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15.01.18 1 Psychiatrische Notfälle VL Psychologie, CBF Berlin, 09. Januar 2018 Ein psychiatrischer Notfall ist ein Zustand, der einen unmittelbaren Handlungszwang zur Abwendung von Lebensgefahr oder von anderen schwerwiegenden Folgen mit sich bringt. erfordert eine sofortige, an der akuten Symptomatik orientierte, gezielte Therapie, um eine Gefahr für die Gesundheit des Patienten und evtl. anderer Personen abzuwenden. entsteht meist auf der Grundlage einer psychiatrischen Erkrankung Muss nicht immer auf einer psychiatrischen Station behandelt werden Psychiatrischer Notfall Pajonk; Der Nervenarzt, 9: 2015

Vortrag Notfallpsychiatrie Hahn 2018 - Charité · 15.01.18 1 Psychiatrische Notfälle VL Psychologie, CBF Berlin, 09. Januar 2018 • Ein psychiatrischer Notfall ist ein Zustand,

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15.01.18

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PsychiatrischeNotfälle

VLPsychologie,CBFBerlin,09.Januar2018

• EinpsychiatrischerNotfallisteinZustand,dereinenunmittelbarenHandlungszwangzurAbwendungvonLebensgefahrodervonanderenschwerwiegendenFolgenmitsichbringt.

• erforderteinesofortige,anderakutenSymptomatikorientierte,gezielteTherapie,umeineGefahrfürdieGesundheitdesPatientenundevtl.andererPersonenabzuwenden.

• entstehtmeistaufderGrundlageeinerpsychiatrischenErkrankung

• MussnichtimmeraufeinerpsychiatrischenStationbehandeltwerden

PsychiatrischerNotfall

Pajonk; Der Nervenarzt, 9: 2015

15.01.18

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• ErfolgterSuizidversuch

• KonkreteSuizidpläneoder- vorbereitungen

• HochgradigerErregungszustand

• Aggressivität/GewalttätigkeitimRahmenpsychischerErkrankungen

• KonkreteFremdtötungsabsichtenimRahmenpsychischerErkrankungen

• SchwereIntoxikation

• Delir

AbsoluteNotfallindikation/Notarztindikation

Pajonk; Der Nervenarzt, 9: 2015

VorgehenbeipsychiatrischenNotfall

• Abschätzen,obderPatienteineakuteGefahrfürUntersucher,Personalodersichselbstdarstellt

• AusschlusseinerunmittelbarenvitalenBedrohungoderkörperlichen(Grund)Erkrankung

• VorläufigediagnostischeEinschätzungvonNotfallsyndromundzugrundliegenderpsychiatrischerStörungdurchExploration;FremdanamneseundVerhaltensbeobachtung

• FestlegungderBehandlungsstrategieund-modalität(freiwillig–unfreiwillig,sofort– nachAufnahmeaufinternistischeStation/ÜbernahmevonStation)

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• Erstesyndromale Verdachtsdiagnosestellen

• PsychopharmakologischeBehandlungmöglichstaufderBasiseiner(vorläufigen)diagnostischenEinschätzung

• Nicht-pharmakologischeMaßnahmen(u.a.verbaleDeeskalation,Reizabschirmung)begleitendeinsetzen

• PsychopharmakazurBeruhigungeinsetzen

• PatientensoweitwiemöglichindieAuswahlundApplikationsformderPsychopharmakamiteinbinden

• Oralederparenteralen(i.v. /i.m.)Medikationvorziehen

VorgehenbeipsychiatrischenNotfall

PsychopharmakafürpsychiatrischeNotfälle

Messer et al. 2015;

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HäufigkeitstationärpsychiatrischerAufnahmenindenletztenJahren.

Pajonk; Der Nervenarzt, 9: 2015

AnzahlderUnterbringungeninpsychiatrischenKlinikeninDeutschland

Pajonk; Der Nervenarzt, 9: 2015

15.01.18

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• Bewusstsein(qualitativ/quantitativ)

• Orientierung

• Aggressivität

• Suizidalität

• Krankheitseinsicht

• Eigengefährdung/Einwilligungsfähigkeit

• Fremdgefährdung/Unterbringung

• Erregung/Angst

• IntoxikationundEntzug

PsychiatrischerNotfallbefund

Pajonk; Der Nervenarzt, 9: 2015

Bewusstseinsstörungen

• quantitativ:Bewusstseinsminderung– Benommenheit (VerlangsamungvonDenkenundHandeln,Apathie)– Somnolenz(Schläfrigkeit)– Sopor (schlafähnlicherZustand,nurdurchstarkeReizeerweckbar)– Koma (nichterweckbar)

• qualitative Bewusstseinsstörung– Bewusstseinstrübung (MangelndeKlarheitderVergegenwärtigung

desErlebens)– Bewusstseinseinengung(FixierungaufbestimmtesErleben,

verminderteAnsprechbarkeit)– Bewusstseinsverschiebung (gegenüberdurchschnittlichen

Wachbewusstsein,GefühlderIntensitätssteigerung,VergrößerungdesErfahrungsraumes)

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PsychiatrischeSyndromeundhäufigesomatischeUrsachen(Schema)

Walter & Lang; 2016;

UrsacheneinerBewusstseinsstörung

• Delir

• Intoxikation

• EntzugabhängigmachenderSubstanzen

• EpileptischerAnfall

• Schädel-Hirn-Trauma,zerebraleRaumforderung/Blutung,Ischämie

• Meningitis/Enzephalitis

• MetabolischeStörung

• Herz-Kreislauf-Versagen

Neu, P.; Der Nervenarzt, 9: 2015

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Orientierungsstörungen

mangelndesBescheidWissenundSichZurechtfindenindenzeitlichen,räumlichen,situativenundpersönlichenGegebenheiten

• örtlicheDesorientiertheit

• zeitlicheDesorientiertheit

• situativeDesorientiertheit

• DesorientiertheitzureigenenPerson

• fluktuierendJa/Nein

MöglicheUrsacheneinerOrientierungsstörung

• Delir

• Intoxikation

• Entzug

• Demenz,DelirbeiDemenz

• Depression

• Meningitis/Enzephalitis

• Schädel-Hirn-Trauma,zerebraleRaumforderung/Blutung,Ischämie

• Arzneimittelinduziert

• MetabolischeStörung

• EpileptischerAnfall

Neu, P.; Der Nervenarzt, 9: 2015

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• StörungdesBewusstseinsundderAufmerksamkeit

• Wahrnehmungsstörungen(Sinnestäuschungen)

• Gedächtnis- undOrientierungsstörungen

• Sprach- undAuffassungs-Störungen

• PsychomotorischeStörungen

• Schlafstörungen(Schlafstruktur,nächtlicheFluktuation)

• AkuterBeginnundfluktuierenderVerlauf(Hypoaktivà Hyperaktiv)

• Aggressivität

• NachweiseinerorganischenGrundlage

DelirICD-10

• ZentralnervöseErkrankungen(Blutungen,Tumore,Schädel-Hirn-Trauma,Epilepsie,Meningitis,Enzephalitis,Schlafentzug)

• Postanästhesie,postoperativ

• SystemischeErkrankungen(Infektionen)

• MetabolischeStörungen(Hypoglykämie,Hyperglykämie,Nierenversagen,Leberversagen,Anämie,Azidose,Alkalose,Vitaminmangel,Endokrinopathien

• Elektrolytstörungen(Na,K,Ca,Mg,HCO3,PO4,Dehydratation)

• Medikamente(Medikamenten-induzierteNebenwirkungen,Medikamentenintoxikation,Medikamentenentzug)

• Drogen(v.a.Alkohol,aberauchBZD,Drogen)

• Hypoxie,Hyperkapnie

• Fieber

UrsachendeliranterErregungszustände

Neu, P.; Der Nervenarzt, 9: 2015

15.01.18

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• Bewusstsein(qualitativ/quantitativ)

• Orientierung

• Aggressivität

• Suizidalität

• Krankheitseinsicht

• Eigengefährdung/Einwilligungsfähigkeit

• Fremdgefährdung/Unterbringung

• Erregung/Angst

• IntoxikationundEntzug

PsychiatrischerNotfallbefund

Pajonk; Der Nervenarzt, 9: 2015

• MisstrauenundFeindseligkeit,dienachGesprächsangeboteherzu- alsabnehmen

• PsychomotorischeErregung,Anspannung,Hyperaktivität,Perseveration,Schweigen

• Reizbarkeit,Stimmungsschwankungen,eingeschränkteSelbstkontrolle,z.B.mitbizarrem,wechselhaftemVerhalten

• VerbaleAggressivität,Gewaltandrohung

• PatientfühltsichindieEngegetrieben

• Pläne,anderenMenschenGewaltanzutun

• SubjektivesAngstempfindendesHelfers

• Intoxikation

HinweisefürdrohendesaggressivesVerhalten

Pajonk; Der Nervenarzt, 9: 2015

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Bröset Stufen-SkalafürdrohendeAggression

Walter & Lang; 2016;

HäufigesAuftretenvonAggressivität

• MännlichesGeschlecht

• FrüheresgewalttätigesVerhalten

• AufnahmegegenWillen

• Drogenmissbrauchoder-abhängigkeit

• AusgeprägterWahn,formaleDenkstörungen,Manie

• Ko-morbidePersönlichkeitsstörung(v.a.dissozialeroderemotional-instabilerTypbzw.entsprechendeTraits)

• Sprachschwierigkeiten

• Minderbegabung

Allen et al. 2005

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Verhaltensgrundsätze

• PatientzuGesprächfähigundbereit?

• PrüfenobRisikofüraggressivesVerhaltenvorliegt

• Reizabschirmung

• Hilfeholen,Mitarbeiter,beibewaffnetenPatientenimmerPolizei

• Ruhebewahren,auseinerPositionderSicherheitkommunizieren

• SicheresundentschlossenesAuftretenundHandeln

• SituationundPatientenberuhigen,sprechenlassen(talking down)

• Wertschätzendzuhören,ernstnehmen,validieren,ermutigenüberKränkungenzusprechen,BesprechenauslösenderSituationen

• ErklärendesweiterenVorgehens

• Bewusstsein(qualitativ/quantitativ)

• Orientierung

• Aggressivität

• Suizidalität

• Krankheitseinsicht

• Eigengefährdung/Einwilligungsfähigkeit

• Fremdgefährdung/Unterbringung

• Erregung/Angst

PsychiatrischerNotfallbefund

Pajonk; Der Nervenarzt, 9: 2015

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• SuizidalitätistdieSummeallerDenk-,Erlebens- undVerhaltensweisenvonMenschen,dieinGedanken,durchaktivesHandelnoderpassivesUnterlassenoderdurchHandelndeneigenenTodanstrebenbzw.alsmöglichesErgebniseinerHandlunginKaufnehmen.

• SuizidgefährdungistsehrhäufigeinSymptom(>90%)psychischerStörungen.(HoffnungslosigkeitundVerzweiflungsindhäufigdieFolgepsychischerErkrankungen;diessindwichtigeRisikofaktorenfürSuizidalität.)

Suizidalität

FormenvonSuizidalität:Kontinuitätsannahme

Wolfersdorf; Schneider; Schmidtke; Nervenarzt 9, 2015

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• 804.000 Suiziden weltweit (Suizidrate weltweit 11,4; Männer 15,0; Frauen 8,0 auf 100.000 der Bevölkerung).

• Suizid war die zweithäufigste Todesursache bei den 15- bis 29-Jährigen.

• 75% aller Suizide geschahen in LAMICs

• 15 – 35 Jahre (2. häufigste Todesursache in Deutschland)• 12,5 / 100000 Einwohner • Männer : Frauen 2,5 : 1• Anstieg mit dem Alter• > 90 % psychische Erkrankung• „Die sog. Entschlusszeit liegt bei 97% unter 24 h“

EpidemiologieWHODaten2012

Wolfersdorf; Schneider; Schmidtke; Nervenarzt 9, 2015

Suizidraten(Deutschland2002)

Quelle: Statistisches Bundesamt, Deutschland

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VerteilungderSuizidziffernnachAlterundGeschlecht(Deutschland2013)

Wolfersdorf; Schneider; Schmidtke; Nervenarzt 9, 2015

• PsychischKranke,vorallemdepressivErkrankte,jungeanSchizoprenienerkrankteMänner,postpsychotischeDepression

• Abhängigkeitserkranke(Drogen,Alkohol)insbesonderebeiStörungenderImpulskontrolle

• MenschenmitSuizidalitätinderVorgeschichte• MenschenjeglichenAltersundGeschlechtesinschwierigen,belastenden,

nichterträglichenLebenssituationen

• ÄltereMenschen

Risikogruppen

Wolfersdorf; Schneider; Schmidtke; Nervenarzt 9, 2015

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SymptomedieaufhoheSuizidalitäthinweisen

• SchwerederDepression

• Todeswünsche,Suizidideen

• GedankenvonHoffnungslosigkeitundHilflosigkeit

• GedankenvonWertlosigkeitundSchuld

• AltruistischeIdee,dieWeltseibesserohnedenSuizidenten

• KörperlicherlebteSymptomeinsbesonderevonquälenderSchlaflosigkeit,SchwächeundGefühllosigkeit,Appetit- undGewichtsverlustsowieschwerekörperlicheErkrankung

• WahnhafteAusprägung(Wahn,Halluzinationen,paranoideIdeen)

• KomorbiditätmitDrogen- oderAlkoholproblemen,Angststörungen,Persönlichkeitsstörungen

• NeigungzuImpulsivitätundAggressivität

Wolfersdorf; Schneider; Schmidtke; Nervenarzt 9, 2015

• „IchhaltedieDepressionnichtmehraus.“

• „SuizidistdieeinzigeWahldieichhabe.“

• „MeinerFamiliewürdeesohnemichbessergehen.“

• „Niemandenkümmertes,obichlebeodertotbin.“

• „Ichbinwertlosundverdieneesnichtzuleben.“

• „Ichhassemichselbst.“

• „EsgibtkeineHoffnungfürmich,ichhabeallesverlorenwasmirwichtigwar.“

• „Diejenigen,diemirwehgetanhaben,werdendarübernachdenken.“

AussagenvonSuizidgefährdeten

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Sad Persons Scale

0to2 Sendhomewithfollow-up

3to4 Closefollow-up;considerhospitalization

5to6Stronglyconsiderhospitalization,dependingonconfidenceinthefollow-uparrangement

7to10 Hospitalizeorcommit

S– Sex:1ifmale;0iffemale;(morefemalesattempt,moremalessucceed)A– Age:1if<20or>44D– Depression:1ifdepressionispresentP– Previousattempt:1ifpresentE– Ethanolabuse:1ifpresentR– Rationalthinkingloss:1ifpresentS– SocialSupportsLacking:1ifpresentO– OrganizedPlan:1ifplanismadeandlethalN– NoSpouse:1ifdivorced,widowed,separated,orsingleS– Sickness:1ifchronic,debilitating,andsevere

DifferenzierungvonSuizidgedankennachpsychiatrischerGrunderkrankung

Wolfersdorf; Schneider; Schmidtke; Nervenarzt 9, 2015

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FehlerimUmgangmitSuizidalität

• Suizidankündigungennichternstnehmen

• PsychiatrischeStörungübersehen

• StationäreEinweisungverzögern/unterlassen

• MangelndeExplorationderjetzigenundfrüherenUmstände,diezuSuizidalitätgeführthaben

• MissachtungderFremdanamnese

• ÜberhöhteAnsprücheandieeigenentherapeutischenFähigkeiten

• FehlbeurteilungderRuhenachdemEntschlussvordemgeplantenSuizid

• EinseitigeundunverbindlicheTherapieempfehlungen

Ankündigung:

Einengung:

Aggressionen

HabenSieüberIhreAbsichtenschonmitjemandengesprochen?

HabensichIhreInteressen,GedankenundzwischenmenschlicheKontaktegegenüberfrühereingeschränkt,verringert?

HabenSiegegenjemandenAggressionsgefühle,dieSiegewaltsamunterdrücken?

Erkennen– WichtigeFragenI

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Suizidalität:

Vorbereitung:

Grübeln:

HabenSieschoneinmaldarangedachtsichdasLebenzunehmen?

AnwasdenkenSie?SindeseherGedankenanRuheundTodeswunschohneaktivePlanung?WiekonkretsindIhreGedankenundAbsichten?

DenkenSiebewußt daran?OderdrängensichdieGedankenauf,auchwennSieesnichtwollen?

Erkennen– WichtigeFragenII

ErwinRingel(WienerPsychiaterundSuizidforscher)

DemSuizidgehteinebestimmteEntwicklungvoraus!

ErlebenvonAusweglosigkeitSozialerRückzugStändigesSich-BeschäftigenmitTodesgedanken

Menschen,diesichselbsttöten,sindverzweifelt.„DieSituationwirdalsbedrohlich,unheimlich,grenzenlos,unüberschaubar,unüberwindbarerlebt,währendhingegendieeigenePersonalsklein,hilflos,ausgeliefertundohnmächtigerlebtwird.“

Erkennen– PräsuizidalesSyndrom

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• Suizidalitätimmerdirektthematisieren,präziseunddetaillierterfragenundvordemHintergrundvonRessourcenbeurteilen.

• DaskonkreteAngebotrichtetsichnachdenindividuellenRisikofaktoren,derAbsprachefähigkeitundUmgebungsfaktoren.

• DieDiagnostikschließtdieErfassungdergraduellenAusprägungderSuizidalität,dieAbschätzungdesaktuellenHandlungsdrucksunddieaktuelleDistanzierungsfähigkeitein.

• ErwägeneinerstationärenEinweisungbei:akuterSuizidgefährdung;medizinischerVersorgungsbedarfnachSuizidversuch;psychiatrischeakuteBehandlungsbedürftigkeit;wennzuverlässigeEinschätzungdesWeiterbestehensderSuizidalitätnichtmöglichistunddieEtablierungeinertragfähigentherapeutischenBeziehungnichtgelingt.

ManagementbeiSuizidgefahrenS3Leitlinie

• KurzfristigesZielvonKriseninterventionbeiakuterSuizidalitätbestehtinintensiverKontaktgestaltung,aktiverUnterstützungundEntlastungbiszumAbklingenderKrise,wobeieinetragfähigetherapeutischeBeziehungsuizidpräventivwirkt.

• NachuntersuchungvonPatienten,beidenenSuizidalitätbestand,sollkurzfristigmaximaleineWochespätergeplantwerden.

• Patienten,dieeinenFolgeterminnichtwahrnehmen,sollenunmittelbarkontaktiertwerden,umdasRisikofüreinenSuizidabzuschätzen.

ManagementbeiSuizidgefahrenS3Leitlinie

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1.Suizidhinweiseimmerernstnehmen

2.AufbaueinertherapeutischenBeziehung

3.BeurteilungdesSuizidrisikosambulantevs.stationäreTherapie,Klinikeinweisung(Rechtsgrundlage:Psych-KG?)

Kritisch:- ausgeprägteSuizidalität(konkreteSuizidpläne)- fehlendesozialeIntegration

- fehlendeambulanteBetreuung

- fehlendeBündnisfähigkeitdesPatienten

Therapie– Grundprinzipien

BeiVerzichtaufKlinikeinweisung:

- Weiterbetreuungsicherstellen(festeundzuverlässigeTermine,kurzeIntervalle

- festeBezugspersonimsozialenUmfeld

- AufklärungderAngehörigenbzw.BezugspersonenüberSuizidrisiko(EntbindungvonderSchweigepflicht)

MedikamentöseTherapie:

Einschlafstörungen:z.B.Zolpidem 10mg

GabevonBenzodiazepinen,z.B.Lorazepam (1-2,5mg)

VerordnungvonsedierendenAntidepressiva

kleinePackungsgrößen

Therapie– Grundprinzipien

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• BeiAbschlussdesKrisengesprächesmussdieFrageklarundeindeutigbeantwortetwerden,obeinegeschlossenestationäreTherapiegemäßPsychKG notwendigist.

• DerTherapeutunterliegtderGarantenpflicht,d.h.einerRettungspflichtgegenüberdemSuizidenten.

• EinBehandlungsvertragwieaucheinAntisuizidvertragentbindetnichtvonderGarantenpflicht(juristischohneBedeutung).

• NotwendigkeitderDokumentation,dasüberSuizidalitätgesprochenwurde.

Therapie– Unterbringungsnotwendigkeit

Primärprävention(VerhütungvonerstmaligenSuizidversuchenundSuiziden)

StrukturelleMaßnahmen:Verbesserungderpsychologisch-psychiatrischenVersorgung

KommunikativeMaßnahmen:VerbesserungderAufklärungderAllgemeinbevölkerung,aberauchderFachleute

Sekundärprävention(VerhinderungvonSuizidenundSuizidversuchenvonPersonenmitvorausgehendenSuizid-intentionenundsuizidalemVerhalten)

TelefondiensteSuizid-Präventions-Zentren

Prävention

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BausteinederSuizidprävention

Wolfersdorf; Schneider; Schmidtke; Nervenarzt 9, 2015

• Bewusstsein(qualitativ/quantitativ)

• Orientierung

• Aggressivität

• Suizidalität

• Krankheitseinsicht

• Eigengefährdung/Einwilligungsfähigkeit

• Fremdgefährdung/Unterbringung

• Erregung/Angst

• IntoxikationundEntzug

PsychiatrischerNotfallbefund

Pajonk; Der Nervenarzt, 9: 2015

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• SchutzdesPatientenundDritter

• RechtedesPatienten

• Geschäftsfähigkeit/Einwilligungsfähigkeit

• Unterbringung

• Dokumentation

• Schweigepflicht

• BetreuungnachEntlassung

RechtlicherRahmen

4Medizin-EthnischePrinzipien

1. SelbstbestimmungdesPatienten(„autonomy“)

• Information,Aufklärung,AlternativenundBeratung

2. HandelnzumWohledesPatienten(„beneficience“)

• evidenzbasierteundleitlinienadaptierteBehandlungsqualität,kontinuierlicheFortbildungderÄrzte

3. HandelnumSchadenzuvermeiden(„non-maleficience“)

• GuteOrganisationderBehandlungdurchdieunterschiedlichenBerufsgruppenundtechnischeAusstattung

4. GerechtigkeitundFairness

• Datenschutz,DokumentationundEinsichtsrechtinBehandlungsunterlagen,GleichbehandlungvonPatienten

RechtlicherRahmen(MedizinethnischePrinzipien)

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Geschäftsfähigkeit EinwilligungsfähigkeitNachdemGesetzsindalleErwachsenengeschäftsfähig.DerPatientmussvernunftgemäßhandelnkönnen,alsofähigseindurcheigenesDenken,kritischesAbwägen,UrteilenundHandelnRechteundPflichtenwahrzunehmenundinderLageseinRechtsgeschäfteeinzugehen.(§§ 104,105,1896BGB).

Einwilligungsfähigist,werArt,BedeutungundTragweite(Risiken)derärztlichenMaßnahmeerfassenkann.SiemussvonjedemArztvorBeginneinerBehandlunggeprüftwerden.

Geschäftsunfähigist(§ 104BGB),• werdas7.Lebensjahrnichtvollendet

hat• wersichineinemdiefreie

WillensbestimmungausschließendenseelischenZustandbefindet

Einwilligungsunfähigist,werArtoderBedeutungoderTragweite(Risiken)derärztlichenMaßnahme,alsoeinerärztlichenAufklärungnichterfassenkann.

Geschäftsfähigkeitvs.Einwilligungsfähigkeit

Nach Lambert, M. , UKE Hamburg

PrüfungderEinwilligungsfähigkeit

• DasKonzeptderEinwilligungsfähigkeitsetztsichausdenBegriffen„Kompetenz“und„Kapazität“derRechtsphilosophiezusammen.

• SieistnichtandieVolljährigkeitgebunden,undnichtdeckungsgleichmitGeschäftsfähigkeitundUrteilsfähigkeit

• EinwilligungsfähigkeitmussfürjedeBehandlungvonjedemArztüberprüftwerden

• PrüfungimEinzelnen:

• InformationsverständnisundEinsicht(„understanding“)

• Urteilsvermögen(„reasoning“)

• FähigkeiteineWahlbzw.Entscheidungzutreffen(„capacity to choose“)

• FähigkeitdieseEntscheidungzuäußern(„communicate achoice“)

• FähigkeiteineSituationundderenKonsequenzenzuerkennenundwiederzugeben(„appreciate thesituation“)

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KriterienfürfreiheitsbeschränkendeoderentziehendeMaßnahmennachUnterbringungsgesetz(Psych-KG;Berlin2016)

• esmusseinepsychischeKrankheitfestgestelltwerden,infolgederereineerheblicheEigen- oderFremdgefährdungvorliegt,dienurdurchUnterbringungundBehandlungineinerpsychiatrischenKlinikabzuwendenist,

• beiNichtbehandlungbestehteineakute,unmittelbareGefahrfürdenPatientenund/oderDrittebzw.derenEigentum

• diefreieWillensbestimmung(Einsichts- undUrteilsfähigkeit)desPatientenmusskrankheitsbedingtstarkbeeinträchtigt/aufgehobensein.

• dieZusammenhängezwischenpsychischerErkrankungunddrohenderEigen-oderFremdgefährdungmüssenobjektivierbarseinundesmussmiteinerBesserungdesKrankheitszustandesaufgrundderBehandlunggerechnetwerdenkönnen.

Zwangsmaßnahmen

"Isolierung"und"Fixierung"odereinemedikamentöseZwangsbehandlungdürfennurangewendetwerden,wenn:

• SiedieeinzigeMethodesind,umSchadenfürsichselbstoderanderevorzubeugen

• sieeinemoffiziellenrechtlichemVerfahrenfolgen

• sienursokurzwiemöglichangewendetwerden

• sieinderKrankengeschichtedokumentiertwerdenund

• sieunterständigerBeobachtungvonqualifiziertenMitarbeiternstattfindet.(1:1Betreuung)

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Schweigepflicht:

• Ärzte/PsychotherapeutensindgesetzlichverpflichtetdasBerufsgeheimniszuwahren.DieSchweigepflichterlischtnichtmitdemToddesPatienten

RechtzurOffenbarung:

• DurchEntbindungdesArztesvonderSchweigepflichtdurchdenPatienten

• VorliegeneinesrechtfertigendenNotstandes(z.B.beiBehandlungsfehler)

• BeigesetzlicherAuskunftspflicht(Sozialversicherer,Staatsanwaltschaft,Gesundheitsamt)

• BeiakuterundunmittelbarerGefährdungvonLeibundLebeneinesMenschenumweiterenSchadenzuverhindern

• WennderPatienteineschwerwiegende,anzeigepflichtigeStraftatplant

SchweigepflichtundOffenbarung

• Bewusstsein(qualitativ/quantitativ)

• Orientierung

• Aggressivität

• Suizidalität

• Krankheitseinsicht

• Eigengefährdung/Einwilligungsfähigkeit

• Fremdgefährdung/Unterbringung

• Erregung/Angst

PsychiatrischerNotfallbefund

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• SteigerungvonAntriebundPsychomotorik

• affektiveEnthemmung

• Kontrollverlust

• Gesichtsausdruck

• Hin- undHergehen

• RingenderHände,Gestikulieren

• ÄußernaggressiverInhalte/Bedrohungen

• gewalttätigesVerhalten,Zerstörungswut

Erregungsanzeichen

Pajonk; Der Nervenarzt, 9: 2015

HäufigeDiagnosendiemitErregungeinhergehen

• Psychosen(schizophrene,schizoaffektive,affektive)

• Persönlichkeitsstörungen

• IntoxikationsbedingteErregungszustände(besondersAlkohol,Kokain,Amphetamine)

• ÄngstlicheErregung

• Delirante Syndrome(postoperativundAlkoholdelir,HWI)

• UnruhezuständegerontopsychiatrischerPatienten

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AngstsymptomebeisomatischenErkrankungen

• Kardiovaskulär:Herzinfarkt,Herzinsuffizienz,LAE

• Pulmonal:COPD,Asthmabronchiale

• Endokrin:Hypoglykämie,Hyperthyreose,Phäochromozytom,MultipleendokrineNeoplasie

• Neurologisch:Enzephalitis,ZNS-Tumore,Epilepsien

• Internistisch:Infektionen,Fieber,GastrointestinaleBeschwerden,Intoxikationen(auchNahrung)

Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Akutpsychiatrie: Das Notfall-Manual,3. Auflage; Schattauer(Hrsg. P. Neu)

Literaturempfehlungen

Akute psychische Erkrankungen: Management und Therapie, 2. Auflage; Urban und Fischer(Hrsg. W. Hewer und W. Rössler)

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VielenDankfürIhreAufmerksamkeit