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458 Scheibler : Vorlliifige Mittheilung liber die Annahine BBchamp’s zu sprechen, dsss bei gewtjhnlicher Temperatur Rohrzucker in rein wilsseriger L6sung nus in Folge einer Fermentation durch entstsndene Nycotyledonen allmihlich in Fruchtzucker umgewandelt werde. Solche Zuckerlkungen enthalten vielmehr VM dem Eintritt jeder Schininielbildung bereits kleine, allerdinga mit dein Polari- sator nicht bernerkbare Mengen von Glykose. Die Uiiibil- dung des Rohrzuckcrs wird mahracheinlich nicht durch eine wlthre G%lirung und durch Entwickelung einer Slure un- mittelbar iiach entstandcnem Ferment eingeleitct , da alle reinen Zuckerl6sungen , nachdem sie drei Tage bei gewtjhn- licher Teniperatur gestanden hatten (Versuch I b, I1 c, I11 b). sich gegen das empfindlichste Lskmuspapier vollkommen neutral verhielten und doch dnrch die in ihnen nnchmeisbare Glykow bemiesen, dass die Umbildong eiugeleitet sei. - Wir iiilisseii demnach dem Wasser in dieseln Falle dieselbe Rolle zuschreiben , welche verdunnte SiSuren bei ihrer Einwirkung auf Rohrzocker spielen. VIII. Ob der bei diesen Zersetxungeu sich bildeudo Invertzucker wirklich C,,H,.20,2 ist , lLst sich vor der Hand nicht entscheiden, da ausser Fruchtzucker viele andere Kohlen- hydrate die Flhigkeit haben , die k’e hl i u g’sche alkalische KupferlSsung zu reduciren. XLIX. Vorlaufige Mittheilimg iiber die Metapechsiinre aus Znckediben. Vnn C. Scheibler. Seit llngcrer Zeit mit clern Studium der organischeu Kiirper, welclie neben deui Zucker im Sjafte der Runkelrilben enthalten sind, beschaftigt , habe ich auch die Untersuchung einiger der Klasse der sog. Pectink6rper mgeh6renden Stoffe unternommen , hsuptsiichlicli um dw Verhalten sowie den sttrenden Einfluss, den sie bei der Zuckerfabrikation austiben,

Vorläufige Mittheilung über die Metapectinsäure aus Zuckerrüben

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458 Scheibler : Vorlliifige Mittheilung liber die

Annahine BBchamp’s zu sprechen, dsss bei gewtjhnlicher Temperatur Rohrzucker in rein wilsseriger L6sung nus in Folge einer Fermentation durch entstsndene Nycotyledonen allmihlich in Fruchtzucker umgewandelt werde. Solche Zuckerlkungen enthalten vielmehr VM dem Eintritt jeder Schininielbildung bereits kleine, allerdinga mit dein Polari- sator nicht bernerkbare Mengen von Glykose. Die Uiiibil- dung des Rohrzuckcrs wird mahracheinlich nicht durch eine wlthre G%lirung und durch Entwickelung einer Slure un- mittelbar iiach entstandcnem Ferment eingeleitct , da alle reinen Zuckerl6sungen , nachdem sie drei Tage bei gewtjhn- licher Teniperatur gestanden hatten (Versuch I b, I1 c, I11 b). sich gegen das empfindlichste Lskmuspapier vollkommen neutral verhielten und doch dnrch die in ihnen nnchmeisbare Glykow bemiesen, dass die Umbildong eiugeleitet sei. - Wir iiilisseii demnach dem Wasser in dieseln Falle dieselbe Rolle zuschreiben , welche verdunnte SiSuren bei ihrer Einwirkung auf Rohrzocker spielen.

VIII. Ob der bei diesen Zersetxungeu sich bildeudo Invertzucker wirklich C,,H,.20,2 ist , lLst sich vor der Hand nicht entscheiden, da ausser Fruchtzucker viele andere Kohlen- hydrate die Flhigkeit haben , die k’e hl i u g’sche alkalische KupferlSsung zu reduciren.

XLIX.

Vorlaufige Mittheilimg iiber die Metapechsiinre aus Znckediben.

Vnn

C. Scheibler.

Seit llngcrer Zeit mit clern Studium der organischeu Kiirper, welclie neben deui Zucker im Sjafte der Runkelrilben enthalten sind, beschaftigt , habe ich auch die Untersuchung einiger der Klasse der sog. Pectink6rper mgeh6renden Stoffe unternommen , hsuptsiichlicli um d w Verhalten sowie den sttrenden Einfluss, den sie bei der Zuckerfabrikation austiben,

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Metapectinsiiure BUS Zuckerrtiben. 459

njiher kennen zu lernen. Da diese Untersuchungen vornehm- lich praktische Endziele verfolgen sollten , so hatte ich die- selben xunZIchHt auf solche Pectinkbrper gerichtet , welche, wenn einmal in den ZuckersZIften enthalten, durch die bishe- rigen Hlilfsmittel der Zuckerfabrikxtion aus denselben nicht mehr zu entfernen sind, die also namentlich durch Aetzkalk bei der sog. Scheidung nicht als Kalksdze gefdllt werden. Hierher geh6rt nun besonders die SLure, melche ziierst von F r e m y *) beschrieben uud Cellulosesiinre (Acide celhlique) genannt, dann aber spiiter als Metapectinsiiure erkannt wurde. Ich verfuhr, um diese Silure zu erhalten, iihnlich wie Fremy, doch so, dass ich das Mark (Rlibenpresslinge oder Diffusions- Schnittlinge) mit Rallrmilch nnf dem Wasserbnde erhitzte, das gebildete Knlksalz, ohne vorgiingige Abscheidung mittelst Blkohol , sofort durch kohlensaures Ammonink , stiitt durch 0sals:iure zerlegte und die ammoniakalisch geinnchte Lbsung dann mit basisch essigsaurem Blei fdllte etc. und die mit Schwefelivasserstoff abgeschiedene SLure durch >Behnndeln mit kalkfreier Thierkohle yon geringen Nengen Fnrbstoff befreite.

Die von F rem y angegebenen Eigenschaften der Meta- pectinahre ksnn ich bestiitigen, bis auf die Angabe, dass das neutrnle oder basisch essigsaure Blei in den Lbsungen der metapectinsauren Alkalien Niederschliige erxeuge , welche nach meinen Versuchen in neutralen Lbsungen nich t erfolgen, sondern erst auf Zusatz von Ammoniak. Ausserdem ksnn ich folgende neue Eigenschaften angeben, melche namentlich far die Praxis der Zuckerfabrikation von grossem Interesse sein dtlrften.

Die MetapectinsZIure besitzt, trotzdem sie eine starke Saure ist, keinen sauern, sondern nur einen faden Geschmack, wie der einer Gummilbung ist ; sie krystallisirt nicht , zeigt hei stlrkerer Concentration eine klebrige schleimige Beschaf- fenheit und trocknet schliesslich zu einer farblosen zersprun- genen Xasse ein. Sie besitzt in ihren Lkungen ein specifi- schee Gewicht , welches nnhezu gleich ist dem specifischen

*) Compt. rend. t. 48, 202 und 49, 561; auch Chem. Centralbl. 1850, S. 4.

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Gewichte von Zuckerlbsungen desselben Procentgehalts , so dass wesentliche Fehler in der arbmetrischen Bestimmung der Trockensubstanz von Zuckereiiften, welche man aus den fir Zucker berechneten Tabellen ableitet, durch die Anwesen- heit yon Metapectinsaure nicht bedingt werden.

Eine hervorragende und praktisch sehr michtige Eigen- schaft der Metapectinsaure ist ihr Vermbgen die Ebene des polarisirten Lichtes stark zu drehen. Dies Drehungsvermbgen iet stilrker als das des Kohrzuakers, nur in sntgegengesetzter Richtung und zwar dreht 1 Theil Metspectinpilure so stark nach links dass dadurcli 1 Theile des rechtsdrchenden Rohrzuckers optisch neutralisirt werden. Das Drehungsver- mbgen der Silure bleibt unveriindert , wenn man die L6sung derselben mi t Alkalien oder alkalischen Erden neutral oder alkaliscli mscht , es itndert sich jedoch, sobald man sie rnit stsrken organischen oder Mineralsiiuren einige Zeit erhitzt ; es nimrnt alsdnnn schnell ab, erreicht Null und geht inRechta- drehung Uher, die ihr Maximum erreicht hat, wenn die h e - hungsgrbsse nach rechts der ursprtinglichen Linksdrehung nahezn gleich ist. Gleichzeitig mit dieser Umkehrung des Drehungsvermbgens bei der Einwirkung F O ~ Slureii auf (lie Metapectinsilure hat dieselbe eine vijllige Umwandluiig er- litten, denn wiihrend die ursprlingliche SIure auf alkalische weinsaure (Fehli n g’sche) Kupferlbsung ohne uennenswertbe Einwirkung ist, scheidet sie nach cler Rehandlung rnit YLuren erhcbliche Quantitilten von Kupferoxydnl damit ous. Man findet bei uiihercr Untersuchung, dass sic eine Spaltung in eine rechtsdrehende Zockerart und eine andere organische Siiure (die von Bleisalzen gefiillt wird) erfahren hat, woliacll die Metapectins~ure.also der Rlasse der Glykoside angehbrt. Der durch Spaltung entstandeiie rechtsdrehende Zucker (Pec- tinzucker) krystnllisirt in schbnen langen zerbrechlichen Pris- men und ist nicht mit Traubenzucker identisch. Nan gewinnt und trennt denselben von der gleichzeitig entstehenden neuen Saure in folgender Weise: Die durch ltingeres Erhitzen suf dem Wasserbade mit verdtinnter Schwefelsiiure behandelte Lbsung der Netapectinsilure wird mit kohlensaurem Baryt neutralisirt, der schwefelsaure Baryt abfiltrirt und dm Filtrat

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MetapectinaaEure aua Zuckerriiben. 461

zu einem dlinnen Syrup verdampft. Versetzt man diesen mit dem doppelten bis dreifachen Yolum 90 proc. Alkohol, so &llt das Barytsalz der durch Spaltung entstandenen Stlure nls flockiger Niederschlag aus, wiihrend der Zucker gelirst bleibt, der dann nach Entfernung des Alkohols durch Destillation und Eindampfen der Lirsung zum Syrup nach kunem Stehen bald krystallisirt. Ich bin mit der nilheren Untersuchung dieses Zuckers, sowie der neben demselben entstehenden Saure heschaftigt, und indem ich mir weitere Blittheilungen vor- behalte, will ich schliesslich nur kurz eiiiige aus vorstebenden Thatsachen sich ergebende Folgerungen andeuten..

Nan vermuthet seit lange, dass die optische Bestimmung des Zuckers in Riibensilften unter Urnstanden mit Fehlerquelleu behaftet ist, und Bodenbender*) hat in neuerer Zeit auf die bemerkenswerthe Erscheinung aufmerksam gemacht, dass der im Laufe des Winterbetriebes einer Zuckerfabrik aus den op- tischen Bestimmungen sich ergebende Zuckerverlust den direct ermittelten anfangs um 0,4 bis 0,7 p.C. vom Gemicht der ver- arbeiteten ltiiben iiberstieg, sich dann verringerte , uud dass in der letzten Winterhillfte dann der entgegengesetxte Fall eintrat, indem 0,3 bis 0,6 p.C. Zuckeriiberscliuss sich ergaben. Diese Erscheinung findet ihre ungezwungcne Erkllrung, wenn man annimmt, dass mit dem Lagern der in hlieten aufbewahr- ten Ruben die anfangs unlirsliche Pectose cles Riibenzellgewe- bes in lirsliche linksdrehende Metapectinsiiure sich umtlndert, die dann mit in den Saft iibergeht und die Zuckcrbestimmung zu klein ausfallen ltlsst.

Man weiss ferner, dass die Silfte der durch hingere Auf- bewahrung veranderten, sog. ,,alterirten", Riiben Kupferlirsung zu reduciren vermirgen , was gesunde Stlfte frischer Riiben nicht thun. Es hat sich hierbei wahrscheinlich ein Theil der erzeugten Metapectinstlure unter Bildung des vorhin erwiihn- ten Zuckers gespdten.

Es ist ferner bekannt, dass die optische Zuckerbestimmung unter Anwendung der Inversionsmethode bei Mbensilften und Syrupen v6llig unbrauchbare, mitunter sogar durchaus confuse

*) Zeitachrift dea Vereine fiir Riibenrucker-Induatrie 17,482.

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Resultate ergiebt , was nunmehr erkltirlich ist , denn bei An- wesenheit von MetapectinsHure setzt sich die Rechtsdrehung vor der Inrersion zusammen aus tlcni im Uebemhusse vor- handenen rechtsdrehenden Rohrzucker und der linksdrehen- den Metapectinstiure , nach der Inversion aber ist die Grkse der Linksdrehung gleich der Diflereiiz der Drehungen des linksdreheiitleii Iiivertzuckers uud dea clurch Spnltung entstaii- denen Pectinzuckeru. Hiermit in vollkommenster Uebereiu- stiminung stehen die in jtingsterzeit von LanGolt *) gemach- ten Erfahrungen liber die Inversionsmethode, dass in den Syrupen und Melassen der Rubenzuckerfabriken das Vorkom- men soldier Stoffe , welche xunilchst Linksdrehuog und nach der Inversion wahi-scheinlich Itechtsdrehung zeigeii, mit Noth- wendigkeit auzunehinen sei. Auch muss in solchen Ftillen die Zuckerbestimmung mittelst Kupferlijsung zu holie Zahleu liefern, dn nicht nlleiii der nus dem Rohrzucker entstnndene Iuvertzuckcr, sondern auch der durch Spaltung erzeugte Pec- tinzucker an der Ausscheidung von Kupferosydul Theil nimmt, was deun auch die Land01 t’schen Eestimmungen ebenfalls ergeben haben.

Die Entstehungsweise der Yetapectinstiure llsst die Wibh- tigkeit erkennen, dass der in den Zuckerfabriken zur Verar- beitung kommende Saft @glichst frei von RUbenzellfasern (Ptilpe) sei, denn diese wtirdeii bei dem Aufkochen des Saftes mit Kalk (bei der sog. Scheidung) Veranlassung geben zur Bildung luslicher metapectinsaurer Kalkerde , die nicht mehr aus den Siiften zu entfernen ist. Diess zu vermeidan oder auf ein Minimum zu verringern, wird der Technik niclit schwer werden, uiid die in neuerer Zeit in Aufnahlne gckommene Saftgewiunung mittelst Oslnose (Diffusions-Yerfahren) zeich- net sich vor andern Nethoden dadurch aus, dass sie die letzt- gedach te Bildung von Metapectinsaure v6llig ausschliesst, diese Siiure also nur in Folge der Verrrrbeitung alterirter lUiben in DiffusionssPften auftreten kann.

Ich habe bisher vergeblich nach eineln Verfahren oder

*) Verhandlungen des Vereins eur Bemrderung des Gewerbfleisses in Preussen. Jahrg. 1867, S. 103 ; dies. Jonrn. 108, 1.

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einem Reagens gemcht , urn die Metapectinslure in den Pro- ducten der Rtibenzuckerfabrikation direct iiachzuweisen: kann dagegen aber ein Merkmal angeben , aus welchern sich mit ziemlicher Sicherheit auf d,ie Anwesenheit von Metapec- tinsiiure-Salzen schliessen liisst. Bekannt ist , dass die ver- schiedenen Producte der Zuckerfabriben sich bisweilen durch- a u ~ ::icht mittelst basisoh essigsaurer Bleilfisnng kllren lassen, wie es als vorgiingige Operation bei der optischen Zucker- bestimmung erforderlich ist. Diess hat wahrscheinlich seinen Grund in der Anwesenheit metapectinsaurer Salze, denn als ich wiederholt die Lbsungen von Flillmassen und RUbenroh- xucker , die sich vortreffiich kliiren und in wenigen Yiriuten vom Bleiniederschlage abfiltriren liessen, absichtlich mit eiiier nur geringen Menge Metapectinsliure versetzte, war die KIP- rung nicht mehr mbglich ; der voin Niederschlage ablaufende Saft war trlibe opalisirend, und es dauerte Stunden, bevor einige Cub.-Cent. Saft durchfiltrirten, ganz so wie diess zum Verdruss des Experirnentirenden in der Praxis oft genug vor- kommt.

Die Thatsache, dass die Metapectinsliure zu den Glyko- siden ziihlt, dUrfte Aufschluss geben tiber die Natur und Con- stitution der bisher mit so geringen Erfolgen studirten Pectin- kijrper Itberhaupt, sowie auch in pflanzenphysiologischer Be- ziehung Beachtung verdienen , da wir wissen, dass mit dem Auftreten des Zuckers in reifenden Frtich ten die Pectinkbrper ihrer Menge nach abnehmen , dass also wahrscheinlich die- selben als die Muttersubstanzen, aus welchen der Zucker her- vorgeht , angesehen werden miissen. Diese und 5hnliche wichtige Frageh hoffe ich bald auf Gruncl weiterer bereits in Angriff genommener Versuche eingehend erijrtern und mit den analytischen Daten belegen zu kijnnen.