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I KristuZZund Techrcik I 9 1 11 1 1974 11316-1326 I K.-H. BATHER Akademie der Wiasenachatten der DDR Zentmlinstitut fur Festkorperphyeik und Werkstofforsohung, Dresden Warmedurchschlag an Cu,O Beim Schalten an Cu,O wird das Auftreten hoher Temperaturen nachgewiesen. Die Struktur des formiorten Kanals wird untersucht. Auf der Grundlage des Phasen- diagramms wird ein einfaches und qualitatives Model1 fiir den Durchschlag an Cu,O beschrieben und auf Metalloxide verallgemeinert. The appearance of high temperatures are proved at switching in C%O. The struc- ture of the formed channel are investigated. On the basis of the phase-diagram it is made 8 simple and qualitative model of the breakdown in C%O for discussion and it is generalized to other metal-oxides. 1. Einleitung Unter Schalteffekt verstehen wir eine Instabilitiit des Stromes bei kontinuier- licher h d e r u n g LuDerer physikalischer Parameter, wenn diese einen kritischen Schwellwert uberschreiten. Solche physikalische Parameter kiinnen u. a. Druck, Temperatur, Magnetfeld, elektrische Stromstarke oder Spannung sein. Im folgenden wollen wir uns auf elektrische GroDen beschranken. Das Schaltele- ment schaltet von einem Zustand hohen Widerstandes (off-state) in den eines niedrigen Widerstandes (on-state). Schaltelemente mit monostabilem Schalteffekt (threshold switch) kehren bei Unterschreitung des iiuDeren physikalischen Parameters unter einen bestimm- ten Haltewert wieder in den hochohmigen Ausgangszustand zuriick. Bei Schaltelementen mit bistabilem Schalteffekt (memory switch) kann so- wohl der hochohmige als auch der niederohmige Zustand ohne iiuDere physika- lische Parameter stabil sein. Der niederohmige Zustand ist dabei an eine bleibende Kristallstrukturiinderung gebunden. Das Ruckschalten in den hoch- ohmigen Zustand erfolgt durch die Beseitigung der niederohmigen Struktur. Im Unterschied dazu charakterisiert der Begriff ,,bistabile Leitfiihigkeit" die Existenz zweier verschiedener Widerstiinde einer Substanz. Demnach zeigen Substanzen mit monostabilem oder bistabilem Schalteffekt bistabile Leitfiihig- keit. Fur industrielle Anwendungen sind die Stabilitiit der technischen Daten und die Lebensdauer eines Schaltelementes von entscheidender Bedeutung. Diese werden wesentlich durch die StreBwirkungen beeinflufit, denen das Schalt- element beim Schaltprozel3 ausgesetzt ist. Wie aus der Darstellung in Figur 1 hervorgeht, mu13 unterschieden werden zwischen den nichtlinearen Veriinderungen der elektrischen Leitfiihigkeit in Abhiingigkeit von den auBeren Parametern, die ohne oder nur mit geringen strukturellen Veranderungen (und damit ohne wesentlichen Stress, linke Gruppe)

Wärmedurchschlag an Cu2O

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I KristuZZund Techrcik I 9 1 11 1 1974 11316-1326 I

K.-H. BATHER

Akademie der Wiasenachatten der DDR Zentmlinstitut fur Festkorperphyeik und Werkstofforsohung, Dresden

Warmedurchschlag an Cu,O

Beim Schalten an Cu,O wird das Auftreten hoher Temperaturen nachgewiesen. Die Struktur des formiorten Kanals wird untersucht. Auf der Grundlage des Phasen- diagramms wird ein einfaches und qualitatives Model1 fiir den Durchschlag an Cu,O beschrieben und auf Metalloxide verallgemeinert.

The appearance of high temperatures are proved at switching in C%O. The struc- ture of the formed channel are investigated. On the basis of the phase-diagram it is made 8 simple and qualitative model of the breakdown in C%O for discussion and it is generalized to other metal-oxides.

1. Einleitung

Unter Schalteffekt verstehen wir eine Instabilitiit des Stromes bei kontinuier- licher h d e r u n g LuDerer physikalischer Parameter, wenn diese einen kritischen Schwellwert uberschreiten. Solche physikalische Parameter kiinnen u. a. Druck, Temperatur, Magnetfeld, elektrische Stromstarke oder Spannung sein. Im folgenden wollen wir uns auf elektrische GroDen beschranken. Das Schaltele- ment schaltet von einem Zustand hohen Widerstandes (off-state) in den eines niedrigen Widerstandes (on-state).

Schaltelemente mit monostabilem Schalteffekt (threshold switch) kehren bei Unterschreitung des iiuDeren physikalischen Parameters unter einen bestimm- ten Haltewert wieder in den hochohmigen Ausgangszustand zuriick.

Bei Schaltelementen mit bistabilem Schalteffekt (memory switch) kann so- wohl der hochohmige als auch der niederohmige Zustand ohne iiuDere physika- lische Parameter stabil sein. Der niederohmige Zustand ist dabei an eine bleibende Kristallstrukturiinderung gebunden. Das Ruckschalten in den hoch- ohmigen Zustand erfolgt durch die Beseitigung der niederohmigen Struktur.

Im Unterschied dazu charakterisiert der Begriff ,,bistabile Leitfiihigkeit" die Existenz zweier verschiedener Widerstiinde einer Substanz. Demnach zeigen Substanzen mit monostabilem oder bistabilem Schalteffekt bistabile Leitfiihig- keit.

Fur industrielle Anwendungen sind die Stabilitiit der technischen Daten und die Lebensdauer eines Schaltelementes von entscheidender Bedeutung. Diese werden wesentlich durch die StreBwirkungen beeinflufit, denen das Schalt- element beim Schaltprozel3 ausgesetzt ist.

Wie aus der Darstellung in Figur 1 hervorgeht, mu13 unterschieden werden zwischen den nichtlinearen Veriinderungen der elektrischen Leitfiihigkeit in Abhiingigkeit von den auBeren Parametern, die ohne oder nur mit geringen strukturellen Veranderungen (und damit ohne wesentlichen Stress, linke Gruppe)

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verlaufen, und denen, die mit starken nichtreversiblen Strukturiinderungen ver- laufen (und damit einem grol3en Stress ausgesetzt sind, rechte Gruppe) (DRAKE).

Nur die Elemente der Gruppe ,,ohne strukturelle Veriinderungen" schalten , ,reversibel" und besitzen dementsprechend eine hohe Lebensdauer.

Das andere Extrem ist das bistabile Schalten an kristallinen Metalloxiden und -chalcogeniden (gehoren nach Figur 1 zur Gruppe der ,,irreversiblen Struktnr- iinderungen").

Nach obiger Definition kann Schalten nicht als reversibel im Sinne der Ther- modynamik bezeichnet werden. Wiederholbar ist lediglich der Fakt des Schal- tens. Der konkrete mikroskopische Zustand ist nicht reproduzierbar, am wenig- sten in der letztgenannten Gruppe, was letztlich die begrenzte Lebensdauer von etwa 104 Schaltzyklec bedingt.

Im folgenden wollen wir uns den Schaltvorgiingen der rechten Gruppe niiher zuwenden. Als Modellsubstanz dient Kupfer-(1)-oxid.

2. Experimentelle Ergebnisse an Cu,O

Der Schalteffekt an Cu,O ist auf einen thermischen Durchschlag zuruckzufuhren. COOK erhiilt eine ideale ubereinstimmung zwischen den Parametern eines ein- fachen thermischen Modells und den experimentell ermittelten Werten. Er macht keinerlei Aussagen uber den ProzeB des Schaltens selbst . Voraussetzung fur den Durchbruch ist das Erreichen einer kritischen Temperatur T, (-1000 "C). Wir haben diese hohen Temperaturen beim Durchbruch an Kupfer-(1)-oxid experimentell nachgewiesen. Dazu wurden Cu,O-Einkristallfolien von 100 ,urn bis 300 ,um Dicke durch Oxydation aus elementarem Kupfer (primiire Rekristalli- sation) und anschlieBender Kornvergroberung nach T o m hergestellt und mit Edelmetallen (Pt, Au, Ag ...) als pla.nare Elektroden bedampft. Der Bereich zwischen den Elektroden wurde im Lichtmikroskop oder Rasterelektronen- mikroskop (REM) beobachtet. Optische und besonders REM-Aufnahmen (Fig. 2, 3) lassen deutlich erkennen, daB der Bereich des Filaments aufgeschmol- Zen worden w-ar, d. h. der Schaltkanal war wiihrend des Durchschlags mindestens

Fig. 2. REN-Aufnahme cines mit Gleichspannung erzeugten Schalt- kanals aut KupCer-(l)-oxid. Batterie- spannung: 200 V, Forsch81twider- stand: 20 k R, Elektrodenabstand: 100 pm

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Fig. 3. viie hci Fig. 2

zeitweise schmelzflussig. Dies konnte auch durch Zeitlupenstudien bestatigt werden. Die Bewegung der fliissigen Phase ist im Film deutlich wahrnehmbar.

Wir schlieBen daraus, dal3 die maximale Kanaltemperatur wahrend des Durch- schlags mindestens die Schmelztemperatur des Cu,O (1232 "C) erreicht.

Wir geben jedoch zu bedenken, daI3 die makroskopische Beschreibungsweise der Thermodynamik nur bedingt iibertragbar ist. Im Bereich der Schaltkanal- dimensionen (einige ,urn) konnen Grenz- und Oberflachen-, sowie Diffusions- effekte die hauptsiichliche Rolle spielen. Der Schaltprozel3 selbst liiuft dyna- misch iiber Nichtgleichgewichtszustiinde ab. Das Zust,andsdiagramm des Systems Kupfer-Sauerstoff, das thermodynamische Gleichgewichte voraus- setzt, ist deshalb nicht unbedingt anwendbar. Fur eine genauere Beschreibung sind Modelle notwendig, die diese Effekte berucksichtigen.

Die flussige Kanalzone erstreekt sich bis in das Elektrodengebiet. Die Elek- troden werden zum Teil mit aufgeschmolzen. Figur 4 zeigt die Elektrodenoher- flache einer Ag-Elektrode nach dem Schalten. Solche typischen Bilder erhiilt man fur alle niedrjg-schmelzenden Elektroden, wie Silber, Gold, Kupfer u. a.

Fig. 4. Die Oherflkhe einer Ag- Elektrode nach Deendigung des Schrtltvorgaugefl. Tdchtmikro- skop, Hellfeld

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Fig. 5. Schaltkan&le zwisch en zivei planaren Ay-Eloktroden u if Kup- fer-(1)-oxid. Lichtmikrosko €1. Hell- feld

Platin, Kickel und andere Metallelektroden mit ahnlich hohen Schmelzpunkten werden unter Umstiinden auch noch aufgeschmolzen, d. h., daB Temperaturen bis 1700 ... 1800 "C auftreten konnten.

Bei der Auswertung dieser Ergebnisse ist jedoch zu beachten, dab hier ein terniires System Kupfer-Sauerstoff-Elektrodenmetall vorliegt. Die Schmelz- punkte der reinen Metalle konnen nicht mehr in Betrecht gezogen werden und iiber die ternaren Systeme ist im allgemeinen wenig bekannt.

Elektrodenmaterial aus hochschmelzenden Metallen, wie Wolfram, Molyb- diin, Kohlenstoff wird nicht mehr aufgeschmolzen.

AufschluBreich ist die Kanalstruktur, die nach dem Schalten nachweisbar ist. Erste Aussagen gewinnt man aus dem mikroskopischen Bild des Kanals

(Fig. 2,5). Bei hoher VergroBerung (> 500: 1) sind ineinandergeschobene Keile,

Fig. 6a. Typische Form eines Kupferkenals. VergroDernng: 5000: 1 ; b - Darstelluxig des Quadrntes des resiprokon KanaldurchmeRsers als Funlition vonl Ort

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die von der Anode zur Kathode zeigen, sichtbar. Wie sich herausstellte, ent- steht aolch ein Bild durch die Interferenzfarben der Oxidschicht, die die stark kupferhaltige Seele des Kanals umschlieDt.

Um die Kanalseele freizulegen. wird die Oberfliiche vorsichtig mit feinstem Diamantpulver poliert, einige Sekunden in konzentrierter HF geatzt und wieder poliert. Das Kupfer wird metallisch blank, Kupfer-( l)-oxid reduziert, wiihrend CuO kaum angegriffen wird. So lassen sich metallisches Kupfer und seine Oxide im Lichtmikroskop klar unterscheiden. Ein schmaler Kupferfaden wird sicht- bar. Seine Dicke ist sehr unterschiedlich. Der Gesamtkanal (aufgeschmolzene Zone) ist wesentlich dicker als der Kupferfaden. CuO-Bereiche sind inselartig angelagert .

Figur 6 (oberer Teil) zeigt einen typischen Kupferkanal. Auf der Basis der Ohmschen Beziehung R = Q . l /A (Q spezifischer Widerstand von Kupfer, 1 Liingeneinheit, A mittlerer Querschnitt dieser Liingeneinheit, R elektrischer Widerstand dieser Liingeneinheit) wurde sein Widerstand zu 2,4 I2 bei 20 "C be- stimmt. Es ist zu beachten, da13 Figur 6 nur ein zweidimensionales Bild des Kana.ls widerspiegelt . Zur Berechnung wurde Rotationssymmetrie und die Leitfhhigkeit von kompakten Kupfer angenommen. Die experimentell gemes- senen Widerstiinde im niederohmigen Zustand betrugen einige 10 SZ bis einige 100 52, sie sind um 1 bis 2 GroBenordnungen groBer. Es ist auszuschlieBen, daB

Fig. 7. ES~l.~-ProbenstrombiId cine8 Sohalt - kanala in einer liupfer-(l)-oxidniatrix. Uo := 20 kV, I = 100 nA

mikroskopische Unterbrechungsstellen existieren, denn dann miiBte der nieder- ohmige Zustand von der Cu,O-Matrix bestimmt werden und eine halbleiter- ahnliche Temperaturabhlingigkeit des Widerstandes besitzen. Der Temperatur- koeffizient des niederohmigen Widerstandes ist jedoch positiv, also eindeutig metallisch. Vielmehr wird der niederohmige Zustand durch eine lokal hohe Kupferanreicherung in einer Cu,O-Matrix gebildet. Das Probenstrombild einer ESMA-Analyse (Fig. 7) zeigt die Verteilung der Kupferkonzentration iiber dem Querschnitt eines Schaltkanals. Die Kupferverteilung ist sehr inhomogen und an Gebieten hochster Kupferkonzentration ergibt sich ein Gemisch, das bis zu 95 Masse-x Cu enthiilt.

Es entsteht kein kompakt metallischer Kupferfaden. Die Komponenten Cu,O und 631 haben im fliissigen und im festen Zustand eine ausgedehnte Mi-

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schungsliicke. Die Loslichkeit von Sauerstoff in Kupfer ist sehr gering, noch kleiner als 0,03 At.-% 0 bei 1040 "C. Bei der Abkiihlung des Kanals entsteht demnach ein Gemisch aus primar ausgeschiedenem Cu und Cu,O, dessen Wider- stand wesentlich durch die Leitfiihigkeit des elementaren Kupfers und die lokale Anordnung der Cu-Ausscheidungen zueinander bestimmt wird. Den Kanal als homogenen Faden zu betrachten und eine Interpolation zwischen der Leitfiihig- keit des Cu und der des Cu,O als Grundlage zur Berechnung des Kanalwider- standes zu benutzen, fiihrt zu ebenso falschen Ergebnissen wie den Kanal als homogenen Kupferfaden (siehe obige Abschiitzung) zu betrachten.

Triigt man - ( d : lokaler Durchmesser des Kupferkanals) iiber die Kanallange

auf R N- , so fallt auf, daS in regelmiioigen Abstanden Peaks auftreten

(Fig. 6, unterer Teil). Die Peakabstlnde sind groDer als der lokale Kanaldurch- messer. Es scheint, als bestunde der Kanal aus einer Perlenkatte von ellipsoidi- schen, hoch mit Kupfer konzentrierten Partikeln. Die oben erwtihnte ,,Keil- struktur" umschlieDt den Kanal. Sie besteht aus Cu,O.

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Figur 8 zeigt das Phasendiagramm des Systems Cu-0 nach M. O'KEEFBE. Ein durch Oxydation von Kupfer dargestelltes Oxid befinde sich im thermodynami-

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schen Gleichgewicht im Punkt A. Sein Zustand sei dort eingefroren. Durch den anfanglichen StromfluD zwischen den Elektroden wird Joulesche Warme er- zeugt und die Probe lokal aufgeheizt. Das fuhrt zu Stromdichte- und Tempera- turunterschieden. Es kommt zum bekannten ProzeD der Filamentbildung. Bereits bei einfacher Probengeometrie kommt es schon zu relativ komplizierter Temperaturverteilung . Infolge der Aufheizung wird der thermodynamische Zu- stand der Probe im Zentrum des Filaments ,,aufgetaut" und nach links (in Pfeilrichtung, Fig. 8) verschoben.

(An den Schaltelementen wird nach hoher Schaltzyklenzahl haufig eine me- chanische Zerstorung in Form von Rissen festgestellt. Durch den lokalen und plotzlichen Temperaturanstieg erhijht sich der Druck im Filament, da sich die Probe im Filament rasch ausdehnt durch die Temperaturerhohung und ein Druckausgleich nicht moglich ist. Es entstehen grol3e mechanische Spannungen. Das Schaltelement ist grol3en Belastungen ausgesetzt, die dann zur Zerstorung fuhren.)

Die Metalloxidphase Cu,O besitzt im gesamten interessierenden Temperatur- bereich einen exponentiellen Anstieg der elektrischen Leitflihigkeit mit der Tem- peratur. Es erfolgt auflerdem kein Schalteffekt durch andere Effekte, so wird rein thermisch die linke Phasengrenze (Fig. 8) erreicht und uberschritten.

In dem Volumen, in dem thermodynamisch die Phasengrenze iiberschritten wurde, Rind die Stabilitatsbedingungen fur elementares Kupfer erfullt und die Substanz wird in diesem Gebiet durch 0-Abgabe reduziert. Die Kupferphase w i d ausgeschieden, ihr Volumenanteil wiichst, bis ein stabiler Kana1 zwischen den Elektroden existiert und ein stationarer thermischer Zustand wieder herge- stellt ist.

Erfolgen solche Vorgange zwischen zwei Festkorperphasen, so laufen sie sehr langsam ab.

Meist erfolgt die Umwandlung jedoch unter Beteiligung der flussigen Phasen und wird dadurch sehr schnell (5 100 ns) (Kurve B in Figur 8).

Zuerst wird die Phasengrenze vom festen zum flussigen Cu,O uberschritten, d. h . zwischen Anode und Katode bildet sich zunlichst ein schmelzfliissiger Cu,O-Kanal. Es wird abgeschatzt, da13 die Stromdichte lo5 bis lo6 A betragt. In diesem Stromdichtebereich und bei den hohen Temperaturen ist mit Materietransport zu rechnen. Der Anteil der Ionenleitung am gesamten Ladungs- transport ist gegenuber dem Elektronenanteil nicht mehr vernachlassigbar, wo- bei hauptsachlich die Ionen des Cu-Teilgitters dazu beitragen (HAUFFE). Das Anionen- und Kationenteilgitter .,entmischt" sich. Die Kupferionen bewegen sich im Gebiet hoherer Stromdichte und Temperatur. Im Kern des Filaments bilden sich flussige Kupferphasen oder zumindest schmelzflussige Bereiche mit sehr hoher Kupferkonzentration. Die stochiometrische Zusammensetzung im Filament verschiebt sich rom Ch,O in Richtung elementaren Kupfers.

Die von COOK diskutierte und von MORGAK und HOWES et al. kritiklos uber- nommene Moglichkeit, daD die folgende Reaktion

cu,o + c u + CUO (1)

stattfindet, ist nicht vertretbar, solange sie als einfache chemische Reaktion aufgefaDt wird. Bei der Ton COOK selbst angegebenen Temperatur ist diese Reaktion thermodynamisch nicht moglich. Vielmehr wird durch die Cu-Diffu-

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Fig. 9. REM-Aufnahine eincs Schalt- kanalkorns

sion im Kanalzentrum elementarer Sauerstoff frei, entsprechend 2 Cu,O + 4 Cu+ + 0, + 4 e , (2)

der in Risse, Poren, Pinholes und dgl. entweichen kann. Bei Planarstrukturen kann der Sauerstoff auch in die umgebende Atmosphare entweichen. Mittels REM-Aufnahmen (Fig. 9) konnten Locher im Kanal festgestellt werden, die der entweichende Sauerstoff im noch ziihfliissigen Kanal hinterlafit.

Nach dem oberschreiten des Lsistungsmaximums (wenn der Probenwider- stand kleiner als der Lastwiderstand im elektrischen Stromkreis wird) wird kurze Zeit spiiter die maximale Temperaturverteilung im Kanal erreicht und danach kiihlt das System wieder ab. Die Kanalzone erstarrt. D x Schaltkanal bleibt niederohmig .

Es ist verstilndlich, daD die stattfindenden Ausscheidungs-, Keimwachstums- und Erstarrungsvorgiinge grol3e Inhomogenitaten und nach jedem Schaltzyklus

Fig. 10. Phasenditlgramm eines Netall-Railer. stoff-Systems (schematisch)

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eine andere lokale Verteilung und Konzentration des Phasengemisches (Cu,O + Cu) im Kanal erzeugen. Das ist die Ursache fur die grol3e Streubreite der elek- trischen Parameter eines solchen Schaltelementes. Die Ergebnisse von SLIVA et al., die die statistische Verteilung verschiedener elektrischer Parameter in Ab- hiingigkeit von der Schaltzyklenzahl an einigen Metalloxidpulvern gemessen haben, konnen von uns bestatigt werden, Qualitativ ahnliche statistische Er- gebnisse erhalt man auch an kristallinem Material.

Die am Cu,O gewonnenen Vorstellungen konnen verallgemeinert werden. Figur 10 zeigt schematisch das p-T-Phasendiagramm eines Metall-Sauerstoff - systems. Der Bindungscharakter der Oxide iindert sich sprunghaft von Phase zu Phase, das bedeutet eine sprunghafte Bnderung der Ladungstragerdichten n und der Beweglichkeiten p. Von links nach rechts fortschreitend gelangt man vom metallischen Zustand uber die einzelnen Oxydationsstufen bis zur hochsten Oxydationsstufe, vom metallischen bis zum kovalenten Bindungscharakter, vom Metal1 bis zum Isolator, vom Zustand hoher bis zum Zustand niedriger elektrischer Leitfiihigkeit a,. Dieses Schema ist nur qualitativ und nicht voll- standig auf alle Metall-Sauerstoffsysteme anwendbar, wie z. B. Mo-0, W-0, co-0.

Genauso wie fur Cu,O ist 1. eine exponentielle Temperaturabhangigkeit, oder wenigstens ein positiver Temperaturkoeffizient der elektrischen Leitfahigkeit und 2. das Ausbleiben eines auf anderen Effekten basierenden Schaltvorganges Voraussetzung dafiir, daB sich ein Filament zwischen den Elektroden bildet, in dem rein thermisch die Stabilitatsgrenze zum nachstniederen Oxid erreicht und iiberschritten werden kann (Bewegung des Punktes A in Fig. 10).

Sind die beiden Bedingungen fur die neu gebildete Phase ebenfalls erfiillt, kann sich das System im Bereich des Filaments weiter aufheizen und die nachst- niedere Phasengrenze uberschreiten. Dieser fortschreitende ProzeB wird be- endet, wenn eine der oben angegebenen Bedingungen nicht mehr erfiillt wird.

Bei niederen Oxiden (Cu,O, CuO, NiO, ZnO) kommt es bis zum metallischen Durchlag. Es entsteht ein metallisch leitender Kanal (Cu, Ni, Zn).

Bei hoheren Oxiden (V,O,, TiO,) wird in einer der folgenden Phasen (VO,, Ti,O,) die 2. der oben angegebenen Bedingungen nicht mehr erfiillt, so da13 der metallische Zustand nicht erreicht wird. Der SchaltprozeB wird mit der Formie- rung einer besser leitenden niederen Oridphase in der Matrix einer schlecht leitenden hohen Oxydationsstufe beendet.

Wie bereits erwahnt, ist die makroskopische Beschreibungsweise von Gleich- gewichtszustanden nicht vorbehaltelos anwendbar. Wir mufiten fur unsere modellmLBigen Vorstellungen in Ermenglung besserer Moglichkeiten frotzdem auf Gleichgewichts-Phasendiagramme zuruckgreifen.

Wesentlich fur unsere Vorstellungen ist das Erreichen einer kritischen Um- wandlungstemperatur T, im Filament. Diese Temperatur T,, und das ist der Mange1 des Modells, laBt sich nicht immer sicher mit dem Phasendiagramm be- stimmen.

Besonderer Dank fur die Unterstiitzung der Arbeit sowie die stetige Hilfsbereit- schaft und anregenden Diskussionen gilt Herrn Dr. W. Bruckner, Herrn Dr. W. Moldenhauer und Herrn Dr. Schneider.

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New York 1956

(Eingegangen a m 30. Mai 1974)

Anschrift des Verfaaeera: K.-H. BATHEX Akademie der Wissenschaften der DDR Zentralinstitut fur Festkorperphysik und Werkstofforschung Bereich 3 DDR - 8027 Dresden Postfach