Wabi-Sabis427515b614c1eefe.jimcontent.com/download/version/1413760674/mo… · Universität Kassel FB 06 – ASL WS 2009/2010 Seminar: BPS II - Arbeit Betreuung: dipl.-Ing. Stephan

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  • Universitt KasselFB 06 ASLWS 2009/2010

    Seminar: BPS II - ArbeitBetreuung: dipl.-Ing. Stephan Amtsberg

    Wabi-Sabi

    Entwurf einer japanischen sthetik

    Im Kontext japanischer Architektur

    berarbeitete u. Erweiterte Fassung

    Torsten Strack

    Reginastrasse 834119 KasselTel. 0561/5035902E-Mail: [email protected]

    Studiengang: Architektur8. Fachsemester, BPS II

    04.02.2011

  • 2

    Abbildung 1: Shubun. Einsiedlerhtte. ca. 1418.

  • Inhaltsverzeichnis

    1. Einleitung.......................................................................................................................4

    2. Zen Buddhismus.......................................................................................................... 5

    2.1. Das Zen der Dinge.................................................................................... 6

    2.2. Wege des Zen ........................................................................................... 8

    3. Wabi-Sabi. Eine japanische sthetik................................................................. 9

    4. sthetik und japanische Architektur...........................................................10

    4.1. Tatami................................................................................................................10

    4.2. Raum...................................................................................................................12

    4.3. Materialitt als Geisteshaltung..................................................... 12

    4.4. das Teehaus....................................................................................................15

    4.5. Das japanische Haus ............................................................................17

    5. Fazit.....................................................................................................................................19

    6. Quellenverzeichnis.................................................................................................. 22

    7. Abbildungsverzeichnis........................................................................................... 23

    3

  • 1. Einleitung

    Oft vereint die japanische sthetik eine uns fremde Andersartigkeit mit Zgen einer

    Reduktion, wie sie im Westen erst mit der Moderne Einzug hielt. Auch Abstraktion gab es in

    Japan schon lange. Dafr keinen Farbenlrm und kaum ppige Formen. Die Einzigartigkeit

    des Themas Wabi-Sabi ist mir im Verlauf einer erweiterten Literaturrecherche bewusst

    geworden. Es grndet auf die enge Verbundenheit zur traditionellen japanischen Lebensweise,

    die von einer ganzheitlichen Spiritualitt, dem Zen-Buddhismus, geprgt ist. Diese

    Lebensweise hat im Laufe der japanischen Kulturgeschichte Kunst, Philosophie, Handwerk

    und Architektur derart dicht zusammen gefhrt, dass es schwer ist, eine deterministische

    Auflsung nach westlicher Gewohnheit vorzunehmen. Als Schlssel zu einem besseren

    Verstndnis dient hier die Philosophie des Wabi-Sabi, eine ursprngliche sthetik

    naturverbundener Einfachheit. Mit Bercksichtigung dieses philosophischen Schnheitsideals

    sollte sich ein anderer Blick auf traditionelle japanische Architektur erffnen und

    Hintergrnde einer so ganzheitlichen Wohnkultur besser ins Verstndnis moderner

    Sichtweisen rcken lassen.

    Allerdings muss man befrchten, dass dieses Schnheitsideal, welches lange Zeit fr die

    japanische sthetik grundlegend und prgend war, im heutigen Japan allmhlich zu

    verschwinden droht. Ich mchte mich mit dieser Arbeit auch der Vermittlung einzelner

    Literaturquellen1 2 anschlieen und fr eine Bewahrung dieser Tradition einstehen, in dessen

    Konzeption sich eine Bereicherung fr all diejenigen verbirgt, die im knstlerischen oder

    geistigen Bereich kreativ ttig sind, und dessen Wertgefge einer breiteren ffentlichkeit

    bewusst gemacht werden sollte.

    1 Koren, Leonard: "Wabi-Sabi fr Knstler, Architekten und Designer". Japans Philosophie der

    Bescheidenheit. 6. Auflage, Wasmuth: Tbingen 2007.

    2 Juniper, Andrew: "Wabi Sabi: The Japanese Art of Impermanence". Tuttle Publishing: Tokyo, Rutland-

    Vermont, Singapore 2003.

    4

  • 2. Zen Buddhismus

    Der ursprnglich in Indien entstandene Buddhismus

    kam im 6. Jahrhundert n.Chr. nach China, wo er

    sich zum Taoismus fortentwickelte. Weiter gelangte

    er als eigenstndige Schule, die als Zen-

    Buddhismus (Ch'an) bekannt wurde, erstmals um

    das 12. Jahrhundert nach Japan. In der Kamakura-

    Zeit entwickelten sich zwei Hauptstrmungen des

    japanischen Zen, St-sh und Rinzai-sh. St

    Zen war ursprnglich die asketischere und strengere

    Richtung. Ihr Begrnder, Dgen Kigen (1200-

    1250), ist heute der vielleicht bekannteste Vertreter

    des japanischen Zen berhaupt. Dgen war jedoch

    zu seinen Lebzeiten nicht mehr als der Abt eines

    sektiererischen Klosters in einer abgelegenen

    Provinz. Auch unter seinen Nachfolgern blieb St

    Zen weit hinter der Bedeutung von Rinzai Zen

    zurck und verbreitete sich vor allem in lndlichen

    Gebieten.

    Die Rinzai-Schule erfuhr hingegen eine massive Frderung durch das neu gegrndete

    Shogunat in Kamakura. Die historische Rolle des Zen ist daher eng mit der Etablierung einer

    neuen Herrschaftsordnung durch den Kriegeradel in der Kamakura Zeit verknpft.3 4

    Zen betont den direkten, intuitiven Einblick in die bernatrliche Wahrheit jenseits jeglicher

    intellektueller Konzeption. Sowohl Wabi-Sabi als auch der Zen-Buddhismus messen dem

    berschreiten konventioneller Sicht- und Denkweisen in Bezug auf Dinge bzw. des Daseins

    groe Bedeutung zu. Das Nichts (bildlich als Vervollkommnung) hat in der Metaphysik des

    Wabi-Sabi genauso wie im Zen eine zentrale Position.5 6

    3 Han, Byung-Chul: "Philosophie des Zen-Buddhismus". Reclam: Stuttgart 2002. S.7f.

    4 http://www.univie.ac.at/rel_jap/gesch/zen.htm (12.05.2009)

    5 Koren, L.: "Wabi-Sabi fr Knstler, Architekten und Designer". S.74.

    6 Vgl. Juniper, A.: "Wabi Sabi: The Japanese Art of Impermanence". S.15f.

    5

    Abbildung 2: Die Kalligrafie des Ens (,

    japanisch Kreis) verkrpert Leerheit und

    Vollendung. Sie wird hufig als visuelles Symbol

    fr Zen verwendet.

  • Zen wurde hufig in einer klsterlichen Umgebung

    studiert, wo strenge und intensive Meditation

    kombiniert mit harter krperlichen Arbeit der

    wesentliche Lehrsatz fr die Veredelung des

    Geistes war. Trotz des krglichen Lebens im

    Tempel waren sie Quell knstlerischen Schaffens

    und viele Knste wurden von Zen-Mnchen

    entwickelt. Ihr Streben beschrnkten sich nicht nur

    auf die traditionelle Brstenmalerei, sondern

    umfasste auch Kalligraphie, Kampfsportarten,

    Gartenarbeit (Gartenbau) sowie Architektur und

    sogar das Trinken des Tees.

    Solche Mnche strebten in einem Geist stiller aber

    energischer Entschlossenheit einen knstlerischen

    Ausdruck in allem zu finden was sie taten. Diese

    Kunst wurde Ausdruck ihrer konzentrierten Geisteshaltung.7

    Ziel ist Mochin; das ist nicht Willens- oder Gedankenlosigkeit, sonder vielmehr ein Moment

    hchster Konzentration, wo Gedanken und Emotionen den Geist nicht lnger vernebeln. Im

    Mochin ist die Welt nicht lnger ein Spiegel von Illusionen, erst hier ffnet sich der Blick auf

    das Chinyo die absolute Wahrheit, das unfassbare Wesen der Wirklichkeit.

    Mochin der leere Geist, der ohne Gedanken aber voller Bewusstsein ist, kann ber

    Meditation oder ber viele andere Wege erreicht werden. Denn Zen ist berall.8

    2.1. Das Zen der Dinge

    Wabi-Sabi ist nahezu seit seiner Entstehung als eigenstndige sthetische Form mit Zen-

    Buddhismus in Verbindung zu bringen. In vielerlei Hinsicht knnte man es sogar als das Zen

    der Dinge bezeichnen, da es viele der geistig-philosophischen Lehrstze des Zen

    veranschaulicht. Die ersten Japaner, die mit Wabi-Sabi in Kontakt kamen, waren Teemeister,

    Priester und Mnche. Sie hatten alle Zen praktiziert und waren durchdrungen von der

    Geisteswelt des Zen-Buddhismus. Eines der Hauptmerkmale des Zen ist sein entschiedener

    Antirationalismus. Der Lehre zufolge knnen grundlegende Erkenntnisse nicht durch das

    7 Vgl. Juniper, A.: "Wabi Sabi: The Japanese Art of Impermanence". S.26.

    8 Vgl. Han, Byung-Chul: "Philosophie des Zen-Buddhismus". S.43ff.

    6

    Abbildung 3: Stmnch in Arashiyama, Kyoto

  • geschriebene oder gesprochene Wort bermittelt werden, sondern nur auf geistiger Ebene. So

    lautet ein Sprichwort: Ein Wissender redet nicht; Ein Redender wei nicht.9 Ein Prinzip, das

    Missverstndnisse und Fehlinterpretationen bei der Deutung der leicht falsch zu verstehenden

    Konzeption des Zen zu reduzieren versucht.10

    Der Blick des Zen auf die Welt, so komplex und fremdartig er dem Westen sein mag, kann

    vielleicht mit einigen der folgenden berzeugungen vermittelt werden.

    Wir leben in der Illusion einer dualen Welt.

    Dieses Trugbild veranlasst den Mensch, sich an der Idee von sich selbst und der

    materiellen Welt festzuhalten, die dann zum Leiden fhrt.

    Leben ist schwindend und flchtig aber die berwindung der Angst vor dem Tod ist

    fr die Erfllung des Lebens entscheidend.

    Durch die Meditation und groe Anstrengung ist es mglich, die Ketten unserer

    Wahrnehmung zu brechen und die wahre Natur der Wirklichkeit zu begreifen. Auf

    diese Weise befreit es uns vom Leiden, das aus dem Missverstndnis stammt.

    Diese Ideen ber das Leben hatten einen entschiedenen Effekt auf die Entwicklung der Kunst,

    nicht nur in den Tempeln sondern auch in den Gesellschaften Japans und Chinas. Die

    Gegenstnde der Zen-Kunst sind eine physische Manifestation ihres Glaubens. Malereien

    grndeten meist auf Szenen lndlicher Umgebung, so wie Vgel, Bume, Felsen und Berge,

    in deren Prsentation weniger eine exakte Wiedergabe, als die Bewahrung ihrer Essenz zu

    sehen ist. Diese Arbeiten entstanden in spontanen Momenten der Inspiration, oft nur mit

    breiten und pauschalen Pinselstrichen, in denen der Knstler seine Visionen mit minimaler

    berlegung und Nachdenken auf das Papier brachte. Es zielte mehr auf die direkte Erfahrung

    einer Wahrnehmung ab, weniger auf das Gedankengut, welches zu dieser Erfahrung fhrte.

    Solche Arbeiten hatten oft viele Elemente, die man als Wabi-Sabi definieren konnte und

    vielleicht hat eine solche Arbeit die vier Lehrstze des Wabi-Sabi mitbegrndet:

    Alles im Universum ist in Bewegung, es kommt und geht ins Nichts.

    Wabi-Sabi-Kunst ist im Stande diese wesentliche Weisheit der Unbestndigkeit

    aufzunehmen und anzudeuten.

    Das Erfahren von Wabi-Sabi-Eindrcken kann ein friedliches Nachsinnen ber die

    Vergnglichkeit aller Dinge erzeugen.

    Durch Aufwertung dieser Vergnglichkeit kann sich unser Leben auf einen neuen und

    9 Tao-T-King: "Das heilige Buch vom Weg und von der Tugend". Einleitung und Anmerkungen von Gnther

    Debon. Reclam: Stuttgart 2007.S.85.

    10 Vgl. Koren, L.: "Wabi-Sabi fr Knstler, Architekten und Designer". S.15f.

    7

  • ganzheitlichen Blickwinkel beziehen.11

    2.2. Wege des Zen

    Seit dem 18. Jahrhundert liegt in Japan die Verwaltung und die Vergabe kultureller

    Information zu den verschiedenen Knsten, die als Wege des Zen-Buddhismus verstanden

    werden knnen, in der Hand bedeutender familir strukturierter Schulen. Zu den berhmtesten

    Knsten Japans zhlen:

    Sad (oder Chad) der Weg der Teezeremonie (Teeweg),

    Shodo der Weg der Schreibkunst (Kalligraphie),

    Kado der Weg des Blumenarrangements (auch: Ikebana),

    Suizen das kunstvolle Spiel der Shakuhachi-Bambusflte,

    Zengarten die Kunst der Gartengestaltung,

    Kyudo die Kunst des Bogenschieens,

    Budo der Weg des Kriegers (div. Kampfknste).

    Das Oberhaupt einer solchen Schule wird iemoto genannt. Oft werden primre Textquellen,

    Kunsterzeugnisse und andere fr die wissenschaftliche

    Forschung erforderliche Materialien von iemoto-Schulen

    kontrolliert, die wie im Zen-Buddhismus darauf

    bestehen, die wesentlichen Informationen nur mit den von

    ihnen auserwhlten Personen zu teilen. Die Konzeption des

    Wabi-Sabi, die innerhalb des iemoto-Besitztes ein

    wesentlichen Teil des geistigen Eigentums ausmachte

    (besonders: Teezeremonie), wurde nur im Austausch gegen

    Geld oder Geflligkeiten preisgegeben. Geschickt

    verborgene exotische Lehren wie die des Wabi-Sabi

    hatten eine besondere Attraktivitt, waren aber selbst im

    Kontext der gelehrten Kunst fr westliche Betrachter lange

    Zeit nur schwer zu fassen.12 13

    11 Vgl. Juniper, A.: "Wabi Sabi: The Japanese Art of Impermanence". S.27.

    12 http://www.univie.ac.at/rel_jap/gesch/zen.htm#japan (12.05.2009)

    13 Koren, L.: "Wabi-Sabi fr Knstler, Architekten und Designer". S.16.

    8

    Abbildung 4: Kydschtzen in Hakama

    und Gi

  • 3. Wabi-Sabi. Eine japanische sthetik

    Der Begriff Wabi-Sabi vereint in sich Qualitten wie Unbestndigkeit, Demut, Asymmetrie

    und auch Schnheitsfehler. Diese zu Grunde liegenden Prinzipien sind denjenigen ihrer

    westlichen Gegenentwrfe diametrisch entgegengesetzt, deren Werte in einer hellenistischen

    Weltanschauung verwurzelt sind, welche Dauerhaftigkeit, Groartigkeit, Symmetrie und

    Vollkommenheit schtzt.

    Japanische Kunst, die vom Geist des Wabi-Sabi erfllt ist, sucht Schnheit in den Wahrheiten

    der natrlichen Umwelt, schtzt die Natur fr ihre Inspiration. Es nimmt von allen Formen der

    intellektuellen Verwicklung, Selbstberschtzung und Affektiertheit Abstand, um die

    schmucklose Wahrheit der Natur zu entdecken. Da Natur durch ihre Asymmetrie und

    zuflligen Makel definiert werden kann, sucht Wabi-Sabi die Reinheit in der natrlichen

    Unvollkommenheit. Die japanische Pflege dieser Annherung an die Kunst hat einen

    knstlerischen Ausdruck geschaffen, in dem eine tiefe philosophische Konsistenz mitschwingt

    - eine Konsistenz mit groer historischer Tiefe, die Jahrhunderte kaum von Vernderungen

    betroffen war. Von den Holzschnitten, die Impressionisten wie Monet und Van Gogh

    inspirierten, zu den Kochknsten, die der Nouvelle Cuisine den Weg ebneten, die Haiku

    Dichtkunst welche Gary Snyder von der Kunst der Gartenarbeit begeisterte, die die Welt

    gefesselt hat, ist der Einfluss Japans auf den Westen erstaunlich gewesen.14

    Wabi-Sabi ist die auffallendste und charakteristischste Ausprgung dessen, was fr

    traditionelle japanische Schnheit gehalten wird. Wabi-Sabi kann in seiner umfassendsten

    Ausprgung eine Form der Lebensfhrung sein; in seiner eng gefasstesten ist es eine

    bestimmte Art von Schnheit.

    Auf den ersten Blick erscheinen Wabi-Sabi-Objekte schlicht, kunstlos, etwas buerlich und

    grob in ihrer Oberflchenstruktur. Damit hat Wabi-Sabi einige Charakterzge gemeinsam mit

    dem, was wir gewhnlich als primitive Kunst bezeichnen, d.h. mit Gegenstnden, die grob,

    einfach, anspruchslos und aus Naturmaterialien gefertigt sind. Jedoch wird anders als in der

    primitiven Kunst Wabi-Sabi fast nie in figrlicher oder symbolischer Weise verwendet.

    Ursprnglich hatten die japanischen Worte Wabi und Sabi ganz unterschiedliche

    Bedeutungen. Sabi bedeutete eigentlich frstelnd, abgezehrt oder verwelkt. Wabi

    bezeichnete ursprnglich das Trbsal des Lebens allein in der Natur, fern der Gesellschaft,

    und vermittelte die Vorstellung eines entmutigten, niedergeschlagenen und freudlosen

    14 Vgl. Juniper, A.: "Wabi Sabi: The Japanese Art of Impermanence". S.2f.

    9

  • Gemtszustandes. Um das 14. Jahrhundert verschoben sich allmhlich die Bedeutungsinhalte

    beider Begriffe hin zu positiveren sthetischen Werten.15

    Selbstauferlegte Isolation und die freiwillige Armut des Einsiedlers und Asketen wurde als

    Mglichkeit aufgefasst geistigen Reichtum zu erlangen. Beim Liebhaber der Dichtkunst

    frderte diese Art des Lebens eine Aufgeschlossenheit fr die kleinen Details des Alltags und

    die tiefere Einsicht in die Schnheit der unscheinbaren und leicht bersehbaren Aspekte der

    Natur. Andererseits erhielt eine auf den ersten Blick wenig einnehmende Schlichtheit eine

    eigene Bedeutung als Basis einer neuen, reinen Form der Schnheit.

    In den nachfolgenden Jahrhunderten hat sich die Bedeutung von Wabi und Sabi so oft

    berkreuzt, das die Linien die beide trennte, in der Tat sehr unscharf geworden ist. Wenn

    Japaner heutzutage Wabi sagen, meinen sie gleichzeitig Sabi und umgekehrt.16

    Die Botschaft des Wabi-Sabi, im Hinblick auf den immer weiter vordringenden Materialismus

    der Gesellschaft westlicher Prgung, ist heute ebenso wichtig, wie es im Japan des 13.

    Jahrhunderts war. Diese althergebrachte Annherung an das Leben, die frischen Wind sowohl

    in die visuellen als auch in dekorativen Knste mit sich bringen kann, ist zur modernen

    westlichen Kultur ambivalent und begnstigt eher eine Philosophie und ein Designethos der

    mehr mit unseren Fehlern und unserer organischer Natur im Einklang steht. Diese Konsistenz

    zwischen Philosophie und Designgrundsatz bedeutet, dass die Botschaft des Wabi-Sabi immer

    noch Relevanz in vielen Aspekten des modernen Lebens hat.17

    4. sthetik und japanische Architektur

    4.1. Tatami

    Mehr als jede andere Komponente des japanischen Hauses, ist das tatami der Kern, um den

    sich die architektonische Anordnung von Raum dreht. Im Grunde ist die rechteckige tatami-

    Matte nur ein aus Stroh geflochtener Bodenbelag, doch findet man es so gut wie in jedem

    japanischen Haus. Selbst moderne Huser verfgen zumeist ber einen tatami Raum; oft der

    Teeraum oder auch ein Gsteraum, in dem leicht ein Futon fr die Nacht entrollt werden kann.

    Die Ursprnge des tatami reichen bis weit in die japanische Geschichte zurck, als die

    blanken Erdboden mit losem Stroh ausgestreut wurde um etwas weicher und wrmer zu

    15 Vgl. Koren, L.: "Wabi-Sabi fr Knstler, Architekten und Designer". S.21.

    16 Ebd. S.22.

    17 Vgl. Juniper, A.: "Wabi Sabi: The Japanese Art of Impermanence". S.3.

    10

  • liegen. In der Heian Periode (794-1185) entwickelten sich portable Rollmatten aus Stroh, die

    je nach Bedarf im Haus verteilt werden konnten, um darauf zu schlafen oder um am Herd zu

    sitzen. Im fnfzehnten Jahrhundert wurde das tatami zu einem permanenten Bodenbelag, der

    den ganzen Boden eines Raumes bedeckte.

    Die Abmessung eines tatami leiteten sich von einer auf dem Boden liegenden Person ab. Die

    genauen Mae variierten ber die Jahrhunderte, heute ist eine typisches tatami etwa 90cm

    breit und 180cm lang. Als Bodenbelag ist das tatami hervorragend fr das vorherrschende

    Klima in Japan geeignet. Es erlaubt der Luft durch den Boden zu zirkulieren, und ist dazu

    noch eine weiche und einladende Unterlage. Fast berflssig zu erwhnen, dass der daraus

    entwickelte Brauch, sich die Schuhe vor dem Betreten des Hauses auszuziehen, geholfen hat

    die empfindlichen Matten rein zu halten. Aber tatami ist weit mehr als ein schnder

    Bodenbelag, weit wichtiger ist, dass es die Gre eines Japanischen Hauses und seine innere

    Dimensionierung bestimmt. Straenfassade, Raumgre, Abstand zwischen Sttzen und

    weitere strukturelle Mae wurden und werden mit den tatami-Matten aufgemessen. Dieser

    modulare Lebensstil ist einzigartig japanisch und hatte groen Einfluss auf Architekten

    weltweit.18

    18 Vgl. Murata, Noboru; Black, Alexandra: "the japanese house". architecture and interiors. Tuttle Publishing:

    Tokyo, Rutland-Vermont, Singapore 2000. S.8.

    11

    Abbildung 5: Traditioneller Gsteraum aus 20 tatami-Matten

  • 4.2. Raum

    Es gibt in der japanischen Sprache kein Wort, das exakt dem westlichen Begriff Raum, im

    Sinne von Zimmer, entspricht, auch wenn das Zeichen ma den Terminus Raum hnelt.

    Immer wenn wir von Rumen in einem japanischen Haus sprechen, bezeichnen wir damit

    Raum im Verstndnis von Bereich oder Flche. Die Wnde, die einen Raum im westlichen

    Haus definieren, sind in Japan bewegliche Teile, die Bedarfsnutzflchen unterteilen.

    Betrachtet man den Grundriss eines japanischen Hauses, Sind die tragenden Elemente klar

    bestimmt, aber geschlossene Rume wird man nicht erkennen. So haben Rume Funktionen,

    aber keine Strukturen wie westliche Zimmer, sie lokalisieren Raum, geben dem Bau aber

    keinen statischen Halt. Das Basisformat das minka ist ein Drei-Rume-Arrangement, aus

    dem sich im achtzehnten Jahrhundert zunehmend ein Vier-Rume-Konzept entwickelte, das

    aber Wiederum nach Landschaft, Distrikt und Standeszugehrigkeit der Bewohner differiert.19

    4.3. Materialitt als Geisteshaltung

    Historische Texte zeigen, dass der japanische Bambus einst ber 1400 praktische und

    dekorative Verwendungszwecke hatte. In japanischen Husern ist Bambus ein verbreitetes

    und gewohntes Bild. Ein Bambuszaun ist meist der erste Berhrungspunkt zwischen der

    Strae und dem Rest eines Hauses. Es ist das bevorzugte Material fr Dcher und

    Dachsparren traditioneller Bauernhuser und Quellbrunnen. Bambus, manchmal auch Schilf,

    dient zur Ausgestaltung der Auenwand, Sudare genannt, wo es die Fassade des Hauses im

    Wechsel mit shoji Tren vor der intensiven Sonneneinstrahlung des Sommers schtzt und

    dabei die Belftung gewhrleistet. Die Strke und Haltbarkeit von Bambus, seine Biegsamkeit

    und die Mglichkeit, es gerade spalten und weben zu knnen, haben viele Zimmerleute und

    Konstrukteure hoch gelobt.

    Abgesehen von den Vorzgen, die es als Rohstoff und Baumaterial hat, wohnt im Bambus

    auch ein sthetischer Wert. Es versprht eine krude, natrliche Schnheit durch die knotigen

    Teilstcke und der sanft glnzenden, runden Oberflche. Es beschwrt die sanften Freuden

    der Natur das Gerusch eines Bambuswaldes der in einer Brise klappert und raschelt, ist

    eines der eindringlichsten sinnlichen Erfahrungen die Japan unter vielen weiteren zu bieten

    hat.

    Folglich ist der Gebrauch von Bambus als dekoratives Element, im Vergleich zu anderen

    Baumaterialien, weit verbreitet. In der Teestube besteht eine der Sulen hufig aus Bambus;

    19 Fahr-Becker, Gabriele: "Ryokan". Zu Gast im traditionellen Japan. Knemann: Knigswinter 2005. S.189

    12

  • die Schpfkelle und der Tee-Besen sind auch aus Bambus, was eine gewisse Leichtigkeit und

    ein Gefhl der Einfachheit vermittelt.20

    Die Schnheit eines japanischen Raums liegt in der Variation zwischen schweren Schatten

    und leichten Schatten. Westliche Betrachter waren oft ber die Einfachheit japanischer

    Rume erstaunt, sahen in ihnen aber nicht mehr als Eschenwnde die ihren Verzierungen

    beraubt wurden. Ihre Reaktionen waren verstndlich, zeigt aber ihre Unfhigkeit die

    Mysterien des Schattens zu begreifen.21

    Dieses Mysterium des Schattens kommt in der Tat erst durch den erfahrenen Gebrauch von

    Papier als konstruktives sowie dekoratives Material zu Stande. Handgeschpftes Papier,

    washi genannt, gibt japanischen Husern dieses stimmungsvolle und atmosphrische Innere.

    Hunderte dieser handgeschpften Papiere werden individuell ihrem Charakter und Platz

    angepasst. Im Haus gibt es drei besondere Anforderungen fr den Papierwert. Innenfenster

    und shoji Schiebetren werden mit einem schweren undurchsichtigen Papier in cremefarben

    bespannt, um das Licht weich zumachen, wenn es von der Auenseite in ein Zimmer scheint.

    Glattere, farbige und gemusterte Papiere werden verwendet, um fusuma, die festen Tren zu

    decken, die Rume teilen und den Kchenraum verbergen. Und feineres washi Papier deckt

    20 Vgl. Murata, N; et al.: "the japanese house". architecture and interiors. S.9.

    21 Vgl. Jun'ichiro, Tanizaki: "Lob des Schattens". Zrich: Manesse 2002. S.37f.

    13

    Abbildung 6: Ohashi-ya. Blick in die offene Holzbalkendecke. Der Erdteil oft nach dem Dachraum hin offen und

    lsst den Blick in die natrlich belassenen Balken des Dachgerstes frei.

  • andon, die traditionellen Stehlampen, die des Nachts ein feines Glhen durch das Haus

    werfen.22

    Holz ist vielleicht das wertvollste und verehrteste aller Materialien. Holz war bis zum spten

    20. Jahrhundert auch das zugnglichste aller Materialien und wurde in den Wldern

    geschlagen, die Japans gebirgiges Binnenland bedecken. Kiefer, Zeder und Zypressen-Bume

    sind alle in Hlle und Flle gewachsen. Heute werden diese Wlder mehr und mehr als eine

    begrenzte, eingeschrnkte und teure Ressource angesehen.

    Nichtsdestotrotz basieren die meisten Hauskonstruktionen immer noch auf Holzrahmenbau,

    so wie es seit Jahrhunderten blich ist. So ist es nicht verwunderlich das der Zimmerer unter

    den Handwerkern Japans den hchsten Stellenwert geniet.

    Whrend die gewaltigen uralten Tempel und Schreine komplett in Holz gebaut wurden und

    gut ein Jahrtausend standhielten, waren Wohnarchitekturen von einer viel leichteren und

    temporreren Natur was in einem von Erdbeben heimgesuchten Land natrlich mehr

    Sicherheit bietet.

    Holz jedenfalls ist mehr als ein Material aus dem sich Gebude bauen lassen. Die

    Unregelmigkeiten in seiner Struktur und der Textur sind beide wichtige sthetische

    Elemente im Verstndnis japanischer Architektur.23

    Stein ist das schwerste der Materialien das beim Errichten eines japanischen Hauses beteiligt

    ist, wird hauptschlich fr den Auenbereich des Gebudes benutzt. Es wird unsichtbar als

    Fundament und reichlich in der Ausgestaltung der Erschlieungswege, Eingangshalle,

    Kchenraum und im Gartenbau eingesetzt.

    Stein wird wie Holz besonders fr seine unregelmige und individuelle Struktur verehrt.

    Besonders groe Steine sind der Mittelpunkt eines jeden japanischen Gartens die durch die

    besonderen Frbungen, Texturen oder Beschaffenheiten eines jeden Steins der

    Gartenlandschaft eine spezielle Stimmung verleihen.

    Flache, unregelmig geformte Stcke aus Stein dienen als Pflasterung oder Trittstellen fr

    Wege zum Haus und im Garten. Mit Wasser bespritzt oder geschrubbt, scheinen sie in der

    frhen Morgensonne oder leuchten im Schein der Laternen so kann Stein poetische

    Qualitten annehmen.24

    22 Vgl. Murata, N; et al.: "the japanese house". architecture and interiors. S.10f.

    23 Vgl. ebd. S.11.

    24 Vgl. ebd. S.11f.

    14

  • 4.4 Das Teehaus

    Im Tee, so heit es, wurzelt die japanische Kultur die Rituale und Philosophie die mit dem

    Tee trinken in Verbindung stehen, hatten weit ber tausend Jahre ihren Einfluss auf die

    sthetik des Landes. Von der Kalligrafie zur Keramik, ber das Blumenbinden zu Gartenbau

    und Architektur, konnte sich kaum ein Aspekt japanischer Identitt der Philosophie des Tees

    entziehen. Da es der Ort ist in der die Teezeremonie stattfindet, symbolisiert das Teehaus am

    eindrcklichsten die wirklichen Ideale der Teephilosophie. Im zehnten Jahrhundert von Zen

    Priestern eingefhrt, die von Studien in China nach Japan zurckkehrten, wurde Tee

    hauptschlich von Mnchen in den langen Stunden der Meditation getrunken um sich wach zu

    halten. In China wurde Tee bereits frher aber nur zu uerst wichtigen rituellen Handlungen

    gereicht. In Japan jedoch erweiterte sich die geistige Dimension des Tees auerhalb des

    religisen Auftrags auch in die skulare Welt - es fhrte zur Entstehung eins sthetischen

    Kultes.

    15

    Abbildung 7: Fenster des Joan-Teehauses im Urakuen-Teegarten in Inuyama

  • Die Komplexitt der Teezeremonie und die damit vereinigte sthetik erreichte ihre

    Vollendung im sechzehnten Jahrhundert unter dem Teemeister Sen Rikyu Soeki.25

    Ihm wird die Formalisierung der Teezeremonie zugeschrieben. Er legte fr den Ort einen

    strikten Rahmen fest, indem er jedes beteiligte Element qualifizierte. Von der Beschaffenheit

    der benutzten Teetassen, der Art der Blumen bis zur Struktur und den Materialien eines

    Teehauses. Mit dem Entwurf des ersten Teehauses gelang es Sen Rikyu einen Raum zu

    schaffen, der die zerbrechliche und vergngliche Natur des Lebens betont. Es war

    beabsichtigt, um die Welt des Geistes zu erfrischen, die Einfachheit und Schlichtheit einer

    Strohhtte zu vermitteln, obgleich auf eine hoch stilisierte Weise.

    Die dekorativen Elemente wurden auf ein Minimum reduziert, um den Geist eines jeden

    Zeremonienteilnehmers zu schrfen. Nur einige wenige Schlsselobjekte waren gestattet; eine

    Schriftrolle, ausgewhlte Blumen sowie der Teekessel und Teetassen. Das bergeordnete

    sthetische Konzept war die Erlangung einer Wabi-Sabi Erfahrung. Wabi-Sabi; eine

    Hauptbeschftigung eines jeden Teemeisters, Teehauskonstrukteurs (Architekten) und

    Handwerkers seit dem sechzehnten Jahrhundert.

    Seit der Zeit der Teehuser des Sen Rikyu hat sich wenig gendert. Alle groe Tee-Schulen

    grnden auf seine Lehren und ihre Teehuser wurden nach seinen Vorgaben errichtet. Eine der

    fhrenden Kyoto-Schulen ist Mushakoji Senke, begrndet von einem Urahn Rikyus im

    siebzehnten Jahrhundert. Der Schulkomplex aus Teerumen und Grten ist eines der besten

    Pltze, um die Schnheit der Teehausarchitektur und die Prinzipien des Wabi-Sabi als

    japanische Kunst zu erfahren.

    Beim Betreten von Kansuien, dem Teehaus das Mushakoji Senke am hufigsten nutzte, ist der

    Gast frs Erste gebannt, sowohl von der Einfachheit des Materials in der Konstruktion als

    auch von der Tatsache, dass nichts symmetrisch scheint. Diese Unregelmigkeiten sind Teil

    der Wabi-Sabi sthetik - ein Gefge das zweckmig verwendet wird, um eine offenbare

    25 Kakuzo Okakura: "Das Buch vom Tee". Sonderausgabe. 2. Auflage, Insel: Frankfurt 2007.S.54f.

    16

    Abbildung 8: Teezeremonie in Mushakoji Senke

  • Achtlosigkeit anzudeuten; als ob sich das Haus organisch, aber nicht auf eine sorgfltig

    berlegte Methode entwickelt hat. Die groben und rauen Materialien sind ebenfalls speziell

    gewhlt, um den selbe Eindruck zu erwecken. Die niedrigen Dcher mit gebndeltem Stroh,

    die Bambussttzen, die unbehandelten, schmucklosen Lehmwnde, die Korridore aus Tatami

    Matten, die papierbedeckten Fenster all das soll ein Gefhl von Leichtigkeit,

    Zerbrechlichkeit und Dahinschwinden transportieren. Zusammen schaffen sie die ideale

    Umgebung, wo das Spannungsfeld durch die Gegenstzlichkeit von einfachen und natrlichen

    Elementen der Konstruktion und dem hoch ritualisierten und formalisierten Spiel der

    Teezeremonie selbst Verwendung findet.26 27 28

    4.4 Das japanische Haus

    Das japanische Haus ist fr viele das Sinnbild eines natrlichen Hauses. Es besteht aus

    Holz, hat Lehmwnde, Papierfenster, Strohboden, es ist vollkommen zum Auenraum zu

    ffnen, und ein Garten gehrt unabdingbar dazu. Mit der Aneinanderreihung dieser Qualitten

    entsteht das Bild einer veredelten Urhtte. Doch bei genauerer Betrachtung ist das japanische

    Haus alles andere als ursprnglich. So kann man es eher als hchst verfeinertes, kulturelles

    Instrument verstehen, in vielerlei Weise unzulnglich um mit Einflssen aus Natur und

    Gesellschaft umzugehen.

    Das japanische Haus wurde aber durchaus nicht im positiven Sinne als natrlich verstanden.

    Es hat so viele Mngel, dass es ein, wenn nicht das Sinnbild fr die Unbestndigkeit des

    menschlichen Daseins wurde. Das Haus ist lediglich kari no yado, Provisorium, vergngliche

    Behausung, anfllig fr die Macht der Elemente.29

    Das Haus bringt nur ein Mindestma an Klimaregelung: es ist zu ffnen, in den feucht-heien

    Sommern fr Zugluft, im Winter zum Einlassen der Sonne. Aber das Haus als bescheidene

    Klimahlle (ohne Heizung) erfordert einen mehrschichtigen Aufbau, der es vom Auenraum

    abtrennt. Die zum Hof oder Garten liegenden Rume haben einen ueren Umgang, engawa,

    mit Papierschiebetren, shoji, zum Raum hin und mit Holzlden, amado, an der Auenseite.

    Zur Abschirmung gegen Erdfeuchte und Flut wird das Haus hochgesetzt. Der gepresste

    Strohfussboden, tatami, muss unterlftet sein.

    26 Vgl. Murata, N; et al.: "the japanese house". architecture and interiors. S.14f.

    27 Vgl. Richie, Donald: "a tractate on japenese aestetics", Stone Bridge Press: Berkeley, CA 2007. S.31f.

    28 Vgl. ebd. S.40-41.

    29 Vgl. Akademie der Architektenkammer NRW, Hg. Speidel, Manfred: "Japanische Architektur". Geschichte

    und Gegenwart. Gerd Hatje: Stuttgart 1983. S.12.

    17

  • Die Heizmglichkeiten beschrnken sich auf handwrmende Kohlebecken und eine gewrmte

    Vertiefung im Fuboden, kottsu, ber der ein Tisch steht. Man nimmt heie Bder und trgt

    viele Kleider. Man spricht auch von den kurzen Leiden des Winters.30

    30 Vgl. Akademie der Architektenkammer NRW, Hg. Speidel, Manfred: "Japanische Architektur". Geschichte

    und Gegenwart. S.13.

    18

    Abbildung 9: Blick uber die engawa, Veranda, des Gaste-Cottages Matsuno-o und den inneren Garten auf das

    Studierzimmer des Cottages mit zwei hufeinsenformig angeordneten Hauptraumen.

  • 5. Fazit

    Wabi-Sabi ist eine elementare Komponente der japanischen sthetik. Diese Wortverbindung,

    deren Konzeption vor hunderten von Jahren durch Zen-Priester und Teemeister seine

    entscheidende Ausprgung erhielt, verwendet man in Japan, um eine ganz spezifische Art von

    Schnheit zu beschreiben, die sich durch Schlichtheit, Einfachheit und Selbstgengsamkeit

    auszeichnet und zugunsten innerer Werte auf ueren Prunk verzichtet. Alle Normen

    berragend, wirkte Wabi-Sabi als Grundpfeiler der japanischen Architektur ber Jahrhunderte

    und berzeugt mit den Qualitten des erzeugten Raums bis in die heutige Zeit. In meinen

    Augen ist die Konzeption und die Methodik dieser japanischen Wertschpfung von Raum

    und Qualitt, nicht nur auf die Architektur, sondern auf jedes Konstrukt planerischen bzw.

    knstlerischen Schaffens als Vorbild zu sehen. Wabi-Sabi stellt einen natrlichen Gegenpol

    zur digitalisierten unbegrenzt reproduzierbaren Hochglanz-sthetik der heutigen von

    Kommerz und Computertechnologie bestimmten Zeit dar. Es misst den Dingen einen umso

    hheren sthetischen Wert zu, je lter sie sind und je lnger sie bereits in Gebrauch sind.

    Wabi-Sabi bildet ein umfassendes sthetisches System, das ber seine kulturellen Wurzeln

    hinaus auch eine bestimmte moralische Konzeption menschlichen Verhaltens, geistiger und

    metaphysischer Vorstellungen einschliet und Gegenstnde als Zeitlos und zugleich

    vergnglich definiert. Durch diese innewohnende Klarheit, nahm es viele Elemente der

    Moderne vorweg, inspiriert und bereichert weiterhin als teils avantgardistische

    Formensprache in Kunst, Kultur und Architektur. Das Verlangen nach Klarheit, ja formeller

    Einfachheit ist es, was uns in einer Zeit zunehmender Komplexitt und fortschreitender

    Technisierung, Leitschnur, Anregung und Anker sein kann.

    19

  • 20

    Abbildung 10: Choju-kan. Der irori-Raum eines ryokan (trad. Hotel), Ort entspannter Plaudereien unter Gsten

    am spten Abend. Geschtt vor der Khle der Berge trinkt man den ber der offenen Feuerstelle erhitzten Tee

    oder Sak.

  • 21

    Abbildung 11: Chikutei Yagyu-no-sho. Eine Spielart der traditionellen andon, Inneraumlaterne, auf

    asymmetrisch verlegtem Natursteinboden. Der Raum ist separiert durch shoji, die dem shitomi-do, einem

    netzartigen, beweglichen Fensterschutz der shinden- und shoin-Residenzen nachempfunden sind.

  • 6. Quellenverzeichnis

    Literatur

    Akademie der Architektenkammer NRW, Hg. Speidel, Manfred: "Japanische Architektur". Geschichte und Gegenwart. Gerd Hatje: Stuttgart 1983.

    Fahr-Becker, Gabriele: "Ryokan". Zu Gast im traditionellen Japan. Knemann: Knigswinter 2005.

    Han, Byung-Chul: "Philosophie des Zen-Buddhismus". Reclam: Stuttgart 2002.

    Jun'ichiro, Tanizaki: "Lob des Schattens". Manesse: Zrich 2002.

    Juniper, Andrew: "Wabi Sabi: The Japanese Art of Impermanence". Tuttle Publishing: Tokyo, Rutland-Vermont, Singapore 2003.

    Kakuzo Okakura: "Das Buch vom Tee". Sonderausgabe. 2. Auflage, Insel: Frankfurt 2007.

    Koren, Leonard: "Wabi-Sabi fr Knstler, Architekten und Designer". Japans Philosophie der Bescheidenheit. 6. Auflage, Wasmuth: Tbingen 2007.

    Murata, Noboru; Black, Alexandra: "the japanese house". architecture and interiors. Tuttle Publishing: Tokyo, Rutland-Vermont, Singapore 2000.

    Richie, Donald: "a tractate on japenese aestetics", Stone Bridge Press: Berkeley, CA 2007.

    Schneider, Norbert: "Geschichte der sthetik von der Aufklrung bis zur Postmoderne", III. Auflage 2002, Reclam: Stuttgart 1996.

    Tao-T-King: "Das heilige Buch vom Weg und von der Tugend". Einleitung und Anmerkungen von Gnther Debon. Reclam: Stuttgart 2007.

    Taut, Bruno: "Ich liebe die japanische Kultur". Kleine Schriften ber Japan. Mit einer Einleitung von Hg. Manfred Speidel. Gebr. Mann: Berlin 2003.

    Yanagi, Soetsu: "Die Schnheit der einfachen Dinge". Mingei Japanische Einsichtenin die verborgenen Krfte der Harmonie. Mit einer Einleitung von Shoki Hamada. Gustav Lbbe: Bergisch Gladbach 1999.

    Yanagi, Soetsu: "the unknown craftsman. A japanese Insight into Beauty. Foreword by Shoji Hamada. Kodansha International: Tokyo 1989.

    Internet-Quellen

    http://www.univie.ac.at/rel_jap/gesch/zen.htm

    22

  • 7. Darstellungsverzeichnis

    Abbildung 1: Akademie der Architektenkammer NRW, Hg. Speidel, Manfred: "Japanische Architektur". Geschichte und Gegenwart. Gerd Hatje: Stuttgart 1983. S.13.

    Abbildung 2: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/f/f1/Enso.jpg/180px-Enso.jpg (14.05.2009)

    Abbildung 3: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/74/Japanese_buddhist_monk_by_Arashiyama_cut.jpg (14.05.2009)

    Abbildung 4: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c6/Kyudo_Kai_01.jpg (14.05.2009)

    Abbildung 5: Fahr-Becker, Gabriele: "Ryokan". Zu Gast im traditionellen Japan. Knemann: Knigswinter 2005. S.161.

    Abbildung 6: Murata, Noboru; Black, Alexandra: "the japanese house". architecture and interiors. Tuttle Publishing: Tokyo, Rutland-Vermont, Singapore 2000. S.129.

    Abbildung 7: Fahr-Becker, Gabriele: "Ryokan". Zu Gast im traditionellen Japan. Knemann: Knigswinter 2005. S.176.

    Abbildung 8: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/89/TeaHouseWindowInuYama.jpg (14.05.2009)

    Abbildung 9: http://pix.sueddeutsche.de/leben/71/423830/image_fmabspic_0_0-1194606208.jpg (15.05.2009)

    Abbildung 10: Fahr-Becker, Gabriele: "Ryokan". Zu Gast im traditionellen Japan. Knemann: Knigswinter 2005. S.227.

    Abbildung 11: ebd. S.158.

    23

    1. Einleitung.......................................................................................................................42. Zen Buddhismus..........................................................................................................5 2.1. Das Zen der Dinge....................................................................................6 2.2. Wege des Zen ...........................................................................................83. Wabi-Sabi. Eine japanische sthetik.................................................................94. sthetik und japanische Architektur...........................................................10 4.1. Tatami................................................................................................................10 4.2. Raum...................................................................................................................12 4.3. Materialitt als Geisteshaltung.....................................................12

    4.4. das Teehaus....................................................................................................154.5. Das japanische Haus ............................................................................175. Fazit.....................................................................................................................................196. Quellenverzeichnis..................................................................................................227. Abbildungsverzeichnis...........................................................................................232.1. Das Zen der Dinge 2.2. Wege des Zen

    4.1. Tatami4.3. Materialitt als Geisteshaltung4.4 Das Teehaus4.4 Das japanische Haus