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Vorlesung Unlauterer Wettbewerb (UWG) Wintersemester 2006/2007 Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Jan Bernd Nordemann, LL.M.

Vorlesung Unlauterer Wettbewerb (UWG) Wintersemester 2006/2007 Humboldt-Universität zu Berlin

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Vorlesung Unlauterer Wettbewerb (UWG) Wintersemester 2006/2007 Humboldt-Universität zu Berlin. Dr. Jan Bernd Nordemann, LL.M. A. Quellen des Wettbewerbsrechts B.Verhältnis des Wettbewerbsrechts zu anderen Rechtsnormen C. Systematik des UWG D.Schutzzweck - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Vorlesung  Unlauterer Wettbewerb (UWG) Wintersemester 2006/2007 Humboldt-Universität zu Berlin

Vorlesung Unlauterer Wettbewerb (UWG)

Wintersemester 2006/2007

Humboldt-Universität zu Berlin

Dr. Jan Bernd Nordemann, LL.M.

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BOEHMERT & BOEHMERT

Wettbewerbsrechtliche Grundlagen: Übersicht

A. Quellen des Wettbewerbsrechts

B. Verhältnis des Wettbewerbsrechts zu anderen Rechtsnormen

C. Systematik des UWG

D. Schutzzweck

E. Geltungsbereich des UWG und seiner Nebengesetze

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A.Quellen des Wettbewerbsrechts

Wettbewerbsrecht im engeren Sinne

• UWG

• Nebengesetze

- PreisangabenVO

- Heilmittel- werbegesetz (HWG)

- Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) zu Teilen

• GemeinschaftsR

Sondergesetze

• MarkenG

• Gemeinschafts- markenVO

• PatG

• SortenschutzG

• GebrMG

• GeschmG

• Gemeinschafts- geschmacks- musterVO

• UrhG

Kartellrecht

• GWB

• Art 81, 82 EG

• sekundäres Gemeinschaftsrecht

- Gruppenfrei- stellungsVOen

- Fusions- kontrollVO

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B. Nationales Wettbewerbsrecht und Europäisches Gemeinschaftsrecht

• Vorrang des primären und sekundären Gemeinschaftsrechts (Art. 24 Abs. 1 GG)

• Voraussetzung: Vorliegen eines zwischenstaatlichen Sachverhalts

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B. Nationales Wettbewerbsrecht und Europäisches Gemeinschaftsrecht

- Primäres Gemeinschaftsrecht

• Problem: Vereinbarkeit nationaler Verbote nach UWG mit Art. 28, 49 EG

– Unproblematisch bei allgemeinen Verkaufsbedingungen, z. B. §§ 4 Nr. 4, 5 Abs. 4, 16 Abs. 2 UWG (Keck- Rechtsprechung des EuGH GRUR 1994, 296)

– Problematisch bei produkt- bzw. dienstleistungsbezogenen Regelungen, z.B. § 5 Abs. 1 und 2 UWG:

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B. Nationales Wettbewerbsrecht und Europäisches Gemeinschaftsrecht

- Primäres Gemeinschaftsrecht

• Wohl kein Verstoß gegen Art. 28 EG bei Kennzeichenschutz und unternehmerischem Leistungsschutz Art. 30 EG

• Kein Verstoß gegen Art. 28 bzw. Art. 49 EG, wenn zum Schutze des Verbrauchers zwingend erforderlich (Cassis-de-Dijon–Rechtsprechung des EuGH)

•Verbraucherleitbild des EuGH: „durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher“ (vgl. EuGH WRP 1995, 677, 678 - Mars)

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B. Nationales Wettbewerbsrecht und Europäisches Gemeinschaftsrecht

- Primäres Gemeinschaftsrecht

• Beispiel:

- Bezeichnung „Clinique“ für Kosmetika ruft Eindruck medizinischer Wirkung hervor?

- Beanstandungsloser Vertrieb z.B. in Frankreich- Verbot, Namen „Clinique“ in Deutschland zu verwenden

(§§ 3, 5 UWG), nicht zwingend erforderlich (EuGH GRUR 1994, 303)

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B. Nationales Wettbewerbsrecht und Europäisches Gemeinschaftsrecht

- Primäres Gemeinschaftsrecht

• Beispiel:

- Eiskremriegel mit Verpackung ausgestattet, die den Aufdruck "+ 10 %" trug; Menge jedes Erzeugnisses auch tatsächlich um 10 % erhöht

- Beanstandungsloser vertrieb in anderen EU-Staaten

- Ausstattung geeignet ist, beim Verbraucher die Erwartung hervorzurufen, die Ware werde zu demselben Preis angeboten wie bislang die Ware in der alten Ausstattung? Optische Ausgestaltung des "+ 10 %"-Hinweises in einer Weise,

die beim Verbraucher den Eindruck erweckt, das Produkt sei um den farblich gekennzeichneten Teil der neuen Verpackung vergrößert worden (Der Teil machte jedoch deutlich mehr als 10 % der Gesamtfläche der Verpackung aus)?

- Verbot (§§ 3, 5 UWG), nicht zwingend erforderlich (EuGH WRP 1995, 677 - Mars)

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B. Nationales Wettbewerbsrecht und Europäisches Gemeinschaftsrecht - Sekundäres Gemeinschaftsrecht

• EG-Richtlinien

– Richtlinie 84/450/EWG des Rates zur irreführenden Werbung – Richtlinie 97/55/EG zur Änderung der RL 84/450/EWG zwecks Einbeziehung der

vergleichenden Werbung– Richtlinie 2005/29/EG „Unlautere Geschäftspraktiken“ vom 11. Mai 2005

• Richtlinienkonforme Auslegung nationalen Rechts

– Vor Ablauf der Umsetzungsfrist nur eingeschränkt, Voraussetzungen:• Ziel der Auslegung ist Konformität mit Richtlinie• Gesetzgeber hat keinen Spielraum bei der Umsetzung• Beispiel: Richtlinie 97/55/EG zur vergleichenden Werbung wurde zur Auslegung

von § 1 UWG a. F. herangezogen. Spätere Umsetzung in § 2 UWG a. F. (jetzt § 6 UWG) bewirkte keine Rechtsänderung, vgl. BGH GRUR 1998, 824 – Testpreis-Angebot

– Nach Ablauf der Umsetzungsfrist ohne die genannten Einschränkungen

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B. Nationales Wettbewerbsrecht und Europäisches Gemeinschaftsrecht - Sekundäres Gemeinschaftsrecht

• Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG vom 11. Mai 2005

– Zweck (Art. 1): Schutz der wirtschaftlichen Interessen des Durchschnittsverbrauchers vor unlauteren Geschäftspraktiken von Gewerbetreibenden Anwendungsbereich beschränkt auf Verhältnis Unternehmer-Verbraucher

– Generalklausel in Art. 5 Abs. 1 verbietet unlautere Geschäftspraktiken

– Konkretisierungen der Unlauterkeit in Art. 5 sowie Art. 6 ff. (irreführende und aggressive Geschäftspraktiken)

– Im Anhang I der Richtlinie findet sich ausführliche Liste mit Geschäftspraktiken, die „unter allen Umständen als unlauter gelten“

– Umfang Umsetzungsbedarf in das UWG umstritten, noch kein RefE (erwartet Ende 2006)

– Umsetzungsfrist 17. Juni 2007

– Ausführlich: Fezer WRP 2006, 781; Steinbeck WRP 2006, 632; Engels K&R 2006, 59; Sosnitza WRP 2006, 1; Seichter WRP 2005, 1087

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B. Nationales Wettbewerbsrecht und Europäisches Gemeinschaftsrecht - Sekundäres Gemeinschaftsrecht

• Direkt anwendbare Verordnungen

– derzeit keine, die allgemeines Wettbewerbsrecht regeln

– Sonderregelungen z.B.: VO 2409/92 (Flugpreise und Luftfrachtraten)

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B. Nationales Wettbewerbsrecht und Europäisches Gemeinschaftsrecht - Sekundäres Gemeinschaftsrecht

• Wohl nicht mehr im Gespräch: Verordnung über die Verkaufsförderung im Binnenmarkt

• Schutz der Verbraucher durch Festlegung von weitreichenden Informationspflichten

• Ergänzung der Irreführungsrichtlinie, da Verstoß gegen Informationspflicht gleichbedeutend mit Verstoß gegen Verbot der irreführenden Werbung im Sinne der Richtlinie

• dazu Fezer, WuW 2002, S. 217; Köhler/Lettl, WRP 2003, S. 1019, 1029

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B. Das UWG und das nationale deutsche Recht

• Spezialität des Nachahmungsschutzes im PatG, GebrMG, UrhG, GeschmMG und MarkenG gegenüber §§ 3, 4 Nr. 9 UWG (Ausbeutung)

Beispiele:

- Irreführung über geographische Herkunftsangaben in §§ 126 ff. MarkenG ist spezieller als §§ 3, 5 UWG

- Verwässerungs- und Rufausbeutungsschutz in §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 3 MarkenG ist spezieller als §§ 3, 4 Nr. 9 UWG, § 12 BGB

Aber: Lückenfüllungs- bzw. Ergänzungsfunktion des UWG

dann Anspruchskonkurrenz

Beispiele:

- Schutz nach UrhG gegen Vervielfältigung und Verbreitung von Musikwerken; daneben Schutz nach §§ 3, 4 Nr. 9 UWG gegen vermeidbare Herkunftstäuschung aufgrund Anscheins eines

Lizenzproduktes

- Schutz nach MarkenG gegen Markeneintragung; daneben Schutz aus §§ 3, 4 Nr. 10 UWG, wenn Markeneintragung Mitbewerber gezielt behindern soll

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B. Das UWG und das nationale deutsche Recht

• Prinzipiell Anspruchskonkurrenz zwischen UWG und GWB Aber:- keine allein auf den Wertungen des GWB beruhendeUnlauterkeit, insbesondere kein Vorsprung durch Rechtsbruch nach § 4 Nr. 11 UWG durch GWB-Verstoß (BGH GRUR 2006, 773, 774 – Probeabonnement)

- Spezialität des GWB bei Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfreiheit

Beispiel: § 20 Abs. 2 GWB ist spezieller als § 3 UWG (objektive Behinderung)

• Prinzipiell Anspruchskonkurrenz zwischen UWG und BGB/HGB

Aber: Regelmäßig Spezialität des UWG bei Wettbewerbsverstößen (wichtig wegen unterschiedlicher Verjährung)

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C. Systematik des UWG(Aufbau und Struktur)

Im ersten Kapitel

– wird der Gesetzeszweck umrissen (§ 1),

– es folgt ein Definitionskatalog der wichtigsten Begriffe (§ 2),

– an den sich die Generalklausel des Verbots unlauteren Wettbewerbs anschließt (§ 3),

– die durch insgesamt 11 Beispielsfälle erläutert wird (§ 4).

– Anschließend sind einige Sondertatbestände - irreführende Werbung (§ 5), vergleichende Werbung (§ 6), belästigende Werbung (§ 7) - geregelt.

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C. Systematik des UWG(Aufbau und Struktur)

– Im zweiten Kapitel finden sich die Regelungen der Rechtsfolgen unlauteren Wettbewerbs;

– im direkten Anschluß folgen - im dritten Kapitel - die Verfahrensvorschriften.

– Das vierte Kapitel enthält Strafvorschriften für verschiedene Tatbestände (strafbare Werbung, § 16; Verrat von Betriebsgeheimnissen, Vorlagenfreibeuterei, §§ 17-19).

Die - auf den ersten Blick - große UWG-Reform von 2004 enthält neben einigen Änderungen vor allem eine komplette Neuordnung des UWG, die inhaltlich vieles beibehalten hat.

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C. Systematik des UWG(Aufbau und Struktur)

• Die Anspruchsgrundlagen des UWG finden sich in

– § 8 UWG (Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch)

– § 9 UWG (Schadensersatzanspruch)

– § 10 UWG (Gewinnabschöpfungsanspruch) und

– § 12 UWG (Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten sowie Urteilsveröffentlichung).

• Die maßgebliche Zentralnorm ist aber § 3 UWG.

• Die Anspruchsgrundlagen §§ 8, 9, 10 sowie § 12 UWG setzen alle eine Zuwiderhandlung gegen § 3 voraus.

• Die §§ 4 bis 7 sind allesamt Konkretisierungen des Begriffs Unlauterkeit in § 3 („Unlauter im Sinne von § 3 handelt...“).

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C. Systematik des UWG(Anspruchsaufbau)

• Die Tatbestandsvoraussetzungen der verschiedenen Ansprüche (§§ 8, 9, 10 oder 12 jeweils in Verbindung mit § 3 UWG) sind erfüllt, wenn

– eine Wettbewerbshandlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vorliegt, die

– unlauter ist sowie

– die Erheblichkeitsschwelle übersteigt und

– die weiteren anspruchsspezifischen Voraussetzungen gegeben sind.

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C. Systematik des UWG(nach Angriffsrichtung)

Unlautere Beeinflussung des

Kunden

• Irreführung - speziell: §§ 3, 4 Nr. 3, 4 UWG, §§ 17, 27 LMBG, §§ 3, 4, 11, 12 HWG

- allgemein: §§ 3, 5 UWG

• Ausübung unmittelbaren oder

mittelbaren Zwanges (§§ 3, 4 Nr. 1 UWG)

• Ausnutzung menschlicher Vorzüge oder Schwächen (§§ 3, 4 Nr. 1, 2, 5, 6 UWG)

• Belästigung (§§ 3, 7 UWG)

Behinderung von Mitbewerbern

§§ 3, 4 Nr. 7-10, §§ 3, 6 UWG

• Vernichtungswettbewerb

• Bezugnehmende Werbung

• Unlautere Ausnutzung fremder Leistung (Ausbeutung)

Vorsprung durch Rechtsbruch

§§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Spezialnorm z.B.

• § 16 Abs. 1 und 2 sowie §§ 17, 18, 19 UWG

• Standes- und Berufsordnungen, insbesondere berufsrechtliche Werbeverbote

• PreisangabenVO, HWG

• Normen des GWB bzw. Art. 81, 82 EG

• verbraucherschützende Normen des BGB, z.B. §§ 312 ff., 305 ff.

• u.v.a.

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D. Schutzzweck

• Nach § 1 S. 1 UWG dient das Gesetz dem Schutz des unverfälschten Wettbewerbs

• Leitbild: Leistungswettbewerb (str.)

– „die bessere Leistung soll sich durchsetzen“Bsp.: Prinzip verletzt, wenn Kunde über Leistung irregeführt (§§ 3, 5 UWG)

– Definition der Leistung aus KundensichtBsp.: BVerfG GRUR 2002, 455, 456 Tier- und Artenschutz: Keine Unlauterkeit der Werbung für Schokolade unter Hinweis auf Förderung des Tier- und Artenschutzes, obwohl Tier- und Artenschutz mit Produkt „Schokolade“ nichts zu tun hat; Verbraucher soll selbst entscheiden, was er als Teil der Leistung ansieht.

– Leitbild teilweise untauglich, z.B. in Grenzbereichen zum Kartellrecht

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D. Schutzzweck

• Schutz des unverfälschten Wettbewerbs wird personifiziert durch die Interessen der

– unmittelbar betroffenen Mitbewerber,

– Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer (Marktgegenseite)

• Laut § 1 S. 2 UWG schützt das UWG zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb

• Schutzzwecktrias in erster Linie Auslegungshilfe

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D. Schutzzweck - Mitbewerber

• Ursprünglicher und ureigenster Schutzzweck des UWG war Individualschutz der

einzelnen Mitbewerber.

• Das zu schützende Interesse der in § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG definierten Mitbewerber liegt in der wettbewerblichen Entfaltungsfreiheit.

• Verwirklichung dieses Schutzes in erster Linie über die §§ 3, 4 Nr. 7-10 sowie §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 3-6 UWG.

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D. Schutzzweck - Marktgegenseite

• Festlegung des Schutzes der Marktgegenseite (Verbraucherinnen und Ver- braucher, vgl. § 2 Abs. 2 UWG, § 13 BGB sowie sonstige Marktteilnehmer, vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2) zunächst durch Rechtsprechung; nun ausdrücklich in § 1 S. 1 UWG

• Schutzinhalt ist, Entscheidungen frei, sachgerecht und auf wahrheitsgemäßer Grundlage zu treffen

• Verwirklichung dieses Schutzes über §§ 3, 4 Nr. 1-6, §§ 3, 5, 6, 7 Abs. 1 und Abs. 2 UWG (wobei sich § 4 Nr. 2 und 6 UWG nur auf Verbraucher beziehen)

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D. Schutzzweck - Allgemeinheit?

• Schutz der Allgemeinheit in § 1 S. 2 UWG entspricht der bisherigen Rechtsprechung von BGH und BVerfG

• Eigenständigkeit des Schutzes der Allgemeinheit oder lediglich Reflex des Schutzes der Marktbeteiligten?

• Für Letzteres spricht Wortlaut, wonach neben den Markbeteiligten Allgemeinheit nur „zugleich“ geschützt ist

• Ebenso Beschränkung des Schutzes auf das „Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb“

• Damit kein Schutz sonstiger Allgemeininteressen (Tierschutz, Umweltschutz, Arbeitnehmerschutz)

• Auch der Schutz der Mitbewerber und der Marktgegenseite erfasst das Interesse an unverfälschten Wettbewerb Deckung der Interessen

• Hinter dem Schutz der Allgemeinheit verbirgt sich somit der Schutz der Marktteilnehmer (dazu ausführlich Schünemann, WRP 2004, S. 925; Nordemann, Wettbewerbs- und Markenrecht, 10. Aufl., Rn. 54 ff.)

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E. Geltungsbereich des UWG und seiner Nebengesetze

• Der räumliche Geltungsbereich des UWG ist auf das Inland (Gebiet der Bundesrepublik Deutschland) beschränkt („Territorialitätsprinzip“)

• Unlautere Wettbewerbshandlungen rechnen zu den unerlaubten Handlungen. Für

diese gilt die Kollisionsregel des Art. 40 EGBGB, der das Recht des Tatorts statuiert:

Berühren Handlung sowie Erfolg nur das deutsche Inland, gilt allein das UWG

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E. Geltungsbereich des UWG und seiner Nebengesetze

• Problematisch dagegen, wenn eine Handlung oder der Erfolg In- und Ausland berührt

– Beispiele: (1) Zwei deutsche Exporteure begegnen einander auf dem britischen Markt (BGH GRUR 1982, 495 - Domgarten-Brand); (2) Ein in Belgien zugelassenes und damit grundsätzlich in der gesamten EG verkehrsfähiges Produkt führt durch seine Aufmachung den deutschen Verbraucher irre (OLG Köln GRUR 1983, 71 - Apfelkorn)

– Früher wurde dem Verletzten ein Wahlrecht zwischen Handlungs- und Erfolgsort zugestanden

– Heute gilt als Tatort (Begehungsort), der Ort, wo wettbewerbliche Interessen aufeinanderstoßen.

– In Beispiel (1) stoßen die wettbewerblichen Interessen auf dem britischen Markt aufeinander: es gilt damit das britische Wettbewerbsrecht

– In Beispiel (2) das deutsche UWG, weil die wettbewerblichen Interessen an der Verhinderung irreführender Werbung in Deutschland aufeinandertreffen

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E. Geltungsbereich des UWG und seiner Nebengesetze

• Sonderfall: Bei internationaler Werbung per Internet (ausgenommen E-Mail- und Gewinnspielwerbung sowie Verteildienste) innerhalb der EU gilt das „Herkunftslandprinzip“, vgl. § 4 Abs.2 TDG (Umsetzung von Art. 3 E-Commerce-Richtlinie).

• Deutsches Recht und deutsche Gerichte bleiben nach den allgemeinen Regeln zuständig, aber Prüfung durch deutsches Gericht, ob das Recht des Herkunftslandes der Internetwerbung liberaler ist. Dann wird das deutsche Recht entsprechend eingeschränkt

• siehe Henning-Bodewig GRUR 2004, 822; erste Fallpraxis OLG Hamburg GRUR 2004, 880.

• Beispiel: Wenn ein deutscher Konkurrent gegen Internetwerbung eines in Frankreich niedergelassenen DSL-Anbieters vorgehen will, findet grundsätzlich französisches Recht Anwendung; allerdings bleiben die deutschen Gerichte zuständig und müssen nach Annahme eines Verstoßes gegen UWG noch prüfen, ob das französische Recht die Werbung erlaubt

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E. Geltungsbereich des UWG und seiner Nebengesetze

• Aber: Gem. § 4 Abs. 5 Nr. 4 TDG (Umsetzung von Art. 3 Abs. 4 E-Commerce- RL können Richter u.a. deutsches Recht anwenden, wenn dies aus Gründen des Verbraucherschutzes „erforderlich“ und „angemessen“ ist

• Parallelproblem zu Art. 28 EG (Cassis-de-Dijon-Rechtsprechung des EuGH): Fraglich ist, welche Vorschriften des deutschen Wettbewerbsrechts Abweichung vom Herkunftslandprinzip rechtfertigen

• Irreführungsverbote wohl (+), allerdings im Einzelfall nicht unbegrenzt (vgl. Sack, WRP 2001, 1408, 1422)

– Beispiel: Bei irreführender Werbung für DSL-Angebot ist UWG anwendbar, deutsche Gerichte sind zuständig

• Weiterführende Literatur: Henning-Bodewig GRUR 2004, 822; Sack, WRP 2001, 1408, 1422; ders. WRP 2002, 271; Bernreuther, WRP 2001, 513; Nordemann, Wettbewerbs- und Markenrecht, 10. Auflage 2004, Rn. 66.