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Dr. Klaus-Dieter Maubach Vorlesung Elektrizitätswirtschaft TU Clausthal Kapitel 6 Stromhandel Inhalt 6.1 Einführung in den Stromhandel 6.2 Funktionsweise des Stromhandels 6.3 Strombörsen 6.4 Handel mit Emissionsberechtigungen

Vorlesung Elektrizitätswirtschaft TU Clauthal · Ausgleichsfunktion zwischen Angebot und Nachfrage. Dargestellt ist: • Angebotsmenge steigt bei ... Der Käufer eines Calls hat

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Dr. Klaus-Dieter Maubach

Vorlesung ElektrizitätswirtschaftTU Clausthal

Kapitel 6Stromhandel

Inhalt6.1 Einführung in den Stromhandel

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

6.3 Strombörsen

6.4 Handel mit Emissionsberechtigungen

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Literatur: L. Müller: „Handbuch der Elektrizitätswirtschaft“, 2. Auflage, Springer Verlag 2001, S. 408

6.1 Einführung in den Stromhandel

Überblick

Wie jedes Handelsgeschäft findet der Stromhandel statt, um Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen. Die technisch erzwungene Zeitgleichheit von Erzeugung und Verbrauch sowie die hohe Komplexität der Vorgänge sind natürliche Beschränkungen eines Handelsgeschäftes, das früher vorrangig dem kurzfristigen Stromaustausch zwischen Verbundunternehmen, der Kraftwerksauslastung und der Absatzsicherung diente.

Die Liberalisierung der Energiemärkte, das Unbundling und die Entwicklung von Strombörsen haben den Stromhandel in den letzten Jahren zu einem kaufmännisch wesentlich komplizierteren Geschäft gemacht, das einer dynamischen Entwicklung unterliegt. In diesem Geschäft steht vielfach die reale Erfüllung hinter anderen Handelsfunktionen, z.B. der Preissicherung, zurück.

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Motive für Stromhandel

• Hauptmotive:a) Optimierung der Beschaffung des Vertriebsbedarfes (Vertriebshandel) b) Vermarktung von Kraftwerksleistungc) Ausnutzen der vorhandenen Marktmöglichkeiten

• Nebenaspekte:a) Aufbau von Know-how in einem sich verändernden Marktumfeld

(Wettbewerbsvorteil)b) Verkauf der Stromhandelskompetenz als Dienstleistung

6.1 Einführung in den Stromhandel

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Preisbildungsmechanismus an Märkten

Idealtypisch bildet der Preis an einem vollkommenen Markt die Ausgleichsfunktion zwischen Angebot und Nachfrage.

Dargestellt ist:• Angebotsmenge steigt bei

steigenden Preisen• Nachfragemenge sinkt bei

steigenden Preisen• beim Gleichgewichtspreis

(gestrichelt) gilt:Angebotsmenge = Nachfragemenge

Menge

Preis

Nachfrage

Angebot

Marktpreis

6.1 Einführung in den Stromhandel

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100 %

120 %

140 %

160 %

80 %

60 %

A M J J A S O N D J F M

Preisvolatilität

Preise können sich...• kurz- oder langfristig...• stark oder nur geringfügig...

ändern

Je kurzfristiger und stärker die Preisänderungen sind, desto volatiler ist der Preis der entsprechenden Ware

Aktien- und Devisenkurse verdeutlichen unterschiedliche Volatilitäten. Produkte an Warenbörsen weisen analog unterschiedliche Volatilitäten auf

NEMAX 50

DAX

EUR

6.1 Einführung in den Stromhandel

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Handel mit volatilen Produkten

Handelsmotive an volatilen Märkten sind:• Spekulation: Nutzung zeitlicher Preisentwicklungen • Arbitrage: Nutzung räumliche Preisdifferenzen • Hedge: Ziel der Preissicherung

Spekulations- und Arbitragegeschäfte werden durch Händler getätigt. International haben diese Motive im Stromhandel der Energiewirtschaft eine erhebliche Bedeutung. Perspektivisch ist eine ähnliche Entwicklung in Deutschland möglich.

Im Folgenden soll aber nur das für den deutschen Stromhandel im energiewirtschaftlichen Sinne relevante Motiv der Preissicherung weiter betrachtet werden. Die Betrachtung erfolgt wechselseitig aus Sicht eines Anbieters, hier Generation Portfolio Manager (GPM) bzw. eines Nachfragers, hier Sales Portfolio Managers (SPM).

6.1 Einführung in den Stromhandel

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In der Stromerzeugung müssen mindestens die energieträgerabhängigen Grenzkosten je Kraftwerkstyp erlöst werden. Andernfalls ist selbst der kurzfristige Betrieb unwirtschaftlich. Diese Preise sind aus Erzeugerperspektive zu sichern.

Grenzkosten in €/MWh

Angebot

Braun-kohle

GasSpeicher

MengeKern-energie

Stein-kohle

Wasser

Preissicherung am Beispiel von Grenzkosten

6.1 Einführung in den Stromhandel

Nachfrage =f (t)

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Langfristig ist die Erzeugung zu Grenzkosten unrentabel. Der Generation Portfolio Manager muss versuchen, am Markt die Vollkosten und die gewünschte Rendite zu erlösen und zu sichern. Die Verschiebung der Angebotskurve ist oben schematisch gezeigt.

Nachfrage =f (t)

Angebot

Vollkosten in €/MWh

6.1 Einführung in den Stromhandel

Preisbildung aus Vollkostenperspektive

MengeKern-energie

Stein-kohle

Braun-kohle

GasSpeicher

Wasser

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Preissicherungsmechanismen

Preissicherung in Handelsgeschäften erfolgt über:

Spotmarkt:• Handel für Erfüllung nächster Tag/die nächsten Tage (Optimierungshandel)• Erfüllung generell durch physische Lieferung

Terminmarkt:• Handel für Erfüllung in zukünftigen Perioden (spekulativer Handel oder

Instrument zur Preissicherung)• Erfüllung physisch oder finanziell• Handelsplatz auch für Teilnehmer ohne Interesse an der Ware

Optionsgeschäfte:• Recht, zu einem festgelegten Zeitpunkt und zu einem vorher festgelegten Preis

ein Handelsgeschäft durchführen zu können

6.1 Einführung in den Stromhandel

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Preissicherungsmechanismen

Definition Call Option

Der Käufer eines Calls hat das Recht, aber nicht die Pflicht,• gegen Zahlung einer Optionsprämie• eine bestimmte Menge Strom• innerhalb eines bestimmten Zeitraums• zu einem vorab definierten Preis (strike)• vom Verkäufer des Calls zu kaufen

Der Verkäufer eines Calls (Stillhalter) hat umgekehrt die Pflicht, bei Ausübung des Optionsrechts durch den Käufer,

• eine bestimmte Menge Strom • innerhalb eines bestimmten Zeitraums • zu einem vorab vereinbarten Preis zu verkaufen

Fazit: Der Käufer schützt sich gegen steigende Preise und wahrt gleichzeitig die Chance, an fallenden Preisen zu partizipieren

6.1 Einführung in den Stromhandel

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Gewinn ggü. Marktpreis in €/MWh

Markt-preis

Käufer übt Option nicht aus und kauft zum Marktpreis

Käufer übt Option ausund kauft zum Basispreis

21 €/MWh(Basispreis Option)

Optionspreis (2 €/MWh)

23 €

/MW

h

PreissicherungsmechanismenVisualisierung einer Kaufoption (Call)Das Beispiel zeigt, wie ein Sales Portfolio Manager (SPM) sich über einen Basispreis von 21 €/MWh und einen Optionspreis von 2 €/MWh maximal 23 €/MWh Kosten sichert (gepunktet = Gewinn, schraffiert = verminderter Verlust, grau = auf Optionspreis begrenzte Kosten).

6.1 Einführung in den Stromhandel

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PreissicherungsmechanismenDefinition Put OptionDer Käufer eines Puts hat das Recht, aber nicht die Pflicht,

• gegen Zahlung einer Optionsprämie• eine bestimmte Menge Strom• innerhalb eines bestimmten Zeitraums• zu einem vorab definierten Preis• dem Verkäufer des Puts zu verkaufen

Der Verkäufer eines Puts hat umgekehrt die Pflicht, bei Ausübung des Optionsrechts durch den Käufer,

• eine bestimmte Menge Strom • innerhalb eines bestimmten Zeitraums • zu einem vorab vereinbarten Preis zu kaufen

Fazit: Der Käufer schützt sich gegen fallende Preise und wahrt gleich-zeitig die Chance, an steigenden Preisen zu partizipieren

6.1 Einführung in den Stromhandel

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Gewinn ggü. Marktpreis in €/MWh

Markt-preis

Käufer übt Option ausund verkauft zum Basispreis

Käufer übt Option nicht ausund verkauft zum Marktpreis

25 €/MWh(Basispreis Option)

Optionspreis (2 €/MWh)

23 €

/MW

h

PreissicherungsmechanismenVisualisierung einer Verkaufsoption (Put)Das Beispiel zeigt, wie ein Generation Portfolio Manager (GPM) sich über einen Basispreis von 25 €/MWh und einen Optionspreis von 2 €/MWh mindestens 23 €/MWh Erlös sichert (gepunktet = Gewinn, schraffiert = verminderter Verlust, grau = auf Optionspreis begrenzte Kosten)

6.1 Einführung in den Stromhandel

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Bedeutung von Prognoseverfahren

GPM und SPM setzen komplexe Prognoseverfahren ein, um wichtige Informationen zu erhalten:

• Der Generation Portfolio Managerprognostiziert Preisentwicklungen,um sinnvolle Kraftwerkslaufzeitenabschätzen zu können (obere Grafik)

• Der Sales Portfolio Managerprognostiziert Lastgänge, umEinkaufsmengen festlegen zukönnen (untere Grafik)

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

0

20

40

40

€/MWh

8 12 16h

2420

40

MW

8 12 16h

24200

200

400

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Zerlegung des Lastgangs

Zur Beschreibung des Lastgangs aus Sicht des SPM, der diesen Lastgang zu bedienen hat, werden folgende Begriffe genutzt und auf der Folgeseite visualisiert:

• Base load: Täglich, 0 - 24h• Peak load: Mo - Fr, 8 - 20h, auch feiertags• Off-peak load: Mo - Fr 0 - 8h und 20 – 24h, Sa, So• Single hours: Mengen für Einzelstunden (im Diagramm nicht dargestellt)• Short: Der SPM hat weniger Leistung eingekauft, als er gemäß

prognostiziertem Lastgang bedienen muss. Zu diesen Zeiten ist er deshalb ‚short‘

• Long: Der SPM hat mehr Leistung eingekauft, als er gemäßprognostiziertem Lastgang bedienen muss. Er ist deshalb ‚long‘.

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

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Quelle: Chrsitian Bogatu: „Portfolio-Management von Stromversorgungsverträgen“ / Handout-Internet-Version, TU Berlin, Fachgebiet Energiesysteme, Berlin 2001 (Abbildung leicht modifiziert)

Zerlegung des LastgangsVisualisierung der Begriffe

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

t

Bedarf Base Peak „short“ „long“

MW

Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag

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Zerlegung des LastgangsNachfahren über Single-hoursWird der Lastgang durch den SPM nur sehr grob nachgefahren, so muss teure Regelenergie vom ÜNB bezogen (short-Zeiten) oder - gering vergütet - an ihn abgegeben werden (long-Zeiten). Es ist deshalb aus Sicht des SPM möglich, über Spotgeschäfte (single hours) den Lastgang noch wesentlich genauer nachzu-fahren. Er kauft dann während der prognostizierten short-Zeiten Leistung zu. In seinen long-Zeiten wird er zum Verkäufer und verkauft die Energie.

Das nachfolgende Diagramm veranschaulicht, wie diese Feinabstimmung aussehen könnte. Immer verbleiben aber Zeiten, in denen Regelenergie bezogen oder geliefert wird. Der SPM reduziert diese Zeiträume aber auf ein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvolles Maß.

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

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t

Quelle: Chrsitian Bogatu: „Portfolio-Management von Stromversorgungsverträgen“ / Handout-Internet-Version, TU Berlin, Fachgebiet Energiesysteme, Berlin 2001 (Abbildung leicht modifiziert)

Zerlegung des LastgangsVisualisierung der Single-hours

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

MW

Montag

Bedarf Base Peak „short“ „long“

Single hour VK

Single hour K

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Handelszeiträume

Der historisch gewachsene Stromhandel in Deutschland bestand im Wesentlichen aus langfristigen bilateralen und individuellen Verträgen netztechnisch verbundener Unternehmen. Hinzu kamen Kurzfristkontrakte, die zwischen Verbundunternehmen zum Ausgleich von Engpässen und Überkapazitäten geschlossen wurden.

Der liberalisierte Strommarkt unterscheidet dagegen:

• langfristige Geschäfte: Vollbezug mit individuellen Verträgen• mittelfristige Geschäfte:> 7..10 Tage• kurzfristige Geschäfte: im Wetterprognosezeitraum (< 7...10 Tage)

Im Folgenden werden Vollbezugsverträge kurz und danach die beiden anderen Segmente ausführlich betrachtet.

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

Quelle: L. Müller: „Handbuch der Elektrizitätswirtschaft“, 2. Auflage, Springer Verlag 2001, S. 408 19

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HandelszeiträumeLangfristige StromhandelsgeschäfteBei den langfristigen Stromhandelsgeschäften unterscheidet man zwei Formen

über den jeweils vereinbarten Zeitraum:

• Vollbezug (Anmerkung: gegenüber dem jeweiligen ÜNB bestehen gesetzlich geregelte Abnahmeverpflichtungen zu anteiligen Einspeisemengen gem. EEG und KWKG)

• Bandlieferung / Bandbezug

Gründe für langfristige Stromhandelsgeschäfte können sein:

• günstige Einkaufskonditionen (aus Sicht des Käufers)• langfristige Absatzsicherung (aus Sicht des Verkäufers)• Beteiligungsverhältnisse (als Absatzsicherung)• Verzicht auf eigenen Kraftwerksbau (z. B. internationale langfristige Geschäfte:

Italien verzichtet mit Strombezug aus Frankreich auf eigene Kraftwerksleistung)

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

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HandelszeiträumeKurz- und mittelfristige StromhandelsgeschäfteDer Fokus der weiteren Betrachtungen liegt auf den kurz- und mittelfristigen Geschäften. Das trägt der folgenden Tatsache Rechnung:

• dynamische Marktentwicklung: Im Zuge der Liberalisierung des Strommarktes nehmen Handelsvolumen und Anzahl der Handelsgeschäfte derzeit deutlich zu

• Aufbau von Handelsplätzen: Der dynamischen Marktentwicklung trägt der Aufbau zentraler Handelsplätze (Strombörsen) Rechnung

• Referenzpreisbildung: Die Preise für die an Strombörsen gehandelten Mengen haben auch für OTC-Geschäfte (OTC = ‚over the counter‘, also

bilaterale Geschäfte) Referenzpreisfunktion und damit einen entscheidenden Einfluss auch auf den außerbörslichen Stromhandel

Diese kurz- und mittelfristigen Handelsgeschäfte werden im Folgenden verkürzt als ‚Stromhandel‘ bezeichnet

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

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Gliederungskriterien des Stromhandels

Stromhandelsgeschäfte lassen sich nach verschiedenen Kriterien strukturieren:

• nach Fristigkeit (Spotgeschäfte/Termingeschäfte/Swapgeschäfte)• nach Verbindlichkeit (unbedingte/bedingte Geschäfte)• nach Handelsplatz (Börsengeschäfte/OTC-Geschäfte)

Auf diese Kriterien soll im Folgenden einzeln eingegangen werden, weil die Verbindung der Gliederungskriterien für die Produkte oder Formen des Stromhandels eine wichtige Rolle spielt.

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

Quelle: „Grundlagen des Stromhandels“, 1. Ausgabe, VWEW-Verlag, Frankfurt am Main 1998, S.50 ff 22

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Swapgeschäfte

Kopplung eines Spot-mit einem Termingeschäft

Spotgeschäfte

Spotgeschäfte sind kurzfristige Geschäfte, die sich auf eine oder mehrere Stunden des Folgetages beziehen

Termingeschäfte

Termingeschäfte umfassen längere Zeiträume wie Tag, Woche, Monat, Quartal oder Jahr.

Stromhandelsgeschäfte

(Auf Swapgeschäfte wird im Folgenden nicht weiter einge-gangen, da es sich um spezielle Finanz-geschäfte handelt).

Gliederungskriterien des StromhandelsKriterium 1: Fristigkeiten

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

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Call (Kauf-Option)

Käufer darf zum Basispreis Strom kaufen

Put (Verkauf-Option)

Käufer darf zum Basispreis Strom verkaufen

Gliederungskriterien des StromhandelsKriterium 2: Verbindlichkeit

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

Stromhandelsgeschäfte

Verbindliche Strom-handelsgeschäfte

Verbindliche Stromhandels-geschäfte, die entweder erfüllt oder glatt gestellt werden

Optionsgeschäfte

Der Käufer einer Option erwirbt das Recht, während der Laufzeit zu entscheiden, ob das Geschäft ausgeführt werden soll

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Gliederungskriterien des StromhandelsKriterium 3: Handelsplätze

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

OTC-Geschäfte

OTC-Geschäfte sind dezentrale, bilaterale Geschäfte mit individuellen Merkmalen und geringer Transparenz

Telefongeschäfte

Abwicklung auf telefonischem Wege

Internetgeschäfte

Zukünftig insbes. in Verbindung mit Clearinghäusern

Börsengeschäfte

Börsengeschäfte sind zentrale Geschäfte mit Clearingstellen, standardisiert und für den Markt transparent

Stromhandelsgeschäfte

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Absicherung (Hedging) von Preis- und Volumenrisiken

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

Preis

Volumen

Preiserwartung

Preisrealität

Volumen-realität

Volumen-erwartung

Preisrisiko

Volumenrisiko

Umsatz = Volumen x Preis

„Normales“Derivat (Future, Option, …)

z.B. Wetterderivat

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Zeitliche Entwicklung des StromhandelsAbleitung und DarstellungAufgrund der gegenwärtigen Situation in Deutschland werden ausschließlich die folgenden Produkte des Stromhandels detaillierter betrachtet:• Forwards• Optionen• Wetterderivate• Spothandel• Terminmarkt (z. B. Future)

Der Direkthandel (direkter Handel von Spotmengen) läuft derzeit im Wesentlichen telefonisch ab. Mengen und Preise ähneln dem Spothandel (Abschnitt 6.3).

Forwards und Optionen haben analoge börsengehandelte Pendants (Future und Börsenoptionen), deren gegenwärtige Bedeutung geringer ist. Auf eine Darstellung dieser und des Swap-Geschäftes wird im Folgenden verzichtet.

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

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börsengehandelt

nicht börsengehandelt

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Forwards

Der Begriff ‚Forward‘ bezeichnet nicht börsengehandelte (also individuelle, nicht standardisierte), verbindliche Warentermingeschäfte.

Interessen der Geschäftspartner:• Der Generation Portfolio Manager will sich unabhängig vom volatilen

Spotmarkt für bestimmte Mengen und Zeiträume den - möglichst hohen -Verkaufspreis sichern.

• Der Sales Portfolio Manager will sich marktunabhängig für bestimmte Mengen und Zeiträume einen bestimmten - natürlich möglichst niedrigen -Einkaufspreis sichern.

Preissicherungsgeschäfte sind insbesondere für große Mengen und längere Zeiträume (Base oder Peak load) interessant, bei denen schon kleine Preisänderungen wirtschaftlich kritisch sein könnten.

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

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ForwardsBeispiel:Ein Generation Portfolio Manager (GPM) und ein Sales Portfolio Manager (SPM) schließen folgenden Forward ab:• Lieferzeitraum: Mai 2002• Base load; Leistung: 200 MW• Preis: 23 €/MWh

Das Volumen der Lieferung beträgt: 31 d * 24 h/d * 200 MW = 148.800 MWhDer Preis beträgt dementsprechend:148.800 MWh * 23 €/MWh = 3.422.400 €

Tatsächlich liegt der Spotmarktpreis im Mai nun im Mittel bei 20 €/ MWh. Der GPM hätte also am Spotmarkt 446.400 € Mindererlöse realisiert, die den Kraftwerksbetrieb ggf. unrentabel gemacht hätten. Der SPM zahlt zu viel; die Kosten sind aber durch die Erlöse von seinen Kunden gedeckt (sonst hätte er den Forward nicht abgeschlossen).

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

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Optionen

Im Gegensatz zu einem Forward zahlt bei einer Option einer der beiden Vertragspartner dafür, dass er bei Kenntnis des aktuellen Marktpreises entscheiden darf, ob das Geschäft zur Ausführung kommt oder nicht.

Es sei angenommen, dass der GPM im vorherigen Beispiel weiterhin 23 €/MWh erlösen muss, und deshalb bei einem Optionspreis von 2 €/MWh einen Put über 23 €/MWh + 2 €/MWh = 25 €/MWh abschließt.

Er zahlt also bei Abschluss 148.800 MWh * 2 €/MWh = 297.600 € an den SPM. Da der Marktpreis auf 20 €/MWh fällt, übt er im Mai die Option aus und verkauft für 25 €/MWh an den Verkäufer des Put statt für 20 €/MWh über Spotgeschäfte. Er erhält nach Abzug seines Optionspreises ‚netto‘ wiederum 3.422.400 €.

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

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Wetterderivate

Über Stromderivate (Forwards, Futures) werden Preissicherungsgeschäfte getätigt. Banken bringen verschiedene Branchen zusammen, die über Wetterderivate beispielsweise Mengensicherungsgeschäfte tätigen wollen.

Bei einem derartigen Wetterderivat werden zwei Vertragsparteien zusammengebracht, auf die sich die gleiche Wetteränderung wirtschaftlich entgegengesetzt auswirkt. Beispiel: Abschluss eines Wetterderivates für den Monat September zwischen einer Weinkelterei und einem Independent Power Producer (IPP).

Effekt:• bei Kälte ersetzt der Mehrerlös des IPP-Betriebs über einen besseren

Spotmarktpreis für den Strom den Mindererlös der Kelterei• in einem warmen September ist es umgekehrt

6.2 Funktionsweise des Stromhandels

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6.3 Strombörsen

Strombörsen in Europa

Quelle: BDEW/VDEW Stromdaten 2007

Borzen

GME

OTE

APX Power UKAPX Power NL

ICE

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Sep.Jan. Mai Jan. Mai Sep. Jan. Mai Jan. MaiJan. Mai Sep. Sep.Sep.20

30

40

50

70

60

80

90 €/MWh Skandinavien

UK

Deutschland

Frankreich

Niederlande

Belgien

8.4

Beispiel Termingeschäfte

6.3 Strombörsen

Quelle: EST-TA * Frontjahr Base 33

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6.3 Strombörsen

Strombörsen in EuropaEntwicklung der Handelsvolumina* an den europäischen Strombörsen

Quelle: Geschäftsbericht EEX 2006

0

200

400

600

800

1000

1200

1400 TWh

EXAA 1 1 2 2 2Powernext 3 7 27 82 113

APX 14 19 21 25 29

EEX 144 200 216 346 477

Nord Pool 1143 664 757 962 1016

2002 2003 2004 2005 2006

*Summe aus Future- und Spot-Transaktionen, Clearing nicht berücksichtigt34

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6.3 Strombörsen

Strombörse in Deutschland

Die deutsche Strombörse EEX (Leipzig):Die EEX ist die wichtigste kontinental-europäische Strombörse. Sie ging im Jahr 2002 aus einer Fusion zwischen der LPX Leipzig Power Exchange und der Frankfurter European Energy Exchange hervor. Hauptgeschäftsfelder der EEX sind der Spot- und Terminhandel für Strom, Gas, Emissionsberechtigungen und Kohle.

Kennzahlen 2006:

Quelle: Geschäftsbericht EEX 2006

- 158 Handelsteilnehmer aus 19 Ländern- Anteilseigner: EUREX Zürich AG (23%), Nord Pool ASA (17%),

Landesbank Sachsen (17%), Streubesitz, i.e. Energieversorger/ Stadtwerke (43%)

- Umsatzerlöse: 37,8 Mio €

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Spotmarkt – ProdukteDem Gedanken des idealen Marktes folgend, weisen Börsenprodukte eine hohe Standardisierung auf. Sie sind in unterschiedlichsten Mengen zwischen verschiedenen Marktteilnehmern ohne individuelle Vereinbarungen und damit allein preisorientiert handelbar.

Die Einführung von Strombörsen in Deutschland hat erst die Verbände-vereinbarung 1999 ermöglicht.

An der deutschen Strombörse sind derzeit folgende Spotmarkt - Produkte handelbar:• Baseload (0...24 h), Peakload (8...20 h von Montag bis Freitag),

Stundenkontrakte; Stückelung: 1 MW• Blockkontrakte (Standardblocks (Base-, Peak-, Off-Peak1- und Off-

Peak 2-Load), Specials (6 verschiedene, 4 oder 6 Stunden));Stückelung 100 MW Stundenkontrakte; Stückelung 0,1 MW

6.3 Strombörsen

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6.3 Strombörsen

Spotmarkt – GeschäfteUnter dem Begriff ‚Spothandel‘ versteht man kurzfristige, börsengehandelte (also standardisierte) und verbindliche Warengeschäfte. Im Gegensatz zu OTC-Geschäften sind sich Käufer und Verkäufer nicht bekannt; die Geschäfte werden mit der Clearingstelle der Börse als Vertragspartner abgewickelt.

Börsengeschäfte werden durch die Abgabe von Geboten initiiert. Bei den Geboten für die zuvor genannten Produkte unterscheidet man • preisabhängige Gebote: Ein Geschäft wird nur ausgeführt, wenn der

Market Clearing Price (MCP) das Preislimit nicht unter- oder überschreitet.• preisunabhängige Gebote: Geschäfte mit sehr hoher Mengensicherheit, da sie

praktisch immer zur Ausführung gelangen.

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6.3 Strombörsen

Spotmarkt – GeschäfteBeispiel

Ein Sales Portfolio Manager ist auf Grund eingekaufter Peak load von 17 bis 18 h long. Das bedeutet: Der prognostizierte Absatz an seine Kunden liegt unter der eingekauften Leistung. Er bietet deshalb über die Börse an:• Zeitraum: 17 bis 18 h Folgetag• Leistung I: 20,5 MW• Preis I: preisunabhängig• Leistung II: 9,5 MW• Preis II: 26 €/MWh

An der Börse bildet sich ein Gleichgewichtspreis von 24,50 €/MWh für Single-hour-Spothandel des Folgetages.

Der SPM erlöst für das erste Gebot 1 h * 20,5 MW * 24,50 €/MWh = 502,25 €. Das zweite Gebot kann er über die Börse nicht verkaufen.

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6.3 Strombörsen

Spotmarkt – GeschäfteBeispiel

Da er die Arbeit aber über einen anderen Peak load - Vertrag (z.B. über einen Forward) eingekauft hat, speist er sie ins Netz des ÜNB ein und erlöst damit z.B. 1 h * 9,5 MW * 15 €/MWh =142,50 €.

Der SPM erlöst also insgesamt 502,25 € + 142,50 € = 644,75 € für 30 MWh (also im Mittel etwa 21,50 €/MWh). Auch hier findet ein Risikosplitting bei wesentlich kleineren Volumina statt.

Hätte er die Gesamtmenge preisunabhängig angeboten, so wäre das in diesem Fall vorteilhaft gewesen (Erlös: 735 €). Hätte er die 30 MWh zu 25 €preisabhängig angeboten, so wäre das Geschäft in diesem Fall nicht ausgeführt worden und er hätte komplett ins ÜNB-Netz gespeist (Erlös in diesem Fall: 450 €).

39

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Preis [€/MWh]

Menge

Nachfrage

Angebot

E1 E2

erfolgreich gehandelte Menge

Market-Clearing-Price (MCP)

28

2524

alle Anbieterverkaufen analle Nachfrager

kein Anbieter ver-kauft, kein Nach-frager kauft

Nachfrage (durch Käufer formuliert): „Ich bin bereit, für max. 28 €/MWh die Energiemenge E1 zu kaufen“Angebot (durch Verkäufer formuliert): „Ich bin bereit, für min. 24 €/MWh die Energiemenge E2 zu verkaufen“Beide handeln letztlich zum MCP (25 €/MWh)!

40

6.3 Strombörsen

Preisbildungsmechanismus am Spotmarkt

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Preisbildungsmechanismus am Spotmarkt

SonderformenAn einem Spotmarkt können Sonder-konstellationen auftreten. So ist es z.B. denkbar, dass sich kein Gleich-gewichtspreis bildet. Gründe:• Unterhalb eines Grenzpreises gibt

es überhaupt kein Angebot.• Oberhalb eines Grenzpreises gibt

es überhaupt keine Nachfrage.

Voraussetzung in diesem Fall: Es gibt keine preisunabhängigen Gebote.

Preis

Menge

Nachfrage

Angebot

Preis

Menge

Nachfrage

Angebot

6.3 Strombörsen

41

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6.3 Strombörsen

Beispiel Entwicklung Spotmarkt

Quelle: www.eex.de 42

EEX 2003-2004 EEX 2005-2006

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Terminmarkt

Unter dem Begriff ‚Terminhandel‘ versteht man langfristige und verbindliche Warengeschäfte unabhängig davon, ob Sie an der Börse gehandelt werden.

Produkte:

6.3 Strombörsen

Forward - Fokus auf physische ErfüllungFuture - Fokus auf finanzielle Erfüllung

FahrpläneIn der Regel Jahresfahrpläne

(Forward)

StandardprodukteBase und Peak in den Zeit-räumen Woche, Monat, Quartal und Jahr(Forward/Future)

43

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33,0035,0037,0039,0041,0043,0045,0047,0049,0051,0053,0055,0057,0059,0061,0063,0065,0067,0069,0071,0073,0075,0077,0079,0081,0083,0085,00

01.01

.2005

15.01

.2005

29.01

.2005

12.02

.2005

26.02

.2005

12.03

.2005

26.03

.2005

09.04

.2005

23.04

.2005

07.05

.2005

21.05

.2005

04.06

.2005

18.06

.2005

02.07

.2005

16.07

.2005

30.07

.2005

13.08

.2005

27.08

.2005

10.09

.2005

24.09

.2005

08.10

.2005

22.10

.2005

05.11

.2005

19.11

.2005

03.12

.2005

17.12

.2005

31.12

.2005

14.01

.2006

28.01

.2006

11.02

.2006

25.02

.2006

11.03

.2006

25.03

.2006

08.04

.2006

22.04

.2006

06.05

.2006

20.05

.2006

03.06

.2006

Base 06 Peak 06Base 07 Peak 07

Effekt CO2-Zertifikate

6.3 Strombörsen

Beispiel Entwicklung Terminmarkt (EEX 2005-2006)Strompreisentwicklung Base und Peak für 2006/2007

€/MWh

44

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6.3 Strombörsen

Perspektiven des Strombörsenhandels

Sowohl der Spot- als auch der Terminhandel an den deutschen Strombörsen verzeichnen rasche Zuwächse. Trotzdem bestimmt der OTC-Handel noch ganz überwiegend das Marktgeschehen.

Derzeitige Entwicklungsmöglichkeiten sind:• Weiteres deutliches Anwachsen des Strombörsenhandels• Deutliche Zunahme von Spekulanten und Arbitrageuren als

Marktteilnehmer• Mittelfristig bleibt jedoch der überwiegende Teil des Gesamtvolumens im

Stromhandel beim OTC-Geschäft• Westeuropäische Erzeugungskapazitäten treten in Wettbewerb zu

Stromimporten aus osteuropäischen Ländern• Starker Wettbewerb und zunehmende Transparenz führen zu sinkenden

Margen und damit zwangsläufig zu Volumensteigerung

45

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6.4 Handel mit Emissionsberechtigungen

Emission Trading Systems (ETS)

Einführung des ETS seit 01.01.2005 nach dem Prinzip „Cap and Trade“:

- Die EU bestimmt die Höchstmenge an Zertifikaten pro EU-Mitgliedsstaat.- Auf nationaler Ebene wird die Zuteilung auf die einzelnen Anlagen über einen

Nationalen Allokationsplan (NAP) geregelt.- Die Emissionszertifikate werden am Markt gehandelt (teilnehmende Sektoren:

Industrie- und Energiewirtschaft)- Festlegung von zunächst 2 Handelsperioden (NAP I 2005-2007; NAP II 2008-

2012)- Die durch den NAP festgelegte Menge an erlaubtem CO2-Austoß wird in jeder

Phase reduziert, so dass Einsparungen entstehen.- EEX: - kontinuierlicher Handel (fortlaufend von 9 bis 17 Uhr)

- An- und Verkauf von CO2-Futures (Jahresprodukte)- Überwachung in Deutschland durch die Deutsche Emissionshandelsstelle

(DEHSt)

Quelle: Deutsche Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt, EEX, Eon Energie Intranet 46

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6.4 Handel mit Emissionsberechtigungen

Zu- und Verkauf von CO2-ZertifikatenBeispiel:

Stehen einem Betreiber nicht genügend Berechtigungen zur Verfügung, so kann er seinen Ausstoß durch Einbau klimafreundlicher Technologien verringern (Betreiber Anlage 1) oder Berechtigungen (Betreiber Anlage 2) zukaufen.

Anlage

Start mit bisherigem CO2-Ausstoß

tatsächlicher CO2-Ausstoß

Handel

verfügbare Zertifikate

25.000 t

5.000 t

500 tZukauf

4.500 t

15.000 t

4.000 t

500 tVerkauf

4.500 t

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CO2 Preis-Index (2007) – NAP-1 phase

CO2 Preis-Index (2008) – NAP-2 phase

30

15

10

5

0

25

20

€/t

offizieller Handelsbeginn 1.1.2005

2004 2005 2007 2006 Mrz. Jun. Dez.Sep. Mrz. Jun. Dez.Sep. Mrz. Jun. Dez.Sep.Mrz. Jun. Dez.Sep.

6.4 Handel mit Emissionsberechtigungen

Entwicklung des CO2-Preisindex 2004 - 2007

Quelle: EEX 48

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Schätzungen für Zertifikatspreise zwischen 10 – 30 €/t CO2Erhöhung der Stromerzeugungskosten bei angenommenem Zertifikatspreisvon 10 €/t CO2

Kernkraft Braunkohle(inkl. Grube)

Steinkohle Erdgas

6.4 Handel mit Emissionsberechtigungen

Einfluss des CO2-Zertifikate-Handels auf die Stromerzeugungskosten

€/MWh

CO2-Kostenbelastung

Variable Brennstoffkosten

Basis: aktuelle Brennstoffpreise

Variable Erzeugungskosten Zertifikatspreis 10 €/t CO2

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