17
FRILO-Magazin 51 Fachthema DIN 1045-1 Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) Jürgen Grünberg 1 Vorspannung von Stahlbetonbauteilen 1.1 Einführung Der Teil 1 der neuen DIN 1045 [DIN 1045-1 – 01] geht inhaltlich vom Eurocode 2 [ENV 1992-1 – 92] aus und umfasst darüber hinaus den aktuellen Wissensstand für die Bemessung und Konstruktion von Betontragwerken. Da vor diesem Hintergrund unterschiedliche Bemes- sungskonzepte nicht mehr zu begründen sind, werden in DIN 1045-1 die technischen Regeln für Beton, Stahlbeton und Spannbeton zusammengefasst. Damit entfällt die bis- herige DIN 4227. In Bezug auf den Spannbeton wurde DIN 1045-1 wie folgt strukturiert: Die Besonderheiten vorgespannter Tragwerke werden in Abschnitt 8.7, der Baustoff Spannstahl in Abschnitt 9.3 behandelt. In die übrigen Abschnitte wurden die den Spann- beton betreffenden Einzelregelungen integriert. 1.2 Vorspannung als Einwirkung Vorspannung durch Spannglieder kann als eine Einwirkung aus Verankerungs- und Umlenkkräften betrachtet oder durch einwirkende Schnittgrößen repräsentiert werden. Bei statisch bestimmt gelagerten Tragwerken ergeben sich am Verbundquerschnitt keine resultierenden Schnitt- größen. Zwischen der Vorspannkraft im Spannstahl und den Reaktions-Schnittgrößen am Betonquerschnitt stellt sich ein Eigenspannungszustand ein. Durch die Vorspannung mit der Kraft P (0) wird in das Stahlbetonbauteil eine Druckkraft N cp (0) eingeleitet, mit dem zugehörigen Biegemoment M cp (0) : N cp (0) = – P (0) (1) M cp (0) = – P (0) z ip (2) 1.3 Vorspannung als Widerstand Alternativ zu 1.2 kann Vorspannung als Dehnungszustand erfasst werden (Vordehnung ε p (0) mit entsprechender Vor- verkrümmung κ (0) , siehe Bild 1). Die Vordehnung ε p (0) wird beim Querschnittswiderstand berücksichtigt und ist auf den Spannbettzustand bezogen. Als Spannbettzustand wird der Spannungs- und Deh- nungszustand im Spannstahl bezeichnet, der dem span- nungsfreien Betonquerschnitt entspricht, und zwar zu einem beliebigen Zeitpunkt t unter Berücksichtigung zeit- abhängiger Verformungen des Spannstahls und des Betons, siehe DIN 1045-1, 8.7.1 (3): ε p p p P E A () () 0 0 = (3) κ () () 0 0 0 1 = = r M E I cp c i (4) 1.4 Arten einer Vorspannung Die Wirkung der Vorspannung wird zunächst durch die Vorspannkraft P m0 unmittelbar nach dem Spannen unter Berücksichtigung der damit verbundenen Bauteilreaktionen (Spanngliedreibung, Verankerungsschlupf oder planmäßige Nachlass- und Wiederanspannvorgänge sowie elastische Verformungen des Betons) beschrieben. Bild 1: Eigenspannungs- zustand Vorspan- nung

Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

FRILO-Magazin 51

Fachthema DIN 1045-1

Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001)Jürgen Grünberg

1 Vorspannung von Stahlbetonbauteilen

1.1 Einführung

Der Teil 1 der neuen DIN 1045 [DIN 1045-1 – 01] geht inhaltlich vom Eurocode 2 [ENV 1992-1 – 92] aus und umfasst darüber hinaus den aktuellen Wissensstand für die Bemessung und Konstruktion von Betontragwerken.

Da vor diesem Hintergrund unterschiedliche Bemes-sungskonzepte nicht mehr zu begründen sind, werden in DIN 1045-1 die technischen Regeln für Beton, Stahlbeton und Spannbeton zusammengefasst. Damit entfällt die bis-herige DIN 4227. In Bezug auf den Spannbeton wurde DIN 1045-1 wie folgt strukturiert: Die Besonderheiten vorgespannter Tragwerke werden in Abschnitt 8.7, der Baustoff Spannstahl in Abschnitt 9.3 behandelt. In die übrigen Abschnitte wurden die den Spann-beton betreffenden Einzelregelungen integriert.

1.2 Vorspannung als Einwirkung

Vorspannung durch Spannglieder kann als eine Einwirkung aus Verankerungs- und Umlenkkräften betrachtet oder durch einwirkende Schnittgrößen repräsentiert werden.

Bei statisch bestimmt gelagerten Tragwerken ergeben sich am Verbundquerschnitt keine resultierenden Schnitt-größen. Zwischen der Vorspannkraft im Spannstahl und den Reaktions-Schnittgrößen am Betonquerschnitt stellt sich ein Eigenspannungszustand ein.

Durch die Vorspannung mit der Kraft P(0) wird in das

Stahlbetonbauteil eine Druckkraft Ncp(0) eingeleitet, mit dem zugehörigen Biegemoment Mcp(0):

Ncp(0) = – P(0) (1) Mcp(0) = – P(0) ⋅ zip (2)

1.3 Vorspannung als Widerstand

Alternativ zu 1.2 kann Vorspannung als Dehnungszustand erfasst werden (Vordehnung εp(0) mit entsprechender Vor-verkrümmung κ(0), siehe Bild 1). Die Vordehnung εp(0) wird beim Querschnittswiderstand berücksichtigt und ist auf den Spannbettzustand bezogen.

Als Spannbettzustand wird der Spannungs- und Deh-nungszustand im Spannstahl bezeichnet, der dem span-nungsfreien Betonquerschnitt entspricht, und zwar zu einem beliebigen Zeitpunkt t unter Berücksichtigung zeit-abhängiger Verformungen des Spannstahls und des Betons, siehe DIN 1045-1, 8.7.1 (3):

εp

p p

PE A

( )( )

00

=⋅

(3) κ( )( )

0

0

01=

=⋅r

M

E Icp

c i (4)

1.4 Arten einer Vorspannung

Die Wirkung der Vorspannung wird zunächst durch die Vorspannkraft Pm0 unmittelbar nach dem Spannen unter Berücksichtigung der damit verbundenen Bauteilreaktionen (Spanngliedreibung, Verankerungsschlupf oder planmäßige Nachlass- und Wiederanspannvorgänge sowie elastische Verformungen des Betons) beschrieben.

Bild 1:Eigenspannungs-zustand Vorspan-nung

Page 2: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

52 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 53

Fachthema DIN 1045-1

Die Vorspannkraft ist dabei die Spanngliedkraft nach Abschluss der Spannarbeiten (Zeitpunkt t = t0). Die zum Zeitpunkt t > t0 wirkende Vorspannkraft Pmt enthält zusätz-lich die Verluste infolge von Kriechen und Schwinden des Betons sowie Relaxation des Spannstahls. Der Mittelwert der Vorspannkraft Pmt hängt von der Art der Vorspannung ab.

a) Vorspannung mit sofortigem Verbund (Herstellung im Spannbett)

P0 = P(0) Verankerungskraft der Spanndrähte im Spannbett

∆Pc = P(0) ⋅ αpi Spannkraftverlust durch elastische Verfor-mung des Betons bei der Spannkraftüber-tragung auf das Bauteil

∆Pir Kurzzeitrelaxation des Spannstahls bei Vorspannung mit sofortigem Verbund (siehe allgemeine bauaufsichtliche Zulas-sung)

Nach Bild 2 ergibt sich der Mittelwert der Vorspannkraft zum Zeitpunkt t = t0, unmittelbar nach dem Lösen der Spannbettverankerung wie folgt:

Pm0 = P(0) – ∆Pc ( – ∆ Pir – ∆Pµ(x)) = P(0) ⋅ (1 – αpi) ( – ∆ Pir – ∆Pµ(x)) (5)

Das Steifigkeitsverhältnis des Spannbeton-Verbundquer-schnitts αpi lässt sich mit Hilfe von Bild 1 bestimmen:

α αpi pp

i

i

iip

A

AAI

z= ⋅ ⋅ + ⋅

1 2

(6)

mit

αp

p

cm

E

E=

Verhältnis der Elastizitätsmoduli von Spannstahl und Beton

b) Vorspannung ohne Verbund bzw. mit nachträgli-chem Verbund

(Herstellung am Bauteil)

P0 Pressenkraft am Spannende beim Spannvorgang∆Pµ Spannkraftverlust aus Reibung (siehe 1.6)∆Psl Spannkraftverlust aus Ankerschlupf (abhängig

von der Art der Verankerung, siehe allgemeine bauaufsichtliche Zulassung)

Nach Bild 3 ergibt sich der Mittelwert der Vorspannkraft zum Zeitpunkt t = t0, unmittelbar nach dem Absetzen der Pressenkraft auf den Anker wie folgt:

Pm0 = ∆P0 – ∆Pµ – ∆Psl (7)

Mit Hilfe von Gleichung (6) lässt sich der Mittelwert der Vorspannkraft für jeden Zeitpunkt t umrechnen in die Dekompressionskraft oder fiktive Spannbettkraft:

Pmt(0) = Pmt / (1 – αpi) (8)

1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile

1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit

Die beim Vorspannen mit Spanngliedern im nachträglichen Verbund oder ohne Verbund zum Zeitpunkt t = tj erforder-lichen Mindestdruckfestigkeiten fcmj sind in DIN 1045-1, Tabelle 6 angegeben, und zwar unterschieden nach

1. teilweiser Vorspannung, mit 0,30 ⋅ Pm0

2. voller Vorspannung, mit 1,00 ⋅ Pm0

Bild 2: Mittelwert der Vor-spannkraft Pmt bei Vorspannung mit sofortigem Verbund

Page 3: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

52 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 53

Fachthema DIN 1045-1

Liegt die durch Erhärtungsprüfungen nachgewiesene Beton-druckfestigkeit zum Vorspannzeitpunkt t = tj zwischen den dort angegebenen Werten für fcmj , darf die Vorspannkraft zwischen den Werten 0,30 ⋅ Pm0 und 1,00 ⋅ Pm0 linear inter-poliert werden.Pm0 ist der Mittelwert der auf das Bauteil einwirkenden Vorspannkraft Pm0 zum Zeitpunkt t = t0 nach Abschnitt 1.4.Nach [CEB 213/214 – 93] darf die Festigkeitsentwicklung wie folgt angenommen werden:

ˆ //

f t f t f ec e c e cs te( ) = ( ) ( ) =⋅ −( )( )

281 28

(9)

Für die Tragwerksplanung lässt sich die Festigkeitsent-wicklung anhand des Verhältnisses der Mittelwerte für die 2-Tage-Festigkeit fcm,2 und die 28-Tage-Festigkeit fcm,28 einschätzen (siehe [DIN EN 206-1 – 01], 7.2, Tabelle 12).

Bei normalerhärtendem Zement gilt z.B.:

ˆ / ,, ,f f fc, cm cm2 2 28 0 4= ≅ und damit nach Inversion von Gleichung (6):

s fc,= ( ) −( ) = ( ) −( )ln ˆ / / ln , /2 1 28 2 0 4 1 14 = 0,3342

Nach [DIN 1045-1 – 01] gilt folgender Zusammenhang zwischen den Mittelwerten fcm und den charakteristischen Werten fck der Betondruckfestigkeit:

fcm,28 ≅ fck + 8 MPa (10)

Damit lassen sich schließlich die Zeitpunkte für das volle oder das teilweise Vorspannen wie folgt annähern:

t t

s

f

f

j

cm j

cm

0

28

2

28

11

= =

− ⋅

ln ,

,

(11)

Diese Zusammenhänge werden in [Grünberg – 02] anhand eines Rechenbeispiels erläutert.

1.5.2 Höchstwerte für die anfängliche Vorspannkraft

Die am Spannglied aufgebrachte Höchstkraft P0, d.h. die Verankerungskraft der Spanndrähte im Spannbett bzw. die Pressenkraft am Spannende beim Spannvorgang, darf den kleineren der beiden folgenden Werte nicht überschreiten:

P A0 p≤⋅

0 80

0 90 0 1

,

, ,

f

fpk

p k

(12)

Unter der Voraussetzung, dass die Spannpresse mit einer Genauigkeit von ±5 % bezogen auf den Endwert der Vor-spannkraft arbeitet, ist ein Überspannen wie folgt zulässig:

P0 ≤ Ap 0,95 ⋅ fp0,1k (13)

Je nach Spanngliedführung und anderen Bedingungen kann es im Einzelfall erforderlich sein, niedrigere Grenzwerte als in Gl. (12) bzw. (13) festzulegen (Überspannreserve).Der Mittelwert der auf das Bauteil einwirkenden Vorspann-kraft Pm0 zum Zeitpunkt t = t0, d.h. unmittelbar nach dem Lösen der Spannbettverankerung bzw. dem Absetzen der Pressenkraft auf den Anker, darf den kleineren der beiden folgenden Werte nicht überschreiten:

P Am0 p≤⋅

0 75

0 85 0 1

,

, ,

f

fpk

p k

(14)

1.6 Spannkraftverluste

1.6.1 Spannkraftverlust aus Reibung

Nach DIN 1045-1, 8.7.3 gilt folgende Abschätzung:

∆P P e k xµ

µ θ= ⋅ −( )− ⋅ + ⋅( )0 1

(15)

θ Summe der planmäßigen Umlenkwinkel (Beträge!) über die Länge x

Bild 3: Mittelwert der Vorspannkraft Pmt bei Vorspannung ohne Verbund

Page 4: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

54 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 55

Fachthema DIN 1045-1

k ungewollter Umlenkwinkel je Längeneinheitµ Reibungsbeiwert zwischen Spannglied und Hüll-

rohrDie Zahlenwerte für k und µ sind der allgemeinen bauauf-sichtlichen Zulassung für das Spannverfahren zu entneh-men.

1.6.2 Spannkraftverluste infolge Kriechen, Schwinden und Relaxation

Die zeitabhängigen Verluste zur Zeit t → ∞ dürfen für ein-strängige Vorspannung mit Verbund nach DIN 1045-1, 8.7.3 wie folgt berechnet werden:

∆ ∆

P A

AE t

t

t p p c s r

pcs p pr p cg cp

pc

= ⋅

= ⋅⋅ + + ⋅ ∞( ) ⋅ +( )

+ ⋅ + ⋅ ∞( )[ ]

+ +

σ

ε σ α ϕ σ σ

α ϕ

,

,

, ,

0 0

01 1 0 8

(16)

∆σp,c+s+r Verringerung der Spannstahlspannung infolge Kriechen, Schwinden und Relaxation, nach der Spannungsübertragung auf den Beton

εcs∞ Endschwindmaß des Betons (nach DIN 1045-1, 9.1.4)

∆σpr(σp0/fpk) Spannungsänderung im Spannstahl infolge Relaxation

σp0 = σpg0 – 0,3 ⋅ σp,c+s+r Ausgangsspannung zur Bestimmung von

∆σpr , im Allgemeinen iterativ zu ermittelnσp0 ≈ 0,95 ⋅σpg0 für übliche Hochbautenσpg0 ≈ Pm0 / Ap anfängliche Spannstahlspannung aus

Vorspannung und ständigen Einwirkungenϕ (∞, t0) Endkriechzahl des Betons (nach DIN 1045-1,

9.1.4)σcg Betonspannung in Höhe der Spannglieder

unter der quasi-ständigen Einwirkungs-kombination, d. h. mit den zeitlichen Mittel-werten der Einwirkungen, siehe [DIN 1055-100 – 01], 6.2 (5) (ohne Vorspannung),

σcp0 Anfangswert der Betonspannung in Höhe der Spannglieder infolge Vorspannung (Pm0)

αpcp p

cm c

c

ccp

E A

E A

A

Iz=

⋅⋅

⋅ + ⋅

1 2

Steifigkeitsverhältnis (Spannstahl-/ reiner Betonquerschnitt)

(17)

Pmt = Pm0 – ∆Pt Mittelwert der Vorspannkraft nach Eintreten aller Spannkraftverluste zum Zeitpunkt t

Pm∞ = Pm0 – ∆P∞ , desgleichen nach Eintreten aller Spannkraftverluste für t → ∞

Gleichung (16) darf auch bei Vorspannung ohne Verbund angewendet werden, wenn gemittelte Betondehnungen angesetzt werden, und zwar bei externen Spanngliedern im Bereich gerader Abschnitte zwischen den Verankerungs- bzw. Umlenkpunkten, bei internen Spanngliedern über ihre Gesamtlänge.

1.7 Zeitabhängige Baustoffeigenschaften

1.7.1 Schwinden des Betons

Unter Schwinden versteht man die Verkürzung des Betons während des Austrocknens, unabhängig von den Beanspru-chungen im Querschnitt. Das Endschwindmaß εcs∞ setzt sich aus den Anteilen Schrumpfdehnung εcas∞ und Trock-nungsschwinddehnung εcds∞ zusammen und darf für die Zeit t → ∞ wie folgt berechnet werden:

ε ε εcs cas cds∞ ∞ ∞= + (18)

Das Endschwindmaß εcs∞ wird in Abhängigkeit von§ der wirksamen Bauteildicke h0 = 2 ⋅ Ac / u, § der relativen Luftfeuchte RH [%, ]§ der Betonfestigkeitsklasse (fck)§ und der Zementart (CEM)berechnet, und zwar die Schrumpfdehnung εcas∞ nach DIN 1045-1, Bild 20 und die Trocknungsschwinddehnung εcds∞ nach DIN 1045-1, Bild 21.

Der zeitliche Verlauf des Schwindens darf nach [EC 1992-1 – 92] wie folgt angesetzt werden:

ε ε βcs s cs s st t t t,( ) = ⋅ −( )∞

(19)

mit dem Betonalter ts zu Beginn des Schwindens und dem Beiwert für die zeitliche Entwicklung des Schwindens:

βs s

s

s

t tt t

h t t−( ) =

−⋅ + −

0 035 02

0 5

,

,

(20)

Werden die Schwindverkürzungen am Bauteil behindert, ergeben sich Zwangbeanspruchungen, jedoch erst ab dem Zeitpunkt t0 zu Beginn der Behinderung.

Für den Spannkraftverlust sind daher nur die Schwind-verkürzungen nach der Verankerung der Spannglieder (Zeitpunkt t0) wirksam. Für die Zeit t → ∞ betragen sie: ε ε ε

ε β

cs cs cs s

cs s s

t t t

t t

∞( ) = − ( )= ⋅ − −( )[ ]

, ,0 0

01

(21)

1.7.2 Kriechen des Betons

Unter Kriechen versteht man die Zunahme der Verformung des Betons unter Beanspruchungen, die dauernd („quasi-

Page 5: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

54 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 55

Fachthema DIN 1045-1

ständig“) wirken. Wenn die Betonspannungen die Span-nungsgrenze

σc ≤ 0,45 fck

nicht überschreiten, darf das Kriechen als lineare Vergröße-rung der elastischen Dehnungen berechnet werden:

ε ϕ

σcc

c

c

t tE

∞( ) = ∞( ) ⋅, ,0 00

(22)

σc kriecherzeugende Betonspannung (zeitlich konstant)

Ec0 = 1,1⋅Ecm Tangentenmodul für σc = 0 (Näherung)

Die Endkriechzahl ϕ (∞,t0) wird nach DIN 1045-1, Bild 18 und 19 bestimmt, und zwar abhängig von§ der relativen Luftfeuchte RH [%], § der wirksamen Bauteildicke h0 = 2 Ac / u,§ der Betonfestigkeitsklasse, § dem Betonalter t0 bei Belastungsbeginn und§ der Zementart (CEM).

Der zeitliche Verlauf des Kriechens darf nach [EC 1992-1 – 92] mit dem folgenden Produktansatz berech-net werden (t, t0 in Tagen):

ϕ ϕ β( , ) ( , ) ( )t t t t to0 0= ∞ ⋅ −c , (23)

mit

β

βcH

t tt t

t t−( ) =

−+ −

0

0

0

0 3,

(Beiwert für die zeitliche Entwicklung des Kriechens)

βH RH h= ⋅ + ⋅( )[ ] ⋅ + ≤15 1 0 012 250 150018

0, ,

1.7.3 Relaxation des Spannstahls

Unter Relaxation versteht man die Abnahme der Spannung bei aufgezwungener Verformung.

σ σ ψ σ σp p p p prt t t t, 0 0 01( ) = ⋅ − ( )[ ] = + ( )∆

(24)

mit σp0 Anfangsspannung im Spannstahl (t = t0) ψp (t) Relaxationsverlust

∆ σ σ ψpr p pt t( ) = ⋅ ( )0

Spannungsverlust infolge Relaxation

Der Relaxationsverlust ψp ist in der Regel dem Zulassungs-bescheid für den verwendeten Spannstahl zu entnehmen oder anderenfalls nach Bild 4 abzuschätzen.Langzeitwerte für die Bemessung von Bauteilen dürfen (d.h. müssen mindestens) dreimal so hoch angenommen werden wie die in Bild 4 angegebenen Bemessungswerte nach 1000 Stunden.

1.8 Schnittgrößen infolge statisch bestimmter Wirkung der Vorspannung

In den Bildern 5 und 6 sind Situationen bei Vorspannung ohne Verbund dargestellt.Die Vorspannkraft Pmt wirkt (bei einsträngiger Vorspannung) als Zugkraft im Spannstahl, die im Beton Reaktionskräfte hervorruft, nämlich Verankerungskräfte Fcp, Umlenkkräfte up (Up) und Reibungskräfte fµ (Fµ). Aus diesen Reaktions-kräften entstehen Schnittgrößen im Beton.

Bild 4: Relaxationsverluste für Spann-stahl nach 1000 h bei 20°C nach [ENV 1992-1 – 92]

Page 6: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

56 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 57

Fachthema DIN 1045-1

Bei statisch bestimmten Tragwerken stehen die Schnittgrö-ßen im Spannstahl und im Beton miteinander im Gleichge-wicht und bilden folgenden Eigenspannungszustand:

Spannstahlquerschnitt: Fpt = Pmt (25)Betonquerschnitt: Ncpt = – Pmt (26) Mczpt = Pmt ⋅ ycp (27) Mcypt = – Pmt ⋅ zcp (28) Vcypt = – Pmt ⋅ sin ψz (29) Vczpt = – Pmt ⋅ sin ψy (30) Tcpt = Vcypt ⋅ zcp – Vczpt ⋅ ycp (31)

Die Gleichungen (25) bis (31) gelten auch für Situationen bei Vorspannung mit sofortigem Verbund, wie sie z.B. in den Bildern 1 und 2 dargestellt sind.

1.9 Vorspannung statisch unbestimmter Stahlbetontragwerke

Die statisch bestimmte Wirkung einer Vorspannung (Pdir) kann alternativ nach 1.2 oder 1.3 erfasst werden. Beide Verfahren führen zum gleichen Bemessungsergebnis.

Beim Nachweis der Biegetragfähigkeit erweist sich das Verfahren nach 1.3 als zweckmäßiger, da der Spannstahl Bestandteil des Querschnittswiderstands ist.

Durch die Vorverkrümmung infolge Vorspannung (1/r0) kann der Spannbetonquerschnitt ein größeres Biegemoment im ungerissenen Zustand aufnehmen als ein Stahlbeton-querschnitt mit gleicher Biegetragfähigkeit (siehe Bild 8).

Beim Erreichen des Rissmoments MΙ,ΙΙ (Biegemoment am Verbundquerschnitt, bei dem am Biegezugrand die Beton-zugfestigkeit überschritten wird) fällt die Biegesteifigkeit des ungerissenen Zustandes BΙ rapide ab auf die Biegestei-figkeit des gerissenen Zustandes BΙΙ. Nach Erreichen der Fließmoments My erhöht sich die Biegetragfähigkeit bis zum Bruchmoment Mu nur noch geringfügig, während die Verkrümmung noch beträchtlich zunehmen kann. In diesem Fall tritt ein Biegezugbruch mit Vorankündigung ein.

Die statisch unbestimmte Wirkung einer Vorspannung (Pind bzw. Mp,ind) ist grundsätzlich bei den Einwirkungen zu berücksichtigen, analog einer Einwirkung aus Zwang. Es entsteht ein Eigenspannungszustand am Tragwerk, bei dem die Auflagerkräfte miteinander im Gleichgewicht stehen.

Bei nichtlinearer Schnittgrößenberechnung sowie bei der Ermittlung der erforderlichen Rotation bei Verfahren nach der Plastizitätstheorie ist das Verfahren nach 1.3 zweck-mäßig. Dabei entfällt allerdings die Ermittlung der statisch unbestimmten Schnittgrößen infolge Vorspannung, da sie sich nicht getrennt von den Lastschnittgrößen ausweisen lassen.

Bild 5: Vorspannung mit inter-nen Spanngliedern

Bild 6: Externe Vorspannung

Bild 7: Schnittgrößen infolge statisch bestimmter Wirkung der Vorspan-nung

Page 7: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

56 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 57

Fachthema DIN 1045-1

Bild 8 veranschaulicht die alternativen Ansätze nach 1.2 bzw. 1.3 für die statisch bestimmte Wirkung Mp,dir im Zusammen-hang mit der statisch unbestimmten Wirkung Mp,ind .

2 Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit

2.1 Charakteristische Werte der Vorspannung

Allgemein wird auf der Einwirkungsseite der zeitabhängige Mittelwert der Vorspannkraft Pmt als charakteristischer Wert angesetzt:

Ptk = Pmt (32)

Für die Nachweise im Grenzzustand der Gebrauchstauglich-keit sind jedoch die Auswirkungen einer Vorspannung mit den möglichen Streuungen zu berücksichtigen.Daher werden ein unterer und ein oberer charakteristischer Wert der Vorspannung festgelegt:

Ptk,inf = rinf ⋅ Pmt (33) Ptk,sup = rsup ⋅ Pmt (34)

Die Streubeiwerte dürfen im Allgemeinen wie folgt ange-setzt werden: rinf = 0,95 bzw. rsup = 1,05 bei Vorspannung mit soforti-

gem oder ohne Verbund rinf = 0,9 bzw. rsup = 1,1 bei Vorspannung mit nachträgli-

chem Verbund

Die unteren und oberen charakteristischen Werte der Vorspannung, Pk,inf und Pk,sup, werden in solchen Bemes-

sungssituationen maßgebend, in denen die Tragwirkung sehr empfindlich auf den Einfluss der Vorspannung reagiert. Das ist der Fall, wenn die Auswirkungen infolge Vorspan-nung und äußerer Belastung dem Betrag nach etwa gleich groß sind. Dann hat die Vorspannung einen dominierenden Streuungseinfluss gegenüber der Eigenlast, also in den folgenden Fällen:

§ Nachweis der Begrenzung der Rissbreite 1, § Nachweis des Grenzzustands der Dekompression, § Verhinderung des Öffnens von Fugen

(z.B. bei der Segmentbauweise im Brücken- oder Hoch-bau).

Für andere Bemessungssituationen im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit reicht in der Regel ein Nachweis auf der Grundlage des Mittelwerts Pmt aus, z.B. für

§ die Begrenzung der Betondruckspannungen, § die Begrenzung der Spannstahlspannungen.

Die Spannungen sind je nach Beanspruchung mit den Querschnittswerten des ungerissenen Zustands Ι oder des gerissenen Zustands ΙΙ zu berechnen. Vom Zustand Ι darf nur dann ausgegangen werden, wenn die Betonzugspan-nungen σct unter der seltenen Kombination den Mittelwert der Betonzugfestigkeit fctm nicht überschreiten.

2.2 Grenzzustand der Rissbildung / Dekompression

Die Rissbreiten sind so zu beschränken, dass die ordnungs-gemäße Nutzung, das Erscheinungsbild und insbesondere die Dauerhaftigkeit des Tragwerks als Folge der Rissbildung

1 In DIN 1045-1 fehlt hier allerdings die konkrete Angabe.

Bild 8: Vereinfachte Momenten-Verkrümmungs-Beziehung für Spannbetonquer-schnitte

Page 8: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

58 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 59

Fachthema DIN 1045-1

nicht beeinträchtigt werden. Der Korrosionsschutz ist ein zentrales Kriterium für die Dauerhaftigkeit und muss durch die folgenden Maßnahmen sichergestellt werden:

§ Anforderungen an die Mindestbetondeckung (siehe DIN 1045-1, Tabelle 4)

§ Nachweis der Dekompression (siehe DIN 1045-1, Tabelle 18)

§ Begrenzung der Rissbreiten wk (siehe DIN 1045-1, Tabelle 18)

Beim Nachweis der Begrenzung der Rissbreite ist zu unterscheiden zwischen

- dem Zustand der Einzelrissbildung und - dem Zustand der abgeschlossenen Rissbildung.

Die in DIN 1045-1, 11.2 angegebenen Nachweisverfahren dürfen näherungsweise sowohl für Einzelrissbildung als auch für abgeschlossene Rissbildung angewendet werden, sofern die zur Verteilung der Risse erforderliche Mindest-bewehrung nach Abschnitt 11.2.2 vorhanden ist.

Die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit und das

Erscheinungsbild gelten als erfüllt, wenn für das betrach-tete Bauteil

- in seiner Mindestanforderungsklasse nach Tafel 2 - die Begrenzung der Rissbreite und der Grenzzustand der

Dekompression nach Tafel 3 nachgewiesen werden.

Die aggressiven Einwirkungen aus der Umgebung des Bauwerks werden durch die Expositionsklasse (siehe DIN 1045-1, Tabelle 3) erfasst. Die daraus resultierenden Anforderungen an den Korrosionsschutz bestimmen die Mindestanforderungsklasse nach Tafel 2.

In Bild 10 werden die Prozesse der Rissbildung in Spann-beton- und Stahlbetonquerschnitten anhand der Span-nungsdehnungslinien des Spannstahls bzw. des Betonstahls veranschaulicht.

Im Grenzzustand der Dekompression steht der Beton-querschnitt unter der maßgebenden Einwirkungskombina-tion unter Druckspannungen, und zwar im Bauzustand am Rand der infolge Vorspannung vorgedrückten Zugzone, im Endzustand vollständig.

In den Anforderungsklassen B und C führen die Bedin-

Bild 9: Zusammenhang zwischen Streuung der Spannstahldehnung εP und der für die Bestimmung der Vorspann-kraft maßgebenden Spannstahlspan-nung σP

Page 9: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

58 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 59

Fachthema DIN 1045-1

a) Betondruckspannungen

bei quasi-ständiger Kombination,zur Vermeidung von überproportionalen Kriechverformungen

σc ≤ 0,45⋅fck

bei seltener Kombination,zur Vermeidung von Längsrissen

σc ≤ 0,60⋅fck

b) Spannstahlspannungen

Verankerung im Spannbett (P(0)max)bzw. Pressenkraft beim Anspannen (P0,max)

σ0,max ≤ 0,80⋅fpk oder ≤ 0,90⋅fp0,1k

Überspannen bei Dehnungsbehinderung durch Reibung (P0,max) σ0,max ≤ 0,95⋅fp0,1k

unmittelbar nach dem Spannen (Spannen mit nachträglichem Verbund) oder nach dem Lösen der Verankerung (Spannen mit sofortigem Verbund) – Pm0

σpm0 ≤ 0,75⋅fpk

oder ≤ 0,85⋅fp0,1k

Bei quasi-ständiger Kombination, für t → ∞, zur Begrenzung der Spannstahlrelaxation (Pm∞)

σpm∞ ≤ 0,65⋅fpk

bei seltener Kombination, zu jedem Zeitpunkt, zur Vermeidung von nichtelastischen Verformungen (Pmt)

σpmt ≤ 0,80⋅fpk oder ≤ 0,90⋅fp0,1k

c) Betonstahlspannungen

bei seltener Kombination, zur Vermeidung von nichtelastischen Verformungen

σs ≤ 0,80⋅fyk

wie vor, jedoch bei ausschließlicher Zwangsbeanspruchung σs ≤ fyk

Expositionsklasse Vorspannung Stahlbeton-Bewehrungskorrosion mit nachträglichem

Verbundmit sofortigem

Verbundohne Verbund bauteile

XC 1 D D F FXC 2, XC 3, XC 4 C 1) C E EXD 1, XD 2, XD 3 2)

XS 1, XS 2, XS 3C 1) B E E

XC Bewehrungskorrosion durch KarbonatisierungXD Bewehrungskorrosion durch Chloride (insbesondere Tausalz)XS Bewehrungskorrosion durch Chloride aus dem Meerwasser1) Anforderungsklasse D, wenn der Korrosionsschutz anderweitig sichergestellt wird2) Im Einzelfall können zusätzlich besondere Maßnahmen für den Korrosionsschutz notwendig sein

gungen für den Grenzzustand der Dekompression dazu, dass der Nachweis der Rissbreitenbegrenzung von der Einzelriss-bildung ausgeht. In den Anforderungsklassen D, E und F kann für den Nachweis der Rissbreitenbeschränkung die abgeschlossene Rissbildung maßgebend werden.

Zur Aufnahme von Zwangbeanspruchungen und Eigen-spannungen ist eine Mindestbewehrung anzuordnen, die unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Rissbrei-tenbegrenzung für die Einwirkungskombination zu bemes-sen ist, die im Bauteil zur Erstrissbildung führt (im Allgemei-nen also für die Rissschnittgröße 2 ).

Für Bauteile mit Vorspannung im Verbund ist eine Min-destbewehrung nur in den Tragwerksbereichen erforderlich,

in denen unter der seltenen Kombination und unter den maßgebenden charakteristischen Werten der Vorspannung am Querschnittsrand mindestens die folgende Betondruck-spannung auftritt:

σc ≥ – 1,0 MPa

Nach DIN 1045-1, 11.2.2 ergibt sich der folgende Mindest-bewehrungsquerschnitt:

As = kc ⋅ k ⋅ fct,eff ⋅ Act / σs ( – ξ1 ⋅ Ap ) (35)As Querschnittsfläche der Betonstahlbewehrung in

der Zugzone Act, die überwiegend am gezogenen

Tafel 1: Grenzwerte der Spannungen unter Gebrauchsbedingungen

Tafel 2: Mindestanfor-derungsklassen (nach DIN 1045-1, Tabelle 19)

2 Bei Bauteilen ohne Vorspannung und bei Bauteilen mit Vorspannung ohne Verbund darf die Mindestbewehrung für die nachge-

wiesene Zwangschnittgröße bemessen werden, wenn diese kleiner ist als die Rissschnittgröße.

Page 10: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

60 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 61

Fachthema DIN 1045-1

Querschnittsrand angeordnet wird. Ein angemessener Anteil ist so über die Zugzone zu verteilen, dass die Bildung breiter Sammelrisse vermieden wird.

kc Beiwert zur Berücksichtigung des Einflusses der Spannungsverteilung innerhalb der Zugzone Act vor der Erstrissbildung sowie Änderung des inne-ren Hebelarms beim Übergang in den Zustand ΙΙ.

k Beiwert zur Berücksichtigung von nichtlinear

verteilten Eigenspannungen.fct,eff Wirksame Betonzugfestigkeit zum betrachteten

Zeitpunkt, d.h. Mittelwert fctm für die erwartete Festigkeitsklasse (fck) bei Erstrissbildung.

Act Querschnittsfläche der Betonzugzone vor Beginn der Erstrissbildung.

σs Zulässige Stahlspannung in der Mindestbeweh-rung unmittelbar nach der Erstrissbildung nach DIN 1045-1, Tabelle 20 (Grenzdurchmesser d*).

AnforderungsklasseEinwirkungskombination

für den NachweisRegelwert der Rissbreite

Grenzzustand der Dekompression

Begrenzung der Rissbreite wk

[mm]A selten 0,2B häufig selten 0,2C quasi-ständig häufig 0,2D häufig 0,2E quasi-ständig 0,3F quasi-ständig 0,4

Tafel 3: Anforderungen an die Begrenzung der Rissbreite und den Grenzzustand der Dekompression (nach DIN 1045-1, Tabelle 18)

Bild 10: Spannungsdehnungslinien für Spannstahl und Betonstahl im Zustand ΙΙ

Page 11: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

60 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 61

Fachthema DIN 1045-1

In einem Quadrat von 300 mm Seitenlänge um ein Spannglied darf die in diesem Bereich erforderliche Mindestbewehrung um den Betrag ξ1⋅Ap verringert werden.

ξ ξ1 = ⋅d

ds

p

Verhältnis der Verbundfestigkeiten von Spannstahl und Betonstahl unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Durchmesser.

ds größter Durchmesser der gerippten Beton-

stahlbewehrung. dp äquivalenter Durchmesser der Spannstahl-

bewehrung. ξ Verhältnis der Verbundfestigkeiten von

Spannstahl und Betonrippenstahl nach DIN 1045-1, Tabelle 15.

Ap Querschnittsfläche des Spannstahls eines Spann-glieds im Verbund.

Nach DIN 1045-1, 11.2.3 wird die Begrenzung der Rissbrei-ten nachgewiesen- bei überwiegender Zwangbeanspruchung durch Einhalten

der Grenzdurchmesser ds* nach DIN 1045-1, Tabelle 20,- bei überwiegender Lastbeanspruchung entweder durch

Einhalten der Grenzdurchmesser ds* nach DIN 1045-1, Tabelle 20 oder der Stababstände s nach DIN 1045-1, Tabelle 21.

Die in diesen Tabellen angegebenen Betonstahlspannungen σs sind für den gerissenen Querschnitt (Zustand ΙΙ) und für die maßgebende Einwirkungskombination zu berechnen (bei Vorspannung mit dem zugehörigen charakteristischen Wert der Vorspannung). Dabei darf von linearelastischem Ver-halten ausgegangen werden. Das Kriechen des Betons darf näherungsweise durch eine Abminderung des Elastizitäts-moduls für Beton erfasst werden

(z. B. Ec,eff = Es/αe bzw. Ep/αp mit αe bzw. αp = 10 bis 15), siehe [Graubner – 01].

Die Spannungen im Zustand ΙΙ können entweder durch Gleichgewichtsiteration im Querschnitt oder mit Hilfe von Nomogrammen [Bieger, Bertram – 81], [Hochreither – 82] berechnet werden.

Besonderheiten bei SpannbetonbauteilenBei Bauteilen mit im Verbund liegenden Spanngliedern ist die Stahlspannung für die maßgebende Einwirkungskombi-nation unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Ver-bundverhaltens von Betonstahl und Spannstahl wie folgt zu berechnen:

σ σρ ρs s ct,eff

tot

feffΙΙ = + ⋅ ⋅ −

2 0 4

1 1,

(36)

σsΙΙ Betonstahlspannung im Riss (Zustand ΙΙ)σs2 Spannung im Betonstahl bzw. Spannungszu-

wachs im Spannstahl (∆σpΙΙ) im Zustand ΙΙ für die maßgebende Einwirkungskombination, unter Annahme eines starren (idealen) Verbunds.

eff

A A

As p

c,eff

ρξ

=+ ⋅1

2

(37)

ξ1 Verhältnis der Verbundsteifigkeiten (s.o.)

ρtots p

c,eff

A A

A=

+

Geometrischer Bewehrungsgrad (38)

Ac,eff Wirkungsbereich der Bewehrung nach Bild 11:

Nach DIN 1045-1, 11.2.4 darf die Begrenzung der Rissbreiten wk auch durch eine direkte Berechnung in Abhängigkeit vom maximalen Rissabstand sr,max bei abge-schlossener Rissbildung und den mittleren Dehnungen der Bewehrung εsm und des Betons εcm zwischen den Rissen nachgewiesen werden.

Bild 11:Wirkungsbereich der Betonstahlbewehrung

Page 12: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

62 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 63

Fachthema DIN 1045-1

3 Grenzzustand der Tragfähigkeit

Nach DIN 1045-1, 8.7.5 darf der Bemessungswert der Vor-spannung

Ptd = γP ⋅ Pm,t (39)

im Allgemeinen mit dem Teilsicherheitsbeiwert γp = 1,00 berechnet werden. 3

3.1 Auswirkungen einer Vorspannung bei Beanspruchung durch Biegung und Längskraft

3.1.1 Vorspannung im VerbundFür den Nachweis der Grenztragfähigkeit gelten nach DIN 1045-1 jeweils bilineare Spannungs-Dehnungs-Linien, sowohl für Zug- als auch für Druckbeanspruchungen:

Die Spannstahldehnung εp setzt sich zusammen aus der Vordehnung εp(0) und der zusätzlichen Dehnung ∆εp, die der Spannstahl im Verbund mit dem Beton erfährt:

ε ε ε εp p p p cp= + = +( ) ( )0 0∆ε (40)

εcp ist die Betondehnung in der Spannstahlfaser, auch im gerissenen Zustand.

Daher ist auch die Grenzdehnung des Spannstahls εpu

um die Vordehnung εp(0) größer als die Grenzdehnung des Betonstahls εsu, so dass für Bewehrungsstäbe aller Art die Grenzdehnung εcsu = εcpu = 25 ‰ im Verbund mit dem Beton in der Biegezugzone ausgenutzt werden kann (siehe Bilder 12 und 13).

Da im Grenzzustand der Tragfähigkeit der Bemessungs-wert der Spannstahlspannung fp0,1k / γs erreicht wird, wirkt sich die Streuung der Spannstahldehnung εptd im Allge-meinen nicht auf die Spannstahlspannung aus, so dass der Ansatz von γp = 1,00 erlaubt ist.

Aus dem bilinearen Ansatz für die Spannungsdehnungsli-nie nach Bild 12 ergibt sich die Beanspruchung des Spann-stahls (siehe auch Bild 13):

σ ε

ε ε σ

ptd p ptd

p pmt ptd p Rd

E

E

= ⋅

= ⋅ +( ) ≤( ),

0 ∆

(41)

Die Beanspruchbarkeit des Spannstahls σp,Rd lässt sich Bild 12 wie folgt entnehmen:

σ

γ γε εε εp Rd

p k

s

pk p k

s

ptd pyd

pu pyd

f f f,

, ,= +−

⋅−−

0 1 0 1

(42)

ε

γpydp k

s p

f

E=

⋅0 1,

Bemessungswert der „Fließdehnung“ des Spannstahls

Bild 12: Spannungs-Dehnungslinien des Betonstahls und des Spannstahls

3 Ausnahme siehe 3.1.2

Page 13: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

62 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 63

Fachthema DIN 1045-1

Die statisch bestimmte Wirkung der Vorspannung wird in der Regel nach Abschnitt 1.3 dem Bauteilwiderstand zuge-ordnet, und zwar in Form der den Dekompressionskräften Pmt

( )0 äquivalenten Vordehnungen εpmt( )0 . Analog zu Gleichung

(3) und unter Heranziehung von Gleichung (6) bzw. (17) ergibt sich

εα

α

pmtmt

p p

mt

p p pi

mt

p ppc

P

E A

P

E A

P

E A

00

1

1

( )( )

=⋅

=⋅ ⋅ −( )

≈⋅

⋅ +( ) (43)

Alternativ kann die Vordehnung εpmt( )0 auch mit Hilfe der

Spannungen im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit berechnet werden (vgl. Bild 1):

εσ σ

pmtp pmt g

p

cp pmt g

cmE E0 1 1( ) + += −, ,

(44)

Mit αp = Ep / Ecm ergibt sich die Dekompressionskraft zum Zeitpunkt t:

P E A

A

mt p p pmt

p p pmt g p cp pmt g

0 0

1 1

( ) ( )

+ +

= ⋅ ⋅

= ⋅ − ⋅( )ε

σ α σ, ,

(45)

3.1.2 Vorspannung ohne VerbundDer Grenzzustand der Tragfähigkeit wird zweckmäßig am Stahlbetonquerschnitt nachgewiesen, mit der statisch bestimmten Wirkung der Vorspannung als äußerer Belas-tung.

Wird bei Spanngliedern ohne Verbund der Spannungs-zuwachs im Spannstahl berücksichtigt, ist sein charakteris-tischer Wert ∆σpk mit den Mittelwerten der Baustoffeigen-schaften zu bestimmen (siehe DIN 1045-1, 8.7.5).

Der Bemessungswert beträgt bei linear-elastischer Schnittgrößenermittlung:

∆σ ∆σpd P pk= ⋅γ mit γP = 1,0 (46)

Wenn bei Vorspannung ohne Verbund die Schnittgrö-ßen mit einem nichtlinearen Verfahren ermittelt werden,

müssen bei Berücksichtigung des Spannungszuwachses im Spannstahl die zugehörigen Bemessungswerte ∆σpd mit den Teilsicherheitsbeiwerten γP,sup = 1,20 bzw. γP,inf = 0,83 berechnet werden.

Nach DIN 1045-1, 10.2 (7) darf bei Tragwerken mit exzentrisch geführten internen Spanngliedern ohne Ver-bund der Spannungszuwachs ∆σpd vereinfacht mit 100 MPa angesetzt werden.

3.2 Auswirkungen einer Vorspannung bei Beanspruchung durch Querkraft

In DIN 1045-1, 10.3 werden für Stahlbetonbauteile und Spannbetonbauteile die gleichen Bemessungswerte der Querkrafttragfähigkeit (VRd,ct; VRd,sy; VRd,max) angegeben.

Beim Nachweis der Querkrafttragfähigkeit darf im All-gemeinen der Hebelarm der inneren Kräfte z = 0,9 ⋅ d angenommen werden, jedoch kein größerer Wert als z = d – 2 ⋅ cnom. Dabei wird bei Bauteilen mit geneigten Spanngliedern vorausgesetzt, dass in der vorgedrückten Zugzone eine Längsbewehrung aus Betonstahl vorhanden ist, die für die Aufnahme der Längszugkräfte infolge Quer-kraft ausreichend ist (DIN 1045-1, 10.3.4 (2) ).

Da Spannglieder aufgrund ihrer horizontalen oder schwach geneigten Lage keinen nennenswerten Beitrag zur Querkrafttragfähigkeit leisten, wird die statisch bestimmte Wirkung der Vorspannung in der Regel nach Abschnitt 1.2 den Einwirkungen zugeordnet. Daher wird der Bemessungs-wert der einwirkenden Querkraft VEd durch die Querkraft-anteile Vpd infolge Neigung der Spannglieder beeinflusst:

V V V VEd Ed pd Rd= + ≤0 (47)

VEd0 Bemessungswert der auf den Querschnitt einwir-kenden Querkraft infolge von Lasten, Zwang und der statisch unbestimmten Wirkung der Vorspan-nung

Vpd Querkraftkomponente der Spannstahlkraft im Grenzzustand der Tragfähigkeit (einschließlich der statisch bestimmten Wirkung der Vorspannung)

Bild 13: Dehnungszustand im Spannbeton-querschnitt (einsträngige Vorspan-nung)

Page 14: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

64 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 65

Fachthema DIN 1045-1

Bei einachsiger Biegung um die y-Achse gilt (siehe Bild 14):

V F

mit P F E A

E A F

A f

pd ptd y

mt ptd p p ptd

p p ptd ptd p

p p k s

= − ⋅

≤ = ⋅ ⋅

= ⋅ ⋅ +( ) ≤

= ⋅

sin

/

( ),max

,

ψ

ε

ε ε

γ

0

0 1

(48)

Bei Vorspannung im Verbund dürfen in der Regel zwei Grenzfälle betrachtet werden:Fall 1: Die Spannstahlspannung erreicht den Quer-

schnittswiderstand nicht (σptd < fp0,1k / γs) Dann wird der Spannungszuwachs im Spannstahl

nicht angesetzt:

Vpd = − ⋅Pmt ysinψ

(49)

Fall 1 tritt in der Regel in Bereichen ein, in denen Biegerisse nicht zu erwarten sind. Daher darf Fall1 in der Regel in der Nähe von Endauflagern angenommen werden.

Fall 2: Der Querschnittswiderstand des Spannstahls wird erreicht (σptd = fp0,1k / γs)

Vpd = − ⋅

= ⋅ ⋅

F

A fp y

p p k s y

,max

,

sin

/ sin

ψ

γ ψ0 1

(50)

Fall 2 tritt in der Regel in Bereichen ein, in denen sich Schubrisse aus Biegerissen entwickeln. Insbe-sondere darf Fall 2 bei geneigten Spanngliedern im Bereich von Stützmomenten angenommen werden.

3.3 Auswirkungen der zeitabhängigen Spannkraftverluste

Hierbei sind zu unterscheiden:– die statisch bestimmte Wirkung der Vorspannung

(nach den Gleichungen (43) bis (45) bzw. (47) und (50)– und die statisch unbestimmte Wirkung der Vorspannung,

die in den Bemessungswerten der Schnittgrößen (MEd und VEd) enthalten ist.

Die statisch bestimmte Wirkung der Vorspannung ist in der Regel günstig, da sie– die Vordehnung εp(0) und damit die Spannstahldehnung

εpd auf der Widerstandsseite – und bei lastaffiner Spanngliedführung die einwirkende

Querkraft VEd vermindert.

Bei lastaffiner Spanngliedführung ist die statisch unbe-stimmte Wirkung der Vorspannung affin zu den Einwirkun-gen infolge von Zwang und damit entweder ungünstig oder günstig in Bezug auf die Auswirkungen infolge der äußeren Belastung (siehe Bild 15).

Bei günstiger Wirkung der Vorspannung sollten die Aus-wirkungen der zeitabhängigen Spannkraftverluste berück-sichtigt werden (Rechnung mit Pm∞ bzw. εpm∞(0)).

Bei dem in Bild 15 dargestellten Durchlaufträger ergibt sich diese Situation in den Stützungsbereichen.

In den Feldbereichen kann aufgrund der ungünstigen statisch unbestimmten Wirkung der Vorspannung der Nachweis des Grenzzustands der Tragfähigkeit ohne die zeitabhängigen Spannkraftverluste (mit Pm0 bzw. εpm0(0)) maßgebend werden.

3.4 Mindestbewehrung für ein duktiles Bauteilverhalten

Zur Sicherstellung des duktilen Bauteilverhaltens ist nach DIN 1045-1, 13.1.1 eine Mindestbewehrung erforderlich, die für das Rissmoment ohne Anrechnung der Vorspannkraft wie folgt ermittelt werden darf:

Mcr = fctm ⋅ (b ⋅ h2 / 6) (51)As,min = Mcr / (0,9 ⋅ d ⋅ fyk) (52)

Auf die Mindestbewehrung nach Gleichung (52) darf ein Drittel der im Verbund liegenden Spannglieder angerechnet werden:

∆Ap = (Ap / 3) ⋅ (fp0,1k – σp(0)) / fyk ≤ Ap / 3 (53)

Bild 14: Auf einen vorgespannten Stahlbetonquerschnitt einwirkende Querkräfte

Page 15: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

64 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 65

Fachthema DIN 1045-1

3.5 Verankerungsbereiche bei Spanngliedern mit nachträglichem Verbund oder ohne Verbund

Bei Annahme der Vorspannwirkung als konzentrierte Ein-zelkraft muss im Verankerungsbereich die charakteristische Zugfestigkeit des Spannstahls angesetzt werden:

F A fp Ed p pk, = ⋅ (54)

Zugkräfte infolge Einleitung konzentrierter Kräfte sollten nach der Stabwerkanalogie oder nach anderen geeigneten Ersatzverfahren abgeschätzt werden.

Die zugehörige Bewehrung sollte unter Annahme des Bemessungswertes der Streckgrenze bestimmt werden:

F A

fs Rd s

yk

s, = ⋅

γ (55)

Die Einleitung der Vorspannkraft darf, beginnend am Ende des Ankerkörpers, über einen Ausbreitwinkel von 2 β (siehe Bild 16) angenommen werden, mit β = arctan 2/3.

Die im Verankerungsbereich erforderliche Spaltzug- und Zusatzbewehrung ist der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung für das Spannverfahren zu entnehmen. Der Nachweis der Kraftaufnahme und -weiterleitung ist mit einem geeigneten Verfahren (z. B. mit einem Stabwerkmo-dell) zu führen, siehe DIN 1045-1, 8.7.7.

3.6 Verankerungsbereiche bei Spanngliedern mit sofortigem Verbund

Folgende geometrische Größen sind zu unterscheiden:1. Übertragungslänge lbp,

über die die Spannkraft (Pmt gemäß Bild 2) eines Spann-gliedes mit sofortigem Verbund voll auf den Beton übertragen wird,

2. Eintragungslänge lp,eff,innerhalb der die Betonspannung allmählich in eine

Bild 15: Durchlaufträger mit Spanngliedführung und zugehörigen Bie-gemomenten infolge Vorspannung sowie äußerer Belastung

Bild 16: Einleitung einer kon-zentrierten Vorspann-kraft

Page 16: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

66 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 67

Fachthema DIN 1045-1

lineare Verteilung über den Betonquerschnitt übergeht (siehe Bilder 17 und 18),

3. Verankerungslänge lba,innerhalb der die maximale Spanngliedkraft im Grenzzu-stand der Tragfähigkeit (Fp,max = Ap ⋅ fp0,1k / γs) vollstän-dig in den Beton eingeleitet ist (siehe Bild 18).

Die Bereiche beeinflussen sich gegenseitig.

Es darf angenommen werden, dass die Vorspannung durch eine konstante Verbundspannung fbp in den Beton eingetra-gen wird.

Die Übertragungslänge lbp darf nach DIN 1045-1, 8.7.6 wie folgt ermittelt werden:

lA

d fbpp

p

pm0

bp

= ⋅⋅

⋅⋅

απ

ση1

1

(56)

α1 = 1,0 bei stufenweisem Eintragen der Vorspannung = 1,25 bei schlagartigem Eintragen der VorspannungAp; dp Nennquerschnitt; Nenndurchmesser der Litze

oder des Drahtesσpm0 = Pm0 / Ap

Mittelwert der Spannung im Spannstahl nach der Spannkraftübertragung auf den Beton (siehe 1.4)

η1 = 1,0 für Normalbeton; ≤ 1,0 für Leichtbeton

Unter Beachtung der in DIN 1045-1, 8.7.6 genannten Einschränkungen sind dort in Tabelle 7 Verbundspannungen fbp für Litzen und Drähte im sofortigen Verbund angegeben.

Es darf angenommen werden, dass die auf den Beton übertragene Vorspannkraft innerhalb der Übertragungslänge lbp linear vom Bauteilende her zunimmt. Der Bemessungs-wert lbpd ist entweder mit 0,8 lbp oder 1,2 lbp anzunehmen. Maßgebend ist der ungünstigere Wert für die betrachtete Wirkung.

Für rechteckige Querschnitte und gerade Spannglieder nahe der Unterseite des Querschnittes kann die Eintra-

gungslänge wie folgt festgelegt werden (vgl. Bild 18):

l l dp eff bpd, = +2 2

(57)

In biegebeanspruchten Bauteilen wird die Verankerung der vorgespannten Bewehrung durch Rissbildung entschei-dend beeinflusst. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden:

a) Der Übertragungsbereich (x ≤ lbpd) darf als ungerissen angesehen werden, wenn unter Berücksichtigung der maßgebenden Vorspannkraft gilt:

σc,Ed ≤ fctk;0,05

In diesem Fall darf die Übertragung innerhalb der Länge lbpd ohne weiteren Nachweis als gegeben angesehen werden (Bild 18a). Die Verankerungslänge ergibt sich zu

l lA

d fba bpdp

p

pd pmt

bp p

= +⋅

⋅−

⋅ ⋅πσ σ

η η1

(58)

ηp = 0,5 für Litzen und profilierte Drähte bzw. ηp = 0,7 für gerippte DrähteDer zusätzliche Divisor ηp berücksichtigt die schlechteren Verbundbedingungen außerhalb der Übertragungslänge x > lbpd bzw. im gerissenen Bereich x > lr .

b) Bei Rissbildung innerhalb des Übertragungsbereichs vergrößert sich die Verankerungslänge gegenüber Glei-chung (56) wie folgt (siehe Bild 18b):

l l

A

d

x l

fba rp

p

pd pt r

bp p

= +⋅

⋅− =( )

⋅ ⋅πσ σ

η η1 (59)

In diesem Fall muss wegen σc,Ed > fctk;0,05 an jeder Stelle x innerhalb der Verankerungslänge lba der Nachweis der Tragfähigkeit wie folgt geführt werden:

FEd (x) ≤ FRd (x) (60) mit

F x

M x

zV xEd

EdEd( )

( )( ) cot cot= + ⋅ ⋅ −( )1

2θ α

(61)

Bild 17: Übertragung der Vorspannung mit sofortigem Verbund

Page 17: Vorgespannte Tragwerke nach DIN 1045-1 (2001) · 2013. 11. 15. · 1.5 Planungsgrundlagen für vorgespannte Bauteile 1.5.1 Mindestwerte für die Betondruckfestigkeit Die beim Vorspannen

66 FRILO-Magazin

Fachthema DIN 1045-1

FRILO-Magazin 67

Fachthema DIN 1045-1

z Hebelarm der inneren Kräfte, x Entfernung von Auflagermitte,

θ Neigungswinkel der Betondruckstreben gegen die Bauteilachse; bei Bauteilen ohne Querkraftbe-wehrung gilt cot θ = 3,0 und cot α = 0.

α Neigungswinkel der Querkraftbewehrung gegen die Bauteilachse

F x F x F x

A x A x

Rd p Rd s Rd

p p Rd s s Rd

( ) = ( ) + ( )= ⋅ ( ) + ⋅ ( )

, ,

, ,σ σ (62)

Fp,Rd aufnehmbare Zugkraft der SpannstahlbewehrungFs,Rd aufnehmbare Zugkraft der Betonstahlbewehrung Die vom Spannstahl aufnehmbare Zugspannung

σp,Rd ist nach Bild 18 zu ermitteln.

Literatur und Normen

Bieger, Bertram – 81Bieger, K.W., Bertram, G.: Rissbreitenbeschränkung im Spannbetonbau. Beton- und Stahlbetonbau 76 (1981), S. 118 – 123DIN 1055-100 – 01DIN 1055-100: Grundlagen der Tragwerksplanung, Sicher-heitskonzept, Bemessungsregeln. Ausgabe März 2001DIN 1045-1 – 01DIN 1045-1: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spann-beton – Teil 1: Bemessung und Konstruktion. Ausgabe Juli 2001DIN 1045-2 – 01DIN 1045-2: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spann-beton – Teil 2:

Beton – Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Kon-formität. Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1. Ausgabe Juli 2001EN 206-1 – 01DIN EN 206-1: Beton – Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität. Ausgabe Juli 2001ENV 1992-1 – 92 DIN V ENV 1992-1-1: Eurocode 2 – Planung von Stahlbe-ton- und Spannbetontragwerken; Teil 1-1: Grundlagen und Anwendungsregeln für den Hochbau. Ausgabe 1992Graubner – 01 Graubner, C.-A.: Spannbetonbau. Stahlbetonbau aktuell. Jahrbuch 2001 für die Baupraxis. R. Avak, A. Goris (Hrsg.): Beuth Verlag, Werner Verlag 2001Grünberg – 02Grünberg, J. (Hrsg.): Bemessung von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken nach DIN 1045 (2001). Springer-Verlag 2002.Hochreither – 82Hochreither, H.: Bemessungsregeln für teilweise vorge-spannte, biegebeanspruchte Betonkonstruktionen – Begrün-dung und Auswirkung. Dissertation, TU München 1982MC 90 – 93 CEB-Bulletin d‘ Information: CEB-FIP Model Code 1990, First Draft, No. 213/214, Mai 1993

Autor:Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jürgen GrünbergUniversität Hannover,Institut für Massivbau

Bild 18: Verlauf der Spann-stahlspannungen im Verankerungsbereich von Spanngliedern mit sofortigem Verbund (DIN 1045-1, Bild 17)