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Wacholderprinzessin neu

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Himmelblau in Pastell.Die Reise der Wacholderprinzessin.

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Himmelblau in Pastell. Die Reise der Wacholderprinzessin.

Manuela Aggeler

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Danke !an meine Ko-Referentin Ursula Wolf alias Flotti

Löwenherz : Für die Inspiration und Hilfe, die

Freude und Offenheit. Und die Erkenntnis, dass

es noch mehr von meiner Sorte gibt.

an meine Ko-Ko-Referentin Manuela Murschetz :

Für die vielen, positiven Inputs und das Interesse.

an Philipp Vogt von der BVD : Für die super

Beratung. Und das Spezialpaket.

an Yanko Hofer : Für die Liebe und Treue in all den

Jahren, das Ertragen all des Kitsches und ganz

besonders für die kleine Geometrie-Nachhilfe in

Sachen Holztruhenkonstruktion.

an Mailin und Alisha : Für die ersten Kritiken und

Ideen. Ebenfalls herzlichen Dank an ihr liebes

Mami Sidonia ; meine Schwester und beste

Freundin. Für ihre Engelsgeduld und jederzeit

offenen Ohren für mein Märchen und alles, was

dazu gehörte.

an meine Freunde und Verwandten :

Für die Geduld und Unterstützung in den

letzten drei Jahren.

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Impressum

Diplomarbeit « Himmelblau in Pastell. Ein Märchen erleben. ».

Höhere Fachschule der Künste und der Gestaltung St. Gallen.

Dipl. Gestalterin für Kommunikationsdesign HF

2009–2012.

Idee, Text, Konzept, Illustrationen, Gestaltung

und Realisation :© Manuela Aggeler,

wolkenkuckucksnest.ch

Druck : BVD, Schaan

Einband : Buchbinderei Thöny, Vaduz

Auflage : Juni 2012.

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wacholderprinzessin.ch

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Du bist angekommen.

Es war einmal.

Sturmfront.

Königsweg.

Flügelschlag.

Kristallklares Türkis-Blau.

Kinder des Waldes.

Baumtänzer.

Uraltes Wurzelwerk.

Kometenmelodie.

Magische Wegweiser.

Hüterin des ewigen Blaus.

In der Tiefe.

Herzleuchten.

Wiedergeburt.

Himmelblau in Pastell.

Erste Überraschung.

Zweite Überraschung.

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Was dich alles erwartet.

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Du bist angekommen.

Herzlich willkommen. In einer anderen Welt. In der Zeit und Raum

keine Bedeutung haben. Wo Zauberbäume wachsen, Tautropfen

glitzern und die Natur noch beseelt ist von reinster Magie. Wo

Menschen und Tiere eine unzertrennliche Freundschaft verbindet.

Eine Welt, in der auch grosse Kinder nochmal zu kleinen

Entdeckern werden dürfen.

Und wo der Horizont leuchtet : Himmelblau in Pastell.

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Es war einmal, vor langer Zeit ; eine Prinzessin

reinen Herzens, im Wacholderkleid. Seit Kindheit

an wurde sie die Wacholderprinzessin genannt,

tief verbunden mit allen Tieren und Pflanzen in

ihrem Königsland. Ihr Freund und Gefährte war

Meles, der Graf von Mels ; ein treuer Dachs mit

Kugelaugen, in grau meliertem Pelz.

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Zum Tag des längsten Lichts lud der König zum Fest ; die Prinzessin und

Meles wollten lieber draussen bleiben und den nahenden Regen nicht

scheuen ; trotz Warnung würden sie diese Entscheidung schon bald be-

reuen. Plötzlich brauste ein Sturm an, er war mächtig und gross ; trüb und

laut und rücksichtslos. Er umschloss die Prinzessin und wirbelte um sie

herum, die Stimmen der Gäste oben im Schloss wurden ganz stumm.

Der Sturm riss und zog an ihr ganz keck – und mit einem Ruck, da war

ihr Herz weg.

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Einfach so hatte der Sturm das Herz der

Wacholderprinzessin gestohlen ; noch im

Morgengrauen machten sich die Freunde auf,

es zurück zu holen. Mit dem Talisman ums

Handgelenk traten sie die Reise an, sie würden

schon ankommen, irgendwann.

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Zur frühen Stunde wollten sie weiter, doch Meles

wusste den Weg nicht mehr, da wünschte sich

die Prinzessin mit ihrem Talisman fliegende

Helfer her. Wacholderdrosseln würden die Rich-

tung weisen und danach in den Süden reisen.

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Vom Hügel aus sahen sie auf den Chapfensee ;

türkis-blau und glasklar ; mit einer Insel und einer

Ruine, die einst eine Burg war. Dazu ein verwun-

schener Wald in ewigem Grün – hier wollte die

Prinzessin ihr Herz nun suchen, mutig und kühn.

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Ein lautes Kichern erfüllte die Stille im Wald ; woher es

kam, erkannte die Prinzessin schon bald. Vom Boden aus

strahlten ihr kleine Gesichtlein mit zündroten Hüten

entgegen, es waren die Erdbeerkinder und sie wollten den

Boden für sie bewegen. Eifrig suchten sie ihr Herz im

Erdreich und wuselten umher ; nicht fündig zu werden,

betrübte sie wenig später dann sehr.

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Über ihnen sass ein

Eichhörnchen namens

Flux, ein Freund von

Meles aus Kindheits-

tagen ; er würde ihnen

bei der Suche helfen,

ohne zu verzagen.

Flink hüpfte er in die

Wipfel empor, doch er

fand das Herz nicht,

dass die Prinzessin

durch den Sturm

verlor.

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Im Schutz des Waldes machten sie für die Nachtruhe Halt ; unter einer

knorrigen Buche, sicher über 100 Jahre alt. Zu später Stunde öffnete die

Buche ihre Augen und zeigte ihr Gesicht ; man konnte es ganz deutlich

sehen, im Mondlicht. Gerda war ihr Name und sie suchte mit ihren Wur-

zeln hinunter bis zum Erdenfeuer, ganz tief ; sie alle waren betrübt, als

auch diese Suche erfolglos verlief. Zum Trost schenkte sie der Prinzessin

Buchennüsschen, magische sieben Stück ; für den weiteren Weg

und ein Quäntchen Glück.

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Traurig liessen sie sich nieder und

sahen in die Sterne ; ihr Herz wieder

zu finden, lag in weiter Ferne. Der

Nachthimmel begann sich zu drehen,

in seliger Harmonie ; und so lausch-

ten und frönten sie still, der wunder-

baren Kometenmelodie.

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Im Takt der Sterne begannen die Buchennüsschen,

zu hüpfen und zu glühen ; ganz so, als würden sie

sich um die Gunst der Prinzessin bemühen. In einer

Linie kullerten sie zum Seeufer, zauberhaft leuchtend

und grell ; sie sprangen und drehten und machten

das Dunkel ganz hell.

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Die Loreley vom Chapfensee, Hüterin des ewigen Blaus, hatte das Wehklagen

der Prinzessin vernommen ; so war sie direkt von ihrer Ruine unter Wasser

ans Ufer geschwommen. Sie wusste, wo sich das Herz befand und konnte es

ihr doch nicht schenken ; da erkannte die Wacholderprinzessin : Sie musste

ihr Schicksal nun selbst lenken !

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Mit einem tiefen Atemzug tauchte sie hinunter und

schwamm um ihr Leben ; doch trotz ihrer schwin-

denden Energie dachte sie nicht ans Aufgeben. Mit

letzter Kraft tauchte sie in die Burg hinein ; alles

war ganz eng und dicht – und an ihrem Handgelenk

strahlte das letzte bisschen Lebenslicht.

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In der Schwärze des Augenblicks fand sie ihr Herz in einer Truhe, doch die

war verriegelt ; die Prinzessin hatte keinen Schlüssel und befürchtete, ihr

Schicksal sei damit besiegelt. Inne haltend besann sie sich auf den Kern ihrer

Einzigartigkeit ; nahm den Wacholder und mit einem Dreh – war das

Schloss auf und ihr Herz befreit. Nun hielt sie es in den Händen, es funkelte

und glitzerte wie ein Diamant in der Nacht ; sie konnte ihr Glück kaum

fassen – es war vollbracht !

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Auf dem Festland war die Freude riesengross ;

die Wacholderprinzessin und Meles tanzten und

hüpften über das Gelände und weinten vor

Freude über das glückliche Ende. Endlich spürte

sie das Leben wieder in sich, mit jedem Herz-

klopfen ; der Tag erwachte allmählich und neben

ihr glitzerten die Tautropfen.

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Die Welt schien ihr heute zum ersten Mal zu

begegnen ; alles war neu und klar : Der Duft

des Waldes, das Farbspiel der Natur und der

Wind in ihrem Haar. Sie bewunderten die

Dämmerung ; alles wurde ganz hell. Und sie warteten so lange, bis der Himmel

leuchtete : Himmelblau in Pastell.

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Du hast nun Freundschaft geschlossen mit der Wacholderprinzessin

und ihrer Gefolgschaft ; doch jetzt gehts weiter – mit Hilfe

deiner Vorstellungskraft. Die Figuren freuen sich auf neue Abenteuer

mit dir, also lass deine Fantasie spielen und tob dich aus ; das

Spiel ist eröffnet, mach was draus !

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Nach den Erlebbarkeiten und der

ersten Überraschung erwartet dich

nun das Märchen, mit all seinen

Facetten steht es für dich bereit ;

lass dich entführen in eine andere

Welt, frei von Raum und Zeit.

Die Wacholderprinzessin und ihre

Freunde werden dich nun ein

Stück weiter begleiten ; also mach

es dir gemütlich und viel Spass

beim Lesen der folgenden Seiten.

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Es war einmal. Es war einmal vor langer, langer Zeit. Da lebte eine Prinzessin in einem grossen Schloss mit vielen Türmen, das inmitten eines gewaltigen Waldes stand. Umgeben vom ewigen Grün der Nadel- und Laubbäume ; täg-lich wach geküsst vom Azurblau und den Strahlen der Sonne. Aus ihrem Schlafgemach im höchsten Turm konnte sie, über alle Baumwipfel hinweg, das ganze Tal sehen. Oft stand sie vor dem offenen Fenster und blin-zelte dem Mond zu. Oder sie beobachtete die Füchse, die ihren Bau vergrösserten. Doch die Prinzessin war nicht nur in ihrem Turmzimmer. Oft spazierte sie mit ihrem Freund Meles, dem Grafen von Mels, durch die Wälder und sammelte Wacholderbeeren. Die beiden verband eine sehr starke und tiefe Freundschaft. Eine Freundschaft, die so eng geknüpft war, dass nichts je an ihr hätte rütteln können. Meles war ein gutmütiger und treuer Dachs mit leicht grau meliertem Fell, treuen Kugelaugen und ei-nem kleinen, weissen Flecken auf der Nase. Ihr bester Freund und Gefährte. Sie kannten sich schon, als die Prinzessin noch ein Kind war. Damals war er aus einem anderen Reich in ihres zugewandert, nachdem sich die Ältesten seiner Dachs-Sippschaft mit den dort ansässi-gen Murmeltieren verstritten. Über Berg und Tal hatte er immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen : « Deine Sippschaft war uneinsichtig, darum bist du es sicher auch » musste er sich oft anhören und sich für Sachen verteidigen, die er gar nicht hätte beeinflussen können, selbst wenn er es gewollt hätte. Nur wenige Tierkinder

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wollten seine Freunde sein. Umso dankbarer war er der Prinzessin, dass sie sich nie für die Geschichten seiner Sippschaft interessiert hatte. Sie mochte ihn. So wie er war. Ohne Kompromisse. Früher war der Lieblingsplatz der beiden Freunde hinter der grossen Birke. Dort spielten sie oft und bas-telten mit Tannenharz, Moos und Baumrinde kleine Spielzeuge. Heute sprachen sie manchmal stundenlang und lachten, assen luftigen Kuchen und philosophier-ten über das Leben. Sie war wahrlich seine allerbeste Freundin. Die Prinzessin hatte langes, Akazienhonig-farbenes Haar, das sie häufig mit einem Wacholderzweig zusam-menband. Sie liebte den Wacholder. So sehr, dass sie auch Schmuck aus den Früchten trug und ihre Kleider damit schmückte. Statt der traditionellen Prinzessin-nentiara trug sie ein kleines, goldenes Krönchen, das mit Wacholderbeeren geziert war. Meles hatte ihr als Kind einst einen Wacholderstrauch gezeigt und ihr einen Kuchen gebacken, den er mit selbst gemachter Wacholderbeerenkonfitüre glasiert hatte. Seither liebte sie diese Pflanze. So nannte man sie schon seit Kindes-beinen an nur die « Wacholderprinzessin ». Alle We-senheiten in ihrem zukünftigen Königreich mochten die Prinzessin. Sie war stets freundlich und hilfsbereit. Lustig und offen für neue Freunde. Jeder, der das Glück hatte, der Wacholderprinzessin zu begegnen, wurde von ihr in den Bann gezogen. Sie strahlte etwas ganz Besonderes aus. Eine bewegende Wärme, von enormer Intensität. Es war ihr Herz, dass die Menschen, Tiere

und Pflanzen berührte. Ohne Künstlichkeiten. Ohne falsche Freundlichkeit. Rein. Meles sagte oft, dass ihr Herz das Wichtigste sei, was die Prinzessin besässe. Wichtiger noch als alle Kleider, alle Köstlichkeiten und sämtliche Wacholdersträucher der ganzen Welt.

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Sturmfront. Im Schloss waren die beiden eher selten. Vielleicht deshalb, weil es hier nicht viel zu erleben gab. Ausser zur Sommersonnenwende. Zu Ehren dieses Feiertages wurde jedes Jahr ein grosses Fest im Schloss veranstal-tet. Dann wurden die alten Gemäuer belebt und die Prinzessin konnte sich spannende Geschichten von der Welt jenseits der Burg anhören. Nun war es wieder so-weit : Die Türme wurden dekoriert und ausgeschmückt, der kleine Garten vor dem Schloss auf Vordermann ge-bracht und ganze vier Tage gekocht, gebacken, einge-legt, mariniert und drapiert. Eingeladen wurden Gäs-te aus dem gesamten Königreich. Einige waren ganze Tage unterwegs : Über Hügel, Berge und Täler. Doch sie nahmen die Reise gerne auf sich. Schliesslich lud der König nur ein Mal im Jahr zum Bankett. Auf Wunsch der Prinzessin durfte auch Meles am Feste teilnehmen. Auch für ihn eine Ehre ; schliesslich war er der einzi-ge geladene Dachs unter den Menschen-Gästen. So kamen alsbald alle zusammen. Der König zeigte ih-nen das Schloss, den Wald und debattierte über seine zukünftigen Pläne. Sie feierten zwei Tage und Nächte lang, bis die Sommersonnenwende am dritten Tag Ein-zug hielt. Und mit ihr der längste Tag im Jahr. Danach würde das Licht allmählich wieder abnehmen, ehe es dann in sechs Monaten voll neuer Kraft zurückkehren würde. Meles und die Wacholderprinzessin hatten es sich gerade draussen gemütlich gemacht, als sie eine Stim-me hörte. « Es soll ja Regen geben », sagte eine betagte

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Dame zu ihr. Es war die Herzogin Herbstzeitlose aus dem Tal der Winde. Eine bemerkenswerte Frau : Stets höflich und mit einem feinen Gespür für Menschen und deren Emotionen. « Wusstet Ihr das ? Seht doch, die dunklen Wolken, die da am Firmament auftauchen. » Die Prinzessin schüttelte den Kopf. Regen ? Nein. Ge-wiss nicht. « Ihr solltet lieber ins Schloss hineingehen. Wenn der Sturm erst da ist, könnte es ziemlich unge-mütlich werden. Ich kenne solche Wetterumschwünge aus meinem Reich. Dort ist es oft von jetzt auf gleich stürmisch. » Die Prinzessin lächelte freundlich und bedankte sich bei der Herzogin für den Tipp. Doch … Regen ? Nein. Gewiss nicht … Also blieben die Prinzes-sin und Meles draussen. So schlimm konnte es ja nicht werden, oder ? Langsam bahnten sich immer mehr grosse Wolken an. Sie verdunkelten den Himmel über dem Schloss und es begann, ganz leicht zu regnen. Ob sie doch wieder hinein sollten ? – Hier war es aber viel schöner ! Meles und die Wacholderprinzessin standen unter eine grosse Esche, um sich vor dem Nieselregen zu schützen. Es war kein kalter Regen. Doch plötzlich kam Wind auf. Ganz viel Wind. Aus den zaghaften Wolken wurde eine gewaltige Sturmfront. Immer mehr und mehr verdichteten sie sich. Immer mehr und mehr Wind blies. Immer mehr und mehr Regen fiel. Riesige Tropfen gingen auf die beiden Freunde hernieder. Auf dem Schloss rief die Herzogin Herbstzeitlose herun-ter : « Kommt hoch, Prinzessin ! Kommt hoch ! Ganz schnell ! Der Sturm naht ! » Meles und die Prinzessin wollten gerade kehrt machen und ins Schloss zurück-

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rennen. Doch es war zu spät. Der Sturm hatte sie be-reits erfasst. Riesige Windblöcke wirbelten um sie her-um. Wie kalt es plötzlich geworden war. Eiskalt. « Der Sturm will Euch nichts Gutes ! Ich hab ein ganz ungu-tes Gefühl, Prinzessin ! » sagte Meles aufgeregt. Dieses Unbehagen beschlich auch die Prinzessin just im selben Moment. « Passt auf, dass der Euch nicht verschluckt und davon trägt ! » Kerzengerade sah sie dem Auge des Sturms entgegen. Dann würde sie eben umfallen oder ein bisschen mitgeschleift werden. Sie würde standhaft bleiben. Oder es zumindest versuchen. Eine riesige Sturmwolke raste direkt auf sie zu. Sie umschloss die Prinzessin und wirbelte. Und wirbelte. Und wirbelte um sie herum. Ihr wurde ganz schlecht. Hilfe suchend blickte sie zu Meles, doch der konnte ihr nicht hel-fen. Sie spürte, wie der Sturm von ihr Besitz nahm. Er durchmischte sich in ihrem Leib und drückte ganz fest in die Brust. Er versuchte, irgendwas aus ihr heraus zu reissen. Ihr Herz ! Es zog und rüttelte. Schützend warf sich Meles vor die Wacholderprinzessin, die verzwei-felt versuchte, ihr Herz fest zu halten. Im Hintergrund hörte sie die Stimmen der Besucher im Schloss, die im Angesicht des Getöses langsam verstummten. Und mit einem Ruck – war das Herz weg. Es wurde vom Sturm verschluckt. Einfach so. War es weg … Und mit dem Herzen der Sturm selbst. Innert Minuten wurde es wie-der hell. Indes lag die Prinzessin am Boden und weinte laut schluchzend über ihren Verlust. Wie konnte der Sturm ihr Herz stehlen ? Schon nach den ersten Sekun-den merkte sie, wie ihre Lebensgeister schwanden. Sie

wurde blass und das Atmen fiel ihr schwer. Es tat weh. Sehr sogar. Wie lange würde sie wohl ohne ihr Herz überleben ? Sofort liess der König seine Späher ausschwärmen, um den Sturm aufzuhalten. Doch es war zu spät. « Was mache ich denn nun ohne Herz, Meles ? ! » schluchz-te die Prinzessin. Auch der Graf selbst war den Tränen nah. So hatte er seine beste Freundin noch nie gesehen. « Wir holen es uns zurück, Prinzessin ! Jawohl, das tun wir ! Ich begleite Euch ! Dann kann ich Euch endlich zurückgeben, was Ihr mir von Anbeginn an geschenkt habt. Als Zeichen meiner Freundschaft werde ich die Last Eures fehlenden Herzens tragen – symbolisch auf meiner Brustplatte. So könnt Ihr etwas besser atmen. Und auf der Reise wird jeder sehen, dass ich Euch mit beistehe. » Die Prinzessin keuchte und starrte in den Himmel. Ihre glasklaren Aquamarinaugen funkelten vor Zorn und Traurigkeit. « Dann lasst uns keine Zeit verlieren ! »

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Königsweg. Als die Späher zurückkamen, brachten sie Kunde, wohin der Sturm mit dem Herzen geflüchtet sei : Gen Osten. Rauf auf einen Berg, an dem ein kühler See liegt. Er entstand, als einst eine mittelalterliche Burg einstürzte und das Regenwasser staute. Umgeben von einem zauberhaften Wald mit vielen Tieren und Pflan-zen. Etwas unheimlich ; denn, so die Späher, man wisse ja nicht, was sich da alles im Dickicht verstecke. Ein wahrhaft magischer Ort. Verzaubert. « Ich weiss, wo das ist ! » schrie Meles, der Graf von Mels, auf. « Von dort komme ich her. Das ist mein Heimatort ! » Die Wacholderprinzessin und die Ge-folgschaft staunten nicht schlecht. Sie lächelte dankbar und sagte leise : « Dann los, Meles ! Führt mich in Euer Reich ! » Meles nickte entschieden. Noch vor Sonnen-aufgang würden sie die Reise antreten. Als Glücks-bringer pflückte sie ein paar frische Wacholderzweige, die sie sich als Band um das Handgelenk knüpfte. Sie würden ihr wertvolle Kraft spenden. Mit Talisman und Proviant bepackt, verabschiedeten sie sich von allen und zogen los. Mutig und entschlossen, das Herz wie-der zu finden.

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Flügelschlag. Sie marschierten den ganzen Tag durch den Wald, als es bereits wieder Abend wurde. Bei einer Lichtung liessen sie sich nieder, eine Pause zu machen. Zwischen Moos und Laub machten sie es sich gemütlich. Beide waren so müde von den Ereignissen und der Reise, dass sie sofort einschliefen. Als der Morgen taute, war die Luft ganz klar. Die Wacholderprinzessin blinzelte den Sonnenstrahlen entgegen. « Meles, wach auf. Wir müs-sen weiter … » Meles mochte es nicht, so früh aufzu-stehen. Er wollte lieber nochmal unters Laub kriechen und weiter schnarcheln. Doch für die Prinzessin würde er über seinen Schatten springen und auf der Reise nun jeden Morgen früh aufstehen. « Also gut, also gut. Ich komme ja … » grummelte der Graf. Noch schlaftrunken täppelte er einige Schritte nach vorn. Dann zurück. Dann nach rechts. « Hm... » brummte er. « Ich hab die Orientierung verloren, Prinzessin. Ich bin so weit von zu Hause weg, dass ich nicht mehr genau weiss, wo der See liegt. Entschuldigt … » Angestrengt drehte er sich stetig im Kreis. « Was machen wir denn jetzt ? » fragte er. Die Prinzessin sass derweil im Schneidersitz da und zupfte an ihren Wacholderzweig herum, den sie ums Handgelenk geschnürt hatte. « Ich wünsche mir jetzt einfach ganz fest, dass wir einen Wegweiser finden » sagte sie. « Einen Wegweiser ? Hier ? » erwiderte Me-les erstaunt. « Wartet,s ab, mein Graf. » Noch ehe er entgegnen konnte, hörte man Flattern und Pfeifen in der Ferne. Das Geräusch wurde immer lauter. Da, am Horizont, ein Vogelschwarm ! « Wacholderdrosseln ! »

rief die Prinzessin. « Sie werden uns den Weg zeigen ! » Verblüfft sahen sie beide dem Schwarm entgegen. Flat-ter … flatter … pfeif... « Das sind bestimmt 100 Vögel ! » staunte Meles. « Also kommt, folgen wir ihnen, gleich sind sie direkt über uns ». Zügig folgten die beiden den Wacholderdrosseln. Über Stock und Stein. Vorbei an Felsen, Sträuchern und Alpenblumen. Schliesslich ka-men sie auf einer Ebene an, an der ein Bach vorbeiplät-scherte. Die Vögel stoppten abrupt. « Hier ist es ! Ich erinnere mich ! » freute sich Meles. « Ich bin zurück. Meles, Graf von Mels, kehrt zurück in die Heimat. Dieser Bach fliesst direkt in den Chapfensee ! Von hier sind es nur noch wenige Meter. Bald sehen wir ihn und die kleine Insel, die auf ihm schwimmt. Seht, der Wald beginnt schon. » Die Wacholderprinzessin war erleich-tert. Endlich waren sie angekommen. Sie bedankte sich bei den Drosseln und stieg mit Meles die letzten Meter auf dem Hügel empor.

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Kristallklares Türkis-Blau. Schliesslich erblickten sie ihn – den kristallklaren Chapfensee. Wunderschönes Türkis-Blau vermischt mit dem sattem Grün der sich spiegelnden Bäume. Das Wasser war ganz ruhig. Wie eine azurblaue Glasplatte. Über die Wasseroberfläche ragte die Spitze des höchs-ten Turmes hervor. Auch die Insel erblickte sie sofort. Um den See war ein verwundener Weg angelegt. « Der führt ums ganze Wasser » bemerkte Meles. « Von wel-cher Seite wollt Ihr die Suche nach Eurem Herzen beginnen ? » Die Prinzessin überlegte. « Links. Links ist die Seite des Herzens. Wer weiss, vielleicht finden wir es so schneller. » Der Graf nickte zufrieden und trippelte mit der Prinzessin in den Wald hinein.

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Kinder des Waldes. « Wo soll ich nur anfangen, zu suchen … » stöhnte die Prinzessin. Sie waren nun schon eine Weile unter-wegs. Und noch immer hatte sie ihr Herz nicht gefun-den. « So einfach ist es wohl nicht, Prinzessin » sagte Meles. « Ihr müsst genauer hinsehen. » Die Wachol-derprinzessin krempelte die Ärmel hoch und ging wei-ter. Sie drehten jeden Stein und jede Wurzel um. Sahen an den Rand des Sees und stocherten im Laub. Nichts. Gerade, als sie erneut ein Stück Rinde hoch hob, hörten sie ein Kichern. « Hört Ihr das auch ? » fragte sie flüs-ternd. Sie gingen ein paar Schritte weiter. Das Kichern wurde lauter. Woher es wohl kam ? « Seht doch mal zu Euren Füssen » sagte Meles. Die Prinzessin blickte auf den Boden. Dort strahlten sie sechs bezaubern-de Gesichtlein mit kleinen, zündroten Hüten an. Sie glucksten entzückt und spielten mit ihren Blättern. Die Wacholderprinzessin lächelte und kniete sich zu den Kleinen herunter. « Wer seid Ihr denn ? » fragte sich freundlich. « Wir sind die Erdbeerkinder ! » schallte es zurück. Erdbeerkinder also. « ,Was macht Ihr so ? » fragte sie weiter. « Wir spielen Verstecken und begrü-ssen diejenigen, die unseren Weg kreuzen. Und wer seid Ihr ? » Meles und die Wacholderprinzessin stellten sich vor. « Was macht Ihr hier, von so weit weg ? » wollten die Kinder aufgeregt wissen. Die Prinzessin erzählte ihnen vom Sturm, der ihr Herz verschluckt und hier hin getragen habe. Das eigene Herzlein verlieren ? Die Kinder hielten sich schützend die Erdbeerbrust. Wie schlimm das sein musste ! « Das haben wir gesehen ! »

kreischten sie. « Wir haben den Sturm vorbeirauschen sehen. » Die beiden Gefährten wurden hellhörig. « Wisst Ihr denn, wohin es der Sturm gebracht ha-ben könnte ? Hat er es bei Euch gelassen ? » Die Erd-beerkinder wurden ganz ruhig. « Nein. Leider nicht » flüsterten sie. « Oder wisst Ihr, in welchem Waldteil es liegen könnte ? » – « Nein, leider auch nicht. Aber wir strömen aus und helfen dir suchen ! » Sobald sie dies verkündet hatten, ging es auch schon los. Quirlig rank-ten sie sich über den feuchten Waldboden und gruben Laub um. Die Wacholderprinzessin hoffte indes, dass sie fündig werden würden. Nach einigen Stunden ka-men alle Erdbeerkinder wieder zusammen und liessen die roten Köpfchen hängen. « Wir haben nichts ge-funden, Prinzessin » seufzte eines. « Schade... » sagte die Prinzessin und sah dabei traurig zu Meles. Seine Augen funkelten und er sagte mit aufmunternder, aber fester Stimme : « Prinzessin, Ihr habt nun am Erdbo-den gesucht und suchen lassen. Doch nichts gefunden. Probieren wir es morgen erneut. » Sie nickte. « Dann bleibt über Nacht bei uns ! » riefen die Erdbeerkinder. « Wir erzählen uns Geschichten und erheitern Euch. Einladend winkten sie mit ihren Blättchen. So blieben die Prinzessin und der Graf über Nacht bei ihnen. Die aufmunternde Art der Kinder tat ihnen gut. Und als es Morgen wurde, weckten sie die beiden noch vor dem ersten Lichtstrahl. « Seht Euch den Sonnenaufgang an ! Das müsst Ihr sehen ! » Die Prinzessin öffnete ihre Augen und setzte sich zu den Erdbeerkindern. Zu ihrer

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Überraschung hatte sich auch Meles bereits von sei-nem Schlafplatz erhoben. Er gähnte und krächzte tief. Streckte und reckte sich von den Nasenhaaren bis zur kleinsten Kralle. « Guten Morgen, Prinzessin. Guten Morgen, Erdbeerkinder » sagte er räuspernd. « Gut geschlafen ? » die Kinder kicherten schon wieder. Sie waren schon seit Stunden auf ! Die Prinzessin musste ebenfalls schmunzeln. War ihr Gefährte doch so gar kein Morgentier … Und trotzdem war er nun mit ihnen aufgestanden. Währenddessen färbte sich der Himmel in zartem Rosa, um dann in leuchtendes Fuchsia und Orange überzugehen. Wunderschön. Der Anblick liess die Prinzessin ein wenig lächeln. Heute würde es wei-tergehen. Sie hoffte inständig, ihr Herz wieder zu fin-den. Sie assen gemeinsam ihr Frühstück und machten sich langsam auf den Weg. Die Erdbeerkinder hätten gerne den ganzen Tag mit der Wacholderprinzessin verbracht. Aber sie verstanden, dass sie dringend ihr Herz suchen musste.

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Sturm hat wirklich Euer Herz gestohlen, Prinzessin ? » fragte Flux mitfühlend. Die Prinzessin sah müde auf den Boden. Flux sah sie aufmunternd an. Er würde ihr auch helfen, ihr Herz zu finden. Schliesslich war er ein wahrer Meisterkletterer mit der Balance eines Seiltän-zers. Wenn das Herz irgendwo im Geäst hängen wür-de, würde er es bestimmt aufstöbern. Tatkräftig reichte er der Prinzessin sein kleines Pfötchen und zwinkerte. Hoffnung keimte in ihr auf. « Ich wusste sofort, dass du uns helfen würdest ! » sagte Meles. Auch die Erdbeer-kinder waren ganz entzückt. Sie würden ihnen weiter die Blättchen drücken. Sie verabschiedeten sich und schlenderten weiter durch den Wald. Schon zu lange waren sie nun bei den Erdbeerkindern verweilt. Keine Zeit mehr verlieren. Flux flitzte los. Rauf auf die Rot-tanne, die am Wegrand stand. Hüpf, hüpf... und weg war er. Währenddessen liefen die Wacholderprinzessin und Meles weiter und durchkämmten den Waldboden. Dabei sahen sie viele wunderbare Pflanzen und Steine, die sich im glatten See spiegelten. Über ihnen zogen weisse Wolken vorbei und der Wind brachte eine an-genehm kühle Brise. Eigentlich fast zu schön, um zu suchen. « Wacholderprinzessin ! Meles ! » hörten sie Flux von Weitem rufen. Auf welchem Baum er wohl gerade herumturnte ? Sie konnten nur seinen leicht ge-streiften, rotbraunen Schweif erkennen, der zügig von Baumwipfel zu Baumwipfel hüpfte. Ob er wohl das Herz gefunden hatte ? Hoffnungsvoll blieben sie an Ort und Stelle stehen und warteten auf das flinke Eich-

Baumtänzer. Gerade, als sie aufbrechen wollten, fiel ihr etwas auf den Kopf. Die Erdbeerkinder glucksten und klatsch-ten in die blättrigen Hände. « Hoppla, entschuldigt ! » rief eine Stimme von oben. « Mir ist da ein wohl ein Tannenzapfen runter gefallen. » Sie sahen den Baum hoch. Etwas quirliges, Rotbraunes flitzte um den Baumstamm herum. Auf dem untersten Ast hielt es an. « Meles, seid Ihr das ? ! » Der Graf blickte hinauf und traute seinen Augen kaum. « Flux ? ! » Mit einem Hepp stand ihnen ein wuscheliges Eichhörnchen gegenüber. « Flux ! Dass ich dich noch einmal wiedersehe ! » Meles und Flux fielen sich freudig in die Arme. Damals, be-vor der Graf ins Tal der Wacholderprinzessin gezogen war, waren er und Flux dicke Freunde gewesen. Trotz aller Widrigkeiten, die die Dachs-Sippschaft mit den Murmeltieren hatte. Die alte Vertrautheit war sofort wieder da. Und es gab viel zu erzählen ! « Was hast du so gemacht, Meles ? » wollte Flux wissen. Meles erzähl-te von seiner Reise ins andere Tal und wie er die Wa-cholderprinzessin kennen gelernt hatte. Er erzählte von seiner Familie und wieso sie nun zurückgekehrt waren. Das Eichhörnchen sah die beiden mit grossen, Bern-steinfarbenen Kugelaugen an. « Der Sturm … » sagte er bibbernd. « Ja, der war da. Ich hab ihn gesehen ! Er hat-te etwas glänzend Glitzerndes in seinem Schlund. Als er vorbeirauschte, fielen viele Bäume um und ich hatte grosse Schwierigkeiten, mich auf meinem Geäst zu hal-ten. » Die Wacholderprinzessin und der Graf nickten. Sie wussten genau, was da so geglitzert hatte. « Und der

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hörnchen. Doch als sie ihn sahen, wurde ihnen klar, dass auch er mit leeren Händen zurückkehrte. « Ich habe jeden Baum durchsucht. Sogar die höchste Tanne im Wald und jeden Strauch, der auf der Insel wächst » keuchte Flux. « Einmal dachte ich, ich wäre fündig ge-worden. Doch es war nur ein Stück gebogene Rinde, die durch den Sturm an einem Ast hängen geblieben ist. Euer Herz, Prinzessin, scheint wahrlich wie vom Erdboden verschluckt zu sein. » Enttäuschung mach-te sich breit. Was, wenn sie ihr Herz nie wieder finden würde ? Es schmerzte sie mit jedem Atemzug mehr. Dort, wo sie vorher stets ein starkes Klopfen spürte, war nun nur noch ein kaltes Nichts. Alles schien mit jedem Tag matter zu werden. Als würde man durch ein vereistes Fenster sehen. Flux fühlte sich schuldig. Er war so sicher gewesen, dass er ihr helfen konnte. Einige Sekunden kehrte Stille ein. Meles war auch ganz ruhig geworden. Er machte einen Schritt auf die Wacholder-prinzessin zu und sagte : « Prinzessin, Ihr habt nun in den luftigsten Höhen gesucht und suchen lassen. Doch nichts gefunden. Wir probieren es weiter. » Sie nickte. Er hatte recht. Sie würden es weiter versuchen. Die Abenddämmerung war bereits herein gebro-chen. Heute würden sie ihr Lager also hier aufschlagen. Bei einem über und über mit Moos bewachsenem Stein liessen sie sich nieder. Der Stein war angenehm kühl und lud zum Verweilen ein. Indes gesellte sich auch Flux dazu. Er hatte ein paar Haselnüsse, Beeren, Wal-nüsse und Blätter gesucht. Eine Stärkung würde ihnen nach der Enttäuschung nun allen gut tun. Er knack-

te die Nüsse mit seinen scharfen Zähnen und reichte sie seinen Freunden. Während des Essens sprachen er und Meles über alte Zeiten. Die Prinzessin war derweil ganz still und in sich gekehrt. Sie fühlte, wie sie immer schwächer wurde und fragte sich angestrengt, wo ihr Herz denn nun sein könnte. Doch fand sie keine Ant-wort. « Morgen gehen wir aber ganz früh los, Meles » sagte sie. Der Graf nickte. Früh … « Gewiss doch, das ist auch mein Wunsch. Dann lasst uns aber schlafen gehen. » Flux musste schmunzeln. Kannte er seinen Freund doch nur als passionierten Langschläfer, den er noch nie freiwillig zu früher Stunde hatte aufstehen sehen. Es musste für den Grafen also sehr wichtig sein, seiner Freundin zu helfen. Flux versprach, die beiden bei Tagesanbruch zu wecken und ihnen Proviant zu-recht zu legen, damit sie noch etwas für die Weiterreise dabei hatten. Sie nahmen dankend an. Alsbald schlum-merte das Trio ein. Ob der nächste Tag mehr Erfolg bringen würde ?

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Uraltes Wurzelwerk. Als die Sonne den Tag wach küsste, lag Tau auf den Blättern. Es war kühl geworden in der Nacht. Meles hielt sich an seinen Vorsatz und stand mit den ande-ren auf. Noch etwas zittrig auf den Beinen gähnte er. Flux hatte in der Zwischenzeit den Proviant in grosse Blätter eingehüllt. Ein dunkelgrüner Beutel voll mit Nüssen, Beeren und einigen Speiseblüten. Die Freunde sagten sich auf Wiedersehen und brachen auf. Auf dem Weg sprachen sie wenig miteinander. Meles spürte, wo die Prinzessin mit ihren Gedanken war. Immer wieder zupfte sie an ihrem bestickten Trompetenärmel herum. Ihre Arme waren bereits ganz dünn geworden und ihre Haut noch blasser. Beinahe durchsichtig. Der Graf machte sich Sorgen um sie und hoffte inständig, dass sie heute mehr Erfolg haben würden. Der Boden wurde allmählich weicher und feuchter. Alsbald kamen sie an der alten, zerfallenen Burg vorbei. Etwas unheimlich lag sie da. Zerfallen. Von tiefgrünem Moos überwachsen. Gespenstisch. Doch sie liessen sich von der gruseligen Kulisse nicht beirren. Sondern liefen einfach weiter. Ohne ein Wort. Gegen Nachmittag erreichten sie die andere Seite des Chapfensees. Halbzeit. Sie machten nur einen kur-zen Halt. Meles drängte weiter. Weiter, über ein sumpfiges Stück hin auf die kleine Insel. Die Wachol-derprinzessin folgte ihm. Vielleicht war das Herz ja wirklich auf der Insel gelandet. Durchs Moorgebiet stapfend, sahen sie sich auf der Insel um. Alles war dicht bewaldet. Da und dort ragten grosse Wurzeln aus dem

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Boden. « Ihr müsst vorsichtig sein, wo Ihr hintretet, Prinzessin », warnte der Graf. « Nicht, dass Ihr stol-pert. » Schliesslich wurde es dunkel. Der Abendstern begann zu funkeln und der Mond kam gemächlich hin-ter den Bergen hervor. Zum Mond gesellten sich einige Regenwolken. Es begann zu nieseln. Ganz sanft. Auch heute hatten sie kein Glück gehabt. Meles und die Wa-cholderprinzessin setzten sich unter eine alte, knorrige Buche. Sie bot Schutz vor dem Regen und eine kuschlige Ecke in der Vielzahl ihrer Wurzeln. Der Baum war sehr gross und mächtig. Er hatte eine ganz besondere Aus-strahlung. Beruhigend und dennoch stärkend. Kraftvoll. Was er wohl hier über die Jahrzehnte schon alles gesehen hatte ? Welche Geschichten er wohl erzählen konnte ? Die Prinzessin und der Graf philosophierten über die Kraft des sonderbaren Baumes. Irgendwas war anders an ihm. Auf eine gute Art. « Langsam verlässt mich der Mut, Meles » sagte die Prinzessin leise. « Wir sind nun schon so lange unterwegs und hatten doch kein Glück. Und ich spüre, wie meine Kraft allmählich nachlässt. Ich hätte nie gedacht, dass ich mein Herz so sehr vermissen würde. » Meles nickte. « Ich sagte Euch doch, Euer Herz ist das Wichtigste, was Ihr besitzt. Darum ist es auch so wichtig, dass Ihr es wieder findet, Prinzessin. Und mein Versprechen, Euch zu begleiten, bis wir es finden, ist noch immer ungebrochen. Ob Euch vielleicht das Wa-cholderarmband nochmal Glück bescheren wird wie bei den Weg weisenden Drosseln ?" Richtig ! Vor lauter Ent-rüstung hatte die Prinzessin ganz vergessen, dass sie es noch immer um ihr Handgelenk trug. Sie drehte es eini-

ge Male herum und strich über die Früchte. « Ich wün-sche mir … » flüsterte sie und schloss ihre Aquamarinau-gen. Ganz konzentriert machte auch Meles seine Äuglein zu und wünschte mit voller Kraft mit. Sie atmete tief ein und aus und murmelte immer wieder « mein Herz … ich wünsche mir … mein Herz zurück. » Von einem seltsa-men Geräusch wurden sie zurück ins Hier und Jetzt ge-bracht. Was war das ? Da, da war es schon wieder ! Es knorrte und knarrte und sie hatten das Gefühl, dass sich irgendwas bei den Wurzeln bewegte. « Wacholder …» sagte plötzlich eine alte, rauhe Stimme. « Hmmm. Wa-cholder … » Sie blickten zur Buche und da starrten sie zwei grosse Augen an. Ihnen war gar nicht aufgefallen, wie menschlich der Baum aussah. Und je genauer sie hin-sahen, desto mehr erkannten sie ein ganzes Gesicht. Eine Baumgestalt. Eine uralte Frauengestalt ! « Wacholder … » wiederholte sie langsam. « Wie lange habe ich schon kei-nen Wacholder mehr in der Nase gehabt. Dieser süss-herbe Duft. Gemacht aus Träumen und Tannennadeln. » Der Baum sprach tatsächlich mit ihnen ! « Wer seid Ihr ? Ich bin Gerda, die alte Buche. » Verblüfft schauten sie einander an. « Ich bin die Wacholderprinzessin. Und das ist Meles, der Graf von Mels, mein Gefährte. Vor einiger Zeit kam ein grosser Sturm und hat mein Herz ver-schluckt. Er hat es irgendwo hier hin getragen. Es fehlt mir unheimlich. » Gerda öffnete ihre Augen noch ein wenig weiter und hustete. « Ja, der Sturm. Der Sturm. Den habe ich auch gesehen. Er wollte mich entwurzeln, der aufbrausende Unhold. Doch ich bin schon viel län-ger hier, als er je sein wird. Und so habe ich meinen Platz

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verteidigt. Ich habe zwar einen Ast gebrochen, aber sonst war ich siegreich. Und jetzt stärker verwurzelt denn je. » Die Wacholderprinzessin staunte. Sie fühlte eine tiefe Verbindung zu diesem alten Baum. Selige Ruhe und Be-sonnenheit. Das liess sie Hoffnung schöpfen. Gerda er-zählte weiter : « Er hielt etwas Glänzendes, Leuchtendes in seinem Schlund gefangen. Ich dachte sofort, dass dies etwas Besonderes sein muss. Doch ich war zu langsam, um danach zu greifen. So brach ich mir den Ast... » Me-les war ebenso fasziniert wie die Prinzessin. « Wisst Ihr denn, warum er ihr das Herz gestohlen hat, Gerda ? » fragte Meles. Das hatte sich die Prinzessin noch gar nicht gefragt. Sie war so damit beschäftigt gewesen, das Herz zu suchen, dass sie es völlig verdrängt hatte. Die alte Ger-da räusperte sich und sagte : « Das gibt ihm wohl Kraft... Ihr müsst ein wahrhaft reines Herz Euer Eigen genannt haben, Prinzessin. Unglaublich stark. Sonst hätte er es sich niemals geholt. Er muss es aus der Ferne gespürt ha-ben und sofort losgebraust sein. » Die Wacholderprin-zessin begriff. Das war es also. Meles hatte wohl doch immer recht gehabt mit seiner Aussage. Mehr noch, als sie bisher angenommen hatte. « Wisst Ihr denn, wo es der Sturm hingetragen hat ? » wollte der Graf weiter von Gerda wissen. « Es ist wie vom Erdboden verschluckt … ». Noch bevor er den Satz beendet hatte, kam der Prinzes-sin eine Idee. Könnte Gerda nicht mit ihren meterlangen Wurzeln das Erdreich absuchen und mit ihrer Weisheit helfen ? Die alte Gerda hatte Mitleid. « Es ist zwar sehr anstrengend für mich und es wird ein paar Tage dauern, aber ich werde Euch helfen » sagte sie mit tiefer Stimme.

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« Dafür aber hätte ich gerne Euer Wacholderarmband, Prinzessin. Lasst Ihr es mir hier, damit ich mich noch an dem Duft erfreuen kann ? » Die Prinzessin griff nach dem Armband. Es war doch ihr Glücksbringer. Und nun sollte sie diesen abgeben. Meles sah sie an. Ob sie sich davon trennen würde, um ihr Herz wieder zu finden ? Sie sahen sich lange in die Augen. Er konnte fast ihre Ge-danken hören. Soll ich, soll ich nicht ? Immerhin hatten ihnen die anderen auch geholfen und waren doch nicht fündig geworden. Andrerseits … war die alte Gerda sehr weise und hatte ein starkes Wurzelwerk. « Gut, Gerda. Ihr sollt es kriegen » sagte sie und nahm das Band sofort vom Handgelenk. Sie hängte es der alten Buche direkt an einen Ast vor die Nase und band es ganz fest, damit es der Wind nicht davon tragen konnte. « Daaaaanke … » sagte Gerda und begann, sich ganz fest zu strecken. Sie schwankte und die Wurzeln wurden noch fester. Bahn-ten sich ihren Weg durch das weite Erdreich. Dabei knarrten selbst die obersten Zweige ihrer Äste. « Die Su-che beginnt » sagte Gerda. Bis wann sie wohl mit einem Ergebnis rechnen konnten ? « Geduld. Prinzessin. Ge-duld ist eine Tugend … » Geduld war wahrlich nicht ihre Stärke. Schon zu lange war es her, seit sie aufgebrochen waren. Und so übten sie sich in eben dieser Geduld … drei ganze Tage und Nächte lang, bis Gerda wieder die Augen öffnete. Aufgeregt sprang Meles für seine Freun-din auf. « Und ? » – « Nun, ich hab was gespürt, ganz deutlich. Doch ich kam nicht daran heran. So sehr ich mich auch streckte, ich kam nicht heran. Ich habe das ganze untere Reich abgesucht, ganz tief … Ganz tief … So

tief, bis alles ganz heiss wurde vom Erdenfeuer. Ich war so nah dran und war doch zu weit weg. » Die Aquamari-naugen der Prinzessin wurden ganz wässrig und leer. Wieder nichts. Drei Tage und Nächte gewartet. Sogar ihr Glücksarmband hergegeben. Und doch … nichts … Meles tröstete sie. « Prinzessin, Ihr habt nun bis zum Er-denfeuer gesucht und suchen lassen. Doch nichts gefun-den. Wir wollen uns nicht entmutigen lassen. » Die Prinzessin nickte zittrig. Er hatte ja recht. « Lasst uns weiterziehen. Wir sind noch nicht um den See herum. Es besteht immer noch eine Chance, Prinzessin. » Sie standen auf und rückten Fell und Gewand zurecht. « Nehmt das Armband wieder zurück » sagte Gerda. Doch die Prinzessin verneinte. « Behaltet es. Es gehört Euch. Möge es Euch erheitern, alte, weise Buchenfrau. » Gerda lächelte. « Nein. Ihr braucht es dringender als ich, Prinzessin. Es beschützt Euer Leben länger, als es die Sanduhr der Zeit berechnet hätte. Ich bin froh, dass ich nach Jahrzehnten wieder einmal den Duft von Wachol-der in der Rinde hatte. Davon werde ich die nächsten Jahre zehren. » Die Prinzessin nahm ihren Talisman dankend wieder ans Handgelenk und spürte den Unter-schied deutlich. Sie war zwar immer noch wacklig auf den Beinen und schwach, doch damit konnte sie noch eine Weile durchhalten. « Nehmt auch sieben Buchen-nüsschen von mir mit. Sie werden Euch den Weg leuch-ten. » Den Weg leuchten ? Nun gut. Sie packte die Nüsse in ihr Kleid. Beide umarmten den Baum und verliessen die kleine Insel. Zurück zum Festland.

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Kometenmelodie. Der See neben ihnen glitzerte in der Sonne. Glas-klar. Und wunderschön. Sie liefen den ganzen Tag über. Mittlerweile taten ihnen die Füsse weh. Und der Proviant wurde auch langsam knapp. Lediglich die sie-ben Buchennüsschen, die sie von Gerda geschenkt er-halten hatten, lagen noch im Blätterbeutel. Doch die-se wollten sie nicht essen, so hungrig sie mittlerweile auch waren. Irgendetwas Magisches strahlten sie aus. Irgendwie zu schade, um verspeist zu werden. Als der Abend kam, erblickten sie die Weggabelung, von der aus sie ihre Reise um den Chapfensee gestartet hatten. Sie waren also einmal herum gelaufen. Und hatten doch nichts gefunden ausser Mutlosigkeit. Selbst der einstige Kämpfergeist war aus Meles’ Antlitz gewichen. Enttäuscht blieben sie einen Moment stehen und sahen sich traurig an. « Gehen wir ans Ufer und nächtigen dort ? » fragte der Graf. Stumm nickte die Prinzessin und lief hinter ihm zum Rand des Sees. Sie sah ihr mittlerweile schneeweisses Spiegelbild im Wasser und begann bitterlich zu weinen. Tränen fielen wie grosse Wassertropfen in den See. Auch Meles hatte feuch-te Augen. Sollten sie aufgeben ? Und ohne Herz nach Hause zurückkehren ? Wie lange würde die Prinzessin wohl noch ohne es leben ? Da waren sie doch so mutig losgezogen. Und nun ? Am Ende angelangt ? « Was soll ich denn nur machen ? » schluchzte die Wacholder-prinzessin. Mein Herz ist verloren … Ich glaube lang-sam, dass ich es nie wieder sehen werde. Meles wusste keine gute Antwort und so schwieg er und tröstete sei-

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Wie ein Kaleidoskop aus Kometen. Kometenmelodie. « Seht nur, wie schön das ist, Prinzessin » sagte Me-les. Sie lächelte und nickte. So ausgestreckt dazuliegen und in den Himmel zu sehen, war wunderbar. Trotz aller Rückschläge fühlten sie doch so etwas wie Glück in sich.

ne beste Freundin. Er strich ihr mit seinen Tatzen übers Akazienhonighaar und trocknete ihre Tränen. Sie kau-erte auf dem feuchten Uferboden und stapelte, leicht apathisch, Steine aufeinander. Meles setzte sich hinter sie und liess sie am Herz seiner Brustplatte anlehnen. Sie weinte noch, als die Sterne längst am Himmel standen. Nicht mal das Abendrot hatte sie bemerkt. « Wann ist es Nacht geworden ? » fragte sie plötzlich. « Legt Euch doch etwas hin, Prinzessin. Wir machen es uns gemütlich. Das wird Euch vielleicht etwas trös-ten. » Der Graf hatte in der Zwischenzeit mit Laub und Moos ein kleines Feldbett aufgebaut. Sie legten sich nebeneinander auf den Rücken und blickten hin-auf zu den Sternen. So wenig, wie ihr das Abendrot auf-gefallen war, sah sie auch jetzt das erste Mal so richtig in den Nachthimmel. Die Sterne funkelten um die Wette. Und da, da war der grosse Wagen ! Der Mond stand voll und hüllte den Wald in einen eisblauen Schleier. Doch kalt war es nicht. Der ganze Boden war von der Sonne immer noch aufgewärmt und die Luft lau. Leichte Ne-belschwaden glitten über den See. Da und dort hörte man Uhus kreischen und ein Rascheln fern im Walde. Und doch war die Stimmung ganz seltsam friedlich und ruhig. Sie betrachteten den Sternenhimmel weiter und die Prinzessin fühlte wieder ein Stückchen Mut in ihr aufkeimen. Die Sterne bewegten sich ganz lang-sam. Sie schienen zu tanzen. Am Firmament bot sich den beiden Freunden ein ganz besonderes Schauspiel. Abwechselnd strahlten die Sterne stärker und schwä-cher, drehten Kreise und bildeten funkelnde Muster.

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Magische Wegweiser. Plötzlich raschelte etwas. Da, nochmal. Und noch-mal – noch etwas stärker. Die Wacholderprinzessin sah auf den grünen Proviantbeutel und bemerkte, dass der es war, der da so vor sich hin wackelte. Als hätte je-mand Mäuse darin versteckt. Sie öffnete ihn und sofort kullerten die sieben Buchennüsschen heraus. Auf dem Boden angekommen, begannen sie, sich wie wild zu drehen und zu leuchten. Die Sterne drehten sich der-weil auch noch schneller um ihre eigene Achse. « Seht nur, Meles, sehr nur ! » rief sie. Erstaunt beobachteten sie, wie die Nüsse sich immer mehr zum See bewegten. Dort angekommen, begannen sie allesamt, wie Pop-corn zu springen. Auf und ab. Auf und ab. Sie dreh-ten sich in der Luft und leuchteten immer stärker. Eine Nuss sprang dabei sogar in den See. « Was das wohl be-deuten mag ? » fragte die Prinzessin. Meles schüttelte ungläubig den Kopf. « Keine Ahnung … So etwas habe ich in der Tat noch nie gesehen ! » Hatte die alte Gerda nicht gesagt, dass die Buchennüsschen ihnen den Weg leuchten würden ? Richtig, das hatte sie.

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Hüterin des ewigen Blaus. Indes war der zuvor spiegelglatte See unruhig ge-worden. Man hörte ein lautes Platschen und sah, wie Wasser in die Höhe spritzte. Und je näher das Plat-schen kann, desto stärker leuchteten und vibrierten die Buchennüsschen und desto wilder schien der Nacht-himmel über ihnen mitzuschwingen. Da war etwas im Anmarsch. Ganz klar. Sie sahen zum Wasser, als plötz-lich eine Gestalt auftauchte. Ihnen stockte der Atem. Es war eine smaragdgrün schimmernde Frau. Beinahe ätherisch. Eine Nixe ! Sie kam ans Ufer und ihr golde-ner Fischschwanz schlug ins Wasser. Sie hatte durch-dringende Augen in denen sich die ganze Unterwasser-welt widerzuspiegeln schien, algengrüne Wimpern und merkwürdig schuppige, aber glatte Haut. Ihre Haare waren Karminrot und klebten durchs Auftauchen an der Haut. Sie kämmte sich die Strähnen aus dem Ge-sicht und starrte die beiden an. Die Nüsse hatten der-weil aufgehört, zu drehen. Genau wie die Sterne. Plötz-lich war alles ganz still. « Ihr sucht also Euer Herz, habe ich gehört » sagte die Nixe. « Woher wisst Ihr das ? » fragte die Wacholderprinzessin erstaunt. « Nun, » antwortete die Nixe, « ich habe Eure Tränen gehört. Wie ein Klopfen an mein Tor. Es war so laut, dass ich hier hin schwimmen musste. Die Buchennüsschen haben mir den Weg zu Euch gezeigt. » Verblüfft sa-hen sich die Freunde an. « Ich bin die Loreley vom Chapfensee. Hüterin des ewigen Blaus und der zerfalle-nen Burg. Und Ihr seid … »–« Die Wacholderprinzes-sin. Und das ist Meles, der Graf von Mels » entgegnete

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die Prinzessin. « Der Graf von Mels also. Soso. Ich hör-te, dass hier einst ein Junges aus einer Grafen-Sippschaft geboren wurde, aber dann mit seiner Familie wegen einer Fehde in ein anderes Tal gewandert ist. » Meles wurde es mulmig. Woher wusste die Nixe das ? Sie fuhr mit ruhiger Stimme fort : « Keine Angst. Ich bin schon länger hier, als der älteste Baum und Stein zusammen. Früher lebte ich als Menschenkind in der Burg. Als sie dann einstürzte, begrub sie mich unter sich. Eine an-dere Nixe hat mich dann gerettet – und mich zu einer aus ihrem Volke gemacht. So tauche ich seit Jahrhun-derten in diesem See, halte ihn rein und beobachte aus den Tiefen der Burg nachts die Sterne. » Mit offenen Mündern sahen sie die Nixe an. Sie hatte Wort wört-lich etwas Blaublütiges an sich. Ihre Augen blitzten im Schimmer der Sterne. « Wisst Ihr, wo mein Herz ist ? » fragte die Prinzessin. « Nun … der Sturm hat es Euch gestohlen, nicht wahr ? » Die Wacholderprinzessin und Meles nickten gleichzeitig. « Ihr wisst, wo es ist ? Bitte, sprecht ! » Die Loreley vom Chapfensee schwieg einige Minuten. « Ja, ich weiss, wo es ist. Ich konnte es dem Sturm mit einer meterhohen Welle entreissen. » Sie wusste also tatsächlich, wo ihr Herz war ! Freudig stand die Prinzessin auf. « Holt Ihr es mir ? » Die Nixe verneinte und schwieg erneut. Meles wurde ungeduldig und sprang von einem Bein aufs andere. « Bitte, Lore-ley, ich bitte Euch … » bettelte Meles. Sie schüttelte er-neut ihren Kopf und lächelte mitfühlend. « Es ist also im See ? » sagte die Prinzessin. « Dann hole ich es mir eben selbst zurück ! » Jetzt sprangen die Nüsse wieder

auf und glühten förmlich. Die Loreley nickte und lä-chelte. « Richtig. Prinzessin. Ihr müsst es Euch selbst holen. Denn nur Ihr allein seid fähig, Euer eigenes Herz wieder zu finden. Wer sonst kennt es so gut wie Ihr selbst ? Ich lege einen Zauber auf Euch, damit ihr eine Zeit lang unter Wasser bleiben könnt. Lang anhal-ten wird der aber nicht ; es sei denn, ich würde Euch für immer in eine aus dem Wasserreich verwandeln. Es ist also auch an Euch, durchzuhalten. » Die Nixe schau-te der Prinzessin tief in ihre matten Aquamarinaugen. « Aber sie ist zu schwach, ehrenwerte Loreley ! Was ist, wenn sie stirbt ? Ich habe einen Eid geschworen, zu helfen, ihr Herz wieder zu finden ! Und wie soll ich sie beschützen, wenn ich hier an Land bleibe ? » rief Me-les besorgt. Die Loreley vom Chapfensee verstand die Sorgen des Grafen. Doch sie konnte die Gegebenhei-ten nicht ändern, auch wenn sie der Prinzessin noch so helfen wollte. « Ich sehe, Ihr tragt Euren Glücksbringer bei Euch », sagte die Nixe zu ihr. « Der wird Euch die notwendige Kraft schenken, wenn Ihr ans Aufgeben denkt oder Gevatter Tod Euch für immer zu umarmen droht. Und für Euch, Meles, wird das Armband leuch-ten. So dass Ihr vom Ufer aus sehen könnt, wo sich Eure Gefährtin befindet. Ein Lichtlein als Lebenszeichen. Prinzessin, seid Ihr damit einverstanden ? » Meles und die Wacholderprinzessin sahen sich an. « Prinzessin, » sagte er, « Prinzessin, Ihr habt nun auf dem Erdboden, in den luftigsten Höhen und hinunter bis zum Erden-feuer gesucht und suchen lassen. Doch nichts gefun-den. Das Glück liegt in Euren Händen. Ihr müsst in die

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Tiefen des Wassers und Eures Selbst gehen, die Angst überwinden und Euch das Herz selber zurückholen. ». Das war also die Lösung. « Es wird bestimmt nicht ganz einfach. Doch es ist es mir wert. Ich bin es mir wert ! » sagte die Prinzessin. « Gut, » sagte die Loreley, streckte ihre langen Arme aus und murmelte ein paar Sätze. Um die Wacholderprinzessin herum baute sich eine milchig durchsichtige Hülle auf.

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In der Tiefe. Sie holte einmal ganz tief Luft und … sprang zu der Nixe in den See. Gemeinsam schwammen sie bis zur Burg. Immer wieder tauchte sie ab und suchte unter Wasser, ob sie ihr schimmerndes Herz irgendwo erspä-hen konnte. Meles’ Blick folgte vom Ufer aus dem klei-nen Licht. Er hoffte und wünschte sich inständig, dass es noch eine Weile leuchten würde. Schliesslich kamen sie bei der Burg an. Sie spürte, dass sie hier richtig war. Sie war ihrem Herzen ganz nah. Sie konnte es fühlen und beinahe schon Pochen hören. Erneut nahm die Prinzessin einen tiefen Atemzug und tauchte herunter. Tiefer. Und tiefer. Doch sie war noch lange nicht am Grund angelangt. Tapfer hielt sie durch und erreich-te das zerfallene Tor der einstig so stattlichen Burg. Mit der letzten bisschen Kraft schwamm sie hinein. Und … ufffff. Tauchte auf. Die Nixe folgte ihr. « Ich kann hier atmen ? ! » sagte die Wacholderprinzessin erstaunt. « Das Wasser hat nicht von der ganzen Burg Besitz er-griffen, Prinzessin. Einige Hohlräume sind geblieben. » Die Prinzessin keuchte. Sie hatte so schrecklich lange die Luft anhalten müssen. Nun konnte ihr Herz nicht mehr weit sein. Sie sammelte Energie und tauchte er-neut ab. Durch ein weiteres, zerfallenes Zimmer hinein

in den nächsten Hohlraum. Dort war es stockfinster. Sie konnte nicht mal die eigene Hand vor Augen sehen. Lediglich das Plätschern des Wassers hörte sie. Die Lo-reley erschien hinter ihr. Sie begann zu zittern. Es war hier. Ihr Herz war hier. Irgendwo. Nur wo ? « Es ist so dunkel hier » sagte sie. « So eine Dunkelheit habe ich noch nie erlebt. Tiefschwarz. » Die Nixe blieb stumm und nickte in der Schwärze des Augenblicks.

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Herzleuchten. Die Wacholderprinzessin wollte nicht aufgeben. Sachte bahnte sie sich ihren Weg durch den engen Raum. Da und dort stiess sie an Burgmauern. Plötzlich ertastete sie etwas in den maroden Gemäuern. Etwas Hölzernes, Eckiges. Eine Truhe ! « Ich habe eine Tru-he gefunden ! » stiess sie los. « Doch die … die ist … verschlossen … » Angst kam in ihr auf. Sie ahnte, was sich in der Truhe befand. Und doch hatte sie keinen Schlüssel. « Habt Ihr einen Schlüssel, werte Lore-ley ? » Die Nixe verneinte. « Wenn ich einen hätte, der passt ; würd ich ihn Euch geben » sagte sie leise. Wie konnte das Schloss bloss geöffnet werden ? Sie tastete das Schloss ab. Es war eines aus Metall. Ein massives, grosses Schloss. « Besinnt Euch ganz auf Eure Kraft, Prinzessin. Was macht Euch einzigartig ? » raunte die Nixe. Die Prinzessin überlegte. Wacholder ! Sie war die Wacholderprinzessin. Und das bestimmt nicht grundlos. Sie zückte den Wacholderzweig aus ihrem Glücksarmband und steckte ihn ins Schloss. Sie drehte ein paar Mal und wünschte sich, dass es aufginge. Und zack – mit einem Klack war es auf. Sie entfernte es und legte ihre Hände auf die hölzerne Truhe. Ob ihr Herz wirklich dort drin war ? Würde sie wieder enttäuscht ? « Warum zögert Ihr ? » fragte die Loreley. « Ich habe Angst. Angst, dass es hier auch wieder nicht ist. Angst, dass ich wieder enttäuscht werde. Und Angst, dass, wenn ich es wieder hätte, es mir erneut gestohlen wer-den könnte. » Einige Minuten war es ganz ruhig. Die Nixe spürte, dass die Wacholderprinzessin erst noch

mit ihren Ängsten kämpfen musste. « Angst lähmt … » sagte sie irgendwann. Die Wacholderprinzessin atmete ein, machte ihre Augen zu und öffnete die Truhe mit einem Ruck, als würde sie ein Pflaster abreissen. Als sie die Aquamarinaugen wieder aufmachte, strahlte ihr das eigene Herz entgegen. Es glänzte und schimmerte in allen Farben des Regenbogens. Und darauf war ganz deutlich ein Wacholderzweig zu erkennen. Nur lang-sam gewöhnten sich ihre Augen wieder an die Hellig-keit. Zu lange war sie nun in der Dunkelheit gewesen. « Da ist es. Da ist es ! » schrie sie. « Dann nehmt es Euch ! » ermunterte die Nixe. Sie hielt ihr Herz wie-der in den Händen. Endlich ! Wie sehr hatte sie es ver-misst. Wie sehr darum getrauert. Und am Ende darum gekämpft. Das Herz schien sich wie magnetisch zu ihr hin zu bewegen. Mit einem Ruck war es wieder bei ihr und schlug heftiger denn je. Sie spürte, wie ihre Lebens-geister zurückkehrten. Wie der Pulsschlag ihre Venen passierte. Und ihr Atem wieder kräftig wurde. Ein nie da gewesenes Glücksgefühl kam in ihr auf.

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Wiedergeburt. Das Leben war wieder da ! Tränen der Freude schos-sen ihr ins Gesicht. Endlich … « Schwimmen wir zu-rück ? » sagte sie nach einer Weile und wischte die Trä-nen ab. « Wie Ihr wünscht » antwortete die Loreley. Mit starken Schwimmzügen bewegten sie sich durch die Burg zurück ins Wasser. Jetzt noch ein letztes Mal durchhalten und an die Wasseroberfläche schwimmen. Durchs tiefe Blau kamen die Sterne am Firmament im-mer näher und näher. Mit einem Beinschlag kam sie oben an. Sie nahm einen tiefen Atemzug. Neben ihr erschien auch schon die Loreley. Freudig sah sieh zum Waldrand und in die Sterne. Die Schönheit überwäl-tigte sie. Konnte sie es jetzt doch wieder ganz und gar fühlen und erfahren. Völlig ungetrübt. Gemeinsam schwammen sie zum Ufer zurück, wo Meles bereits wartete. Er sah in ihrem Gesicht, dass sie siegreich gewesen war. « Ihr habt es, nicht wahr ? Ihr habt es Euch zurückgeholt ! » Die Wacholderprinzessin nickte strahlend und stieg aus dem Wasser. Eifrig umarmten sich die beiden Freunde und tanzten im Kreis. Pitsch-nass und glücklich setzte sie sich ans Ufer. « Danke, Lo-reley vom Chapfensee, Hüterin des ewigen Blaus und der zerfallenen Burg, ich danke Euch. Von Herzen ! » Sie verbeugte sich ehrwürdig vor der Nixe. Und Meles, der Graf von Mels, tat es ihr gleich. Die Nixe lächelte. « Danket Euch selbst, Prinzessin » antwortete sie und ihre Augen funkelten.

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Himmelblau in Pastell. Die Morgendämmerung hatte bereits Einzug gehal-ten. Überall begannen die Tautropfen zu glänzen. « Sol-len wir zurückkehren ? » fragte der Graf. Die Wachol-derprinzessin strahlte immer noch und nickte. « Lebet wohl, Loreley vom Chapfensee » sagte sie. Die Loreley umarmte sie mit ihren geschmeidigen Armen, drehte sich um und tauchte ab. Immer mehr und mehr Licht durchflutete den Wald. Nie hatte sie das Morgenrot so intensiv und durchdringend wahrgenommen wie an diesem Tag. Es schien, als würde sie alles zum ersten Mal erleben. Ein Licht aus gleissendem Purpur und Orange erstrahlte um sie herum. Immer mehr Vögel begannen zu zwitschern. Das Land erwachte. Sie blie-ben am Uferrand sitzen, bis der Horizont leuchtete. Himmelblau in Pastell. Einzelne kleine Wölkchen verschmolzen mit dem Firmament. Das Blau verstärk-te die zauberhafte Farbe des Sees förmlich. Überall glitzerte und glimmerte es. Als Andenken nahm sie ein Glas des Seewassers mit. Sie füllte es langsam in ihr Trinkgefäss, packte die sieben Nüsschen ein und schlenderte mit Meles los. Als sie bei der letzten Wegkreuzung angelangt wa-ren, schauten sie noch einmal zurück. Was hatten sie alles erlebt ! Und nun war ihnen das Glücke hold. « Finden wir wieder zurück oder soll ich die Wachol-derdrosseln rufen ? » fragte die Prinzessin verschmitzt. Meles schmunzelte. « Nein, dieses Mal führe ich uns ohne Umwege ans Ziel. » Sie lachten, hielten sich an den Händen und liefen nach Hause, wo die Prinzessin

mit dem Seewasser ihre Reise in bunten Bildern fest-hielt. Beide lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage und erfreuten sich bis zum Schluss am Wacholder.

Manchmal kann man noch heute das Raunen der Loreley vom Chapfensee hören. Man muss nur ganz genau lauschen. Und bis in unsere Zeit erzählen sich eigenartige Gestalten die Geschichte der Wacholder-prinzessin. Einigen davon sind sie auf dem Heimweg sogar begegnet. Doch das ist eine andere Geschichte. Die ein anderes Mal erzählt wird.

Wo würdest du dein Herz suchen, wenn es verloren ginge ?

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Die Wacholderprinzessin schenkt dir diesen

Talisman ; häng ihn ans Fenster in deinem

Zimmer, er wird den Weg in die Träume leuch-

ten und dein Herz beschützen – für immer.

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Freunde online unter wacholderprinzessin.ch.

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virtuellen Rundgang duch den verwunschenen

Märchenweg am Chapfensee.

Du hast dich entschieden, Himmelblau

in Pastell in allen Nuancen zu erleben.

Herzlichen Dank !

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sowie für das Online-Game. Viel Spass !

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