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Nr. 161 - DER PATRIOT Samstag WIRTSCHAFT LOKAL 14. Juli 2018 TEL. (0 29 41) 201-238 Der Hit in der Unterhaltung Unterhaltung, Filme gucken, Spiele zocken: Bei Media-Markt boomt das Geschäft mit Virtual-Reality. „VR-Brillen liegen im Trend, beson- ders bei jungen Leuten“, sagt der Lippstädter Marktleiter Tino Her- mann (r.). Dabei seien günstige Bril- lengestelle – in die man einfach das Smartphone legt – genauso beliebt wie bereits mit der nötigen Hard- ware ausgestatte Brillen (die preis- lich bis in die Tausende gehen kön- nen). Das beliebteste Produkt in Lippstadt sei die Playstation-Brille von Sony, die aber nur mit Konsole zu gebrauchen sei (Foto), erklärt Mitarbeiter Kevin Hinrichs. In Sa- chen Augmented Reality hat der Media Markt bislang nur eine Brille zu bieten, die Star-Wars-Charakte- re erscheinen lassen kann. „AR ist noch nicht massentauglich“, meint Hermann. Das könne sich aber noch entwickeln, und Profi-Pro- dukte würden bereits in der Wirt- schaft benutzt. Foto: Rinsche Vor vier Jahren startete die Wirtschaftsförderung Lipp- stadt die Reihe „Industrie 4.0“. Seitdem referierten zweimal jährlich Fachleute – etwa zu Geschäftsmodellen, Konsequenzen für die Ar- beitswelt oder Data Mining. „Industrie 4.0 kann man nur in kleinen Happen verdau- en“, so Christian Grotebrune vom Mitveranstalter Unity AG. In anderen NRW-Städ- ten werde das Konzept be- reits kopiert. Beim Herbst- Termin in Lippstadt soll es um Künstliche Intelligenz gehen. axs Kleine Happen Lokales Thema des Tages: Industrie 4.0 mit Augmented Reality Wenn Brille und Bildschirm die Realität erweitern Mehr als nur Pokémon-Monster: Unternehmen zeigen Anwendungsfälle auf Erweiterte Realität, virtuelle Realität oder einfach verzerrte Wahrnehmung? Unser Zeichner Gerd Korge mit seiner Sicht der Dinge. Von Axel Schwade LIPPSTADT Da guckt jemand durch seine Brille – und wie auf einem Bildschirm werden ihm in sein Sichtfeld kleine Hinwei- se eingeblendet. Zur Geschich- te des Kölner Doms, zur defek- ten Sicherung im Auto oder zur Einkaufsliste beim Gang durch den Supermarkt. Erweiterte Realität nennt sich das, und je- der kann sowas schon mit sei- nem Smartphone erleben. Erweiterte Realität? Die Pokemon-Monster waren im Sommer 2016 die ersten, die sich in dieser Welt ein- nisteten: Wer durch seine Handykamera schaute, sah an geheimen Stellen ein kleines Ungetüm auf sei- nem Bildschirm – und eben nur dort auf dem Display, die Viecher waren ja nicht wirklich da. Eine Erweite- rung der Realität also. Mit solchen Apps lässt sich natürlich noch mehr und vermutlich Produktive- res anstellen: Kunden könn- ten Sofas noch vor dem ei- gentlichen Kauf virtuell in ihrem Wohnzimmer plat- zieren, Produkte bei Schu- lungen individuell erklärt und Werker bei ihren Auf- trägen an Maschinen aus der Ferne angeleitet oder Lo- gistiker unterstützt werden. „Aber nicht jede Datenbrille ist für jeden Anwendungs- fall geeignet“, erklärte Dr. Markus Große Böckmann, als er im Lippstädter Cartec im Rahmen der Reihe „In- dustrie 4.0“ verschiedene Modelle vorstellte (von ei- ner robusten Helmkamera bis zu leichten Google Glas- ses) und in einer Live-An- wendung vorführte: Sein Kumpel in Aachen schaute durch eine solche Brille, teilte sein Sichtfeld in Echt- zeit mit Große Böckmanns Laptop-Bildschirm und aus Lippstadt zeichnete der Oculavis-Geschäftsführer mit Pfeilen an, wohin denn ein Hammerschlag in der Aachener Werkstatt auszu- führen wäre. Schon heute derart umsetzbar: Service- techniker, die aus der Zen- trale Nicht-Fachleute bei Re- paraturen anleiten. „Die In- standhaltung ist der pro- duktivste Anwendungsfall“, so Große Böckmann. Auch Rüstanleitungen für Mitar- beiter in der Produktion wä- ren ein Beispiel: „Dabei ist aber die Didaktik wichtig.“ Weitere Felder: Mit Fotos und Videos ließen sich Re- paraturen rasch dokumen- tieren, bei der Fabrikpla- nung virtuell Maschinen- standorte planen. Mit virtueller und erwei- terter Realität können aber auch Produkte neu präsen- tiert werden. Markus Oel, Mitgründer und Geschäfts- führer des Lippstädter Start- ups Kubus, zeigte Möglich- keiten für Smartphones und Tablets, aber auch AR-Bril- len auf: Das neue Sofa in verschiedenen Farben im Raum platzieren, ein Video „auf“ dem Flaschenetikett ansehen, Aufbauanleitungs- Videos nutzen, über einer Visitenkarte Produkte schweben lassen, Zusatzin- formationen in der Logistik geben (die direkt über zuvor festgelegte Grafiken einge- blendet werden und auch noch per Pfeil den Weg zum gesuchten Produkt vorge- ben). „Augmented reality bietet wahnsinnig viele Möglichkeiten, Produkte im Raum interaktiv erlebbar zu machen“, so Oel. Dass die Firmen da den Durchblick behalten wollen, zeigten Nachfragen und teils Schil- derungen erster Erfahrun- gen der Unternehmer. Eigentlich sehen alle Kisten gleich aus – aber was in ihnen steckt, verrät ein Blick aufs Tablet: Markus Oel von der Firma Kubus infor- mierte über Apps für erweiterte Realität. Was Markus Große-Böckmann da gerade durch seine Brille sieht, wird direkt auf die Leinwand über- tragen – mitten in die Zuschauerreihen stellte er virtuell ein pochendes Herz. Der Vorteil von Daten- brillen: Man hat die Hände frei, kann so arbeiten oder aber das virtuelle Menü bedienen (Hauptsache, dabei gibt es keine Irritationen). Fotos: Schwade Bei Virtual Reality (VR) taucht der Nutzer mit VR-Brille in eine komplett künstliche Welt ein, kann sich in diesem 360-Grad-Umfeld bewegen und teils interagieren. Bei Augmented Reality (AR) wird die Realität – also das, was der Nutzer gerade wirklich sieht – um Infos er- weitert: Texte, Grafiken, Vi- deos oder 3D-Objekte werden in das Kamerabild von Tablet und Smartphone oder das Blickfeld der Brille projiziert. VR und AR Komplexe Lager schweben lassen Lippstädter Agentur setzt AR-Anwendung um zack, plötzlich scheint das Stück als 3D-Modell über der Katalogseite zu schwe- ben. So lässt es sich auf dem Bildschirm von allen Seiten betrachten und gleich zur Webseite oder dem Shop wechseln. „Die Digitalisie- rung muss einen erkennba- ren Zusatznutzen bringen. Und das tut sie hier“, sagt Concept.ID-Geschäftsführer Ralf Nolte. Neben dem Mehrwert für die Kunden sei der Versand von Pro- duktmustern etwa um die Hälfte reduziert worden. Der Vorteil für Augmen- ted-Reality-Anwendungen aus Noltes Sicht: Bereits be- stehende Elemente (wie eben der Shop) können ein- gebunden werden. Leis- tungsfähige Smartphones und Tablets seien flächende- ckend vorhanden, ebenso zumeist die erforderliche Internet-Bandbreite. Gleich- wohl steckte viel Arbeit in dem Projekt: Von den Gleit- lagern habe es zwar 3D-Kon- struktionsdaten gegeben – die aber waren extrem de- tailliert, so dass vor allem die für die Außenansichten unnötigen Daten eliminiert werden mussten. „Man muss die Anwen- dungen dann auch in ihrer LIPPSTADT/MÜNCHEN Sie führen bewegliche Teile, neh- men Kräfte auf und übertra- gen sie: Gleitlager der Hallau- er Group aus München werden in Maschinen und Geräten ge- braucht. In der Textil- oder Pharmaindustrie, für Landma- schinen oder Krane, Motoren oder Armaturen. Überall. Die Lippstädter Werbeagentur Concept.ID macht die Produk- te einfacher begreifbar – in- dem sie die Realität erweitert. Die Münchner Hallauer- Gruppe mit ihren beiden Unternehmen GLT und LHG bietet Businesskunden das vielleicht größte Gleitlager- Programm Europas: Aus Stahl, Bronze, Kunststoff oder Speziallegierungen, mit Schmierstoffdepots (oder eben nicht), perforiert (oder auch nicht). Mit Boh- rungen und Besonderhei- ten, in verschiedenen For- men, Breiten, Belastbarkei- ten. Kurz: Bei den knapp 60 Gleitlagertypen, jeweils in unterschiedlichsten Aus- führungen, geht die Zahl der Produkte in die tausen- de – da kann Betrachtern schnell der Kopf schwirren. In der Vergangenheit blieb nur das Betrachten von Abbildungen im Kata- Gänze nutzen und Vorteile in anderen Unternehmens- bereichen erkennen“, so Nolte. So sollte die erweiter- te Realität vor allem den Vertrieb vereinfachen aber um die App in Szene zu setzen, konzipierte die Lipp- städter Agentur auch den Messestand zur Agritechni- ca. Mit über dem Katalog schwebenden Produkten ließ sich Fachpublikum an- locken und der Innovations- anspruch der Hallauer Group betonen. axs log, das Wälzen ellenlanger Tabellen mit Maßen und Ar- tikelnummern, Bestellen von Produktmustern und deren späteres Hin- und Hersenden. Nun bietet die Digitalisierung neue Mög- lichkeiten: Die Lippstädter Agentur entwickelte eine Augmented-Reality-App, die beim Scannen der Kataloge mit Smartphone oder Tablet das jeweilige Gleitlager er- kennt (mit einem Kniff, schließlich ähneln sich die Produkte ja ziemlich) – und Über der Katalogseite „schweben“ plötzlich Ringe und Lager – und lassen sich per Tablet von allen Seiten betrachten: Für die Hal- lauer-Gruppe hat Concept.ID die Katalog-Realität erweitert. Potenzial Dr. Markus Richter, Hella-Un- ternehmenssprecher: „Hella prüft das Potenzial von Augmented Reality in vielen Bereichen, etwa um interne Prozesse zu beschleuni- gen. In einem Forschungsprojekt entwickeln wir beispielsweise ei- nen Montageplatz mit einer AR- Brille. Darüber hinaus arbeiten wir an neuen Kundenservices. Zum Bei- spiel ermöglicht die Technologie, Werkstattmitarbeitern Reparatur- hilfen direkt im Gesichtsfeld anzu- zeigen.“ Schnelle Hilfe Winfried Schulte, Leitung-Ser- vice der Firma Ideal (Lippstadt): „Unsere Schweißmaschinen sind weltweit im Einsatz, unsere Techni- ker also entsprechend unterwegs. Mit der neuen Technik könnten sie aber Kunden, die mit AR-Brillen ausgestattet sind, schon von hier aus bei der Behebung vieler Fehler anleiten und so Reaktionszeiten verkürzen. Noch sind Details offen, aber unsere Mitarbeiter sehen dem positiv entgegen.“ Baustein Viktor Waal, Digitalscout (Kreis Soest): „Als Digitales Zentrum Mittelstand beraten wir Firmen zu digitalen Technologien sowie Ge- schäftsmodellen und stellen dafür relevante Kontakte her. Auch Aug- mented und Virtual Reality sind da- bei ein Thema, als Beispiel zur Digi- talisierung eines Vertriebsprozes- ses. Die Technologie kommt jetzt in die Produktivitätsphase und ist der nächste Baustein für die Interakti- on zwischen Mensch und Maschi- ne.“

W enn Brille und Bildschirm die Realit t erweitern · Nr. 161 - DER PATRIOT Samstag WIRTSCHAFT LOKAL 14. Juli 2018 TEL. (0 29 41) 201-238 Der Hit in der Unterhaltung Unterhaltung,

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Page 1: W enn Brille und Bildschirm die Realit t erweitern · Nr. 161 - DER PATRIOT Samstag WIRTSCHAFT LOKAL 14. Juli 2018 TEL. (0 29 41) 201-238 Der Hit in der Unterhaltung Unterhaltung,

Nr. 161 - DER PATRIOT Samstag WIRTSCHAFT LOKAL 14. Juli 2018 TEL. (0 29 41) 201-238

Der Hit in der UnterhaltungUnterhaltung, Filme gucken, Spielezocken: Bei Media-Markt boomtdas Geschäft mit Virtual-Reality.„VR-Brillen liegen im Trend, beson-ders bei jungen Leuten“, sagt derLippstädter Marktleiter Tino Her-mann (r.). Dabei seien günstige Bril-lengestelle – in die man einfach dasSmartphone legt – genauso beliebtwie bereits mit der nötigen Hard-ware ausgestatte Brillen (die preis-lich bis in die Tausende gehen kön-nen). Das beliebteste Produkt in

Lippstadt sei die Playstation-Brillevon Sony, die aber nur mit Konsolezu gebrauchen sei (Foto), erklärtMitarbeiter Kevin Hinrichs. In Sa-chen Augmented Reality hat derMedia Markt bislang nur eine Brillezu bieten, die Star-Wars-Charakte-re erscheinen lassen kann. „AR istnoch nicht massentauglich“, meintHermann. Das könne sich abernoch entwickeln, und Profi-Pro-dukte würden bereits in der Wirt-schaft benutzt. ■ Foto: Rinsche

Vor vier Jahren startete dieWirtschaftsförderung Lipp-stadt die Reihe „Industrie4.0“. Seitdem referiertenzweimal jährlich Fachleute –etwa zu Geschäftsmodellen,Konsequenzen für die Ar-beitswelt oder Data Mining.„Industrie 4.0 kann man nurin kleinen Happen verdau-en“, so Christian Grotebrunevom Mitveranstalter UnityAG. In anderen NRW-Städ-ten werde das Konzept be-reits kopiert. Beim Herbst-Termin in Lippstadt soll esum Künstliche Intelligenzgehen. ■ axs

Kleine Happen

Lokales Thema des Tages:

Industrie 4.0 mitAugmented Reality

Wenn Brille und Bildschirmdie Realität erweitern

Mehr als nur Pokémon-Monster: Unternehmen zeigen Anwendungsfälle auf

Erweiterte Realität, virtuelle Realität oder einfach verzerrte Wahrnehmung? Unser Zeichner Gerd Korge mit seiner Sicht der Dinge.

Von Axel Schwade

LIPPSTADT ■ Da guckt jemanddurch seine Brille – und wie aufeinem Bildschirm werden ihmin sein Sichtfeld kleine Hinwei-se eingeblendet. Zur Geschich-te des Kölner Doms, zur defek-ten Sicherung im Auto oder zurEinkaufsliste beim Gang durchden Supermarkt. ErweiterteRealität nennt sich das, und je-der kann sowas schon mit sei-nem Smartphone erleben.

Erweiterte Realität? DiePokemon-Monster warenim Sommer 2016 die ersten,die sich in dieser Welt ein-nisteten: Wer durch seineHandykamera schaute, sahan geheimen Stellen einkleines Ungetüm auf sei-nem Bildschirm – und ebennur dort auf dem Display,die Viecher waren ja nichtwirklich da. Eine Erweite-rung der Realität also.

Mit solchen Apps lässtsich natürlich noch mehrund vermutlich Produktive-res anstellen: Kunden könn-ten Sofas noch vor dem ei-gentlichen Kauf virtuell inihrem Wohnzimmer plat-zieren, Produkte bei Schu-lungen individuell erklärtund Werker bei ihren Auf-trägen an Maschinen ausder Ferne angeleitet oder Lo-gistiker unterstützt werden.„Aber nicht jede Datenbrilleist für jeden Anwendungs-fall geeignet“, erklärte Dr.Markus Große Böckmann,als er im Lippstädter Cartec

im Rahmen der Reihe „In-dustrie 4.0“ verschiedeneModelle vorstellte (von ei-ner robusten Helmkamerabis zu leichten Google Glas-ses) und in einer Live-An-wendung vorführte: SeinKumpel in Aachen schautedurch eine solche Brille,teilte sein Sichtfeld in Echt-

zeit mit Große BöckmannsLaptop-Bildschirm – undaus Lippstadt zeichnete derOculavis-Geschäftsführermit Pfeilen an, wohin dennein Hammerschlag in derAachener Werkstatt auszu-führen wäre. Schon heutederart umsetzbar: Service-techniker, die aus der Zen-

trale Nicht-Fachleute bei Re-paraturen anleiten. „Die In-standhaltung ist der pro-duktivste Anwendungsfall“,so Große Böckmann. AuchRüstanleitungen für Mitar-beiter in der Produktion wä-ren ein Beispiel: „Dabei istaber die Didaktik wichtig.“Weitere Felder: Mit Fotosund Videos ließen sich Re-paraturen rasch dokumen-tieren, bei der Fabrikpla-nung virtuell Maschinen-standorte planen.

Mit virtueller und erwei-terter Realität können aberauch Produkte neu präsen-tiert werden. Markus Oel,Mitgründer und Geschäfts-führer des Lippstädter Start-ups Kubus, zeigte Möglich-keiten für Smartphones undTablets, aber auch AR-Bril-len auf: Das neue Sofa inverschiedenen Farben imRaum platzieren, ein Video„auf“ dem Flaschenetikettansehen, Aufbauanleitungs-Videos nutzen, über einerVisitenkarte Produkteschweben lassen, Zusatzin-formationen in der Logistikgeben (die direkt über zuvorfestgelegte Grafiken einge-blendet werden und auchnoch per Pfeil den Weg zumgesuchten Produkt vorge-ben). „Augmented realitybietet wahnsinnig vieleMöglichkeiten, Produkte imRaum interaktiv erlebbar zumachen“, so Oel. Dass dieFirmen da den Durchblickbehalten wollen, zeigtenNachfragen und teils Schil-derungen erster Erfahrun-gen der Unternehmer.

Eigentlich sehen alle Kisten gleich aus – aber was in ihnen steckt,verrät ein Blick aufs Tablet: Markus Oel von der Firma Kubus infor-mierte über Apps für erweiterte Realität.

Was Markus Große-Böckmann da gerade durch seine Brille sieht, wird direkt auf die Leinwand über-tragen – mitten in die Zuschauerreihen stellte er virtuell ein pochendes Herz. Der Vorteil von Daten-brillen: Man hat die Hände frei, kann so arbeiten oder aber das virtuelle Menü bedienen (Hauptsache,dabei gibt es keine Irritationen). ■ Fotos: Schwade

■ Bei Virtual Reality (VR)taucht der Nutzer mit VR-Brillein eine komplett künstlicheWelt ein, kann sich in diesem360-Grad-Umfeld bewegenund teils interagieren.

■ Bei Augmented Reality(AR) wird die Realität – alsodas, was der Nutzer geradewirklich sieht – um Infos er-weitert: Texte, Grafiken, Vi-deos oder 3D-Objekte werdenin das Kamerabild von Tabletund Smartphone oder dasBlickfeld der Brille projiziert.

VR und AR

Komplexe Lagerschweben lassenLippstädter Agentur setzt AR-Anwendung um

zack, plötzlich scheint dasStück als 3D-Modell überder Katalogseite zu schwe-ben. So lässt es sich auf demBildschirm von allen Seitenbetrachten und gleich zurWebseite oder dem Shopwechseln. „Die Digitalisie-rung muss einen erkennba-ren Zusatznutzen bringen.Und das tut sie hier“, sagtConcept.ID-GeschäftsführerRalf Nolte. Neben demMehrwert für die Kundensei der Versand von Pro-duktmustern etwa um dieHälfte reduziert worden.

Der Vorteil für Augmen-ted-Reality-Anwendungenaus Noltes Sicht: Bereits be-stehende Elemente (wieeben der Shop) können ein-gebunden werden. Leis-tungsfähige Smartphonesund Tablets seien flächende-ckend vorhanden, ebensozumeist die erforderlicheInternet-Bandbreite. Gleich-wohl steckte viel Arbeit indem Projekt: Von den Gleit-lagern habe es zwar 3D-Kon-struktionsdaten gegeben –die aber waren extrem de-tailliert, so dass vor allemdie für die Außenansichtenunnötigen Daten eliminiertwerden mussten.

„Man muss die Anwen-dungen dann auch in ihrer

LIPPSTADT/MÜNCHEN ■ Sieführen bewegliche Teile, neh-men Kräfte auf und übertra-gen sie: Gleitlager der Hallau-er Group aus München werdenin Maschinen und Geräten ge-braucht. In der Textil- oderPharmaindustrie, für Landma-schinen oder Krane, Motorenoder Armaturen. Überall. DieLippstädter WerbeagenturConcept.ID macht die Produk-te einfacher begreifbar – in-dem sie die Realität erweitert.

Die Münchner Hallauer-Gruppe mit ihren beidenUnternehmen GLT und LHGbietet Businesskunden dasvielleicht größte Gleitlager-Programm Europas: AusStahl, Bronze, Kunststoffoder Speziallegierungen,mit Schmierstoffdepots(oder eben nicht), perforiert(oder auch nicht). Mit Boh-rungen und Besonderhei-ten, in verschiedenen For-men, Breiten, Belastbarkei-ten. Kurz: Bei den knapp 60Gleitlagertypen, jeweils inunterschiedlichsten Aus-führungen, geht die Zahlder Produkte in die tausen-de – da kann Betrachternschnell der Kopf schwirren.

In der Vergangenheitblieb nur das Betrachtenvon Abbildungen im Kata-

Gänze nutzen und Vorteilein anderen Unternehmens-bereichen erkennen“, soNolte. So sollte die erweiter-te Realität vor allem denVertrieb vereinfachen –aber um die App in Szene zusetzen, konzipierte die Lipp-städter Agentur auch denMessestand zur Agritechni-ca. Mit über dem Katalogschwebenden Produktenließ sich Fachpublikum an-locken und der Innovations-anspruch der HallauerGroup betonen. ■ axs

log, das Wälzen ellenlangerTabellen mit Maßen und Ar-tikelnummern, Bestellenvon Produktmustern undderen späteres Hin- undHersenden. Nun bietet dieDigitalisierung neue Mög-lichkeiten: Die LippstädterAgentur entwickelte eineAugmented-Reality-App, diebeim Scannen der Katalogemit Smartphone oder Tabletdas jeweilige Gleitlager er-kennt (mit einem Kniff,schließlich ähneln sich dieProdukte ja ziemlich) – und

Über der Katalogseite „schweben“ plötzlich Ringe und Lager –und lassen sich per Tablet von allen Seiten betrachten: Für die Hal-lauer-Gruppe hat Concept.ID die Katalog-Realität erweitert.

PotenzialDr. Markus Richter, Hella-Un-ternehmenssprecher: „Hellaprüft das Potenzial von AugmentedReality in vielen Bereichen, etwaum interne Prozesse zu beschleuni-gen. In einem Forschungsprojektentwickeln wir beispielsweise ei-nen Montageplatz mit einer AR-Brille. Darüber hinaus arbeiten wiran neuen Kundenservices. Zum Bei-spiel ermöglicht die Technologie,Werkstattmitarbeitern Reparatur-hilfen direkt im Gesichtsfeld anzu-zeigen.“

Schnelle HilfeWinfried Schulte, Leitung-Ser-vice der Firma Ideal (Lippstadt):„Unsere Schweißmaschinen sindweltweit im Einsatz, unsere Techni-ker also entsprechend unterwegs.Mit der neuen Technik könnten sieaber Kunden, die mit AR-Brillenausgestattet sind, schon von hieraus bei der Behebung vieler Fehleranleiten und so Reaktionszeitenverkürzen. Noch sind Details offen,aber unsere Mitarbeiter sehen dempositiv entgegen.“

BausteinViktor Waal, Digitalscout (KreisSoest): „Als Digitales ZentrumMittelstand beraten wir Firmen zudigitalen Technologien sowie Ge-schäftsmodellen und stellen dafürrelevante Kontakte her. Auch Aug-mented und Virtual Reality sind da-bei ein Thema, als Beispiel zur Digi-talisierung eines Vertriebsprozes-ses. Die Technologie kommt jetzt indie Produktivitätsphase und ist dernächste Baustein für die Interakti-on zwischen Mensch und Maschi-ne.“