterschied-lich hoher Unterstützungen notwendig, wobei diese genau eingemessen werden müssen. Um diesen großen Verlegeauf-wand zu vermeiden wird die freie Spanngliedlage gewählt. Hierbei ist lediglich die Unterstützung des Spannglieds in den Hochpunkten über der Stütze erforderlich ([1], 12.10.4(7)).

Durch das Eigengewicht hängt das Spannglied durch und liegt nach einer bestimmten Strecke auf der unteren Bewehrung. Die Gleichungen für den Spanngliedverlauf sind in Abs. 2.2.3 beschrieben.

In diesem Anwendungsbeispiel soll durch die Vorspannung folgendes erreicht werden:

§ Die Verformung der Stützstreifen unter Eigenlast soll durch die entgegengerichteten Umlenkkräfte infolge Vorspannung annähernd kompensiert werden. Damit verbleibt der Stützstreifen im ungerissenen Zustand und die Plattenschnittgrößen können für ein idealisiert-

liniengelagertes Plattenfeld z. B. nach [6] berechnet werden.

§ Die punktgestützte Platte soll ohne Durchstanzbeweh-rung ausgeführt werden.

3.2 Berechnungsgrundlagen

Beton: C35/45Betonstahl: BSt 500 SSpannstahl: St 1570/1770Expositionsklasse: Expositionsklasse XC 1Anforderungsklasse: Anforderungsklasse DSpannverfahren: Vorspannung ohne Verbund

System Suspa Spannverfahren Mono-litze SVM Litze ø 15,7 mm → Ap = 150 mm²weitere Kennwerte nach Zulassung (siehe auch [4])Ankertyp ME 6-2 (Ankerbüchse für zwei Spannglieder)

3.3 Betondeckung

Betondeckung: cnom = 30 mm → cx = 30 mm; cy = 30 + 20 = 50 mm

Die Achsmaße für die Spannstahlbewehrung ergeben sich unter der Bedingung, dass die Spannstähle in y-Richtung (vgl. Abbildung 7) mit dem Mindestabstand zum Bauteil-rand verlegt werden. Nach [1], 6.3(4) ist für Spannbeton-bauteile mit internen Spanngliedern ohne Verbund die erforderliche Mindestbetondeckung cmin der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung zu entnehmen. In dieser wird eine Mindestbetondeckung von 2,0 cm gefordert. Da die Mindestbetondeckung der Betonstahlbewehrung bereits 3,0 cm beträgt, ist für die Lage der Monolitzen die Lage des Betonstahls maßgebend.Spannstahl: up,y = cy + dp,duct,y/2 = 50 + 19/2 = 59,5mm

up,x = cy + ds,y + dp,duct,x/2 = 50 + 20 +19/2 = 79,5 mm

Abbildung 8: Skizze der Bewehrungslage im Feldbereich (Achse B)

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3.4 Einwirkungen

3.4.1 Äußere Einwirkungen§ Konstruktionseigengewicht: gk,1 = 25 ⋅ 0,26 = 6,50 kN/m²§ Ständige Last (Ausbaulast): gk,2 = 1,50 kN/m²§ Verkehrslast: qk = 3,25 kN/m²

3.4.2 Einwirkungen infolge VorspannungDie Vorspannung wird in dieser Berechnung als ständige Einwirkung durch Umlenk- und Ankerkräfte angesetzt.

Um die Einwirkungen zu ermitteln, ist zunächst der Spanngliedverlauf zu bestimmen. Dieser ist bei freier Spann-gliedlage von der Steifigkeit des Spanngliedes abhängig und wird durch Parabeln 4. Grades beschrieben. Daraus können die Neigung und Krümmung des Spanngliedes, die Umlenk-kräfte und die freie Durchhanglänge bestimmt werden (siehe Gleichung (8) bis (23)).

Bei der freien Spanngliedlage erzeugt das Spannglied eine parabolische Umlenkkraft. Für die praktische Berech-nung können äquivalente Umlenkkräfte durch Integration bestimmt und in den Flächenschwerpunkten der paraboli-schen Umlenkkräfte angesetzt werden. Hierbei ist zu beach-ten, dass der Spannkraftverlauf über den Innenstützen nicht ab Stützenmitte, sondern erst ab einer Entfernung von 15 cm von Stützenmitte beginnt, da nach [1] 12.10.4 (7) zwei Befestigungen an der oberen Betonstahlbewehrungslage im Stützbereich ausreichend sind, deren Abstand zwischen 30 cm und einem Meter betragen sollte. In diesem Beispiel wird der Abstand auf 30 cm festgelegt.

3.4.2.1 Spanngliedverlauf

§ Mittenanhebung Für die Mittenanhebung ergibt sich der Spanngliedverlauf

nach Gleichung (16) und die freie Durchhanglänge nach Gleichung (23). Bei der Ermittlung der Kennwerte e1, e2 und LM wird im Bereich der Kreuzungspunkte (Stützun-gen) davon ausgegangen, dass die Spannglieder in y-Rich-tung nahe zum Bauteilrand verlegt werden. Die Kenn-werte sind damit getrennt für die einzelnen Richtungen zu bestimmen.

x-Richtung: e1,x = e2,x = h/2 – up,x = 26/2 – 7,95 = 5,1 cm

LM x, , , ,= ⋅ +( )130 504 5 1 5 14 = 233 cm

y-Richtung: e1,y = e2,y = h/2 – up,y = 26/2 – 5,95 = 7,1 cm

LM y, , , ,= ⋅ +( )130 504 7 1 7 14 = 253 cm

§ Randanhebung Für die Randanhebung ergibt sich der Spanngliedverlauf

nach Gleichung (8) und die freie Durchhanglänge nach Gleichung (15):

x-Richtung: ex = h/2 – up,x = 26/2 – 7,95 = 5,1 cm

LR x, , ,= ⋅99 162 5 14 = 149 cm

y-Richtung: ey = h/2 – up,y = 26/2 – 5,95 = 7,1 cm

LR y, , ,= ⋅99 162 7 14 = 162 cm

3.4.2.2 Gesamtwirkung der VorspannkraftDie Gesamtwirkung der Vorspannkraft aus dem statisch bestimmten und dem statisch unbestimmten Anteil wird mit Hilfe der Umlenkkräfte und Verankerungskräfte ermittelt.

Die Spannglieder werden in den Stützstreifen nach [6] in x-Richtung (Achsen 1 bis 3) und in y-Richtung (Achsen B bis D) verlegt. Wie in 3.1 beschrieben, sollen durch die Umlenk-kräfte in den Stützstreifen die Verformungen infolge Eigen-gewicht kompensiert werden. Daher werden die Umlenk-kräfte an den gedanklich herausgeschnittenen Stützstreifen für eine Einheitsvorspannkraft P = 1 kN berechnet.

Die herausgeschnittenen Stützstreifen wirken als Durch-laufträger. Für die Rand- und Mittelfelder werden in dieser Berechnung Ersatzsysteme bestimmt. Für den Randbereich ergibt sich dabei ein Einfeldbalken (b/h = 1,00/0,26 [m]), der einseitig voll und einseitig teilweise eingespannt ist. Ent-sprechende Drehfedersteifigkeiten für die elastische Ein-spannung können in Abhängigkeit der Stützenabmessung und -länge bestimmt werden:

Stütze Lcol = 3,50 m: b/h = 70/20 [cm]: 35520 kNm/rad b/h = 20/70 [cm]: 435120 kNm/rad b/h = 45/45 [cm]: 303446 kNm/rad

Dieses Ersatzsystem der Stützstreifen wird mit den Umlenk-kräften belastet. Statt den Verlauf der Umlenkkraft u(x) entsprechend Abbildung 5 und Abbildung 6 nachzubilden, werden äquivalente Umlenkkräfte U durch Integration nach Gleichung (24) und (25) berechnet und als entgegengesetzt wirkende äußere Einwirkung angesetzt [4].

§ Randanhebung

U U u x dxe

LPR R

L

R

R

1 20

2= = =

⋅⋅∫ ( )

(24)

U1R bei x = 0 U2R bei x = LR/2

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§ Mittenanhebung

U U u x dx u x dx

e e

LP

M M

L

L

L

M

M

M

M

1 20

3

3

1 2169

2

= = =

= ⋅⋅ +( )

∫ ∫( ) ( )/

/ (25)

U1M bei x = 1/9 ⋅LM U2M bei x = 2/3 ⋅ LM

Exemplarische Berechnung für ein Innenfeld in x-Richtung (Achse 2/B–C):

U UM M1 2

169

5 1 5 1233

10= = ⋅+

⋅( , , )

, = 0,0778 kN

U1M = 0,0778 kN bei x = 1/9 ⋅ 233 ≈ 26 cm U2M = –0,0778 kN bei x = 2/3 ⋅ 233 ≈ 155 cm

Der Abstand der Einzellasten von der Auflagermitte (Achse B und C) vergrößert sich aufgrund der Verankerung an der fixierten Betonstahlbewehrung um 15 cm:

x = 26 + 15 = 41 cm bzw. x = 155 + 15 = 170 cm (vgl. Abbildung 9).

Abbildung 9: Ersatzsystem Stützstreifen (Innenfeld) in x-Richtung

Die Durchbiegungen der Stützstreifen in Feldmitte werden für Ersatzsysteme entsprechend Abbildung 9 mit einem Stabwerksprogramm ermittelt. Die Berechnung für die Randfelder verläuft analog mit Gleichung (24), wobei die Randeinspannungen in der Stabwerksberechnung berück-sichtigt werden. Damit können die äquivalenten Umlenk-kräfte und die Durchbiegungen in Feldmitte der heraus-geschnittenen Stützstreifen unter einer Vorspannkraft P = 1,0 kN wie in Tabelle 2 zusammengefasst berechnet werden.

Achse Feld Richtung Spannweite [m]

Verformung [mm]

2/B-C Innenfeld X 5,40 0,00162/C-D Randfeld X 5,40 0,0013B/2-3 Randfeld Y 8,20 0,0053B/1-2 Randfeld Y 5,50 0,0028

Tabelle 2: Wirkung der Vorspannung für eine Einheitsvor-spannung P = 1,0 kN

3.5 Vorspannkraft

3.5.1 AllgemeinesBei der Ermittlung des Mittelwertes der Vorspannkraft Pm0 sind folgende Einflüsse zu beachten ([1], 8.7.2 (4)):§ elastische Verformung des Bauteils§ Reibungsverluste§ Verankerungsschlupf

Bei der Ermittlung des Mittelwertes der Vorspannkraft Pmt zum Zeitpunkt t > t0 sind zudem nachstehende Einflüsse zu berücksichtigen ([1], 8.7.2 (6)):§ Verluste aus Kriechen und Schwinden des Betons§ Langzeitrelaxation des Spannstahls

3.5.2 Vorspannkraft zum Zeitpunkt t = t0

Die mittlere Vorspannkraft Pm0 unmittelbar nach dem Vor-spannen des Bauteils beträgt an der Stelle x:

P P P P Pm0 x c x sl x( ) ( ) ( )= − − −0 ∆ ∆ ∆µ (26)

P0 = maximale Spannkraft während des Spannvorgangs∆Pc = Spannkraftverlust infolge elastischer

BetonverkürzungPµ (x) = Reibungsverluste∆Psl (x) = Spannkraftverluste infolge Ankerschlupf

3.5.2.1 Maximale Spannkraft P0

Nach [1], 8.7.2 sind die höchst aufgebrachten Spannkräfte P0,max und die maximalen unmittelbar nach dem Vorspan-nen vorherrschenden Spannkräfte Pm0,max des Bauteils für den Gebrauchzustand zu begrenzen.

P

A f

kN

A f

p pk

p p0

3

0 1

0 8 150 0 8 1770 10

212 4

0 9,max

,

min

, ,

,

,≤

⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ ⋅

=

⋅ ⋅

kk

m

p pk

kN

P

A f

= ⋅ ⋅ ⋅

=

⋅ ⋅ =

−150 0 9 1500 10

202 5

0 75

3

0

,

,

min

,

,max

1150 0 75 1770 10

199 1

0 85 150 0 85 1500 10

3

0 1

⋅ ⋅ ⋅

=

⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ ⋅

−,

,

, ,,

kN

A fp p k−−

=

3

1913, kN

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3.5.2.2 Verluste infolge elastischer Bauteilverkürzung ∆Pc

Während des Spannvorgangs werden die einzelnen Spann-glieder nacheinander gegen den erhärtenden Beton vor-gespannt. Dabei kommt es beim Spannen jedes einzelnen Spanngliedes zur elastischen Bauteilverkürzung. Damit die Spannkraft der ersten vorgespannten Spannglieder nicht unter den angesetzten Wert absinkt, sind die ersten Spann-glieder um das Maß der gesamten elastischen Bauteilver-kürzung zu überdehnen, wobei das letzte Spannglied ohne Überdehnung gespannt werden kann.In diesem Beispiel wird ∆Pc zu Null gesetzt.

3.5.2.3 Verluste durch AnkerschlupfDurch den bei Keilverankerungen zu berücksichtigenden Ankerschlupf reduziert sich im Bauteil die anfängliche Spannkraft bis zum Blockierpunkt. Für diesen Ankerschlupf finden sich in der Zulassung entsprechende Angaben. Wenn der Ankerschlupf sich über die gesamte Bauteillänge aus-wirkt, sollte nach Möglichkeit eine schlupfarme Veranke-rung (Presshülsen) verwendet werden. In diesem Beispiel werden keine Verluste aus Ankerschlupf angesetzt.

3.5.2.4 Verluste infolge ReibungNach [1], 8.7.3(3) dürfen Spannkraftverluste näherungs-weise nach Gleichung (27) berechnet werden:

∆∆Θ ΘP x P e

P x

Pek x k x

µµ µ µ( ) ( )

( )( )( ) ( )= ⋅ − → = −− ⋅ + ⋅ − ⋅ + ⋅

00

1 1

(27)

Der Reibungsbeiwert beträgt nach Zulassung µ = 0,06, der ungewollte Umlenkwinkel wird mit k = 0,5°/m (= 0,00873 rad/m) angegeben.Θ ist der planmäßige Umlenkwinkel, der für die Rand- und Mittenanhebung bestimmt werden muss.

§ RandanhebungΘRi

R

y xe

L= =( ) = ⋅

arctan ’( ) arctan0 2

mit y’(x) nach Gleichung (9)

An einer Randstütze wird ein Umlenkwinkel angesetzt, da hier kein Wendepunkt vorhanden ist und damit lediglich eine Winkeländerung von geneigter zu horizontaler Spann-gliedlage vorliegt (vom Mittelpunkt der Randstütze wird das Spannglied mit der gleichen Steigung (geradlinig) bis zum Spannanker geführt).

§ Mittenanhebung

ΘMiMy x

L= =

arctan ’3 mit dem Wendepunkt bei

xLM=3

und y’(x) nach Gleichung (17)

ΘMiM

e eL

= ⋅+

arctan169

1 2

Aufgrund jeweils eines Wendepunkts zu beiden Seiten einer Stütze ergeben sich vier Winkeländerungen von geneigtem zu horizontalem Spanngliedverlauf. Damit müssen vier Umlenkwinkel an einer Mittelstütze berücksich-tigt werden.

Die Summe der Umlenkwinkel eines Spanngliedes beträgt:

Θ Θ Θ∑ = ⋅ + ⋅x y R x y M x y/ , / , /2 4

Die Spannglieder werden bis auf die Spannglieder in der Achse 3 wechselseitig vorgespannt. Die Spannglieder in der Achse 3 werden einseitig vom Punkt D-3 vorgespannt und im Punkt B-3 verankert.

3.5.2.5 SpannkraftverlaufIn Abbildung 10 ist der Spanngliedverlauf in Achse B darge-stellt (zweifach überhöht).

Der Spannkraftverlauf mit wechselseitiger Vorspannung wird für den Stützenstreifen in Achse B in Abbildung 11 dargestellt. Anhand dieser Darstellung wird deutlich, dass in den Bereichen außerhalb der Durchhanglänge, nur die infolge der ungewollten Umlenkwinkel auftretende geringe Reibung wirksam wird.

Für die weitere Berechnung wird aufgrund des flachen Spannkraftabfalls vereinfacht mit dem Mittelwert der Vorspannkraft gerechnet. Dieser ergibt sich zum Zeitpunkt t = t0 zu: Pm0 = 185,5 kN.

Abbildung 10: Spanngliedverlauf in Achse B/1-3

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Abbildung 11: Resultierender Spannkraftverlauf in Achse B

3.5.3 Vorspannkraft zum Zeitpunkt t = t∞Für Spannglieder ohne Verbund dürfen die zeitabhängigen Spannkraftverluste aus Kriechen und Schwinden des Betons und der Relaxation des Spannstahls zum Zeitpunkt t=∞ nach Gleichung (28) berechnet werden ([1] 8.7.3 (7)):

∆∆

σε σ α ϕ σ σ

αp c s r

cs p pr p cg cp

pp

c

c

E t

A

AA,

,+ +

∞=

⋅ + + ⋅ ∞( ) ⋅ +( )+ ⋅ ⋅ +

0 0

1 1II

z tc

cp⋅

⋅ + ⋅ ∞( ) 2

01 0 8, ,ϕ

(28)Nach [7] kann der Spannkraftabfall bei Vorspannung ohne Verbund in statisch bestimmten Systemen auch nach Glei-chung (29) berechnet werden. Dieser Ansatz beruht auf der Bedingung, dass die gegenseitige Verschiebung zwischen Spannglied und Beton in der Spannstahlfaser (eingeprägter Spannweg) konstant ist.

Pt t t t t t

mcs s cp p g p p

p cpϕ

δ ϕ δ ψ δδ δ

=+ ⋅ − ⋅

+ ⋅ ++( , , ) ( , ) ( )

,,

, ,

0 0 0

1 1 1 0 8 ⋅⋅ ϕ( , )t t0

(29)

Nach [4] können die zeitabhängigen Spannkraftverluste auch mit Gleichung (30) beschrieben werden.

∆∆

σε σ α ϕ σ σ

ασσ

p c s rcs p pr p cg cp

pcp dir

E t,

,

,+ +

∞=

⋅ + + ⋅ ∞( ) ⋅ +( )− ⋅

0 0

01ppm

t0

01 0 8⋅ + ⋅ ∞( ) , ,ϕ

(30)

Die Bestimmung der Eingangswerte wird in [2] erläutert. Für die vorliegende Beispielrechnung wird der Spannkraftverlust in y-Richtung nach (28) wie folgt ermittelt.

Daraus können für den Zeitpunkt t = ∞ folgende Größen bestimmt werden:§ Spannkraftverluste je Spannglied: ∆Pc+s+r,y = –219,6 · 150 · 10–3 = –32,9 kN§ mittlere Spannkraft: Pm∞y = Pm0y + ∆Pc+s+r,y = 185,5 – 32,9 ≈ 153 kN

Der Faktor zur Berücksichtigung der Spannkraftverluste infolge Kriechen, Schwinden und Relaxation wird aufgrund der geringen Unterschiede in x- und y-Richtung einheitlich für alle Spannglieder angesetzt:η∆Pc+s+r = Pm∞y / Pm0y = 153 / 185,5 = 0,82

3.5.4 Ermittlung des Vorspanngrades

Für die vorliegende Anforderungsklasse D ist der Nachweis der Dekompression nicht erforderlich. Um die Anzahl n der Spannglieder in den Stützstreifen zu bestimmen wird die Durchbiegung der Stützstreifen beschränkt. Es wird angenommen, dass die Verformung ausreichend behindert wird, wenn die Stützstreifen als „Linienlager“ für die dazwi-schenliegende Deckenplatte dienen. Diese Anforderung an die vorgespannten Stützstreifen kann als erfüllt angesehen werden, wenn die Verformung infolge Deckeneigenlast (wgk1) der Verformung infolge der Vorspannung (wp,∞) nach Gleichung (31) entspricht.

w n wgk p1 0+ ⋅ ≈∞, (31)

3.5.4.1 Verformung aus Vorspannung wp,∞In Tabelle 2 sind die unter Ansatz einer Einheitsvorspannung P = 1,0 kN an Ersatzsystemen für die Stützstreifen (vgl. Abbildung 9) berechneten Verformungen angegeben. Aus-gehend von diesen Werten wird die Verformung zum Zeit-punkt t = ∞ nach Gleichung (32) ermittelt und in Tabelle 3 angegeben.

w w Pp s Pc s r m,∞ + += ⋅ ⋅η∆ 0 (32)

x-Richtung(Achsen 1 und 2)

x-Richtung(Achse 3)

y-Richtung(Achsen B, C, D)

Rand-feld

Innen-feld

Rand-feld

Innen-feld

Randfeld(Achsen 2-3)

Randfeld (Achsen 1-2)

ws [mm] 0,0013 0,0016 0,0013 0,0016 0,0053 0,0028Pm0 [–] 184,5 184,5 187 187 185,5 185,5η∆Pc+s+r [–] 0,82 0,82 0,82 0,82 0,82 0,82wp∞ [mm] 0,197 0,242 0,199 0,245 0,806 0,426wp∞,m [mm] 0,220 0,222 0,616

Tabelle 3: Verformungen infolge Vorspannung

∆σp c s r y, ,

, , , ( ,

+ +

− ⋅ ⋅ − + ⋅ ⋅ −=

−6110 195000 71 25195000

33300245 2614 ))

,, ,

,

1195000

33300

2 61

12371 0 8 2 45

219 62

− ⋅−

⋅ + ⋅

[ ]

=N

mm

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3.5.4.2 Verformung aus Deckeneigenlast wgk,1

Die Verformungen der Stützstreifen infolge der Deckenei-genlast gk,1 = 6,5 kN/m² werden an den gleichen Ersatzsys-temen ermittelt wie infolge Vorspannung (vgl. Abbildung 9). Dazu werden die Lasteinflussflächen und die daraus resul-tierenden Dreiecks- und Trapezlasten nach [6] verwendet. Der Stützstreifen wird als unverschiebliches Linienlager für die zweiachsig gespannte Stahlbetonplatten betrachtet.

3.5.4.3 Ermittlung der Spanngliedanzahl und AnordnungDie erforderliche Spanngliedanzahl ergibt sich, indem die Verformung infolge Deckeneigenlast durch die Verformung infolge Vorspannung eines Spanngliedes zum Zeitpunkt t = ∞ im betrachteten Stützstreifen dividiert.

nw

wgk

p

=∞

,1

(33)

Um alle Spannglieder für den Nachweis gegen Durchstanzen nutzen zu können, sollten sie über die Breite des kritischen Rundschnitts verteilt werden (vgl. [1], 10.5.2): bcrit = 0,45 + 2 ⋅ 1,5 ⋅ 0,21 = 1,08 m

Hiervon abweichend werden die Spannglieder in diesem Beispiel gleichmäßig über die Stützstreifenbreite b nach [6], 3.3 verteilt.

Innenstützstreifen: bI = 0,1 · L1 + 0,1 · L2

Randstützstreifen: bR = 0,1 · L1 + 0,5 · dcol

3.6 Grenzzustände der Tragfähigkeit

Die Berechnung einer punktgestützten Deckenplatte mit unregelmäßigem Stützenraster wird in der Regel mit einem auf der FE-Methode basierenden Programm durchgeführt. Da die Stützstreifenvorspannung derart gewählt wurde, dass die Stützstreifen als unverschiebliche Linienlager der Deckenfelder angesehen werden können, wird die Platten-berechnung für eine liniengelagerte, zweiachsig gespannte

Decke ermöglicht. In dieser Beispielrechnung wird die Vor-spannung (mit ihren Umlenk- und Verankerungskräften nach Abbildung 5 und Abbildung 6) als äußere Einwirkung in Form einer Flächenlast mit der Breite des Stützstreifens auf einer punktgestützten Platte angesetzt. Damit ist auch die statisch unbestimmte Wirkung der Vorspannung in den Bemessungsschnittgrößen enthalten.

Durch die Vorspannung erhöht sich der Biegetragwider-stand der Deckenplatte. Diese positive Wirkung kann in den Nachweisen für Biegung mit Längskraft angesetzt werden. Einen wesentlichen Einfluss hat die Vorspannung insbeson-dere bei punktgestützten Platten auf den Durchstanzwider-stand, so dass im Folgenden nur diese Nachweisführung im Grenzzustand der Tragfähigkeit betrachtet werden soll.

3.6.1 Übergang in den Zustand IIBei der Schnittgrößenermittlung werden in der Regel unge-rissene Querschnitte angesetzt (Zustand I). Der Spannungs-zuwachs ∆σP in den verbundlosen Spanngliedern beim Übergang in den gerissenen Zustand wird in diesem Beispiel nicht berücksichtigt (vgl. auch [1], 10.2(7)).

3.6.2 DurchstanzwiderstandDurch die Vorspannung soll eine Durchstanzbewehrung vermieden werden. Zu diesem Zweck bietet sich der nach-stehende Arbeitsablauf an:

§ Ermittlung der Schnittkräfte an den Stützen, an denen der Nachweis gegen Durchstanzen erfolgt. Die maßge-benden Bemessungswerte der Schnittgrößen und Auf-lagerkräfte werden für eine Lastkombination aus dem

x-Richtung y-RichtungInnengurt(Achse 2)

Randgurt(Achse 1)

Randgurt(Achse 3)

Innengurt(Achsen B und D)

Randgurt(Achse D)

bI oder bR [m] ≈1,4 0,65 ≈0,9 ≈1,1 ≈0,9wgk1,m [mm] 1,296 0,374 0,374 7,132 2,344wp,∞ [mm] 0,220 0,220 0,222 0,616 0,616nerf (Stk.) 6 2 2 12 4ngew (Stk.) 8 4 4 14 6

Tabelle 4: Verformungen und gewählte Anzahl an Spanngliedern

Abbildung 12: Spanngliedverteilung Übersicht

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Konstruktionseigengewicht gk1, der Ausbaulast gk2 , der Verkehrslast und der Vorspannung bestimmt.§ Bestimmung der einzulegenden Längsbewehrung durch

eine Bemessung für Biegung mit Längskraft an den maß-gebenden Schnitten.§ Nachweis gegen Durchstanzen nach [1] 10.5, wobei die

Querkraftkomponente der geneigten Spannglieder VPd bei der Ermittlung der einwirkenden Querkraft berück-sichtigt werden darf ([1], 10.5.3(5)). Für Nachweise, die den kritischen Rundschnitt betreffen, sollte die Neigung des Spannglieds am Schnittpunkt zwischen Spannglied und Durchstanzkegel nach Abbildung 13 erfolgen (vgl. auch [11]).“§ Falls eine Durchstanzbewehrung erforderlich wird, sollte

die Spanngliedzahl soweit erhöht werden, dass die Quer-kraftkomponente der Spanngliedkraft die aufzunehmende Querkraft im kritischen Rundschnitt soweit abmindert, dass sie kleiner als die Querkrafttragfähigkeit ohne Durch-stanzbewehrung ist.

Bei einer Durchstanzbemessung gehen die Längsbeweh-rungsgehalte und die Normalspannung in der Platte in die Nachweisführung ein. Diese sind für die beiden Achs-richtungen zu verschiedenen Zeitpunkten (t = 0, t = ∞) zu bestimmen. In dieser Berechnung ist der Zeitpunkt t = ∞ maßgebend.

Exemplarisch wird hier die Nachweisführung für die Innenstütze in Achse B/2 geführt. Dabei liegen die in Tabelle 5 angegebenen Verhältnisse an der Stütze vor.

Statische Nutzhöhe der Betonstahlbewehrung: dx = 22 cm, dy = 20 cm (vgl. Abbildung 8)

Das auf die Bewehrungsachse bezogene Moment ergibt sich mit der Drucknormalkraft infolge Vorspannung zu: mEds = |mEd| – nEd · (d – h/2). Druckkräfte sind hierbei negativ einzusetzen.

x-Richtung y-RichtungmEd [kNm/m] –67,1 –69,4nEd [kN/m] –226,3 –447,1mEds [kNm/m] 87,5 100,7as,erf [cm2/m] 4,3 2,1as,vorh [cm2/m] 5,13 5,03Innenstütze Achse B/2: VEd,B2 = 765,0 kN

Tabelle 5: Bemessungsgrößen

Der Nachweis der Sicherheit gegen Durchstanzen wird z. B. in [8] beschrieben und wie folgt durchgeführt.

§ Mittlere statische Nutzhöhe der Bewehrung: dm = (dx + dy) = (22 + 20) = 21cm§ Kritischer Rundschnitt ([1], Bild 39): ucrit = 4 ⋅ 0,45 + 2 ⋅ π ⋅ (1,5 ⋅ 0,21) = 3,78 m§ Bemessungswert der Querkraftbeanspruchung

(Gleichung (3)): vEd = β ⋅ VEd / ucrit ,

mit β = 1,05 für Innenstützen nach [1], Bild 44

Die Stützenauflagerkräfte enthalten die statisch unbe-stimmte Wirkung der Vorspannung. Zusätzlich darf bei der Querkraft im kritischen Rundschnitt die statisch bestimmte Wirkung der Vorspannung VPd in Ansatz gebracht werden (vgl. Abbildung 13). VEd0= 765,0 kN VEd = VEd0 – VPd

Querkraftkomponente der geneigten Spanngliedern: VPd = n ⋅ Pm∞ ⋅ sin Θ

Die maßgebende Spanngliedkraft ergibt sich zum Zeitpunkt t = ∞, da die Querkraftkomponente der Spanngliedkraft dann aufgrund der zeitabhängigen Verluste am geringsten ist.

Die Neigung des Spanngliedes ist nach Abbildung 13 im Abstand 10 ⋅ d zu bestimmen. Der Abstand x ab der Spann-gliedfixierung wird nachstehend ermittelt: x = 0,5 ⋅ (bcol + 2 ⋅ 1,0 ⋅ d – a)

mit a = 30 cm (Abstand der Spanngliedbefestigung) x = 0,5 ⋅ (45 + 2 ⋅ 1,0 ⋅ 21 – 30) = 28,5 cm

Abbildung 13: Abmessungen im Bereich des kritischen Rundschnitts

Die Neigung des Spanngliedes wird mit Gleichung (17) berechnet. Mit x = 0,285 m und den Kennwerten des Spanngliedverlaufs nach Abs. 3.4.2.1 ergeben sich folgende Umlenkwinkel:

x-Richtung:e1,x = e2,x = 5,1 cm, LM,x = 233 cm

y

x

' , , ,, , ,

, sin

28 5 51 51 1228 5

23324

28 5

23312

28 5

233

0 049

3

4

2

3 2( ) = +( ) ⋅ − ⋅ + ⋅ − ⋅

= = Θ

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y-Richtung:e1,y = e2,y = 7,1 cm, LM,y = 253 cm

y

y

' , , ,, , ,

, sin

28 5 71 71 1228 5

25324

28 5

25312

28 5

253

0 060

3

4

2

3 2( ) = +( ) ⋅ − ⋅ + ⋅ − ⋅

= = Θ

Für den Durchstanznachweis sind nur die im kritischen Rundschnitt vorhandenen Spannglieder wirksam (vgl. Abbil-dung 12):nx,crit = nx · bcrit / bx = 8 · 1,08 / 1,40 = 6,2 ≈ 6ny,crit = ny · bcrit / by = 14 · 1,08 / 1,10 = 13,8 ≈ 14

Querkraft infolge Vorspannung im kritischen Rundschnitt zum Zeitpunkt t = ∞ (Annahme: Pm∞,x = Pm∞,y):VPd∞,x = 2 · (nx,crit · Pm∞,x · sin Θx) = 2 · (6 · 0,82 · 185,5 · 0,049) = 89,4 kNVPd∞,y = 2 · (ny,crit · Pm∞,y · sin Θy) = 2 · (14 · 0,82 · 185,5 · 0,060) = 255,5 kN

Bemessungswert der Querkraft mit Vorspannung:VEd = VEd0 – VPd = 765,0 – (89,4 + 255,5) = 420,1 kNvEd = β · VEd / ucrit = 1,05 · 420,1 / 3,78 = 116,7 kN/m = 0,117 MN/m

Zur Veranschaulichung der Auswirkung einer Vorspannung auf die Durchstanztragfähigkeit wird auch der Bemessungs-wert der Querkraft ohne Vorspannung ermittelt. Der Anteil der statisch unbestimmten Vorspannung wird hierbei ver-nachlässigt.VEd = VEd0 = 765,0 kNvEd = β · VEd / ucrit = 1,05 · 765,0 / 3,78 = 212,5 kN/m = 0,213 MN/m

§ Querkrafttragfähigkeit ohne Durchstanzbewehrung (Gl. (4)):

v f d

d

Rd ct L ck cd,/

, ,

/

= ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅( ) − ⋅

= +

0 14 100 0 12

1 200

11 3η κ ρ σ

κ == + = <

= + < ⋅ <

1 200 210 198 2 0

0 4 0 02

/ , ,

, / ,ρ ρ ρL Lx Ly cd ydf f

ρLx = 5,13 / (100 · 22) = 0,0023 ρLy = 5,03 / (100 · 20) = 0,0025

ρL = ⋅= < ⋅= <

0 0023 0 0025

0 0024 0 4 19 8 435

0 018 0 02

, ,

, , , /

, ,

σcd = (σcd,x + σcd,y) / 2σcd,x = nEd,x /Ac,x = –226,3 / 0,26 = –870 kN/m²σcd,y = nEd,y /Ac,y = –447,1 / 0,26 = –1720 kN/m²

σcd = (870 + 1720) / 2 = –1295 kN/m²

vRd ct,

/, , , , , , ,

=

⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅( ) + ⋅

⋅0 14 10 198 100 0 0024 35 0 12 1 295 0 21 3 11

= 0,151 MN/mNachweis mit Vorspannung:

vd,ct = 0,151 MN/m > vEd= 0,117 MN/m

Nachweis ohne Vorspannung:vd,ct = 0,151 MN/m < vEd= 0,213 MN/m

Im Bereich der Innenstütze Achse B/2 kann durch den Einsatz der Vorspannung auf eine Durchstanzbewehrung verzichtet werden!

4 Literatur

[1] DIN 1045-1: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton, Teil

1: Bemessung und Konstruktion; Ausgabe Juli 2001.

[2] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Heft 525; Beuth-Verlag, 2003.

[3] Cordes, M.: Hausarbeit im Kurs „Spannbeton, neue Betonbauarten“.

Institut für Massivbau, Universität Hannover, 2003.

[4] Deutscher Beton und Bautechnik Verein, Beispiele zur Bemessung

nach DIN 1045-1, Band 2: Ingenieurbau, 2003.

[5] Eibl, J.; Ivanyi, G.; Buschmeyer, W.; Kobler, G.: Vorspannung ohne Ver-

bund – Technik und Anwendung. Betonkalender 1995, Teil 2, Ernst &

Sohn Verlag, 1995.

[6] Grasser, E.; Thielen, G.: Hilfsmittel zur Berechnung der Schnittgrößen

und Formänderungen von Stahlbetontragwerken. Deutscher Aus-

schuss für Stahlbeton Heft 240, 1991.

[7] Grünberg, J.: Spannbetontragwerke mit CAD-Anwendungen.

Vorlesungsskript Sommersemester 2004, Institut für Massivbau der

Universität Hannover; 2004.

[8] Grünberg, J.: Stahlbeton- und Spannbetontragwerke nach DIN 1045.

Springer, 2002.

[9] Maier, M.; Wicke, K.: Die Freie Spanngliedlage – Entwicklung und

Umsetzung in der Praxis, Beton- und Stahlbetonbau 95 (2000), Heft

2, S.62ff.

[10] Maier, M.; Wicke, K.: Die Freie Spanngliedlage. Bauingenieur 73

(1998), S. 162ff.

[11] Zilch, K; Hammelehle, G.: Beurteilung des rechnerischen Ansatzes

des vertikalen Anteils der Vorspannung beim Durchstanznachzweis

von vorgespannten Flachdecken auf Grundlage des Eurocode 2 prEN

1992-1-1 (July 2002, stage 49).

Forschungsbericht T 3041 Fraunhofer IRB Verlag. Stuttgart, 2004.