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VSA Funktionssicherheit ARA Leitfaden Winterthur, 10. August 2020 VSA Projektgruppe

VSA · 2020. 12. 1. · VSA, Europastrasse 3, Postfach, CH-8152 Glattbrugg, Telefon 043 343 70 70, [email protected], . INHALT 1 Einleitung 6 1.1 Motivation 6 1.2 Ziele 6 1.3 Funktionssicherheit

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VSA

Funktionssicherheit ARA

Leitfaden

Winterthur, 10. August 2020

VSA Projektgruppe

Page 2: VSA · 2020. 12. 1. · VSA, Europastrasse 3, Postfach, CH-8152 Glattbrugg, Telefon 043 343 70 70, sekretariat@vsa.ch, . INHALT 1 Einleitung 6 1.1 Motivation 6 1.2 Ziele 6 1.3 Funktionssicherheit

Impressum

Die vorliegende Publikation konkretisiert die Anforderungen der eidgenössischen Gewässerschutzgesetzgebung, ge-währleistet eine gute Praxis und ermöglicht den einheitlichen Vollzug der Behörden. Sie wurde mit aller Sorgfalt und nach bestem Gewissen erstellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität kann der VSA jedoch keine Gewähr übernehmen. Haftungsansprüche wegen Schäden materieller oder immaterieller Art, welche durch die Anwendung der Publikation entstehen können, werden ausgeschlossen.

Autoren Erich Hungerbühler, Hunziker Betatech AG, Winterthur

Ruedi Moser, Holinger AG, Winterthur Jan Suter, Hunziker Betatech AG, Bern Martin Zeindler, BGG Engineering AG, St. Gallen

Mitglieder des Kernteams Erwin Greter, Prolewa AG, Inwil Martin Moos, ARA Bachwis, Fällanden Roman Kern, ARA Fehraltdorf Thomas Morgenthaler, AFRY, Zürich Michael Stampfli, AfU AG Udo Minneker, Chestonag AG, Seengen Christian Abegglen, VSA, Glattbrugg Daniel Rensch, AWEL, Zürich Richi Hauerter, AWEL, Zürich

Herausgeber Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute Association suisse des professionnels de la protection des eaux Associazione svizzera dei professionisti della protezione delle acque

Titelfoto xxx

Gestaltung xxx

Druck xxx

Bezugsquelle VSA, Europastrasse 3, Postfach, CH-8152 Glattbrugg, Telefon 043 343 70 70, [email protected], www.vsa.ch

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INHALT

1 Einleitung 6

1.1 Motivation 6

1.2 Ziele 6

1.3 Funktionssicherheit und Systemgrenzen 7

1.4 Begriffe 8

2 Was sagt das Gesetz und wo bleiben Fragen 9

3 Umsetzung der Vorgaben 11

3.1 Anforderungen bei ausserordentlichen Ereignissen – geplant und ungeplant 11

3.2 Zu behandelnde Abwassermenge bei ausserordentlichen Ereignissen 11

3.3 Geeignete und wirtschaftlich tragbare Massnahmen 12

4 Sicherstellung der Funktionssicherheit 14

4.1 Funktionssichere Verfahrenstechnik 14

4.2 Funktionssichere EMSRLTechnik 17

4.3 Funktionssicherheit bei Stromausfall 18

5 Bewährte Praxis 21

5.1 Methodik 21

5.2 Empfehlung zur redundanten Ausführung von Verfahrenseinheiten 21

5.3 Hebewerke 22

5.4 Rechen 23

5.5 Sandfang / Fettfang 24

5.6 Vorklärung 25

5.7 Prozessluftaggregate 26

5.8 Biologische Stufe: Belebtschlammverfahren (inkl. Hybrid-Wirbelbettverfahren) 27

5.9 SBR & Membrananlagen 28

5.10 Festbettanlagen 29

5.11 Stromausfall 30

5.12 EMSRL-Technik 32

6 Anhang 35

6.1 Fallbeispiele für wirtschaftliche Tragbarkeit 36

6.2 Auswirkungen im Gewässer 40

6.3 Beispiele für Funktionssichere ARA 42

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Einleitung 4

6.4 Abschätzung Reaktionszeiten 46

6.5 Prinzipschema Automatisierungs- und Prozessleitsystem 47

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5 Einleitung

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

a Jahr

ARA Abwasserreinigungsanlage

AS Automatisierungssystem (SPS und PLS)

CPU Central processing unit, Prozessor

EDV Elektronische Datenverarbeitung

ELB Einleitbewilligung

EMSRL Elektro-, Mess-, Steuer- Regel und Leittechnik

EMV Elektromagnetische Verträglichkeit

EW Einwohnerwert

FUB Funktionsbeschrieb

GEP Generelle Entwässerungsplanung

GSchV Gewässerschutzverordnung

HLKS Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Sanitärsysteme

MBR Membranbioreaktor

n Anzahl Einheiten

NKB Nachklärbecken

NSHV Niederspannungshauptverteilung

PLS Prozessleitsystem

Q Durchflussmenge

RB Regenbecken

R+I-Schema Rohrleitungs- und Instrumentierungsschema

RW Regenwetter

SBR Sequencing Batch Reactor

SPS Speicherprogrammierbare Steuerung

TW Trockenwetter

ÜSS Überschussschlamm

USV Unterbrechungsfreie Stromversorgung

VBB Belüftetes Biologiebeckenvolumen

VKB Vorklärbecken

VT Verfahrenstechnik

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Einleitung 6

1 EINLEITUNG Der vorliegende Leitfaden soll dazu dienen, die Funktions- und Betriebssicherheit in schweizerischen ARA

zu verbessern und zu harmonisieren. Die vorgeschlagenen Konzepte und Massnahmen müssen in der Pla-

nung berücksichtigt werden. Wir empfehlen dazu, die ordentlichen Ausbau- und Sanierungsschritte im

Rahmen des Werterhalts zu nutzen.

Der aufmerksame Betrieb durch das Klärwerkfachpersonal wird auch in Zukunft entscheidend sein und

bleiben. Ein Erfahrungsaustausch unter Fachpersonen zur Funktions- und Betriebssicherheit in ARA ist

zentral. Der VSA fördert diesen Austausch im Rahmen seiner Möglichkeiten.

Einzelne Massnahmen zur Gewährleistung der Funktionssicherheit erscheinen auf den ersten Blick als

sehr teuer. Ein Jahreskostenvergleich relativiert die Kosten jedoch und stellt sie in ein Verhältnis zur ge-

samten Aufgabe des Gewässerschutzes.

1.1 Motivation

In Abwasserreinigungsanlagen (ARA) treten immer wieder ausserordentliche Ereignisse auf, die einen Ein-

fluss auf die Ablaufqualität haben können. Ausserordentliche Ereignisse können geplant (Revisionen, Sa-

nierungen, Umbauten, Wartungen, etc.) oder ungeplant (Störungen) sein. Um den Gewässerschutz gewähr-

leisten zu können, schreibt die Gewässerschutzverordnung (GSchV) vor, dass die Betreiber von ARA geeig-

nete und wirtschaftlich tragbare Massnahmen treffen müssen, um das Risiko von Gewässerv erunreinigun-

gen zu minimieren. Dabei besteht ein grosser Interpretationsspielraum, wie Massnahmen umgesetzt wer-

den können. Der Leitfaden dient als Planungshilfe zur Erstellung einer funktionstüchtigen ARA.

1.2 Ziele

Der Leitfaden zeigt auf, wie das Risiko einer Gewässerverunreinigung bei Anlagenausfällen und Ausserbe-

triebnahmen einzelner Anlageteilen bereits in der Planungsphase mit baulichen, verfahrens- und elektro-

technischen Massnahmen minimiert werden kann. Die in der Gesetzgebung formulierten Vorschriften und

ihr Interpretationsspielraum werden dabei konkretisiert und mit Praxisbeispielen ergänzt.

Der Leitfaden dient nicht der unmittelbaren Bewältigung von ausserordentlichen Ereignissen. Dieses Vor-

gehen und die Massnahmen (technisch und organisatorisch) werden beispielsweise in «step-by-STEP»1 für

ein Notfallkonzept erläutert.

Der Leitfaden richtet sich insbesondere an:

- Bauherren (in der Regel ARA-Inhaber): Sie sollten verstehen, welche Überlegungen angestellt wer-

den und sind in der Lage, bei Spezialisten die richtigen Fragen zu stellen.

- Betreiber: Sie erkennen Sicherheiten und Defizite sowie Rahmenbedingungen und Optimierungs-

potenziale. Sie können die vorhandene Infrastruktur mit deren Möglichkeiten zur Ereignisbewälti-

gung nutzen (Notfallkonzept).

- Planer: Sie erhalten Werkzeuge, wie sie die Herausforderungen angehen können, was zu berück-

sichtigen ist und wie mögliche Massnahmen im Einzelfall zu bewerten sind.

- Bewilligungsbehörden: Sie erhalten Werkzeuge, Projekte systematisch betreffend Funktionssicher-

heit beurteilen zu können oder bei der Betriebskontrolle Schwachstellen feststellen zu können.

1 https://step-ara.ch/

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7 Einleitung

1.3 Funktionssicherheit und Systemgrenzen

Eine funktionssichere ARA hält auch bei ausserordentlichen Ereignissen die Anforderungen ein und verur-

sacht keine Gewässerverunreinigung. Funktionssicherheit behandelt Massnahmen, welche in der Planung

von baulichen verfahrens- und elektrotechnischen Massnahmen zum Zuge kommen.

Folgende Teilsysteme sind in die Prüfung zur Funktionssicherheit miteinzubeziehen.

Tabelle 1: Hauptfokus für die Funktionssicherheit

Teilsysteme Aspekt Funktionssicherheit / Systemabgrenzung

Kanalisation / Sonderbau-

werke

Bewirtschaftung und Rückhalt des Abwassers, um Reserven zu schaffen und

Zeit zu gewinnen. Berücksichtigung der Belastungsentwicklung im Einzugsge-

biet (Kapazitätsreserven).

Abwasserreinigung /

Schlammbehandlung

Mit redundanter Ausführung, Speichervolumen, Havarievolumen, Leistungs-

reserven und Kenntnis der Relevanz einzelner Komponenten und Verfahren

bezüglich Funktionssicherheit können Ausfälle in vorhersehbarer Weise kor-

rekt aufgefangen werden.

Gewässer Primäres Schutzziel. Die Bewilligungsbehörde legt die Anforderungen an die

Einleitung des gereinigten Abwassers fest. Mit der Funktionssicherheit wird

dafür gesorgt, dass trotz möglicher menschlicher Fehler, Ausfällen und ande-

ren ausserordentlichen Ereignissen diese Anforderungen eingehalten werden.

Ausserordentliche Ereignisse können zu einer Abweichung vom Normalbetrieb einer ARA und zu einer Ge-

wässerverunreinigung führen. Dazu zählen geplante und ungeplante Vorfälle im Einzugsgebiet, oder auch

auf der ARA selbst. Eine Übersicht zu den zu berücksichtigenden Fällen gibt die Abbildung 1 (fett ge-

schrieben).

Abbildung 1: Abgrenzung der betrachteten Fälle (fett geschrieben).

Für viele Bereiche, die mit ausserordentlichen Zuständen, deren Prävention, Erkennung und Bewältigung

im weiteren Sinne zu tun haben, gibt es eigene Vorschriften wie Personensicherheit, Naturgefahren und

Entsorgungssicherheit Schlamm. Auf diese wird im Bericht wo möglich verwiesen.

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Einleitung 8

1.4 Begriffe

Begriff Definition

Ausserordentliches Ereignis Mit dem Begriff «ausserordentliches Ereignis» werden Vorfälle be-

zeichnet, die zu einer Abweichung vom Normalbetrieb einer ARA

führen und die zu einer Gewässerverunreinigung führen können.

Dazu zählen Vorfälle im Einzugsgebiet, die die Abwasserzusammen-

setzung negativ verändern und damit den Betrieb der ARA beein-

trächtigen können, aber auch geplante und ungeplante Ereignisse

auf der ARA selbst, die zu Betriebsstörungen oder -unterbrüchen

führen und zur Folge haben, dass die Einleitungsbedingungen nicht

eingehalten werden können (zitiert aus «Betrieb und Kontrolle von

Abwasserreinigungsanlagen», Vollzugshilfe, BAFU 2014).

Beispielsweise: Stromausfall, Störungen oder Ausfall wichtiger Ag-

gregate, grössere Revisionen und Ausserbetriebnahmen von we-

sentlichen Anlageteilen.

Einleitbewilligung In der Einleitbewilligung legt die zuständige Behörde die Anforde-

rungen auf Grund der Eigenschaften des Abwassers, des Standes

der Technik und des Zustands des Gewässers im Einzelfall fest, wo-

bei mindestens die Anforderungen nach Anhang 3 GSchV eingehal-

ten werden müssen.

Aggregat Maschinentechnische Ausrüstung, die als Einheit entfern und er-

setzt werden kann. Beispielsweise Rechen, Räumer. Pumpen, Belüf-

ter, BHKW etc.

Anlagenteil Bauwerk mit seiner zugehörigen technischen Ausrüstung, das als

eine Verfahrensstufe dient und von anderen parallelen, vor- oder

nachgeschalteten Bauwerken abtrennbar ist. Beispielsweise ein

Sandfang, ein Belebungsbecken, ein Faulbehälter

Strassen Bestehend aus mehreren nacheinander geschalteten Anlagenteilen

die als Einheit eine Reinigungsstufe abbilden. Beispielsweise Vor-

klärbecken -> Belebungsbecken -> Nachklärbecken.

Gewässerverunreinigung Nachteilige physikalische, chemische oder biologische Veränderung

des Wassers (Art. 4 Bst. d GSchG).

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9 Was sagt das Gesetz und wo bleiben Fragen

2 WAS SAGT DAS GESETZ UND WO BLEIBEN FRAGEN

Zur Prävention und Bewältigung ausserordentlicher Ereignisse gibt es viele Grundlagen und Dokumente,

welche die Anforderungen an die funktionssichere ARA definieren. Diese sind z.T. nicht bekannt, resp. las-

sen einen grossen Interpretationsspielraum zu. Die wichtigsten Grundlagen werden in der nachfolgenden

Tabelle aufgeführt.

Dokument Wichtigste Aussage Fragestellungen

Art. 13 Abs. 1 Bst. c

GSchV

Die Inhaber von Abwasseranlagen müssen

beim Betrieb alle verhältnismässigen

Massnahmen ergreifen, die zur Verminde-

rung der Mengen der abzuleitenden

Stoffe beitragen.

Im Sinne eines fachgerechten ARA-Be-

triebs sollen so wenig Stoffe wie mög-

lich in die Gewässer eingeleitet wer-

den. Was soll eine ARA bei ausseror-

dentlichen Ereignissen noch leisten?

➔ Kapitel 3.1

Art. 16 Abs. 1 und 2

GSchV

Die Inhaber von Abwasserreinigungsanla-

gen, die Abwasser in ein Gewässer einlei-

ten, […] müssen zur Verminderung des Ri-

sikos einer Gewässerverunreinigung

durch ausserordentliche Ereignisse die

geeigneten und wirtschaftlich tragbaren

Massnahmen treffen.

Was sind geeignete und wirtschaftlich

tragbare Massnahmen?

Wie wird das beurteilt?

➔ Kapitel 3.3

Anhang 2 Art. 11

Abs. 3 und Art. 12

Abs. 5 GSchV

Die numerischen Anforderungen gelten

bei jeder Wasserführung nach weitgehen-

der Durchmischung des eingeleiteten Ab-

wassers im Gewässer

Gelten die Anforderungen auch für

ausserordentliche Ereignisse?

➔ Abschnitt 3.1

Anhang 3.1 Abs. 2

GSchV

Die Anforderungen gelten für kommuna-

les gereinigtes Abwasser am Ort der Ein-

leitung und für den Normalbetrieb der

Anlage.

Welche Anforderungen gelten aus-

serhalb des Normalbetriebs?

➔ Abschnitt 3.1

Vollzugshilfe für

zentrale Abwasser-

anlagen; Betrieb

und Kontrolle von

Abwasserreini-

gungsanlagen, BAFU

2014. Abschnitt 2.3

Ausfallsicherheit: Auch bei Sanierungs-

und Wartungsarbeiten sind die Anforde-

rungen jederzeit einzuhalten und mit not-

wendigen bau- und regeltechnischen

Massnahmen zu gewährleisten. Unge-

plante Ereignissen ist mit verhältnismässi-

gen Massnahmen zu begegnen, um die

Reinigungsleistung möglichst hoch zu hal-

ten.

Was sind verhältnismässige Massnah-

men?

è Abschnitt 3.3

Was bedeutet möglichst hohe Reini-

gungsleistung?

è Abschnitt 3.1

EN 12255 Teil 1, An-

forderungen an die

Planung

a) Alle Aggregate, die gelegentlich aus-

fallen können (z.B. Pumpen und Ge-

bläse), sind mit ausreichender Re-

serve zu installieren, so dass auch bei

Ausfall eines Aggregats die volle

Durchsatz- und Reinigungsleistung

der Anlage sichergestellt ist. Wo

keine Reserveaggregate installiert

werden können, müssen Vorkehrun-

gen getroffen werden, um Aggregate

schnell durch vorrätige Ersatzaggre-

gate ersetzen zu können.

Was sind ausreichende Reserven bei

Aggregaten? Gilt dies für alle Aggre-

gate?

➔ Abschnitt 4.1.2

Ist die Sicherstellung der vollen Durch-

satz- und Reinigungsleistung verhält-

nismässig im Sinne der Vollzugshilfe

BAFU 2014? Geht diese Forderung

über die Interpretation des Art. 16

GSchV in der Vollzugshilfe BAFU hin-

aus?

➔ Abschnitt 3.2

b) Soweit für Wartungsarbeiten sinnvoll

und notwendig, muss jedes Anlagen-

teil oder Aggregat über ein paralleles

Anlagenteil, Aggregat oder über Um-

gehungsleitungen oder -kanäle um-

fahren werden können.

Wie wird entschieden, was sinnvoll

und notwendig ist?

➔ Abschnitt 4.1.2

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Was sagt das Gesetz und wo bleiben Fragen 10

d) Wo mit längeren Unterbrechun-

gen der Stromversorgung zu

rechnen ist, müssen Notstrom-

erzeuger oder Anschlussmög-

lichkeiten für mobile Stromer-

zeuger vorgesehen werden. Min-

dest anzuschliessen sind: Mess-

und Steuereinrichtungen, Pum-

pen für das Abwasser und den

Rücklaufschlamm und die Belüf-

tungseinrichtung.

Wie wird entschieden was mindestens

über Notstrom versorgt werden muss?

Welche Stromunterbrechungsdauer

soll abgedeckt werden?

➔ Abschnitt 4.3.2

EN 12255 Teil 6, Be-

lebungsverfahren,

Auslegung Bele-

bungsbecken

Falls eine Ausserbetriebnahme eines oder

mehrerer Belebungsbecken im Normalbe-

trieb oder zu Wartungszwecken vorgese-

hen ist, müssen die in Betrieb bleibenden

Belebungsbecken hydraulisch und in ihrer

verfahrenstechnischen Auslegung so be-

messen werden, dass der gesamte Zufluss

in den in Betrieb bleibenden Belebungs-

becken aufgenommen werden kann.

Ist die Sicherstellung der vollen Durch-

satz- und Reinigungsleistung verhält-

nismässig im Sinne der Vollzugshilfe

BAFU 2014? Geht diese Forderung

über die Interpretation des Art. 16

GSchV in der Vollzugshilfe BAFU hin-

aus?

➔ Abschnitt 3.2

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11 Umsetzung der Vorgaben

3 UMSETZUNG DER VORGABEN

3.1 Anforderungen bei ausserordentlichen Ereignissen – geplant und ungeplant

Für geplante Ereignisse sind die Vorgaben aus der Vollzugshilfe des BAFU unmissverständlich. Die Anforde-

rungen aus der Einleitbewilligung sind vollständig zu erfüllen. Bei ungeplanten Ereignissen sind die Vorga-

ben etwas weicher: Es ist mit Massnahmen dafür zu sorgen, dass die Reinigungsleistung möglichst hoch ist.

Dabei kann die Behörde nach Beurteilung des Risikos einer Gewässerverunreinigung zusätzliche Massnah-

men anordnen.

Geplante Ereignisse Ungeplante Ereignisse

Vorgaben Voll-

zugshilfe

Die Anforderungen gemäss Einleitbewilli-

gung sind immer einzuhalten.

Die Anforderungen gemäss Einleitbewilli-

gung sind möglichst einzuhalten.

Die Anforderungen an die Wasserqualität

aus der GSchV sind jederzeit einzuhalten

(gilt im Gewässer für Q347).

Auswirkung Einhaltung der Anforderungen an die

Wasserqualität im Gewässer (Anhang 2

GSchV).

Möglicherweise Anforderungen der Ein-

leitbewilligung nicht eingehalten.

Die Anforderungen an die Wasserqualität

im Gewässer werden eingehalten. Anhang

2 Ziff. 11 Abs. 3 GSchV sieht Ausnahmen

für seltene Niederwasserereignisse oder

Hochwasserspitzen vor.

3.2 Zu behandelnde Abwassermenge bei ausserordentlichen Ereignissen

Die EN-Norm gibt vor, dass sämtliches Abwasser auch in ausserordentlichen Ereignissen behandelt werden

soll. Im Gegensatz dazu verlangt die Vollzugshilfe, dass die Reinigungsleistung möglichst hoch sein soll. In

der Praxis zeigt sich, dass die Forderung der EN-Norm kaum umsetzbar ist. In der Bewilligungspraxis hat

sich der Ansatz als pragmatisch erwiesen, bei Ausserbetriebnahmen 100 % von Qmax, ARA über die mechani-

sche Reinigungsstufe und mindestens 75 % von Qmax, ARA über die nachfolgenden Verfahrensstufen zu füh-

ren.

Nachfolgend wird dieser Ansatz überprüft.

Mechanische Reinigungsstufe

Die mechanische Behandlung des gesamten Abwassers (100% von Qmax, ARA) soll verhindern, dass Feststoffe

während Regenwetterverhältnissen ins Gewässer gelangen und es so zu Verunreinigungen von Gewässer,

Ufer und Vegetation kommt.

Biologische Reinigungsstufe

Eine Reduktion der maximal zu behandelnden Abwassermenge führt zu zusätzlichen Entlastungen von un-

gereinigtem Abwasser bei Regenereignissen. Um die volle Durchsatzleistung auch bei Ausserbetriebnahme

einer Strasse zu gewährleisten (Anforderung EN 12255, Teil 6), wäre das Vorhalten einer Reservestrasse

oder der entsprechenden Kapazität notwendig. Hier stellt sich nun die Frage der Verhältnismässigkeit.

Nimmt man bei einer vierstrassigen (n = 4) Anlage eine Strasse ausser Betrieb, können immer noch 75 %

der maximalen Abwassermenge in den verbleibenden Strassen (n-1) behandelt werden. Auf die behandelte

Abwasserfracht hat dies sehr geringe Auswirkungen, was untenstehende Abbildung zeigt (Simulation un-

terschiedlicher behandelter Abwassermengen von 4 ARA, Annahme 90 % Elimination eines gelösten Stof-

fes).

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Umsetzung der Vorgaben 12

Abbildung 2: Simulation der Frachtreduktion NH4 in Abhängigkeit der maximal behandelten Abwasser-menge.

Betrachten wir die Auswirkungen der geringer behandelten Abwassermenge und die Auswirkung auf die

Qualität im Gewässer. Es muss geprüft werden, ob die zusätzlichen Entlastungen während Regenwetter-

verhältnissen zu kritischen Verhältnissen im Gewässer führen. Die Praxis zeigt, dass der Richtwert für die

Behandlung von 75 % von Qmax, ARA zwar im Widerspruch der EN 12255-Norm steht, jedoch bei genügender

Verdünnung eine verhältnismässige Massnahme im Vergleich zur Mehrbelastung des Gewässers ist. Im Ein-

zelfall, insbesondere bei schlechten Verdünnungsverhältnissen und / oder Vorbelastung des Gewässers, i st

die Situation genauer zu prüfen.

Zusätzlich kann bei Reduktion von Qmax sichergestellt werden, dass durch die Einhaltung folgender Grunds-

ätze eine Gewässerverunreinigung verhindert wird:

• Keine Entlastung von Rohabwasser oder mechanisch gereinigtem Abwasser bei Trockenwetter-

verhältnissen (Berücksichtigung der Tagesspitzen).

• Keine Zwischenentlastung nach dem Vorklärbecken (Ausstoss Frachtspitzen, Überschussschlamm)

• Keine Entlastung von Rückläufen, wie Faulwasser, Überschussschlamm

• Verlegung geplanter Ereignissen auf Trockenwetterperioden

Grundsatz

Bei ausserordentlichen Ereignissen, welche Anlageteile der mechanischen Reinigungsstufe betreffen, sind

100 % von Qmax, ARA über die Anlage zu führen.

Bei ausserordentlichen Ereignissen, welche nachfolgende Anlageteile (biologische Stufe, Filtration, …) be-

treffen, sind 75 % von Qmax, ARA über die Anlage zu führen.

Abweichungen davon sind für den Einzelfall zu plausibilisieren und mit Kosten-Nutzen-Überlegungen zu

argumentieren.

3.3 Geeignete und wirtschaftlich tragbare Massnahmen

Die Inhaber von ARA sind verpflichtet, zur Verminderung des Risikos einer Gewässerverunreinigung durch

ausserordentliche Ereignisse die geeigneten und wirtschaftlich tragbaren Massnahmen zu treffen.

Massnahmen sind geeignet, wenn deren Anwendung oder Implementierung die gewünschte Wirkung hat.

Wirtschaftlich tragbare Massnahmen zeichnen sich dadurch aus, dass deren Anwendung oder Implemen-

tierung die Gesamtkosten der ARA (Betriebskosten und Abschreibung der Investitionen) unwesentlich be-

einflussen. Dies hat eine stark subjektive Komponente. Im Nachfolgenden wird eine Abschätzung der wirt-

schaftlichen Tragbarkeit hergeleitet. Diese soll im Einzelfall eine Richtschnur geben.

0.7

5 Q

ma

x, A

RA

Qm

ax,

AR

A

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13 Umsetzung der Vorgaben

In der Schweiz kostet die Abwasserentsorgung im Mittel Fr. 200.- pro angeschlossenem Einwohnerwert

(EW) und Jahr. Dies beinhaltet die Ableitung, Reinigung, Schlammbehandlung und Entsorgung gemäss «Kos-

ten und Leistungen der Abwasserentsorgung», VSA und KI, 2011, und umfasst Betrieb und Abschreibungen

(Jahreskosten).

Untenstehende Tabelle enthält eine grobe Abschätzung, welche Zusatzkosten für Massnahmen zur Erhö-

hung der Funktionssicherheit tragbar sind.

Auswirkung der Massnahme

Erhöhung der Gesamtkosten der Ab-

wasserentsorgung um weniger als 2 %

Tragbar

Erhöhung der Gesamtkosten der Ab-

wasserentsorgung um 2 –5 %

Näher zu prüfen

Erhöhung der Gesamtkosten der Ab-

wasserentsorgung um mehr als 5 %

Umsetzung fraglich

Die Grenzen, ab denen eine Massnahme als finanziell tragbar oder nicht tragbar beurteilt wird, mögen mit

2 – 5 % tief erscheinen. Die daraus resultierenden Zusatzkosten bewegen sich für eine ARA mit 10'000 EW

zwischen 40'000 und 100'000 Fr. pro Jahr!

Für die wirtschaftliche Tragbarkeit ist der Nutzen der Massnahme ein weiteres Kriterium, welches in der

Planung berücksichtigt werden muss. Ein wichtiger Aspekt des Nutzens sind die Folgen einer Gewässerver-

unreinigung und der einhergehende Imageverlust für den Verursacher, wenn die Massnahmen zur Sicher-

stellung der Funktionssicherheit nicht ausgeführt werden.

Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, bei Vorliegen mehrerer Möglichkeiten eine Priorisierung nach folgender

Abstufung vorzunehmen:

Erhöhung

Jahreskosten Nu

tze

n d

er

Ma

ssn

ah

me

Ho

ch

Mit

tel

Tie

f

< 2 % 1 1 2

2 – 5 % 1 2 3

> 5 % 2 3 3

Angewandte Beispiele finden sich in Anhang 6.1.

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Sicherstellung der Funktionssicherheit 14

4 SICHERSTELLUNG DER FUNKTIONSSICHERHEIT

4.1 Funktionssichere Verfahrenstechnik

4.1.1 Werkzeuge für die Erstellung der Funktionssicherheit

Tabelle 2: Werkzeuge für die Erstellung der Funktionssicherheit

Erläuterung

Redundante Ausführung Leistungserfüllung mit n-1 Einheiten. Im störungsfreien Normalbe-

trieb wird diese Zusatzeinheit nicht benötigt (kann aber in Betrieb

sein). Einheiten können Aggregate, Strassen, Anlageteile, Steuer-

leitungen, Informationen und Leistungsreserven sein.

Erhöhung der Leistungsreserven Durch vorgehaltene Massnahmen werden mögliche Engpunkte be-

seitigt. Beispielsweise Reinsauerstoff bei ungenügender Belüf-

tungskapazität, Vorfällung bei ungenügender Kapazität der biologi-

schen Stufe, Rücklaufwasserbehandlung. .

Lagerhaltung Die Lagerhaltung (funktionstüchtiger) Komponenten verkürzt die

Ausfallzeit deutlich (z.B. Dosierpumpen, Frequenzumformer). Ins-

besondere für ungeplante Ereignisse erforderlich.

Umfahrung Falls zeitweise auf die Funktion einer ausfallenden Einheit verzich-

tet werden kann (z.B. Rechen), muss dies die nachfolgende Einheit

verarbeiten können.

Stapelvolumen Zur Überbrückung von (in der Regel kurzen) Ausfällen wird das Ab-

wasser gestapelt, bis der Prozess wieder zur Verfügung steht.

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15 Sicherstellung der Funktionssicherheit

4.1.2 Planungsvorgehen für ausserordentliche Ereignisse

Der Planer soll im Rahmen des Vorprojekts in Zusammenarbeit mit dem Bauherrn und den Vollzugsbehör-

den Massnahmen für die Funktionssicherheit erarbeiten. Das Vorgehen beurteilt, wie bei Ausfällen von

Anlagestufen oder Aggregaten die geforderte Reinigungsleistung erreicht und die geforderte Abwasser-

menge behandelt werden kann. Eine phasengerechte Zusammenarbeit mit EMSRL – Planer und SPS/PLS-

Lieferanten ist empfehlenswert, damit die Funktionssicherheit bereits in früher Phase durchgängig defi-

niert werden kann.

Für die Planungsphase heisst dies (gemäss Schema in Abbildung 3):

1 Auslegung der ARA für Normalbetrieb mit Kapazitätsreserven für die Belastungsentwick-

lung

Massgebenden Lastfall im prognostizierten Ausbauzustand (Qmax, EW)

➔ Gesamtvolumen der Becken, Luftmengen, Volumenströme, elektrische Gesamt-

leistung, etc.

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2 Layout der ARA

➔ Anzahl paralleler Aggregate und Anlagenteile, Umfahrungen, Strassigkeit der Rei-

nigungsstufen, Erschliessung elektrisch und steuerungstechnisch.

➔ Rohrleitungs- und Instrumentierungsschema (R+I-Schema)

3 Auslegung ARA auf geplante Ereignisse: Auslegung jeder einzelnen Verfahrensstufe mit

Anzahl n-1 Einheiten, welche ausser Betrieb genommen werden müssen. Anhand des R+I-

Schemas wird systematisch untersucht, wie sich die Ausserbetriebnahme eines einzelnen

Aggregates, einer Strasse oder eines ganzen Anlagenteils auf die Einleitungsbedingungen

auswirkt2. Für geplante Ereignisse werden Lastfälle gewählt, die zeitlich und betrieblich ge-

eignet festgelegt werden können (niedrige Belastungsphasen, hohe Abwassertemperatu-

ren, etc.).

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kti

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ssic

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RA

für

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pla

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43 Prüfung auf Einhaltung der Einleitbewilligung: Können die Anforderungen der Einleitbe-

willigung mit n-1 Einheiten für definierte Lastfälle nicht eingehalten werden, ist

• mit betrieblichen Massnahmen wie Lagerhaltung von Ersatzaggregaten, Vorfällung,

Frachtausgleich, etc. die Auslegung erneut durchzuführen und zu entscheiden, ob die

Einleitbewilligungen eingehalten werden können. Ist dies nicht der Fall, so ist

• das Layout der ARA (Anzahl paralleler Aggregate, Anlagenteile und Strassen) so anzu-

passen, dass eine erneute Auslegung die Einleitbewilligungen einhält. Ist dies nicht

der Fall, so ist

• die Auslegung der ARA (Gesamtvolumen, Luftmengen, etc.) so anzupassen, dass eine

erneute Auslegung die Einleitbewilligungen erfüllt.

5 Auslegung ARA auf ungeplante Ereignisse: Auslegung jeder einzelnen Verfahrensstufe mit

Anzahl n-1 Einheiten, welche ausfallen können. Anhand des R+I-Schemas wird systematisch

untersucht, wie sich die Ausserbetriebnahme eines einzelnen Aggregates, einer Strasse o-

der eines ganzen Anlagenteils auf den Betrieb der ARA bezüglich Anforderungen im Gewäs-

ser auswirkt. Für ungeplante Ereignisse ist von Lastfällen auszugehen, die jederzeit im Rah-

men des normalen Belastungsprofils der ARA auftreten können.

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ign

isse

6 Prüfung auf Einhaltung der Anforderungen im Gewässer : Können die Anforderungen im

Gewässer mit n-1 Einheiten für definierte Lastfälle nicht eingehalten werden, ist

• mit betrieblichen Massnahmen wie Lagerhaltung von Ersatzaggregaten, Vorfällung,

Frachtausgleich, etc. die Auslegung erneut durchzuführen und zu entscheiden, ob die

Einleitbewilligungen eingehalten werden können. Ist dies nicht der Fall, so ist

• das Layout der ARA (Anzahl paralleler Aggregate, Anlagenteile und Strassen) so anzu-

passen, dass eine erneute Auslegung die Einleitbewilligungen einhält. Ist dies nicht

der Fall, so ist die Auslegung der ARA (Gesamtvolumen, Luftmengen, etc.) so anzupas-

sen, dass eine erneute Auslegung die Einleitbewilligungen erfüllt.

2 Dabei ist zu beachten, wie lange die Ausserbetriebnahmen dauern. Zudem ist darauf zu achten, dass Bestandteile, welche nicht auf

dem R+I-Schema aufgeführt sind, nicht vergessen gehen. Dabei handelt es sich erfahrungsgemäss um Betonkonstruktionen (bei Beto-

ninstandstellungsarbeiten in Kanälen und Becken), Energieversorgung, EMSRL-Komponenten, Druckluft (Ventilsteuerung), etc. 3 Die Priorisierung der Massnahmen «betriebliche Massnahmen» -> «Anpassung Layout» -> «Anpassung Dimensionierung» erfolgt aus

wirtschaftlichen Überlegungen.

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Sicherstellung der Funktionssicherheit 16

Besonders zu beachten:

Geplante Ereignisse Ungeplante Ereignisse

Kombinationen von geplanten Ereignissen, bei-

spielsweise gleichzeitige Ausserbetriebnahme je ei-

ner Strasse der Vorklärung und der biologischen

Stufe sind genauer zu prüfen

Kombinationen von ungeplanten Ereignissen, bei-

spielsweise gleichzeitiger Ausfall von redundant

ausgeführten Aggregaten soll mit fachgerechtem

Betrieb der ARA (Wartung und Unterhalt) verhin-

dert werden

Kombinationen von geplanten Ereignissen, bei-

spielsweise gleichzeitige Ausserbetriebnahme einer

Strasse der biologischen Stufe und eines Gebläses

kann nach Prüfung sinnvoll und zeitsparend sein

(bei engem Zeitfenster für die Durchführung)

Es ist zu beachten, dass der Ausfall der einen Ein-

heit nicht kausal den Ausfall der verbleibenden Ein-

heit(en) bewirkt (Kettenreaktion)

Massnahmen sind gemäss Vorgehen für geeignete und wirtschaftlich tragbare sowie für verhältnismäs-

sige Massnahmen zu prüfen und auszuwählen -> Variantenvergleiche und -studien (siehe Kapitel 6.1)

Die Erkenntnisse aus der Planungsphase sind fest-

zuhalten und die Massnahmen in einem Ausserbe-

triebnahmekonzept zu dokumentieren

Die Erkenntnisse aus der Planungsphase sind fest-

zuhalten und die Massnahmen in einem Notfall-

konzept zu dokumentieren

Abbildung 3: Vorgehensprinzip für die Planung einer funktionssicheren ARA für ausserordentliche Ereig-nisse.

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17 Sicherstellung der Funktionssicherheit

4.2 Funktionssichere EMSRLTechnik

Die EMSRL-Einrichtungen sind so zu planen, dass möglichst hohe Lebenszyklen erreicht werden, ohne damit

Kompromisse bei der Anlagensicherheit, -verfügbarkeit und -zuverlässigkeit einzugehen. Nebst den Anfor-

derungen, welche sich aus der elektromechanischen Bestückung der Anlage ergeben, sollen bei der Konzi-

pierung der EMSRL-Einrichtungen und deren Funktionsweise folgende Ziele zur Erhöhung der Funktionssi-

cherheit der Gesamtanlage erreicht werden:

• Möglichst hohe Funktionssicherheit der Anlage bei Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten

(VT & EMSRL)

• Bestmögliche Anordnung der Energieversorgung und -verteilung innerhalb der Anlage

• Sicherstellen der Funktionssicherheit von Anlagen- bzw. Anlagenteilen, wie z.B. bei Netzausfall,

Ausfall des Automatisierungs- und Prozessleitsystems, Ausfall von Regel- oder Steuersignalen

• Anforderungen aus der Verfahrenstechnik, wie z.B. Redundanzen oder unabhängige Prozessein-

heiten auch in der EMSRL-Technik umsetzen

• Vorausschau bezüglich zukünftiger Ablösung der EMSRL-Einrichtungen (Platzbedarf, Reserven, Di-

mensionierung usw.)

4.2.1 Werkzeuge für die Erstellung der Funktionssicherheit

Tabelle 3: Werkzeuge für die Erstellung der EMSRL Funktionssicherheit

Erläuterung

Redundante Ausführung Leistungserfüllung mit n-1 Einheiten. Im störungsfreien Normalbe-

trieb wird diese Zusatzeinheit nicht (unbedingt) benötigt. Einhei-

ten können beispielsweise Server, Steuer- oder Bedieneinheiten,

Sicherungen oder Messgeräte sein.

Lagerhaltung Die Lagerhaltung (funktionstüchtiger) Komponenten verkürzt die

Ausfallzeit deutlich. Ein möglichst einheitlicher Aufbau der EMSRL-

Komponenten reduziert den Ersatzteilbedarf.

Alternativgrössen/Ausfallstrate-

gien

Beim Ausfall einer Komponente kann diese durch eine Alternativ-

grösse/ ein Alternativsystem(u.U. mit gewissen Einbussen) aufge-

fangen werden. Beispiele dafür sind Steuerungen, alternative Mes-

sungen, Vor-Ort-Bedienstellen, etc.

4.2.2 Planungsvorgehen für den Aufbau einer funktionssicheren EMSRL-Technik

Als Basis für die Konzeption der EMSRL-Technik ist als erste Planungsphase eine Anforderungsspezifikation

zu erstellen. In dieser Konzeptphase sind verschiedene Ausführungsvarianten zu überlegen. Das Konzept

hat folgende Elemente in Bezug auf die Funktionssicherheit zu berücksichtigen:

• Anordnung der Steuerungen, Energieversorgung und -verteilung innerhalb der künftigen Anlage

oder Anlagenteile

• Automatisierungskonzept (Betriebszustände, Automatisierungsebenen, Handbedienung, … ),

siehe Kapitel 4.2.3

• Wahl der EMSRL-Komponenten

• anzupeilende Anlageverfügbarkeit

• sicherheitstechnische Anforderungen (Hochwasser, Potentialausgleich, EMV, Ex-Schutz, Über-

spannungsschutz, Personenschutz, Schutz der Anlagen gegen Cyberangriffe usw.)

• Normen und Vorschriften

Erforderliche Basisdokumente:

• Entwurf eines Rohrleitungs- und Instrumentierungsschemas (R+I-Schema)

• Angaben zu speziellen Anforderungen seitens der Verfahrenstechnik

• Anlagenlayout

• bauliche Rahmenbedingungen

• elektrische Leistungsgrössen der künftigen Maschinen und Anlage

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Sicherstellung der Funktionssicherheit 18

4.2.3 Automatisierungskonzept

Im Automatisierungskonzept wird festgelegt

- wie soll die Anlage in den verschiedenen denkbaren Betriebszuständen funktionieren

- wie erfolgt die Prozessbedienung auf den verschiedenen Automatisierungsebenen

- welche Auswirkungen haben anlagenspezifische Anforderungen auf das Automatisierungssystem

- welche Massnahmen sind bei Betriebsstörungen bzw. Grenzwertüberschreitungen notwendig

In diese Überlegungen fliessen zahlreiche, anlagenspezifische und organisatorische Anfor derungen und da-

mit die Anforderungen an den notwendigen Automatisierungsgrad und die Redundanz der Automatisie-

rungstechnik ein.

Folgende möglichen Betriebszustände sollten untersucht sowie Antworten unter anderem auf folgende

Fragen gefunden werden (wie funktioniert das System bei…):

• Normalbetrieb, kompletter Automatikbetrieb

• Normalbetrieb mit Handeingriff über das Prozessleitsystem

• Ausfall der Prozessleitsystems mit ungestörtem Betrieb der unterlagerten Systeme (SPS)

• Ausfall eines oder mehreren unterlagerten Systeme bei intaktem Prozessleitsystem

• Ausfall des gesamten Automatisierungs- und Prozessleitsystems

• Betrieb über eine oder mehrere Hand-Steuerebenen unabhängig vom Automatisierungs-

und Prozessleitsystem

• NOT-AUS-Abschaltung

• Netzausfall, Ausfall Hilfsenergieversorgungen (vergleiche Kapitel 4.3)

• Sicherheitstechnische Einflüsse wie z.B. Ex-Schutz, Brandschutz, Unfälle, Einflüsse Abwas-

sernetz

4.3 Funktionssicherheit bei Stromausfall

Stromausfälle können extern oder intern verursacht werden (Abbildung 1) und die ganze ARA oder Teile

davon betreffen.

Wurde bei den weiter oben behandelten ungeplanten Ereignissen davon ausgegangen, dass nur jeweils

eine Einheit einer Verfahrensstufe ausfallen wird, stehen bei einem Stromausfall ohne entsprechende Mas-

snahmen fast sämtliche Prozesse sofort still, mit Ausnahme von Sedimentation, Vergärungsprozess sowie

Abwasserdurchfluss im freien Gefälle. Es handelt sich dabei um Ereignisse mit unbestimmter Dauer mit

massiv eingeschränkter Leistung und hohem Schadenpotenzial.

4.3.1 Werkzeuge bei Stromausfall

Tabelle 4: Werkzeuge bei Stromausfall

Erläuterung

Unterbrechungsfreie Strom-

versorgung (USV)

Alle sicherheitsrelevanten Elemente und die notwendigen Aggre-

gate für die Aufnahme des Notstrombetriebs werden von USV-An-

lagen mit Strom versorgt, so dass sie auch bei Stromausfall und

für die Aufnahme des Notstrombetriebs zur Verfügung stehen.

Dies sind:

- Notbeleuchtung, Versorgung durch eigene Batterien

- Kommunikationseinrichtungen inkl. Alarmierungseinrich-

tungen

- Brandmeldezentralen, Versorgung durch eigene Batterien

- Alle Komponenten, welche für die Prozesssteuerung, -re-

gelung und -visualisierung erforderlich sind, wie:

- SPS und PLS Infrastruktur

- Messtechnik (Transparenz und Rückverfolgbarkeit was

vor und während dem Notstrombetrieb geschah)

- Alle Komponenten, welche für den Start des Ersatzstrom-

aggregates erforderlich sind, wie z.B. die Versorgung eines

BHKWs mit Gas (Hauptgasventil, Gasdruckerhöhung, etc.)

- Gasmelder, Überflutungssonden

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19 Sicherstellung der Funktionssicherheit

Ersatzstrom Die Ersatzstromversorgung stellt die Stromversorgung für ausge-

wählte Verbraucher oder Anlagenteile bei Ausfall der allgemeinen

Stromversorgung sicher. Die Umschaltung erfolgt von Hand oder

auch automatisch. Die Ersatzstromproduktion wir sichergestellt

durch:

- Fest installierte oder mobile Notstromgruppe mit Diesel-

motor

- Stromproduktion mit BHKW mit eigenen Gasreserven oder

mittels Erdgasanschluss

Mehrere Einspeisepunkte Bei gewissen Anlagenteilen empfiehlt sich, einen separaten An-

schluss zur Einspeisung eines mobilen Ersatzstromaggregates vor-

zusehen. Damit kann die Stromversorgung des betroffenen Anla-

genteils lokal, getrennt und somit unabhängig der zentralen Ersatz-

stromversorgung sichergestellt werden.

Abwasserrückhalt Zur Überbrückung von Unterbrechungen (8 – 12 h)

4.3.2 Planungsvorgehen

Stromausfalldauer

Aus den Berichten der ElCom zum Thema "Stromversorgungsqualität" geht hervor, dass zwischen 2010 und

2017 die jährliche Stromausfalldauer im schweizerischen Durchschnitt sich zwischen 17 und 29 Min. be-

wegte. Wobei einzelne Netzversorger im Jahre 2017 bis zu ca. 240 Min. dauernde ungeplante Unterbre-

chungen ausweisen. Eine Prognose über Häufigkeit und Dauer zukünftiger Stromausfälle ist kaum möglich.

Aufgrund von internationalen Schwankungen im Netz stehen Szenarien mit Stromausfällen von 24 – 72 h

(Blackouts) zur Diskussion. In diesen Fällen dürfte der Betrieb der ARA bei der Vergabe von mobilen Ersatz-

stromaggregaten eine tiefere Priorität haben als z.B. Spitäler oder die Trinkwasserversorgung. Längerfris-

tige Blackouts sind eine Notlage und werden in diesem Leitfaden ausgeklammert.

Es wird vorgeschlagen, Massnahmen vorzusehen, um einen Stromausfall von 8 - 12 h zu überbrücken.

Während dieser Zeit soll eine Gewässerverunreinigung durch Entlastungen von ungereinigtem oder Einlei-

tung von ungenügend gereinigtem Abwasser verhindert werden.

Für die die Planung eines ARA-Betriebs bei Stromausfall hat sich folgendes Vorgehen bewährt (gemäss

Schema Abbildung 4):

1. Prüfung der Anlageteile auf die Folgen eines Stromausfalls, dem Abwasserlauf folgend (Hebe-

werk -> mechanische Reinigung -> biologische Reinigung -> Nachklärbecken -> MV-Stufe -> Filt-

rationsstufe). Anhand des R+I-Schemas wird systematisch untersucht, wie sich der Stromausfall

unter der Berücksichtigung des Ausfallzeitpunktes und der Dauer auf den Betrieb der ARA be-

züglich Anforderungen im Gewässer auswirkt. Es ist darauf zu achten, dass Hilfssysteme wie

Druckluft, Brauchwasser, HLKS- und EMSRL-Komponenten nicht vergessen gehen.

2. Ist das Risiko einer Gewässerverunreinigung während oder nach der Dauer eines Stromausfalles

nicht tragbar, ist mit zusätzlichen Massnahmen erneut die Auswirkungen des Stromausfalls auf

das Gewässer zu prüfen. Die Auswirkungen im Gewässer können gemäss Kapitel 6.2 beurteilt

werden.

Für Stromausfall besonders zu beachten:

• Personenschutz hat höchste Priorität gefolgt von Anlagen- und Gewässerschutz

• Möglicher Rückstau auf der ARA und in der Kanalisation und Überflutungen auf dem ARA-Ge-

lände und im Einzugsgebiet (Keller)

• Die «Reaktionszeit» bis Ersatzstrom zur Verfügung stehen muss, ist vorgängig zu ermitteln. Sie

wird durch das im Netz und auf der ARA vorhandene Volumen, in dem Rohabwasser gestapelt /

bewirtschaftet werden kann, definiert. Beispiel siehe Kapitel 6.4 Abschätzung Reaktionszeiten

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Sicherstellung der Funktionssicherheit 20

Abbildung 4: Vorgehensprinzip für die Planung einer funktionssicheren ARA bei Stromausfall.

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21 Bewährte Praxis

5 BEWÄHRTE PRAXIS

5.1 Methodik

Die ARA Grössen werden eingeteilt in:

Kleine ARA < 5'000 EW

Mittlere ARA ≥ 5'000 – 50'000 EW

Grosse ARA > 50'000 EW

Die unmittelbare Relevanz der Anlageteile bzw. Reinigungsstufe bezüglich Ablaufqualität und damit das

Risiko für eine Gewässerverunreinigung wird eingeteilt in:

1. hohe Relevanz

2. mittlere Relevanz

3. geringe Relevanz

5.2 Empfehlung zur redundanten Ausführung von Verfahrenseinheiten

In Funktion der Dimensionierungsgrösse und Relevanz auf die Reinigungsleistung wird eine Mindestanzahl

von Aggregaten /Anlageteilen / Strassen zur Erhöhung der Funktionssicherheit der ARA vorgeschlagen. Die

kritische Ausfalldauer beschreibt den Zeitraum, in dem noch keine signifikante Auswirkungen auf die Leis-

tung der nachfolgenden Verfahrensstufen zu erwarten ist. Lokale Gegebenheiten können zu Abweichungen

von diesem Vorschlag führen.

Detailliertere Angaben in den nachfolgenden Abschnitten 5.3 bis 5.12.

Tabelle 5: Zusammenfassende Angaben zur bewährten Praxis bezüglich Verfahrensstufen.

Relevanz Anzahl Einheiten Kritische Ausfalldauer

klein mittel gross

Hebewerke 1 ≥ 2 ≥ 3 ≥ 4 Abhängig von Rückhaltemöglichkeiten in Netz und

auf ARA

Rechen 1 - 2 ≥ 1 ≥ 1 ≥ 2 2 Tage bei Belebtschlammverfahren und SBR

24 Stunden bei Festbettverfahren, Membranbiolo-

gie, Hybridwirbelbett

Sandfang / Fettfang 3 ≥ 1 ≥ 1 ≥ 2 1 Woche

Vorklärbecken 2 ≥ 2 ≥ 2 ≥ 2 1 Tag Primärschlammpumpe

3 Tage Vorklärbecken

Prozessluftaggregate 1 ≥ 3 ≥ 4 ≥ 6 Abhängig von Rückhaltemöglichkeiten in Netz und

auf ARA

Belebtschlammverfahren

(Hybrid-) Wirbelbett

1 ≥ 2 ≥ 4 ≥ 4 Abhängig von Rückhaltemöglichkeiten in Netz und

auf ARA

Saugräumer: 6 Stunden

Kettenräumer: < 24 Stunden

SBR 1 ≥ 2 ≥ 3 ≥ 4 Abhängig von Vorlage und Abwasseranteil

Membranbiologie (MBR) 1 ≥ 2 ≥ 4 ≥ 4 Für kleine ARA: < 6 Stunden für eine Strasse

Ab 4 Strassen: Funktionssicherheit gegeben (75%

Qmax)

Festbettanlage 1 - ≥ 4 ≥ 6 Abhängig von Rückhaltemöglichkeiten in Netz und

auf ARA

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Bewährte Praxis 22

5.3 Hebewerke

Relevanz: 1

Bei Ausfall oder Teilausfall des Rohwasserhebewerks kann abhängig vom Rückhaltevolumen

(RB oder Speicherkanal) eine direkte Entlastung von ungereinigtem Abwasser ins Gewässer o-

der ein Rückstau bis in Liegenschaften erfolgen.

Bei Ausfall oder Teilausfall eines Zwischenhebewerks erfolgt ein Rückstau oder eine Zwischen-

entlastung von teilgereinigtem Abwasser ins Gewässer, sofern das Abwasser nicht zwischenge-

stapelt werden kann.

Funktionssicherheit

Sicherstellung, dass Qmax jederzeit gefördert werden kann

-> redundante Ausführung

Empfehlung Anzahl Einheiten

klein ≥ 2

mittel ≥ 3

gross ≥ 4

Kritische Ausfalldauer

Das Hebewerk darf in der beschriebenen Funktion nicht über einen längeren Zeitraum ausfal-

len. Die maximale Ausfalldauer wird durch mögliche Rückhaltemassnahmen im Netz und in Be-

cken auf der ARA (RKB, Havariebecken im freien Zufluss) bestimmt.

Teilausfälle werden durch die redundante Ausführung der Pumpen abgedeckt.

Bewährte Praxis bezüglich Verfahrenstechnik

Schneckenhebewerke sind robust, weisen aber einen grösseren Platzbedarf auf.

Pumpenhebewerke sind durch einen vorgeschalteten Stein / Kiesfang oder ausreichend gros-

sen Pumpensumpf zu schützen. Die Pumpenleistung (Stromaufnahme / m3) sollte im PLS über-

wacht werden, um einen Hinweis auf Veränderungen der Pumpenleistung zu erhalten.

Jede Pumpe muss einzeln so absperrbar sein, dass die anderen Pumpen des Hebewerks weiter

betrieben werden können.

Klein(st)-ARA, deren Abwasseranfall mit Saugwagen abgeführt werden kann, können von den

Anforderungen abweichen.

Bewährte Praxis bezüglich EMSRL

SPS-unabhängiges, automatisches und stufenweise Einschalten der Pumpen bei Niveau «hoch»

oder bei einem Ausfall der Steuerung bzw. Ausfall der I/O Ebene

Aggregate mit SPS-unabhängigen Notbedienelementen (Handschalter) ausrüsten

Damit kann während eines Störfalls der übergeordneten Systeme das ARA-Servicepersonal die

Aggregate von Hand bedienen und den Prozess solange wie notwendig aufrechterhalten.

Strommessungen der Pumpen auf Prozessleitsystem, um frühzeitigen Verschleiss, Defekt usw.

zu erkennen.

Zweite Einspeisung für Ersatzstromaggregat vorsehen oder prüfen.

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23 Bewährte Praxis

5.4 Rechen

Relevanz: 2

2 Allgemein:

- Kein direkter Einfluss auf die Qualität des gereinigten Abwassers und die Reinigungsleis-

tung.

- Ein Ausfall darf nicht zur Entlastung von ungereinigtem Abwasser führen (Rückstau)

- Längere Ausfälle können zu Betriebsproblemen bei Verfahrenseinheiten, Aggregaten

und Anlagenteilen führen wie: Pumpen zur Primär-, Frisch- und Rücklaufschlammförde-

rung, Festbett-, MBR- und (Hybrid-) Wirbelbettanlagen.

Funktionssicherheit

Bei Belebtschlammverfahren und SBR

Sicherstellung, dass Qmax immer weitergeführt wird

-> Ausführung mit Umfahrung

Bei Festbettanlagen, MBR und (Hybrid-) Wirbelbettanlagen:

Sicherstellung, dass Qmax immer behandelt wird

-> redundante Ausführung

Empfehlung Anzahl Einheiten

Belebtschlammverfahren und SBR

klein ≥ 1

mittel ≥ 1

gross ≥ 2

Festbettverfahren, Membranbiologie, Hybridwirbelbett

klein ≥ 2

mittel ≥ 2

gross ≥ 2

Kritische Ausfalldauer

2 Tage Belebtschlammverfahren und SBR

24 h Festbettanlagen, MBR und (Hybrid-) Wirbelbettanlagen

Bewährte Praxis bezüglich Verfahrenstechnik

(Hybrid-) Wirbelbett-, Festbett- und Membrananlagen brauchen i.d.R. einen Feinrechen.

Auf ARA mit 3 Rechen soll bei Ausfall eines Rechens Qmax über die anderen beiden Rechen geführt

werden können.

Zur Vermeidung von witterungsbedingten Betriebsstörungen sind Rechenanlagen vorzugsweise

einzuhausen.

Bewährte Praxis bezüglich EMSRL

In der Rechenanlage ist besonders auf die klimatischen Verhältnisse zu achten. Ein Nichtbeach-

ten der klimatischen Verhältnisse des Aufstellungsortes eines Schalt - und Steuerschrankes füh-

ren zu:

- Korrodierte Kontakte

- SPS-Störungen infolge Korrosion innerhalb der SPS (Rückwandbus)

- Verkürzte Lebensdauer

- Unzuverlässige Steuerung respektive fehlende Verlässlichkeit

- Brandgefahr

Eine Notbedienung Vorort jedes Rechens unabhängig der SPS Steuerung (Rechenanlage) ist in

jedem Fall zu gewährleisten. Bei komplexeren Rechenanlagen (z.B. Rechen mit Harken) kann

als Alternative zur «Hardwaresteuerung» die Funktion auch durch kleine unabhängige SPS-

Steuerungen je Rechen sichergestellt werden.

Zweite Einspeisung für Ersatzstromaggregat vorsehen oder prüfen.

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Bewährte Praxis 24

5.5 Sandfang / Fettfang

Relevanz: 3

Der Sandfang / Fettfang schützt insbesondere nachfolgende Pumpen vor Verschleiss und ver-

hindert, dass übermässig viel Sand in den Faultürmen akkumuliert. Auf die Reinigungsleis-

tung direkt hat die Funktion des Sandfangs keinen Einfluss. Fett, welches nicht über den Fett-

fang eliminiert wird, fällt an der Oberfläche des VKB an und hat demzufolge einen geringen

Einfluss auf Reinigungsleistung und Ablaufqualität.

Funktionssicherheit

Sicherstellung, dass Qmax immer weitergeführt wird

-> Umfahrung

Empfehlung Anzahl Einheiten

klein ≥ 1

mittel ≥ 1

gross ≥ 2

Kritische Ausfalldauer

1 Woche

Bewährte Praxis bezüglich Verfahrenstechnik

Bei einem hydraulisch durchflossenen Sand- / Fettfang ohne Lufteintrag und Sandräumung ku-

muliert organische Substanz im sich weiterhin absetzenden Sand. Dies beeinflusst kurzfristig die

Funktion der nachfolgenden Stufen und die Ablaufqualität nicht.

Bewährte Praxis bezüglich EMSRL

Abhängig vom System sind die Räumer mit separaten, autonomen Steuerungen zu versehen

und in das übergeordnete Automatisierungssystem zu integrieren. Eine Hand – Notbedienung

ist für jeden Räumer separat zu gewährleisten.

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25 Bewährte Praxis

5.6 Vorklärung

Relevanz: 2

Das Vorklärbecken (VKB) hat eine indirekte Auswirkung auf die Ablaufqualität. Es dient als Ab-

setzbecken für Primär - & Überschussschlamm primär der Entlastung der biologischen Stufe.

Beim Ausfall der Vorklärung wird die biologische Stufe entsprechend höher belastet und ihre

Leistung wird bei resultierender Überlastung deutlich reduziert. Beim kompletten Ausfall der

Vorklärung steigt die organische Belastung der biologischen Stufe um ca. 50 %. Damit ist vor

allem eine stabile Nitrifikation gefährdet. Bei Ausserbetriebnahmen der VKB ist die Mehrbelas-

tung der biologischen Stufe zu berücksichtigen. Die Absetzleistung der Vorklärung kann durch

eine Vorfällung in den in Betrieb verbleibenden VKB kompensiert werden.

Funktionssicherheit

Sicherstellung, dass Qmax jederzeit über die Vorklärung geführt wird.

-> redundante Ausführung, Umfahrung

Sicherstellung des Primärschlammabzugs

redundante Ausführung, Lagerhaltung Primärschlammpumpe

Empfehlung Anzahl Einheiten

klein ≥ 2

mittel ≥ 2

gross ≥ 2

Kritische Ausfalldauer

1 Tag Primärschlammabzug

3 Tage Räumer

Bewährte Praxis bezüglich Verfahrenstechnik

Beim Ausfall der Primärschlammpumpe sollte zeitnah (1 d) ein Reserveaggregat eingebaut wer-

den, um eine Versäuerung oder Gasentwicklung im Primärschlamm zu verhindern. Idealerweise

ist eine Reserveaggregat an Lager oder schnell verfügbar und die Pumpe trocken aufgestellt.

Bei einem Ausfall des Räumers lagert sich der Primärschlamm immer noch zumindest teilweise

im Schlammtrichter ab und kann abgezogen werden.

Bei parallelen Längsbecken Einzelräumer für jedes Becken vorsehen.

Witterungsbedingte Einflüsse (Wind, Frost) berücksichtigen.

Bewährte Praxis bezüglich EMSRL

Abhängig vom System sind die Räumer mit separaten, autonomen Steuerungen zu versehen

und in das übergeordnete Automatisierungssystem zu integrieren. Eine Hand – Notbedienung

ist für jeden Räumer separat zu gewährleisten.

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Bewährte Praxis 26

5.7 Prozessluftaggregate

Relevanz: 1

Eine ungenügender Lufteintrag in die Biologie hat direkten Einfluss auf die Ablaufqualität.

Neben den Aggregaten sind auch die Rohrleitungen und Eintragssystem zu berücksichtigen.

Funktionssicherheit

Der notwendige Sauerstoffeintrag in die Biologie für die Behandlung der gesamten Abwasser-

fracht ist sicherzustellen

-> redundante Ausführung, Lagerhaltung, Erhöhung der Leistungsreserven (Vorfällung, Rein-

sauerstoff), Stapelung (Rückläufe)

Empfehlung Anzahl Einheiten (Aggregate)

klein ≥ 3

mittel ≥ 4

gross ≥ 6

Kritische Ausfalldauer

Analog dem Betrieb der biologischen Stufe wird die maximale Ausfalldauer durch die Zeit-

spanne definiert, in der das Abwasser in Speichervolumen im Netz und auf der ARA (RKB, Hava-

riebecken) zurückgehalten werden kann. Zusätzlich kann noch max. 50 % des Biologievolumens

bei Abwassertemperaturen > 18°C (bei Abwassertemperaturen < 12°C verbleiben noch < 10 %)

als Retentionsvolumen eingerechnet werden.

Bewährte Praxis bezüglich Verfahrenstechnik

Eine ausreichend redundante Ausführung kann mit Kollektorlösungen, eingebauten Reserveag-

gregaten oder mit der 24 h Liefergarantie eines Ausrüsters geschaffen werden.

Bewährte Praxis bezüglich EMSRL

Aus Sicht der EMSRL Technik sind die Prozessluftaggregate in gewissen Fällen als eine separate

Verfahrensstufe zu betrachten. Generell ist der Lufteintrag in die Becken auch unabhängig der

Steuerung über eine manuelle Vorortbedienung zu gewährleisten

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27 Bewährte Praxis

5.8 Biologische Stufe: Belebtschlammverfahren (inkl. Hybrid-Wirbelbettverfahren)

Relevanz: 1

Der Ausfall der biologischen Stufe (Belebungs- und Nachklärbecken) hat eine unmittelbare und

massive Verschlechterung der Reinigungsleistung / Ablaufqualität zur Folge. In der biologi-

schen Stufe erfolgt die biologische Abwasserreinigung, im NKB der erforderliche Partikelrück-

halt und die Rückführung der Biomasse. Bei Ausfall der Stufe steigt die Sauerstoffzehrung, die

NH3 und GUS Konzentration im Gewässer an und damit u.a. das Risiko für ein Fischsterben.

Funktionssicherheit

Sicherstellung, dass mindestens 75% von Qmax jederzeit behandelt wird

-> redundante hydraulische Ausführung, Erhöhung der Leistungsreserven (Vorfällung, Rücklauf-

wassermanagement)

Empfehlung Anzahl Einheiten

klein ≥ 2 Strassen

mittel ≥ 4 Strassen

gross ≥ 4 Strassen

Kritische Ausfalldauer

Die kritische Ausfalldauer wird durch die Zeitspanne definiert, in der das Abwasser in Speicher-

volumen im Netz und auf der ARA (RB, Havariebecken) zurückgehalten werden kann. Zusätzlich

kann noch max. 50 % des Biologievolumens bei Abwassertemperaturen > 18°C (bei Abwasser-

temperaturen < 12°C verbleiben noch < 10 %) als Retentionsvolumen eingerechnet werden.

Bei Ausfall der NKB Räumer ist bei einem Saugräumer innert 6 h zu reagieren. Bei e inem Ket-

tenräumer in einem NKB mit stirnseitigem Schlammtrichter ist die Reaktionszeit grösser (24h).

Bewährte Praxis bezüglich Verfahrenstechnik

Besonders relevant sind der Lufteintrag, die hydraulische Kapazität der verbleibenden Strassen,

die Rücklaufschlammpumpen und bei querdurchströmten NKB die Saugräumer.

Rücklaufschlammpumpen müssen über eine Redundanz verfügen oder innerhalb der Reaktions-

zeit ohne Beckenleerung gewechselt werden können (Trockenaufstellung).

Auf kleinen Anlagen ist der Einsatz von Belüftern zu prüfen, die bei gefülltem Becken gewechselt

werden können.

Anlagen mit < 4 Strassen müssen hydraulisch so dimensioniert sein, dass 75 % von Qmax mit n-1

Strassen verarbeitet werden können. Da Arbeiten in der Biologie häufiger notwendig sind als in

den Nachklärbecken (NKB) soll bei Ausserbetriebnahme eines Biologiebeckens das korrespon-

dierende NKB weiterhin genutzt werden können um die hydraulische Kapazität der Anlage zu

gewährleisten (Auskreuzung der Strassen).

Je nach Anlagekapazität sind die Rückläufe aus der Schlammbehandlung zu stapeln oder extern

abzugeben.

Bei parallelen Längsbecken Einzelräumer für jedes Becken vorsehen.

Bei Wartungsarbeiten in der Zone mit Trägermaterial (Hybrid Wirbelbett) soll die «Verschie-

bung» der Träger in die vorgelagerte Zone möglich sein. Während der Wartungsarbeiten ist die

betroffene Strasse ausser Betrieb. Bei Wiederinbetriebnahme soll das Trägermaterial auf einfa-

che Weise wieder zurückgeführt werden können.

Bewährte Praxis bezüglich EMSRL

Redundanzen auf Verfahrensebene sollen auch in der EMSRL-Ebene abgebildet werden.

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Bewährte Praxis 28

5.9 SBR & Membrananlagen

Relevanz: 1

Beide Verfahren arbeiten mit Belebtschlamm. Es gelten die gleichen Überlegungen bezüglich

Relevanz wie in Abschnitt 5.8. Zusätzliche Aggregate, die zentral sind für die Funktion der Ver-

fahrensstufe und bei Ausfall nicht zu einer Gewässerverschmutzung führen dürfen:

SBR: die Dekantiervorrichtung und das Hebewerk ab Vorlage.

Membrananlage: Aggregate für den Filtratabzug und die nicht-chemische Membranrückspü-

lung.

Bei Ausfall der Stufe steigt die Sauerstoffzehrung, die NH3 und GUS Konzentration im Gewässer

an und damit u.a. das Risiko für ein Fischsterben.

Funktionssicherheit

Sicherstellung, dass mindestens 75% von Qmax jederzeit behandelt wird

-> redundante hydraulische Ausführung, Erhöhung der Leistungsreserven (Vorfällung, Rücklauf-

wassermanagement), Lagerhaltung (Membrangebläse, Permeatpumpen)

Empfehlung Anzahl Einheiten

SBR-Verfahren

klein ≥ 2 Reaktoren

mittel ≥ 3 Reaktoren

gross ≥ 4 Reaktoren

MBR

klein ≥ 2 Strassen

mittel ≥ 4 Strassen

gross ≥ 4 Strassen

Kritische Ausfalldauer

Die kritische Ausfalldauer wird durch die Zeitspanne definiert, in der das Abwasser in Speicher-

volumen im Netz und auf der ARA (Vorlagebehälter, RB, Havariebecken) zurückgehalten wer-

den kann.

Bewährte Praxis bezüglich Verfahrenstechnik

Die Verfahrensstufe NKB entfällt und wird ersetzt durch die Dekantiervorrichtung in den SBR und

die Membranen in der MBR-Anlage. Bei einem Ausfall dieser Anlageteile muss die hydraulische

Kapazität (0.75 von Qmax) mit n-1 Einheiten sichergestellt werden.

Die Vorlage beim SBR muss genügend gross dimensioniert werden, um den Betrieb bei Regen

oder im Lastfall n-1 zu gewährleisten.

Falls mehrere Membranmodule pro Membranstrasse im Einsatz sind, sollen diese Module für

Wartungsarbeiten einzeln abtrennbar sein, damit der Rest der Membranstrasse weiter in Betrieb

bleiben kann.

Bei kleinen Anlagen mit nur 2 Membranstrassen ist ein Gebläse für die Membranbelüftung und

eine Pumpe für den Permeatabzug an Lager zu halten.

Bei Ausfall des Permeatabzugs (z.B. durch Ausfall Strom, EMSRL, Rückspülung) ist sicherzustel-

len, dass die Biologiebecken nicht überlaufen.

Membrandurchbrüche können mit einer Trübungsmessung erkannt werden.

Bewährte Praxis bezüglich EMSRL

Redundanzen auf Verfahrensebene sollen auch in der EMSRL-Ebene abgebildet werden.

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29 Bewährte Praxis

5.10 Festbettanlagen

Relevanz: 1

Der Ausfall des Festbetts hat eine unmittelbare und massive Verschlechterung der Reinigungs-

leistung / Ablaufqualität zur Folge. Im Festbett erfolgt die biologische Abwasserreinigung durch

festsitzende Biomasse und der erforderliche Partikelrückhalt in der gleichen Verfahrenseinheit.

Bei Ausfall der Stufe steigt die Sauerstoffzehrung, die NH 3 und GUS Konzentration im Gewässer

an und damit u.a. das Risiko für ein Fischsterben.

Für Festbettanlagen sind i.d.R. ein Hebewerk im Zulauf sowie Pumpen für die tägliche Filter-

rückspülungen notwendig. Um den gleichzeitigen Ausfall mehrerer Zellen zu vermeiden weisen

Hebewerk und Rückspülpumpen eine sehr hohe Relevanz auf.

Funktionssicherheit

Sicherstellung, dass mindestens 75% von Qmax jederzeit behandelt wird

-> redundante hydraulische Ausführung, Erhöhung der Leistungsreserven (Rücklaufwasserma-

nagement), Lagerhaltung (Rückspülpumpen)

Empfehlung Anzahl Einheiten

klein In der Regel keine Festbettanlagen in dieser Grössenklasse

mittel ≥ 4 Zellen

gross ≥ 6 Zellen

Kritische Ausfalldauer

Die kritische Ausfalldauer wird durch die Zeitspanne definiert, in der das Abwasser in Speicher-

volumen im Netz und auf der ARA (RB, Havariebecken) zurückgehalten werden kann. Die Funk-

tionssicherheit erfolgt über die geforderte Anzahl Zellen. Das System ver fügt im Gegensatz zu

einer Belebtschlammanlage praktisch über kein Retentionsvolumen.

Bewährte Praxis bezüglich Verfahrenstechnik

Eine Vorfällung ist verfahrensbedingt bereits im Normalbetrieb nötig und entfällt somit als zu-

sätzliche Leistungsreserve.

Festbettanlagen sind aufgrund der Rückspülprozesse hydraulisch auf mehr als n Einheiten aus-

gelegt.

Bewährte Praxis bezüglich EMSRL

Redundanzen auf Verfahrensebene sollen auch in der EMSRL-Ebene abgebildet werden.

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Bewährte Praxis 30

5.11 Stromausfall

Relevanz: 1

Ohne Strom laufen nur folgende Prozesse ab: Durchfluss im freien Gefälle, Sedimentation und

Gärung in der Faulung. Ein Gesamtstromausfall hat damit im schlimmsten Fall eine direkte Ent-

lastung von Rohabwasser ins Gewässer zu Folge.

Funktionssicherheit

Sicherstellung, dass 100 % von Qmax die mechanische Reinigung durchfliesst (Hebewerke und

Rechen sind in Betrieb)

Entlastungen von Rohabwasser vermeiden

-> Stapelvolumen im Kanalnetz und auf dem ARA-Gelände, Ersatzstrom, USV

Kritische Ausfalldauer

Massnahmen für Stromausfall von 8 bis 12 Stunden vorsehen

Bewährte Praxis bezüglich Verfahrenstechnik

• Rückhaltemöglichkeiten im Netz und auf der ARA (Regen- und Havariebecken),deren Nut-

zung stromlos möglich sind.

• Bei warmen Abwassertemperaturen kann bis 50 % des Biologiebeckens als Puffer genutzt

werden. Bei kalten Abwassertemperaturen reduziert sich dieses Volumen auf < 10 %

• Idealerweise ist die ARA auch bei Stromausfall hydraulisch frei durchflossen. Alternativ sind

Hebewerke und die mechanische Reinigung mit Ersatzstrom zu betreiben.

• Die biologische Stufe ist je nach Vorflutersensibilität teilweise oder ganz zu betreiben (siehe

Kapitel 4.3.2, Auswirkungen auf das Gewässer).

Bewährte Praxis bezüglich EMSRL

Ein Ersatzstromaggregat hat i.d.R. eine autonome Steuerung, welche bei Netzausfall startet

und die Anlage in den Inselbetrieb führt. Die Sperrung bzw. Zuschaltung der verfahrenstechni-

schen Prozesse erfolgt jedoch über das übergeordnete Automatisierungs- und Prozessleitsys-

tem. Beim Ausfall dieses Systems ist zu gewährleisten, dass die mit Ersatzstrom zu versorgen-

den Aggregate mittels der direkt wirkenden Hand-Notebene (Handschalter) manuell zugeschal-

tet werden können.

Eine Ersatzstromsteuerung bringt je nach Situation respektive ARA-Zulauf die Anlage automa-

tisch in eine Grundstellung. Zum Beispiel kann bei kleinem ARA-Zulauf ein Teil der Biologie mit

Ersatzstrom versorgt werden, während bei hohem ARA-Zulauf ein grosser Teil der Ersatzstrom-

energie im ARA Hebewerk benötigt wird und die Aggregate der Biologie nicht zugeschaltet wer-

den. Die Ersatzstromsteuerung übernimmt auch die zeitliche Staffelung der zuschaltbaren Ver-

braucher und berücksichtigt dabei die zur Verfügung stehende Energie ab dem Notstromaggre-

gat.

Nebst den zuschaltbaren elektrischen Energieverbrauchern sind jedoch auch diejenigen Ver-

braucher zu berücksichtigen, welche nicht durch das Automatisierungssystem gesteuert wer-

den. Dies sind vor allem die Haustechnikanlagen, Wasser- und Druckluftversorgungen, Licht-

und Steckdosen.. Bei einem Netzausfall ist die Alarmierung inkl. Kommunikation in jedem Fall

zu gewährleisten, siehe Kapitel 5.12.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist es nicht sinnvoll, alle Funktionen infolge möglicher Not-

stromszenarien zu automatisieren. Die Automatisierung der Notstromversorgung soll möglichst

einfach realisiert werden. Bei Bedarf kann der Bediener jederzeit über das Prozessleitsystem

oder über die Hand-Notbedienebene (Handschalter) eingreifen und die mit Notstrom zu ver-

sorgenden Aggregate der Situation entsprechend ein- oder ausschalten. Dabei ist jedoch die

Leistungsgrösse der zuschaltbaren Verbraucher mit der noch verfügbaren Notstromleistung zu

vergleichen und abzuschätzen, ob die zusätzlich benötigte Leistung durch das Notstromaggre-

gat noch abgedeckt werden kann.

Vorhandene Ersatzstromanlagen oder mögliche Ersatzstromeinspeisungen sind für einzelne Be-triebszustände aufzuzeigen und zu dokumentieren. Diese sind verständlich darzustellen und be-inhalten folgende Angaben:

• Mögliche Einspeisemöglichkeiten

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31 Bewährte Praxis

• Mögliche Schaltzustände

• Darstellung der vordefinierten Betriebszustände, wie z.B. Ausserbetriebnahme eines Anla-

genteils.

• Elektrische Energieversorgung (Schaltzustände, Energiemessungen) ins Automatisierungs-

system integrieren und auf dem Prozessleitsystem darstellen, damit jederzeit ersichtlich ist,

wie die Anlage versorgt wird.

• USV Anlagen bzw. deren Batterien haben in der Regel eine Lebenszeit von 8-10 Jahren. Beim

Anlagenlayout ist darauf zu achten, dass ein Austausch der USV ohne Einschränkung und

Beeinflussung der Anlage mittels externen Bypass Schalters erfolgen kann.

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Bewährte Praxis 32

5.12 EMSRL-Technik

Unabhängig von den einzelnen Aggregaten, Anlageteilen und Verfahrensstufen ergibt sich eine übergeord-

nete EMSRL-Praxis. Nachfolgend finden sich Hinweise pro Automatisierungsebene gemäss Abbildung 5.

Abbildung 5: Aufbau Automatisierungs- und Prozessleitsystem

a) Prozessleitebene (PLS-Ebene)

Die Prozessleitsystem–Server, sowie die Prozessleitsystem-Bedienstationen sind für mittlere und

grosse ARA redundant auszuführen. Fällt eine Bedienstation aus, kann an einer zweiten Station

die Anlage bedient und überwacht werden. Die Bedienstationen sind nach Möglichkeit örtlich von-

einander getrennt aufzustellen und werden über eine unterbrechungsfreie Stromversorgung mit

separater Absicherung gespiesen. Die Prozessleit-Server sind redundant auszuführen und über ei-

nen Glasfaserring vernetzt. Fällt ein Server aus, so ist stossfrei auf den zweiten Server umzuschal-

ten. Auch bei den Prozessleitservern ist zu empfehlen, diese örtlich voneinander getrennt aufzu-

bauen.

Das Automatisierungs- und Prozessleitsystem ist so aufzubauen, dass die verfahrenstechnisch re-

levanten Prozesse vollständig in der Steuerungs-Ebene (SPS) und somit unabhängig vom Leitsys-

tem ablaufen

Alarmierung:

Das Alarmierungs- und Notalarmierungssystem ist Bestandteil des Automatisierungs- und Prozess-

leitsystems. Aus sicherheitstechnischen Gründen ist die Alarmierung in jedem Falle redundant

auszuführen. Das Alarmierungs- und Notalarmierungssystem ist zwingend mit zwei unabhängigen

Kommunikationskanälen zu realisieren und ist so auszuführen, dass sich diese gegenseitig über-

wachen.

b) Steuerungs-Ebene (SPS)

In der Regel werden in Abwasserreinigungsanlagen die Steuerungen nicht redundant ausgeführt.

Eine erhöhte Funktionssicherheit des Verfahrensprozesses bei einem Ausfall der SPS-Ebene er-

folgt durch:

• Bildung von sinnvollen Funktionseinheiten damit beim Ausfall einer Funktion nur der ent-

sprechende Teilprozess oder Teilanlage davon betroffen ist.

• Steuerung (CPU), Einbindung der Ein- und Ausgänge (I/O) und Komponenten des Netz-

werks mit 24VDC versorgen.

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33 Bewährte Praxis

• SPS-unabhängige Bedienungsmöglichkeiten (Handschalter) vorsehen: Aggregate (z.B.

Pumpen) können bei SPS-Ausfall einzeln ein-/ausgeschaltet werden. Ein solcher Notbetrieb

muss durch den Betreiber überwacht werden

• Bei kritischen Prozessen gezielte Notsteuerungsfunktionen vorsehen, wie am Beispiel ei-

nes Pumpwerks: Die Niveaubirne kann SPS-unabhängig eine Pumpe bei Maximal-Niveau

einschalten. Bei hängender Niveaubirne läuft die Pumpe eine definierte Zeit nach (gleiche

Notsteuerfunktion bei Ausfall der kontinuierlichen Niveaumessung oder der 24VDC -Ver-

sorgung)

• Ersatzmaterial auf ARA lagern. Daher möglichst einheitliche Systemkomponenten (EMSRL –

Konzept).

• Redundante CPUs sind bei komplexen Steuerungen denkbar

• Redundante Ein-/Ausgangsmodule ergeben wartungsintensive und komplexere Lösungen

und werden selten realisiert

c) Messtechnik in Feldebene

Generell sollte jeder Behälter, welcher überfüllt werden kann, nebst der kontinuierlichen Mes-

sung mit einer zusätzlichen Hochalarmüberwachung ausgerüstet werden. Damit ist eine Notsteu-

erung mit eingeschränkter Funktion möglich. Die Alarmierung ist jedoch redundant.

Bei komplexeren Prozessen (z.B. Pumpwerke mit Kreiselpumpen, kleinem Pumpensumpf, etc.) ist

der Einsatz von zwei kontinuierlichen Messungen mit unterschiedlichen Messverfahren sinnvoll.

Für jeden Teilprozess sollten Antworten auf folgende mögliche Fragen in Bezug auf einen Ausfall

eines Messsignals gefunden werden:

• Genügen nebst den kontinuierlichen Niveaumessungen einfache Hochalarmdetektionen?

• Ist zur Erhöhung der Verfügbarkeit eine zweite Messung mit einem anderen Messverfah-

ren erforderlich?

• Können Ersatzsignale definiert werden (z.B. von einer anderen Messung)?

• Wie soll sich der Prozess bei einem Messausfall verhalten?

• Wie kann man frühzeitige Messwertabweichungen erkennen?

Analog zu den Niveaumessungen gelten die Überlegungen für sämtliche, für eine funktionssichere

ARA relevanten Messungen. Insbesondere sind dies:

• Sauerstoffmessungen in der biologischen Stufe

• TS-Messung in der biologischen Stufe

• Überwachung der Räumer (Endschalter)

• Überwachung relevanter Pumpen (Stromaufnahme)

• NH4-Messungen

d) Schaltgerätekombinationen (Niederspannungshauptverteilung)

Die Niederspannungshauptverteilung wird i.d.R. nicht redundant gebaut. Die Funktionssicherheit

wird erhöht durch:

• Bestmögliche Anordnung der Niederspanungshauptverteilung innerhalb der Anlage. Diese

sollte sich nicht in einem Untergeschoss befinden (Gefahr von Wassereintritt) und muss

vor korrosiven Dämpfen geschützt sein

• Einsatz von steckbaren Leistungsschalter, welche bei einem Defekt schnell ersetzt werden

können

• Ersatzschalter an Lager nehmen

• Regelmässige Reinigung und Unterhalt der NSHV inkl. Leistungsschalter

• Einbau von Frühwarnsystemen, welche im Fehlerfall den Schaden begrenzen können

• Jährliche optische Kontrolle (Wärmeentwicklung, Verfärbungen an Schienen und An-

schlüssen)

e) Schaltgerätekombinationen (Unterverteilung)

Eine elektrische Unterverteilung wird i.d.R. nicht redundant gebaut. Die Funktionssicherheit wird

erhöht durch:

• Noteinspeisung - > Möglichkeit für eine mobile Einspeisung sicherstellen

• redundante Aggregate auf verschiedene Schaltschrankfelder aufteilen

• Steuertrafo: Möglichkeit schaffen, dass bei Ausfall Steuertrafo die 230VAC-Steuerspan-

nung über eine provisorische Einspeisung erfolgen kann

• separate Steuersicherung pro Aggregat oder Funktionseinheit

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Bewährte Praxis 34

• wichtigste Komponenten als Ersatzmaterial an Lager nehmen

• Netzgeräte für 24VDC Versorgung redundant vorsehen und getrennt über Normal- und

USV-Netz einspeisen:

Abbildung 6: Prinzip 24VDC

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35 Anhang

6 ANHANG

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Anhang 36

6.1 Fallbeispiele für wirtschaftliche Tragbarkeit

Vorgehen nach Methodik in Kapitel 3.3. Es werden einerseits die spezifischen Mehrjahreskosten und der

Nutzen der Massnahme geschätzt und gemäss folgender Tabelle priorisiert.

Erhöhung

Jahreskosten Nu

tze

n d

er

Ma

ssn

ah

me

Ho

ch

Mit

tel

Tie

f

< 2 % 1 1 2

2 – 5 % 1 2 3

> 5 % 2 3 3

ZULAUFHEBEWERK ARA A Ausgangslage:

• Bestehendes Zulaufhebewerk

• Qmax = 240 l/s

• Vorhandene Pumpen: 2 x 140 l/s

• Dimensionierungsgrösse 30'000 EW

• Ungenügende Funktionssicherheit bei Ausfall einer Pumpe

• Massnahme: Zusätzliche Schnecke à 140 l/s inkl. Bau, EMSRL und Nebenkosten

• Nutzen: Sicherstellung der hydraulischen Kapazität Qmax bei n-1 und damit keine erhöhte

Mischwassereinleitung in das Gewässer

Investitionskosten CHF 600'000.00

Abschreibedauer a 33

Abschreibungskosten (2%) CHF/a 25'011.90

Zusätzliche Betriebskosten CHF/a 6’000.00

Zusätzliche Jahreskosten CHF/a 31'011.92

Spezifische Jahreskosten CHF/E a 0.83

Erhöhung Jahreskosten % + 0.4

Nutzen der Massnahme Hoch

Priorität Hoch

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37 Anhang

VORKLÄRBECKEN ARA B Ausgangslage:

• Neue ARA, Planungsphase

• Dimensionierungsgrösse 10'000 EW

• Wahl zwischen einem VKB von 250 m3 oder zwei VKB à je 125 m3

• Differenzkosten zwischen den beiden Varianten

• Nutzen: Schutz der biologischen Stufe durch geringere Mehrbelastung bei n-1 VKB

Investitionsmehrkosten CHF 150'000.00

Abschreibedauer a 33

Abschreibungskosten (2%) CHF/a 6'252.98

Zusätzliche Betriebskosten CHF/a 1’500.00

Zusätzliche Jahreskosten CHF/a 7'752.98

Spezifische Jahreskosten CHF/E a 0.63

Erhöhung Jahreskosten % + 0.3

Nutzen der Massnahme Mittel

Priorität Hoch

ZUSÄTZLICHE BIOLOGISCHE STUFE ARA C Ausgangslage:

• Bestehende einstrassige Belebtschlammanlage

• Dimensionierungsgrösse 5’000 EW

• Ausbau mit zusätzlicher Belebungsstrasse wegen hydraulischem Engpass und fehlender Funkti-

onssicherheit vorgesehen

• Nutzen: Herstellung der Funktionssicherheit bei ausserordentlichen Ereignissen

Investitionskosten CHF 672'000.00

Abschreibedauer a 33

Abschreibungskosten (2%) CHF/a 28'013.35

Zusätzliche Betriebskosten CHF/a 6’720.00

Zusätzliche Jahreskosten CHF/a 34'733.35

Spezifische Jahreskosten CHF/E a 6.95

Erhöhung Jahreskosten % + 3.5

Nutzen der Massnahme Hoch

Priorität Hoch

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Anhang 38

3 STATT 2 BIOLOGISCHE STRASSEN ARA D Ausgangslage:

• Neue ARA, Planungsphase

• Dimensionierungsgrösse 5'000 EW

• Umplanung von 2 Strassen (fehlende Funktionssicherheit) auf 3 Strassen Belebtschlammsystem

• Differenzkosten zwischen den beiden Varianten

• Nutzen: Herstellung der Funktionssicherheit

Investitionsmehrkosten CHF 500'000.00

Abschreibedauer a 33

Abschreibungskosten (2%) CHF/a 20'843.27

Zusätzliche Betriebskosten CHF/a 10'000.00

Zusätzliche Jahreskosten CHF/a 30'843.27

Spezifische Jahreskosten CHF/E a 6.17

Erhöhung Jahreskosten % + 3.1

Nutzen der Massnahme Mittel

Priorität Mittel

AUSBAU MIT NITRIFIKATION ARA E Ausgangslage:

• Einstrassige bestehende Belebtschlammanlage

• Dimensionierungsgrösse 1'100 EW

• Direkteinleitung in See

• Ausbau auf ganzjährige Nitrifikation vorgesehen

• Erstellung der Funktionssicherheit und Nitrifikation durch Bau einer zusätzlichen Be-

lebtschlammstrasse

• Nutzen: Herstellung der Funktionssicherheit, Nutzen wegen grossem Gewässer mittel

Investitionskosten CHF 1'062'000.00

Abschreibedauer a 33

Abschreibungskosten (2%) CHF/a 44'271.10

Zusätzliche Betriebskosten4 CHF/a 10'620.00

Zusätzliche Jahreskosten CHF/a 54'891.10

Spezifische Jahreskosten CHF/E a 49.90

Erhöhung Jahreskosten % + 25

Nutzen der Massnahme Mittel

Priorität Tief

4 Nur Betriebskosten für redundante Ausführung berücksichtigt. Zusätzliche Betriebskosten entstehen aber durch die vollständige Nit-

rifikation.

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39 Anhang

ERSATZSTROMAGGREGATE IN ARA Ausgangslage:

• Unterstützte Aggregate: Hebewerk, Rechen, biologische Stufe, NKB, Betriebsgebäude, Druckluft

• Sensibles Gewässer -> Nitrifikation muss sichergestellt sein.

• Keine Pufferkapazität

• Dimensionierungsgrösse: unterschiedlich

• Massnahme: Beschaffung und Installation eines Ersatzstromaggregats

• Nutzen: Verhinderung von Entlastungen ungereinigten Abwassers während Trockenwettersitua-

tionen

Dimensionierungsgrösse EW 20’000 50’000 100’000

Investitionskosten5 CHF 100’000 150’000 200’000

Leistung kW 100 240 440

Abschreibedauer a 15 15 15

Abschreibungskosten (2%) CHF/a 7'783 11'674 15'565

Zusätzliche Betriebskosten6 CHF/a 4'000 6'000 8’000

Zusätzliche Jahreskosten CHF/a 11'783 17'674 23'565

Spezifische Jahreskosten CHF/E a 0.39 0.23 0.16

Zunahme Jahreskosten % + 0.19 + 0.12 + 0.16

Nutzen Hoch Hoch Hoch

Priorität Hoch Hoch Hoch

5 Es handelt sich um grobe Annahmen. 6 Wartung und Unterhalt: 4% der Investitionskosten.

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Anhang 40

6.2 Auswirkungen im Gewässer

Die Abklärungen sind insbesondere bei Stromausfällen und anderen Notfällen, die zu einem Komplettaus-

fall der ARA führen, anzuwenden. Sie geben einen Hinweis, inwiefern die Einleitung von ungereinigtem

Abwasser zu einer akuten Gewässerverschmutzung führt. Ein solches Ereignis soll möglichst verhindert

werden.

Zur Beurteilung müssen nebst den Ablaufwerten & Wassermengen der Anlage folgende Gewässerdaten

vorhanden sein:

• Vorbelastung des Gewässers bezüglich NH4-N

• Wassermenge

• Temperatur und pH

Die kritischen Parameter für die Gewässerqualität im ARA Abfluss werden in der BAFU Publikation: „Me-

thoden zur Untersuchung und Beurteilung der Fliessgewässer“, 2014 beschrieben.

Nebst dem Verhindern der Einleitung von Rohabwasser (mögliches Fischsterben durch Sauerstoffzehrung

im Gewässer) und eines Schlammabtriebs (Trübung, Kolmatierung der Gewässersohle) sind vor allem die

Parameter NO2-N und NH4-N relevant.

Tabelle 6: Klassierung des chemischen Zustands nach Modulstufenkonzept BAFU.

Beurteilung Nitritkonzentration im Gewässer:

Tabelle 7: Klassierung des chemischen Zustands nach Modulstufenkonzept BAFU.

Das Ammonium zehrt im Gewässer Sauerstoff. Vor allem aber steht NH4-N in einem pH & Temperaturab-

hängigen Gleichgewicht mit dem fischgiftigen Ammoniak. Mit steigendem pH-Wert und Temperatur nimmt

der fischgiftige Ammoniak-Anteil zu.

Tabelle 8: Prozentuale Verteilung von Ammoniak / Ammonium abhängig vom pH-Wert; bei verschiedenen Temperaturen nach Modulstufenkonzept BAFU.

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41 Anhang

Abbildung 7: Kritische Intensität und Dauer der Einwirkung von Ammoniak für Bachforellen und nach Whitelaw & de Solbé.

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Anhang 42

6.3 Beispiele für Funktionssichere ARA

Abbildung 8: Durchgehende funktionssichere ARA Kloten Opfikon. Teil mechanische Vorreinigung (Bau-projekt).

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43 Anhang

Abbildung 9: Durchgehende funktionssichere ARA Kloten Opfikon. Teil biologische Reinigung (Nereda, Bau-

projekt).

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Anhang 44

Abbildung 10: Durchgehend funktionssichere ARA Zimmerberg bezüglich verfahrenstechnische Auslegung. Teil biologische Reinigung (MBR, Bauprojekt).

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45 Anhang

Abbildung 11: Durchgehend funktionssichere ARA Hard, Winterthur bezüglich verfahrenstechnischer Aus-legung. Konsequente vierstrassige Ausführung ab mechanischer Reinigung (Vorprojekt).

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Anhang 46

6.4 Abschätzung Reaktionszeiten

Tabelle 9 zeigt die Ermittlung der Reaktionszeit bis Ersatzstrom vorhanden sein muss, für 2 unterschiedliche

ARA. Zur Ermittlung der Reaktionszeit sind detaillierte Kenntnisse des Netzes aus dem GEP und damit die

Zusammenarbeit mit dem GEP-Ingenieur notwendig.

Tabelle 9: Ermittlung der Reaktionszeit zur Beschaffung von Ersatzstrom bei mittlerer Trockenwetter-menge QTW

Grundlagendaten Einheit ARA A ARA B

Rückhalt [h] Rückhalt [h]

Hydraulische Belastung

QTW m3/h 500 460

Netz

V RKB + V Kanal m3 2’520 5.0 5’200 11.3

ARA

RKB ARA m3 900 1.8 630 1.4

Havariebecken ARA m3 300 0.7

VBB aerob m3 6’210 5’880

50% im Sommer m3 3’205

10% im Winter m3 620 1.2 590 1.3

V NKB m3 3’750 2’940

Reaktionszeit

Inkl. Anteil BB Winter h 6.8 13.3

Bei einem Stromausfall von mehr als 12 Stunden bei Trockenwetter ist die Situation für ARA B zu jeder

Jahreszeit unkritisch.

Bei ARA A muss der Ersatzstrom im Winter bei Trockenwetter innert ca. 7 h verfügbar sein. Im Sommer

würden durch eine Pufferkapazität der Biologie unkritisch mehr als 13 Stunden zur Verfügung stehen. Wich-

tig ist eine Prognose zur erwarteten Dauer des Stromunterbruchs beim Eintreten des Ereignisses .

Unabhängig von den obigen Überlegungen sollen bei einem Stromausfall funktionieren:

• Rohwasser – und Zwischenhebewerke -> hydraulischen Durchfluss sicherstellen

• Rechen (oder Umfahrung)

• Systeme zum Personenschutz (z.B. Notbeleuchtung)

• Alarmierung, Notsteuerung

• Permanent notwendige Hilfsbetriebe (z.B. Druckluft)

Zusätzliche Stufen, die bei einem längeren Stromausfall bis 12 Stunden in Betrieb sein sollten, definieren

sich über die Einleitbewilligungen. Bei sensiblen Gewässern ist zur Verhinderung einer Gewässerverunrei-

nigung mit Fischsterben z.B. eine Belüftung der Biologie mit Einhaltung der Nitrifikation notwendig (Ab-

schätzungen in Anhang 7.2).

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47 Anhang

6.5 Prinzipschema Automatisierungs- und Prozessleitsystem

Abbildung 12: Prinzipschema Automatisierungs- und Prozessleitsystem