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PRIVATE BANKING «ZOCKER UND GLÜCKSRITTER WERDEN BEI UNS NICHT GLÜCKLICH» STRATEGIE «UNTERNEHMENS-COCKPIT» ALS HANDLUNGSRAHMEN GELD «HALBTAX» IM ANLAGEGESCHÄFT VR PRAXI S DAS SCHWEIZER MAGAZIN FÜR VERWALTUNGSRÄTE EIN FACHMAGAZIN DER 1/2012 www.vrpraxis.ch

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Das Schweizer Magazin für Verwaltungsräte

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PRIVATE BANKING «ZOCKER UND GLÜCKSRITTER WERDEN BEI UNS NICHT GLÜCKLICH»

S T R A T E G I E

«UNTERNEHMENS-COCKPIT» ALS HANDLUNGSRAHMEN

G E L D

«HALBTAX» IM ANLAGEGESCHÄFT

VRPRAXIS

DAS SCHWEIZER MAGAZIN FÜR VERWALTUNGSRÄTE

EIN FACHMAGAZIN DER

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Editorial

Die Schweizer Bankenbranche befindet sich im Umbruch, um nicht zu sagen in derKrise. Dies gilt für Grossbanken wie Privatbanken. Drohende Milliardenklagen, Indiskretionen und eine kontinuierliche Aufweichung des Bankgeheimnisses, zudem verschwinden Jahrhunderte alte Traditionshäuser, werden aufgekauft oder eingegliedert – die Konsolidierung läuft auf Hochtouren.

Die vehemente Kritik an den Banken mag teils politisch motiviert sein, zu einem nichtunwesentlichen Teil sind die Probleme jedoch hausgemacht. Mangelnde Transparenz,überhöhte Margen, überkomplexe und zu riskante Produkte, ein entfremdetes Risiko -

management und möglicherweise gar derGlaube über dem Gesetz zu stehen: Banking ist eben doch kein «gift that keepson giving».

Wenn die Zeit des unbeschränkt haftendenPrivatbankiers, dessen wichtigste Währungdas Vertrauen war, sich im Dunstkreis US-amerikanischer Klagen dem Ende neigt,bleibt die Frage nach dem Modell derZukunft. Vielleicht müssten Banken wiederkleiner werden und zu einer Ethik zurück-

finden, welche die Dienstleistung und den Kunden ins Zentrum rückt. Banken mit Aktionären und Eigentümern, die sich mit dem Unternehmen identifizieren und derenInteresse langfristig und nachhaltig ist.

So eine Institution ist etwa die seit 1924 bestehende Vontobel-Gruppe, ein Unternehmen,dessen Aktienmehrheit bei den Familien Vontobel und der Vontobel-Stiftung liegt undbei dem «Zocker und Glücksritter nicht glücklich werden», wie Peter Fanconi konstatiert(Interview S. 6). Oder aber die Privatbank Maerki Baumann, deren Stärke in der Besinnung auf das Kerngeschäft und die Dienstleistungsqualität liegt (Interview S. 10).

Wer sich angesichts der kritischen Lage in eine andere Zeit wünscht, tut dies beispiels-weise an Bord eines Rovos Rail Zuges (Lifestyle-Beitrag S. 34). Ein, wie ich aus eigenerErfahrung weiss, unvergessliches Erlebnis.

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Foto: Matthew Hua

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Willy-Andreas Heckmann, [email protected]

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Inhalt

Impressum

VR-PRAXIS – DAS SCHWEIZER MAGAZIN FÜR VERWALTUNGSRÄTE erscheint zusammen mit der UnternehmerZeitung im Verlag SWISS BUSINESSPRESS SA, Köschenrütistrasse 109, CH-8052 Zürich, Telefon 044 306 47 00, Fax 044 306 47 11, www.vrpraxis.ch, [email protected] HERAUSGEBER: Remo Kuhn, [email protected] VERLAGSLEITUNG: Urs Huebscher, [email protected] CHEFREDAKTOR: Willy-Andreas Heckmann, [email protected] REDAKTION: Peter

Blattner, [email protected], Birthe Grautmann, [email protected], Urs Huebscher, [email protected] MITARBEIT AN DIESER AUSGABE: Simon Bühler, Monika Domeisen, BenjaminKurmann, Stefanie Meier-Gubser, Patrick Renz, Ruedi Stricker, Simon Tellenbach LAYOUT & PRODUKTION: Bruno Strupler,Manuel Jorquera, [email protected] DRUCK: Rankwoog Print GmbH, Zofingen NACHDRUCK: Mit schriftlicher Genehmigung des Verlags und detaillierter Quellenangabe © UnternehmerZeitung / SWISS BUSINESSPRESS SATEXT- UND BILD-MATERIAL: Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. Im Verlag SWISS BUSINESSPRESS erscheinen ausserdem: SWISS NEWS – The National English Journal, ATTIKA – Das ZürcherMagazin, PAULI-CUISINE – Das Gastronomie-Fachmagazin, BUSINESS CLASS – Das Lifestyle-Magazin der UnternehmerZeitung

P R I VA T E B A N K I N G6 Dr. Peter Fanconi, Leiter Private Banking der

Vontobel-Gruppe

10 Dr. Stephan A. Zwahlen, stellvertretender CEOder Privatbank Maerki Baumann

S T R A T E G I E14 Die Zahl der Wahl

16 Strategien für den Verwaltungsrat

18 Subsidiary Governance

20 Positionierungsvorteil Familienunternehmen

I M G E S P R Ä C H22 Luc Schuurmans, Mitglied der Geschäftsleitung

Bank Linth

G E L D26 Steuern sparen mit PK-Optimierungen

R E C H T28 Regeln guter Corporate Governance

P O R T R Ä T30 Barbara Messmer, Verwaltungsrätin von wohn-

bedarf und CEO von wb form

L I F E S T Y L E34 Kreuzfahrt auf Schienen

K O L U M N E38 «Mein Papi ist auch ein Hellseher»

VRPRAXIS

TITELBILD: Bilderbox.de

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Foto: Birthe Grautmann

Foto: Switzerland Tourism

Fotos: Tobias Stahel

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I N T E R V I E W W I L LY- A N D R E A S H E C K M A N N

Herr Fanconi, eine scheinbar triviale Einstiegs-frage: Was ist Private Banking?Ganz einfach: Beratungsqualität, Vermögensmanage-ment und Produktkenntnis – diese Kompetenzen ma-chen den Kern von erstklassigem Private Banking aus.Die Kombination von individueller Beratung, aktiverVeranlagung des Vermögens und intelligente Struktu-rierung der Chancen und Risiken ermöglicht es, dieErwartungen des Anlegers in der Welt von morgenzu erfüllen. Denn die Herausforderungen sind kom-plex: eine multipolare Weltordnung, Demographienund Sozialsysteme, die aus dem Ruder laufen und einim Nullpunkt angekommenes Zinsniveau.

Welches sind die wichtigsten Unterschiede zukonventionellem Banking?Das Private Banking definiert sich über die Individua-lität jeder einzelnen Kundenbeziehung. Deshalb fin-det sich bei uns kein «Anzug ab Stange». Wir erbrin-gen massgeschneiderte Dienstleistungen, die sich anwohlhabende Privatpersonen richten. Diese Kundin-nen und Kunden übertragen uns die Verantwortungfür einen Teil ihres liquiden Anlagevermögens, weilsie auf unsere Expertise vertrauen und weil sie umunser konservatives Risiko- und Wertverständnis wis-sen. Zocker und Glücksritter werden bei uns nichtglücklich – weder als Kunde noch als Mitarbeiter.

Für wen ist Private Banking geeignet?Zuerst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass einePrivatkundenbeziehung nicht selten über Jahrzehnteoder über Generationen hinweg andauert. Die Lang-fristigkeit einer solchen Partnerschaft ist ein zentra-ler Erfolgsfaktor, denn nur über die Zeit kann Ver-trauen und daraus abgeleitet ein tieferes Verständnisfür komplexe Vermögensfragen entstehen und reifen.Damit wird auch klar, dass im Segment des PrivateBanking insbesondere wohlhabende Privatkundenmit anspruchsvollen Fragestellungen rund um dieVermögensplanung und -entwicklung angesprochen

«ZOCKER UND GLÜCKSRITTERWERDEN BEI UNS NICHT GLÜCKLICH»VR-Praxis sprach mit Dr. Peter Fanco-ni, Leiter Private Banking der Vontobel-Gruppe, über die Vorzüge und Risikendes Privatkundengeschäftes, dieneue Realität in der Finanzindustrieund die Zukunftsperspektiven vonSchweizer Vermögensverwaltern.

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DR. PETER FANCONI

ist promovierter Jurist der Universität Zürich. Anfang 2009 stiess er als Leiter Private Banking und Mitglied der Grup-penleitung zur Bank Vontobel. Er ist ver-heiratet und Vater einer Tochter.

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Private Banking

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Fotos:Birthe Grautmann

werden. Konkret sind das Unternehmer oder ganzeFamilien aus dem In- und Ausland. Ihnen allengemeinsam ist die Wertschätzung für eine Expertise,die es auf der ganzen Welt nur in der Schweiz zu finden gibt.

Welche Vorteile hat Private Banking?Das kostbarste Gut, dass wir aufbereiten und unse-rem Kundenkreis exklusiv zugänglich machen sindMarkt- und Produktinformationen, die wir interpre-tieren und mit unserer Expertise veredeln. Wie wer-den sich die Märkte in Asien in den nächsten sechsMonaten entwickeln? Wo steht der Dollar gegenüberdem Renminbi Ende Jahr? Wie vermag ich die Aus-wirkungen der Euro-Schuldenkrise in meinem Port-folio zu minimieren? Wann ist der Zeitpunkt für denVerkauf meines Unternehmens günstig? Welches

Risiko birgt ein Investment in den Schwellenlän-dern? Die Liste der relevanten Fragen liesse sichbeliebig weiterführen. Wichtig für unsere Klientel istder Umstand, dass wir über ein integriertesGeschäftsmodell das gesammelte Wissen aus demAsset Management, dem Private und dem InvestmentBanking bündeln und damit einen Mehrwert bieten,der andernorts nur institutionellen Kunden vorbehal-ten ist.

Wo liegen denn die Risiken?Eine sehr gute Frage. Wir werden uns wohl mit demGedanken anfreunden müssen, dass Renditen künf-tig nicht mehr ohne Risiken zu haben sind. Klar mussaber auch sein, dass sich Anleger auch immer einemMarktrisiko aussetzen. Solange das aber ein bewuss-ter und durch zuverlässige Informationen gestützter

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«Es wird über kurzoder lang zu einerTrendwende kommen»

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nicht an kurzfristigen Gewinnen. Das reflektiert sichauch in unserer Kundenbasis, die kontinuierlichwächst. Das ist für mich ein klares Zeichen, dass wirVieles richtig machen. Solidität, Stabilität und Ver-lässlichkeit sind unser Credo.

Wie hat sich das Kunden / Bank-Verhältnis imVergleich zu vor zehn oder zwanzig Jahrengewandelt?Dieses Verhältnis verändert sich kontinuierlich. DieKunden sind ausgezeichnet informiert und in derRegel sehr sophistiziert. Das wirkt sich auch auf dieKommunikation und den Kundendialog aus. DieAnforderungen an unsere Mitarbeitenden sind vordiesem Hintergrund enorm gestiegen und das ist gutso. Wenn wir auch in Zukunft zur Elite der Vermö-gensverwalter gehören wollen, müssen wir uns die-ser neuen Realität stellen.

Was muss eine Privatbank heute bieten, umKunden halten zu können?Es sind immer zwei Seiten, die sich fin-den müssen. Am Ende des Tagesschafft aber nur Leistung Vertrauenund damit ein tragfähige Basis für ei-ne prosperierende Kundenbeziehung.

Präsentiert sich der typische Private Banking Kunde heuteanders als früher?Historisch gesehen waren vermö-gende Privatkunden schon immereine sehr internationale Klientel. Dasist heute nicht anders. Wir geniessendas grosse Privileg, mit interessantenPersönlichkeiten aus allen Bereichendes Lebens zu arbeiten. Ich empfindedas als eine grosse Bereicherung.

Was macht den FinanzplatzSchweiz attraktiv?Die Basis für die ungebrochene Anziehungskraft desSchweizer Finanzplatzes sind eine lange Tradition inder Begleitung privater Vermögen und ein rund 800Milliarden Franken starker Heimmarkt für die Insti-tutionelle Vermögensverwaltung. Die schwergewich-tig über Kapitaldeckung strukturierte Altersvorsorgein der Schweiz hat eine professionelle Nachfragegeschaffen, die international kompetitive Anlage-kompetenzen fordert und fördert. Hier ergeben sichfür Schweizer Häuser Verstärkungen zwischen Pri-vate Banking und Asset Management – gerade auchweil weltweit die Bedeutung der privaten, individuel-len Altersvorsorge steigen wird. •

Entscheid ist, sehe ich darin kein Problem. Problema-tisch wird es, wenn die Risiko-Kompetenz zum Lip-penbekenntnis verkommt und von den Anlegernweder eingefordert noch von der Finanzindustriegelebt wird. Als Privatbank erachten wir es alsunsere Pflicht, die Kundinnen und Kunden vor finan-ziellem Schaden zu bewahren. Deshalb evaluierenwir in einem aufwändigen Beratungsprozess derenindividuelle Risikofähigkeit bzw. -neigung. Gleichzei-tig verzichten wir als Bank konsequent auf risikorei-che Investitionen oder auf Geschäfte, die wir nichtim Detail verstehen. Das ist für mich auch eine Frageder Glaubwürdigkeit.

Welche Anlagen favorisieren Sie?Grundsätzlich stehen Rohstoffe und sogenannte«Real Assets» hoch in der Gunst der Anleger. Wohlauch als Folge von Verlusten, die viele Investoren mitObligationen und globalen Aktien hinnehmen muss-ten. Ich persönlich bin überzeugt, dass gerade dieSchweiz nach wie vor viele attraktive Aktientitel zubieten hat.

Wir bewerten Sie die gegenwärtigen Markt-Geschehnisse?Die Märkte sind äusserst volatil. Wir beobachtenBewegungen und Gegenbewegungen. Dennoch istkeine Panik angebracht. Wir werden uns wohl ein-fach auf eine gewisse Unsicherheit einstellen müs-sen. Damit verbunden sind aber auch Chancen, diees zu erkennen gilt. Das ist unsere Aufgabe. Es wirdüber kurz oder lang zu einer Trendwende kommen,das ist sicher. Die Frage ist einzig: Wann? Wer heuteaber nicht bereit ist, in die Zukunft zu investieren,wird vom Aufschwung nicht profitieren, weil er demHerdentrieb folgend viel zu spät einsteigt.

Wie hat sich die Situation des Private Bankingsin letzter Zeit entwickelt?Die Finanzindustrie als Ganzes und das Vermögens-verwaltungsgeschäft im Speziellen steht vor grossenHerausforderungen. Das ist keine Frage. Es wirdGewinner und Verlierer geben. Etablierte Brandsverschwinden, wie wir eben schmerzlich erleben,oder werden von ihren Mutterhäusern integriert.Und wir stehen erst am Anfang der Konsolidierung.Vontobel hingegen steht wie ein Fels in der Bran-dung. Das estimieren unsere Kunden, unsere Mitar-beitenden und unsere Aktionäre.

Was ist Ihr Credo?Vontobel ist ein unabhängiges Familienunterneh-men mit einer sehr hohen Eigenkapitalbasis. Wirsind langfristig ausgerichtet und orientieren uns

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Private Banking

VONTOBEL-GRUPPE

Die Vontobel-Gruppe ist eine inter-national ausgerichtete SchweizerPrivatbank, deren Grundstein1924 in Zürich gelegt wurde. Von-tobel ist auf die Vermögensverwal-tung für Privatkunden und institu-tionelle Anleger sowie das Invest-ment Banking spezialisiert. DerGruppe waren per Ende Juni2011 Kundenvermögen in Höhevon CHF 129 Mrd. anvertraut. DieFamilien Vontobel und die ge-meinnützige Vontobel-Stiftung be-sitzen die Aktien- und Stimmen-mehrheit.

Bank Vontobel AGGotthardstrasse 43, CH-8022 ZürichTelefon +41 58 283 71 11www.vontobel.ch

«Das Private Banking definiert sich über die Individualität jedereinzelnen Kunden -beziehung»

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Dr. Stephan A. Zwahlen, stellvertreten-der CEO der Privatbank Maerki Bau-mann & Co. AG, spricht über PrivateBanking als individuelle Dienstleis-tung, die öffentliche Kritik an der Ban-kenbranche und den Begriff der «kri-tischen Grösse».

Kunden zwischen einer und fünf Millionen Frankenausgelegt. Wir betreuen aber auch deutlich grössereVermögen. Die durchschnittlichen Kundenvolumensind sicherlich geringer, als man gemeinhin anneh-men würde. So sind Privatbanken von unsererGrösse häufig Zweit- oder Drittbanken. Dies hat zurFolge, dass der Kunde vielfach nur einen Teil seinesVermögens bei uns anlegt. Angesichts unsererbewusst fokussierten Dienstleistungspalette machtes auch durchaus Sinn, nebenbei noch eine Haus-bankbeziehung zu unterhalten. Viele Kunden testenmit vielleicht 500 000 Franken zunächst unsereDienstleistungen und die Servicequalität, um danach

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Herr Zwahlen, welche Eigenheiten weist PrivateBanking gegenüber gängigem Banking auf?Hier gilt es zunächst zwei Dinge zu unterscheiden: Ei-nerseits Private-Banking-Dienstleistungen im Allge-meinen, die unter anderem auch von Universalbankenangeboten werden, und andererseits das Dienstleist -ungsangebot einer Privatbank. Darunter verstehen wirin erster Linie die Anlageberatung und Vermögens-verwaltung, welche typischerweise einen starken per-sönlichen Bezug zum Kunden aufweisen. In letzter Zeitspielen auch Vorsorge-, Steuer- und Rechtsfragen ver-mehrt eine Rolle, so beispielsweise im Bereich derNachfolgeplanung. Dienstleistungen mit hohem Stan-dardisierungsgrad wie der Zahlungsverkehr oder dasHypothekargeschäft werden im Private Banking zu-meist nur als Zusatzdienstleistungen verstanden.

Was ist Private Banking Ihrem Verständnisgemäss?Bei Maerki Baumann steht der einzelne Kunde mitseinen individuellen Bedürfnissen im Mittelpunkt –im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern, welche nachwie vor eine starke Produktfokussierung aufweisen.Konkret heisst dies, dass wir nicht einfach Standard-produkte verkaufen, sondern Flexibilität für individu-elle Anlagelösungen bieten. Dabei kommt der Unab-hängigkeit in der Kundenbetreuung hohe Bedeutungzu, da sie Interessenkonflikte zu vermeiden hilft.Ebendies gilt auch in Bezug auf die Besitzverhält-nisse, welche bei unserem Familienunternehmeneine wichtige Grundlage für die langfristig orien-tierte Unternehmensführung darstellen. Schliesslichimpliziert Private Banking nach unserer Überzeu-gung eine langfristige, partnerschaftliche Beziehung,welche auf gegenseitigem Vertrauen beruht. Dieseentwickelt sich über Jahre und Jahrzehnte hinweg –idealerweise mit demselben Kundenberater.

Ab welchem konkreten Volumen macht esSinn, Private-Banking-Kunde zu werden?Unsere Dienstleistungen sind typischerweise für

«DIE ÜBERSCHAUBARE GRÖSSE EINER BANK KANN AUCH EIN WESENTLICHER VORTEIL SEIN»

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Private Banking

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ihr Vermögen kontinuierlich aufzustocken. Zwar hatdie Vermögensgrösse Implikationen für das Dienst-leistungsangebot. Doch wir haben den Anspruch,dass jeder Kunde den Service erhält, den man voneiner Privatbank erwarten darf.

Was heisst das hinsichtlich der angebotenenDienstleistungen?In der Vermögensverwaltung spielt beispielsweisedie Grösse des Kundenvolumens bei der Wahl der An-lageinstrumente eine Rolle. Um eine sinnvolle Diver-sifikation zu erlangen, braucht es ein gewisses Anla-gevermögen. So setzen wir etwa in Vermögensver-

waltungsmandaten ab 100 000 Franken überwiegendauf Anlagefonds, wohingegen für Mandate ab 500 000Franken der Einsatz von Einzeltiteln im Vordergrundsteht. Neben anlagetechnischen Überlegungen tra-gen wir dabei auch den Präferenzen des Kunden fürbestimmte Anlageinstrumente Rechnung. So habenwir die Preise für Fondsmandate und Einzeltitelman-date festgelegt, dass die Gesamtkosten für die Vermö-gensverwaltung in etwa gleich hoch ausfallen.

Wo liegen die Risiken des Private Banking?Aus Sicht des Kunden hängen die Risiken in erster Liniemit den getroffenen Anlageentscheiden, dem aktuel-len Marktgeschehen und der Stabilität der jeweiligenBank zusammen. Zu nennen sind hier etwa Perfor-mancerisiken in der Anlageberatung und Vermögens-verwaltung. Wie ge rade die jüngste Finanzkrise gezeigthat, kommt ferner instrumentspezifischen Risiken wieLiquiditätsrisiken, z.B. bei nicht-traditionellen Anlage-klassen, und dem Gegenparteirisiko grosse Bedeutungzu. So setzt sich der Kunde beim Kauf eines strukturier-ten Produkts zumeist dem Ausfallrisikoder emittierenden Bank aus. Mit ande-ren Worten trägt er das Risiko, beimAusfall einer Bank empfindliche Ver-luste zu erleiden. Schliesslich bestehtganz allgemein das Risiko einer Falsch-beratung durch die Bank.

Mit welchen Risiken sehen sichdie Privatbanken konfrontiert?Die Risiken der Banken werden in derRegel unter den Begriffen Markt-, Kre-dit- und operationellen Risiken zusam-mengefasst. Betrachtet man das jetzi-ge Umfeld, spielen für Privatbankensicher auch Reputationsrisiken einebedeutende Rolle. Diese sind eng ver-bunden mit der Geschäftstätigkeit derjeweiligen Bank, haben aber regel-mässig auch engen Bezug zu einzel-nen Geschäftsfeldern. So kommt dieAufforderung der Schweizerischen Finanzmarktauf-sichtsbehörde, wonach im grenzüberschreitendenBankgeschäft die regulatorischen Vorgaben des je-weiligen Domizillandes einzuhalten seien, einem Pa-radigmenwechsel im Schweizer Private Bankinggleich. Die Beratungskomplexität und die damit ver-bundenen Risiken in der Kundenbetreuung sind da-durch deutlich angestiegen.

Wieso stehen Banken im Fokus der öffentlichen Kritik?Zunächst stehen viele Kunden, Aktionäre, Politiker,

DR. STEPHAN A.ZWAHLEN

ist stellvertretender CEO von Ma-erki Baumann & Co. AG. 2005stiess er erstmals zu Maerki Bau-mann, wo er unter anderem alsGesamtprojekt leiter für die strate-gische Neu positionierung derBank ver antwortlich war. Nachzweijähriger Tätigkeit bei der UBStrat er 2009 in die Geschäftslei-tung von Maerki Baumann ein.Seit 2010 engagiert er sich zudemals Vorstandsmitglied des ZürcherBanken verbandes für den Finanz-platz. Stephan A. Zwahlen studier-te und promovierte in Betriebswirt-schaftslehre an der Universität St. Gallen (HSG) bzw. an der Ri-chard Ivey School of Business(London, Kanada).

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aber auch die Banken selbst unter dem Eindruck derjüngsten Finanzkrise. In dieser wurden teils bedeu-tende Anlagevermögen vernichtet, Arbeitsplätze ge-fährdet und Steuerausfälle für die öffentliche Handausgelöst. Abgesehen davon bestehen in der Banken-branche aber sicher auch strukturelle Defizite, wel-che erst im Zuge dieser Krise Teil der öffentlichen De-batte wurden. Die Kritik wird angeheizt durch dieKombination aus Fehlern seitens einzelner Banken,zunehmendem politischen Druck, negativer media-ler Berichterstattung sowie einem Mangel an Persön-lichkeiten, welche sich auch öffentlich für die Ban-kenbranche einsetzen.

Inwiefern ist diese Kritik berechtigt?In der Schweiz sind rund 320 Banken mit über 140 000 Beschäftigten tätig. Es ist sicher nicht ange-bracht, alle in denselben Topf zu werfen und pau-schal zu verurteilen. Denn die Bankenbranche trägtwesentlich zur Wertschöpfung unserer Volkswirt-schaft bei und ist damit integraler Bestandteil unsererGesellschaft. Dennoch ist eine differenzierte Banken-kritik berechtigt. So bestehen zweifelsohne Missstän-de, etwa in Bezug auf gewisse Geschäftspraktiken,die nicht immer im Interesse der Kunden liegen. Aus-serdem haben teils ausufernde Vergütungsmodellezu einer zunehmenden Entfremdung der Banken-branche von der Gesellschaft beigetragen.

Welche Geschäftspraktiken der Banken -branche erachten Sie als problematisch?Ein wichtiger Punkt ist die oft noch zu geringe Trans-parenz in Bezug auf die erbrachten Dienstleistungenund Preise, was inhärente Interessenkonflikte zwi-schen Kunde und Bank mit sich bringen kann. Hierbesteht nach unserer Auffassung noch grosser Nach-holbedarf. Dies gilt beispielsweise für viele im Marktverfügbare Finanzprodukte. Diese Produkte bzw. diezugrundeliegenden Preismodelle sind teilweise sokomplex, dass sie vom Kunden und nicht selten auchvom Kundenberater nicht mehr vollends verstandenwerden. Eng damit verbunden ist im Produktbereichzudem die Tendenz mancher Banken zur «Überinno-vation». Mit einer gewissen Selbstbeschränkungkönnte die Bankenbranche wohl zumindest einenTeil der gegenwärtigen Regulierungsflut eindäm-men, ohne den Kundennutzen zu schmälern.

Ist bei stark monetären Salär-Anreizen einnachhaltiges Wirtschaften überhaupt möglich? Monetäre Anreizsysteme sind nach unserer Auffassungnicht per se schlecht, müssen aber gewissen Kriteriengenügen. Dies gilt in besonderem Masse für variableVergütungen. Eine übergeordnete Voraussetzung ist die

Übereinstimmung zwischen den Interessen des Kun-den und der Bank. Die Vergütungssysteme sollten fer-ner nicht exzessiv ausgestaltet sein. Denn je grösser diepotenziellen Anreizzahlungen ausfallen, desto grösserist die Versuchung aufgrund kurzfristiger Überlegun-gen gegen das Kundeninteresse zu handeln. Neben derKoppelung an die individuelle Leistung erachten wirdie Abhängigkeit vom Gesamtbankresultat als wichtig.Schliesslich runden klare Vorgaben in den BereichenRisikomanagement und Compliance die Anforderun-gen an ein nachhaltiges monetäres Anreizsystem ab.

Welchen Lösungsweg begehen Sie diesbezüglich?Wir kommunizieren von vornherein, dass wir keineMitarbeitenden suchen, die primär ihren monetärenNutzen maximieren wollen. So sind wir uns bewusst,dass wir auf der variablen Seite bisweilen weniger zah-len als gewisse Konkurrenten. Unsere variablen Ver-gütungen sind geknüpft an den generierten Kunden-nutzen, die Leistung des Bankmitarbeitenden, aberauch die Einhaltung von bankinternen Weisungen. Mitder Abhängigkeit vom Gesamtbankresultat wird demInteressenausgleich zwischen Aktionär und Bankmit-arbeitenden Rechnung getragen. Ebenso grossen Wertlegen wir aber auch auf nicht-monetäre Anreize. Dazuzählt etwa ein unternehmerisches Arbeitsumfeld, wel-ches durch Flexibilität geprägt ist und Raum für diepersönliche Entfaltung lässt. Gerade in Krisenzeitenwie jetzt wird ferner der verantwortungsvolle Umgangmit unseren Mitarbeitenden geschätzt.

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Fotos:Birthe Grautmann

«Unsere variablen Vergütungen sindgeknüpft an den generierten Kundennutzen»

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flexible Zusammenarbeit mit mehreren qualifiziertenPartnerunternehmen. Die mit der Transformation desGeschäftsmodells verbundenen Veränderungen be-deuten eine grosse unternehmerische Herausforde-rung. Doch gerade kleinere Privatbanken haben hieraufgrund ihrer Agilität die Chance zur raschen Etablie-rung kundenorientierter Geschäftsmodelle.

Welches Geschäftsmodell haben Sie umgesetzt?Bei Maerki Baumann konzentrieren wir uns seit 2007ausschliesslich auf unsere Kernkompetenzen in derAnlageberatung und Vermögensverwaltung. Jene Bereiche, in denen wir aus Sicht desKunden kaum einen eigenen Mehr-wert zu generieren vermögen, habenwir an spezialisierte Partnerunterneh-men ausgelagert. Dazu zählen etwadie Abwicklung hoch standardisierterAbläufe in der Wertschriftenverarbei-tung, im Zahlungsverkehr oder im IT-Management. Ferner haben wir früh-zeitig damit begonnen, die nötigenFachkompetenzen – so etwa zur Ver-waltung deklarierter Kundengelder –weiter auszubauen. Der Problematikder kritischen Grösse begegnen wirzusätzlich, indem wir das bankinterneKnow-how um ein externes Speziali -stennetzwerk gezielt ergänzen.

Welchem Credo folgen Sie in derAnlageberatung und Vermögens-verwaltung?Als nicht-börsenkotiertes Familien -unternehmen müssen wir nicht – wie etwa eine Publikumsgesellschaft – regelmässig erwartete Quartalszahlenausweisen. Auch brauchen wir keine Risiken zur Generierung übertrie benerRenditen einzugehen. Unsere Eigen -tümer verfügen über eine langfristigeOrientierung, welche es uns ermöglicht,in der Anlageberatung und Vermögensverwaltung den Kunden tatsächlich ins Zentrum unserer Geschäftstätig-keit zu stellen. Die auf Sicherheit bedachte Anlagephi-losophie und der Verzicht auf eigene Produkte verdeut-lichen unsere Unabhängigkeit in der Kundenbetreuung.Der Sicherheitsgedanke schlägt sich auch in der solidenEigenkapitalbasis nieder, welche die regulatorischenAnforderungen um mehr als das Doppelte übersteigt.Schliesslich unterstreicht das hohe Mass an Trans parenzbei unseren Dienstleistungen und Preisen, dass wir esmit der Kundenorientierung ernst meinen. •

Wie begreifen Sie den Terminus «kritischeGrösse» in Bezug auf Privatbanken?Das Thema der kritischen Grösse wird nicht nur inden Medien regelmässig zu undifferenziert disku-tiert. Oftmals wird pauschal behauptet, dass eineBank Kundenvermögen von mindestens zehn Milliar-den bräuchte, um ihr Geschäft auch in Zukunft eigen-ständig betreiben zu können. Natürlich hat für eineBank die Grösse eine gewisse Relevanz, da viele not-wendige Ausgaben typischerweise in Form von Fix-kosten anfallen. Dies gilt in besonderem Masse imheutigen Umfeld, welches von anspruchsvollen Kun-denbedürfnissen, zunehmender Regulierungsintensi-tät und internationalem politischen Druck geprägt ist.Die Diskussion über die kritische Grösse wird fälsch-licherweise zumeist losgelöst vom Geschäftsmodelleiner Bank geführt. Wir sind der Überzeugung, dassgerade die überschaubare Grösse einer Bank ein we-sentlicher Vorteil sein kann.

Inwiefern spielt das Geschäftsmodell eineRolle?Das vollintegrierte Bankenmodell, in dem eine Privat-bank sämtliche Teile der Wertschöpfungskette selberabdeckt, gehört für kleinere und mittelgrosse Bankender Vergangenheit an. Allerdings lässt sich durch dieFokussierung auf die Anlageberatung und Vermögens-verwaltung nicht nur die Unabhängigkeit im Kernge-schäft erhalten, sondern auch die Dienstleistungsqua-lität im Interesse des Kunden erhöhen. Dies erfordertden Fremdbezug einzelner Dienstleistungen und die

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Private Banking

MAERKI BAUMANN& CO. AG

Die Zürcher Privatbank Maerki Bau-mann & Co. AG wurde 1932 ge-gründet und feiert in diesem Jahrihr 80-jähriges Bestehen. Sie kon-zentriert sich seit Jahren auf ihre-Kernkompetenzen in der Anlage-beratung und Vermögensverwal-tung sowie auf die Betreuung unabhängiger Vermögensverwal-ter. Gegenüber den Wettbewer-bern differenziert sie sich als nicht-börsenkotiertes Familienunterneh-men, das keine unangemessenenRisiken zur Generierung über -triebener Renditen einzugehenbraucht. Die auf Sicherheit be-dachte Anlagephilosophie undder Verzicht auf eigene Produkteunterstreichen die Unabhängig-keit in der Kundenbetreuung. DerSicherheitsgedanke schlägt sichauch in der soliden Eigenkapital-basis nieder, welche die regulato-rischen Anforderungen um mehrals das Doppelte übersteigt.

Maerki Baumann & Co. AGPrivatbankDreikönigstrasse 6, 8002 ZürichTelefon + 41 (0) 44 286 25 [email protected]

«Ein wichtiger Punkt istdie oft noch zu geringeTransparenz»

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Foto: Bilderbox.de

Am Anfang einer Strategie-Entwicklung sind Zahlen eher hinderlich. In derQuantifizierung der Strategie werden sie aber umso wichtiger und in derstrategischen Steuerung des Unternehmens unentbehrlich. Und am Endeentscheidet wie so oft die Zahl der Wahl.

DIE ZAHL DER WAHL

VO N M O N I K A D O M E I S E N

Die Entwicklung einer Unternehmensstra-tegie ist ein Prozess mit sowohl analyti-schen als auch kreativen Bestandteilen,der stets von der Intuition und der prakti-

schen Erfahrung der Beteiligten begleitet wird. Dasscheinbar Diffuse bei der Strategieerarbeitung lässtanfangs häufig das Gefühl von «wenig Greifbarem» auf-kommen und Führungskräfte wie Mitarbeiter vermis-sen Zahlenwelten. Was am Beginn der Erarbeitungder Strategie eher hinderlich ist, wird in der Quantifi-zierung von strategischen Optionen dann umso wich-tiger und in der strategischen Steuerung unentbehr-lich – für eine zielorientierte Steuerung entscheidetam Ende aber wie so oft die «Zahl der Wahl».

Die wertorientierte Unternehmensführunghat eine nachhaltige Steigerung des Unternehmens-wertes zum Ziel. Dies beinhaltet im Strategieprozessnicht nur die Unterstützung der Strategieplanungdurch Quantifizierung von Strategien, sondern aucheine strategische Unternehmenssteuerung und diedarin enthaltene Leistungsmessung. Die Unterneh-mensführung ist dafür verantwortlich, die Strategieso an den Werttreibern Rendite, Wachstum und Risi-ko auszurichten, dass am Schluss eine nachhaltiggrösstmögliche Hebelwirkung bei der Steigerung desUnternehmenswertes erzielt wird.

Steuerung mit dem Unternehmens-CockpitDer Unternehmenswert bzw. der wirtschaftliche Er-folg einer Organisation gründet sich auf Einflussfak-toren, die hinter den finanziellen Zielgrössen stehenund die Zielerreichung ursächlich beeinflussen. Diezielorientierte Lenkung einer Organisation erfordertdeshalb, aus der Strategie klar formulierte mess- undkontrollierbare Steuerungsgrössen abzuleiten. Ge-nau dieser Anspruch liegt der strategischen Steue-rung zugrunde. Sie wird deshalb als Bindeglied zwi-schen der Strategieerarbeitung und -umsetzung ver-standen. Das von Weissman entwickelte Unterneh-mens-Cockpit steht für ein umfassendes und prakti-kables Rahmenkonzept für das strategische Manage-ment, das diesen Gedanken aufgreift. Es hilft, strate-

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gische Ziele systematisch mit der Umsetzung zu ver-knüpfen und deren Realisierung und Erfolg kontinu-ierlich zu messen. Die besondere Berücksichtigungder Ausgewogenheit des Cockpits in den Perspekti-ven äussert sich im Ansatz von kurz- und langfristi-gen Zielen, monetären und nicht-monetären Mess-grössen, Spät- und Frühindikatoren sowie externenund internen Perspektiven. Die Messgrössen wieauch die Perspektiven müssen dabei individuell fürjede Organisation abgeleitet werden.

Das Unternehmens-Cockpit ist nicht – wiemanchmal missverstanden – ein Kennzahlen-, sondernein Managementsystem. Es hat die Funktion, den ge-samten Planungs-, Steuerungs- und Kontrollprozessder Organisation zu gestalten und schliesst dabei dieLücke zwischen strategischer Planung und operativerUmsetzung. Das Unternehmens-Cockpit bildet so einintegriertes System, das die Komplexität der strategi-schen Unternehmenssteuerung beherrschbar machtund die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche lenkt.Traditionelle Kennzahlensysteme hingegen wie das«Du-Pont-Schema», das sich auf den ROI bezieht (ROI= Return on Investment), können aufgrund ihrer Ein-fachheit und des komprimierten Inhalts wesentlicheAspekte und Zusammenhänge der Wirklichkeit nichtabbilden. Zudem dominiert eine vergangenheitsorien-tierte und kurzfristige Sichtweise, da Kennzahlen wieder ROI Spätindikatoren verkörpern, die keinen Rück-

KURZ ERKLÄRT

Das Unternehmens-Cockpit dient als «Handlungsrahmenfür das strategische Management» und wurde bei Weiss-man durch seine Entwicklung und den Einsatz in Familien-unternehmen vom konzernnahen Urtyp der «Balanced Sco-recard» umbenannt. In der Vorgehensweise werden in denvier Perspektiven Markt/ Kunde, Prozesse, Mitarbeiter/ Ler-nen und Finanzen strategische Ziele, Projekte und Massnah-men definiert und kausal miteinander verknüpft, um mitHilfe von Messgrössen eine Leistungsmessung zu erreichen.Das Cockpit als Managementsystem unterstützt die Strate-gieentwicklung und -Umsetzung langfristig und schliesst da-bei die Lücke zwischen strategischer Planung und operati-ver Umsetzung. Die Einbindung der Mitarbeiter in ein werte-orientiertes Management steht dabei im Vordergrund.

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Strategie

AUTORIN

Monika Domeisen, lic. oec. HSG ist Geschäftsführerin undMitinhaberin von Weissman Suisse AG.

schluss auf zukünftige Entwicklungen zum Beispielhinsichtlich Produkt- und Marktpotenzialen erlauben.Weiter kann eine fehlende Ausgewogenheit bei derAuswahl der Messgrössen grossen Schaden in der Un-ternehmenssteuerung hervorrufen, da beispielsweiseder Verzicht auf strategisch relevante Investitionenden ROI kurzfristig erhöhen würde, aber für die Siche-rung der Überlebensfähigkeit des Unternehmensschadhaft wäre.

Nicht-monetäre Einflüsse einbeziehenWährend die operative Steuerung des Unternehmenssich mit gegenwartsnahen und weitgehend sicherenInformationen befasst, die in der Regel quantitativenbzw. monetären Charakter besitzen (zum BeispielGewinn, Liquidität etc.), setzt sich die strategischeUnternehmenssteuerung mit unsichereren, meistqualitativen Informationen der Zukunft auseinander.Obgleich finanzielle Messgrössen in der Unterneh-menssteuerung zweifelsohne ihre Berechtigungbesitzen, sind sie für eine strategische Steuerung nursehr eingeschränkt geeignet. Verzichtet ein Unter-nehmen auf ein Kennzahlensystem zu Gunsten einesUnternehmens-Cockpits, öffnet es in der Konse-quenz den Blickwinkel für die wesentlichen (qualita-tiven) Leistungstreiber des jeweiligen Geschäftesund ihre Wechselwirkungen.

Dem Bedeutungszuwachs nicht-monetärerLenkungsgrössen wie Kunden- und Mitarbeiterzu-friedenheit, Innovationsfähigkeit oder Qualitätskrite-rien aufgrund stark veränderter Umfeldbedingun-gen, stimmen die meisten Unternehmen zunächst zu.In der Praxis wird allerdings schnell erkannt, dassdiese Art der Einflussgrössen zu Beginn einer Mes-sung nicht so leicht zugänglich ist, wie dies für Grös-sen des betrieblichen Rechnungswesens gelten mag.Dabei stellt sich eine prinzipielle Herausforderungfür das Unternehmen, da die zu messenden Informa-tionen Beachtung finden sollen und verwendeteMessmethodiken Akzeptanz bei den Beteiligtenerfahren müssen. Insbesondere gilt dies, wennAnreizsysteme in Form von Leistungsprämien oderBonuszahlungen an die Messgrössen und damit anden Zielerreichungsgrad gekoppelt sind.

In der Umsetzung des Unternehmens-Cockpitsbesteht deshalb eine zentrale Aufgabe darin, ein um-fassendes Indikatorensystem aus den strategischenZielen der Unternehmensstrategie aufzubauen, dasdie monetären Grössen des betrieblichen Rechnungs-wesens ergänzt. So ergibt sich ein Mix aus Früh- undSpätindikatoren, der das bestehendeGeschäftsmodell und dessen Verände-rung im Sinne der Unternehmensstra-tegie erklärt. Mit dem Cockpit soll derUnternehmensführung Hilfestellunggegeben werden, um ihre Strategien inkonkrete strategische Projekte undMassnahmen zu übersetzen und er-folgskritische Messgrössen abzuleiten.So können Erfolgspotenziale auf- undausgebaut werden, die schliesslich zuWettbewerbsvorteilen führen und da-mit einen nachhaltigen Unternehmens-erfolg und eine ausreichende Liquidi-tät garantieren. Ob die Strategie rich-tig ist, weiss das Unternehmens-Cock-pit nicht, aber die Zielführung behältes immer bei – versprochen.

Übersicht schafft KlarheitWichtig ist, dass die Komplexität des Cockpits für dieBeteiligten handhabbar bleibt und die Transparenznicht verloren geht, die mit Hilfe des Cockpits geschaf-fen wird. Auf diese Weise schafft man für das Unter-nehmen auf verblüffend einfache Weise eine Strate-gie-Landkarte, die die Grundlage für die gesamte Un-ternehmenssteuerung darstellt. Alle Strategie-relevan-ten Aspekte werden auf einer Seite abgebildet – undkönnen so auch kommuniziert werden. •

WEISSMAN SUISSE AG

Weissman Suisse AG steht für einelangjährige Erfahrung in der Be-gleitung von Familienunterneh-men im Bereich der strategischenUnternehmensentwicklung. Inter-national wurden über 1400 Fami-lienunternehmen beraten und inder Umsetzung begleitet. Im letz-ten Frühling gewann Weissman &Cie. den 1. Preis beim renommier-ten «Best-of-Consulting»-Wettbe-werb der WirtschaftsWoche.

Weissman Suisse AGSeefeldstr. 48008 Zürich+41 (0) 43 466 77 [email protected]

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VO N S T E FA N I E M E I E R - G U B S E R

Board Governance wurde zu einem viel dis-kutierten Thema. Doch die Frage der rich-tigen Strategie für den Verwaltungsrat fin-det kaum Eingang in Theorie oder

Unternehmenspraxis. Dabei ermöglicht meistenserst sie die geeignete Organisation des Gremiums,sein konstruktives Funktionieren und die bestmögli-che Nutzung seiner Ressourcen.

Strategie wird hier verstanden als übergeord-nete Leitlinie einerseits für die Organisation des Gre-miums Verwaltungsrat und andererseits für das Fest-legen langfristiger Ziele und Massnahmen unter Be-rücksichtigung der Ressourcen für ein erfolgreichesFunktionieren des Verwaltungsrats. Sie steht damit ge-danklich über dem Organisationsreglement, das vieldetaillierter und konkreter gewisse Abläufe, Aufgaben,Rechte und Pflichten festlegt. Allerdings kann die Stra-tegie für den Verwaltungsrat als eine Art «allgemeinerTeil» in das Organisationsreglement aufgenommenwerden. Denn eines soll sie nicht: Ausschliesslich zu-sätzlichen bürokratischen Aufwand und ein weiteresPapier für die Schublade generieren. Schliesslich istnur eine gelebte Strategie ihre Erarbeitung wert.

Unabdingbare LeitlinienDie Strategie für den Verwaltungsrat soll denn auchdas Gremium zu ein paar grundsätzlichen Gedankenund Entscheiden zu Organisation, Zusammenset-zung und Arbeitsweise des Verwaltungsrats anregenund den amtierenden als auch allfälligen zukünfti-gen Mitgliedern Leitplanke sein für die Zusammen-arbeit. Sie soll jederzeit – insbesondere aber in stür-mischen Zeiten – eine sachliche und zielgerichteteDiskussion sowie unabhängige Entscheide im Sinnedes Unternehmens ermöglichen. Daher ist sie nichtnur etwas für «die Grossen», sondern erhält besonde-res Gewicht in eigner- und familiengeführten Unter-nehmen, wo familiäre und emotionale Interessenebenso einfliessen wie unternehmerische.

Eine Strategie für den Verwaltungsrat solltein der für das Unternehmen und den entsprechenden

STRATEGIE FÜR DEN VERWALTUNGSRAT

Verwaltungsrat erforderlichen Tiefe Leitlinien fürdie Bereiche Organisation, Zusammensetzung undArbeitsweise festlegen

Dort, wo bereits Gesetz (z.B. zwingende Be-zeichnung eines Präsidenten und eines Sekretärs)oder Statuten (z.B. bezüglich Anzahl Verwaltungsrats-mitgliedern) Vorgaben machen, sind diese selbstver-ständlich einzuhalten und umzusetzen.

Die folgenden Ausführungen können und wol-len nicht abschliessend sein, sondern sollen Denkan-stösse liefern. Am Anfang steht jeweils die Frage,nach welchen Grundsätzen und Zielen sich Organi-sation oder Zusammensetzung oder Arbeitsweiserichten sollen.

OrganisationBisweilen stellen bereits die Statuten organisatori-sche Regeln auf. Grundsätzlich organisiert sich derVerwaltungsrat jedoch selber. Die Festlegung derOrganisation gehört zu den unentziehbaren undunübertragbaren gesetzlichen Aufgaben des Verwal-tungsrats. Im Allgemeinen wird darunter nicht nurdie Organisation des Unternehmens, sondern auchdiejenige des Gremiums selbst verstanden.

Gewisse strategische Leitlinien zur Organisati-on erleichtern die Ausarbeitung des Organisationsre-glements (zwingend bei Delegation der Geschäftsfüh-rung). Von Gesetzes wegen sind nur der VR-Präsidentund der VR-Sekretär vorgesehen, wobei letzterer nichtzwingend Mitglied des Verwaltungsrats sein muss, unddie Statuten sehen häufig eine Bandbreite bezüglichAnzahl VR-Mitglieder vor.Struktur: Zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschrie-benen erforderliche Funktionen (z.B. Vizepräsident),Festlegung, ob der VR-Sekretär VR-Mitglied sein solloder nicht und ob er ständig (empfehlenswert) oderad-hoc bestimmt werden soll, Definieren, ob das Gre-mium grundsätzlich immer als Ganzes arbeitet oderob Ausschüsse (Arbeitsgruppen) gewisse GeschäftevorbereitenAusschüsse: Aufzählung allfälliger ständiger Aus-schüsse und Grundsätze der Information des Gre -miumsEntschädigung: Grundsätze der VR-Entschädigung

ZusammensetzungDer bestmöglichen Zusammensetzung des Verwal-tungsrats wird erfreulicherweise seit einigen Jahren,insbesondere bei Neubesetzungen eine grössere Be-achtung geschenkt als früher. Sinnvoll ist allerdingsauch eine regelmässige Überprüfung sowohl des Soll-als auch des Ist-Zustands. Eine klare Strategie hilftdie entsprechende Diskussion zu führen und wennnötig die Konsequenzen zu ziehen. Es empfiehlt sich,

Verwaltungsräte sind daran gewöhnt,strategische Überlegungen und Ent-scheide fürs Unternehmen anzustren-gen und zu treffen. Eine Strategie fürden Verwaltungsrat selbst fehlt aller-dings häufig.

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Nachfolgeplanung innerhalb des Verwaltungs-rats: Amtsdauer, Vorgehen, Einweisung neuer Mit-glieder

ArbeitsweiseDie Arbeit im Verwaltungsrat, ihre Qualität und Effi-zienz steht und fällt damit, wie die Mitglieder mitei-nander, mit Konflikten und Krisen umgehen. DieseKultur wird zwar nicht unwesentlich von den einzel-nen Charakteren und insbesondere durch den VR-Präsidenten geprägt, trotzdem lohnen sich ein paargrundsätzliche Überlegungen und das Setzen vonEckpfeilern dazu.Kultur: In der Regel wird eine offene, kritikfähigeund konstruktive Kultur der Zusammenarbeitgewünscht. Es schadet nicht, dies – oder eine andereKultur als strategischen Leitgedanken festzuhaltenund sich daran zwischendurch wieder zu erinnern.Information: Entscheid für Bring- oder Holprinzip,Berechtigung zum Einfordern von Informationen,EinsichtnahmeInteressenkonflikte: Umgang mit Interessenkon-flikten der VR-MitgliederSelbstevaluation: Regelmässige Selbst- (evtl.sogar Dritt-)evaluation des Verwaltungsrats undAbgleichen mit der Strategie

Umsetzung in der PraxisWie bereits erwähnt, soll eine Strategie für den Ver-waltungsrat nicht zu zusätzlichem, störendem undadministrativ belastendem Aufwand ohne Nutzenführen, sondern zu einem Auseinandersetzen mitden Leitplanken der VR-Arbeit im entsprechendenUnternehmen. Die Gedanken darüber sind in denallermeisten Fällen vorhanden, allerdings fehlt eshäufig an den bewussten entsprechenden Entschei-den und damit an der (gefühlten) Verbindlichkeit.Die Strategie für den Verwaltungsrat kann entwederin ein separates Papier oder aber auch problemlos indas Organisationsreglement einfliessen. Im zweitenFall empfiehlt es sich jedoch, strategische und orga-nisatorische Punkte voneinander zu trennen und ers-tere den Details der Umsetzung nicht nur gedanklichvoranzustellen. Und: Es versteht sich von selbst, dassauch eine Strategie für den Verwaltungsrat peri-odisch überprüft werden sollte. •

auf strategischer Ebene nebst allgemeiner Grundsät-ze wie z.B. dem Kreis möglicher Verwaltungsratsmit-glieder, der Ausgewogenheit in der Zusammenset-zung oder dem Festhalten unabdingbarer Eigen-schaften (z.B. Unabhängigkeit, Staatsbürgerschaft,Unternehmergeist) folgende Punkte zu diskutieren:Soll-Gesamtprofil: Erforderliche fachliche und per-sönliche Kompetenzen, Erfahrungen und Eigenschaf-ten, die im Verwaltungsrat vertreten sein müssenSpezialprofile: z.B. für den Präsidenten, Vizepräsi-denten, Sekretär oder weitere Schlüsselfigur

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Strategie

AUTORIN

Stefanie Meier-Gubser, lic. iur., Rechtsanwältin, ist Geschäfts-führerin des Schweizerischen Instituts für Verwaltungsrätesivg. Das sivg unterstützt und fördert die professionelle Aus-übung des Verwaltungsratsmandats.

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VO N PA T R I C K R E N Z

Die Führung eigener Auslandniederlas-sungen wird oft durch zwei scheinbarwidersprüchliche Aussagen apostro-phiert: «Wir haben die beste Person vor

Ort» und «Es läuft nicht so wie erhofft». Vorerst alsoVertrauen in eine Verbindungsperson, bei näheremHinhören aber auch verkappte Ohnmacht. Diezweite Aussage zeigt Ernüchterung und Ohnmacht:Was mehr können wir tun?

Mehr als nur VertrauenVertrauen ist grundlegend, entbindet aber einen Ver-waltungsrat nicht von der Aufsichtspflicht oder derobersten Leitung. Einfache Fragen zeigen, welchegrossen Herausforderungen sich Verwaltungsräteninternationaler Unternehmen stellen: Wie könnensie ihre verstreuten Niederlassungen wirklich beauf-sichtigen und kontrollieren? Wie kontrollieren undfördern sie Marktnähe? Wie kommen sie, durch diezahlreichen Führungsstufen hindurch, zur fundier-ten Gewissheit, dass auch die Mitarbeitenden imLand X den Geist der Unternehmung in sich tragen?Dass Innovationsideen aus dem weit entfernten Kun-denkontakt aufgenommen werden?

Governance Gaps in internationalen FirmenFinanzvorgaben, Compliance und Zertifizierungenwirken bis zu einem bestimmten Grad. Besuche vorOrt («Management by flying around») sind ein weite-res Managementinstrument. Aktuelle Forschungzeigt aber, dass bei internationalen Firmen die Ge-fahr sogenannter Governance Gaps gross ist. Dassind Lücken in der Umsetzung der Vorgaben und An-liegen von zuoberst entlang der Hierarchiestufen biszur Operation. Mangelnde Rückkoppelungen vonUmsetzungsproblemen und Chancen von der Basis

VIEL FLIEGEN, VIEL VERTRAUENSUBSIDIARY GOVERNANCE!

zurück bis zur Aufsicht, dem Verwaltungsrat, sindTeil der Governance Gaps. Aus täglichen Beispielenist das gut nachvollziehbar: Strategievorgaben, wel-che in den Märkten nicht verstanden wurden; Preis-änderungen, welche vor Ort falsch umgesetzt wur-den; Wartungsverträge, die nicht dem Qua li täts -standard entsprachen etc.

Subsidiary Governance als Aufsichts- undFührungsmodellWie kann sich ein Verwaltungsrat oder eine Verwal-

Niederlassungen zu steuern und insunternehmerische Geschehen einzu-binden, fordert heraus. Je grössergeographische und kulturelle Distan-zen, desto weniger greifen gängigeZielvorgaben. Ein neuer Ansatz verbin-det - über die Steuerung von Finanz-vorgaben hinaus - oberste Führungs-essenz wirkkräftig mit der Basis undmacht Umsetzungsgaps sichtbar.

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Fallbeispiel aus der PraxisDer Verwaltungsrat einer etablierten KMU möchtedie Marktnähe der Niederlassungen sicherstellen:Wird deren Potential ausgeschöpft? Der Verwaltungs-ratspräsident besucht jede Niederlassung zweimaljährlich und ist der Ansicht, dass einige Einheitendas Mutterhaus noch wenig «verstehen». Um Gover-nance Gaps greifbar zu machen, wird der CEO beauf-tragt, jährlich Subsidiary Governance Assessmentsdurchzuführen und dabei Rollen bezüglich System,Mission, Integrität, Anspruchsgruppen, Risiko undAudit zu klären. Die Ergebnisse fliessen nun in dieJahresgespräche mit den Niederlassungen ein.

Toolsupport auch für kleine KMUEine einfache Checkliste guter Subsidiary Gover-nance steht frei zur Verfügung. Für den wiederkeh-renden Gebrauch hat das Institut für Betriebs- undRegionalökonomie IBR der Hochschule Luzern inZusammenarbeit mit renommierten Firmen und derKommission für Technologie und Innovation (KTI)ein aussagekräftiges Managementcockpit mit 35 Indi-katoren entwickelt. Basierend auf Webumfragen kön-nen Potentiale und Problemfelder sofort erkannt undgemessen werden.

Geschäftsfördernd und existenzsicherndSubsidiary Governance ermöglicht, dass die verschie-denen Niederlassungen im Sinne der ganzen Unter-nehmung eingebunden und befähigt werden. Diesechs funktionalen Aspekte dienen als umfassendesReflexionsraster. wo der Verwaltungsrat eine solcheEinbindung der Niederlassungen fordert, erfüllt ernicht nur seine Verantwortung als oberste Leitung.Er fördert eine kohärente und schlagkräftige Organi-sation. Und er legt – wie die Forschung zeigt – not-wendige Grundlagen für die Wettbewerbsfähigkeit,für Innovation und Nachhaltigkeit. Die geographi-sche und kulturelle Ausbreitung wird zum echtenPotential! •

tungsrätin gegen derartige Gaps wappnen, diese –statt eines dumpfen Bauchgefühls - überhaupt ersterfassen? Aus unserer fast zehnjährigen Forschunghaben sich sechs zentrale Faktoren herausgeschält,mit welchen Governance Gaps überwunden werdenkönnen:1. Der Umgang mit dem «System», in das die Unter-

nehmung und ihre Niederlassungen je eingebun-den sind (Wirtschaft, lokale Gesellschaft, Gesetz-gebung, Arbeitsmarkt etc.). Die Aufgabe desVerwaltungsrates ist es, Systemverständnis einzu-fordern, wodurch beeinflussbare Parameter undzentrale Akteure identifiziert werden. Er solltedabei nicht fragen, welches diese Parameter seien,sondern wie qualifiziert die Niederlassungen dieseParameter erkennen und nutzen. Gutes «System-management» muss vom Verwaltungsrat gefordertund gefördert, vom Management vorgeschlagenund geführt, und vom operativen Managementund der Operation getragen und mit Rückmeldun-gen gespeist werden.

2. Die «Mission» umfasst Strategie, Struktur und Kul-tur. Der Verwaltungsrat fordert, dass Niederlassun-gen den Sinn ihres Beitrags verstehen und dass dieStruktur und Kultur förderlich ist.

3. Mit dem Faktor «Integrität» werden gute Zusam-menarbeit und der Umgang mit ethischen Dilem-mas erfasst. Der Verwaltungsrat fördert diesesBewusstsein und fordert dies auch auf unterenManagementstufen ein. Er verlangt, dass Prozesseund Instrumente eingerichtet werden. So steigt dieChance, dass sich Niederlassungsmitarbeitenderechtskonform und ethisch reflektiert verhaltenund dass Reputationsverluste vermieden werden.

4. Mit dem Faktor «Anspruchsgruppen» fordert undkontrolliert der Verwaltungsrat beispielsweiseKundennähe, hochstehende Verkaufsprozesseoder Mitarbeitendenbefragungen auch für ent-fernte Niederlassungen. Zudem müssen diese ihre(förderlichen wie hinderlichen) Anspruchsgrup-pen auf dem Radar haben.

5. «Risiko» wird meist auf strategischer Ebene gutabgedeckt. Aber existiert auch eine Risikosensibili-tät vor Ort? Werden Risiken erkannt? Dies mittelsProzessen und Bewusstsein einzufordern und kon-trollieren zu lassen, ist Aufgabe des Verwaltungs -rates.

6. «Audit» soll sicherstellen, dass in den Niederlas-sungen eine positive Kultur von Checks & Balan-ces existiert und dass Gesetze befolgt werden. DieFrage des Verwaltungsrates sollte aber nicht lau-ten: «Halten wir alle Gesetze ein», sondern «Wiestellen die Niederlassungen sicher, dass die loka-len Gesetze eingehalten werden».

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Strategie

AUTOR

Prof. Dr. Patrick Renz ist Leiter Forschungsprojekte & Dozentfür internationales Management, Governance und Entrepreneurship an der Hochschule Luzern – Wirtschaft.Seine Forschung zu Governance Gaps hat zu zwei Spinoffs geführt: Stiftung Aid Governance und Governance Tech-nology AG. Subsidiary Governance Anwendungen undeine Checkliste sind auf www.subsidiarygovernance.ch zufinden.

[email protected].

ODER . . .

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VO N S I M O N B Ü H L E R

Das Modell «Familienunternehmen» hatverschiedene Chancen und Gefahren.Problematisch ist es beispielsweise,wenn familiäre Konflikte auf Kosten der

Unternehmung ausgefochten werden. Oder wennFamilienmitglieder an anderen Massstäben gemes-sen werden als familienfremde Mitarbeitende. AuchVergangenheitsorientiertheit, Starrheit und ein über-

POSITIONIERUNGSVORTEILFAMILIENUNTERNEHMEN

triebenes Sicherheitsdenken kommen vor. Auf deranderen Seite stehen grosse Chancen; diese gilt esaber systematisch zu erschliessen und zu pflegen.

Das optimale FamilienunternehmenSelbstverständlich ist nicht jedes Familienunterneh-men gleich. Nicht überall wird die Ressource «Unter-nehmerfamilie» optimal genutzt. In diesem Beitragwird ein strategisch optimales Bild gezeichnet, wel-ches Familienunternehmen eine Reflektion der eige-nen Positionierung ermöglichen soll.

In Familienunternehmen verbindet sich die Ge-schichte von Familien und Unternehmen. Die Ent-scheidungsträger verstehen sich als Statthalter der Fa-milie, welche für eine bestimmte Periode in der Ge-schichte des Unternehmens die Verantwortung für des-sen Prosperieren übernehmen. Dieses Selbstverständ-nis führt zu anderen Prioritäten als ein Denken in Quar-talsabschlüssen. Es wird über Werte geführt. ObersteMaxime ist das langfristige Weiterbestehen der Unter-nehmung, für welches sich die Familie einsetzt undmit ihrem Namen dafür bürgt. Ihre Gratwanderungbesteht darin, zwischen der Wichtigkeit von Traditio-

Aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen sinkt die Quote familieninterner Nachfolge-regelungen: Bereits bei rund der Hälfte der Familienunternehmen führt der Generatio-nenwechsel dazu, dass Führung und Eigentum ausserhalb der Familie zu liegen kommen.Dabei gibt es neben den emotionalen gute wirtschaftliche Gründe für das Geschäfts -modell «Familienunternehmen».

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Organisations modell «Familienunternehmen»: Die Konsistenz der einzelnen Elemente macht den Erfolg aus.

Wirkungskontrolle mit geeigneten Instrumenten

Ausrichten von Strategie, Organisation, Prozessen und Positionierung

Ableiten und umsetzen von Massnahmen im Unternehmen

Konsensfindung zu Wertenund Zielen in der Unternehmerfamilie

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Auswirkungen auf die MarktleistungenDas optimale Familienunternehmen ist bei Kundenvertrauenswürdig, da es eine langfristige Perspektivehat und die Familie mit ihrem Namen hinter den Pro-dukten steht. Insbesondere Unternehmen in derLebensmittelindustrie nutzen dies aktiv zur Positio-nierung. Beispiele sind Kambly, Hug, Hipp oderZüger Frischkäse. Aber auch Unternehmen in derFinanz- und Uhrenbranche finden sich (z.B. Pictet,Julius Bär, Patek Philippe, Swatch). Dass man mit sol-chen Produkten nicht zu Discountpreisen auf demMarkt auftritt, passt zu dieser Strategie.

Viele Familienunternehmen nutzen danebenihre lokale Verbundenheit bewusst zur Positionie-rung. Kambly ist auch hier ein gutes Beispiel, dane-ben etwa Victorinox, Stöckli, Ricola oder Schindler.Die Nutzung lokaler Verbundenheit passt gut in einPositionierungskonzept von Familienunternehmen,weil sie nachhaltig sein muss. Man stelle sich vor,Kambly verlege den Produktionsstandort vomEmmental nach China: Ein wesentliches Positionie-rungselement wäre weg und die Marke würde kaummehr so erfolgreich funktionieren, wie sie das tut.

Voraussetzungen für den ErfolgKaum ein Unternehmen entspricht dem in diesemBeitrag skizzierten optimalen Familienunternehmen.Das skizzierte Bild zeigt aber auf, was den Erfolg aus-macht: Die Konsistenz zwischen dem Organisations-modell «Familienunternehmen» sowie der Strategie,der Positionierung und den Marktleistungen. Sollendiese Elemente der Unternehmensführung aufeinan-der abgestimmt werden, bedingt dies einen Konsensin der Familie. Diese muss ein einheitliches Bilddavon entwickeln, welche Ausgangslage besteht, wasihre Ziele mit dem Unternehmen sind und wie siediese erreichen will. Dieser Prozess ist aufwändig,aber notwendig, wenn man sich mit nachhaltigemErfolg als Familienunternehmen am Markt positio-nieren will. •

nen einerseits und Neuem andererseits abzuwägen:Langfristiges Weiterbestehen verlangt immer auchnach Veränderung und Risiko. Die Identität von Füh-rung und Eigentum ermöglicht flexible Strukturen undrasche Entscheidungsprozesse, darf aber trotzdemnicht zu fehlenden Kontrollmechanismen führen. Übersolche Gratwanderungen tauscht sich die Unterneh-merfamilie intern und im Unternehmen offen aus.

Ein solches Familienunternehmen nutzt dieRessource «Unternehmerfamilie» optimal. Es schafftsich eine strategische Erfolgsposition, die von Mitbe-werbern kaum zu imitieren ist.

Auswirkungen auf die RessourcensituationEine Familie, welche ihr Unternehmen optimal führt,wird zu einem geschätzten Mitglied der Gesellschaft.Insbesondere in Randregionen kann sie damit rech-nen, dass die regionale Gesellschaft gute Rahmenbe-dingungen für das Unternehmen unterstützt. Langfris-tiges Denken wirkt sich auch auf die Mitarbeitendenaus: Eine stärkere Loyalität des Unternehmens gegen-über den Mitarbeitenden wird von diesen honoriert.Sie engagieren sich mehr und fühlen sich mitverant-wortlich für die Unternehmung. Es ist sogar zu beob-achten, dass Familienunternehmen und ihre Mitarbei-tenden zu einer Art Grossfamilie werden. Es herrschteine komplett andere Kultur als in einer Unterneh-mung, welche Mitarbeitende nach dem «hire & fire»-Prinzip engagiert. Dass Mitarbeitende dort hauptsäch-lich auf ihre persönliche Gewinnmaximierung achten,darf nicht erstaunen – das Unternehmen tut es ja auch.

Eine besondere Ressource des Familienunter-nehmens sind kommende Generationen. Die optima-le Unternehmerfamilie sorgt dafür, dass Nachkom-men frühzeitig einen Bezug zum Unternehmen auf-bauen können und die wesentlichen Grundmechanis-men verstehen. Die aktuelle Führung lebt den kom-menden Generationen vor allem die Chancen des Un-ternehmerseins vor, nicht nur die Gefahren undZwänge: Die kommende Generation soll schliesslichLust haben, die Unternehmung später weiterzufüh-ren. Was die ältere Generation auch rechtzeitig zulas-sen muss, will sie eine Zukunft als Familienunterneh-men sicherstellen.

Neben Mitarbeitenden ist Kapital eine wich-tige Ressource. Will das optimale Familienunterneh-men mit konsistenter Strategie am Markt sein, wirdes eine solide Eigenfinanzierung vorziehen undgegenüber Fremdkapital vorsichtig sein. Man willum jeden Preis verhindern, dass man sich beischlechtem Geschäftsgang am Gängelband vonFremdkapitalgebern wiederfindet. Die Gefahr dabeiist, dass aus Mangel an freiem Kapital auf rentableInvestitionen verzichtet wird.

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Strategie

AUTOR

Simon Bühler ist Betriebsökonom FH und MAS in CorporateDevelopment. Er ist bei der Beratungsfirma RPC AG Projekt-leiter für strategische und organisatorische Veränderungs-projekte von der Analyse über die Konzeption bis zu Umsetzung und Controlling. Dazu gehören beispielsweisedie Leitung von Strategieentwicklungsprozessen, Reorga -nisationen, Unternehmensnachfolgeregelungen oder dieVerbesserung der Corporate Governance in Familienunt -ernehmen. Simon Bühler ist Autor vieler Fachpublikationenzu diesen Themen.

[email protected]

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«WIE BEIM ZUGFAHREN BLEIBT DIE QUALITÄT MITODER OHNE HALBTAX GLEICH»Luc Schuurmans, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter des Ressorts Private Bankingbei der Bank Linth, sprach mit VR-Praxis über die Wichtigkeit der Strategieeinhaltung, diekomplexe Gebühren-Welt im Anlagegeschäft und ein «Halbtax» im Banking.

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Bank mit regionalem Bezug: Blick vom Hirzli (1641 m) auf die Linthebene und den Walensee, Kanton Glarus.

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I N T E R V I E W W I L LY- A N D R E A S H E C K M A N N

Herr Schuurmans, welche Trends und Entwicklungen beobachten Sie an den Finanzmärkten?An den Märkten herrscht weiterhin die Unsicherheit.Je nach Land, Region und Branche gibt es teilweisegrosse Unterschiede, was ein klares Bild verhindert.Betrachtet man auf der einen Seite die harten Fakten,wie z.B. die Unternehmensbewertungen in derSchweiz, so bin ich grundsätzlich positiv gestimmt.Anderseits sind die Aussichten auf der Konjunktur-seite eher schwierig. Aus der Vergangenheit aber wis-sen wir, dass es in jeder Konjunkturphase Investi -tionsmöglichkeiten gibt, welche sehr interessanteChancen für Anleger bieten.

Wo existieren Probleme im Hinblick auf Transparenz im heutigen Banking?In einer Welt, die von Instabilität, Ungewissheit undunklaren wirtschaftlichen Perspektiven geprägt ist,sehnen sich die Leute nach kompakten, verständli-chen und eindeutigen Aussagen. Jedoch können Kun-den die Bankleistung und insbesondere der im Hin-tergrund ablaufende Erstellungsprozess der Bankenzu wenig einschätzen. Viele sind sich nicht bewusst,wie komplex das Bankgeschäft heute geworden ist.Spezialisten aus den verschiedensten Bereichen,vom Kundenberater, über IT, Operations bis hin zuLegal und Compliance, werden benötigt.

Was empfehlen Sie einem Anleger, welchersein Vermögen aktiv bewirtschaften möchte?Zuerst muss sich ein Anleger seiner persönlichenRisikoneigung und seines zeitlichen Anlagehorizontsbewusst sein. Ferner ist es wichtig, seiner Anlagestra-tegie treu zu bleiben. Es ist vielfach belegt, dass Miss-erfolge im Anlagegeschäft oft auf die fehlende Strate-gieeinhaltung zurückzuführen sind. Dies zeigt sichz.B. dadurch, dass Verlustpositionen oft gehalten undGewinne frühzeitig realisiert werden.

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Im Gespräch

BANK L INTH

Die Bank wurde 1848 gegründet und bietet ihren Privat- und Firmenkunden als Mit-glied der Liechtensteinischen Landesbank Gruppe das umfassende Angebot einermodernen Universalbank an: Sparen, Zahlen, Anlegen, Vorsorgen und Finanzie-ren. Die regional engagierte Bank steht für einfache und verständliche Bankgeschäf-te und betreut an insgesamt 24 Standorten zwischen Winterthur und Bad Ragazrund 67 000 Kundinnen und Kunden.

Bank Linth LLB AG, Zürcherstrasse 3, 8730 Uznach, Telefon 0844 11 44 11www.banklinth.ch

Foto: Switzerland Tourism

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Diese Vielfältigkeit macht die besondere Attraktivitätdes Angebots aus. Mit einer Tarifabogebühr von 960Franken pro Jahr für 50 Prozent Vergünstigung beimHalbtax oder 240 Franken für 25 Prozent Rabatt beimDreivierteltax sprechen wir bewusst eine sehr breiteAnlegerschaft an.

Warum ist es Ihnen möglich, diesen Serviceanzubieten?Die Bank Linth beweist als regional engagierte Bankseit über 160 Jahren, dass sie nah am Kunden ist. Wirhaben also die nötige Erfahrung, mit unseren Dienst-leistungen jeweils die Bedürfnisse am Markt abzude-cken. Kurze Entscheidungswege und kompetenteMitarbeiter erlauben es, solch fortschrittliche Preis-modelle professionell und schnell in die Tat umzu -setzen.

Leidet bei weniger Einnahmen nicht auch dieDienstleistungsqualität?Keineswegs. Wie beim Zugfahren bleibt die Qualitätmit oder ohne Halbtax gleich. Die vielen positivenKundenreaktionen bestätigen uns, mit unserer Preisinnovation ein echtes Bedürfnis im Markt ab -zudecken. Die äusserst interessanten Courtagetarife– z.B. von 0.6 Prozent bei Aktienkauf Schweiz – unter-stützen das Transaktionsverhalten der Kunden.Zugleich wirkt sich der attraktive, reduzierte Depot-gebührenansatz von 0.1 Prozent positiv auf das Ver-halten aus, die Ver mögenswerte bei der Bank Linthzu konsolidieren. Der Effekt aus positiven Volumen-veränderungen bei reduzierten Tarifen ist – unterEinbezug der Abogebühr – für alle Beteiligten vorteil-haft.

Können Sie einen Ausblick für das Jahr 2012wagen?Wir befinden uns im Moment in einem wirtschaftli-chen Transformationsprozess, dessen Dauer abersehr schwierig abzuschätzen ist. Ich meine, dass sichfür langfristige Anleger gerade in solchen Zeitensehr interessante Möglichkeiten anbieten. •

LUC SCHUURMANS

ist Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter des Ressorts Private Banking bei derBank Linth. Damit ist er unter anderem verantwortlich für fünf regionale Bera-terteams im Private Banking sowie für den weiteren Aus- und Aufbau dieses Geschäftszweiges. Zuvor war Schuurmans unter anderem CEO der Sherpa Out-door AG. Er arbeitete ausserdem bei der BNP Paribas (Suisse) SA im Private Ban-king als Sitzleiter der Geschäftsstelle in Basel und war Mitglied der Geschäfts-leitung Private Banking in der Schweiz.

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«Misserfolge im Anlagegeschäftsind oft auf die fehlende Strategie-einhaltung zurückzuführen»

Die Welt der Gebühren ist weitläufig und komplex. Welches sind hier die wichtigstenStichworte?Obwohl sich Vergleiche zwischen den verschiedenenBanken und Finanzdienstleistern lohnen könnten, sindsie keineswegs einfach anzustellen. Denn die Tarifre-gelungen der Banken im Anlagegeschäft scheinen wieein Buch mit sieben Siegeln. Weil die Gebühren oftnach Auftragsgrösse, Frequenz, Absatzkanal oder Pro-dukt unterschieden werden, sieht man sich mit einemKonditionen-Wirrwarr konfrontiert. Ein Blick auf dieunterschiedlichen Depotgebühren, Postengebühren,Courtagen mit Volumenpreisstaffelung oder Auslands-zuschlägen macht den Vergleich sehr schwierig.

Was genau sind Courtagen und Depot gebühren?Courtagen sind Entschädigungen an die Bank beimKauf oder Verkauf einer Wertschrift und sind damittransaktionsabhängig. Die Depotgebühr ist hingegender Preis für das Führen eines Wertschriftendepotsund richtet sich in der Regel nach der Höhe der Geld-anlage – ist also volumenabhängig.

Gibt es gesetzliche Vorgaben hinsichtlich derHöhe der Courtagen und Depotgebühren?Grundsätzlich sind Finanzinstitute frei in der Gestal-tung ihrer Tarifstruktur. Entsprechend vielfältig sindauch die unterschiedlichen Gebührensätze.

Sie haben ein Banking-Halbtax eingeführt, wasgenau ist darunter zu verstehen?Das Halbtax-Prinzip ist in der Schweiz ja bestensvom Bahnverkehr her bekannt. Mit unseren Tarif-abonnementen «Halbtax» und «Dreivierteltax» fürdas Anlagegeschäft profitiert der Kunde gegen eineGebühr ein Jahr lang von 50 Prozent bzw. 25 ProzentRabatt auf Courtagen, Depotgebühren und weiterenLeistungen, wie z.B. die Steueraufstellung.

Wie kamen Sie auf die Idee, ein Halbtax imBanking einzuführen?Der Erfolg des bewährten SBB-Halbtax stand Pate füruns. Das Bedürfnis nach einfachen und verständli-chen Bankdienstleistungen steht ganz grundsätzlichim Zentrum unserer Anstrengungen. Dies wird aucham Beispiel des Halbtax für Anlagegeschäfte deut-lich. Es ist wirklich richtig einfach!

Für wen ist dieses Banking-Halbtax denngeeignet?Grundsätzlich kann jeder von einem Halbtax profitie-ren. Ob nun die Vergünstigung bei den Transaktions-kosten oder bei der Depotgebühr oder gar beides imVordergrund steht, ist je nach Kunde verschieden.

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Im Gespräch

Foto:Birthe Grautmann

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Foto: Bilderbox.de

VO N S I M O N T E L L E N B AC H

Rund 25 000 Franken beträgt laut der BDO-Verwaltungsratsstudie 2011 das durch-schnittliche Jahreshonorar, das Verwal-tungsräte von Aktiengesellschaften mit Sitz

in der Schweiz erhalten. In der Regel erhalten Ver-waltungsräte diese Entgelte als Honorare, Saläreoder Gewinnanteile (Tantiemen), die zum Teil nochum Sitzungsgelder aufgestockt werden. Ebenfallsmöglich sind variable, erfolgsabhängige Vergütun-gen in Form von Aktien oder Aktienoptionen.

Diese VR-Einkünfte unterliegen der Steuer-und Sozialversicherungspflicht. Abgaben an die ersteSäule (AHV / IV / EO / ALV) sind grundsätzlich zubezahlen, Pensionskassenbeiträge jedoch nicht injedem Fall. Ob und in welcher Höhe VR-Einkünfteaber tatsächlich zu versichern und besteuern sind,und wie Verwaltungsräte die Abgabenlast optimierenkönnen, ist von der individuellen Situation abhängig.

Als Verwaltungsrat beim eigenen ArbeitgeberIn vielen Unternehmen werden Geschäftsleitung undVerwaltungsrat in Personalunion geführt. Hauptbe-rufliche Geschäftsführer, Direktoren und Kadermit-arbeiter, die Positionen im Verwaltungsrat bekleiden,sind als Arbeitnehmer automatisch über ihren Arbeit-geber sozialversichert. Ist diese Zusatzfunktion mitdem Gehalt abgegolten, führt das Unternehmen dieAHV- und PK-Beiträge auf den Lohn ab.

Im Rahmen der zweiten Säule lassen sichSteuern sparen, sofern der PK-Vorsorgeplan sinnvollausgestaltet ist. Vor allem freiwillige Einkäufe in diePensionskasse rentieren sich (siehe Grafik). SolcheEinzahlungen können vom steuerbaren Einkommenabgezogen werden und die Zinserträge sind steuer-frei. Das Guthaben ist erst bei der Auszahlung zueinem günstigen Satz zu versteuern.

Zusätzlich sind Einzahlungen in die Säule 3amöglich, welche auch steuerbegünstigt sind. Für Per-sonen, die einer Pensionskasse angeschlossen sind,

STEUERN SPAREN MIT PK-OPTIMIERUNGEN

liegt der Maximalbetrag für diese Zahlungen bei6 682 Franken im Jahr. Pro 1 000 Franken, die in dieSäule 3a einbezahlt werden, reduziert sich die Ein-kommenssteuer um rund 200 bis 400 Franken.

Werden die Verwaltungsratshonorare separatbezahlt, fallen für diese ebenfalls AHV-Beiträge an.Allerdings sind diese meist in separaten Verträgenvereinbarten Honorare in der Regel nicht in der Pen-sionskasse versichert, so dass sich hier keine weite-ren Optimierungsmöglichkeiten ergeben.

Angestellter als nebenberuflicher VerwaltungsratVergleichbare Steuersparmöglichkeiten hat ein Ver-waltungsrat, der hauptberuflich bei einem anderenUnternehmen angestellt ist. Zahlt Firma A das Hono-rar an Firma B, müssen keine Sozialversicherungs-beiträge abgerechnet werden. Erst bei Auszahlungmit dem Gehalt werden sie fällig. Solche Verwal-tungsratshonorare lassen sich über die Pensions-kasse versichern und ermöglichen Steuervorteilebeim PK-Einkauf und in der Säule 3a.

Zu keinerlei Beiträgen an die erste Säulekommt es nur dann, wenn Firma B die VR-Honorarenicht an den Verwaltungsrat weitergibt oder ein Ver-waltungsrat persönlich erhaltene VR-Honorare anseinen Arbeitgeber abgeben muss. Bezahlt die FirmaA das Honorar hingegen direkt dem Verwaltungsrat,so müssen die Sozialversicherungsbeiträge bei Aus-zahlung verrechnet werden. Dieser Honoraranteillässt sich in den meisten Fällen nicht über die Pensi-onskasse versichern.

Selbständige Verwaltungsräte haben mehrAbzugsmöglichkeitenAnders ist die Situation von Verwaltungsräten, diehauptberuflich selbständigerwerbend sind, beispiels-weise als Anwälte oder Unternehmensberater. Aufsämtliche Einkünfte, auch auf VR-Honorare, müssensie einkommensabhängige Beiträge an die AHV inHöhe von 5,2 bis 9,7 Prozent ihrer Einkünfte abfüh-ren. Das dafür massgebende Einkommen errechnensie, indem sie die Ausgaben von ihren Einnahmenabziehen.

Sind sie einer Pensionskasse angeschlossen,wirken sich Beiträge und ein Einkauf auch bei ihnensteuermindernd aus. Zudem ist der Säule 3a-Maxi-malbetrag von 6 682 Franken abzugsberechtigt.Gehören sie keiner Pensionskasse an, dürfen siesogar wesentlich mehr in die dritte Säule einzahlen.In einem solchen Fall liegt das Maximum bei 20 Pro-zent des Einkommens, jedoch höchstens 33’408 Fran-ken. Je nach Einkommenshöhe kann der freiwilligeAnschluss an eine Pensionskasse sinnvoll sein.

Verwaltungsräte können ihre berufli-che Vorsorge und gleichzeitig die Be-steuerung ihrer VR-Einkünfte optimie-ren. Die Möglichkeiten hängen im We-sentlichen davon ab, ob sie ihre Funk-tion haupt- oder nebenberuflich aus-üben.

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Als Pensionierte kommen sie in den Genusseines Freibetrags: Auf Einkünfte bis 1 400 Frankenim Monat oder 16 800 Franken pro Jahr müssen siekeine Sozialabgaben leisten. Besonders interessantist, dass dieser Freibetrag für jedes einzelne Mandatoder Arbeitsverhältnis gilt. Hier lässt sich mit einergeschickten Vertragsgestaltung Geld sparen.

Wer noch nicht auf die AHV-Rente angewiesenist, kann den Bezug um ein bis fünf Jahre aufschie-ben und so später von einer höheren Rente profitie-ren. Auch in die Säule 3a dürfen erwerbstätige Rent-ner weiterhin einzahlen; Frauen bis sie 69, Männerbis sie 70 Jahre alt sind. Die jährliche Maximal-summe dürfen sie vom steuerbaren Einkommenabziehen, also 6 682 Franken mit Pensionskassenan-schluss und 20 Prozent des Einkommens oder maxi-mal 33 408 Franken ohne Pensionskasse.

Kompliziert: Internationale VR-MandateVerwaltungsratsmandate werden immer öfter grenz-überschreitend ausgeübt. Geht ein Verwaltungsrateiner Schweizer AG weiteren Tätigkeiten im EU-Aus-land nach, kommt das Freizügigkeitsabkommen zwi-schen der Schweiz und der EU zur Anwendung. Obdie Versicherungspflicht in der Schweiz oder ineinem EU-Land besteht, hängt von Faktoren ab wieder Nationalität, dem Wohnsitzland und ob das jewei-lige Landesrecht das VR-Einkommen als selbständi-ges oder unselbständiges Einkommen einstuft. DerRegelfall aber ist, dass VR-Honorare, die Unterneh-men ins Ausland überweisen, in der Schweiz automa-tisch besteuert und versichert werden.

Anders sieht es aus, wenn ein Verwaltungsratin der Schweiz und in einem Staat tätig ist, mit demein Sozialversicherungsabkommen besteht. Danngilt in der Regel, dass die Sozialversicherungspflichtim Erwerbsland besteht. Eine Ausnahme stellen dieUSA dar. Im Fall einer selbständigen Tätigkeit in derSchweiz und den USA ist der Wohnsitzstaat zustän-dig. Ob eine Tätigkeit überhaupt als selbständig oderunselbständig eingestuft wird, entscheidet hier derWohnsitzstaat. Ein Beispiel: Eine Verwaltungsrätinmit Wohnsitz in den USA hat ein zusätzliches Verwal-tungsratsmandat in der Schweiz. Da die USA Verwal-tungsratstätigkeiten als selbständig einstufen, ist siein ihrem Wohnsitzland USA sozialversichert. •

Verwaltungsräte im RentenalterNicht selten behalten oder bekommen ehemaligeGeschäftsführer oder Kadermitglieder Verwaltungs-ratsmandate, wenn sie pensioniert sind. Verwal-tungsräte, die das ordentliche Rentenalter bereitserreicht haben und weiter erwerbstätig sind, müssenweiterhin Beiträge an die AHV, IV und EO zahlen,jedoch nicht an die Arbeitslosenversicherung (ALV).Als Angestellte zahlen sie Beiträge von 5,15 Prozentvom Einkommen, als Selbstständige je nach Einkom-men 5,2 bis 9,7 Prozent.

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Geld

AUTOR

Simon Tellenbach ist Experte für Kadervorsorgelösungenbeim VZ VermögensZentrum.

[email protected]

RENDITE E INES PK-E INKAUFS (Beispiel)

Einkaufsbetrag 50 000 Fr

Steuerersparnis 1 – 17 500 Fr.

Effektiv eingesetztes Kapital 32 500 Fr.

Kapital nach 10 Jahren 2 60 950 Fr.

Steuern bei der Auszahlung 3 – 5 490 Fr.

Netto-Kapital 55 460 Fr.

Nettorendite pro Jahr 4 5,5%

1 Annahme: Der Grenzsteuersatz beträgt 35%

2 Annahme: Der Einkaufsbetrag wird mit durchschnittlich 2% proJahr verzinst

3 Annahme: Der Steuersatz beträgt 9%

4 Die Nettorendite bezieht sich auf das effektiv eingesetzte Kapital

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VO N B E N J A M I N K U R M A N N

Das Gesetz umschreibt die Pflichten desVerwaltungsrats allgemein in Art. 717des Obligationenrechts (OR). NachAbsatz 1 dieser Bestimmung haben die

Mitglieder des Verwaltungsrats nicht nur ihre Aufga-ben mit aller Sorgfalt zu erfüllen, sondern auchdie Interessen der Gesellschaft in gutenTreuen zu wahren.

Diese Formulierung der gesetzli-chen Treuepflicht lässt den Gerichteneinen gewissen Ermessensspielraum.Das Bundesgericht verlangt von denMitgliedern des Verwaltungsrats, ihrVerhalten am Geschäftsinteresse aus-zurichten und eigene Interessen gege-benenfalls zurückzustellen. Die juristi-sche Lehre bringt es folgendermas-sen auf den Punkt: Ein Mitglied desVerwaltungsrats hat alles zu un-terlassen, was der Gesellschaftschaden könnte. Die Treue-pflicht mündet damit in einePflicht, Interessenkollisionen zuvermeiden.

In diesem Zusammenhanghat die Praxis Richtlinien entwickelt,aus welchen konkrete Verhaltensvor-gaben für ein Verwaltungsratsmitglied ab-geleitet werden können.

Vermeidung von InteressenkollisionenSo ist es einem Kandidaten für dasAmt eines Verwaltungsrats ver-wehrt, das Mandat überhaupt anzu-nehmen, wenn er in einem direktenInteressenkonflikt mit der Gesellschaftsteht. Dies wäre zum Beispiel der Fall,wenn er sich in einem direkten Konkurrenz-verhältnis mit der Aktiengesellschaft befindet.

Insbesondere aber auch, wenn ein Verwal-tungsrat sein Amt ausführt, darf er nicht in ersterLinie seine eigenen Interessen verfolgen. Das gel-tende Recht schreibt einem Verwaltungsratsmitgliedzwar nicht explizit vor, im Falle eines echten Interes-senkonflikts bei einem Verwaltungsratsbeschluss in

den Ausstand zu treten, jedoch wird dies von derLehre teilweise gefordert. Zumindest aber muss sichdas betroffene Verwaltungsratsmitglied beim fragli-chen Geschäft der Stimme enthalten. Um klare Ver-hältnisse zu schaffen und Interessenkollisionen zuvermeiden, kann der Gesamtverwaltungsrat die Aus-standsfrage in einem Organisationsreglement oder

einem entsprechenden Beschluss explizitregeln.

Selbstkontrahierung und InsiderhandelBesonders kritisch sodann sind Hand-lungen eines Verwaltungsrats, dienicht im Interesse der Ge sellschaft,sondern eines Dritten oder gar desVerwaltungsrats selbst vorgenom-

men werden. Nach der bundesgerichtlichenRechtsprechung wird hierbei ein stren-

ger Prüfungsmassstab angelegt. Problematisch sind daher

beispielsweise Rechtsgeschäftezwischen der Gesellschaft unddem Verwaltungsrat selbst. ImGrundsatz sind solche Selbst -kontrahierungsgeschäfte, beiwelchen der Verwaltungsrat zu-

gleich als Privater und als Vertre-ter der Aktiengesellschaft auftritt,

nicht gestattet. Nur ausnahmsweisekann das Geschäft zulässig sein, weileine Benachteiligung der Gesell-schaft ausgeschlossen werden kann,so zum Beispiel bei einem Verkaufzu Markt- oder Börsenpreisen oder etwas allgemeiner, wenn das Ge-schäft zu denselben Konditionen

auch mit einem Dritten abgeschlos-sen worden wäre.

Problemfelder existieren sodannauch im Zusammenhang mit der Entschä-

digung des Verwaltungsrats oder derGeschäftsleitung. Das Bundesgericht legt auch dies-

bezüglich einen strengen Massstab an: Die Gesell-schaftsinteressen werden verletzt, wenn der Verwal-tungsrat derart hohe Zahlungen festlegt, dass diesenicht mehr mit den Kriterien der Marktüblichkeitoder Leistungsfähigkeit begründet werden können.

INTERESSENKOLLISION UNDINSIDERPROBLEMATIKFür eine gute Corporate Governance braucht es in Bezug auf die Vermeidung von Interessenkollisionen sowie die Insiderproblematik klare Regeln. Ein Überblick.

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der Interessenkonflikte ein grös-seres Gewicht eingeräumt.Nach dem gegenwärtigen Ent-

wurf von Art. 717a des Obliga -tionenrechts (E-OR), einer grund-

legend neuen Bestimmung, sind dieMitglieder des Verwaltungsratsund der Geschäftsleitung gehalten,den Präsidenten des Verwaltungs-rats unverzüglich und vollständig

über Interessenkonflikte zu in -formieren (Abs. 1). Der Verwaltungs-

rat in corpore sodann ist verpflichtetMassnahmen zu ergreifen, die zur Wah-

rung der Interessen der Gesellschaft nötig sind; beider Beschlussfassung über diese Massnahmen mussdas betroffene Verwaltungsratsmitglied in Ausstandtreten (Abs. 3).

Die bundesrätliche Botschaft hält fest, dassdiese beabsichtigte neue Gesetzesnorm von grosserWichtigkeit für eine gute Corporate Governance sei.Verletzen Organmitglieder die in Art. 717a E-OR statuierten Pflichten, indem sie zum Beispiel in Kennt-nis von Interessenkonflikten untätig bleiben, so haf-ten sie auf Grundlage der aktienrechtlichen Verant-wortlichkeit für den der Gesellschaft darausentstehenden Schaden.

Die gesamte Vorlage zum neuen Aktienrecht istzurzeit Gegenstand parlamentarischer Beratungen. •

In einem Konflikt mitder Treuepflicht steht zudemdas Verbot des Ausnützens kurs-relevanter Tatsachen. Nach derauch «Insiderhandel» genannten Vor-schrift in Art. 161 des Strafgesetzbuchs(StGB) macht sich unter anderemstrafbar, wer sich als Mitglied desVerwaltungsrats einen Vermö-gensvorteil verschafft, in dem erdie Kenntnis vertraulicher Tatsa-chen ausnützt, deren Bekanntwer-den den Kurs von hierzulande börslichgehandelten Wertschriften in voraussehba-rer Weise erheblich beeinflussen wird. Zu solchenvertraulichen Tatsachen können etwa bevorstehen-de Umstrukturierungen, Unternehmensverbindungenoder die Emission neuer Beteiligungen zählen.

Konsequenzen bei TreuepflichtverletzungenRechtsgeschäfte oder Verwaltungsratsbeschlüsse,welche in Verletzung der Treuepflicht eines Verwal-tungsratsmitglieds zustande kommen, sind nicht perse ungültig oder nichtig. Trotzdem können diesedrastische Folgen zeitigen: Für einen Schaden, deraus dieser Pflichtverletzung resultiert, können sienach den Vorgaben von Art. 754 OR haftbar gemachtwerden. Denkbar sind auch strafrechtliche Konse-quenzen. Im Vordergrund steht neben dem Straftat-bestand des Insiderhandels auch derjenige der unge-treuen Geschäftsbesorgung nach Art. 158 StGB.

Zu bedenken gilt es auch, dass die gesetzli-chen Treuepflichten einen Verwaltungsrat einesGrossunternehmens genauso treffen wie denjenigeneines Einmannbetriebs.

In Konzernsituationen ist schliesslich zu beach-ten, dass die Treuepflicht gegenüber der Gesellschaftalle Mitglieder des Verwaltungsrats der Tochtergesell-schaft auch dann trifft, wenn sie von der Mutterge-sellschaft in das Leitungsgremium der Tochter einge-setzt wurden. Die arbeitsrechtliche Pflicht dieser Ver-waltungsräte, gemäss Weisungen des Mutterhauseszu handeln, hebelt die Pflicht zum Handeln im Inte-resse der Tochtergesellschaft keineswegs aus.

Interessenkonflikte in der PipelineIn der laufenden Revision des Aktienrechts wird derTreuepflicht des Verwaltungsrats und der Thematik

Recht

AUTOR

Lic. iur. Benjamin Kurmann, M.B.L.-HSG ist Rechtsanwalt beiStiffler & Partner in Zürich und beschäftigt sich mit Fragendes Gesellschaftsrechts, Vertragsrechts und Erbrechts.

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I N T E R V I E W U R S H U E B S C H E R

Frau Messmer, Sie haben eineklassische Karriere gemacht,waren unter anderem CEO ineinem amerikanischen Kon-zern. Jetzt sind Sie Verwal-tungsrats-Mitglied der wohn-bedarf-Holding und Geschäfts -führerin der wb form AG. Wieerleben Sie die Unterschiede?In einem Grosskonzern werden dieManager in eine Corporate-Welteingebunden und erleben ein kom-plexes und herausforderndes na-tionales und internationales Um-feld mit spannenden Aufgaben undinteressanten Menschen. Sie wer-den permanent gefordert und ge-challenged, intern wie extern. Da-für ist die Flexibilität geringer, manhat sich Regeln unterzuordnen undverbringt viel Zeit mit Administra-tivem – Reportings, Meetings undmöglicherweise auch interner Po-litik. Die Fremdsteuerung ist aus-geprägt. Als Unternehmerin legtman seinen Takt selber fest, ent-wickelt die Strategien der Firmaund arbeitet intensiv an deren kon-sequenten und nachhaltigen Um-setzung. Es ist dabei entscheidend,die Kunden und den Markt perma-nent im Fokus zu setzen. Zeit fürunendliche interne Abstimmungengibt es keine, sonst ist man schnel-ler vom Markt, als man denkt.

Dieses Risiko hat man beiGrosskonzernen weniger?Korrekt. In einem Grosskonzernist man schon etwas in einergeschützten Werkstatt. Die Mar-ken sind etabliert und verankert.Ich habe in meiner Laufbahneinige Manager erlebt, die es trotzallem immer wieder geschafft

«EINE GROSSE PORTION LEIDENSCHAFT GEHÖRT DAZU»

haben, sich einen guten Posten zusichern – wie ein Weinkorken, derimmer wieder an die Oberflächedes Wassers kommt.

Was gefällt Ihnen besondersam Unternehmertum?Der unternehmerische Freiraumsowie die Möglichkeit, echt etwaszu bewegen. Das macht Spass.Strategien werden genagelt, da-nach erfolgt die rasche Umset-zung mit Kunden und im Markt.Wenn der Job gut gemacht ist, er-folgt der Soforteffekt. Zudem be-steht die Möglichkeit, langfristigund nachhaltig zu agieren und ei-ne Strategie oder ein Konzeptdurchzuziehen. Und natürlich istes toll, erfolgreich zu sein und zu-friedene Kunden zu sehen.

Was ist schwierig?Der Unternehmer trägt das unter-nehmerische und finanzielle Risi-ko mit allen Konsequenzen. Ermuss abwiegen, wo investiert wirdund welche Fokusse wo gesetztwerden. Er ist stärker der Konjunk-tur ausgesetzt und muss laufend alles kritisch hinterfragen, neu positionieren, neu ausrichten. Unddie Korrekturmassnahmen müs-sen rasch umgesetzt werde. Esgleicht einem Lernprozess und esist wichtig, aus Fehlern zu lernenund schnell neue Chancen zu pa-cken.

Haben Sie die Struktureneines Grosskonzerns anfangsvermisst?Zu Beginn ja, aber heute schätzeich den unternehmerischen Frei-raum umso mehr. Ich habe schonimmer den Drang gehabt nachAufgaben, bei welchen ich unter-

Barbara Messmer liebt es, Dinge zu bewegen. Die Unternehmerin ist im Verwaltungsrat vonwohnbedarf und CEO der Zürcher Firma wb form. Dort sorgt sie für Furore in der Designwelt.Nach einer Reedition von Max Bill sind schon neue Projekte im Köcher.

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nehmerisch tätig sein kann. Inso-fern passt es.

Sie machen den Eindruck, als liebten Sie die Heraus -forderung.Das stimmt. Ich habe immerHerausforderungen und Aufga-ben angenommen, bei denen icheinen echten Challenge zu errei-chen hatte.

Zum Beispiel?Den Aufbau internationaler Märk-te aus dem Hochpreisland Schweizheraus oder profitables Wachstumin einem gesättigten Markt mitsehr dominanten Mitbewerbern.Ich habe teilweise Aufgaben ge-wählt, bei denen mein Umfeldmeinte, der Auftrag würde einer«Mission Impossible» gleichen.Zum Beispiel die Führung einerFirma, die in einem völlig gesättig-ten Markt zweistellige Wachsra-ten zu erreichen hatte, drastischdie Kosten senken bzw. Personalabbauen musste und gleichzeitigdie Umsetzung eines totalen «Cul-tural Changes» zu einer perfor-mance driven Organisation.

Vor drei Jahren haben Sie undihr Mann Felix Messmer dasZürcher Traditionsgeschäftwohnbedarf gekauft. Sie sit-zen im Verwaltungsrat undsind gleichzeitig CEO derTochtergesellschaft wb formAG. Weshalb haben Sie sichdafür entschieden?Ich betrachte es als einmaligeChance, ein Unternehmen wiewohnbedarf zu erwerben und wei-ter in die Zukunft zu entwickeln.Dabei muss nicht alles von heuteauf Morgen geschehen. Die lang-

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Porträt

Fotos: Tobias Stahel

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fristige Ausrichtung einer Unter-nehmung ist entscheidend für dennachhaltigen Erfolg. Ziel ist es,langfristig Wettbewerbsvorteile zuverankern und Kundenbeziehun-gen nachhaltig zu pflegen. Wohn-bedarf hat eine geschichtsträchti-ge Vergangenheit und war in den1930er-Jahren eine absoluter «pla-ce to be» in der Designerszene. Eswar avantgardistisch und trotzdemhaben die damaligen Designer Mö-bel für eine breite Bevölkerungkreiert. Wohnbedarf hat also Ge-schichte geschrieben und es machtunheimlich Spass, diese weiter zuschreiben. Wohnbedarf ist heuteein gut verankertes Unternehmenin der Designer Welt, hat jedochimmer noch ein enormes Potential.

Wie Sie gerade erwähnthaben, gehört wohnbedarfIhnen und Ihrem Mann. Wieteilen Sie sich auf?Eine klare Aufteilung der Rollen istinsbesondere in dieser Kombinati-on entscheidend. Mein Mann ist derCEO und zuständig für die Führungder Firma. Meine Tätigkeit konzen-triert sich auf den Verwaltungsrat.Es braucht eine Sicht von aussen fürdas Setzen der richtigen Prioritätenund Steuerung der Unternehmung– auch in finanzieller Hinsicht. Des-halb darf ein Verwaltungsrat nichtim operativen Geschäft einer Firmatätig sein. Zusätzlich leite ich mitviel Freude die wb form AG. Wir ent-wickeln hochwertige Designer-Mö-belkollektionen, die wir weltweitvermarkten. Wohnbedarf ist dabeiein Kunde von wb form.

Könnten Sie sich weitere VR-Mandate vorstellen?Ja, ich kann mir sehr gut vorstel-len, mein Portefeuille mit weite-ren Mandaten zu ergänzen. DieBranche ist dabei sekundär. HoheRelevanz haben für mich dynami-sche Firmen mit herausfordern-den nationalen und/oder interna-tionalen Zielen.

Was reizt Sie an VR-Mandaten?Was möchten Sie bewegen?Mein Ziel ist es, mein breites Know-how im Aufbau von Märkten, derEntwicklung und Umsetzung vonWachstumsstrategien und der Po-sitionierung von Marken einzu-bringen. Meine langjährige Füh-rungserfahrung hilft mir dabei. Alsehemaliger CEO eines börsenko-dierten Unternehmens, kenne ichdie täglichen Herausforderungen,welche die Steuerung eines Ge-samtunternehmens ausmachen.Da ist notwendig für eine erfolgrei-che VR-Tätigkeit. Kritische Fragenan die Geschäftsleitung gehörenauch dazu und sind absolut ange-bracht. Es braucht keine Schönwet-terpiloten, die sich gegenseitig ver-

suchen zu gefallen. Der Ver -waltungsrat ist gefordert, mitzu-denken und zu hinterfragen. Eindiversifizierter Verwaltungsrat mithoher fachlicher und persönlicherKompetenz kann dabei sehr viel be-wirken.

Mit wb form scheinen Sie vielvorzuhaben. VergangenesJahr lancierten Sie eine Ree-dition der Max Bill Möbelkol-lektion, welche für grosseAufmerksamkeit sorgte.Mit wb form als Schwestergesell-schaft von wohnbedarf haben wireine gewisse historische Verpflich-tung, Kollektionen auf den Marktzu bringen, die zur Positionierungder Firma passen. Max Bill hat das

«Eine permanente Hinterfragung des Erreichten ist wichtigfür den nach haltigen Erfolg»

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Porträt

Logo von wohnbedarf kreiert undwar vor 80 Jahren massgeblicherPartner. Das Logo von Bill benüt-zen wir noch heute. Max Bills Ree-dition, entspricht voll und ganzdem heutigen Zeitgeist - reduzier-te Ästhetik, Nachhaltigkeit, Quali-tät und Beständigkeit.

Gibt es die Reedition nur inder Schweiz?Wir konnten die Exklusivrechteerwerben und vertreiben die Ree-dition über Handelspartner imeuropäischen Raum, USA undAsien. Die Distribution soll aberselektiv bleiben. Die Max Bill Kol-lektion bildete ein Auftakt zu wei-teren spannenden Projekten, aufdie ich mich sehr freue.

Welche Plänen bestehen fürwb form?Mit wb form wollen wir verschiede-ne Richtungen verfolgen: die klas-sische, mit Reeditionen wie MaxBill, die moderne mit zeitgenössi-schem Design. Wir werden nachdem Erfolg mit Max Bill weitere ex-klusive Möbelkollektionen auf denMarkt bringen. Als nächstes ist eineZusammenarbeit mit Shootingstarsaus Amerika geplant. Es handeltsich um die Contempory DesignerBassam Fellows, welche in den USAFurore machen. Der launch ist imApril 2012 geplant.

Designen Sie selber?Nein, ich habe kein wirkliches Ta-lent als Designerin, obwohl meineMutter eine begabte Innenarchi-tektin ist. Von ihr habe ich sichereinen guten Blick und Geschmackgeerbt, aber das macht mich nochlange nicht zu einem guten Desig-ner. Hierfür ziehe ich natürlichProfis bei und ich kümmere michum die Umsetzung und den Markt-erfolg.

Welche Erfolgsfaktoren gibtes für Sie?Beständigkeit statt kontinuierli-chem Strategiewechsel. Und Fo-kussierung. Man muss flexibleund anpassungsfähig sein – dochdie Vision immer im Auge habenund behalten. Ich bin ein visuellerMensch und sehe die Präsenz mei-ner Marke. Ich stelle sie mir vorund arbeite konsequent daraufhin. Die Glaubwürdigkeit der Mar-ke ist entscheidend. Und natürlichgute Mitarbeiter, welche selberals Unternehmer agieren.

Und welche Erfolgsfaktorengelten allgemein für guteUnternehmer aus Ihrer Sicht?Man muss eine klare Vision habeneine grosse Portion Leidenschaft!Ohne das geht es nicht. Es gibt im-mer wieder Durchhänger, diesemüssen aus- und durchgehalten

werden. Es ist wichtig, aus Fehlernzu lernen. Wenn etwas nicht nachPlan läuft, muss unmittelbar über-legt werden, welches die bestenMassnahmen sind, damit alles wie-der auf Kurs kommt. Es brauchtviel Lösungsorientierung und Prag-matismus. Zudem viel Ehrgeiz undHartnäckigkeit. Man muss immerdran bleiben – auch in guten Zei-ten darf man sich nicht auf den Lor-beeren ausruhen. Und ohne Fach-wissen geht es natürlich auchnicht.

Sie sind erfolgreicheGeschäftsfrau und habenzudem noch drei jüngere Kin-der.Ehrlich gesagt waren Kinder bis zumeinem 35. Lebensjahr ein No-Go(lacht). Wenn ich auf Geschäftsrei-sen war, verlangte ich einen ande-ren Sitzplatz, wenn ich ein schrei-endes Kind neben mir hatte. Trotz-dem wusste ich immer, dass Kin-der einmal ein Teil meines Lebenssein werden. Und die Entschei-dung, Kinder zu haben, war diebeste meines Lebens. Mit guter Or-ganisation und Planung, positivemDenken und einem hohen Energie-level, versuche ich, beides unter ei-nen Hut zu bekommen. Das Aller-wichtigste ist eine grosse persönli-che Flexibilität, denn häufig läuftes dann eben doch nicht ganz nachPlan. Es gibt zudem durchaus vielepositive Synergien zwischen bei-den Bereichen.

Als Unternehmerin könnenSie die Zeit sicher besser ein-teilen als vorher?Ja, das ist ein Vorteil des Unter-nehmertums. Ich habe dieChance, meine Zeit selber einzu-teilen und versuche, beiden Wel-ten gerecht zu werden. In meinenfrüheren Tätigkeiten in Grosskon-zernen war dies nicht immer mög-lich. Das habe ich dann in derBeziehung zu meinen Kinderngespürt. •

BARBARA MESSMER

ist studierte Betriebswirtin. Sie hatüber 20 Jahre nationale und interna-tionale Management- und Ge-schäftsführungserfahrungen. Siekann Erfolge in internationalen undrenommierten Konzernen in derSchweiz und im Ausland vorweisen,darunter L’Oreal, Estée Lauder, Bei-ersdorf. Ihren letzten Job in einemGrossunternehmen hatte sie als CEOund Chefin der schweizerischenTochtergesellscahft einer US-ameri-kanischen und brösenkodierten Un-ternehmens im Bereich Health Care.Seit 2011 ist Barbara Messmer Mitbe-sitzerin von wohnbedarf, einem re-nommierten KMU im Bereich Möbel,Design- und Gesamteinrichtungen.Zudem ist sie CEO von wb form, einerSchwestergesellschaft.

www.wbform.chwww.wohnbedarf.ch

«Die Glaub würdigkeit der Marke ist entscheidend»

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KREUZFAHRT AUF SCHIENENRovos Rail steht für die luxuriösesten Züge der Welt und bietet seit 1989 Bahnsafarisdurch die schönsten Regionen Afrikas an. Nobler als Agatha Christies Romanhelden zureisen hat seinen Preis. Doch es lohnt sich.

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Die Viktoriafälle liegen an der Grenze zwischen Simbabwe und Sambia und gehören zum UNESCO Weltnaturerbe (Aufnahme von 1993).

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VON WILLY-ANDREAS HECKMANN

Es war die Idee des Geschäfts-manns Rohan Vos – daher der NameRovos – anspruchsvolle Pas sagierein edlen Zügen im Stile der zwanzi-ger und dreissiger Jahre auf diver-sen Routen durch das südliche Afri-ka zu transportieren. Die Reisenvon Rovos Rail lassen die Eleganz eines englischen Country-Clubsdes frühen zwanzigsten Jahrhun-derts aufleben.

Alles begann mit der Idee,eine alte Dampflokomotive undvier Wagen zu restaurieren undfür sich und seine Familie als Pri-vatzug zu nutzen. Es war jedochSouth African Railways, welcheVos vorschlug, Tickets für seineNostalgie-Bahn zu verkaufen. Oh-ne Erfahrung im Tourismus zu ha-ben, machte sich Vos auf die Su-che nach alten Lokomotiven undWagen, die er aus Schrottplätzenrettete oder von privaten Samm-lern erwarb. Bis 1989 vermochteVos zusammen mit einem Teamvon Handwerkern einen erstenkompletten Zug fertigzustellenund das Projekt Rovos Rail offiziellzu lancieren. Nach sechs Jahrenbegann das Unternehmen schwar-ze Zahlen zu schreiben.

Die Züge von Rovos Railsind im Vergleich mit anderen be-rühmten Luxuszügen ausseror-dentlich geräumig und haben ma-ximal drei Suiten pro Wagen. DieRoyal-Suiten etwa haben die Grös-se eines halben Waggons und de-ren Bad ist mit einer antiken Bade-wanne ausgestattet. Die Deluxe-Suiten sind mit 11m2 ebenfallsgrosszügig konzipiert und verfü-gen über Doppelbetten sowie eineseparate Lounge. Annehmlichkei-ten wie Klimaanlage, Mini-Bar etc.fehlen selbstverständlich ebenfallsnicht. Die viktorianischen Speise-wagen, in welchen ein Gong-Schlag jede Mahlzeit ankündigt,versetzen einen mit noblem Porzel-lan, Silberbesteck, Mahagoni-Ti-

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Lifestyle

Die Fahrt führtauch an denam Westkap gelegenen Outeniqua-Bergen vorbei.Fotos: www.rovos.com

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In der Lounge können die Gäste den Nachmittag verbringen. Ein Gong ruft die Gäste zu den Mahlzeiten.

Das Badezimmer erstrahlt im Design der Kolonialzeit.Die Deluxe-Suite verfügt mit 11m2 über reichlich Platz und Komfort.

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Lifestyle

schen und opulenten Vorhängen inden Glamour vergangener Zeiten.Ein Höhepunkt ist fraglos der Bal-kon der Observation Lounge, aufwelchem man im Freien dieschönsten Landschaften Afrikas ansich vorbeiziehen lassen kann.

Die Züge «The Pride of Afri-ca» und «The Classic» befahrendie Routen Kapstadt-Pretoria-Kap-stadt, von Pretoria nach Durbanund zurück und von Pretoria zuden Viktoriafällen und zurück.Entlang der Routen wird an ausge-wählten Orten gehalten und orga-nisierte Touren durchgeführt. Zu-dem werden Sonderfahrten orga-nisiert, etwa die legendäre 14tägi-ge Reise von Kapstadt nach Dar esSalaam oder die 28tägige Reisevon Kapstadt nach Kairo, auf wel-cher man mit dem Zug, Flugzeugund Schiff unterwegs ist. •

ZUGREISEN.CHDer Schweizer Zugreisen-Spezialist

«zugreisen.ch by TCTT GmbH» ist Spezia-list für die Beratung und den Vertrieb vonZugreisen. Das Portal www.zugreisen.chbietet einen umfassenden Überblicküber Luxuszüge, Sonderzüge und Zug-kreuzfahrten weltweit. Von der Beratungund Reservierung bis hin zur Zustel-lung der Reiseunterlagen wird die ge-samte Betreuung des Buchungspro-zesses von zugreisen.ch übernom-men. Ausserdem wird den Kunden ei-ne Tiefstpreis-Garantie offeriert.

Bei allen Tätigkeiten legt das Unter-nehmen Wert auf Qualität und Sicher-heit. Als seriöser Anbieter ist es deshalbMitglied des Garantiefonds derSchweizer Reisebranche und desSchweizerischen Reisebüro-Verban-des. Das bedeutet eine professionel-le Arbeitsweise, eine gesunde finanziel-le Basis mit angemessener Haftpflicht-versicherung und die Sicherstellungdes einbezahlten Reisegeldes.

Die nächsten auf Deutsch geführtenRovos-Termine sind: Kapstadt – Dar esSalaam: 09.08. – 26.08.2012 / Dar es Salaam - Kapstadt: 25.08. – 11.09.2012.

Die nächsten Reisen «Cape to Cairo»/«Cairo to Cape» sind: 17.01.– 13.02.2014/ 04.02. – 03.03.2014.

Detaillierte Unterlagen bei: zug reisen.chby TCTT GmbH, Limmatquai 106, 8001Zürich, Telefon 044 260 22 88, [email protected], www.zugreisen.ch

Genauso erstklassig wie der Komfort ist der Service in der Nostalgie-Bahn.

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Foto: Bilderbox.de

VO N R U E D I S T R I C K E R

«Mein Vater ist ein kompetenter Anlageberater.Es gibt auch andere. Er arbeitet im Private Ban-

king und hat fünf Stühle im Büro. Er muss jeden Tageine Krawatte anziehen und darf nur mit sauberenSchuhen ins Büro gehen. Papi hat gesagt, dass manehrlicher aussieht, wenn man saubere Schuhe undkeine schwarzen Finger -nägel hat.

Der Montör, der letz-te Woche unsere Heizunggeflickt hat, ist wahrschein-lich ein Gauner, aber ichhabe mich nicht getraut, ihnzu fragen. Die Heizung gehtja wieder.

Papi ist auch einHellseher. Gestern hat ergesagt, er sehe den Kursvon einer Chemiefirmanächste Woche bei 155.Jetzt ist er aber bei 147. Ichhabe ihn gefragt, ob denndie anderen Anlageberaterwissen, dass der Kursnächste Woche auf 155steigt, und er hat «Ja» ge-sagt. Ich habe ihn dann ge-fragt, warum der Kursdenn nicht jetzt schon auf155 sei, wenn das alle wis-sen, aber er hat dann gesagt, es gebe ja auchdumme Menschen, sogar solche, die meinen, derKurs gehe in den Keller, und von diesen dummenMenschen leben die anderen.

Mein Vater kennt ganz verschiedene Leute.Einer wohnt im Ausland und kommt immer mit demFlieger. Aber letzte Woche kam er mit dem Maserati,weil die Sonne schien. Papi sagt, er sei aber ein armerMann, er könne sich nicht einmal mehr eine anstän-dige Bratwurst leisten, weil er Krach hat mit dem Steueramt. Ich hätte lieber genug zu essen als einenMaserati. Papi kennt noch mehr arme Leute, zum Beispiel eine Frau, die in Griechenland gewohnt hatund jetzt ins Radisson in unsere Stadt gezügelt ist, weil

«MEIN PAPI IST AUCH EINHELLSEHER»

man ihr zu Hause das Geld wegnehmen will. Wahr-scheinlich brauchen die Griechen das Geld dieserarmen Frau, um vor dem nächsten Winter ein rich -tiges Dach auf die Akropolis zu machen. Das ist einaltes Haus, wo schon lange alle gestorben sind. Aberes gibt auch Leute, die ganz reich sind und das Geldin einem Familienbüro sammeln und Papi sagen, ermüsse noch mehr daraus machen. Eine solche Fami-

lie hat wahrscheinlich soviel Geld wie DagobertDuck, der es auch fast nichtzählen konnte. Mein Vaterkauft für sie Häuser, Gold,Aktien und Obligationenund Strukturprodukte undSilber und teure Bilder undalte Autos. Nachher ver-kauft er alles wieder fürnoch mehr Geld und kauftdann noch mehr Häuser,Gold, Aktien und Obligatio-nen und Strukturprodukteund Silber und teure Bilderund alte Autos. Ich weissnicht was Strukturproduktesind, aber Papi weiss esauch nicht immer.

Es gibt aber auch blöde Leute. Einmal ist ei-ner zur Bank gekommenund wollte viel Geld bringen.Die Bank hat ihm ein Formu-lar gegeben zum Ausfüllen,aber er wollte es gar nicht

ausfüllen. Papi hat gesagt, das Geld gehöre wahrschein-lich einem Anderen, der Dreck am Stecken hat, aber voneinem, der Dreck am Stecken hat, dürfen sie kein Geldnehmen. Papi arbeitet in einer seriösen Bank, wo keineFehler passieren.

Papis Chef ist ein lieber Mann. Er hat ihm jetztschon wieder Geld geschenkt, weil er so viel gearbei-tet hat in letzter Zeit. Mami hatte aber keine Freudedaran, es wäre ihr lieber, Papi wäre mehr zu Hause.Papi hat aber gesagt, wenn wir weniger Geld hätten,könnten wir nicht in die Skiferien und ich müsste zuFuss in die Schule. Aber das ist eine andereGeschichte, und jetzt fängt die Pause an.

Kolumne

Ein Private Banker ist ein mit hellseherischen Fähigkeiten ausgestatteter, psy-chologisch geschulter Finanz- und Industrieexperte mit umfassenden Kennt-nissen des internationalen Steuerrechts, wie der folgende Schüleraufsatz zeigt.

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Chronik: 10 Jahre Bahnhofstrasse

Key Moneys

Expansionsstragien

Investmentmarkt

Internationale Premiere

Die Zürcher Bahnhofstrasse im Rückblick der Neuzugänge und Wechsel der ver-gangenen 10 Jahre

14 Millionen Pfund in London,24 Millionen Euro in Mailand und 50 Millionen Dollar in New York

Victoria's Secret kommt nach Europa, Salvatore Ferrragomo auf Expansionskurs, Christian Louboutin mit globalem Roll-out

Höchster Nachfrage der letzten 20 Jahre und bisher nicht bekannte Mietsteigerungspotenziale

Erstmals wurden 850 Einzelhändler, 600 Einkaufsstrassen und 450 Shopping Center weltweit untersucht

Retail-Marktstudie

2012

locationgroup research

4. Ausgabe

CHF 750.- EUR 625.- US$ 785.-

www.location.ch

EUROPA

WELT

SCHWEIZ

Deutsche Ausgabe/English Edition

LOCATION GROUP Löwenstrasse 43 CH-8001 Zürich T +41 (0)44 225 95 00 www.location.ch

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Wir freuen uns sehr auf Ihren Besuch und darauf, Sie in allen Fragen rund um die individuelle, sorgenfreie Mobilität kompetent zu beraten. Für unsere Marken VW, ŠKODA, Audi, SEAT und VW Nutzfahrzeuge stehen Ihnen Schweizweit über 80 AMAG Filialen zur Verfügung. Kommen Sie vorbei und lassen Sie sich von uns beraten wenn es um die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs oder einer Occasione geht. Ebenfalls sind wir Ihre Profis wenn es um Service und Reparaturen geht.

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