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Warum lohnt es sich für Sie, wenn wir genau hinsehen? Ziel von Metzler Asset Management ist, für Sie dauerhaft Wertzuwachs zu erwirtschaften. Um die Portfolios zu optimieren, analysieren wir die Unternehmen, in die wir für Sie investieren, nicht nur nach klassischen fundamentalen Kriterien. Werthaltiges Investieren umfasst für uns auch die Integration von Nachhaltigkeitskomponenten in alle Stufen des Investmentprozesses. So entstehen für Sie höchst zeitgemäße und zukunftsweisende Konzepte, die Ihren Zielen wie auch Ihren Werten entsprechen. Mehr zu unserer Sichtweise unter Telefon (0 69) 21 04 - 5 32 und www.metzler-asset-management.com

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Warum lohnt es sich für Sie, wenn wir genau hinsehen? Ziel von Metzler Asset Management ist, für Sie dauerhaft Wertzuwachs zu erwirtschaften. Um die Portfolios zu optimieren, analysieren wir die Unternehmen, in die wir für Sie investieren, nicht nur nach klassischen fundamentalen Kriterien. Werthaltiges Investieren umfasst für uns auch die Integration von Nachhaltigkeitskomponenten in alle Stufen des Investmentprozesses. So entstehen für Sie höchst zeitgemäße und zukunftsweisende Konzepte, die Ihren Zielen wie auch Ihren Werten entsprechen. Mehr zu unserer Sichtweise unter Telefon (0 69) 21 04 - 5 32 und www.metzler-asset-management.com

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Gold oder Bitcoin − das ist hier die Frage

Liebe Leserin, lieber Leser,

Gold ist eine fabelhafte Kapitalanlage. Es wiegt schwer, lässt sich wunderbar anfassen und fern von Negativzinsen aufbewahren. Selbst wenn der letzte Geldschein geschred-dert wäre, für Gold fänden sich immer Abnehmer, wie seit Jahrtausenden.

Bitcoins und andere Kryptowährungen eröffnen dagegen eine völlig andere Geschich-te. Niemand buddelte sie unter Mühen aus der Erde und zieht dafür ein Schwert, sondern sie sind eine Rechenleistung kluger Köpfe und deren Computer. Bitcoin als wahren Wert anzusehen und nicht als Potemkisches Dorf − für diese Erkenntnis benötigen Traditionalisten selbst eine erhebliche Rechenleistung, und schaffen diesen Gedankensprung dann doch nicht.

Das Thema allerdings gewinnt an Dynamik. Der erste Transfer mit Bitcoins war der Kauf von zwei Pizzen für 10.000 Bitcoins, heute bekäme der Käufer dafür über 500.000 Pizzen, eine erstaunliche Wertsteigerung. Längst gibt es Frontrunner, die in dieser Technologie die vollständige Entmachtung von Notenbanken sehen, eine preiswerte und sichere Transfermöglichkeit jenseits der etablierten Stukturen, dazu noch eine alternative Parkstation fürs Vermögen.

In Luxemburg läuft das Thema Bitcoin nicht unter der Rubrik Aberglauben, sondern Regierungsstellen befassen sich detailliert mit dem Markt; einem Unternehmen wurde sogar eine Lizenz zugesprochen. Ein Verbund von Rechnern schürft nunmehr einen Bitcoin nach dem anderen und allerhand Menschen tauschen hart verdiente Währung dagegen ein. Die Initiatoren glauben fest, dass es einst wie beim Wechsel von Edelme-tall auf Papiergeld zu einem tiefgreifenden Wandel kommen wird. Schon geben einige Kneipen Bier gegen Bitcoin aus; das Bier immerhin ist nicht virtuell.

Ich wünsche Ihnen eine inspirierende Lektüre!

Ihr Josef Depenbrock, Herausgeber

~ EDITORIAL ~

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Mehr dazu ab Seite84

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Dominik Bokor-Ingram von Charlema-gne Capital schreibt über die Chancen, die Iran bietet.

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Lohnt sich ethisches Verhalten in der Wirtschaft? Dieser Frage geht Prof. Dr. Nick Lin-Hi nach.

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10

24

Inhalt3 EDITORIAL

4 AUTOREN

91 WATCHLIST

98 IMPRESSUM

98 ZU GUTER LETZT

KRYPTO-WÄHRUNGEN10 BITTE EIN BIT

Die rasante Entwicklung des virtuellen Geldes

18 DIE ERSTE LIZENSIERTE BITCOIN-BÖRSE

Interview mit CEO KodriČ von Bitstamp

SCHWEIZ22 DEFENSIV UND ROBUST

Alpen-Fonds bieten viel Beständigkeit

24 SICHERER HAFEN

Franken-Anleihen mit hohem Niveau

EUROPA26 BREXIT LIGHT

Wie England die EU-Vorteile verteidigen will

34 BALTIKUM − DYNAMIK IM NORDEN

IRAN36 AUF DEM WEG IN DIE ZUKUNFT

Hohes Bildungsniveau, große Resourcen

42 UNAUFHÖRLICH WACHSENDE KAPITALMÄRKTE

Wie Teherans Börsenchef die Zukunft sieht

44 SEHNSÜCHTIGES WARTEN AUF DEUTSCHE BANKEN

Interview mit Iran-Kenner Dr. Nader Maleki

MAROKKO50 DIE GRÖSSTE SOLARANLAGE DER WELT

Staat und Investoren als kollegiale Partner

44

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72

52

54

SCHWELLENLÄNDER52 SMALL CAPS MIT BESTEN AUSSICHTEN

Kleine Firmen bieten mehr Ertrag und Dynamik

FAMILY OWNED 54 FLUCH ODER SEGEN?

Konzepte für Family Offices im Vergleich

60 DER POLITIK BEINE MACHEN

Wie die Koalition Familienunternehmen bremst

64 DENKEN IN GENERATIONEN

Der Erfolg der Aktiengesellschaft in Familienhand

VIETNAM68 ZIELSTREBIG, GEWISSENHAFT, OFFEN

Von der Agrar-Nation zum Hightech-Exporteur

ETHIK & WIRTSCHAFT72 DAS GUTE GEWISSEN ALS ERFOLGSFORMEL

Wie Ethik dauerhaften Erfolg bringen kann

77 UMWELT AN ERSTER STELLE

Interview mit einem Pionier der Ökofonds

78 GUTES WACHSTUM IST GANZ EINFACH

Die Grundsätze für nachhaltige Investitionen

83 KEIN VERZICHT AUF RENDITE

Wie die Triodos Bank auf Nachhaltigkeit setzt

MEXIKO84 DER EXPORTMEISTER LATEINAMERIKAS

Gute Voraussetzungen für anhaltendes Wachstum

NEUE FONDS86 AKTUELLE PRODUKTE IM DETAIL

Absolute Return Multi Premium Fonds

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Ausgabe Oktober 2012

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Bitte ein Bit!

Dezentral, Cashartig und Digital. Das sind die drei wichtigsten Schlagwörter, die Kryptowährungen wie Bitcoin be-schreiben. Die Technologie hat enormes Potenzial, nicht nur als Währung.

Autor: Dr. Marco Krohn, München

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10 GL BAL INVESTOR 02 2016 02 2016 GL BAL INVESTOR 11

~ B ITCOIN ~ ~ B ITCOIN ~

Das Smartphone als Geldbörse; Bitcoin könnte mit steigender Akzeptanz zur „Alltagswährung“ werden. „The Old Fitzroy“ wurde im September 2013 zum ersten Pub in Sydney, der Bitcoin akzeptierte.

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Selten konnten Investoren innerhalb weniger Jahre so viel Wertsteigerung erleben. Ende 2012 lag der Wert eines Bitcoins noch bei zehn Euro, inzwischen hat er die 500-Euro-Marke deutlich überschritten.

Diese rasante Preissteigerung ist allerdings auch mit deutli-chen Schwankungen verbunden. So volatil wie diesen Som-mer war der Bitcoinpreis zuletzt 2014. Nach starken Anstie-gen im Mai und Juni und relativer Stabilität im Juli verlor der Kurs im August wieder über 20 Prozent. Die hohe Vo-latilität der vergangenen Monate darf jedoch nicht als Indiz irrationaler Spekulationen missdeutet werden.

Der Preisanstieg in der ersten Sommerhälfte lässt sich durch Angebots- und Nachfrageeffekte erklären. Bitcoins werden durch Rechenleistung „gemined“. So erhöht sich das weltweite Angebot. Im Schnitt löst ein beliebiger Rechner des Blockchain-Netzwerks alle zehn Minuten einen Block, der verschiedene Transaktionswünsche enthält. Die Transaktionen werden dadurch be-stätigt und der Block wird der Block-chain hinzugefügt. Dafür erhält der schnellste Miner seit Juli nur noch 12,5 Bitcoins. Bis Anfang des Monats waren es noch 25 Bitcoins pro Block. Diese An-gebotsverknappung findet alle vier Jahre automatisch statt und wird so schon Wochen im Voraus einge-preist. Gleichzeitig wird da-durch die maximal verfüg-bare Anzahl an Bitcoins auf 21 Millionen begrenzt.

Für die Kursverluste sorgte der Hackerangriff auf Bitfinex Anfang August, eine der größten Handelsplattformen für Bitcoin. Da-bei wurden knapp 120.000 Bitcoins im Gegenwert von 72 Millionen US-Dollar ge-stohlen. Das ist der zweitgrößte Hack in der Ge-schichte von Bitcoin, nach dem Angriff auf Japans Bitcoin-börse Mt Gox 2014, bei dem über 744.000 Bitcoins im Wert von 350 Millionen Dollar entwendet wurden. Während die Transaktionen und die Blockchain an sich nicht manipuliert werden können, hängt die Sicherheit der eigenen Bitcoins davon ab, wie gut man seine Zugangsdaten sichert. Das Glei-che gilt für die Sicherheitsvorkehrungen der Handelsplätze.

Alles, was man braucht, um am Bitcoinnetzwerk teilzu-nehmen, ist ein Rechner oder ein Smartphone mit Internet- anschluss. Ein Konto zu generieren ist einfacher, als ein Konto bei einer Bank zu eröffnen. Jeder Nutzer kann be-liebig viele Konten generieren. Die öffentliche Kontonum-mer sowie den Private Key, den „Pincode“, kann man selbst wählen. Diese Informationen kann man auch auf Papier no-tieren und so sichern. Ein Bitcoin-Wallet, eine Geldbörse oder Konto für Bitcoins, erleichtert Transaktionen und das

Sichern des privaten Schlüssels. Um Bitcoins zu überwei-sen, benötigt man nur eine Information, die Kontonummer des Empfängers.

Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl an Bitcoin-Geldbör-sen mit verschiedenen Sicherheitsgraden. So kann der Pri-vate Key online und offline gespeichert werden: auf der ei-genen Festplatte, durch einen Webanbieter, in Papierform, in einer eigens für Bitcoin entwickelten Hardware-Geldbör-se oder mit einem „multisig“-System, das mehrere Schlüssel verwendet, um das Konto zu schützen. All diese Formen ha-ben Vor- und Nachteile, besonders im Hinblick auf schnelle beziehungsweise einfache Verfügbarkeit der Bitcoins und Sicherheit. Natürlich spielt auch die Verschlüsselung und Sicherung der Zugangsdaten an sich eine wichtige Rolle.

Auf die Frage, was Bitcoin ist, erhält man unterschied-liche Antworten. Und vielen entgeht der Kern, auch denen,

die schon lange Erfahrung haben. Die grundsätz-liche Designidee von Satoshi Nakamoto,

(der Name ist das Pseudonym des Bit-coin-Gründers beziehungsweise der

Gründer-Gruppe), war, eine de-zentralisierte, cashartige Wäh-

rung zu schaffen. Die digi-tale Komponente ist nichts Neues, wenn man genauer hinschaut. 98 bis 99 Pro-zent der Fiatwährungen wie Euro oder US-Dollar sind Einsen und Nullen in Bankcomputern. Bitcoin ist nicht besonders, weil es eine

rein digitale Währung ist, das wirkliche Unterscheidungs-

merkmal ist seine Dezentralität. Das hat verschiedene Vor-, aber

auch Nachteile. Einer der Hauptvorteile ist die Unabhän-

gigkeit von einer ausgebenden Instanz. Es gibt keine Zentralbank, keinen einzelnen Program-

mierer und kein Unternehmen, das die Währung kontrol-liert und jederzeit die Spielregeln ändern kann, pleitegehen oder die Geldmenge erhöhen kann. Auch vor externen An-griffen ist Bitcoin so geschützt. In einem dezentralen Sys-tem funktionieren Tausende Rechner weltweit unabhängig voneinander. Und selbst wenn ich zehn, hundert oder auch tausend davon abschalte, ist das Netzwerk nicht gefährdet.

Was gern übersehen wird ist, dass diese Entscheidung auch negative Konsequenzen hat. Natürlich wäre es einfa-cher und auch kostengünstiger, alle Kontendaten nur auf einem Bankrechner mitzuschreiben und eventuell ein Back-up zu haben, als viele tausend Rechner einzusetzen, die alle die gleiche Funktion erfüllen. Man geht einen Kompromiss ein zwischen einer effizienten zentralisierten Lösung und einer dezentralisierten Lösung, die man sich erkaufen muss. Dafür gewinnt man im Gegenzug Zensurresistenz, dass das

System immer online ist und praktisch unzerstörbar ist.Die meisten Regierungen stehen Bitcoin ohnehin wohl-

gesonnen gegenüber. Einerseits erkennen sie anscheinend die Gefahr für ihr Zentralbanksystem nicht, zudem ist die Marktkapitalisierung von 9,5 Milliarden Euro allein im Ver-gleich zu Apple verschwindend gering. Auf der anderen Sei-te ist die Blockchain-Technologie eine der interessantesten Entwicklungen überhaupt. Die wenigsten Staaten wollen von neuen Technologien und den Vorteilen, die sie mit sich bringen, abgeschnitten sein. Die Gefahr, den technologi-schen Anschluss zu verlieren, ist real.

Es gibt dennoch Länder, in denen Bitcoin verboten oder in einem Graubereich ist. In Argentinien war die Konverti-bilität in die staatliche Währung lange verboten, niemand konnte aber verhindern, dass sich Benutzer eine App auf ihrem Smartphone installieren, um am Bitcoin-Netzwerk teilzunehmen. Die Konzipierung als dezentrales System ist nicht kostenlos, macht es aber praktisch unmöglich, Bitcoin auszuschalten. Ein Verbot kann höchstens den Nutzen ver-ringern, wenn lokale Geschäftsinhaber die Währung nicht mehr offiziell annehmen dürfen. Länder wie China oder Russland sind noch wankelmütig, das schadet Bitcoin, wird es aber nie gefährden. Diese Resistenz macht die Dezentra-lität zu der wichtigsten Eigenschaft.

Die zweite wichtige Eigenschaft ist der Cash-Charakter. Bargeld, das ich einmal ausgegeben habe, kann ich nicht mehr so leicht zurückholen, so auch bei digitalen Wäh-rungen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Zahlungen schwer zurück-verfolgbar sind. Überweisungen von Kryptowäh-rungen sind zwar nicht vollkommen anonym, aber im Ge-gensatz zu Banküberweisungen werden lediglich die Kon-tonummern, nicht die Identität von Sender und Empfänger übermittelt.

Ein oft genannter Nachteil von Bitcoin ist hingegen die

anfangs angesprochene Volatilität. Das lässt sich auf den Start-up-Charakter der Währung zurückführen. Beim Wert eines Investments geht es immer um die zukünftig erwarte-ten Cashflow-Rückflüsse und die sind schwer zu prognos-tizieren. Ähnlich war es in den Anfangstagen des Internets. Niemand konnte vorhersehen, wie viele Menschen einmal vernetzt sein würden. Paul Krugman sagte 1998 leicht iro-nisch: „The growth of the Internet will slow drastically, as the flaw in ‚Metcalfe‘s law‘–which states that the number of potential connections in a network is proportional to the square of the number of participants–becomes apparent: most people have nothing to say to each other! By 2005 or so, it will become clear that the Internet‘s impact on the eco-nomy has been no greater than the fax machine‘s.“ Dieses Zitat, das zeigt, wie leicht neue Technologien unterschätzt werden können, wurde nach einem Blogpost von Krugman aus dem Jahr 2013 von Bitcoin-Befürwortern verbreitet. Krugman schrieb damals unter dem Titel „Bitcoin is Evil“ darüber, dass die Währung seiner Meinung nach kein gu-tes Geld werden könne, da die Wertaufbewahrungsfunktion fehle.

Nachdem Krugmans Zitat von Bitcoin-Befürwortern als Beleg für seine mangelnde Fachkompetenz verwendet wur-de, betonte dieser, dass er nie behauptet habe, technologi-sche Expertise zu besitzen und sein Argument gegen Bitcoin rein ökonomisch begründet gewesen sei: „The fact that peo-ple are throwing around my 98 quote actually shows that they don‘t get this point – that they‘re confusing technology with monetary economics.“ Diese Fehleinschätzung eines Bitcoin-Gegners an sich kann also nicht als Argument für eine Investition in Bitcoin herhalten, aber sie ist ein weite-res Beispiel dafür, wie schwer es ist, den zukünftigen Wert einer neuen Technologie einzuschätzen. Die Geschichte ist voll von ähnlichen Fehlurteilen.

Einweihung des ersten Bitcoin-Automaten Lissabons im Oktober 2014. An diesen Automaten kann man Euro in Bitcoins umtauschen.

Bitcoin-Anhänger tauschen sich auch gern persönlich aus, wie hier auf einer Bitcoin Messe in New York in 2014.

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ICH ZÄHLE MICH EINDEUTIG ZU DEN

ENTHUSIASTEN. BITCOIN IST EINE DER WICHTIGSTEN

ERFINDUNGEN NACH DEM INTERNET UND

HAT DAS POTENZIAL, DEN ZAHLUNGSVERKEHR VON

UNTEN HERAUS ZU REVOLUTIONIEREN.

12 GL BAL INVESTOR 02 2016 02 2016 GL BAL INVESTOR 13

~ B ITCOIN ~

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Es gibt Bitcoin-Enthusiasten, die der Meinung sind, dass die Währung Millionen wert ist und Skeptiker, die in dem System keine Zukunft sehen. Ich zähle mich eindeutig zu den Enthusiasten. Bitcoin ist eine der wichtigsten Erfindun-gen nach dem Internet, und hat das Potenzial, den Zahlungs-verkehr von unten heraus zu revolutionieren. Andere gehen davon aus, dass Kryptowährungen ein reiner Scam sind und sich nie durchsetzen werden. Dazu kommen immer wieder gute, aber auch schlechte Nachrichten. Wie der Angriff auf Bitfinex oder wie aus China, wo die Regierung laut überlegt hat, Bitcoin zu verbieten.

Diese schwankenden Prognosen führen zu Volatilität. Zudem ist der Markt immer noch relativ gering kapitalisiert. Die Ausschläge werden desto schneller zurückgehen, je län-ger die Währung existiert und je mehr Menschen erkennen, wie sicher das System ist. Mit der steigenden Marktkapitali-sierung werden auch Preismanipulationen immer schwieriger. Anfangs hätte man den Preis mit 100.000 Dollar noch um ein bis zwei Dollar manipulieren können, inzwi-schen braucht man dafür mindes-tens eine Million.

Das Bitcoin-System bietet auch ganz unabhängig von seiner Geldfunktion vielver-sprechende Möglichkeiten. Immer öfter taucht in den Medien der Begriff Block-chain auf. Stark vereinfacht könnte man Blockchain mit „Kette von Blöcken“ überset-zen. Jeder Block enthält zu-nächst Transaktionswünsche, die noch unbestätigt sind. Sind die Transaktionen miteinander konsistent und widersprechen auch keiner Transaktion aus der Vergangen-heit, wird der neue Block mit der Kette der bestätigten Blöcke verknüpft. Innovativ ist die Art mit der Blöcke gelöst werden, um zu vermeiden, dass die Transaktionen inkonsistent sind.

Am besten lässt sich das System an einem Beispiel erklä-ren. Angenommen ich habe auf einem Konto 100 Euro, stelle aber zwei Schecks über jeweils 100 Euro aus, dann versuche ich, mein Geld mehrfach auszugeben, ein klassisches Bei-spiel für einen Double-Spend. Führe ich das Konto bei einer Bank, ist das Problem schnell gelöst. Die Bank als zentrale Instanz weiß, wie viel Geld auf dem Konto liegt und löst nur den ersten Scheck ein, der bei ihr eingereicht wird. Sa-toshi Nakamoto wollte jedoch per Design dezentralisiertes Geld erschaffen. Damit sieht das Problem ganz anders aus. Wenn ich nur über ein Bitcoin verfüge, aber zwei unter-schiedlichen Personen jeweils ein Bitcoin überweisen will, müssen Tausende voneinander unabhängige Rechner einen Konsens finden. Sie müssen entscheiden, wer das Bitcoin

bekommt, damit alle mit den selben Information weiterar-beiten können. Bei den Informatikern ist das Problem, wie untereinander unbekannte Rechner einen Konsens finden können, unter dem Namen Byzantinisches Generalsproblem bekannt. Bis Nakamoto eine Lösung angeboten hat, blieb die Frage unbeantwortet. Eine Abstimmung ist unmöglich, da man Rechner virtuell erschaffen könnte. Die Antwort ist Abstimmung über Arbeit. Alle Rechner, die sogenannten Mi-ner, müssen eine bestimmte Form von Arbeit nachweisen, die nach außen gut sichtbar ist, ansonsten aber leider keinen Zweck erfüllt.

Vereinfacht erklärt, nehmen die Miner die Transaktionswün-sche der letzten zehn Minuten entgegen und sammeln sie in ei-nem Block. Dieser muss bestimmten Konsistenzregeln entspre-chen. So kann die Transaktion eines einzelnen Bitcoins an zwei unterschiedliche Empfänger nicht in einem Block auftauchen.

Das kann dazu führen, dass unterschiedliche Miner von verschiedenen Transaktionssätzen ausge-

hen, die in sich widerspruchsfrei sind, sich aber gegenseitig widersprechen. Erst

dann beginnen die Rechner, ein ma-thematisches Problem zu lösen,

das vom Inhalt des jeweiligen Blocks abhängt. Im Schnitt dau-ert die Lösung zehn Minuten. Ist der Miner fertig, kommu-niziert er seine Lösung nach außen und lässt sie von den übrigen Rechnern bestätigen. Der schnellste Miner erhält für seine Lösung 12,5 Bitcoins

plus eine geringe Transaktions-gebühr, der Anreiz, die benötig-

te Rechenleistung aufzubringen. So erreicht das System einen neuen

Konsens und schürft gleichzeitig Bit-coins. Der verifizierte Block wird der Ket-

te hinzugefügt. Das Besondere ist, dass jeder Block einen Fingerabdruck seines Vorgängers enthält.

Somit hängt jede Lösung auch von der vorhergehenden Lösung ab und die Kette ist ineinander verzahnt, ähnlich wie Legosteine. Das macht die Manipulation einzelner Blöcke unmöglich.

Diese Technologie finden auch Banken interessant. Im internationalen Zahlungsverkehr müssen oft vertrauens-würdige Drittparteien, sogenannte Trustees, hinzugezogen werden. Das Lehmann-Risiko, dass die Gegenpartei genau im Moment der gegenseitigen Transaktion pleitegeht, ist besonders bei großen Summen trotz seiner geringen Wahr-scheinlichkeit nicht zu vernachlässigen. Kriegt ein unbetei-ligter Dritter von beiden Parteien zunächst Geld beziehungs-weise Wertpapiere, ist das Problem gelöst. Doch müssen beide Beteiligte dem Trustee vertrauen. Zudem kostet der Prozess Zeit und Geld. Ein Settlement-Prozess zwischen zwei Banken dauert zwei Tage, in Zeiten, in denen wir Te-lefonkonferenzen mit Japan führen können. Das macht die

Blockchain-Technologie für die Top-30-Banken interessant. Sie könnten ihre Systeme, die oft noch in den 70er- und 80er-Jahren hängen, vom 20. ins 21. Jahrhundert bringen.

Schließen sich mehrere Banken zu einer Blockchain zu-sammen, nimmt das dem System die Dezentralität, es wird von vornherein festgelegt, wer teilnehmen darf. Zudem un-terscheiden sich die Anforderungen an das Netzwerk. Wäh-rend bei Bitcoin alle Beteiligten und Unbeteiligten auch von außen die Transaktionen der jeweiligen Blöcke einsehen können, die Eigentümer aber unbekannt sind, wollen Ban-ken die Anzahl ihrer Aktien und Konten geheimhalten. Dem Regulator gegenüber müssen sie ihre Geschäfte allerdings offenlegen. Ich bezweifle, dass sich private Blockchains glo-bal durchsetzen werden, aber sie könnten ein technologi-scher Zwischenschritt sein, um die Systeme der Banken zu modernisieren.

Positiv für Bitcoin ist auch, dass die Technologie nicht nur von Banken, sondern auch zunehmend von großen Un-ternehmen verstanden und ernst genommen wird. KPMG, Deloitte, Microsoft und besonders IBM erkennen den Mehr-wert. Das steigert die Akzeptanz und ist ein Zeichen dafür, dass Kryptowährungen auch auf der Business-Seite ange-kommen sind. Dazu kommt, dass sich auch immer mehr Entwickler professionell mit dem nötigen Hintergrundwis-

sen beschäftigen, dadurch beschleunigen immer neue Ideen die Entwicklung von Bitcoin. Noch Mitte 2011 galt die Wäh-rung als Untergrundwährung. Die Story, die sich am besten verkaufte, war, dass man mit Bitcoin Drogen kaufen kann, das kann ich mit Bargeld aber auch. Dieses Stadium ist nun überwunden. Inzwischen ist Bitcoin auch als Wertaufbe-wahrungsmittel bekannt, und dass es sich bestens für Mik-rotransaktionen und Crowdfunding eignet. So ähnlich geht es allen Open-Source-Projekten. Wikipedia und Linux wur-den am Anfang ebenso müde belächelt. Inzwischen laufen Linux-, beziehungsweise Unix-Systeme auf Großrechnern, Servern bis runter zu Smartphones und Rasberry Pies. Goo-gle und Facebook basieren auf Linux und wären ohne gar nicht denkbar. Jeder kann bei Open-Source-Projekten mit-arbeiten, sie an seine Bedürfnisse anpassen und so zur Ent-wicklung beitragen.

Kryptowährungen haben ihren Open-Source-Charak-ter nicht verloren, so kann man immer noch eigene Kryp-towährungen erschaffen und auf den Code der bestehenden Währungen zugreifen. Doch sind die Tage, in denen man mit seinem Privatcomputer minen konnte, schon lange vorbei. In den Anfangstagen von Bitcoin haben viele mit ihren Pri-vatrechnern gemined, als die Rechenleistung der CPUs noch ausreichte. Die Kryptowährung wurde bald populärer und ›

NOCH MITTE 2011 GALT DIE WÄHRUNG ALS

UNTERGRUNDWÄHRUNG. DIE STORY, DIE SICH AM BESTEN

VERKAUFTE, WAR, DASS MAN MIT BITCOIN DROGEN KAUFEN KANN,

DAS KANN ICH MIT BARGELD ABER AUCH. DIESES STADIUM

IST NUN ÜBERWUNDEN.

Bitcoins in Mio.

Que

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lock

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2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

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GESAMTZAHL DER BITCOINS IM UMLAUF

14 GL BAL INVESTOR 02 2016

~ B ITCOIN ~ ~ B ITCOIN ~

02 2016 GL BAL INVESTOR 15

Das Bitcoin-Netzwerk entstand im Januar 2009, als Satoshi Nakamoto den ersten Block der

Blockchain, den „Genesis Block“, bestätigte und somit 50 Bitcoins schürfte. In den Anfangstagen wurde der Bitcoin-Wechselkurs noch persönlich

in Internet-Foren verhandelt. Das erste Gut, das für Bitcoins gekauft wurde, waren Ende Mai 2010 zwei Pizzen für 10.000 Bitcoins, was damals einem Wert von 25 US-Dollar entsprach. Zurzeit (Ende August 2016) sind 15,8 Millionen Bitcoins im Umlauf. Die maximal im Markt verfügbare

Anzahl an Bitcoins ist auf 21 Millionen begrenzt. Dieser Wert kann nur asymptotisch erreicht wer-den, was voraussichtlich 2140 der Fall sein wird, sollte die Zeit zwischen zwei bestätigten Blöcken

weiterhin zehn Minuten betragen.

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16 GL BAL INVESTOR 02 2016

~ B ITCOIN ~

man entdeckte, dass die Grafikkarte viel besser zum Minen geeignet ist. Auf die Grafikkarte folgten FPGA Prozessoren (Field-programmable Gate Array), die mit USB-Anschlüssen an Computer angeschlossen werden konnten. Durch ihre hohe Energieeffizienz ermöglichten sie erstmals konzen- trierte Mining-Farmen. Heutzutage schürft man mit ASIC-Minern (Application-specific integrated circuit), Mik-rochips, die den einzigen Zweck erfüllen, einen extrem effi-zienten Miner zu bauen. Sie sind 100.000-mal effizienter als eine handelsübliche CPU. Die Professionalisierung der Mi-ning-Szene hat in den letzten Jahren extrem zugenommen, nicht zuletzt aufgrund der Wertsteigerung von Bitcoin.

Noch immer können sich Privathaushalte einen Mining- rechner kaufen und versuchen, selber zu minen. Daraus würden ihnen aber einige Nachteile entstehen. Oft sitzen die Hersteller der Hardware in China, mit dem Kauf sind also hohe Transportkosten, Steuern und eventuell Probleme mit dem Zoll verbunden. Geht der Rechner kaputt, ist auch die Rücksendung entsprechend komplizierter. Hinzu kommt, dass die Garantielaufzeit meist nur einen Monat beträgt. Hat man die ersten Hürden überwunden, muss man viel Zeit in Set-up, Wartung und Updates investieren. Ein weiteres Pro-blem ist der hohe Stromverbrauch, für den die Sicherung eventuell nicht ausgelegt ist. Selbst wenn das Stromnetz den Betrieb eines Miners unterstützt, muss man mit hohen Stromkosten sowie Lärm und Abwärme des Gerätes leben. Der Kauf eines Miners lohnt sich also nur als Hobbyprojekt.

Mining als Investment ist das Geschäftsmodell von Ge-nesis Mining. Wir richten uns an Investoren, die davon ausgehen, dass sie sich mit einer Summe x über eine be-stimmte Laufzeit weniger Bitcoins kaufen können, als sie minen könnten. Wir verkaufen den Investoren Hashpower, also Rechenleistung und nehmen ihnen die Nachteile ab, die mit privatem Minen verbunden wären. Wir minen auf großer Skala mit professionellen Mitarbeitern, was deut-

lich effizienter ist. Unsere Hauptfarm steht in Island, dort ist der Strom günstig und wir haben spezielle Verträge mit den Energiezulieferern. Wir kaufen die Hardware in großen Stückzahlen und haben auch hier Sonderkonditionen, ka-putte Geräte können wir problemlos austauschen. Und na-türlich haben wir auch eine Spezialsoftware für die Verwal-tung unserer Farmen, die unter anderem Ausfälle erkennt. Unser Set-up ist sehr effizient. Dazu kommt unsere Spezial- software, die die Hashpower optimal über verschiedene Kryptowährungen verteilt und die geminten Coins am Ende in die gewünschte Währung umtauscht.

Natürlich profitiert Genesis Mining von positiven Marktentwicklungen wie im Mai und Juni, denn in Zeiten, in denen der Preis ansteigt, gibt es eine verstärkte Nachfrage nach Mining. Das ist zu vergleichen mit Aktien von Unter-nehmen, die Gold schürfen. Auch dort schlagen sich steigen-de Goldpreise in den Aktienkursen nieder. Unser Geschäfts-modell basiert darauf, Bitcoins so effizient wie möglich zu minen, unsere Kunden bezahlen die dafür benötigte Rechen-leistung und erhalten im Gegenzug ihren Anteil der abgebau-ten Kryptowährung. Genesis Mining profitiert bei steigen-den Kursen zum einen von der höheren Nachfrage, und zum anderen direkt von steigenden Bitcoinpreisen, da wir auch für uns selber gemint haben und Kryptocurrencies halten.

Bitcoin ist die älteste und am besten etablierte Währung, das macht es für Konkurrenten schwer aufzuholen, auch wenn ihr Protokoll Vorteile bietet. Der Kryptowährungs-markt bietet unheimlich viele Chancen und ein Ende der Entwicklung ist noch lange nicht abzusehen. In den letzten Monaten hört man immer öfter von Ethereum, dass sich in-nerhalb von kurzer Zeit zur zweitgrößten Währung entwi-ckelt hat. Die Blockchain kann man nicht nur dafür nutzen, um das Eigentum an den Tokens, (im Falle von Ethereum die einzelnen Ether), eines Währungssystems darzustellen. Man kann das Eigentum an allen Gütern darstellen, die sich virtuell repräsentieren lassen. So kann man mit Ethereum nicht nur Ether tauschen. Durch den Code kann ich sogar festlegen, wie sich die Tokens verhalten. So lassen sich bei-spielsweise Kaufverträge auf der Blockchain abbilden: Ent-weder werden das Token Eigentumsnachweis und das Token Kaufsumme gleichzeitig transferiert, oder keines der beiden. Wie sich der Kryptowährungsmarkt zukünftig entwickeln wird, lässt sich nicht absehen. Sicher ist, dass er enormes Potenzial hat. Kryptocurrencies eigenen sich nicht nur als Wertspeicher und für kostengünstige und schnelle Trans-aktionen. Die Technologie bietet noch viel mehr Chancen, unter anderem im Smart-Contract-Bereich. //

DR. MARCO KROHNMÜNCHEN 48° 08 ‘ N, 11 ° 34 ‘ O

Marco Krohn ist Mitgründer von Genesis Mining und CFO der Genesis Group. Er hat Mathematik, Physik und Ökonomie studiert.

Info

LOGOS FUNDDer Logos Fund ist der weltweit erste Fonds, der in Bit-

coin-Mining investiert. Partner für alle Bitcoin-Mining Services ist Genesis-Mining. Parallel zum Mining ist der Fonds in ver-

schiedene Krypto-Währungsmärkte investiert. Damit erreicht der Fonds ein asymmetrisches Risikoprofil, denn bei fallenden

Krypto-Währungskursen nimmt die Mining-Konkurrenz ab. Weniger Wettbewerb ist gleichzusetzen mit einem größeren

Anteil an der insgesamt im Markt verfügbaren Rechenleistung (Hashpower), somit erhalten die verbleibenden Miner jeweils einen größeren Anteil an den geminten Coins. Das professio-

nelle Portfoliomanagement sorgt für eine ständige Reallokation zwischen Mining- und Kryptowährungsmarkt-Kapazitäten, um

Opportunitäten optimal auszunutzen. Der Fonds, der am 08. Juni aufgelegt wurde, richtet sich zunächst an professionel-le Anleger, die Verfügbarkeit für Retail-Investoren ist geplant.

Die Enigma Facility in Island wird als „weltgrößte Ethereum Mining

Farm“ bezeichnet. Ethereum ist eine Kryptowährung, mit der sich auch

Smart Contracts handeln lassen. Foto

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zu minen oder Hashpower zu kaufen?

Kodrič: Um selbst zu minen, müssten Sie schon sehr technik affin sein und zudem über teure Hardware verfügen, um mit an-deren Marktakteuren konkurrieren zu können. Daher hat sich die Mining-Branche auf wenige große Anbieter konsolidiert. Wir haben etwas mehr als eine halbe Million Benutzer, circa 550.000. Unsere Kunden sind durchschnittliche Anleger und keine pro-fessionellen Investoren, obwohl es Enthusiasten unter ihnen gibt. Es gibt auch Finanzinstitutionen, die bei uns handeln. Ein Großteil unserer Nutzer sind Privatpersonen, die Bitcoin als ein seltenes Asset handeln wollen. Die Argumente, die sie für Bitcoin sehen sind, dass es ein knappes Angebot gibt, dass es leicht um-wandelbar ist und dass es eine neue Assetklasse ist.

Woher kommt der Mangel an professionellen Investoren?

Kodrič: Erst seit Kurzem bekommen wir auch Anfragen von pro-fessionellen Investoren wie Hedgefonds. Das Problem ist, dass es bisher keine regulierte Börse gab, wo sie interagieren konn-ten. Seit wir unsere Lizenz haben, sind wir auch im Gespräch mit größeren Handelsfirmen, die Bitcoins handeln und in ihr Portfolio integrieren wollen. Diese Unternehmen können nicht auf unregulierten Märkten handeln, das war unser Problem, be-vor wir lizensiert wurden.

Die Lizenz ist also der Zugang zu professionellen Investoren?

Kodrič: Vorher wäre es auch möglich gewesen, aber das Ma-nagement der Firmen hätte diese Transaktionen mit einem viel höheren Risiko bewerten müssen. Ich kann die Position dieser Unternehmen verstehen. Erst seit wir die Lizenz haben, sind auch größere Unternehmen am Austausch mit uns interessiert.

Bitstamp ist die erste lizensierte Bitcoin-Börse. Wie verlief der Li-zensierungsprozess?

Kodrič: Darauf gibt es mehrere Antworten. Warum haben wir uns dazu entschieden die Ersten zu sein und diesen Weg zu ge-hen? In 2014, mit wachsenden Märkten und expandierendem Volumen und dem Wachstum unseres Unternehmens, sahen wir die Notwendigkeit für eine regulatorische Übersicht. Als Erstes sahen wir uns verschiedene Rechtssysteme an, um her-auszufinden, welches den proaktivsten Umgang mit virtuellen Währungen hat. Ich habe einige Reisen in verschiedene Länder unternommen und mit Regulatoren gesprochen. Auf Luxemburg bin ich eher zufällig gestoßen, als ich dort Termine hatte. Ich war überwältigt von dem Level an Verständnis und Wissen, das Regierungsvertreter und Banken im Zusammenhang mit Bitcoin und virtuellen Währungen zeigten, sie sahen einen Business Case. So haben wir uns entschieden, dass Luxemburg der Platz für unseren Hauptsitz werden sollte und dass wir mit dem Lizen-sierungsprozess beginnen sollten. Im April 2015 konnten wir die Lizenz ankündigen, das war ein zweijähriger Arbeitsaufwand. Es ging immer hin und her zwischen uns und den Regierungs-

„Wir haben Standards für die gesamte Branche gesetzt“

Wer in Bitcoins anlegen will, ohne selbst zu minen oder Hashpower zu erwerben, kann sie auch auf einer Bitcoin-Börse kaufen. Global Investor hat mit Nejc Kodrič, Gründungs-

mitglied und CEO von Bitstamp, der ersten lizensierten Bitcoin-Börse, gesprochen.

Interview: Katharina Lamster

Ich würde gern mit einer mehr oder weniger privaten Frage begin-nen: Wie haben Sie Ihr Interesse an Bitcoin gefunden?

Kodrič: Mein Hintergrund sind Informatik und Wirtschaftswis-senschaften, mit einem Schwerpunkt auf Informatik. Von Bitcoin habe ich das erste Mal 2011 gehört, durch Damijan Merlak, einen Schulfreund meines älteren Bruders, der jetzt der Co-Gründer von Bitstamp ist. Vor Bitstamp hatte ich einen Computer-Hard-ware Laden, wo wir Hardware und IT-Support an kleinere und mittlere Unternehmen vertrieben haben, ich war also interes-siert an Technologie. Eines Tages kam Damijan auf mich zu und wollte Mining-Hardware kaufen, zum Minen von Bitcoins. Die Konfiguration, nach der er verlangte, machte wenig Sinn und so fragte ich ihn nach dem Zweck des Computers. Also erklärte er mir Bitcoin und den Mining-Prozess. Das weckte mein Interes-se und ich informierte mich online über Bitcoin, und darüber, wie Mining und der Transaktionsmechanismus funktionieren. Mein Interesse kommt aus einer technischen Perspektive, als der Preis pro Bitcoin noch bei sechs US-Dollar lag. Damals ging es mir noch gar nicht um finanzielle Stabilität und Geldpolitik, ich war gebannt von der technologischen Innovation, die hinter dem Protokoll steckt.

Wie kam es dann zu der Gründung von Bitstamp?

Kodrič: Später verbrachte ich mehr Zeit mit Damijan, weil ich auch angefangen habe zu minen. Damit konnte ich nicht viel Geld verdienen, aber ich lernte viel über den Mining-Mechanis-mus, wie Finanztransaktionen funktionieren und wie man Bit-coins austauscht. Sobald ich Bitcoins gegen Euro tauschen wollte, bemerkte ich, dass es dafür keinen vertrauenswürdigen Markt-platz gab. Damijan und ich überlegten, wie wir aus dieser vielver-sprechenden Technologie ein Geschäftsmodell machen könnten.

Eine Tauschbörse schien uns die offensichtlichste Möglichkeit zu sein und so eröffneten wir 2011 eine Bitcoin-Börse.

Bitstamp ist eine der bekanntesten Bitcoin-Börsen geworden.

Kodrič: Wir sind auch eine der ältesten, wir waren die siebte Bitcoin-Börse. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber wir könnten die älteste noch existierende Bitcoin-Börse sein. Wir haben eine sehr lange Reputation. Dazu kommt, dass sich der Markt schnell verändert.

Was bieten Sie neben dem Austausch von Euro in Bitcoin an?

Kodrič: Wir bilden die Brücke zwischen dem traditionellen Fiat- System, den staatlichen Währungen, und virtuellen Währungen. Auf der einen Seite haben wir Kunden, die Bitcoins kaufen wol-len und dafür Fiat-Währungen verkaufen wollen. Auf der ande-ren Seite stehen die, die Bitcoins gegen traditionelle Währungen tauschen wollen. Wir sind der vertrauenswürdige Intermediär zwischen diesen beiden Parteien und bieten Euro-Bitcoin-Trans-aktionen, Dollar-Bitcoin-Transaktionen aber auch Euro-Dollar- Transaktionen an.

Sie haben gerade den Begriff Fiat-Währungen benutzt. Was steht hinter diesem Begriff?

Kodrič: Fiat-Währungen sind alle staatlichen Währungen wie auch Euro und US-Dollar. Der Wert einer Fiat-Währung wird mit dem Gegenwert einer anderen Währung dargestellt. Der Wert bewegt sich meist frei auf dem Forex-Markt.

Welche Art von Kunden haben Sie auf Bitstamp? Wer bevorzugt es, Bitcoins gegen traditionelle Währungen zu handeln, anstatt selbst

NEJC KODRIČLUXEMBURG 49° 48 ‘ N, 06° 07 ‘ O

Nejc Kodrič ist CEO und Mitgründer von Bitstamp, der weltweit ersten lizensierten Bitcoin-Börse.

Bitstamp ist eine der größten und ältesten Bitcoin-Bör-sen weltweit mit Niederlassungen in England, den USA und Luxemburg. Kodrič studierte Informatik und VWL.

www.bitstamp.net

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vertretern und Finanzregulatoren in Luxemburg, die versuchen mussten, mit dem Fehlen eines bestehenden Rahmenwerks klar-zukommen. So sind wir zu einer Finanzinstitution geworden, lizensiert, um Fiat- gegen Fiatwährung und virtuelle Währung gegen Fiat-Währungen zu handeln.

Was bedeutet die Lizenz für Ihre User?

Kodrič: Unseren Kunden bringt es hauptsächlich Sicherheit und die Garantie, dass wir genau so wie jede andere Finanzinstitution sind. Es gibt regelmäßige Wirtschaftsprüfungstermine, wir ha-ben Kapitalanforderungen, wir sind ein stabiles Unternehmen, das überprüft wird. Das unterscheidet uns von anderen Bitcoin- Handelsplätzen, die keinem dieser Standards folgen. Das gibt unseren Kunden also zusätzliche Sicherheit. Von einem opera-tionellen Standpunkt aus hat sich wenig geändert, seit wir die Lizenz haben. Die meisten Anforderungen haben wir schon vorher in unsere Prozesse integriert oder über das letzte Jahr hinweg. So hat sich wenig aus unserer Perspektive geändert, aber viel aus der Perspektive des Kunden. Vor allem bringt es Stabilität. Aber auch unsere Konkurrenten stehen jetzt unter dem Druck, sich lizensieren zu lassen und die gleiche Prozedur zu durchlaufen. Ich glaube unsere Standards werden innerhalb der nächsten sechs bis neun Monate zum Standard der gesamten Branche.

Welche weiteren Auswirkungen erwarten Sie auf den Bitcoin-Markt?

Kodrič: Um zunächst den Hintergrund zu erklären: Wir mussten KYC-Standards (Know Your Customer) für alle unsere Kunden einführen, die, die nur mit Fiat-Währungen gehandelt haben, aber auch für die, die Bitcoin tauschen wollten. Und das war schon 2013. Das war ein bis dahin beispielloser Fall, die Branche stand bisher immer unter dem Eindruck, dass Bitcoin-Handel anonym

abläuft und Unterneh-men keine KYC Standards durchsetzen müssen. Wir haben Bitcoin wie eine Fiat-Währung behandelt und dieselben Prinzipien angewendet, die auch für alle Fiat-Währungen gel-ten. Jetzt ist das zum Bran-chenstandard geworden. Alle, die diesem Prinzip nicht folgen, halten die Norm nicht mehr ein. Wir waren die Ersten, die sich an diese neuen Regeln ge-halten haben. Wir muss-ten 2015 zudem ein „hot wallet“ (Bitcoin-Geldbör-se, zu der ein Online-Zu-gang besteht, sodass sie nicht nur offline verfügbar

ist), einführen, was die Sicherheit für unsere Kunden nochmals erhöht hat. Auch das ist inzwischen Branchenstandard. Wir ha-ben den Weg bestimmt, dadurch dass wir als Erste eine Lizenz erhalten haben. Damit haben wir Standards für die gesamte In-dustrie gesetzt. Der Markt wird deutlich sicherer werden, und es wird mehr Stabilität geben, das erleichtert auch den Marktzutritt für Kunden.

Haben Sie noch einen weiteren Vorteil gegenüber Ihren Konkurren-ten, abgesehen von Ihrer Lizenz?

Kodrič: Das Problem, das die meisten Bitcoin-Börsen haben, ist die Beziehung zu Banken. Sie zögern meist aus Complian-ce-Gründen, Bitcoin-Unternehmen zu bedienen. Banken bekom-men Druck von Regulatoren und wissen nicht, wie sie das Risiko bewerten sollen. Auch wir bekamen Druck von unseren Banken. Nach unserer Lizensierung haben sie aber keinen Druck mehr von den Regulatoren bekommen, weil auch wir direkt reguliert werden. Somit ist es viel einfacher, Beziehung zu Finanzinsituti-onen wie Banken, Asset Managern und Währungshändlern auf-zubauen. Unsere Integration in den traditionellen Finanzsektor ist damit viel tiefer.

Handeln Sie neben Bitcoin noch andere Krypto-Währungen?

Kodrič: Im Moment handeln wir ausschließlich mit Bitcoin. Wir sind aber mitten im Zulassungsprozess für zwei weitere Wäh-rungen, die ich an dieser Stelle noch nicht nennen will. In der Zukunft wollen wir mit mehr Währungen handeln, nicht mit allen Krypto-Währungen, aber mit allen, in denen wir einen Business-Case sehen.

Gibt es eine eindeutlige regionale und demografische Verteilung Ih-rer Nutzer? Lässt sich daraus ein Muster erkennen?

Kodrič: Ja, ein Großteil unserer Nutzer kommt aus Europa und den USA. Aber wir haben Kunden aus der ganzen Welt. Ungefähr 60 Prozent kommen aus Europa und 25 Prozent aus den USA. Die Mehrheit unserer Nutzer ist zwischen 25 und 35 Jahren. Un-sere Industrie richtet sich eher an die junge Generation und wird auch leichter von ihr verstanden. Natürlich ist das nicht exklusiv, aber junge Menschen sind überproportional stark vertreten.

Der Bitcoin-Preis verzeichnet nach einer relativ stabilen Phase wie-der einen starken Anstieg. Woher kommt das plötzliche Interesse?

Kodrič: Das liegt daran, dass alle vier Jahre das Bitcoin-Angebot halbiert wird. 2012 wurde das Angebot zum ersten Mal halbiert. Jetzt nähern wir uns gerade der zweiten Verringerung auf 12,5 Bitcoins pro Block, die in 24 Tagen stattfinden wird (Gespräch vom 15. Juni). Diese Verknappung des Angebots führt zu einer Wertsteigerung, so dass viele Marktteilnehmer auf eine Preisstei-gerung spekulieren.

Erwarten Sie einen weiteren Preisanstieg innerhalb der kommenden Wochen, oder ist die Halbierung schon vollständig eingepreist?

Kodrič: Ich kann keine Investmentratschläge geben, also weder mit einem „Ja“, noch mit einem „Nein“ antworten. Wir haben den Preisanstieg vorhergesehen und erwarten auch in der länge-ren Frist noch Wachstum. Der aktuelle Anstieg war keine Über-raschung für uns.

Der Bitcoin-Markt ist bekannt für seine Volatilität. Erwarten Sie, dass die Schwankungen in den nächsten Jahren zurückgehen?

Kodrič: Die Volatilität kam daher, dass es so viele unterschied-liche Meinungen zur Entwicklung des Marktes gab. Einige Teil-nehmer gingen davon aus, dass der Preis weiter steigen wird, andere erwarteten Rückgänge. Während der letzten zwölf bis fünfzehn Monate war der Markt, mit Ausnahme der letzten Wo-chen, stabil. Wir konnten das Allzeit-Rekordtief der Preis-Vola-tilität verzeichnen. In den letzten Wochen nahm die Volatilität durch die Spekulationen im Vorfeld der Angebotshalbierung wieder zu.

Erwarten Sie, dass Bitcoin oder andere Krypto-Währungen unser traditionelles Fiat-Geld-System ablösen könnten?

Kodrič: Ich rechne nicht damit, dass es das traditionelle Geldsys-tem ablöst. Aber es wird sicherlich eine neue beliebte Asset-Klas-se werden, in die Investoren anlegen könnten. Dafür sprechen viele seiner positiven Eigenschaften, die beispielsweise Anleger in Gold schätzen werden. Staatliche Währungen wird es nicht ersetzen, aber es wird als Wertanlage eingesetzt werden. Man muss auch beachten, dass Bitcoin in unterschiedlichen Teilen der Welt unterschiedlich eingesetzt wird. In den entwickelten Länden, in denen Menschen täglich mit Kreditkarten bargeldlos bezahlen, braucht man keine alternative bargeldlose Währung. Aber in Drittweltländern wie den Philippinen, Argentinien oder

Venezuela, wo ein höherer Anteil der Bevölkerung keine Bank hat und wo die Inflationsrate sehr hoch ist, suchen Menschen nach Alternativen. Bitcoin ist ein Open-Source-Protokoll, man kann es einfach und sehr leicht benutzen, indem man eine App runterlädt. In diesen Regionen, in denen die Bevölkerung nach Alternativen für die staatliche Währung sucht, nimmt die Be-liebtheit von Bitcoin stark zu.

Bitcoin hilft also auch, die wirtschaftliche und institutionelle Ent-wicklung dieser Länder voranzutreiben?

Kodrič: Ja, genau. Man darf auch nicht vergessen, dass Bitcoin die Infrastruktur zur Wertübertragung darstellt. Es ist nicht zen-tralisiert und das Protokoll ist offen. Das motiviert, sich Bitcoin anzuschauen und einzusteigen. Mit der Einführung des Bit-coin-Protokolls reagierte der Durchschnittsbenutzer zunächst skeptisch, weil man ein tiefes technisches und ökonomisches Verständnis brauchte, um das zugrundeliegende Protokoll zu verstehen und zu wissen, wie Bitcoin funktioniert. Aber jetzt kommen wir in die Phase, wo es wenige inte-ressiert, wie das System funktioniert. Es funk-tioniert einfach und man kann es benutzen. Das ist ähnlich wie mit E-Mails oder Autos. Fast niemand versteht die zugrundelie-genden Prozesse oder wie das Auto an-getrieben wird. Trotzdem versenden die meisten von uns täglich E-Mails und es ist uns egal, warum das eigentlich funk-tioniert.

Bitcoin hat also eine Vielfalt an Funktionen, die regional unterschiedlich stark genutzt werden?

Kodrič: Ja, man könnte Bitcoin zum Beispiel im Fonds-handel einsetzen, um Konten auszugleichen. Es liefert auch eine sehr effiziente Infrastruktur, um Geld von einem ins andere Land zu transferieren. Grenzen lassen normalerweise die Schwierig-keiten und die Kosten einer Überweisung steigen. Mit Bitcoin könnte man diese Kosten minimieren. Als Wertaufbewahrung eignet es sich besonders, um Ersparnisse vor Inflation zu schüt-zen. Oder man kann es auch ganz einfach als Währung benutzen, auch wenn die Preise in der lokalen Währung ausgeschrieben sind, orientiert man sich einfach am aktuellen Bitcoin-Wert. Der größte Wert kommt für Bitcoins meiner Meinung nach aus der Wertaufbewahrungsfunktion, sie treibt auch die Spekulationen und damit die Marktpreise.

Am Anfang wurde oft befürchtet, dass Regierungen Bitcoin verbieten könnten. Die Entwicklung scheint in eine andere Richtung zu gehen.

Kodrič: Bitcoin kann von keiner Regierung vollständig gebannt werden. Es war gut, dass die Regierungen zunächst eine kriti-sche Haltung eingenommen haben. Ich denke, dass der Markt die Regulation braucht, um stabilisiert zu werden und stabile Ak-teure zu bekommen. Es sollte Markteintrittsbarrieren geben. //

Euro

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BITCOINPREIS IN EURO

Aus unserer perspektive

hat sich wenig geändert, aber

viel aus der des Kunden.

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02 2016 GL BAL INVESTOR 21

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22 GL BAL INVESTOR 02 2016

~ SCHWEIZ ~

02 2016 GL BAL INVESTOR 23

THOMAS BRUHINZÜRICH 47° 22 ‘ N, 08° 32 ‘ O

Thomas Bruhin ist Senior Portfolio Manager Swisscanto Invest im Asset Management der Zürcher Kantonalbank.

Der Schweizer Aktienmarkt ist besonders interes-sant für Investoren, die den überwiegend defen-siven Charakter der eidgenössischen Dividen-denpapiere zu schätzen wissen. Er besteht aus

knapp zwanzig global tätigen, erfolgreichen Großkonzer-nen, die über 80 Prozent der Marktkapitalisierung auf sich vereinen, und aus rund 180 mittleren und kleineren Firmen. Diese haben in vielen Fällen in ihrer Marktnische eine füh-rende Stellung. Und dies in einem Umfeld, welches dank der stabilen wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Rah-menbedingungen als optimal für ein solides und langfristiges Aktienengagement bezeichnet werden darf.

Der defensive Charakter des Schweizer Aktienmarkts zeigte sich einmal mehr beim Brexit, welcher für größte Verwerfungen an den globalen Aktienmärkten sorgte. Zwar konnten sich weder SMI (Swiss-Market-Index) noch SPI (Swiss-Performance-Index) dem Abwärtssog entziehen, doch im Vergleich zu den Index-Schwergewichten in Deutschland, in Japan oder in den USA beispielsweise war der Tagesver-lust beim SPI von 3,3 Prozent moderat und exemplarisch für die Erwartung an den Schweizer Aktienmarkt.

Auch die Ausschüttung von Dividenden ist charakteris-tisch für Schweizer Aktien. Die stetige Auszahlung ist bei den meisten börsennotierten Firmen Teil der Unterneh-menskultur. Die Dividendenrendite bewegt sich in diesem Jahr zwischen drei und vier Prozent, ein attraktiver Aspekt Schweizer Aktien, insbesondere auf lange Sicht.

Das Kursniveau des Schweizer Aktienmarkts ist Stand

Mitte Juli 2016 relativ teuer, aber im historischen Kontext und vor allem bei Betrachtung des Zinsniveaus absolut an-gemessen. Im Laufe des Junis kam es in der Schweiz erstma-lig dazu, dass die gesamte Zinskurve der bis zu 50-jährigen Staatsanleihen im negativen Bereich lag. Diese Entwick-lung vergrößerte den Anlagenotstand noch einmal enorm. Denn Erträge sind mit sicheren Anleihen nicht mehr mög-lich, für Investoren aber zwingend nötig – insbesondere für Versicherungen oder Pensionskassen. Dadurch sind Aktien verglichen mit Bundesobligationen nochmals attraktiver ge-worden, was sich in einer klar gestiegenen Risikoprämie von leicht über sechs Prozent ultimo Juni 2016 äußert.

Generell ist für Schweizer Unternehmen positiv anzu-merken, dass sie es gewohnt sind, in einem rauen Umfeld zu agieren. Die immer wieder aufkommende Franken-Stär-ke sorgte häufiger für Gegenwind und zwang die Unterneh-menslenker zu fortlaufenden Verbesserungen, um national und international wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein markan-tes Beispiel war die Wechselkursaufhebung zum Euro der Schweizer Nationalbank Anfang des Jahres 2015. Insbeson-dere klein- und mittelkapitalisierte Unternehmen meister-ten die Herausforderungen gut, während große Konzerne weniger betroffen waren. Zu den Maßnahmen gehörten bei-spielsweise Reduzierungen auf der Kostenseite. Dies wurde mit Auslagerungen von Betriebsstätten bewerkstelligt, um arbeitsintensive Produktionen kostengünstiger umzusetzen.

Auch in den Bereichen Sourcing/Einkauf mussten Unter-nehmen vielfach handeln, um die Konkurrenzfähigkeit zu er-halten oder zu erhöhen. So werden teilweise Komponenten im Ausland gefertigt und lediglich der finale Zusammenbau erfolgt in der Heimat. Dies soll zu einem günstigeren Verkaufs-preis und letztendlich mehr Umsatz und höherem Gewinn führen. Ein weiterer Trend sind neue Werke im Ausland, um dort zu produzieren, wo die Kunden sind und wo damit das Gros der hergestellten Güter auch verkauft wird. Das sind alles Maßnahmen, die zeigen, welche Bewegung in der Schweizer Industrie herrscht. In puncto Arbeitslosigkeit muss die Wirt-schaft daher keine Rückschläge verkraften, bis dato ist die Ar-beitslosenquote nicht entscheidend angestiegen.

Allgemein ist die Schweizer Wirtschaft stabil. Im Laufe des Jahres haben wir unsere Prognosen dennoch leicht zu-rückgenommen. Denn die erhöhte Unsicherheit aufgrund des Brexits und anderer Entwicklungen innerhalb der EU sowie der stärkere Franken dürften sich schon bald negativ in den zurzeit noch positiven Schweizer Vorlaufindikato-ren (Einkaufsmanagerindex PMI/Kof Konjunkturbarometer) niederschlagen. Wir erwarten in Richtung Ende des dritten Quartals 2016 einen Euro/Schweizer Franken-Wechselkurs von 1,08 (Erwartung bisher: 1,10). Gegen Jahresende rech-nen wir auch damit, dass sich die schwächere europäische Nachfrage in der Realwirtschaft manifestieren wird. Insbe-sondere dürfte die Exportdynamik wieder etwas abnehmen. Wir gehen Stand Mitte Juli für das Gesamtjahr von einem BIP-Wachstum von 1,1 Prozent aus (zuvor: 1,2 Prozent), für 2017 erwarten wir 0,9 Prozent (zuvor: 1,1 Prozent).

Neben der schwächeren ausländischen Nachfrage gibt es auch positive Impulse für die Schweizer Exporte. So werden per 1. Januar 2017 die Zölle für über 200 Produkte abgeschafft. Dies wurde im Rahmen des Informationstech-nologieabkommens der Welthandelsorganisation festgelegt. Der Bundesrat hat Ende Juni die Vorlage ratifiziert. Das be-troffene Handelsvolumen beträgt weltweit 1.300 Milliarden US-Dollar, die Schweizer Exporte der betroffenen Produkte 30 Milliarden Schweizer Franken, also über ein Siebtel der gesamten Warenexporte (2015: 200 Milliarden Schweizer Franken). Die Ausweitung betrifft namentlich Halbleiter der neuesten Generation, optische Linsen, GPS-Navigationsge-räte und medizinische Apparate wie Magnetresonanzgeräte oder Ultraschalldiagnosegeräte. Für die betroffenen Unter-nehmen bedeutet dies einerseits, dass sie Vorprodukte güns-tiger importieren können, andererseits wird die Abschaf-fung der Zölle den Marktzugang zu Ländern wie den USA verbessern, mit denen die Schweiz kein Freihandelsabkom-men abgeschlossen hat.

Was die Schweizer Notenbank betrifft, erwarten wir, dass sie weiterhin auf Devisenmarktinterventionen setzt und die Sichteinlagen weiter ansteigen. Ein Absenken der Zinsen ist durchaus möglich, entspricht aber nicht unserem Basisszenario Stand Juli 2016.

Angesichts der volkswirtschaftlichen Entwicklungen und unter Berücksichtigung der extremen Niedrigzinspha-se ist und bleibt der Schweizer Aktienmarkt mit seinem de-fensiven Charakter und der Dividendenpolitik zahlreicher Unternehmen ein sinnvoller Baustein im Portfolio der Akti-eninvestoren, die zudem eine Investition in Schweizer Fran-ken aus Diversifikationsüberlegungen berücksichtigt wissen möchten. //

Wer das Risiko scheut, wird die Schweiz lieben

Investitionen in den defensiven Schweizer Aktienmarkt versprechen aufgrund der robusten Schweizer Wirtschaft vor allem Sicherheit. Autor: Thomas Bruhin, Zürich

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Die Schweizerische Zentralbank: Gebäude der Nationalbank in Bern

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VERLAUF EIDGENÖSSISCHER STAATSANLEIHEN

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Die Schweiz ist eine der beliebtesten Anlageregio-nen weltweit, trotz der überschaubaren Größe. Diesen Stellenwert hat das Land nicht erst seit der Finanzkrise Ende 2007, sondern bereits seit

Jahrzehnten. Doch die Save-Haven-Einschätzung der Inves-toren scheint nun noch deutlicher in Stein gemeißelt zu sein.

Es sind verschiedene Ereignisse, die dafür sorgen, dass In-vestoren auf dem Schweizer Anleihenmarkt nach Opportunitä-ten suchen und investieren. Neben der Finanz- und Bankenkrise erschütterte auch die Euro-Krise, inklusive Grexit-Gefahr und Brexit, das Vertrauen der Investoren. Immer wieder verstärken solche Geschehnisse die Risikoaversion. Die Nachfrage nach dem Faktor Sicherheit führt Anleger, manchmal fast schon fluchtartig, in den Schweizer-Franken-Anleihenmarkt.

Während einheimische Institutionelle wie Pen- sionskassen oder Versicherer innerhalb bestimm-

ter Quoten in Schweizer Franken investieren müssen und damit eine kontinuierliche

Nachfrage gewährleisten, sorgt der Fak-tor „Fluchtwährung“ und der Anlage-notstand im generellen Tiefzinsniveau für eine deutliche zusätzliche Nach-frage. Doch das Angebot kommt nicht gleichermaßen auf diesen Markt. Ins-besondere die staatlichen Anleihen,

Eidgenossen genannt, und Anleihen von den Kantonen bescheren den In-

vestoren eher spärliche Emissionen. Denn Staat und Kantone benötigen schlicht und er-

greifend kaum Kapital, infolge einer stringenten Finanzpolitik in jüngerer Vergangenheit.

Dazu kommen negative Zinsen, die nicht nur für Eidge-nossen zu zahlen sind. Schon seit längerer Zeit erforderte eine positive Rendite die Erhöhung der Duration, damit man Erträ-ge auch erwirtschaften konnte. Entsprechend verlängerte sich beispielsweise die Duration des Eidgenossen-Indexes von sie-ben jahren in 2007 auf momentan 11,5 (Stand: Anfang Juli 2016). Die jüngsten Entwicklungen sorgten sogar dafür, dass nicht nur kurzfristige, sondern auch langfristige Papiere negativ rentie-ren. Für Anleger in den Franken ist dieses Szenario besonders schwerwiegend, da sie traditionell sehr stark auf Qualität beim Investieren achten. Doch wenn die hohe Qualität der Emitten-ten gleichbedeutend mit null oder gar negativer Rendite ist, sind Alternativen gefragt.

Das gilt besonders für Investoren, die eine Mindestrendi-te erwirtschaften müssen, um Zahlungen von Pensionen oder Lebens- sowie Rentenversicherungsleistungen zu gewährleis-ten. Diese institutionellen Anleger greifen zwangsläufig und so stark, wie es ihre Investmentvorschriften zulassen, auf An-leihensegmente außerhalb der Staats- und Kantonsanleihen zurück. In dem Wissen, dass die Niedrigzinsphase qualitative Zugeständnisse erfordert. Eine interessante Option stellen in diesem Zusammenhang Unternehmensanleihen in Schweizer Franken dar.

Die günstigen Rahmenbedingungen in der Schweiz führten

dazu, dass es vermehrt zu Neuemissionen von internationalen Emittenten in Franken kam. Denn dort sind Volumen ab 100 Mil-lionen Schweizer Franken für eine Emission möglich. Für Anle-ger bietet dies den Vorteil von in der Regel kleineren Stückelun-gen und einer gewissen Liquidität im Handel der Papiere. Und da diese Größenordnung gleichzeitig eine Aufnahme in einen Index ermöglicht, wird die Nachfrage von den Institutionellen zusätzlich gefördert, denn diese sehen eine Indexzugehörigkeit häufig als wichtiges Kriterium. Auch die strengen Transparenz-vorschriften für Corporates in der Schweiz sind ein Merkmal, das die Attraktivität der Anleihen erhöht. So werden beispiels-weise sämtliche Sekundärmarktumsätze an die Börse gemeldet und regelmäßig veröffentlicht.

Ein weiteres Plus aus Emittentensicht ist sicherlich die Vermarktungsmöglichkeit ihrer Neuemissionen. Aufgrund der Konzentration der Finanzmarktakteure in Zürich, wo rund drei Viertel beheimatet sind, kann das Gros der Interessenten an einem Ort direkt angesprochen werden. Gleichzeitig kann das Unternehmen vorgestellt sowie die Anleihebedingungen erläu-tert werden. Es sind die generellen Rahmenbedingungen und die Konzentration der potenziellen Investoren, die ausländische Un-ternehmen dazu führen, in der Schweiz opportunistisch Kapital aufzunehmen.

In der Vergangenheit sah der Schweizer Anleihenmarkt interessante wie auch teilweise exotische Neuemissionen. Verstärkt kamen chinesische Emittenten auf den Markt, aber auch Emissionen der kasachischen Staatsbahn sowie von Banken aus Chile und Panama oder Förderbanken aus Mittel- und Südamerika. Die erwähnten Marktvorteile und der Anlagenotstand zahlreicher Investoren führten dazu, dass Emissionen in Schweizer Franken von den Investoren gut aufgenommen wurden.

Das jüngste und wohl auch prominenteste Beispiel am Schweizer Franken-Anleihenmarkt war die russische Gaz-prom. Das Unternehmen nahm im März dieses Jahres 500 Millionen Schweizer Franken auf. Bei dieser Emission kam ein weiterer Faktor des Schweizer-Anleihenmarkts zum Tra-gen. Er kann quasi als Türöffner oder Testumgebung zum globalen Finanzmarkt für Unternehmen dienen. Eine andere Intention kann auch die „einfachere“ Option der Aufnahme in Franken sein. Zum Beispiel begab die Karibische Entwick-lungsbank eine Anleihe über 145 Millionen Franken, da eine Aufnahme in US-Dollar in dieser Größenordnung unwahr-scheinlich gewesen wäre.

Da nach einer Aufnahme in Schweizer Franken oftmals der Wechsel des aufgenommenen Kapitals in die Heimat-währung erfolgte, sahen wir in diesem Jahr einen Rückgang der Emissionen aufgrund der stark gestiegenen Kosten für den Währungstransfer (SWAP-Kosten). Diese Kostenerhö-hung hemmt so manchen Emittenten, aber es ergeben sich dennoch immer wieder interessante Anlagemöglichkeiten. Aus unserer Sicht ist es elementar, jede Anleihe einer genau-en Bonitätsbeurteilung zu unterziehen, um die tatsächliche Attraktivität der Risikoprämie und die Seriosität des Emit-tenten beurteilen zu können. Oft machen sich die Emitten-

ten im Auslandsegment nach erfolgreicher Emission rar, was eine Überwachung der Bonität erschwert.

Seit rund vier Jahren hat sich auch ein kleiner High-Yield-Markt in Schweizer Franken etabliert. Den Anfang machte damals die Emission der Online-Apotheke „Zur Rose“, die Ka-pital via eines Bonds aufnahm, ohne öffentliches Rating. Die Anleihe mit einem Volumen von 50 Millionen Franken wurde komplett vom Markt absorbiert und bewies so, dass das High Yield-Segment in der Schweiz Zukunft hat. In jüngerer Ver-gangenheit, seit 2014, kam es vermehrt zu Kapitalaufnahmen von Krankenhäusern, die zum Teil dem High-Yield-Bereich zuzuordnen sind. Die Gründe dafür sind die Unabhängigkeit von einem Bankenkredit, längere Laufzeiten durch Begebung eines Bonds und die aktuelle Zinsstrukturkurve.

Weniger ertragreich als Corporates oder Hochzinsan-leihen, aber mit mehr Ertrag als Eidgenossen sind Schweizer Pfandbriefe. Es gibt hier zwei Schuldnergruppen, einmal die Pfandbrief-bank, bestehend aus Großbanken, und zum anderen die Pfandbriefzentrale, bestehend aus Kantonalbanken. Es ist eine äußerst liquide Anlageklasse und sogar der größte Inlandsschuld-ner mit ausstehenden Papieren im Wert von 106 Milliarden Schweizer Franken. Zum Vergleich: Bei Eidge-nossen sind es 77 Milliarden Franken, Stand Juni 2016. Die Risikoprämie ist zwar relativ gering, aber angesichts der minimalen Inflation besser als eine Nullver- zinsung beziehungsweise negative Verzinsung. Die kleinen Stückelungen und die hohe Sicherheit sind hier wichtige Argumente.

Der Schweizer Anleihenmarkt bietet Investoren vor allem die gewünschte Sicherheit in Erwartung eines dauer-haft starken Schweizer Franken, aber auch die Möglichkeit, Renditen zu erwirtschaften im Bereich Corporates und High Yield. Entscheidend ist dabei, jede Anleihe auf Herz und Nie-ren zu prüfen, um keinesfalls Schiffbruch im vermeintlich sicheren Hafen Schweiz zu erleiden. //

Der sichere Hafen Die Schweiz ist zwar flächenmäßig und in puncto Einwohnerzahl kein Schwerge-wicht in Europa, aber aufgrund der öko-nomisch hohen Bedeutung einhergehend mit der starken eigenen Währung genießt das Land im Herzen Europas einen beson-deren Status bei Investoren rund um den Globus: den des sicheren Hafens.

Autoren: Klaus Göggelmann, Zürich; Thomas Isler, Zürich

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„Oft machen sich

die Emittenten im Auslands-

segment nach erfolgreicher

Emission rar.“

FISCH Bond Fund (CHF) AC*ISIN: LU0102603379

–3,9+4,7

+5,5

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+7 %

–5 %

* Ø Rendite pro Jahr (in Prozent)

1 JAHR 3 JAHRE 5 JAHRE

Fondsgesellschaft: Fisch Fund Services AG, Luxemburg Fondswährung: Swiss Franc Fondsvolumen: 157 Mio. Euro

24 GL BAL INVESTOR 02 2016 02 2016 GL BAL INVESTOR 25

~ SCHWEIZ ~ ~ SCHWEIZ ~

DR. KLAUS GÖGGELMANNZÜRICH 47° 22 ‘ N, 08° 32 ‘ O

Klaus Göggelmann ist Senior Portfolio Manager bei Fisch Asset Management und verantwortet den Fisch Bond Fund.

THOMAS ISLERZÜRICH 47° 22 ‘ N, 08° 32 ‘ O

Thomas Isler ist Senior Credit Analyst bei Independent Credit View, der Research- Boutique für institutionelle Bondinvestoren.

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~ BREXIT ~ ~ BREXIT ~

26 GL BAL INVESTOR 02 2016

Nach dem Votum: Wohin steuert Englands Wirtschaft?

Was haben wir in den wenigen, aber dramatischen Wochen, seit das Vereinige Königreich die Europäische Union verlassen hat, über den Einfluss dieser Entschei-dung auf die Wirtschaft gelernt? In einigen Punkten so einiges, in anderen Punkten bisher fast gar nichts.

Autor: Jonathan Portes, London

Theresa May, die neue Premierministerin Großbritanniens, muss jetzt den Verhandlungs-standpunkt gegenüber der EU festlegen.

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28 GL BAL INVESTOR 02 2016 02 2016 GL BAL INVESTOR 29

~ BREXIT ~

England hat eine Entscheidung getroffen, aber diese Ent-scheidung wird nicht unsere wirtschaftliche Zukunft bestimmen. Stattdessen hat sie andere Entscheidungen möglich, und zugleich auch nötig gemacht. Um es mit

Gramscis Worten zu sagen: „Die Krise besteht gerade in der Tat-sache, dass das Alte stirbt und das Neue nicht zur Welt kommen kann. In diesem Interregnum entstehen die unterschiedlichs-ten morbiden Symptome.“ Ein Großteil der Marktvorhersa-gen bisher war so genau, wie es erwartet werden konnte. Die Mehrheit der Voraussagen ist von einem Rückgang des Sterlings zwischen zehn und 20 Prozent ausgegangen, bis-her ist der Wert um zehn Prozent gesunken. Ein weiterer Rückgang ist gut möglich, aber ein übertriebener Sturz nach unten scheint unwahrscheinlich. Es war vorhersehbar und auch schon prognostiziert, dass der FTSE-250 der mittleren Unternehmen des UK bedeutend fallen würde, während der Einfluss auf den FTSE100 von meist internati-onalen Unternehmen ungefähr ausgegli-chen sein würde. Der Sterling-Rück-gang führte automatisch zum Preisanstieg von Anteilen der Unternehmen mit überwiegend Nicht-Sterling-Gewinnen, was den Einfluss der erwarteten Gewinnrückgänge ausglei-chen konnte. Natürlich sind unter den einzelnen Unter-nehmen große Gewinner und Verlierer. Besonders Banken und Bauunterneh-men sind negativ betroffen. Die meisten Erwartungen gingen nicht davon aus, dass die düsteren Voraussagen eines generellen Marktversagens wie in 2008, als das Finanzsystem selbst zusammengebrochen ist, zutreffen wür-den. Die Zentralbanken hatten diesmal gut vorbereitete Pläne für den Ernstfall.

Währenddessen verlangsamte sich das Wachstum der englischen Wirtschaft bereits vor der Abstimmung, teilwei-se getrieben durch die Unsicherheit, aber auch durch andere globale und heimische Faktoren. Obwohl wir noch keine be-lastbaren Daten haben, gibt es schon jetzt eine angemessene Menge anekdotischer Evidenz, dass seit dem Referendum sowohl das Verbrauchervertrauen als auch das der Unter-nehmer stark gesunken ist. Es war wahrscheinlich, dass der Immobilienmarkt, insbesondere in London, eines der ersten Opfer werden würde; und so scheint er auch bereits deut-lich abgeschwächt.

Gleiches gilt für die politische Seite. Während niemand die bizarre Entwicklung in der Partei der Konservativen ab-sehen konnte, die zum Rückzug Boris Johnsons geführt hat, war der Rücktritt David Camerons und die resultierende Notwendigkeit einer Neuwahl eines Prämierministers un-

vermeidlich. Jetzt liegt es an eben jener neuen Premierminis-terin Theresa May und ihrem Team, die Schlüsselentschei-dung über die wohl wichtigste Frage in der britischen Politik zu übernehmen und festzulegen, wie der Verhandlungs-standpunkt gegenüber der EU aussieht. Es gab eine kurze Periode, in der EU-Politiker verlangten, dass das Vereinigte Königreich Artikel 50 zitiert, der festlegt, wie Austrittsver-handlungen ablaufen sollten. Diese Politiker schienen kein Verständnis dafür zu haben, dass so eine Entscheidung nicht sofort getroffen werden kann.

May hat bereits angekündigt, dass sie Artikel 50 nicht vor 2017 aufrufen wird, um der Politik und ihren Vertretern Zeit zu geben, eine klare Verhandlungsposition und –strategie zu formulieren. Niemand wird in der Lage sein, sie dazu zu zwingen, aber diese Verzögerung wird mit deutlichen öko-nomischen und politischen Kosten verbunden sein.

Nach der Sommerpause des Parlaments und der Pause in Brüssel wird der Druck einer

starken Allianz von heimischen und in-ternationalen Kräften steigen. Viele

Vertreter der Rücktrittskampagne, einige von ihnen sind jetzt Par-

lamentsmitglieder, werden sich wünschen, dass die neue Re-gierung schnell handelt. Es gibt ernsthafte Zweifel da-ran, dass Artikel 50 je in Kraft treten wird, wenn es nicht schnell genug passiert. Paradoxerweise werden die

Vertreter der Rücktrittskam-pagne von den meisten EU

Staats- und Regierungschefs un-terstützt, die die durch den Brexit

ausgelöste Unsicherheit so schnell wie möglich auflösen wollen. Sie ha-

ben ihre Verhandlungsposition durch sehr klare öffentliche Statements gestärkt,

dass es keine grundlegenden Verhandlungen mit Eng-land geben kann, bevor Artikel 50 formell eingeführt wurde.

In dieser zwischenzeitlichen Periode, die voraussichtlich bis November oder Dezember oder noch länger andauern wird, können wir weiterhin einen hohen Grad an Unsicher-heit erwarten.

Was bedeutet das für das UK in der kurzen Frist? Folgen-des erscheint wahrscheinlich:

Es ist schwer vorstellbar, dass irgendein Unternehmen, ob es nun ein heimischer oder internationaler Betrieb ist, eine größere Investition in Betracht ziehen sollte, deren Er-folg zum Großteil vom Zugang zum größeren europäischen Markt abhängig ist. Somit ist ein Abfall der Investitionen, insbesondere in der herstellenden Industrie und anderen handelbaren Branchen wahrscheinlich. Um auf das offen-sichtlichste Beispiel zurückzugreifen: Nissan, Tata und an-dere große Autohersteller werden sich nicht aus England

zurückziehen, ihre Investitionen sind bereits zu groß. Aber sie werden sich auf Lobbyarbeit konzentrieren und für ei-nen Deal werben, der ihr Investment beschützt. Es ist auch utopisch, dass weitere große Investitionen folgen werden.

Im Finanzsektor, wo Kapitalinvestitionen weniger wich-tig sind, ist eine ähnliche Form der „Planungs-Ebbe“ wahr-scheinlich. Das unmittelbare Risiko, dass Schlüsselunter-nehmen ihren Hauptsitz oder andere Kernfunktionen auf den Kontinent verlegen, ist für den Moment aufgeschoben, nachdem die Bank of England hinter den Kulissen hart daran gearbeitet hat, Entscheidungsträger von einem Aufschub der Entscheidung zu überzeugen. Dennoch werden Unterneh-men in London wohl kaum neue Mitarbeiter anstellen. Sie werden vielmehr ihre Kapazitäten in Paris oder Frankfurt im Zuge einer Versicherungsstrategie ausbauen.

Eine deutliche Verlangsamung am oberen Ende des Im-mobilienmarktes, Mittel- und Top-Immobilien in London und im Südwesten, scheint schon stattzufinden. Es gab Hin-weise darauf, dass diese Immobilien etwas überwertet waren und schon im Hinblick auf die Abstimmung sank die Zahl der Transaktionen. Dieser Prozess wird sich wahrschein-lich noch verstärken, da Käufer von Übersee ausbleiben und der Rückgang in der Einwanderung die Nachfrage weiter reduziert. Der restliche Wohnungsmarkt, insbesondere au-ßerhalb Londons, wird eher eine Verlangsamung als einen Abfall erleben.

Weniger offensichtlich, aber vielleicht sogar noch wich-tiger ist, dass wir aus verschiedenen Gründen einen starken Rückgang in der Netto-Migration von der EU sehen wer-den. Es gab bereits vor dem Referendum Anzeichen eines Rückgangs, da sich der Arbeitsmarkt Englands verlangsamte und sich die Volkswirtschaften der Herkunftsländer verbes-serten. Eine weitere Verlangsamung in England, getrieben

durch den Brexit, wird diesen Prozess noch verstärken, insbesondere, da wahrscheinlich Branchen wie Londons Fi-nanzsektor betroffen sind, die eine große Anzahl an Migran-ten einstellen. Zudem spricht die Migration von einigen EU-Ländern wie Polen relativ schnell und umfassend auf Wechselkursbewegungen an. Der Wert des englischen Min-destlohnes in Zloty ist bereits um zehn Prozent gesunken. Zu diesen ökonomischen Gründen kommen legale und psy-chologische. EU-Bürger haben meist die begründete Vorstel-lung, dass sie ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht haben, was von den meisten, wenn nicht allen, Politikern unterstützt wird. Jedoch wird es eine unvermeidliche Periode längerer Unsicherheit geben. Weiterhin konnten wir zwar vereinzelt, aber dennoch sehr unerfreuliche Ausbrüche von Rassismus beobachten. Die Wahrnehmung, dass EU-Ausländer nicht mehr willkommen sind, ist verbreitet. Es gibt bereits anek-dotische Hinweise darauf, dass viele darüber nachdenken, wieder in ihr Heimatland zurückzukehren.

All diese Faktoren sind eindeutig negativ für die Wachs-tumsaussichten in der kurzen Frist. Obwohl eine wesent-liche Reduktion der Netto-Einwanderung den Einfluss auf die Arbeitslosenrate für gebürtige Briten mildern könnte und auch der politische Druck auf die Regierung nachlassen könnte, würde sie insgesamt die Prognose für Beschäftigung, Wachstum und Steuereinnahmen senken.

Auf der positiven Seite werden verschiedene Dämpfer ökonomischer Schocks ins Spiel kommen. Ein sinkender Wechselkurs ist für sich genommen nicht positiv, da er ge-sunkene Wachstumsaussichten widerspiegelt und die Briten als Konsumenten ärmer macht, aber er hat auch das Poten-zial, Exporteure und heimische Industrien zu unterstützen, die im internationalen Wettbewerb stehen, vom herstel-lenden Gewerbe bis zur Tourismusindustrie. Besonders

Boris Johnson von der Partei der Konservativen: Sein Rücktritt infolge

des EU-Votums kam unerwartet.

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DIE ZENTRALBANK ERKENNT DIE GRENZEN IHRES

EINFLUSSES – DIE ZINSEN LIEGEN NAHE NULL UND DIE WIRKSAMKEIT DER

QUANTITATIVEN LOCKERUNG IST FRAGWÜRDIG.

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30 GL BAL INVESTOR 02 2016

~ BREXIT ~

02 2016 GL BAL INVESTOR 31

Letztere sollte die Vorteile spüren. Normalerweise würden wir die Auswirkungen höherer Importpreise auf die Infla-tion fürchten, aber da die Inflation konsistent unter ihrem Zielwert bleibt, scheint die steigende Inflation auf lange Zeit unser geringstes Problem zu sein.

Zudem wird auch die Wirtschaftspolitik Unterstützung leisten. Die Bank of England hat verdeutlicht, dass sie in der kurzen Frist, sollte der Wechselkurs nicht unerwartet tief fallen oder die Inflation stark ansteigen, auf die durch den Brexit ausgelöste Wirtschaftsschwäche eher mit lockerer als mit restriktiver Geldpolitik reagieren wird. Jedoch erkennt die Zentralbank die Grenzen ihres Einflusses − die Zinsen liegen nahe null und die Wirksamkeit der quantitativen Lo-ckerung ist fragwürdig.

Ähnliches gilt für die Fiskalpolitik. George Osborne behauptete vor der Abstimmung, dass der Brexit den Not-fallplan, Steuern anzuheben und Ausgaben zu reduzieren, erforderlich machen würde. Das war nicht nur politische Fantasie, sondern auch wirtschaftlicher Analphabetismus. Die erste Amtshandlung des neuen Kanzlers war es zu ver-deutlichen, dass diese Pläne nicht realisiert werden. Nicht nur, dass jedes Gespräch über die prozyklische − und kontra- produktive − Straffung der Fiskalpolitik verworfen wurde, die neue Regierung hat auch betont, dass sie Osbornes Ziel eines Haushaltsüberschusses bis 2020 aufgegeben hat und im Gegenteil in der nahen Zukunft die Ausgaben noch erhöhen wird, zumindest die öffentlichen Investitionen. Schon seit einigen Jahren sind sich Ökonomen fast einstimmig darü-ber einig, dass mit einem Zinssatz auf historisch niedrigem Niveau, zu dem Regierungen Schulden aufnehmen können, der starke Anstieg öffentlicher Kredite, um Infrastrukturin-vestitionen zu finanzieren, sowohl aus makroökonomischer Perspektive sinnvoll ist, als auch um chronische Unterinves-titionen im Vereinigten Königreich zu korrigieren. Dieser Konsens scheint endlich auch bei den aktuell führenden Po-litikern angekommen zu sein.

Die Aussichten für die kurze Frist sind trostlos, wenn auch nicht desaströs. Die negativen Auswirkungen werden sich wahrscheinlich auf bestimmte Regionen und Sekto-

ren konzentrieren: London ist am meisten vom Finanzsektor abhän-gig, der Rückgang der Migration, der Immobilienmarkt; Firmen, die Gebrauchsgüter verkaufen, insbesondere importierte, werden von Wechselkursschwankungen und dem Rückgang im Verbrau-chervertrauen getroffen; und die Nahrungsmittelindustrie, die stark von der EU-Migration abhängt. Währenddessen sind andere Indus-trien relativ abgeschirmt; Expor-teure und die Tourismusindustrie im Besonderen profitieren von Rückgang der Wechselkurse in der

kurzen Frist, auch wenn sie sich über die lange Frist Gedan-ken machen. Und zu guter Letzt profitieren Beamte. White-hall plant ein neues „Department of Brexit“ und wird dafür viele Handelsexperten einstellen. Es ist ironisch, dass die Hauptprofiteure des Brexits, zumindest in der kurzen Frist, Gruppen sind, die mit überwältigender Mehrheit gegen den Brexit gestimmt haben wie Beamte, Ökonomen, Handelsex-perten und Rechtsanwälte, besonders solche, die sich auf eu-ropäische Fragestellungen spezialisieren.

Was wird in der langen Frist passieren? Wie bereits aus-geführt, wird die erste Priorität unserer Premierministerin sein, eine Verhandlungsposition für den Austritt aus der EU zu entwickeln. Das Leave-Lager, Personen wie Boris John-son eingeschlossen, der jetzt eine führende Position in der neuen Regierung hat, haben ihre Position bereits verdeut-licht; sie wollen so schnell wie möglich die Kontrolle über unsere eigenen Gesetze und Regulationen, insbesondere die, die Immigration betreffen. Wir würden versuchen, einen bilateralen Handelsvertrag oder Handelsverträge mit der EU zu schließen, um freien Handel in Gütern zu erhalten und bis zu einem gewissen Grad auch die gegenseitige An-erkennung von Dienstleistungen; dieses System würde am ehesten der Beziehung der EU zu Südkorea oder zukünftig mit Kanada entsprechen. In der Zwischenzeit würden wir so schnell wie möglich Vereinbarungen mit wichtigen Drittlän-dern wie den USA und China abschließen.

Sollte es wirklich das Ziel sein, so könnte die Regierung Unsicherheit in der kurzen Frist leicht minimieren. Die Ver-handlungen über den Übergang würden komplex sein, aber die Politik würde relativ simpel sein. Beide Seiten würden versuchen, Wege zu finden, sich mit minimalen ökonomi-schen Kosten voneinander zu trennen und auch das Ergeb-nis − Großbritannien ist ein „normales Drittland“ − steht schon fest.

Mit Theresa May als nächster Premierministerin wird die Sachlage jedoch deutlich komplexer. Sie hat nicht nur ange-kündigt, dass sie die Einführung von Artikel 50 verzögern wird, was Außen- und Innenpolitik erheblich erschweren wird, sie hat auch impliziert, dass ihre Verhandlungspositi-

on um einiges ambitionierter sein wird. Sie sucht maximalen Zugang zum EU-Binnenmarkt, während die Freizügigkeit der Arbeitnehmer abgewandelt werden soll. Diese ist aber ein integraler Teil des gemeinsamen Binnenmarktes, nicht nur für EU-Länder, sondern auch für Mitglieder des Europäi-schen Wirtschaftsraumes (EWR) wie Norwegen und sogar die Schweiz, die nicht Teil des EWR ist, aber Zugang zum Bin-nenmarkt durch eine Reihe bilateraler Vereinbarungen hat.

May will also alle Vorteile in Anspruch nehmen, ohne die Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Natürlich wird das nicht passieren, was May auch weiß. Sie hat beispielsweise impliziert, dass die Bewegungsfreiheit in eingeschränkter Form erhalten werden könnte, im Gegensatz zu den Zusa-gen von „Vote Leave“, eine vollständig diskriminierungsfreie Einwanderungspolitik durchzusetzen. Während Regierungs-aussagen bisher weit entfernt davon waren, kohärent zu sein, scheint es wahrscheinlich, dass unsere Verhandlungs-position darauf hinausläuft, weniger Einschränkungen in der Einwanderungspolitik zu akzeptieren, im Gegenzug zum Zugang zu einigen Aspekten des gemeinsamen Binnenmark-tes. Dieser „EWR-Light-Deal“ gibt uns nicht alle Vorteile einer EWR-Mitgliedschaft, im Gegenzug dürfen wir unsere Einwanderung beschränken.

Wie könnte das in der Praxis aussehen? Es wäre bei-spielsweise möglich, die Vergabe von neuen Sozialversiche-rungsnummern an EWR-Einwohner mit einem monatlichen oder jährlichen Höchstsatz zu begrenzen. Wird diese Grenze

erreicht, müssen alle EWR-Bewohner, die in England arbei-ten wollen, sich über das gleiche System anmelden, das auch Nicht-EU-Anwohner nutzen. Das würde niemanden davon abhalten, im Vereinigten Königreich zu leben oder zu reisen, aber davon, legal zu arbeiten. Das wäre zwar ein komplexes bürokratisches System und würde definitv die Flexibilität des Arbeitsmarktes beschränken, mit den dazugehörigen wirtschaftlichen Kosten, aber es würde demonstrieren, dass die Regierung die EU-Immigration kontrolliert, eine poli-tisch entscheidende Botschaft.

Die EU hat verdeutlicht, dass die Freizügigkeit ein inte-graler Bestandteil des gemeinsamen Binnenmarktes ist; da-raus folgt, dass England im Gegenzug eine Reihe von Zu-geständnissen im Rahmen des Binnenmarktzutritts machen muss. So könnte der Zugang von Finanzdienstleistern zum EU-Markt beschränkt werden. Es ist auch möglich, dass wir eine Reihe anderer Bedingungen akzeptieren müssen, die zumindest politisch problematisch sein könnten wie fort-gesetzte Abgaben an den EU-Haushalt und die anhaltende Überordnung des europäischen Rechts in einigen Aspekten.

Während wir die Freizügigkeit kontrollieren und ein-schränken können, werden wir für EU-Bürger immer noch ein anderes System als für Einwanderer außerhalb der EU anwenden und deutlich weniger kontrollieren können. Eine Reihe von Mays neuen Ministern hat bereits angekündigt, dass sie über diese Aussicht nicht gerade begeistert sind und daher auch von anderen Vereinbarungen, die auf Basis ›

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Der Financial District in London mit dem berühmten Hochhaus

the „Gherkin“. Die Bedeutung des Finanzplatzes würde durch den

Brexit gefährdet.

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32 GL BAL INVESTOR 02 2016

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Alle veröffentlichten Angaben dienen ausschließlich Ihrer Information und stellen keine Anlageberatung oder sonstige Empfehlungen dar. Aktienkurse können markt-, währungs- und einzelwertbedingt relativ stark schwanken. Auszeichnungen, Ratings und Rankings sind keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen. Weitere Informationen zu Chancen und Risiken fi nden Sie auf der Webseite www.dje.de. Der Verkaufs-prospekt und weitere Informationen sind kostenlos bei der DJE Kapital AG erhältlich. * Quelle: €uro (Ausgabe 02/2014)

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des EWR getroffen wurden. Die vorherrschende politische Meinung in anderen Mitgliedsstaaten ist, dass der EWR ein „Take-it-or leave it“-Angebot ist. „EWR-light“ ist eine briti-sche Erfindung, die in Brüssel und anderen EU-Orten noch getestet werden muss.

Es ist nicht einfach, die Komplexität der Verhandlungen zu übertreiben, die zu einer Vereinbarung führen sollen, die England in seinem fiebrigen politischen Zustand und die 27 verbleibenden EU-Mitgliedsstaaten auch akzeptieren. Be-sonders der Standpunkt Schottlands, wo mit überwältigen-der Mehrheit für einen Verbleib gestimmt wurde, belastet die Situation zusätzlich. Hinzu kommt, dass die 27 verblei-benden EU-Mitglieder teilweise bilateral abstimmen müssen und ebenfalls durch Haushalts- und politische Interessen be-schränkt sind. Ob sich durch eine Übereinkunft, sollte sie erreicht werden, auch die mittel- bis langfristige Perspektive Englands verbessert, ist unklar.

In der Zwischenzeit steht nur fest, dass uns eine ver-längerte Periode der Unsicherheit erwartet, die mit den oben genannten Problemen einhergeht, zumindest in abge-schwächter Form. Das Risiko ist, dass wir auf dem gleichen Pfad wie mit dem ursprünglichen „Vote Leave Plan“ landen, mit einer Verzögerung von einem oder zwei Jahren und mit einem noch schlechteren Gefühl, sollten die Verhandlungen mit der EU stocken oder zusammenbrechen.

Es ist auch nicht abzusehen, dass diese Situation durch Handelsvereinbarungen mit Drittländern gemildert wird. So lange wir ein legales Mitglied der EU bleiben, wird es aller-höchstens informelle Gespräche geben, die rein informativ und nicht-bindend sind. So werden Drittländer wahrschein-lich die Ergebnisse der Diskussion mit der EU-27 abwarten wollen. In jedem Fall werden die Ressourcen der Regierung für Handelsvereinbarungen stark beschränkt sein.

Was bedeutet das für die Wirtschaft des UK? Wie oben umschrieben, wird England in einer von zwei Beziehungen mit der EU stehen. Die erste Alternative ähnelt der Bezie-hung der EU mit Norwegen oder der Schweiz, aber etwas distanzierter mit Einschränkungen der Freizügigkeit und des Freihandels. Diese Lösung würde den Grad der ökonomi-schen Integration mit der EU in den meisten Aspekten auf-rechterhalten, aber eine weitere Integration beschränken, besonders die Liberalisierung im Dienstleistungssektor. Das Wachstum von Finanzdienstleistungen und anderen Sekto-ren, die auf Arbeitnehmer aus anderen Ländern angewiesen sind, würde beschränkt werden. Anhaltende Spannungen mit der EU über Handel- und Regulierungsthemen wären zu erwarten. Die zweite Alternative, in der England ein voll-wertiges Drittland wird, würde einen viel tiefergehenden Einschnitt darstellen. Das Vereinigte Königreich würde eine schnelle und potenziell recht schmerzhafte Anpassung, weg von seiner derzeitigen Integration mit Kontiental-Europa er-leben. Die Liste von Gewinnern und Verlierern ist deutlich länger und spekulativer. In der langen Frist werden sowohl der Universitätssektor wie auch die Autoindustrie überle-ben, aber beide wären gefährdet. London wird ein globa-

les Finanzzentrum bleiben, aber es würde schrumpfen und Frankfurt und Paris könnten zu bedeutenden Rivalen wer-den, zumindest in einigen Aspekten.

Wir sollten den Einfluss jedoch nicht überbewerten. Vor Kurzem wurde ich gefragt, wie sich England entwickelt; eher wie Singapur, was die Befürworter des „Leave“-Lagers hoffen, oder wie Belarus, was die Befürworter des „Remain“- Lagers fürchten. Nichts von beidem ist wahrscheinlich. Trotz der Illusionen einiger Vertreter der marktliberal-rech-ten Szene ist offensichtlich, dass es keinerlei politisches Verlangen danach gibt, Regulationen pauschal anzugreifen –kein seriöser Ökonom vertritt die Meinung, dass EU-Regu-lationen nur annähernd so viel schaden wie schlecht durch-dachte innenpolitische. In der Tat hat May schon darauf hingewiesen, dass sie in einigen Gebieten mehr Reformen befürwortet, wie die Vorstandsvergütung und die Unterneh-mensführung. Noch wird Englands politische und ökonomi-sche Herrschaft außerhalb der EU vollkommen versagen. In 30 Jahren werden wir immer noch ein reiches und erfolgrei-ches Land sein, und falls nicht, dann keinesfalls deswegen, weil wir die EU verlassen haben.

Die folgenden Szenarien sind realistischer. Das erste ist, dass England in einigen Bereichen zu der dysfunktio-nalen Wirtschaft und Politik der 70er zurückkehrt. Wie vor der EU-Mitgliedschaft: nach innen orientiert, stellenweise protektionistisch, besonders in der Immigrationsfrage und politisch instabil sowie pessimistisch über seinen Platz in der Welt. Es gibt plausible Argumente dafür, dass May, be-urteilt man sie nach ihren bisherigen Aussagen, eine der am wenigstens liberalen Premierminister ist, die das Land seit dieser Ära hatte. Einige ihrer Minister haben eine wider-sprechende Einstellung. Es ist entscheidend, wie die interne Debatte ausgeht.

Optimistischer ist, dass wir einige positive Aspekte der EU-Mitgliedschaft erhalten können und eine offene und liberale Wirtschaft bleiben, was Handel und Migration betrifft, aber mit einer globaleren Ausrichtung. Mit oder ohne Handelsvereinbarungen könnten wir unsere oft be- dauernswerte Export-Performance vielleicht auf neue Märkte ausweiten. Innenpolitisch könnten wir eventuell mehr politische Aufmerksamkeit und Ressourcen auf die-jenigen richten, die sich durch die Globalisierung vernach-lässigt fühlen. Nichts hindert uns daran, schon jetzt so zu handeln, aber der Brexit könnte bedeuten, dass wir damit aufhören, die EU für Probleme zu beschuldigen, die wir selbst verursacht haben. Dann können wir auch unsere Politiker dazu bringen, sie zu lösen. //

JONATHAN PORTESLONDON 51° 30 ‘ N, 00° 07 ‘ W

Jonathan Portes ist leitender wissenschaft-licher Mitarbeiter am „National Institute of Economic and Social Research“ (NIESR).

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Über sechs Millionen Menschen wohnen insge-samt in den drei baltischen Ländern, die an der Ostküste der Ostsee liegen. Die Region kann stolz auf ihre Erfolgsgeschichte sein. Während einige

der ehemaligen sowjetischen Länder mit ihren Strukturre-formen enttäuschten, bewies das Baltikum seinen Reform-willen und führte Pauschalsteuern und das E-Government ein. Estland, Lettland und Litauen öffneten ihre Volkswirt-schaften und näherten sich Westeuropa. Das führte in 2001 zur EU-Mitgliedschaft, 2004 folgte die Nato. 2011 wurde Est-land, 2014 Lettland und 2015 Litauen jeweils in die Europä-ische Währungsunion aufgenommen. Die Integration hat sich ausgezahlt. Seit ich vor 20 Jahren anfing, im Baltikum zu investieren, hat sich das reale Pro-Kopf Bruttoinlandspro-dukt verdreifacht. In Russland, das jahrelang von hohen Öl-preisen profitierte, hat es sich im selben Zeitraum lediglich verdoppelt.

Die Einwohner konnten ihren Lebensstandard erhöhen und auch Investoren profitierten. Wir sind früh ins Baltikum eingestiegen und haben unsere Investitionen in den letzten Jah-ren erweitert. Wir haben unseren Fokus auch von den Börsen wegbewegt, deren Größe und Liquidität eingeschränkt ist. Neue Investitionen in Immobilien und außerbörsliche Unternehmens-beteiligungen haben dazu geführt, dass der East Capital Explorer Fund, der seit 2007 von Nasdaq Stockholm gelistet ist, einer der größten Anleger der Region ist.

Was sich heute geändert hat und das Baltikum zu einer

noch attraktiveren Anlageregion macht, ist die Balance. Vor der Finanzkrise litten die Länder unter Außenhandelsungleichge-wichten von über zehn Prozent. Die Finanzierung von Schul-den war leicht und das Wirtschaftswachstum erreichte fast zehn Prozent. Die Finanzkrise traf die Region besonders stark, das Bruttoinlandsprodukt jedes Landes sank um 15 Prozent. Aber die wirtschaftliche Erholung war beeindruckend schnell. Die Au-ßenbilanzungleichgewichte sind heute verschwunden, die Kre-ditvergabe läuft kontrollierter und das Wachstum ist nachhaltig, bei ungefähr drei Prozent. Im Baltikum beobachten wir zur- zeit eine vielversprechende Mischung. Die Wirtschaft zeichnet sich aus durch Vorhersehbarkeit und Risiko eines entwickelten Marktes, kombiniert mit der Dynamik und den Wachstumsraten eines Entwicklungslandes.

Durch die Integration in EU, Nato und Währungsunion unterscheidet sich das Risikoprofil des Baltikums von dem sei-ner osteuropäischen Nachbarn, insbesondere für internatio-nale Investoren. Ein Schlüsselfaktor ist die Abwesenheit von Währungsrisiken. Weiterhin ist das Investitionsklima gut, das Wachstum nachhaltig und getrieben sowohl von einer wach-senden Binnennachfrage als auch von Exporten. Die Wirtschaft der drei Länder hat sich als widerstandsfähig erwiesen. Neben der Erholung von der Finanzkrise sind die Exporte heute breiter diversifiziert, als Antwort auf russische Sanktionen und seinen wirtschaftlichen Abschwung. Die Risiken unterscheiden sich kaum von denen entwickelter Märkte. Ein Beispiel dafür sind Finanzierungsbedingungen. Wenn wir unsere Gewerbeimmobi-

Der Bürokomplex „3 Bures“ in Vilnius ist eines der Anlageobjekte des East Capital Explorer Funds.

Dynamische Region im Norden der EU

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist das Baltikum wirtschaftlich erfolgreich. Die Region überzeugt mit Reformeifer und Modernität. Der Schatten der Vergangen-heit ist längst abgelegt.

Autor: Kestutis Sasnauskas, Stockholm

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lien im Baltikum finanzieren wollen, nehmen wir Kredite zu den gleichen Konditionen wie in Schweden für unsere schwedischen Immobilien auf. Genauer gesagt sind unsere Kreditgeber sogar dieselben nordischen Dienstleister. Sie sind expandiert, über die Ostsee hinweg.

Und gleichzeitig werden Estland und Litauen als Schwellen-länder klassifiziert, Aktienmärkte, die noch weniger entwickelt und illiquider als Entwicklungsländer sind. In dieser Kategorie finden sich auch Vietnam, Nigeria und Argentinien. Der Markt in Lettland ist noch nicht einmal klassifiziert. Während diese Ka-tegorisierung eher der Illiquidität als dem Stand der wirtschaftli-chen Entwicklung zuzuschreiben ist, gibt es doch noch Charak-teristiken eines Wachstumsmarktes. Esten, Letten und Litauer konnten ihr Einkommen über die letzten 20 Jahre verfünffachen, ihr Einkommensniveau ist dennoch lediglich die Hälfte des eu-ropäischen Durchschnitts. Die Annäherung an Westeuropa wird weitergehen. Die Wachstumsraten der Vergangenheit und wahr-scheinlich auch der kommenden Jahre sind mit ungefähr drei Prozent unter den höchsten in Europa.

Auch Wachstumstreiber und Dynamik erinnern an Entwick-lungssländer. Viele Sektoren sind weniger durchdrungen und fragmentierter als in entwickelten Ländern. So gibt es beispiels-weise ein Unterangebot an modernen Büroräumen. Ein anderes Beispiel ist der Kabel-TV -und Breitband-Sektor, der stark frag-mentiert ist. In beiden Segmenten sind wir investiert.

Wir sehen zwei Hauptprobleme im Baltikum, das erste ist die Demografie. Die Bevölkerung altert schneller als in anderen

Teilen Europas und schrumpft zudem, aufgrund niedriger Ge-burtsraten und der Emigration der Jugend. Das ist eine langfristi-ge Gefahr, die die Länder angehen müssen. Das zweite Problem ist die Liquidität, dieses Problem müssen Investoren lösen. Das Risiko, aus Investitionen nicht ausscheiden zu können, schreckt viele internationale Investoren ab, die an Fonds mit fester Lauf-zeit gebunden sind. East Capital schwächt dieses Risiko, wir sind ein Investmentunternehmen mit Langzeitkapital, was es uns erlaubt, Anlagemöglichkeiten wahrzunehmen, die anderen verschlossen bleiben, und flexibel zu sein. Schließlich werden unsere Anteile auch börsentäglich gehandelt. Gleichzeitig be-obachten wir das zunehmende Interesse am Baltikum. Große Marktteilnehmer wie Providence und Blackstone betreten das Marktfeld der außerbörslichen Unternehmensbeteiligungen und das Immobiliensegment. Das führt zu steigenden Transaktions-volumen, was unsere Überzeugung unterstützt, dass die Märkte in Zukunft internationaler und liquider sein werden. Wir be-trachten das Baltikum als die dynamischste Ecke der EU. //

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~ BALTIKUM ~

KESTUTIS SASNAUSKASSTOCKHOLM 59° 19 ‘ N, 18° 04 ‘ O

Kestutis Sasnauskas ist Gründungspartner von East Capital Explorer. Der CIO managt den East Capital Explorer Fund.

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Auf dem Weg in die Zukunft

Es gibt viele Argumente für Investitionen in Iran, beispielsweise günstige Energie-reserven, eine junge, gut ausgebildete Be-völkerung und hochwertige Institutionen.

Autor: Dominic Bokor-Ingram, London

~ IRAN ~

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Präsident Rouhani muss Iran wieder auf

Wachstumskurs bringen, um die politische

Stabilität zu sichern.

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Am 16. Januar 2016 kehrte der Iran endlich in das globale Finanz- und Handelssystem zurück, nachdem die lang erwartete Einigung in den Atomverhandlungen erreicht wurde. Effektiv

wurden alle EU- und UN-Sanktionen mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Einige US-Sanktionen, die staatlich gesponser-ten Terrorismus betreffen, bestehen jedoch weiterhin.

Für den Iran wird es nun ganz einfach möglich sein, gleich mehrere Meilensteine zu erreichen. So kann beispielsweise der Öl-Vorrat von 30 bis 40 Millionen Barrel sofort auf den Welt-märkten monetisiert werden. Damit kommen zu den bisherigen Öl-Exporten auf einen Schlag 300.000 Barrel dazu, wir haben bis Jahresende 500.000 zusätzliche Barrel prognostiziert. 32 Mil-liarden Dollar eingefrorene Staatsaktien können ebenfalls her-ausgegeben werden, möglicherweise wird diese Zahl auf 100 Milliarden ansteigen. Nicht zu vergessen die Wiedereinführung von SWIFT-Transaktionen, die den Geschäftsverkehr ira-nischer Banken mit ausländischen Partnern er-möglichen.

Die Langzeit-Vorteile wird man in Form von ausländischen Direktinves-titionen und Portfolio-Investitionen

sehen können. Das Ziel für Direkt-investitionen liegt bei 50 Milliarden US-Dollar jährlich — in einer Wirtschaft, in der das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zurzeit 400 Mil-liarden Dollar beträgt. Wir gehen davon aus, dass all diese Fak-toren dazu beitragen, dass die Wirtschaft sechs bis acht Prozent pro Jahr über die nächsten zehn Jahre wächst. Bisher stieg das BIP um weniger als einen Prozent, unter einem der strengsten globalen Sanktions-Regimes.

Was den Business Case des Irans von Nachbarn und wirt-schaftlich ähnlichen Ländern unterscheidet, ist die Struktur der Wirtschaft. Zählt man Öl und Gas zusammen, so verfügt das Land über die weltweit größten Reserven. Zusätzlich kommen über 40 Mineralrohstoffe wie Kohle, Salz und Kies und ungefähr 20 Metalle wie Kupfer, Eisen und Uranium vor. Dennoch macht der Energiesektor nur ungefähr zehn Prozent des BIPs aus.

Der Produktions- und Servicesektor sorgen für eine Viel-zahl von Investmentmöglichkeiten außerhalb des traditionellen regionalen Energiesektors. Das bedeutet, dass das Wirtschafts-wachstum nach dem Aufheben der Sanktionen und dem an-

schließenden Zufluss an Direktinvestitionen nicht nur durch die Attraktivität der Demografie des Landes getrieben wird, von 80 Millionen Menschen sind 51 Prozent unter 30 Jahren. Weite-rer Wachstumsmotor ist das große Exportpotenzial an andere Länder der Region, die viel weniger diversifiziert sind.

Auch einige andere Vorteile schaffen Bedingungen, in dem lokale und internationale Unternehmen wachsen können. Das Bildungsniveau im Iran entspricht dem eines Landes mit einem hohen mittleren Einkommen. Von den vier Millionen Univer-sitätsstudenten sind über die Hälfte weiblich. Die strategische geografische Lage ermöglicht nicht nur den Handel mit der rest-lichen Region, sondern erschließt auch große Exportmärkte in Regionen, in denen die Produktionskapazitäten weit unter de-nen des Irans liegen. Ebenso kehren von den neun Millionen hochqualifizierten Iranern, die im Westen leben, viele Talente nach und nach zurück. Möglicherweise wird sich diese Rück-

kehr bald beschleunigen, denn das Potenzial dazu besteht. Die günstigen Energiereserven und die reichen

Backstein-Vorkommen haben das Land zum weltgrößten Zementexporteur gemacht.

Üppige Kaliumcarbonat-Vorkomm-nisse in Verbindung mit günstiger

Energie machen Iran zu einem großen Dünger-Lieferanten. Da der private Sektor schon einen großen Anteil der Wirtschaft ausmacht, werden all diese Faktoren das Wirtschafts-wachstum signifikant be-schleunigen.

Alle Zutaten einer star-ken Wirtschaft, die über die

nächsten zehn Jahre ein jährli-ches BIP-Wachstum von sechs bis

acht Prozent aufweisen kann, sind schon vorhanden.Erstens: Eines des größten Wachs-

tumshindernisse in vielen Entwicklungs-ländern ist mangelnde Energie. Es gibt zahlreiche

Beispiele von Entwicklungsländern, die weit unter ihrem Potenzial wachsen, weil es so kompliziert ist, neue Energie-werke zu bauen. Der Iran verfügt jedoch bereits über die vier-zehnt-größte Energiekapazität der Welt und seine Nutzungsrate betrug 2014 lediglich 42 Prozent. Große Investitionen in den Energiesektor über die letzten 15 Jahre kombiniert mit äußerst niedrigen Rohstoffpreisen führten zu niedrigen Strompreisen und dazu, dass die aktuellen Kapazitäten den Verbrauch der schnell wachsenden Wirtschaft noch mindestens zehn Jahre lang decken können. Da die Energieerzeugung Langzeitinvesti-tionen benötigt, die sich erst nach zwanzig Jahren für Investo-ren auszahlen können, hat der Iran dort einen großen Wettbe-werbsvorteil.

Zweitens hat das Land eine gut gebildete Erwerbsbevölke-rung. Die aktuellen Arbeitslosenzahlen liegen bei elf Prozent insgesamt und die Jugendarbeitslosigkeit beträgt bis zu 20

Prozent. Daher gibt es keine Arbeitsmarkthürden, die starkes Wachstum beschränken könnten.

Auch im Infrastrukturbereich ist Iran im Vergleich zu an-deren Entwicklungsländern äußerst gut aufgestellt. Die physi-sche Infrastruktur wie Flughäfen, Häfen und Straßen entspricht mindestens denen eines weit entwickelten Wachstumsmarktes. Auch die institutionelle Infrastruktur, Voraussetzung für Kapi-talzuflüsse, ist größtenteils implementiert. Das Banken- und Justizsystem ist gut entwickelt und vor Einführung der Sankti-onen waren die meisten weltweiten Wirtschaftsprüfungs- und Wirtschaftsberatungsunternehmen vertreten. Diese Firmen wurden national weitergeführt, werden nun aber wieder in ihre internationalen Mutterfirmen eingegliedert. Der Aktienmarkt ist innerhalb der Entwicklungsländer einer der am meisten fort-geschrittenen hinsichtlich Aufbewahrungs-, Handels- und Zah-lungssystemen. Obwohl es fast keine ausländische Beteiligung gibt, tragen 500 gelistete Unternehmen aus 37 Sektoren zu einer Marktkapitalisierung von 120 Milliarden US-Dollar bei, von de-nen täglich 100 Millionen US-Dollar gehandelt werden. Schon jetzt dient die Börse für Unternehmen zur Kapitalaufnahme. Wir

erwarten, dass der Handelsplatz noch erheblich an Fahrt aufneh-men wird, sobald ausländische Investoren zurückkehren.

Zudem braucht die Wirtschaft Kapital und Investitionen, um ihr Wachstumspotenzial auszuschöpfen. Iranische Staatsschul-den belaufen sich auf drei Prozent des BIPs, der Markt für Unter-nehmensanleihen hat ein Volumen von 2,2 Milliarden US-Dollar und auch Individuen sind lediglich gering verschuldet, da Hy-potheken- und Privatkredit-Märkte sehr flach sind. Daher gibt es großes Potenzial für die Wirtschaft noch intern zu hebeln, zusätzlich zu den großen Direkt- und Portfolioinvestments, die wir erwarten.

Alle Zutaten für starkes, nachhaltiges Wachstum sind also vorhanden. Die Schlüsselfaktoren, die sicherstellen, dass alle Faktoren zusammenarbeiten und dafür sorgen, dass Kapital auch effizient verteilt wird, sind politischer Wille und Reformen. Reformwillige Kandidaten haben in den Regierungswahlen eine überwältigende Mehrheit erhalten, damit hat Präsident Rouha-ni eindeutig ein Reform-Mandat erhalten. Diese Reform-Agen-da muss allerdings schnell Wirtschaftswachstum erzeugen, um alle Wählerschichten davon zu überzeugen, dass die atomare

Keine Abhängigkeit von Rohstoffen

*Quelle: The Central Bank of Iran

40 Prozent aller iranischen Exporte sind weder Öl- noch Gasexporte. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich der Anteil von Öl am BIP von 22 auf zehn Prozent verringert.

Studentinnen der Universität von Teheran: Über 50 Prozent aller iranischen Studierenden sind weiblich.

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Dienstleistungen

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16 Prozent, Saudi-Arabien 13 Prozent, Kuwait acht Prozent und die Vereinigten Arabischen Emirate sechs Prozent. Wir glauben, dass dies der Beginn einer bedeutenden mehrjäh-rigen Neubewertung des iranischen Aktienmarktes ist. Der Price-to-Earnings-Anteil liegt momentan bei 5,5, während er in Nachbarmärkten wie Saudi-Arabien bei 13 liegt und bei Schwellenländern weltweit im Durchschnitt bei elf. Ne-ben der Neubewertung des Marktes erwarten wir auch ein deutliches Wachstum der Unternehmensumsätze, getrieben durch das BIP-Wachstum.

Einige Risiken in diesem positiven Umfeld hindern Iran noch daran, sein wirtschaftliches Potenzial zu erreichen. Die Möglichkeit, dass die Sanktionen wieder eingeführt werden können, ist wahrscheinlich die größte bestehende Gefahr. Mit der Zeit engagieren sich mehr und mehr inter-

nationale Unternehmen im Land, damit sinkt auch die Wahr-scheinlichkeit, dass der Rest der Welt ein zweites Mal blind der amerikanischen Führung folgen wird. Trotz der Diver-sität entfallen rund 30 Prozent der Regierungseinnahmen auf Energie- und Ölpreise. Der Ölpreis wird also weiterhin einen großen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung nehmen. Und schließlich besteht das Risiko geopolitischer Spannungen. Wir gehen davon aus, dass sich diese eher in einer Risikoprämie auf Iran manifestieren werden als in ei-ner militärischen Bedrohung.

Hinzu kommen einige strukturelle Probleme, die adres-siert werden müssen, um das Umfeld für Investoren attrak-tiver zu gestalten. Die Vereinheitlichung der Wechselkurse würde beispielsweise Kosten und Risiken von Überweisun-gen in und aus Iran reduzieren. Weiterhin sollte die irani-sche Regierung die IFRS-Rechnungslegung einführen, lokale Aktionärsgruppen institutionalisieren und Preiskontrollen lockern sowie Subventionen abschaffen. Ein Großteil der bestehenden Schieflage ist das Ergebnis der wirtschaftlichen Isolation, die dazu geführt hat, dass es keine Anreize gab, zu reformieren, sich an internationale Investoren anzupassen oder das Investitionsumfeld attraktiver zu gestalten. Wir er-warten schnelle Fortschritte in dieser Entwicklung.

Kunden von Charlemagne Capital können an der „Chan-ce Iran“ teilhaben. Wir haben einen offenen Investment-fonds aufgelegt, der ausschließlich in den iranischen Akti-enmakt anlegt. Der in Zypern regulierte Fonds ist aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen der europäischen Union nur für institutionelle Anleger zugänglich.

Die Mindestanlagesumme beträgt 250.000 Euro. Die ak-tuelle Fondsgröße von 65 Millionen macht fast 90 Prozent des Anteils ausländischen Kapitals auf der Teheraner Börse aus. Der Fonds wird zusammen mit einem ortsansässigen Investmentmanager gemanagt, der in den Markt schon seit über zehn Jahren investiert. Wir legen unseren Fokus auf die detaillierte Überprüfung der Unternehmen, die vom erwar-teten Wirtschaftswachstum profitieren können.

Wir sind davon überzeugt, dass Iran das Potenzial hat, über die nächste Dekade die interessanteste Investitions-möglichkeit für Investoren an der Börse zu sein. Die Kom-bination aus einem gut diversifizierten Markt, mittleren Einkommen und wenigen ausländischen Investoren ist eine Seltenheit. Wie bei jeder Reform und Anpassung an neue Standards wird es auch hier Bodenschwellen geben, die die Entwicklung bremsen. Mit einem Price-to-Earnings-Ver-hältnis von lediglich 5,5 sehen wir jedoch deutlich stärkere Chancen als Risiken. //

Einigung mit dem Westen der richtige Weg war. Die Schlüssel-größe, die wir beobachten, ist der Einfluss des Reformprozesses auf das Wirtschaftswachstum. Voraussetzung dafür, dass sich das Wachstum materialisiert, ist unserer Meinung nach die erfolgrei-che Integration in globale Finanz- und Politiksysteme.

Aus der Sicht eines internationalen Investoren sticht Iran durch eine Reihe von Faktoren aus der Menge, der sich gerade öffnenden Märkte heraus. Unter den wohl spannendsten neu-en Möglichkeiten in der heutigen Welt sind Kuba, Ethiopien und Myanmar, die sich nach einer langen Periode der Isolati-on den Weltmärkten anschließen wollen. Keines dieser Länder hat jedoch im Gegensatz zum Iran die benötigten Institutionen und die Infrastruktur, um große Mengen an Kapital aufzuneh-men. Die Entwicklung seiner Banking- und Kapitalmarktstruk-tur macht Iran einzigartig unter den Schwellenländern. Das schwerwiegende Problem notleidender Kredite darf nicht igno-

riert werden. Doch 92 Prozent der Iraner haben ein Bankkon-to, drei Viertel haben eine Kreditkarte und 32 Prozent haben einen Kredit aufgenommen. Das bedeutet, dass die Kanäle, die große, nach innen gerichtete Investitionssummen aufnehmen können, bereits existieren, und dass das Potenzial, das Wachs-tum zu hebeln, größer als vergleichbare Marktchancen ist. Die Netto-Staatsschulden betragen lediglich drei Prozent des BIPs, sodass das Problem notleidender Kredite leicht von der Regie-rung adressiert werden kann. Mit einer Inflationsrate unter acht Prozent und sinkenden Lombardsätzen könnte ein Anstieg der allgemeinen Verschuldung ein weiterer Katalysator des Wirt-schaftswachstums sein.

Die Kombination aus Humankapital, einer entwickelten In-frastruktur, großen Binnen- und Exportmärkten und Zugang zu günstiger Energie machen Iran schon seit vielen Jahren zu ei-

nem der interessantesten Chancen für die Produktion. All diese Faktoren haben zu einem Ansturm multina-

tionaler Unternehmen beigetragen, die von den Chancen des iranischen Marktes profitieren wollen. Italienische, französische und chinesische Firmen haben bereits Ver-träge in Milliardenhöhe unterzeichnet. Viele dieser Unter-nehmen nehmen ihre früheren Geschäftsbeziehungen von Vor-Sanktionszeiten wieder auf. Das aktuellste Beispiel ist Peugeot, die zugestimmt haben, ihre iranischen Partner da-für zu entschädigen, dass sie nach der Implementierung der Sanktionen ihre Obligationen vernachlässigt haben. Eine Folgevereinbarung wurde getroffen. 2011, in der Zeit vor den Atomsanktionen, produzierte Iran 1,6 Millionen Autos. Diese Statistiken unterscheiden das Land von seinen Nach-barn und veranlassen ausländische Unternehmen dazu, ihre Beziehungen wieder aufleben zu lassen.

Iran ist seit 2006 in einer Reformphase, gleichzeitig be-gann die Privatisierungswelle. Erklärtes Ziel der Regierung ist es, bis 2017 das Staatseigentum von 75 Prozent der Ge-samtwirtschaft auf 20 Prozent zu reduzieren. Ein Großteil der Privatisierung konnte über den Aktienmarkt abgewickelt werden. Das hat vermutlich dazu geführt, dass das Land eine der größten Börsen der Welt ohne bedeutende ausländische Investoren hat. Wir schätzen den Anteil des Besitzes von In-ländern auf 99,5 Prozent. Würde man Iran in den Index auf-nehmen, wäre es mit einem Handelsvolumen von 100 Milli-onen US-Dollar das größte Schwellenland.

Die positive Performance des Aktienmarktes, der im Ja-nuar nach Aufhebung der Sanktionen um 13 Prozent zule-gen konnte, scheint im Vergleich mit anderen Märkten der Region noch beeindruckender. Der Markt in Ägypten verlor

Angaben in US-Dollar Angaben in Prozent im Jahr 2015

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Das Autowerk „Khodro Industrial Group“ in Teheran stellt in Lizenz den Peugeot 206 her.

DOMINIC BOKOR-INGRAMLONDON 51° 30 ‘ N, 00° 07 ‘ W

Dominik Bokor-Ingram arbeitet im Schwel-lenländer-Team bei Charlemagne Capital. Er studierte Wirtschaft und Statistik in Exeter.

Trotz der Sanktionen konnte Iran in den letzten 20 Jahren ein beachtliches Pro-Kopf-Wachstum erzielen.

Der geringe Anteil der Bevölkerung, der unter der Armutsgrenze lebt, deutet ebenfalls auf eine wachsende Mittelschicht hin.

BRUTTOINLANDSPRODUKT PRO KOPF

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Iran ist als eines des größten und bedeutendsten Länder in der MENA-Region (Mittlerer Osten und Ost-Afrika) bekannt. Das Land verfügt über reichlich Naturschät-ze, besonders erwähnenswert ist aber das Humanka-

pital mit einem hohen Anteil an Uniabsolventen. Iran hat die zweitgrößte Bevölkerung der Region mit 80 Millionen Menschen, von denen 30 Prozent unter 20 Jahren und 75 Prozent unter 45 Jahren sind. Es hat weltweit die drittgröß-ten Öl- und Gasreserven und große Mineralvorkommen mit Zink, Blei und Kupfer. Zahlreiche Nutzpflanzen, die aus dem abwechslungsreichen Klima resultieren, machen Iran zu ei-nem der größten Agrar-Lieferanten. Der aktuelle Bericht der iranischen Zentralbank gibt den Anteil am BIP von Öl mit 15 Prozent an, neun Prozent entfallen auf die Landwirtschaft, 23 Prozent auf den Industrie- und Bergbausektor sowie 53 Prozent auf den Service-Sektor.

Das BIP 2014 betrug 425 Milliarden US-Dollar. Die Regierung drückte die Inflationsrate von über 30 Prozent auf zehn Prozent und schaffte es, den Geldmarkt zu regulieren sowie die Wech-selkurse zu stabilisieren. Diese Beruhigung der Wechselkurse ist entscheidend, insbesondere, da die Erdöl-Einnahmen aufgrund der starken Preisrückgänge in den letzten Jahren abgefallen sind. Aufgrund des Anstiegs von Ölpreisen und Erdölexporten sollten sich die Wechselkurse noch weiter erholen.

Mit der Aufhebung der Sanktionen sind bessere Aussichten für die iranische Wirtschaft für das kommende Jahr zu erwarten. Diese positive Einstellung spiegelt sich in den Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank wider. Der IWF erwartet ein Wachstum von 5,8 Prozent in 2016 und 6,7 Prozent in 2017.

Die Geschichte des Kapitalmarktes begann vor 48 Jahren und ist von vielen Schwankungen gekennzeichnet. Der Markt war von einigen schwerwiegenden Problemen betroffen, wie Sank-tionen, die den Bankensektor, die petrochemische Industrie, die Automobilherstellung und den Stahlsektor betrafen, Wech-selkursausbrüche, Atomdiskussionen, Ölpreistiefs, Inflationen und tiefe Rezessionen. In der momentanen Situation, nach Auf-hebung der Sanktionen und der Öffnung gegenüber den inter-

nationalen Märkten, hat sich die Perspektive verschiedener In-dustrien verbessert, wie es nach der Freigabe der eingefrorenen Guthaben sowie Banküberweisungen auch zu erwarten war.

Das Wachstumspotenzial lokaler Unternehmen hat das In-teresse ausländischer Anleger deutlich verstärkt, nachdem dank der Aufhebung der Wirtschaftssanktionen Investitionen mög-lich wurden. Zahlreiche Wirtschaftsdelegationen haben den Iran innerhalb der letzten Monate besucht, um Partnerschaften und Investment- sowie Finanzierungsprojekte zu prüfen.

Die Statistiken zeigen den aufsteigenden Trend der Hauptin-dizes der Kapitalmarktes.

In der Teheraner Börse sind zurzeit (Stand Juni 2016) 321 Un-ternehmen gelistet, und es werden vier ETFs und 15 Schuldver-schreibungen gehandelt, darunter Beteiligungspapiere, Sukuks (Scharia-konforme Anleihen), Einlagenzertifikate und Derivate. Zu den Mitgliedern der Börse gehören 104 Maklerunternehmen, weitere Teilnehmer sind 160 Investmentfonds und Finanzunter-nehmen wie Investmentbanken, Anlageberater, Portfoliomanager und Datenverarbeitungsfirmen und Kapitalanlagegesellschaften.

Die Marktkapitalisierung der Börse hat Ende Mai 107,486 Millionen US-Dollar erreicht, 21 Prozent über dem Endjahres-ergebnis von 2015. Der Nominalwert im Mai betrug 40,642 Mil-lionen, ein Anstieg um zehn Prozent seit Dezember 2015. Che-mische Erzeugnisse haben einen Anteil von 23,2 Prozent an der Marktkapitalisierung, Banking 12,1 Prozent, der Telekommuni-kationssektor 8,2 Prozent, unedle Metalle 7,7 Prozent, Streube-sitz 6,9 Prozent, und Erdölprodukte sowie Automobilhersteller jeweils 5,4 Prozent.

Der Gesamtindex ist seit Jahresende 2015 um 23 Prozent gestiegen, während der Preis um 16 Prozent zugelegt hat. Der durchschnittliche Price-to-Earnings-Faktor betrug Ende Mai 7,43.

In den ersten fünf Monaten des Jahres erreichte das Handels-volumen 12,229 Millionen US-Dollar mit den Transaktionen von 164,431 Millionen Aktien. Täglich wurden durchschnittlich 110 Millionen US-Dollar gehandelt, ein Anstieg um 157 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode. Das Handelsvolumen eines Ta-ges wuchs um 128 Prozent während der ersten fünf Monate und erreichte so 1,472 Millionen Aktien. Aktuell werden 30 Prozent der Transaktionen online abgeschlossen.

Auch der Staat versuchte den Kapitalmarkt und seine Vortei-le für die Finanzierung von Unternehmen während des letzten Jahres zu entwickeln. So gab er Staatsanleihen im Wert von zwei Milliarden US-Dollar an der Börse aus. Der einjährige Zinssatz auf Bankeinlagen sank kürzlich von 18 auf 15 Prozent, daher werden Zinssätze über 20 Prozent auf die ausgegebenen Anlei-hen dazu führen, dass diese weit über ihren Nennwert gehandelt werden.

In Kombination mit den aufgehobenen Sanktionen, dem Umfeld, das sich für Unternehmen weiter verbessert, und stei-gender Ölproduktion sowie –preisen sowie den Wirtschafts- und Fiskalreformen werden all diese Faktoren dazu führen, dass Irans Kapitalmärkte in den nächsten Jahren unaufhörlich wach-sen werden. Zudem werden die Märkte einen Teil der Liquidität der Währungs- und Goldmärkte aufnehmen, die zurzeit eine Re-zession erleben. //Fo

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„Unaufhörlich wachsendeKapitalmärkte“

Nach der Aufhebung der Sanktionen reisten viele Wirtschaftsdelegationen nach Iran, um alte Beziehungen wieder aufleben zu lassen oder neue zu knüpfen. Der CEO der Teheraner Börse berichtet, warum ihr Interesse berechtigt ist.

DR. HASSAN GHALIBAF ASLTEHERAN 35° 41 ‘ N, 51° 23 ‘ O

Hassan Ghalibaf Asl ist seit 2008 CEO der Börse in Teheran. Von 2006 bis 2008 war er Aufsichtsratsmitglied

und Geschäftsführer bei Omid Investment Manage-ment. 2006 war er ebenfalls Aufsichtsratsmitglied

mehrerer Unternehmen, darunter Ormieh Cement und Sepah Investment. Ab 2000 war Ghalibaf Asl zunächst Geschäftsführer von Buali Investment, anschließend

von Iranian Investment Company. Ab 1996 war er Sach-verständiger verschiedener Unternehmen, darunter die

Export und Entwicklungsbank Irans. Zudem arbei-tete er als Wirtschaftsprüfer beim obersten Gericht. Ghalibaf Asl lehrt an der Alzahra Universität, wo er Vorlesungen über Investitionsmanagement, Kapital-

und Geldmärkte, Finanz- und Währungsinstitutionen und Finanzmanagement hält, er ist Autor mehrerer

Fachbücher und veröffentlichte zahlreiche Artikel zu Finanzthemen. Ghalibaf Asl erhielt 1994 seinen Master-

abschluss in Finance-Management an der Universität Teheran, 2002 folgte die Promotion.

www.tse.ir/en

Autor: Dr. Hassan Ghalibaf Asl, Teheran

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„Sehnsüchtiges Warten auf deutsche Banken“

Global Investor hat mit Dr. Nader Maleki über Chancen, Risiken und mögliche Ent-wicklungen in Iran gesprochen.

Interview: Katharina LamsterFo

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Iran bekommt gerade viel Aufmerksamkeit aufgrund der Aufhe-bung der Sanktionen. Sie sagen, dass damit noch nicht alle Hürden für ausländische Investoren gefallen sind.

Dr. Maleki: Die Sanktionen wurden am 16. Januar fallengelas-sen. Das waren aber nur die Sanktionen, die wegen der Atom-gespräche geführt wurden. Aber dahinter gibt es eine ganze Reihe weiterer Sanktionen, die auch zu Unsicherheit auf der iranischen Seite geführt haben. Gleichzeitig ist auch mit dem Fall der Sanktionen eine neue Visa-Vereinbarung eingeführt wurden. Wenn deutsche Investoren in den Iran reisen, kön-nen sie nicht wie in der Vergangenheit nach Amerika reisen, sondern sie müssen ein Visum beantragen. Das bekommt man ohne Probleme und es ist auch zehn Jahre lang gültig, aber den-noch ist es ein großes Hemmnis für Investoren, die regelmäßig in den Vereinigten Staaten aktiv sind. Auch die Vorzüge des Global Traveler Systems gehen alle verloren. Das heißt, es gibt noch eine ganze Reihe von Hürden für Ausländer, was den Iran betrifft.

Dennoch sehen Sie gute Grunde dafür, in Iran zu investieren?

Dr. Maleki: Man muss natürlich immer die Risiken und die Chancen gegeneinander abwägen. Ich kann zwar nicht in die Glaskugel schauen, aber nach meinem Gefühl sind die Chancen für Investoren im Iran wesentlich höher als die Risiken. Womit begründe ich das? Ich begründe das mit der Geschichte vieler anderer Länder. Jedes Land entwickelt sich weiter. Dazu kommt die Demografie. Das iranische Volk ist sehr jung, das Durch-schnittsalter in Iran liegt bei 27 Jahren. Und die Iraner sind unglaublich gut ausgebildet, die Schulen und Universitäten ha-ben einen wesentlich höheren Standard als hier in Europa. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, weil ich eine deutsche Schule in Teheran besucht habe und mein Bruder eine persische. Ein hoher Bildungsstand, auch an den Universitäten, in Verbindung mit einer Welt, in der man sich jederzeit über alles informieren kann führen dazu, dass man vor allem der iranischen Jugend entgegenkommen musste. Mit dem Sieg von Präsident Rouhani überwiegen die Chancen bei Weitem die Risiken.

Wie werden sich die Beziehungen zwischen Iran und Deutschland jetzt entwickeln?

Dr. Maleki: Natürlich schauen die Iraner nach wie vor stark auf die Bundesrepublik und die deutschen Banken sind bis jetzt zu-rückhaltend. Es ist wichtig danach zu sehen, was der Primus, die Deutsche Bank und der zweite, die Commerzbank, machen. Das Problem bei beiden Häusern war, dass sie erhebliche Straf-zahlungen hatten und sie teilweise noch in der Abwicklung dieser Zahlungen sind und deswegen keinerlei Risiken einge-hen wollen. Das macht formale Gespräche schwierig. Dazu kam das Problem mit der Hermesversicherung. Die Hermes hatte eine lange Zeit eine Forderung in Höhe von über einer halben Milliarde an Iran. Das hat sich erledigt, die Iraner ha-ben gezahlt, somit ist eine Versicherung seitens der Bundes-

DR. NADER MALEKIFRANKFURT 50° 06 ‘ N, 08° 40 ‘ O

Dr. Nader Maleki ist im Iran geboren und heute Vorsitzender der Maleki Group in Frankfurt. 2002 verlieh ihm der Bundesprä-sident das Bundesverdienstkreuz am Bande.

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regierung möglich. Historisch gesehen ist es so, dass es immer sehr enge Verbindungen zwischen Iran und Deutschland gab, die man teilweise jahrhundertelang zurückverfolgen kann. Die Deutschen sind in Iran sehr beliebt. „Almanie“, der „Deutsche“ ist ein positiv besetztes Wort. Die Iraner warten sehnsüchtig darauf, dass sich die deutschen Banken einbringen. Die gro-ßen halten sich wie gesagt zurück. Jetzt gibt es seit Kurzem ja auch eine dritte sehr große Bank, die DZ Bank. Sie macht erste Überweisungen über die iranisch-europäische Handelsbank.

Iran hat auch noch keinen regulären Zugang zum internationalen Zahlungsverkehr. Welche nächsten Schritte sind dort notwendig?

Dr. Maleki: Iran war vom SWIFT-System abgeschnitten. Also klappt es nicht, irgendwo einen Stecker reinzustecken,

damit alles wieder funktioniert. Das ist ein wesent-lich schwierigerer und technisch komplizierte-

rer Anlauf, bis der Zahlungsverkehr wieder läuft. Hinzu kommt auch, dass sich die Welt in Europa, die westliche Welt insgesamt, innerhalb der letzten zehn Jahre stark ver-ändert hat, vor allem durch die Folgen der Finanzkrise. Es sind so viele Regulationen und Regel-Kataloge auf den Markt gekom-

men, die natürlich auch für internationale iranische Banken gelten. Die Banken müssen

zunächst den Anschluss an den europäischen Zahlungsverkehr bekommen und zusätzlich die vie-

len Regularien berücksichtigen. Eine der wichtigsten ist KYC, Know your Customer, man muss wissen, mit wem man seine Geschäfte macht.

Vor Einführung der Sanktionen hatte Iran ein Netz von Handels-beziehungen. Wird er diese wieder aufbauen können?

Dr. Maleki: Einer der „Frontrunner“ ist Siemens, die sehr früh-zeitig in Iran gewesen sind, in Kooperation mit der AKA, die Ausfuhrkreditgesellschaft der Bundesrepublik. Dort bahnen sich erste Geschäfte an. Für den Zugang zum iranischen Markt braucht man einen iranischen Partner. Natürlich haben viele ihre alten Handelsbeziehungen aufrechterhalten. Aber das ist auch eine Generationenfrage, so wie sich hier in der Industrie die Personen ändern sind auch dort die entsprechenden Player ausgewechselt worden. Oft ist es ja so, dass sich ein neuer Marktteilnehmer nicht an die Regeln des Vorgängers hält. Aber ich persönlich würde einen Strich unter all diese Probleme ziehen und sagen, dass die Chancen wesentlich höher als die Risiken sind. Hinzu kommt ja auch noch, dass Iran ein sehr sicheres Land ist und so eine wichtige Rolle zur Stabilität der gesamten Region beitragen kann. Die Attentate in der Region um Iran gibt es in Iran zum Glück noch nicht und ich hoffe, es bleibt auch so. Für ausländische Investoren ist politische Sicherheit wichtig. Und das versucht die derzeitige iranische Regierung durch Präsident Rouhani dem ausländischen Markt zu geben.

Was sind die größten Risiken?

Dr. Maleki: Es gibt ein großes Risiko, und das ist das politi-sche Risiko. Präsident Rouhani hat die Voraussetzung für die fallenden Atomsanktionen geschaffen. Das ist aus Sicht seiner Gegner ein hoher Preis, den er bezahlt hat. Und jetzt muss er liefern. Es muss einen wirtschaftlichen Aufschwung in Iran ge-ben. Nächstes Jahr sind Wahlen und Präsident Rouhani muss dem Volk zeigen können: „Das war es wert, dass wir diesen Weg gegangen sind.“Für den ausländischen Investor ist es wichtig zu wissen, ob die Gefahr besteht, sein Geld zu verlieren. Daher ist politische Stabilität wichtig und das versucht Präsident Rouhani zu versi-chern. Das setzt voraus, dass er weiterhin an der Macht bleibt, und dass er auch liefern kann. Zudem gibt es ein gewisses Risi-ko für eine Reihe von Investoren, die noch die Wahl in den USA abwarten wollen. Aber selbst wenn Trump gewinnen sollte, werden wir ihn in der neuen Rolle womöglich anders erleben. Ich mache mir in der Hinsicht also keine Sorgen, dass das Rad zurückgedreht wird, das glaube ich einfach nicht.

Wird es auch Fonds geben, die sich an private Investoren richten? Noch haben nur institutionelle Anleger den Zugang zum iranischen Markt über Fonds.

Dr. Maleki: Es gibt mehrere Fonds in der Pipeline, das ist nur eine Frage der Zeit. Innerhalb der nächsten Monate müsste auch für Privatpersonen die Möglichkeit bestehen, in solche Fonds zu investieren. Wir haben auf unsere Konferenz den einen oder anderen Sprecher eingeladen, der so einen Fonds vertritt. Ich rechne in den nächsten Monaten damit, aber es könnten auch Tage sein. Es besteht ein großes Interesse seitens der Bundes-regierung, dass sich da was bewegt, weil die Konkurrenz nicht schläft. Während der Sanktionen haben sich die Chinesen in Iran sehr stark engagiert, genauso die Koreaner und Japaner. Wenn sie eine Monopolstellung haben, besteht oft die Gefahr, dass diese Stellung ausgereizt wird. Der chinesische Staatspräsi-dent ist unmittelbar nach Aufhebung der Sanktionen mit einer Delegation von 600 Personen in Iran gegangen, um eine ganze Reihe von Verträgen zu unterschreiben. Das liegt daran, dass es jetzt Alternativen für Iran gibt, die es vorher nicht gegeben hat. Deswegen glaube ich, dass sich auch die Bundesregierung dort bewegen muss.

Sie veranstalten selber Iran-Investmentkonferenzen. Könnten Sie ein paar Worte zu dieser Konferenz sagen?

Dr. Maleki: Wir hatten anlässlich einer Messe am 11. und 12. Juli unsere Konferenz in Teheran. Diese Messe fand dieses Jahr zum neunten Mal statt, sie heißt Fintex. Wir waren gebe-ten worden, zu dieser Messe eine Konferenz zu machen. Sie brauchen, wenn sie Konferenzen organisieren, eine gewisse Vorlaufzeit. Eine erste Konferenz hatten wir bereits im März in Teheran, wir haben bereits im Vorjahr mit der Vorbereitung begonnen, da wir schon sicher waren, dass die Sanktionen

„Mit dem Sieg von Rouhani überwiegen jetzt die Chancen.“

›Ausführliche Hinweise zu Chancen und Risiken entnehmen Sie bitte dem letztgültigen Verkaufsprospekt. Maßgeblich sind die Angaben im Verkaufsprospekt sowie der aktuelle Halbjahres- und Jahresbericht. Die Wesentlichen Anlegerinformationen, den Verkaufsprospekt sowie die Berichte in deutscher Sprache erhalten Sie kostenlos bei der Verwaltungsgesellscha� ETHENEA Independent Investors S.A., 16, rue Gabriel Lippmann, L-5365 Munsbach oder bei der DZ BANK AG, Deutsche Zentral-Genossenscha� sbank, Platz der Republik, D-60325 Frankfurt am Main.

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fallen werden. So waren wir sehr früh in Iran und haben un-sere Konferenz mit rund 2.000 Teilnehmern veranstaltet. Noch im alten iranischen Jahr, das neue iranische Jahr beginnt am 21. März. Auch dadurch haben wir uns als Maleki Group in Iran einen Namen gemacht. Wir waren früh da und hatten rund 100 Teilnehmer aus ganz Europa. Das ist eine große Zahl, es ist sehr schwierig, Personen einzuladen. Wir hatten wieder etwa 100 Personen bei der zweiten Konferenz dabei. Sie ging über drei Tage und deckt drei Bereiche ab. Den Versicherungsbereich, den Kapitalmarktbereich/die Börse und den Bankensektor. Die Vorsitzenden dieser Bereiche, also der Präsident der iranischen Zentralbank oder sein Pendant der Börsen- und Versicherungs-aufsicht nahmen an dieser Konferenz teil. Die Teilnehmerzahl

lag bei ungefähr 600 Personen.Schon 2014 haben wir eine Konferenz zum Iran organi-

siert. Da haben wir es allerdings MENA-Konferenz genannt, weil man im Internet sonst sehr ange-

feindet worden wäre. 2015 hat sich die Lage dann leicht entspannt.

Wie entstand die Idee zu dieser Konferenz?

Dr. Maleki: Die Kernkompetenz der Maleki Group sind internationale Konferenzen, jetzt

ist es so, dass Iran besonders interessant ist. Es gibt viele Konferenzen zu diesem Thema, aber

man muss sich die Programme genau anschauen. Bei unserer Konferenz Anfang des Jahres in Teher-

an war die halbe iranische Regierung anwesend, das gibt Glaubwürdigkeit. Im Oktober wird es eine Spezialkonferenz geben, die ihren Schwerpunkt auf Hotels und Shoppingcenter richtet. Iran möchte seinen Tourismus verstärken. Und da gibt es drei verschiedene Arten. Die Pilger, die nach Iran reisen, zu den wichtigen heiligen Stätten. Iran hat die besten Ärzte der Welt, also kommen viele, um sich ärztlich behandeln zu lassen. Aber es gibt auch einen großen Kulturtourismus, der gerade anläuft und Iran möchte in den kommenden zehn Jahren al-lein den Kulturtourismus von fünf Millionen auf 20 Millionen Besucher erhöhen. Dazu müssen Hotels gebaut werden. Man geht von Zahlen von 100 bis 400/500 Hotels, Drei-, Vier- oder Fünf-Sterne-Hotels aus. Zum Tourismus wollen wir im Ok-tober eine Investorenkonferenz in Iran ausrichten und laden dazu weltweit ein. Sie wollten wissen, woher meine Ideen kommen. Ich spreche nicht von Ideen, ich spreche immer von Melodien, die mir einfallen, und die muss ich zu Hits machen. Und jetzt aktuell ist Iran sehr interessant und dann kann man auch so eine Investorenkonferenz speziell für Hotels und Shop-pingcenter machen. Man darf ja nicht vergessen, Iran hat 80 Millionen junge Einwohner und ist ein reiches Land. Natürlich hat es sehr stark durch die Sanktionen gelitten. Aber wenn man bedenkt, dass das Land die größten Gasreserven der Welt hat, zu den viert größten Ölproduzenten der Welt gehört und über viele Rohstoffe verfügt, ist das sehr interessant für Investoren auch auf Projektfinanzierungsbasis. Das heißt, dass sie die Fi-nanzierung von Projekten mitbringen und die Kredite durch

den Verkauf der Rohstoffe zurückgeführt werden. Das ist ein äußerst interessanter Markt für das Ausland. Wenn Sie vorher gar nichts verkaufen konnten und jetzt auf einmal doch, dann ist es Ihnen fast egal, zu welchem Preis Sie verkaufen können. Deshalb legt Iran auch so viel Wert darauf, sein Erdöl zu ver-kaufen, auch wenn es zu so niedrigen Preisen ist.

Iran leidet also auch nicht wie viele andere Entwicklungsländer un-ter dem Rohstoff-Fluch, bei dem das Monopol der Förderung oft zu Korruption bei der Verteilung führt?

Dr. Maleki: Diese Gefahr sehe ich eher in Afrika, nicht in Iran. Das kann zum einen an der sehr starken ‚Industry of Minds’ liegen. Alle Personen, die in Iran zurzeit an der Macht sind, sind sehr gut ausgebildet. Es hat viel damit zu tun, ob man gebildete Leute an der Macht hat.

Gibt es einen bestimmten Grund dafür, dass das Bildungssystem so gut ist?

Dr. Maleki: Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Ich habe nur beobachtet, dass der Anspruch in den iranischen Ganztagsschulen sehr hoch war, besonders in Mathematik und Physik. Und wenn man bedenkt, welchen Bildungsstand Iran seit Jahrtausenden hatte, war es eine sehr kluge Entscheidung, daran auch in den Zeiten nach der Revolution nichts zu ändern. Gute Ausbildung, viele Sprachen, sehr hoher Anspruch an Ma-thematik, gute Ingenieure. Ausländische Investoren können sehr gute Arbeitskräfte in Iran für ihre Projekte gewinnen, was ja auch in der Vergangenheit schon immer der Fall war.

Erwarten Sie vielleicht sogar Bildungsmigration in Iran? Ist es denkbar, dass Studenten aus westlichen Ländern in Iran gehen, um dort Auslandssemester zu machen oder zu studieren?

Dr. Maleki: Dafür ist es noch zu früh. Aber was ich mir sehr gut vorstellen kann ist, dass die Elite, die im Ausland ist, wie-der in Iran zurückkehren wird und beim Aufbau des Landes helfen wird. Weil Sie gerade von Bildung reden: Ich bin Präsi-dent des International Bankers Forum und wir haben mit der iranischen Zentralbank eine Vereinbarung getroffen, dass wir iranische Banker ausbilden wollen. Wir werden im Rahmen von Summer-Schools anfangen. Wir haben schon Gespräche mit der Goethe-Universität geführt, mit Banken und mit der Sparkassenstiftung. Wir würden gerne bei der Ausbildung von iranischen Bankern mit sogenannten Summer Schools hier in Deutschland oder in Iran behilflich sein. Und das Gleiche kann man fortsetzen. Sodass man beispielsweise eine Allianz schafft, wo man die iranischen Techniker weiter ausbildet und auf den neuesten Stand bringt. Da haben wir Gespräche mit der TU Gießen, Aachen und der Technischen Universität München ge-führt. Und es gibt ja hier die TÜV-Akademie in Frankfurt, das ist noch ein bisschen früh, aber ich habe vor, die TÜV-Akade-mie zu besuchen. Ich glaube, dass wir auch in diesem Bereich unseren Beitrag leisten können. //

„Mir fallen Melodien ein, die ich zu Hits machen muss.“

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Diesen November ist die marokkanische Stadt Marrakech Gastgeber der ersten weltweiten Kli-maverhandlungen, seit sich bedeutende globale Regierungsvertreter letztes Jahr in Paris zum

historischen Klimaabkommen versammelt haben. Die Tref-fen sind ein Schritt von Hoffnung zu Handeln, um eine der wichtigsten Herausforderungen anzugehen, die wir derzeit erleben. Das Pariser Klimaabkommen markiert einen Mei-lenstein hin zu einer Welt des stabilen Wachstums mit we-niger Kohlendioxid-Ausstoß, 180 Länder haben sich einer grüneren Zukunft verschrieben.

Marokko ist ein geeigneter Tagungsort; in der Ouarzaza-te Wüste, nur einige Stunden von Marrakech entfernt, glitzern eine halbe Million Solar-Panele unter der marokkanischen Son-ne, die weltgrößte Concentrated-Solar-Power-(CSP)-Anlage − Noor-Ouarzazate, die man sogar vom Weltraum sieht. CSP ist bei Experten erneuerbarer Energien beliebt, weil es verlässlich große Mengen Strom liefert, auch wenn die Sonne nicht scheint. Die Technologie ist so vielversprechend, dass die Internationale Energie Agentur schätzt, dass in 2050 bis zu elf Prozent des welt-weit generierten Stromes von CSP-Anlagen kommen könnten. Das ist besonders für den Mittleren Osten und Nordafrika inter-essant − Regionen mit reichlich Sonnenschein.

Der Climate Investment Funds (CIF), die African Develop-ment Bank (afrikanische Entwicklungsbank) und die Weltbank haben den Noor-Ouarzazate-Komplex gemeinsam unterstützt. Dafür engagiert hat sich die Marokkanische Behörde für Solar- energy (Morocco’s Agency for Solar Energy; MASEN). 435 Mil-lionen Dollar des CIF, zusammen mit dem 700 Millionen Dollar der afrikanischen Entwicklungsbank und der Weltbank trugen zu den insgesamt über drei Milliarden Dollar bei, die in das Pro-jekt geflossen sind. Ausländische und multilaterale Investoren, zu denen auch die deutsche Entwicklungsbank KfW gehört, ha-ben ebenfalls investiert. Unabhängige Untersuchungen haben ergeben, dass die günstigen Schulden die Kosten für die CSP in Marokko um 25 Prozent im Fall von Noor I und um zusätzli-che zehn Prozent bei Noor II und Noor III senken. So verringert sich auch die Regierungssubvention, die die Finanzierungslücke schließen muss.

Im Februar wurde die erste Phase der drei Anlagen offiziell eingeleitet, von Ihrer Majestät Mohammed VI. von Marokko. Ab ihrer Fertigstellung in 2018 werden die Anlagen genügend Energie für über eine Million Marokkaner herstellen. Es wird geschätzt, dass 500 Megawatt installierte Kapazität erreicht wer-den, die die marokkanische Abhängigkeit von Öl um 2,5 Milli-onen Tonnen Öl reduzieren könnte, während gleichzeitig die Kohlendioxid-Emissionen um 760.000 Tonnen pro Jahr gesenkt werden. Bis 2020 plant die Regierung, zwei Gigawatt Solarenergie zu produzieren, was ungefähr 38 Prozent der aktuell installierten Kapazität entspricht.

Noor-Ouarzazate wurde unter einer Public-Private Partner- ship mit dem marokkanischen Unternehmen ACWA Power In-ternational entworfen. Public Private Partnerships können eine höhere Effizienz und mehr Nachhaltigkeit in die Bereitstellung von Gütern des öffentlichen Sektors (wie Energie) bewirken,

wenn sie richtig implementiert werden und das regulatorische Umfeld ausgewogen ist.

So liest sich auch die Evaluierung Moo-dy’s über den Einfluss des Projektes auf die marokkanische Wirtschaft wie eine einzige Erfolgsgeschichte: „Die Nutzung heimischer Ressourcen erneuerbarer Energien ist aus der Sicht der Nachhaltigkeitsperspektive positiv, während zur gleichen Zeit die marokkanische Sensibilität der Außenhandelsbilanz gegenüber höheren Energiepreisen abnimmt. Ein Beden-ken im Hinblick auf innovative Technologien ist Kosteneffizienz und Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Energiequellen. Be-sonders in Zeiten, in denen der Verbrauch um sieben Prozent pro Jahr steigt. Doch Marokko konnte sich günstige Finanzierungsbedingun-gen für das Noor-Projekt sichern. Die Public- Private-Sponsorship-Struktur reduzierte die Subventionskosten der Regierung von 60 Mil-lionen unter kommerziellen Finanzierungsbe-dingungen auf 20 Millionen pro Jahr.“

Das Projekt ist vollkommen auf die wirt-schaftlichen Entwicklungsziele Marokkos abgestimmt. Für mindestens 35 Prozent der Gesamtkosten müssen marokkanische Ver-tragspartner eingesetzt werden, das führte zu schätzungsweise 11.000 neuen Stellen. Ein gutes Beispiel einer finanziellen, sozialen und umweltfreundlichen nachhaltigen Entwick-lung des Energiesektors, die hilft, saubere und grüne Arbeitsstellen zu schaffen, in einem Ge-biet des Landes, in der die Armutsrate über 20 Prozent liegt.

Genauso wichtig ist, dass das Projekt die Bestimmtheit des Landes unterstreicht, die Abhängigkeit von fossilen Brennstof-fen zu reduzieren, mehr erneuerbare Energien zu nutzen und sich hin zu einer Wirtschaft mit geringen Kohlendioxid-Emissi-onen zu entwickeln.

Dennoch können hohe Technologie-Kosten und eine be-grenzte Anzahl an CSP-Muster-Projekten Investoren abschre-cken, insbesondere wenn es sich um Investitionen in Entwick-lungsländern mit höheren Risiken handelt. Um die ökonomische und technologische Funktionalität von CSP zu beweisen, braucht man wegweisende Projekte wie die Noor-Anlage. Sie demons- trieren, dass Vorzugsfinanzierungen das öffentliche und private Interesse wecken. Ohne diese Investitionen könnten die CSP-Pro-duktionsanlagen nicht zu attraktiven Kosten gebaut werden.

Auch der marokkanischen Regierung, die das regulatorische Rahmenwerk geschaffen hat, gebührt Anerkennung. Die Gesetz-gebung hat Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Sektoren unterstützt und Verträge, Investitionen und Prozesse rationalisiert. MASEN sagt voraus, dass Noor-Ouarzazate mit seiner Fertigstellung die Kosten von CSP schon durch Skalenef-fekte gesenkt haben wird. Das wird auch ändere Länder in der

Region dazu veranlassen, ernsthaft über diese alternative Energiequelle nachzudenken, um ihre Abhängigkeit von importierten Erdöl zu reduzieren.

Obwohl Investitionen in saubere Energie 2015 mit 329 Millionen Dollar Rekordhöhen er-reicht haben, braucht es wegweisende Objekte wie den Noor-Komplex, um die Beteuerungen von Paris Wirklichkeit werden zu lassen. Ein unterstützendes Umfeld und günstige Finanzie-rungsquellen vereinfachen die Beteiligung des privaten Sektors, ohne den Skaleneffekte nicht erreicht werden können.

Dafür wurde das CIF entworfen − um risiko- bereite, Langzeit- und Vorzugsfinanzierungen auf einer großen Skala anzubieten, um Klima- projekte zu unterstützen und um es anderen zu ermöglichen, zusätzliche Gelder, Expertise und Innovationen beizusteuern. Mit 5,6 Milli-arden Dollar bietet der Clean Technology Fund (CTF) das größte Finanzierungsfenster des CIF für emissionsarme-Energien. Jeder CTF Dollar, der in erneuerbare Energien-Projekte investiert wird, mobilisiert neun Dollar aus unterschied-lichen Quellen wie dem öffentlichen und priva-ten Sektor, multilateralen Entwicklungsbanken und anderen multilateralen- und bilateralen Quellen.

Recherchen des Brookings Instituts zeigen, dass die Welt in den nächsten 15 Jahren 90 Billi-onen Dollar in nachhaltigen Infrastruktur-Anla-gen investieren muss, das übersteigt das Zwei-fache des vorhandenen Bestandes. Eine große Herausforderung, nicht nur aufgrund des Volu-

mens, konkurrierende Prioritäten beschränken auch die verfüg-baren öffentlichen Ressourcen.

Letzten Juni hat der Verwaltungsrat des CIF den CTF darum gebeten, einen Finanzierungsmechanismus zu erstellen, basie-rend auf dem aktuellen Geschäftsmodell. Private Kapitalquellen sollen mit dem existierenden Vermögen angezogen werden. Solche Innovationen werden benötigt, um die verfügbare Förde-rung für die Infrastruktur im 21. Jahrhundert von Milliarden auf Billionen aufzustocken.

Institutionelle Investoren sind risikoscheu, wollen aber den-noch ein grüneres Portfolio aufbauen. Der CTF bietet diese Mög-lichkeit und unterstützt so Entwicklungsländer, finanziell ihre Niedrigemissionspläne zu verfolgen. //

Energie, die man aus dem Weltraum sieht

In der Ouarzazate Wüste entsteht die größte Solar Anlage der Welt; Hoffnung für Marokko und das globale Klima.

Autor: Mafalda Duarte, Washington

CTF PORTFOLIO

6,1 Mrd. $verteilt auf

123 Projekte48 Mrd. Dollar erwartete Ko-Finanzierung

Zugelassene CTF Förderung

3,5 Mrd. $

für die Umsetzung zugelassen

76 Projekte32 Mrd. Dollar Ko-Finanzierung

CTF Ko-Finanzierungs-Quellen

24 % Bilateral und andere

13 % Regierung

33 % Privat-sektor

30 % Neue Entwick-lungsbanken

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~ MAROKKO ~

MAFALDA DUARTEWASHINGTON D.C 38° 54 ‘ N, 77° 02 ‘ W

Mafalda Duarte ist Managerin und Sprecherin des Climate Investment Funds (CIF). Sie hat vorher u.a. für die Weltbank gearbeitet.

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Die Noor-Ouarzazate- Solaranlage in der marokkanischen Wüste ist die weltgrößte CSP Anlage.

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Die Schwellenmärkte gehören weiterhin zu den dynamischsten und am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften. Die Wachstumsrate ihrer Bruttoinlandsprodukte übertrifft das BIP-Wachs-

tum der Industrieländer mit Leichtigkeit − und das trotz der vielbeschriebenen Konjunkturabkühlung in manchen Län-dern. Ich bin der Ansicht, dass die Herausforderungen, de-nen manche Länder, Branchen und Unternehmen gegenüber stehen, wie zum Beispiel Energieversorger und chinesische Banken, die Notwendigkeit eines aktiven Managementan-satzes unterstreichen, wenn es um die Erwirtschaftung von Renditen geht.

Mein Team und ich sind der Auffassung, dass börsenno-tierte Aktien aus Schwellenmärkten mit geringer Marktkapi-talisierung anhaltend starkes Wachstum bei attraktiven Be-wertungen bieten. Dass Small Caps als Anlageklasse von den meisten Anlegern übersehen werden, ist teilweise auf fal-sche Vorstellungen im Hinblick auf die Volatilität und Liqui-dität dieses Anlageuniversums zurückzuführen. In diesem Beitrag möchte ich auf Vorteile eingehen, die Small Caps aus Schwellenmärkten bieten. Unter strukturellen Gesichts-punkten verschaffen sie Anlegern die Chance, in Tausende

von Unternehmen mit reichlich Liquidität zu investieren. Kleinere Unternehmen werden normalerweise nur un-zureichend analysiert und finden sich kaum in den Portfolios auslän-discher Anleger wieder, was zu Marktineffizi-enzen führt, die ausge-nutzt werden können.

Ferner ergänzen die verschiedenen Arten von Small-Cap-Unter-nehmen das Large Cap Segment in den Schwel-lenländern. Insbeson-dere Unternehmen in Branchen wie Gesund-heitswesen und Kon-sumartikel, die von der

demografischen Entwicklung und der wachsenden Mittel-schicht profitieren, finden wir derzeit attraktiv.

Die jüngste Verkaufswelle in den Schwellenmärkten bot uns eine besonders attraktive Gelegenheit zum Kauf von günstig bewerteten Titeln. Darüber hinaus besteht bei Small Caps im Allgemeinen ein stärkerer Bezug zum lokalen Markt. Auf die Weise kann die Korrelation zu höher kapitalisierten Aktien verringert werden. Diese Unterschiede tragen dazu bei, dass die Volatilität der Anlageklasse der Small Caps in verschiedenen Zeiträumen vergleichbar oder niedriger aus-fällt als die der Large Caps.

Die Anlageklasse ist in unseren Augen weit entfernt von einem Nischenprodukt, obwohl sie im Allgemeinen als ein solches wahrgenommen wird. Sie repräsentiert mehr als 23.000 Unternehmen mit einem Börsenwert von insgesamt fast fünf Billionen US-Dollar und einem täglichen Umschlag von fast 60 Milliarden US-Dollar, was einen erheblichen An-teil an der Liquidität und Marktkapitalisierung der Schwel-lenmärkte insgesamt ausmacht. Dadurch bietet sich reich-lich Gelegenheit, fehlbewertete Unternehmen zu entdecken.

Ein weiterer Pluspunkt dieser Anlageklasse ist ihre Ge-samtliquidität, die weitgehend vergleichbar ist mit der Liqui-dität von Aktien mit hoher Marktkapitalisierung.

Tatsache ist, dass Small Caps aus Schwellenmärkten sich überdurchschnittlich oft im Besitz von inländischen Privat- anlegern befinden, die in der Regel häufiger handeln als ausländische institutionelle Anleger. Ferner ist der Anlage-zeitraum meist weit kürzer, was einen Liquiditätsschub zur Folge hat.

Im Zuge des Erfolges der Schwellenmärkte als global agie-rende Volkswirtschaften, wurden die meisten dieser Länder immer stärker in die Weltwirtschaft integriert. Infolgedes-sen haben die größten und erfolgreichsten Unternehmen ihre Geschäftsaktivitäten über die Grenzen ihrer Heimmärk-te hinaus erweitert und exportieren sowie investieren welt-weit. Dementsprechend werden die Börsenkurse oft nicht mehr vorrangig von inländischen Faktoren beeinflusst. Ein Unternehmen wie Samsung Electronics zum Beispiel erwirt-schaftet einen deutlich höheren Anteil seines Umsatzes in den USA als in Südkorea.

Im Gegensatz dazu bieten Small Caps aus Schwellenmärk-

ten genau das Engagement, das diese Märkte überhaupt erst für Anleger attraktiv macht: eine hohe Binnennachfrage, die günstige demografische Entwicklung, lokale Reforminitiati-ven und innovative Nischenprodukte. Dies sind die oft die ersten Treiber des Wachstums.

Der MSCI Emerging-Markets-Index (ein Index für Large Caps) wird überproportional von Banken, Energieunterneh-men, Telekommunikations- unfVersorgungsbetrieben do-miniert. Diese Sektoren sind in der Regel weit stärker von weltweiten oder nationalen Konjunkturtrends betroffen, zum Beispiel dem Ölpreis oder der Regierungspolitik. Darü-ber hinaus ist der Anteil staatlicher Unternehmen unter den Large-Cap-Aktien weit höher.

Small Caps aus Schwellenmärkten sind in der Regel in Branchen mit höherem Wachstum investiert, wie zum Bei-spiel zyklische Konsumgüter und Gesundheitswesen. Solche Unternehmen sind eher lokal ausgerichtet und Marktführer innerhalb kleinerer Branchen.

Die erfolgreichsten Unternehmen nutzen ihre lokale Stärke, um international zu expandieren und damit im Lau-fe der Zeit einen Übergang zum Mid-Cap oder sogar Large- Cap-Unternehmen zu erreichen. //

Apotheke in China: Small Caps in Schwellenländern sind häufig im

Gesundheitssektor zu finden.

Schwellenmarkt-Investment? Bitte in Small Caps!

Small Caps aus den Schwellenmärkten zeigen deutliches Wachstumspotenzial in der heutigen Investmentlandschaft. Dynamik und ein gutes Risiko-Ertrags- Verhältnis machen die Anlageklasse für Investoren attraktiv.

Autor: Dr. Mark Mobius, Singapur

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DR. MARK MOBIUSSINGAPUR 01° 21 ‘ N, 103° 49 ‘ O

Dr. Mark Mobius ist Executive Chairman der Templeton Emerging Markets Group in Singapur und seit 1987 bei Templeton.

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Das Family Office: Fluch oder Segen?

Das Family Office hilft insbesondere Familienunternehmern, ihre Vermö-gensanlage zu managen. Die Schnittstel-lenfunktion zwischen der Familie und ihrem Vermögen führt jedoch häufig zu Governance-Problemen.

Autor: Michael Gaska, St. Gallen

Christian Gritzka (links) und Alexander Daniels von der Hamburger Knapp Voith Vermögens-verwaltungs AG. Der unabhängige Vermögensverwalter entstand 1998 aus dem privaten Family Office einer Industriellenfamilie. Heute verwaltet das Unternehmen Vermögen in einer Höhe von über 100 Millionen Euro.

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In unserer heutigen globalisierten Welt verzeichnen wir einen steten Zuwachs an privaten Vermögen. Da-mit geht eine zunehmende Komplexität der Vermögen einher, die sich in stärker diversifizierten Anlagen der

Vermögensinhaber und ihrer Unternehmerfamilien wider-spiegelt. Das Family Office stellt eine in jüngerer Zeit sehr häufig zu beobachtende Organisation dar, mit der die gestie-genen Wealth-Management-Bedürfnisse der Vermögensin-haber erfüllt werden sollen.

Da der Begriff des Family Office inflationär genutzt wird und schon lange nicht alle Family Offices tatsächlich dieses Prädikat verdienen, lohnt sich ein kurzer Blick auf die Charakteristiken. Obgleich jedes Family Office so divers ist wie die Erwartungen und Bedürfnisse der Familie, die hinter ihm steht, kann man es als Organisation beschreiben, die sich in Familieneigentum befindet und neben klassischen Investmentthemen für eine oder mehrere Familien, auch wesentliche nicht-finanzielle Dienste erbringt, wie beispiels-weise das Heranführen der Next Generation an Unterneh-mertum und Investmentthe-men. Das Family Office ist damit mehr als nur ein reines Investmentoffice. Es trägt durch das Management des Vermögens sowie komplexer Familienverhältnisse wesent-lich dazu bei, neben dem Ver-mögens- auch den Familienzusam-menhalt über Generationen hinweg zu sichern. Aufgrund seiner Schnitt-stellenfunktion zwischen der Familie und ihren privaten sowie betrieblichen Assets stellt das Family Office Vermögensinhaber regelmäßig vor Governance-Herausforderungen, die ihrerseits in nicht uner-heblichen Kosten münden. Im Rahmen unserer Forschung am Center for Family Business der Universität St. Gallen finden wir in diesem Zusammenhang zwei zentrale Kostenarten: Family Blockholder-Kosten und Double-Agency-Kosten.

Family-Blockholder-Kosten entstehen durch Konflikte in-nerhalb der Familieneigentümerschaft, den sogenannten Family Blockholdern. Wir beobachten, dass Familien nicht unbedingt als unitäre Akteure agieren, sondern einzelne Familienmitglie-der Meinungen und Einstellungen vertreten, die im Konflikt zu-einander stehen, wenn es zum Beispiel um Investmentthemen und die Strategie des Family Office geht. Jedes Familienmitglied versucht dabei, seinen eigenen Nutzen zu maximieren, der sich nicht nur aus rein rationalen und ökonomischen, sondern insbe-sondere aus nicht-ökonomisch motivierten Handlungen speist. So beobachten wir, dass Familienmitglieder ihr sozio-ökonomi-sches Vermögen, etwa ihre Reputation, um jeden Preis bewah-ren möchten und hierfür überproportionale Geschäftsrisiken in Kauf nehmen. Vermögensinhaber versuchen somit, Verluste in

ihren nicht-ökonomischen Werten zu verhindern, auch wenn durch diese individuellen Präferenzen das eigene ökonomische Vermögen sowie das der anderen Family Blockholder gefährdet wird. Solche Interessenkonflikte zwischen Familienmitgliedern kreieren Misstrauen und verhindern eine Angleichung der Inte-ressen innerhalb der Familieneigentümerschaft. Empirische Er-kenntnisse zeigen, dass negative innerfamiliäre Dynamiken sub-stanzielle negative Auswirkungen auf Entscheidungsprozesse, interne Betriebsabläufe und letztendlich auch auf die Performan-ce von Familienunternehmen haben. Die hierdurch verursach-ten indirekten Kosten im Family Office bezeichnen wir daher als Family-Blockholder-Kosten.

Double-Agency-Herausforderungen hingegen entstehen wenn Entscheidungsbefugnis im Rahmen des Wealth

Managements entlang zweier Hierarchie- ebenen delegiert wird, wie etwa von der

Familie zum Family Officer und vom Family Officer zu untergebenen in-

ternen oder externen Asset Ma-nagern. Hier ist die gemeinhin angenommene Verlängerung der Kontrolle von der Bezie-hung zwischen dem Prin-zipalen und Family Officer auf die Beziehung Prinzipal Asset Manager nicht gegeben. Hierarchien per se ermögli-chen keine Angleichung von

Interessen zwischen der Fami-lie und ihren Family-Office-Mit-

arbeitern. Vielmehr beobachten wir einen Kontrollverlust der Ver-

mögensinhaber, der sich insbesondere innerhalb der zweiten Hierarchieebene der

Asset Manager zeigt und Türen für opportunis-tisches Verhalten dieser Mitarbeiter öffnet. Asset Ma-

nager können zusammen mit dem Family Officer Absprachen treffen und ein sogenanntes Empire Building betreiben, indem Informationen nur sehr selektiv und zum eigenen Vorteil an die Eigentümerfamilie weitergeben werden. Ein Phänomen, das be-sonders an Relevanz gewinnt, je weniger Investment-Know-how die Familie besitzt und das entsprechende Monitoring- und In-centivierungsmaßnahmen erfordert. Kosten für die Gegensteue-rung opportunistischen Verhaltens sowie Kosten, die direkt oder indirekt durch Opportunismus auf Seiten der Family-Office-Mit-arbeitenden entstehen und damit unmittelbar das Familienver-mögen minimieren, bezeichnen wir als Double-Agency-Kosten.

Unsere Erfahrung zeigt, dass sowohl die Herausforderun-gen als auch die resultierenden Governance-Kosten maßgeblich von der Struktur des Family Offices abhängen und damit von der Art und Weise, wie Assets und Familie gemanagt werden. Zwei prominente Typen von Family Offices, anhand derer die Unterschiede in den Governance-Herausforderungen und Kos-ten nachvollzogen werden können, sind das Single Family Office und das sogenannte Embedded Family Office. Letzteres ist eine

informelle und damit kaum institutionalisierte Organisation, die, wie die Bezeichnung bereits suggeriert, in das bestehende Famili-enunternehmen eingebunden ist. Private Vermögenswerte wer-den als Teil des Geschäftsvermögens aufgefasst und von loyalen sowie langjährigen Mitarbeitern des Familienunternehmens ver-waltet. In der Regel ist es der CFO, der das Wealth Management der Familie zusätzlich zu seinen Corporate Tasks übernimmt. Die Beliebtheit und die Häufigkeit dieses Family Office Typs resultieren aus dem Trade-off zwischen einer vermeintlichen Professionalisierung der Vermögensverwaltung und Kostensyn-ergien. Zu häufig stellen sich die Kostenvorteile eines Embedded Family Offices jedoch als Trugschluss heraus. Nicht vorhandene formale Governance-Mechanismen sowie unklare Verantwort-lichkeiten führen regelmäßig zu unerwarteten indirekten Kosten in Form von Ineffizienzen. Anzuführen ist hier der Interessen-konflikt, dem der CFO als Embedded Family Officer aufgrund der Tatsache ausgesetzt ist, dass er zwei Herren dient: Auf der ei-nen Seite dem CEO des Familienunternehmens, auf der anderen Seite der Familie im Rahmen des privaten Wealth Managements. Während es beispielsweise im Interesse seiner Funktion als CFO ist, Dividenden zu thesaurieren und im Unternehmen zu inves-tieren, mag es im Interesse der Familienmitglieder sein, Dividen-den auszuschütten. Diese Interessenkonflikte stellen den Em-bedded Family Officer regelmäßig vor ein Dilemma. Die damit einhergehende mangelhafte Priorisierung von Unternehmens- und Familienaufgaben und entsprechende Überforderungs-anzeichen des Embedded Family Officers sind bei Embedded Family Office Strukturen ernstzunehmende Kostentreiber. Ebenso verhält es sich mit fachlichen Fehlern des CFO in der Vermögensanlage, die direkte Kosten in Form von Vermögens-schäden nach sich ziehen, da seine Kompetenzen auf dem Gebiet des Wealth Managements oft mangelhaft sind.

Das Single Family Office ist im Gegensatz zum Embedded Family Office eine rechtlich eigenständige und hoch institutio-nalisierte Organisation und stellt dabei eine signifikante Professi-onalisierungsstufe des Wealth Managements von Unternehmer-familien dar. Es wird in der Regel mit dem Wunsch gegründet, betriebliche Assets von privaten zu separieren und Non-In-vestment-Risiken mittels formaler Governance-Strukturen zu minimieren, wie Diskretions- und Vertraulichkeitslücken im Handling sensibler familiärer Daten. Die Mitarbeiter eines Sing-le Family Offices sind im Unterschied zum Embedded Family Office an offizielle Arbeitsverträge des Offices gebunden und führen ihre Wealth-Management-Tätigkeiten damit auf formeller Basis durch. Substanziell sind jedoch die Auslagen, die Vermö-gensinhaber für den Betrieb eines eigenen Single Family Offices in Betracht ziehen müssen, wodurch dieser Typ von Family Of-fice nur für sehr bedeutende Familienvermögen eine realisierba-re Alternative darstellt.

Wie unterscheiden sich nun die Governance-Herausforde-rungen und die resultierenden Kosten zwischen Embedded und Single Family Offices? Die Intensität der Family-Blockholder Herausforderungen und der entsprechenden Kosten hängt maß-geblich vom Grad der Institutionalisierung eines Family Offices ab. Dort ist das Embedded Family Office klar im Nachteil ge- ›

CFO (Embedded Family Office)

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INTERESSENKONFLIKTE ZWISCHEN FAMILIENMIT-

GLIEDERN KREIEREN MISSTRAUEN UND VERHINDERN EINE

ANGLEICHUNG DER INTERESSEN INNERHALB DER FAMILIEN-

EIGENTÜMERSCHAFT. Teilnehmer einer Tagung „Familienunternehmen im Dialog“ des Center for Family Business der Universität St. Gallen

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genüber einem Single Family Office. Embedded-Family-Office- Strukturen lassen sich durch eine geringere Anzahl und sogar nicht-existente formale Governance-Instrumente charakterisie-ren, sodass Boards, Committees, Regularien und Statuten oft fehlen, die nicht nur häufiger Konflikte innerhalb der Famili-eneigentümerschaft entstehen lassen, sondern auch die Bewäl-tigung und Schlichtung massiv erschweren. Entsprechend gra-vierend sind die Konsequenzen für das Familienvermögen und den Betrieb eines solchen Embedded Family Office: Nicht nur, dass Familienmitglieder eine Abwärtsspirale einleiten können, in der das Vermögen durch opportunistisches Verhalten eini-ger Mitglieder auf Kosten anderer verwässert und im Zeitver-lauf vernichtet wird; vielmehr werden die ohnehin schon durch fehlende eindeutige Verantwortlichkeiten belasteten Embedded Family Office Mitarbeiter, die zwischen dem Familienunter-nehmen und den privaten Assets der Familie stehen, zusätzlich mit Problemen in der Findung gemeinsamer familiärer Invest-ment-Entscheidungen konfrontiert. Das Single Family Office be-inhaltet dagegen ein breites Spektrum an dedizierten formalen Governance-Mechanismen, die koordinierend und vermittelnd wirken. In Kombination mit klaren Verantwortlichkeiten im Wealth Management entstehen Konflikte innerhalb der Familien- eigentümerschaft seltener und können effizienter geschlichtet werden. Das Single Family Office ist somit niedrigeren Family Blockholder-Kosten ausgesetzt, als dies beim Embedded Family Office der Fall ist. Im Rahmen unserer Forschung wird zudem deutlich, dass diese Kostenvorteile des Single Family Office

tendenziell mit der Familienkomplexität zunehmen, hiermit ist die Anzahl der im Family Office beteiligten Familienmitglie-dern und Stämme gemeint. Mit der Komplexität steigt das Kon-fliktpotenzial und umso schwieriger wird die Schlichtung von Fehden, gerade im Embedded Family Office. Zudem steigen die Kostenvorteile des Single Family Offices, je unausgeglichener die Nachfrage seitens einiger Familienmitglieder nach Family Office Dienstleistungen ist. So beobachten wir, dass Teile der Familie einseitig ihre Nachfrage nach Dienstleistungen des Fa-

mily Offices erhöhen. Die anderen Familieneigentümer sind be-nachteiligt, da sie erstens nicht von diesen Diensten profitieren und zweitens finanziell dafür aufkommen müssen. Insbesonde-re im Embedded Family Office sind die Auswirkungen deutlich zu spüren. Fehlende Regulatorien in Bezug auf die Art und den Umfang der zur Verfügung gestellten Dienstleistungen sowie nicht existente Vorgaben zu deren Verrechnung, da entstehen-de Kosten im Familienunternehmen anfallen, schaffen starke Anreize für eine Eskalation der Nachfrage. Dieses Wetteifern nach Diensten führt zu einer noch stärkeren Arbeitsbelastung der Embedded-Family-Office-Mitarbeiter und der destruktiven Sinnfrage: Ist das Unternehmen für die Familie da, oder die Fa-milie für das Unternehmen?

Double-Agency-Herausforderungen und entspre-chende Kosten entwickeln dagegen im Single Family Office eine höhere Intensität, da hier die Überwachung der Family- Office-Aktivitäten für Vermögens- inhaber mit größeren Hürden verbunden ist und somit mehr Raum für opportunistisches Verhalten der Angestellten vorhanden ist. Die rechtliche Eigenständigkeit sowie eta-blierte Strukturen und Hier-archien des Single Family Of-fices fungieren als elementare Kontrollbarrieren, die es der Familie erschweren, die Mitar-beiter und deren Tätigkeiten zu überwachen und kontinuierlich Informationen aus erster Hand zu bekommen. Besondere Herausforde-rungen ergeben sich dabei bei externen Asset Managern, die nicht zur Belegschaft des Single Family Office gehören. Dieses Umfeld bietet deutlich höhere Anreize für die Family-Office-Beteiligten, auf Kosten der Familie zu agieren, als dies beim Embedded Fa-mily Office der Fall ist. So kommt es beispielsweise vor, dass externe Dienstleister zusammen mit dem Single Family Officer Absprachen treffen. Unabhängig von den Bedürfnissen der Ver-mögensinhaber werden Produkte gekauft, für die der Family Officer mit Kickbacks belohnt wird. Aber auch intern machen Asset Manager und Single Family Officer gemeinsame Sache auf Kosten des Familienvermögens. Im Embedded Family Of-fice beobachten wir opportunistische Aktivitäten seltener. In der Regel werden vertrauenswürdige Personen mit dem Wealth Management betraut, zu denen jahrelang gewachsene, vertrau-ensvolle Beziehungen und emotionale Bindungen existieren. Der Embedded Family Officer und seine Kollegen stellen sich dabei als besonders loyal zur Eigentümerfamilie heraus. Zudem hat die Familie durch das Fehlen von Hierarchien und formel-len Strukturen bessere Überwachungsmöglichkeiten, wodurch Opportunismus und damit Double Agency Kosten minimiert werden können. Unsere Erkenntnisse zeigen jedoch auch, dass

die Vorteile des Embedded Family Offices gegenüber dem Single Family Office bei Double Agency Kosten zum Nachteil umschla-gen können, wenn der Embedded Family Officer das Vertrau-en der Familie missbraucht. So könnte er etwa Schweigegelder einfordern und drohen, private und persönliche Information öffentlich preiszugeben. Der Anreiz für solch opportunistisches Verhalten im Embedded Family Office ist nicht zu unterschät-zen. Aufgrund des gewachsenen Vertrauensverhältnisses und der emotionalen Bindung geben Familien in Embedded Family Office Strukturen häufig bedeutendere private Informationen heraus als dies bei rationalen Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Bezie-hungen im Single Family Office der Fall ist. Zudem ist die recht-liche Sanktionierung von Fehlverhalten der Embedded Family

Office Mitarbeiter aufgrund des informell praktizier-ten Wealth Managements und entsprechend

fehlender dedizierter Arbeitsverträge erschwert. Weitere Kostennachteile

im Embedded Family Office entste-hen, wenn der Embedded Family

Officer gegenüber der Familie Kompetenzvorteile in Invest- mentthemen hat und diese auf Kosten des Familienver-mögens geltend macht. Ins-besondere wenn die Vermö-gensinhaber Entscheidungen des Family Officers nicht kritisch reflektieren können

und Governance-Instrumente, wie etwa Investment Commit-

tees fehlen, die die Entscheidun-gen des Embedded Family Officers

bewerten und korrigierend eingreifen könnten, sind destruktive Konsequenzen

auf das Vermögen zu erwarten. Wir sehen, dass unter solchen Bedingungen Family Officer nicht im-

mer den von der Familie geforderten objektiven Investmentrat geben, sondern Investmententscheidungen in der Weise beein-flussen, dass diese ihnen unmittelbar zu Gute kommen. Neben der Favorisierung von Investments, die die größten Kickbacks generieren, ist zunehmend das Phänomen des Front-Running zu nennen, bei dem der Family Officer seine privaten Invest-ments mit Mitteln der Familie absichert.

Sowohl Family-Blockholder-Kosten als auch Double-Agency- Kosten sind substanzielle Herausforderungen, die es bei Grün-dung und Betrieb eines Embedded oder Single Family Offices zu beachten gilt. Ziel von Vermögensinhabern und deren Un-ternehmerfamilien sollte es sein, diese Kosten ausgehend von den individuellen Vermögens- und Familienverhältnissen steu-ern zu können und sie soweit als nur möglich zu reduzieren. Eine stärkere Kontrolle sowie Implementierung von Monito-ring-Maßnahmen ist ein denkbarer Weg. Unsere neueste Studie am Center for Family Business zeigt, dass die Incentivierung der Family Office Mitarbeitenden und die Errichtung adäquater Anreizesysteme eine effektivere Möglichkeit darstellen kann. //

MICHAEL GASKAST. GALLEN 47° 15 ‘ N, 09° 15 ‘ O

Michael Gaska ist Projektleiter und Doktorand am Center for Family Business der Universität St.Gallen. Innerhalb seiner Funktion verantwortet er die Family

Office Aktivitäten des Centers in Praxis und Forschung. Neben der Beratung von Unternehmerfamilien und Ser-vice Providern auf dem Gebiet der Family Office Gover-nance, managt er das St.Galler Family Office Forum für Prinzipale und deren Single Family Officer. Das Forum findet zweimal jährlich in Zürich statt und fördert den Erfahrungsaustausch sowie Best Practices über reine Investmentthemen hinaus. Michael Gaska ist zudem

Co-Autor des zusammen mit EY und der Credit Suisse verfassten „Family Office Guide 2016“, einem Handbuch für Unternehmerfamilien, die Family-Office-Gründungs- oder -Professionalisierungsabsichten besitzen. Wesent-

liche Erfolge erzielt er auch in der akademischen Family Office Forschung. Für seine Dissertation „Financial

challenges of Family Businesses and Entrepreneurial Fa-milies“ wurde ihm der Best Doctoral Paper Award 2015

der European Academy of Management verliehen. Michael Gaska hält einen Bachelor- und Masterabschluss

der Universität Mannheim in Betriebswirtschaftslehre mit Austauschsemestern an der Handelshochschule

Warschau sowie Wirtschaftsuniversität Wien.

www.kmu.unisg.ch/de

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Der Politik Beine machen

Die Wirtschaft braucht Familienunterneh-men, die langfristig orientiert und nach-haltig handeln. Doch die zunehmende Regulierung belastet sie mehr und mehr.

Autor: Lutz Goebel, Berlin

Deutschlands Unternehmenslandschaft ist einzigartig. Über 90 Prozent aller hier ansässigen Unternehmen sind Familienunternehmen. Zum einen befindet sich das Unternehmen ganz oder aber mindestens

zur Hälfte im Eigentum einer oder mehrerer Familien. Zum an-deren rekrutiert sich die Führungsebene dieser Unternehmen ganz entscheidend aus den Inhaberfamilien. Eigentum steht nicht für sich allein, sondern wird durch eine unternehmerische Verantwortung ergänzt. Diese Wertekombination unterscheidet Familienunternehmen von anderen Betrieben und beeinflusst ihr Handeln auf vielfältige Weise.

Familienunternehmen verfolgen langfristige Strategien und so basieren Unternehmensentscheidungen auf nachhaltigen Grundsätzen. Sie verfolgen langfristige Perspektiven und denken nicht nur in Quartalen oder Legislaturperioden. Die Langfristig-keit führt zu einem weiteren essenziellen Merkmal: Das Bestre-ben, den Betrieb an nachfolgende Generationen zu übergeben und es so über viele Jahrzehnte erfolgreich zu erhalten.

Familienunternehmer sind in ihren Regionen tief verwurzelt. Sie empfinden eine besondere Verantwortung für ihre Mitarbei-ter, die es ihnen oft mit jahrelanger Treue danken. Gleichzeitig tragen sie einen Großteil zur Berufsausbildung der jungen Ge-neration bei. 80 Prozent der jährlich beginnenden Ausbildungen finden in einem familiengeführten Betrieb statt. Weitsichtigkeit spiegelt sich auch in der Einheit von Risiko und Haftung wider, die alle Familienunternehmen gemeinsam haben. Investitionen

in nachhaltige und zukunftsweisende Technologien? Sehr gern. Riskante Spekulationen? Nein danke. Wer mit seinem eigenen Kapital für alle Risiken haftet, der trifft unternehmerisch verant-wortungsvolle Entscheidungen.

Diese Grundsätze machen sich bezahlt: Familienunterneh-men stellen fast 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze und 80 Prozent aller Ausbildungsplätze. Sie stehen für Kontinuität und Sicherheit und haben mit ihrer Weitsicht dazu beigetragen, Krisen wie vor einigen Jahren zu überstehen und sogar gestärkt aus ihnen hervorzugehen.

Familienunternehmer stellen ihre Betriebe in vielen Berei-chen für die Zukunft auf. Die Politik muss dafür sorgen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland ebenso gut auf die Herausfor-derungen von morgen vorbereitet ist und gestärkt wird. Dazu gehört vor allem, die richtigen Rahmenbedingungen für wirt-schaftliches Handeln zu setzen.

Für die Ausgestaltung der richtigen Rahmenbedingungen setzt sich der Verband „Die Familienunternehmer“ ein. 1949, zwei Wochen nach Ernennung Konrad Adenauers zum ersten deutschen Kanzler, wird der Verband von Dr. Adolf Schleussner gegründet. Zunächst unter dem Namen ASU (Arbeitsverband Selbstständiger Unternehmer) gilt es von Beginn an, die Inter-essen von inhabergeführten Betrieben zu vertreten und die po-litischen Rahmenbedingungen mitzugestalten. Das Ziel lautet, Familienunternehmen als Wachstumsmotor Deutschlands zu stärken und den Wirtschaftsstandort zukunftsfest aufzustellen.

Dabei berührt die Arbeit eines familiengeführten Betriebs vie-le Bereiche des volkswirtschaftlichen Geschehens. Neben der Wirtschafts-, Energie- und Arbeitsmarktpolitik gilt es auch, die Steuerpolitik fit für die Zukunft zu machen.

Ziel ist eine Staats- und Wirtschaftsordnung, die durch Frei-heit, Eigentum, Wettbewerb und Verantwortung gekennzeich-net ist. Diese Forderungen bilden bis heute das geltende Werte-gerüst. 1957 lobt Ludwig Erhard als Gast der Jahresversammlung der Familienunternehmer: „Ich habe Ihre Denkschrift ›Markt-wirtschaft gegen Inflation‹ mit großem Interesse gelesen. Das Einzige, was ich daran auszusetzen habe, ist, dass ich nicht sel-ber auf den guten Gedanken gekommen bin, das zu schreiben.“

Auch in den folgenden Jahren sind die Familienunternehmer immer nah dran am politischen Geschehen. So hält in den 60er- Jahren Willy Brandt als Bürgermeister Berlins die Begrüßungsre-de der Jahresversammlung. Neun Jahre später wird er zum ers-ten sozialdemokratischen Kanzler der Bundesrepublik gewählt.

Nur zwei Monate nach dem Mauerfall 1989 initiiert der Verband eine schriftliche Kontaktbörse für DDR-Bürger zu „West-Unternehmern“ - mit unglaublichem Erfolg. Insgesamt 10.000 Briefe treffen in der Geschäftsstelle ein. Daraufhin startet der erste Kontakt- und Kooperationsmarkt in Dresden: 8.500 Be-sucher aus Ost und West knüpfen hier Kontakte.

Seit jeher gibt es Krisenherde, die Familienunternehmer be-lasten.

Die jüngste Große Koalition hat in ihrer Amtszeit in vielfa-cher Hinsicht wirtschaftshemmende Politik betrieben und Be-schlüsse auf den Weg gebracht, die sich negativ auf das Wirt-schaften von Familienunternehmen ausgewirkt haben.

So wurde der Arbeitsmarkt so massiv beschränkt, dass er nicht mehr atmen kann.

Mit der Regulierung von Werkverträgen und Zeitarbeit wird ein enges Arbeitsmarktkorsett geschaffen, in dem nur noch we-nig Spielraum für flexible Arbeitsformen herrscht. Dabei sollte das eine Sache zwischen Arbeitgeber und -nehmer sein oder zwi-schen den Tarifparteien. Es braucht nicht noch ein Gesetz, mit dem reguliert wird, wer wie wann und zu welchem Gehalt ein-gestellt wird. Der aktuelle Gesetzesentwurf ist zwar entschärft worden, eine Beschneidung der flexiblen Beschäftigungsformen findet dennoch statt. Zusätzlich drängt die Rente mit 63 erfahre-ne und arbeitswillige Fachkräfte vom Arbeitsmarkt − und das bei gleichzeitigem Fachkräftemangel. Hunderttausende Menschen können die Rente mit 63 jedes Jahr abschlagsfrei in Anspruch nehmen, was die Erfolge bei der Erwerbsbeteiligung der Gene-ration 55-Plus mit einem Schlag zunichte macht.

Für Familienunternehmer hat zudem die Energiepolitik in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. Die Be-lastungen, die insbesondere die industriell geprägten Unterneh-men zu tragen haben, sind inzwischen gewaltig. Dabei sprechen sich Familienunternehmen für die Energiewende aus. Nach-haltigkeit ist ein Wert, den Familienunternehmer selbst leben, die aber in der aktuellen Energiepolitik leider kaum eine Rolle mehr spielt. Wettbewerb, Konsumentensouveränität, Preis- transparenz und ein möglichst subventionsfreier Markt sind fundamentale Säulen der sozialen Marktwirtschaft, die beim ›Fo

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Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ist maßgeblich mitverantwortlich

für die EEG Novelle.

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Thema Energiepolitik ignoriert werden. Im Gegenteil, einigen Branchen wird geradezu eine risikolose Rundumversorgung mit erträglicher Rendite per Gesetz zugesichert. Das Ärgerliche ist, dass durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz kein Gramm CO2 gespart wird.Das eigentliche Ziel des Klimaschutzes bleibt bei den meisten Energiewende-Gesetzen auf der Strecke. Ein sehr wichtiges Zukunftsthema wird mit den veralteten Methoden ei-ner Planwirtschaft angegangen. Das kann nicht funktionieren. Das Erneuerbare Energien Gesetz wird nicht nur energieinten-siven Unternehmen unterhalb bestimmter Schwellenwerte auf lange Sicht den Stecker ziehen, sondern sich mittelbar auch auf energieferne Branchen auswirken.

Ein weiteres essenzielles Thema ist die Erbschaftsteuer-reform. In einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. De-zember 2014 erklärte das Gericht einige Teile des Gesetzes für verfassungswidrig und beauftragte die Regierung, die Erbschaftssteuer zu reformieren. Bei der Über-arbeitung des Gesetzes sollte auf eine ver-fassungsfeste und für die Unternehmen tragbare Lösung gedrängt werden.

Bei der Erbschaftsteuerreform steht die einzigartige Finanzie-rungs- und Unternehmenskul-tur auf dem Spiel, die die deut-sche Wirtschaft als Ganzes so robust macht. Familienunter-nehmen zeichnen sich vor al-lem durch ihre Eigenkapital-quoten aus: Gewinne werden im Unternehmen reinvestiert, sodass die Abhängigkeit von Banken oder dem Kapitalmarkt relativ gering ist. Das funktio-niert nur, weil das Kapital der Fa-milienunternehmer langfristig im Unternehmen gebunden ist. Das trägt maßgeblich dazu bei, dass familiengeführte Betriebe standortverbundener und krisenresis-tenter sind als mancher kapitalmarktorientierte Konzern, der sich auf Druck der Börse an der kurzfristigen Rendite ori-entieren muss. Mit der Neuausrichtung der Erbschaftssteuer entscheidet die Bundesregierung folglich darüber, ob die welt-weit einmalige Kultur der Familienunternehmen bewahrt oder gefährdet wird.

Und auch der Brexit könnte zur Gefahr werden, wenn er nicht als Chance für Reformen genutzt wird. Die regionale Verwurzelung von Familienunternehmen schließt globales Handeln nicht aus. 47 Prozent der deutschen Industriebetrie-be wollen laut DIHK 2016 jenseits der Landesgrenzen investie-ren. Für die Mehrheit der Betriebe stellt Europa die wichtigste Zielregion für Auslandsaktivitäten dar. Ein Grund mehr, die Europäische Union zukunftsfähig und stabil aufzustellen. Das prägendste Erfolgsprojekt ist ohne Zweifel der europäische Binnenmarkt, der mit seinen vier Grundfreiheiten, dem freien Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital ei-

nen wachsenden Wohlstand ermöglicht. Natürlich ist eine ein-heitliche EU zusätzlich auch ein Friedensgarant für Wirtschaft und Gesellschaft. Der Ausgang des Referendums darf dement-sprechend nicht als Untergang der EU, sondern als Startschuss für umfassende Reformen wahrgenommen werden. Besonders wichtig ist, dass Europa aus seiner Lähmung erwacht und auf-hört, sich lediglich im Tempo des langsamsten Mitglieds zu be-wegen. Nicht alle Länder können und wollen bei jedem Thema zusammenarbeiten. Europa muss sich auf Themen einigen, die clubähnlich in Ländergruppen vorangebracht werden können oder eben nicht. Ein Club, der einen europäischen Energie-markt bildet, wäre beispielsweise für viele Länder möglich. Dagegen würde ein Club für eine europaweite Spareinlagen-sicherung wohl weniger begeisterte Anhänger finden, wenn Deutschland mit guten Gründen seine Teilnahme ausschließen

würde. Die EU muss sich neu erfinden, damit ihre unbe-strittenen Vorteile wieder sichtbar werden. Das

ist nur möglich, wenn sie zu einer Rechts-gemeinschaft zurückkehrt, in der Regeln

auch eingehalten werden. Die Bundesregierung sollte

die verbleibende Zeit nutzen, um wirtschaftshemmende Ent-scheidungen zu korrigieren und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu schützen. Das könnte sie, indem sie bei-spielsweise Fremd- und Ei-genkapital endlich steuerpoli-

tisch gleichstellt. Deutschland braucht eine krisenpräventive

Steuerpolitik, in der eine solide Eigenkapitalbasis − ein Merk-

mal von Familienunternehmen − gestärkt wird. Es werden Anreize

gebraucht, die den Standort Deutsch-land als Produktions- und Investitionsland

wieder attraktiv machen. Dazu gehören auch zu-kunftsweisende Themen wie die Digitalisierung auf Un-

ternehmens-, aber auch auf Verwaltungsebene, um Bürokratie und Innovationshürden weiter abzubauen.

Es werden auch weiterhin die Familienunternehmer sein, die als Rückgrat der deutschen Wirtschaft mit Weitsicht und Verantwortungsbewusstsein gegenwärtige und zukünftige He-rausforderungen meistern werden. Hierfür muss die Politik je-doch einen funktionierenden Rahmen setzen. Zeit, der Politik Beine zu machen. //

LUTZ GOEBELBERLIN 52° 31 ‘ N, 13° 24 ‘ O

Lutz Goebel ist Präsident des Verbandes „Die Familienunternehmer“ und Gesellschafter der Henkelhausen Unternehmengsgruppe.

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Denken in Generationen, nicht in Quartalen

Familienunternehmen denken langfristig und sind unabhängiger von Fremdkapital als konventionelle Unternehmen. Und das sind nur zwei Gründe, die gerade in volatilen Zeiten für die Investition in Familienunternehmen sprechen.

Autorin: Birgitte Olsen, Küsnacht

BIRGITTE OLSENKÜSNACHT 47° 19 ‘ N, 08° 35 ‘ 0

Birgitte Olsen, CFA, Senior Portfolio Manager Akti-en Europa, trat 2008 bei Bellevue Asset Management ein, wo sie die Verantwortung als Portfolio Manager

der Entrepreneur-Strategien sowie für institutio-nelle Mandate innehat. Davor war sie über neun Jahre bei Generali Investments in Köln als Stell-

vertretende Leiterin für das Portfolio Management Aktien Europa zuständig. Als Fund Manager für die Regionen Deutschland und Skandinavien arbeitete sie 1997 und 1998 bei Vontobel Asset Management in Zürich. Birgitte Olsen startete ihre Karriere in

der Finanzbranche 1994 als Sell-Side Analyst bei der Bank am Bellevue für die Sektoren Versicherungen und Pharma. Sie hat 1992 ihr Studium in der Vertie-fungsrichtung Finanz- und Rechnungswesen an der

Universität St. Gallen abgeschlossen.

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Gestern sorgten wir uns um die Wirtschaftsverlang-samung in China, den Zerfall der Ölpreise und eine potenzielle Leitzinserhöhung in den USA. Heute bestimmen Brexit, andauernd tiefe Zinsen

sowie die Angst vor einer europäischen Implosion die Schlag-zeilen und das Börsengeschehen. Die Aktienmärkte sind vola-til, die Lage anspruchsvoll, wieso sollten Anleger gerade jetzt in familiengeführte Unternehmen investieren? Familienun-ternehmen bringen mit ihren starken Bilanzen, überdurch-schnittlichen Profitabilität und Kapitalrenditen, nachhaltigen Geschäftsmodellen sowie langfristig orientiertem Manage-ment höhere Renditen und sichere Dividenden ins Portfolio.

Eigentümergeführte Unternehmen nehmen in Europa eine bedeutende volkswirtschaftliche Stellung ein. Sie stellen rund zwei Drittel der Arbeitsplätze und erwirtschaften 70 bis 80 Pro-zent der Wertschöpfung. So betrachtet bilden sie wahrhaftig das Rückgrat der Wirtschaft.

Durch ihre spezifischen Eigenschaften heben sich Famili-enunternehmen von managergeführten Unternehmen ab. Öko-nomisch nachhaltig, richten sie ihre Unternehmensentscheide an langfristigen Zielen aus – etwa nach dem Motto „Denken in Generationen, nicht in Quartalen“. Starke Bilanzen und eine na-türliche Scheu vor Banken- und Kreditfinanzierung bilden das Fundament ihres Erfolges. Dies zeigt sich in einer überpropor-tional starken Eigenkapitalquote, die oft weit über 50 Prozent liegt. Familienunternehmen sind dank ihrer ausgeprägt starken Substanz krisenresistenter, denn Zugang zu Kapital ist für sie problemlos möglich. Diese Charakteristika erlauben ihnen auch antizyklisches Investieren unabhängig vom Konjunkturzyklus. So können sie sich durch hohe Innovationskraft in ihrer Nische positionieren, intensiv in Forschung und Entwicklung investie-ren und ein proaktives Akquisitionsprogramm pflegen. Darüber hinaus zeichnen sie sich durch schlanke Kostenstrukturen und eine starke Cashflow-Generierung aus, was gekoppelt mit einer

starken Bilanz zu verlässlichen Dividendenströmen führt. Bei eigentümergeführten Unternehmen prägen Gründer

oder Gründerfamilie Werte, Vision und strategische Entschei-de. Im Vergleich zu Nicht-Familienunternehmen basieren un-ternehmerische Handlungen nicht auf kurzfristige Rentabili-tätszielen, vielmehr stehen langfristige Unternehmensziele im Vordergrund. Dabei werden nicht nur die eigenen Interessen, sondern auch die von Angestellten, Kunden, Lieferanten und Minderheitsaktionären ungleich stärker berücksichtigt. Diese Langfristigkeit drückt sich auch in der Personalpolitik aus. Wäh-rend bei europäischen nicht-familiengeführten Unternehmen ein CEO im Schnitt drei bis vier Jahre im Amt ist, sind es bei eigentümergeführten Unternehmen acht bis neun Jahre. Dies spricht für Kontinuität in der strategischen Ausrichtung, ist aber auch für Kader und Mitarbeiter von Bedeutung, denn es verleiht ihrer Arbeit Sinnhaftigkeit und ist somit eine wichtige Voraus-setzung für kontinuierliche Leistungsfähigkeit.

Studien zufolge haben Entrepreneure durchschnittlich mehr als 60 Prozent des Familienvermögens im eigenen Ge-schäft investiert und sind damit auch finanziell wesentlich stär-ker an das Unternehmen gebunden als Manager. Die finanziel-le Verantwortung gilt es dabei in vielen Fällen nicht nur sich selbst, sondern auch weiteren beteiligten Familienmitgliedern und den folgenden Generationen gegenüber wahrzunehmen. Mit Kapital und Leitung aus einer Hand stehen die Interessen von Shareholdern und Stakeholdern in einem engeren Zusam-menspiel, Principal-Agent-Konflikte werden damit auf natürli-che Weise entschärft.

Kritiker unterstellen dieser Unternehmensform ineffizien-te Führungsstrukturen, Fehlallokation von Kapital oder Fest-halten an verstaubten Traditionen. Können in der Praxis aber tatsächlich systematische Verhaltens- und Erfolgsunterschiede zwischen eigentümer- und nicht-eigentümergeführten Unter-nehmen festgestellt werden?

Mit derartigen Fragestellungen befassen sich wissenschaft-liche Institute, die das Thema verschiedentlich unter dem Titel Family beziehungsweise Entrepreneurial Business als eine ei-genständige Forschungsdisziplin innerhalb der Wirtschaftswis-senschaften aufgenommen haben. Renommierte Universitäten wie die Harvard University, Wharton University und in Euro-pa wegweisend etwa die IMD, INSEAD, die TU München oder die Universität St. Gallen befassen sich schon länger mit diesem Thema. Dabei unterstützt Bellevue Asset Management als Pra-xispartner das Institut von Prof. Dr. Thomas Zellweger, Direktor des Centers for Family Business der Universität St. Gallen, auf diesem Gebiet. Forschungschwerpunkte liegen hierbei insbe-sondere im Bereich der Wert- und Performancetreiber bei bör-sennotierten Familienunternehmen.

Mit hoher Übereinstimmung gelangt die Mehrzahl dieser Studien zur Erkenntnis, dass eigentümergeführte Unternehmen substanziell stärker eigenfinanziert sind als andere Unterneh-men. Damit zeigen sich Entrepreneure auch in konjunkturell schwierigen Marktphasen krisenresistenter. Überdies halten Fa-milienunternehmen, temporären Margeneinbußen zum Trotz, in Krisenzeiten tendenziell länger an der Belegschaft fest. Diese Maßnahme festigt die Mitarbeitermotivation, stärkt deren Iden-tifikation mit dem Unternehmen und fördert eine konstante Output-Qualität. Nicht zuletzt ermöglicht diese Verbundenheit der Unternehmensführung nach Krisenzeiten mit reduzierter Arbeitszeit unmittelbar gut eingearbeitete und mit dem Betrieb bestens vertraute Talente auf 100-Prozent-Basis abrufen zu kön-nen, während managergeführte Unternehmen ihre Kapazitäten schwerfällig mit Neuanstellungen und Umschulungen hochfah-ren müssen.

Weitere Studienerkenntnisse untermauern die bessere Fitness solcher Unternehmen etwa damit, dass sie in der langen Frist über eine höhere operative Rentabilität und sta-bilere Gewinne verfügen.

Aus Anlegersicht besonders interessant: Empirische Stu-dien stellen wiederholt fest, dass eigentümergeführte Unter-nehmen über den Konjunkturzyklus ebenso höhere Rendi-ten abwerfen. Die wenigen am Markt vorhandenen Indizes deuten darauf hin, dass sich über ein auf Entrepreneurs fo-kussiertes Anlagekonzept eine entsprechende Mehrrendite erwirtschaften lässt. Der CS Family Index etwa, der sich aus 40 attraktiv bewerteten Familienunternehmen in den USA und in Europa zusammensetzt, vermochte den MSCI-Welt- index in den vergangenen zehn Jahren um jährlich rund drei Prozent zu übertreffen. Ebenso übertraf der Dax-Plus-Fa-mily-30-Index, der in die 30 größten und liquidesten fami-liengeführten Unternehmen in Deutschland investiert, den breiten Dax-Index im gleichen Betrachtungszeitraum um mehr als fünf Prozent per annum.

Zur Identifikation eines Unternehmens als familien- be-ziehungsweise eigentümergeführtes Unternehmen werden bei Bellevue Asset Management die Kriterien Eigentum, Lei-tung und Kontrolle herangezogen. Mit mindestens zwanzig Prozent des Stimmkapitals im Besitz eines Gründers oder einer Familie, aktivem Einfluss auf die operative Leitung ›Fo

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64 GL BAL INVESTOR 02 2016 02 2016 GL BAL INVESTOR 65

~ FAMILIENUNTERNEHMEN ~

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des Unternehmens oder mit Einsitz im Aufsichtsrat gelten die Kriterien als erfüllt.

Weltweit fallen rund 30 bis 40 Prozent der börsennotier-ten Unternehmen in die Kategorie der eigentümergeführten Unternehmen. In Europa qualifizieren sich rund 900 bör-sennotierte Firmen für dieses Universum, davon ist rund die Hälfte mittelkapitalisiert sowie je rund ein Viertel groß- be-ziehungsweise kleinkapitalisiert. Für Investoren stellt sich somit die Frage, inwiefern die vorteilhaften Eigenschaften dieser Unternehmen gewinnbringend in einer Anlagestrate-gie abgebildet werden können.

Als unabhängige Anlageboutique und selbst von Eigentü-mern geführte Gruppe erkannte Bellevue Asset Management schon früh den Mehrwert von Anlagen in eigentümerge-führte Unternehmen. Sie leistete mit der Lancierung eines auf Schweizer Familienunternehmen ausgerichteten Fonds im Jahr 2006 Pio- nierarbeit, indem sie eine Anlage-lösung auf den Markt brachte, die den positiven Einfluss der Ei-

gentümerstruktur auf die Aktien-kursentwicklung reflektierte. Die-se Strategie verschaffte dann in den vergangenen zehn Jahren Anlegern eine Rendite von 160 Prozent (in Euro) während der Schweizer Swiss Performance Index SPI lediglich 105 Pro-zent erwirschaftete. Damit übertraf die Entrepreneur-Stra-tegie (nach Kosten) den Index durchschnittlich um rund 2,5 Prozent pro Jahr und rangiert im Vergleich zu über 100 Schweizer Aktienfonds im ersten Dezil.

Dies motivierte das Portfolio Management Team un-ter meiner Leitung im Frühjahr 2009 dazu, das Entrepre-neur-Konzept auf europäische börsennotierte Familien-unternehmen auszuweiten. Der im April 2009 lancierte BB Entrepreneur Europe Fonds fokussiert dabei auf groß- und mittelkapitalisierte eigentümergeführte Unternehmen in Europa, während der BB Entrepreneur Europe Small Fonds, der im Sommer 2011 aufgelegt wurde, ausschließlich auf Opportunitäten im Bereich von kleinkapitalisierten Fami-lienunternehmen setzt. Beide Fonds vermochten sich seit-her sowohl gemessen am breiten Aktienmarkt als auch im Vergleich zu den relevanten Mitbewerber-Fonds sehr gut zu positionieren.

Auf der Suche nach den attraktivsten Anlageideen reist das dreiköpfige Team durch ganz Europa, um sich persön-lich mit Unternehmern und Managementteams vor Ort zu treffen. Jährlich stehen über 350 Managementmeetings an. Dabei ist das Investmentteam bestrebt, das Unternehmen in seiner Gesamtheit und im Kontext seiner Wettbewerbspo-sition zu verstehen − ganz nach Warren Buffett −, um die Unternehmensperspektiven auf Basis von Umsatzwachstum, Gewinnpotenzial und Cashflow-Generierung möglichst um-fassend modellieren zu können. Dies ist die Basis der Un-ternehmensbewertung und des festgelegten Kursziels für die Aktie. Bei 20 Prozent Kurspotenzial und einem angemesse-nen qualitativen „Risiko-Footprint“ kann eine neue Idee ins Portfolio einfließen. Die Bellevue Entrepreneur Fonds sind

gekennzeichnet durch fokussierte Portfolios mit 30 bis 40 Werten auf der Basis von fundamentaler

Bottom-up-Analyse. Ziel ist es, die viel-versprechendsten Geschäftsmodelle,

das robusteste Wachstum und die solideste Rentabilität zu einer

vernünftigen Bewertung zu-sammenzutragen.

Die Auswahl solcher Unternehmen bedarf Fin-gerspitzengefühl und Er-fahrung, denn auch Fa-milienunternehmen sind Risiken ausgesetzt. Aspek-te wie Nachfolgeplanung,

Nachhaltigkeit oder Liquidi-tät sind Faktoren, die regelmä-

ßig überprüft werden müssen.Mittels des Entrepreneurial

Due-Diligence-Scoring-Modells be-urteilt und bewertet das Investment-

team von Bellevue Asset Management die entrepreneur-spezifischen qualitativen Fakto-

ren. Diese Faktoren werden in regelmäßigen Gesprächen mit den Unternehmensvertretern überprüft. Gemeinsam mit den vorgängig eruierten Bewertungslücken dient das Scoring letztlich der Titelauswahl und der Bestimmung von Positionsgrößen. Eine Herabstufung kann eine Überprüfung der Anlagethese auslösen und sogar zum Verkauf des Titels führen.

Das Ziel dieses fundamentalen Stockpicking-Ansatzes ist es, auch in Märkten, denen es an positivem Momentum mangelt, die richtigen Einzelwerte zu finden. Gerade im ak-tuellen Marktumfeld, das angesichts etlicher Belastungen wie Brexit, negativer Marktzinsen und globaler Wachstums-schwäche anspruchsvoller wird, ist eine geschickte Auswahl von Einzeltiteln wichtiger denn je.

LEM, ein Schweizer Hersteller von Stromwandlern, wo-bei 40 Prozent der Aktien im Besitz von Werner Weber und Urs Wampfler sind, ist Weltmarktführer für innovative Lö-sungen zur Messung elektrischer Parameter mit Marktantei-

len von 60 Prozent bei industriellen Anwendungen. Global aufgestellt, erzielt das Unternehmen über 40 Prozent seiner Umsätze in Asien. Dank seiner dominanten Marktposition dürfte es kräftig vom Thema Elektrifizierung profitieren, vor allem im stark wachsenden Bereich der elektrischen Au-tos. Dementsprechend entwickelt sich der chinesische Auto-markt für LEM prächtig mit Wachstumsraten von 90 Prozent und eine starke operative Margenausweitung im Automobil-segment auf über 21 Prozent. Als eigentümergeführtes Un-ternehmen verfügt es über eine starke Bilanz: Die Eigenka-pitalquote beträgt 61 Prozent und die Firma ist schuldenfrei, was eine Dividendenrendite von vier Prozent erlaubt. Mit einer Marktkapitalisierung von einer Milliarde Schweizer Franken gehört LEM zu den Nebenwerten mit vielverspre-chenden Wachstumsaussichten.

Fila, ein internationaler Hersteller von Farbstiften mit Sitz in Mailand, bietet echte Diversifizierung im digitalen Zeitalter von Tablets und Smartphones. Zu 36 Prozent im Besitz der Familie Candela, agiert Massimo Candela in der Drittgeneration als CEO. Hauptkunden sind Kinder im Alter zwischen 1,5 bis neun Jahren, was Fila ein stabiles Wachs-tum von drei bis vier Prozent per annum in westlichen Re-gionen verleiht. In Schwellenländern dagegen wächst der Absatz von Schreibwaren viel stärker, da Kinder vermehrt eingeschult werden. Fila ist vom Baum aus vertikal integriert und akquisitorisch sehr aktiv. So übernahm Candela 2008 die deutsche Marke Lyra und hat dieses Jahr mit Daler Rowney und Canson zwei weitere Transaktionen angekündigt. Dank sofortiger Synergien auf Kosten- und Umsatzebene zahlt sich für Fila diese Marktkonsolidierung aus. Das Unterneh-men sollte 2016 einen Umsatz von 400 Millionen Euro mit einer Ebit Marge von 14 Prozent erzielen. //

*Quelle: Bellevue Asset Management

Börsennotierte eigentümer-geführte Unternehmen sind meist Mid Caps, 25 Prozent zählen zu den Großunternehmen, 27 Prozent zu den Kleinunternehmen.

Der Fonds investiert in führende Familien-unternehmen wie Uponor Oyi, ein finnisches Unter-nehmen für Versor-gungstechnik für Gebäude, den Schweizer Hersteller von Stromwandlern LEM, den Schreib-warenhersteller Fila und den Weltmarktführer bei keramischen feuerfesten Materialien, die RHI AG.

Unternehmensgröße

BB Entrepreneur Europe Small B*ISIN: LU0631859229

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+21 %

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* Ø Rendite pro Jahr (in Prozent)

1 JAHR 3 JAHRE 5 JAHRE

Fondsgesellschaft: MDO Management Company S.A., Küsnacht, Fondswährung: Euro Fondsvolumen: 22 Mio. Euro

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Mid Caps

Small CapsLarge Caps

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Zielstrebig,gewissenhaft, offen

Hightech-Exporteur, umweltbewusst und dynamisch sind nur eine Auswahl der Attribute, die die ehemalige Agrar-Nation beschreiben. Vietnam hat eine bemer-kenswerte Entwicklung hinter sich.

Autoren: Mario Timpanaro und Laura Trost, Balzers

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I m Laufe der letzten 25 Jahre, hat sich Vietnam von einer Agrar-Nation zu einem der bedeutendsten Hightech-Ex-porteure weltweit entwickelt. Die großen Veränderun-gen in Vietnam fanden mit der Doi Moi Revolution

(vietnamesisch für Erneuerung) im Jahre 1986 statt. Was war die Initialzündung für diese Entwicklung in Vietnam?

Der Regierungswechsel im Jahr 2011 hat wesentlich dazu bei-getragen. Die Regierung in Hanoi hat es verstanden, die ehemals hohe Inflation mit geldpolitischen Maßnahmen erfolgreich zu bekämpfen. Im August 2008 erreichte die Inflation mit 28 Pro-zent ihren Höhepunkt, Ende 2008 betrug sie noch 20 Prozent, aktuell ist sie bei 2,28 Prozent. Der wohl wichtigste Entscheid der Regierung war, die Währung (den vietnamesischen Dong) mit einer Bandbreite von plus/minus ein bis zwei Prozent an den US-Dollar zu binden und somit die Schwankungsbreite der Wäh-rung zu stabilisieren.

Bedeutende Weltkonzerne aus der High-Tech Branche in-vestieren vermehrt in Vietnam. Samsung beispielsweise stellt jetzt schon 80 Prozent ihrer Smartphones im Land her und ist sogleich mit 120.000 Mitarbeitern der größte nicht staatliche Arbeitgeber. Andere Konzerne wie Apple oder LG erkannten ebenfalls die Vorteile des vietnamesischen Arbeitsmarktes und folgten dem Beispiel des Konkurrenten. Auch sie lassen ihre Pro-dukte mit einer höheren Wertschöpfung in Vietnam anfertigen. Es sind unter anderem diese Großkonzerne, welche große Inves-titionen für den Bau ihrer Fabriken im Land getätigt haben. Si-cherlich haben zudem die deutlich tieferen Durchschnittslöhne im Vergleich zu China zu diesem Entscheid beigetragen.

Die ausländischen Direktinvestitionen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen, im vergangenen Jahr waren es

Mitarbeiter der Anova Pharma AG im Januar 2016 bei der Herstellung von Impfstoffen für Tiere.

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~ VIETNAM ~

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über 14,1 Milliarden US-Dollar − der Trend ist weiter steigend. Die Gründe für diese Entwicklung liegen in erster Linie bei der wiedererlangten Glaubwürdigkeit, dass der Staat die Sicherheit und die zielstrebige Umsetzung der Reformprogramme weiter vorantreibt. Die Regierung investiert kräftig in die Modernisie-rung der Infrastruktur und kurbelt somit auch die Binnenwirt-schaft an. Diese Maßnahmen tragen letztlich zum Wohlstand der Bevölkerung bei.

Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im letzten Jahr mit starken 6,7 Prozent, für dieses Jahr rechnen wir mit 6,3 Prozent Wachs-tum. Nur China wuchs in der Vergangenheit stärker (GDP, siehe Grafik auf Seite 70), dies aber mit schwerwiegenden Folgen für die Umwelt. Vietnam hat aus den Fehlern des Nachbarn im Nor-den gelernt. Sie versuchen, den Spagat zwischen Umwelt und Wachstum im Einklang zu halten. Ihre ehrgeizige Klimapolitik beinhaltet, den Anteil der erneuerbaren Energie an der Stromer-zeugung von derzeit drei Prozent auf 4,5 Prozent bis im Jahr 2020 zu erhöhen.

Ein wichtiger Faktor ist die homogene Bevölkerung mit 93 Millionen Einwohnern und einem Durchschnittsalter von 29,6 Jahren. Dieser Umstand trägt wesentlich zum prosperierenden Inlandskonsum bei. Die Frauen spielen im Geschäftsleben eine wichtige Rolle, oftmals sind sie in der Geschäftsleitung vertreten, oder auch als Geschäftsführer für Unternehmen verantwortlich, welche an der Börse kotiert sind. Viele von ihnen verfügen über internationale anerkannte Ausbildungen im Ausland (Europa und USA).

Das Einkommen pro Kopf ist seit dem Jahr 1996 kontinuier-lich von circa 1.600 US-Dollar auf heute schätzungsweise 6.400 US-Dollar angestiegen. Die zielstrebig und gewissenhafte Art der Vietnamesen, aber auch ihre Offenheit gegenüber anderen Kulturen haben uns schon immer fasziniert. 95 Prozent der Be-völkerung kann schreiben und lesen, dies auch dank den enor-men Anstrengungen der Regierung im Bildungswesen. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der letzten Jahre verzeichnete das Land einen starken Anstieg der Internet-Nutzer auf aktuell 52 Prozent. In den meisten Städten sind die Internet-Cafés wie Pil-ze aus dem Boden geschossen und zeigen, dass das Land in der

digitalisierten Welt angekommen ist. Die Wachstumstreiber für die nächsten Jahre werden die

Freihandelsabkommen mit der EU sowie das lang erwartete Transpazifische Abkommen (TPP) sein. Letzteres macht doch beachtliche 39 Prozent des weltweiten BIP aus. Folgende Natio-nen sind im TPP vertreten: Australien, Kanada, Japan, Malaysia, Mexiko, Peru, USA, Chile, Brunei, Singapur, Neuseeland und Vi-etnam. China ist dem Verbund der Länder, welche an den Pazifik grenzen, nicht beigetreten. Gemäß einer Studie einer Schwei-zer Großbank wird Vietnam in den nächsten Jahren der größte Nutznießer des Abkommens sein.

Die Regierung treibt damit den Öffnungskurs weiter voran. Die Führungselite des Landes hat den Zeitgeist verstanden, kein anderes Schwellenland in Südostasien hat seine wirtschaftliche Öffnung so stark und kontrolliert vorangetrieben wie Vietnam.

Die Marktkapitalisierung der beiden Börsen in Hanoi und Ho Chi Minh City beträgt momentan 66 Milliarden US-Dollar. Mit einer durchschnittlichen Bewertung von 13,7 Price to Earnings und einer Dividendenrendite von circa 3,5 Prozent sind die Ak-tien im Vergleich zu den umliegenden Ländern nach wie vor tief bewertet. Die Privatisierung von Unternehmen, welche noch im Staatsbesitz sind, wird von der Regierung weiterhin gefördert. Kürzlich haben einige der kotierten Unternehmen beschlossen, ihre Ausländer-Quote am Aktienkapital von 49 Prozent aufzuhe-ben, bei anderen Gesellschaften müssen noch die Aktionäre über diesen Schritt abstimmen. Bei systemrelevanten Unternehmen entscheidet letztlich die Regierung. Diese Öffnung gegenüber dem Markt, würde Vietnam erlauben, von einem Frontier-Markt in den MSCI-Emerging-Market aufgenommen zu werden – was für uns lediglich eine Frage der Zeit ist.

Die großen Rating-Agenturen wie Moody's und Fitch haben im Verlauf der letzten Jahre die Anstrengungen der Regierung ho-noriert und ihre Bewertung entsprechend angehoben.

Bei unseren Anlagethemen im Lumen Vietnam Fund fokus-sieren wir uns zurzeit auf Unternehmen, deren Haupttätigkeit in den folgenden Bereichen sind: Inlandskonsum, Immobilien, Urbanisierung und in der Landwirtschaft.

Landwirtschaft ist und bleibt für das Land ein wichtiger Fak-

tor für den Export. Deshalb verfügt Vietnam weltweit über eine sehr starke Marktstellung im Kaffee- und Reisanbau, beim Ge-müseanbau, beim Export von schwarzem Pfeffer, Cashewnüssen und Früchten sowie dem Handel mit Fischen und Garnelen.

Der Binnenkonsum entwickelte sich in den letzten paar Jah-ren außerordentlich gut. Die Gründe hierfür liegen in die Kon-sumlust der jungen Bevölkerung, welche dank den gestiegenen Einkommen und kürzlich auch wegen den tieferen Ölnotierun-gen mehr Geld zu Verfügung hat. Dieser Trend führt zu einer starken Zunahme von neuen und modernen Einkaufszentren in den Städten und in den Agglomerationen. Vom Moped zum Auto, die Zulassungen haben sich seit Ende 2012 bis heute fast verfünffacht!

Ein großes Anlagethema für die nächsten Jahre ist mit Si-cherheit der Immobiliensektor, welcher durch die Urbanisierung des Landes weiter an Bedeutung gewinnt. Wenn man durch das Land fährt, fällt sofort auf, wo überall neue Bauten entstehen. 70 Prozent der Bevölkerung lebt immer noch auf dem Land, jedoch dürfte dieser Anteil in den nächsten zehn Jahren auf 50 Prozent schrumpfen. Der Urbanisierung-Prozess hat gerade erst begon-nen hat und wird somit die Bautätigkeit sehr stark beeinflussen. Seit dem 1. Juli 2015 dürfen auch Ausländer in Vietnam Immobili-en erwerben, was die Nachfrage zusätzlich stimuliert. Die stetige Zunahme der Hypotheken- und Kreditnachfrage unterstreicht diese Tendenz. Trotz den guten Aussichten stellen wir zum jet-zigen Zeitpunkt noch keine Überhitzung am Immobilienmarkt fest.

Auch der Ausbau der Infrastruktur bleibt ein wichtiges The-ma. Der Staat investiert in den Ausbau der drei Hauptflughäfen in Ho Chi Minh City, Hanoi und in Da Nang, sowie in den Straßen-bau, dies auch weil das Land den Tourismus in Zukunft stärker fördern möchte. Bis zum Jahr 2020 soll in Ho Chi Minh City die erste Metro fertiggestellt werden, welche dann den neuen Flug-

hafen mit der Innenstadt mit zehn Millionen Einwohnern verbindet.

In den ersten fünf Mo-naten dieses Jahres hat die Zahl der Touristen mit vier Millionen um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu-genommen. Die meisten Be-sucher kommen aus China, Korea, Japan und Taiwan – Europäer hingegen ent-decken das Land erst jetzt. Dies erstaunt nicht, verfügt doch Vietnam über atembe-raubende Landschaften und an der Ostseite des Landes über sehr schöne und lan-ge Strände. Die Mehrheit der Gesellschaften, welche im Tourismusgeschäft tätig sind, befinden sich noch im

Besitz des Staates. Wir gehen davon aus, dass die Regierung diese Firmen in den kommenden Jahren privatisieren wird.

Wir sind überzeugt, dass in einem breit diversifizier-ten Portfolio Vietnam nicht fehlen sollte. Nicht nur, dass der vietnamesische Aktienmarkt nicht mit den etablierten Märkten korreliert − er senkt sogar die Volatilität in ihrem Wertschriften-depot und bringt einen höheren Ertrag.

Bei der Wahl des Anlageinstruments lohnt sich ein Perfor-mance-Vergleich mit aktiv gemanagten Fonds zu Vietnam ETFs, welche einen passiven Investmentansatz verfolgen. Wir empfeh-len den Anlegern mit einem längeren Anlagehorizont in diversifi-zierte und aktiv gemanagte UCITS-Fonds zu investieren, welche über einen längeren Track-Record verfügen. Damit kommen wir zurück auf den Lumen Vietnam Fund, welcher in gut geführte, wachstumsstarke Unternehmen investiert die eine tiefe Bewer-tung aufweisen. Im Weiteren bietet der UCITS- Fonds mit wö-chentlicher Bewertung und der Möglichkeit für Ausgaben und Rücknahmen eine hohe Transparenz. //

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70 GL BAL INVESTOR 02 2016

~ VIETNAM ~ ~ VIETNAM ~

MARIO TIMPANAROBALZERS 47° 03 ‘ N, 09° 30 ‘ O

Mario Timpanaro ist als Direktor der CBR Investment AG verantwortlich für Investor Relations.

LAURA TROST BALZERS 47° 03 ‘ N, 09° 30 ‘ O

Laura Trost ist seit 2013 Senior Fund Manager bei der CBR Investment AG. Sie managt den Lumen Vietnam Fund.2015 Q

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Angaben in Prozent

WACHSTUM DES BRUTTOINLANDSPRODUKTES

China 10,1 % Vietnam 7,1 % Indien 7,0 % Malaysia 6,1 % Indonesien 5,9 % Thailand 4,4 % Philippinien 4,3 % Brasilien 2,8 % Russische Föderation 1,7 %

Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate

1990 1995 2000 2005 2010

02 2016 GL BAL INVESTOR 71

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Welchen (Mehr-)Werthat Ethik ?

Die Forderung nach mehr Ethik in der Wirtschaft ist allgegenwärtig. Es dürfte zudem kaum jemanden geben, der sich ernsthaft gegen Ethik aus-spricht. Allerdings ist oftmals unklar, worin sich ethisches Verhalten auf Märkten konkretisiert.

Autor: Professor Dr. Nick Lin-Hi, Vechta

~ ETHIK & WIRTSCHAFT ~

72 GL BAL INVESTOR 02 2016

Die Zielgruppe LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) steht für einen gesunden und nachhaltigen Lebensstil. Oftmals wird damit Naturverbundenheit assoziiert.

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Vielfach ist die Vorstellung anzutreffen, Ethik würde bedeuten, dass Unternehmen „gute Taten“ vollbrin-gen, etwa in dem sie sich für Kultur und Bildung engagieren, Mitarbeiter für gemeinnützige Arbeiten

freistellen oder CO2-neutrale Produkte anbieten. Obgleich ein solches unternehmerisches Engagement durchaus wertvoll und auch überaus lobenswert ist, so kann Ethik nicht hierauf redu-ziert werden. Deutlich wird dies beispielsweise beim ethischen Grundsatz „primum non nocere“, welcher Ärzte in die Pflicht nimmt, einen Patienten in erster Linie vor Schaden zu bewah-ren.

Eine ähnliche Logik gilt auch für Unternehmen: Bevor Un-ternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung durch „gute Taten“ unter Beweis stellen, müssen sie zunächst einmal ge-währleisten, dass sie ihre Gewinne fair erzielen – anderenfalls verkommen „gute Taten“ schnell zum Ablasshandel. Inso-fern kommt es in erster Linie darauf an, auf wel-che Art und Weise Gewinne erzielt werden und nicht, wie diese verwendet werden.

Einen belastbaren Orientierungs-punkt für eine faire Gewinnerzie-lung bietet das Leitbild des Ehr-baren Kaufmanns. Der Ehrbare Kaufmann zeichnet sich da-durch aus, dass Werte und Tu-genden wie Ehrlichkeit, Ver-lässlichkeit und Integrität die Basis für das eigene Handeln darstellen. Der Ehrbare Kauf-mann steht zu seinem Wort und geht anständig mit seinen Geschäftspartnern um. Im Mit-telpunkt seines Handelns steht dabei die Maxime, durch Kooperati-onen für alle beteiligten Akteure einen Mehrwert zu schaffen. Anders formuliert zeichnet sich ein ethisches Unternehmen da-durch aus, dass es keine Gewinne auf Kosten von anderen realisiert, sondern nach Win-Win-Situationen strebt.

An dieser Stelle stellt sich die Frage, wie es mit der Nütz-lichkeit von Ethik in der Marktwirtschaft aussieht. Lohnt sich Ethik auf Märkten überhaupt? Ließe sich diese Frage mit einem einfachen und eindeutigen „Ja“ beantworten, so würden sich alle Unternehmen in der Praxis ethisch verhalten. Ethik wäre dann ein Wertschöpfungsfaktor, der stets zum unternehmerischen Erfolg beiträgt. Genau dann wäre es im Eigeninteresse von al-len Wirtschaftsakteuren, sich jederzeit ethisch zu verhalten. Im Wettbewerb gilt letztendlich die Logik, dass Unternehmen sol-che Verhaltensweisen an den Tag legen, welche sich auszahlen und solche vermeiden, welche Nachteile bedingen. Mit anderen Worten werden Unternehmen sich umso ethischer verhalten, je mehr sie hiervon profitieren.

Nicht selten findet sich die Sichtweise, dass Ethik keiner solchen Kosten-Nutzen-Kalkulationen ausgesetzt werden darf, sondern einen absoluten Wert hat. Mehr noch, bisweilen wird

sogar postuliert, dass ein Verhalten nur dann wirklich ethisch ist, wenn damit keine individuellen Vorteile verbunden sind. Die Vorstellung, Ethik müsse wehtun, ist dabei ein Erbe der Kanti-schen Ethik, welche den guten Willen in den Mittelpunkt stellt. Eine solche Ethik hat jedoch in der modernen, aufgeklärten Ge-sellschaft keine realistische Chance auf Praxisrelevanz. Nur die wenigsten Akteure werden auf Dauer bereit sein, im Namen der Ethik ihre eigenen Interessen permanent und überall zurückzu-stellen und individuelle Nachteile in Kauf zu nehmen. Insofern gilt, dass ethisch erwünschte Verhaltensweisen nur dann zu erwarten sind, wenn sie durch entsprechende Anreize gestützt werden.

Interessanterweise finden sich Studien, bei denen ein Groß-teil der Investoren angibt, sie wären bereit, auf Rendite zuguns-ten von mehr Ethik zu verzichten. Auf den ersten Blick ist dies

ein tolles Ergebnis – gerade weil der Finanzbereich in der Vergangenheit nicht sonderlich durch ethische

Verhaltensweisen aufgefallen ist. Allerdings muss man beachten, dass bei solchen

Befragungen auch immer die soziale Erwünschtheit der Antworten eine

Rolle spielt. Das heißt, Menschen geben das an, was von der All-gemeinheit als positiv wahrge-nommen wird. Hinzu kommt, dass es einen Unterschied zwischen Intentionen, also Verhaltensabsichten, und fak-tischem Verhalten gibt. Diese sogenannte Intentions-Ver-

haltens-Lücke meint, dass die Artikulation einer Absicht – hier

Renditeverzicht zugunsten von Ethik – nicht automatisch in ein

korrespondierendes Verhalten mün-det. Ein anschauliches Beispiel für diese

Intentions-Verhaltens-Lücke sind die allseits beliebten Neujahrsvorsätze. Regelmäßig nimmt

man sich vor, im neuen Jahr mehr Sport zu machen, gesünder zu essen oder mit dem Rauchen aufzuhören. Aus eigener Erfah-rung wissen wir, dass es nicht selten bei derartigen Vorsätzen bleibt. Insofern ist kaum zu erwarten, dass die befragten Investo-ren in der Praxis wirklich die Investitionsmöglichkeiten wählen, die zwar ethisch, aber eben auch weniger lukrativ sind. Hierauf weist auch der Umstand hin, dass ethisches Investment nach wie vor eher ein Nischensegment darstellt.

Welchen Wert kann Ethik also für Investmententscheidun-gen haben? Die gute Nachricht ist, dass Ethik sich langfristig lohnt. Entsprechend gibt es durchaus gute Gründe für Investo-ren, ethische Aspekte in ihre Entscheidungen miteinzubeziehen. Der (Mehr-)Wert von Ethik resultiert dabei aus dem Zusammen-hang zwischen ethischem Verhalten und unternehmerischer Kooperationsfähigkeit. Letztendlich macht niemand gern Ge-schäfte mit einem Unternehmen, das für seinen Opportunismus bekannt ist und billigend Nachteile für andere in Kauf nimmt.

Ein Unternehmen hingegen, das sich ethisch verhält, baut im-materielle Vermögenswerte wie Glaubwürdigkeit, Reputation und Markenimage auf, welche für langfristigen Erfolg von ent-scheidender Bedeutung sind. Üblicherweise machen Kunden – sowohl im B2B als auch im B2C-Bereich – lieber Geschäfte mit Unternehmen, die für faires Verhalten bekannt sind. Es fällt leichter, diesen Unternehmen zu vertrauen, beispielsweise in ihr Versprechen, auch nach dem Kauf den Kunden bei mögli-chen Problemen bestmöglich zur Seite zu stehen. Zudem gibt es mit den LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) eine zu-nehmend aufkommende Konsumentengruppe, welche ethische Aspekte in Kaufentscheidungen einbezieht. Schätzungen gehen davon aus, dass potenziell bis zu einem Drittel der Konsumenten in Deutschland zu den LOHAS zählen.

Unternehmen, deren Handeln auf ethischen Werten beruht, haben zudem einen klaren Wettbewerbsvorteil im Personalbe-reich. Mitarbeiter wollen stolz auf ihren Arbeitgeber sein und sich mit diesem identifizieren – genau hierzu leistet ethisches Verhalten einen Beitrag. Ethik befördert entsprechend Mitarbei-termotivation, Commitment und Arbeitszufriedenheit. Es dürfte wenig überraschend sein, dass motivierte Mitarbeiter über eine höhere Leistungsbereitschaft verfügen und sich auch dafür ein-setzen, gemeinsam mit ihrem Unternehmen erfolgreich zu sein. Auch verbesserte Werte beim Commitment zahlen sich für Un-ternehmen aus, da hierdurch Fluktuation und Fehlzeiten gesenkt werden. Schließlich spielt Ethik auch eine wichtige Rolle bei der Arbeitgeberattraktivität. Unternehmen befinden sich heute viel-fach im Wettbewerb um die besten Köpfe und müssen auf ganzer Linie überzeugen können, um Mitarbeiter für sich zu gewinnen.

Es kann davon auszugegangen werden, dass Ethik für den unternehmerischen Erfolg weiter an Bedeutung gewinnen wird. Mit der Generation Y – also Menschen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren – tritt aktuell eine Generation an Konsumenten und Mitarbeitern auf den Markt. Die Generation Y hat bestimmte Erwartungen im Hinblick auf das ethische Verhalten von Unter-nehmen und fordert von ihnen die Übernahme von gesellschaft-licher Verantwortung. Unternehmen, die diesen Erwartungen nicht gerecht werden können, laufen Gefahr, langfristig nicht mehr als gute Geschäftspartner wahrgenommen zu werden. Dem gegenüber werden diejenigen Unternehmen, die glaubhaft für Werte einstehen können, bei der Generation Y einen Vorteil haben.

Es gibt also viele gute Gründe, warum Unternehmen sich ethisch verhalten sollten. Ethik auf Märkten hat folglich nichts mit Gutmenschentum zu tun, sondern ist eine Investition in die eigene Zukunftsfähigkeit. So formuliert sollte sich für Investo-ren die Frage, ob sie mehr Ethik oder mehr Rendite anstreben, gar nicht stellen. Gemäß der vorgelegten Argumentation ist eine Berücksichtigung von Ethik bei der Investmententscheidung ei-gentlich ein Gebot ökonomischer Klugheit.

Indes ist es mit der Ethik auf Märkten dann leider doch nicht ganz so einfach. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass Ethik sich üblicherweise erst langfristig auszahlt. Entsprechend ist es durch ethisches Verhalten oftmals nicht möglich, kurzfristige Vorteile zu generieren. Ganz im Gegenteil, nicht selten besteht Fo

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PROF. DR. NICK LIN-HIVECHTA 52° 43 ‘ N, 08° 17 ‘ O

Prof. Dr. Nick Lin-Hi ist Inhaber der Pro-fessur für Wirtschaft und Ethik an der

Universität Vechta. Zuvor war er Inhaber der Juniorprofessur für Corporate Social Res-ponsibility an der Universität Mannheim. Der Strategieforscher und Unternehmensethiker

beschäftigt sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit der gesellschaftlichen Verantwortung von

Unternehmen und zählt zu den führenden Experten auf diesem Gebiet in Deutschland. Seine Arbeit zeichnet sich durch eine hohe Praxisorientierung aus und ist darauf ausge-richtet, unternehmerischen und gesellschaft-

lichen Mehrwert zugleich zu schaffen.

www.uni-vechta.de

IMMATERIELLE VERMÖGENSWERTE WIE

GLAUBWÜRDIGKEIT, REPUTATION UND MARKENIMAGE

SIND FÜR DEN LANGFRISTIGEN ERFOLG EINES UNTERNEHMENS

VON ENTSCHEIDENDER BEDEUTUNG.

74 GL BAL INVESTOR 02 2016 02 2016 GL BAL INVESTOR 75

~ ETHIK & WIRTSCHAFT ~ ~ ETHIK & WIRTSCHAFT ~

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die Möglichkeit, durch unethisches Verhalten Extrarenditen zu realisieren. So können etwa durch die Vernachlässigung von Umweltvorschriften Kosten gespart werden, Preisabsprachen ermöglichen ein höheres Preisniveau, die Nichtbeachtung von Arbeitsstandards bei Lieferanten reduziert das Preisniveau und die Manipulation von Abgaswerten sichert die Zulassung eines

Produkts in einem wichtigen Markt. Die Möglichkeit, auf Kosten der Ethik Extraprofite zu erzielen,

ist ein Grund dafür, warum unverantwort-liches Verhalten auf Märkte fast schon

allgegenwärtig ist. Immer wieder sind Preisabsprachen, Menschenrechtsver-letzungen in Lieferketten, Markt- und Produktmanipulationen sowie Um-weltverschmutzungen anzutreffen.

Unethisches Verhalten ist jedoch nur solange profitabel, solange es un-

entdeckt bleibt. Angemerkt sei, dass aufgrund von Digitalisierung und der

Allgegenwärtigkeit von sozialen Medien die Aufdeckwahrscheinlichkeit von Fehlver-

halten deutlich gestiegen ist. Im Zeitalter von weltweit verfügbaren Informationen sowie der Mög-

lichkeit zur Echtzeitkommunikation agieren Unternehmen ge-wissermaßen unter potenziell permanenter Beobachtung und Transparenz. Üblicherweise ist es so, dass die Nachteile von Fehlverhalten höher sind als die zuvor realisierten Extrarendi-ten. Die Praxis zeigt indes, dass Unternehmen nicht immer gut vorbereitet sind, unethische Verhaltensweisen zu vermeiden. Dies dürfte auch dadurch bedingt sein, dass sowohl die Aufdeck-wahrscheinlichkeit als auch die Kosten von Fehlverhalten unter-schätzt werden.

Die negativen Konsequenzen von Fehlverhalten können ein Unternehmen durchaus teuer zu stehen kommen – ein aktuel-les Beispiel hierfür ist der Volkswagen-Skandal. Im schlimmsten Fall kann unethisches Verhalten sogar zum Ende eines Unter-nehmens führen, wie der Fall Enron eindrucksvoll gezeigt hat. Zu den Kosten von unternehmerischem Fehlverhalten zählen neben möglichen Strafzahlungen bei rechtlichen Verstößen ins-besondere die Beschädigung von immateriellen Vermögenswer-ten wie Vertrauenswürdigkeit und Reputation. Untersuchungen zeigen zudem, dass Fehlverhalten sich auch negativ auf Fakto-ren wie etwa wahrgenommene Produktqualität und wahrge-nommenes Preis-Leistungs-Verhältnis auswirkt, infolgedessen die Marktposition des unverantwortlichen Unternehmens geschwächt wird. Auch Mitarbeiter leiden unter unethischen Verhaltensweisen – niemand arbeitet gern und mit Leidenschaft für ein Unternehmen, für dessen Verhalten man sich schämen muss.

Ethik spielt auf Märkten folglich eine ambivalente Rolle. Langfristig betrachtet ist ethisches Verhalten eine Investition in den Unternehmenserfolg, kurzfristig kann unethisches Verhal-ten profitabel sein. An dieser Stelle ist zu betonen, dass Investo-ren durch ihr Verhalten und ihre (Rendite-)Erwartungen mit da-rüber entscheiden, nach welchen Prioritäten ein Unternehmen

geführt wird. Weitsichtige Investoren steigern langfristig ihren Gewinn, wenn sie Unternehmen nicht zu kurzfristiger Gewinn-maximierung anhalten, sondern vielmehr von ihnen eine auf langfristige Ziele ausgerichtete Strategie verlangen. Eben dies macht es Unternehmen auch einfacher, Ethik im unternehmeri-schen Alltag zur Geltung zu bringen.

Aufgrund existierender Logiken in der Wirtschaft ist eine langfristig ausgerichtete Unternehmensführung kein Selbst-läufer. Bereits eine Quartalsberichtserstattung führt dazu, dass kurzfristige Kennzahlen wichtig werden. Hinzu kommt, dass Verträge mit Vorständen üblicherweise befristet sind, was eine gewisse Kurzfristorientierung befördert. Schließlich sind auch viele interne Steuerungsinstrumente wie variable Vergütungs-systeme darauf ausgerichtet, zeitpunktbezogene Ziele zu errei-chen. Dies wird insbesondere dann zum Problem, wenn nur die Zielerreichung von Relevanz bei der Bestimmung von Bo-nuszahlungen ist und es außen vor bleibt, wie die Ziele erreicht wurden. Insgesamt besteht damit die Herausforderung, Ansätze zu identifizieren, welche sicherstellen, dass der langfristige Er-folg die entscheidende Zielgröße eines Unternehmens darstellt und darstellen kann.

An dieser Stelle kommt Investoren eine Verantwortung zu. Als Eigentümer haben sie einen Einfluss darauf, wie Unterneh-men geführt werden. Im Sinne eines aktiven Investmentansat-zes können sie Unternehmen dazu motivieren, den langfristigen Unternehmenserfolg gegenüber kurzfristigen Zielen zu priori-sieren und sich mit ethischen Aspekten auseinanderzusetzen. Investoren sollten dabei insbesondere darauf hinwirken, dass ethische Konfliktfelder zur Vermeidung von Fehlverhalten proaktiv gehandhabt werden. Ethische Konfliktfelder können verstanden werden als Situationen, in denen zwischen kurzfris-tiger Zielerreichung und langfristigem Unternehmenserfolg ein Spannungsverhältnis existiert. Betont sei, dass es im aufgeklär-ten Eigeninteresse von Investoren ist, Unternehmen zu einem reflektierten Umgang mit Konfliktfeldern zu bewegen, da hier-durch langfristig bessere Renditen möglich werden. Vor diesem Hintergrund macht es Sinn, wenn Investoren etwa im Rahmen von Hauptversammlungen oder bei Investorengesprächen Ethik auf die Agenda bringen.

Insgesamt kann somit formuliert werden, dass sowohl die Berücksichtigung von Ethik bei Investmententscheidungen als auch die Beförderung von Ethik im Sinne eines aktiven Invest- mentansatzes Investoren eine doppelte Rendite ermöglicht. Zum einen wird hierdurch der Unternehmenswert auf lange Sicht gesteigert und zum anderen werden für die Gesellschaft positive Effekte bewirkt.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass Investoren nur dann darauf hoffen können, dass Unternehmen langfristig ei-nen Mehrwert durch ethische Verhaltensweisen schaffen, wenn sie ebenfalls langfristig engagiert sind. Anders formuliert sind kurzfristige Investmentstrategien ein Treiber für die Priorisie-rung von schnellen Erfolgen, infolgedessen die Gefahr für un-ethisches Verhalten erhöht und die Möglichkeit für ethisches Verhalten erschwert wird. Es ist daher zu wünschen, dass auch Investoren sich mehr mit Ethik auseinandersetzen. //

„Ethik auf Märkten ist eine Investition in die eigene Zukunftsfähig-keit.“

76 GL BAL INVESTOR 02 2016

~ ETHIK & WIRTSCHAFT ~

Nachhaltiges Investieren ist in den letzten Jahren zum Trendthema geworden. Sie waren schon lange vor dem Trend auf dem Markt vertreten. Wie wurde Ihr Fonds anfangs von den Investoren aufge-nommen? Platow: Viele haben uns am Anfang eher belächelt und infrage gestellt, dass ein solcher Öko-Fonds neben dem reinen Gewissen auch ein nennenswertes Volumen einsammeln und eine erfolg-reiche Rendite erzielen kann. Und dann kam es anders, als die Skeptiker dachten. Wichtig ist damals wie heute, dass ein glaub-würdiger Öko-Fonds Investmentchancen bietet.

Können Sie uns kurz Ihre Geschichte erzählen? Wie kam es dazu, dass Sie Ihren eigenen Fonds aufgelegt haben?

Platow: Wir wollten dazu motivieren, auf einen Kapitalismus zu setzen, der das Menschsein nicht aus den Augen verliert. Viele Menschen finanzieren Projekte mit, die den Raubbau an Mensch und Natur beflügeln. Das muss aber nicht sein. Und das hat uns angetrieben. Ursächlich mit verantwortlich für die Geburt des Ökovision Classic war das Unvermögen der damaligen Finanz-vorstände deutscher Lebensversicherer. Es fehlte dort an der Fantasie, ökologische Anlagen konsequent umzusetzen, im Be-reich der fondsgebundenen Policen.

Nach welchen Kriterien wählen Sie aus, wo Sie investieren? Warum gehen Sie nach genau diesen Kriterien vor?

Platow: Gesundheit, Ernährung und Bildung, sind unser Haupt-

„Es kam anders, als die Skeptiker dachten“ Ökoworld war 1996 einer der ersten Anbieter ökologischer Investmentfonds. Global Investor hat mit Alfred Platow über die Geschichte und Motive des Asset Managers gesprochen.

Interview: Katharina Lamster

Blinder Bildunterschrift hier Fugitio min cora quia diore excerov iduntibus

merkmal. Auch erneuerbare Energie, umweltfreundliche Mobili-tät, intelligente Kommunikation und nachhaltiges Bauwesen ge-hören dazu. Nachzulesen sind unsere Auschlusskriterien in den Jahresberichten und auf unserer Website.

Wie eng ist Ihr Kontakt zu den Unternehmen, in die sie investieren? Wie können Sie sicherstellen, dass kein Unternehmen gegen Ihre Grundsätze verstößt? Platow: Die Kontakte sind ganz unterschiedlich. Die für uns infrage kommenden Unternehmen werden von unserem Team Nachhaltigkeits-Research unter Leitung von Dr. Karl-Heinz Brendgen unter die Lupe genommen. Dazu gehören Internetre-cherche, Telefonate, Gespräche und auch Besuche. Wir reisen auch zu vielen Unternehmen, und schauen uns die Produktion und andere Bereiche persönlich an. Zudem können wir, wenn wir es für notwendig halten, externe Ratingagenturen kontaktie-ren. Für Ökovision wird dann im getrennten Investmentprozess der elfköpfige Anlageausschuss aktiv. Elf unabhängige Expertinnen und Experten, entscheiden über die Aufnahme eines Unter-nehmens in unser Anlageuniversum. Dafür bewerten sie die Unternehmensprofile, die das Nachhaltigkeits-Research erstellt hat. Erst dann dürfen Alexander Mozer und sein Fondsmanage-ment-Team investieren. Über Wiedervorlagen werden aber auch die bereits aufgenommenen Kandidaten weiterhin beobachtet. Wir haben 15 Kategorien von Kriterien, die der Co-Vorsitzende des unabhängigen Anlageausschuss, R. Andreas Kraemer, kürz-lich so zusammengefasst hat: „Wir suchen Unternehmen mit umwelt- und sozial verträglichen Produkten, Verfahren, Dienst-leistungen und Geschäftsmodellen, die sich durch ihre Tätigkeit, in der Öffentlichkeit und durch ihr Lobbying aktiv für einen Umbau zu einer gerechten und nachhaltigen Gesellschaft enga-gieren. Dabei müssen die Unternehmen nicht perfekt sein, aber unterm Strich muss es stimmen und sie müssen auf dem richti-gen Weg sein.“

Sie schreiben auf Ihrer Website von der Ökologisierung der Wirt-schaft. Können Sie diesen Begriff erklären? Platow: Da gibt es viele Beispiele. Strom aus erneuerbaren Ener-gien wäre eines. Ein anders Beispiel ist der umweltfreundliche Transport. Und es geht weiter mit Bildung, Energieeffizienz, Wasserwirtschaft, fairer Herstellung von Kaffee, menschenwür-digen Arbeitsbedingungen, keine Diskriminierung von Arbeit-nehmern. Ich denke, weitere Beispiele liegen auf der Hand. //

ALFRED PLATOWHILDEN 51° 10 ‘ N, 06° 56 ‘ O

Alfred Platow ist Vorstandsvorsitzender von Ökoworld und der Verwaltungsratvorsitzende der Kapitalanlagegesellschaft Ökoworld Lux.

02 2016 GL BAL INVESTOR 77

~ ETHIK & WIRTSCHAFT ~

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Investitionen in Windkraftanlagen sind bei Investoren beliebt, die den Umweltschutz fördern wollen.

Gutes Wachstum ist ganz einfach

Ähnlich wie Unternehmer können sich auch Investoren ethisch verhalten. Dabei gibt es nur wenige Grundsätze, die Investoren einhalten sollten, um nachhaltige Anlagechancen aus dem unübersichtlichen Angebot herauszufiltern.

Autor: Andreas W. Korth, Sankt Augustin

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78 GL BAL INVESTOR 02 2016

~ ETHIK & WIRTSCHAFT ~

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Der Markt für nachhaltige Geldanlagen ist in Deutsch-land weiter gewachsen. Die Investitionen in die Segmen-

te Investmentfonds und Mandate sowie Kunden- und Eigenanlagen betragen insgesamt laut dem Marktbericht „Nach-haltige Geldanlagen 2016“ des Forums Nachhaltige Geldanlagen 137 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Plus von sieben Prozent trotz rück-läufiger Kurse im Jahresverlauf. Der An-teil des Segments Investmentfonds und Mandate mit einem Volumen von 65 Milliarden wuchs überproportional um mehr als 30 Prozent. Dennoch ist der An-teil der nachhaltigen Investments an dem gesamten Markt mit unter drei Prozent immer noch verschwin-dend gering. Ein Blick auf die Anlegertypen zeigt zudem, dass der Anteil der institutionellen Investoren auf ein Rekordniveau von 85 Prozent angestiegen ist, die Privatanleger also nur wenig in diesem Segment aktiv sind.

Der Markttrend zeigt also aufwärts, dennoch bleiben für vie-le potenzielle Anleger die Ziele meist im Dunkeln und vorhande-nes Investitionspotenzial wird so verschenkt. Woran liegt das?

Beginnen wir mit der Frage, was Nachhaltigkeit in der Fi-nanzbranche eigentlich bedeutet. Für den Begriff gibt es keine allgemeingültige Definition, er ist ausgesprochen unkonkret. Viele Marktteilnehmer verstehen auch nicht, wie genau sich ei-gentlich die nachhaltige Wirkung der grünen Investments ent-faltet und stehen daher dem Segment misstrauisch gegenüber.

Anbieter, die einen nachhaltigen Fonds auflegen wollen, sind gut beraten, nicht länger den Versuch von „Definitionen“ zu

wagen. Gefragt sind vielmehr möglichst konkrete Ziele und Maßnahmen für den jeweiligen Fonds. Denn sobald der ge-sellschaftliche Nut-zen eines Produktes einfach, transparent und glaubwürdig erklärt wird, gibt es nicht nur ein steigen-des Anlegerinteresse an derartigen Investi-tionen, sondern auch tatsächliche Invest-ments.

Am Anfang soll-te die Frage stehen, welche Ziele eine nachhaltige Geld-anlage unterstützen

kann. So inhomogen die verschiedenen Nachhaltigkeitskonzep-te auch sein mögen, auf die folgenden drei Buchstaben konnte sich die Branche doch weltweit einigen: ESG, die englische Ab-kürzung für die drei Begriffe Umwelt, Soziales und Verantwortli-che Unternehmensführung.

Die meisten Nachhaltigkeitskonzepte haben sich dem Ziel des Umweltschutzes verschrieben, das spätestens seit der De-batte um die globale Erderwärmung in aller Munde ist. Beson-ders wichtig ist hier der Schutz von Natur und Umwelt sowie die nachhaltige Nutzung der Naturgüter. Begriffe wie Öko oder Ecology gehören daher nicht selten zum Produktnamen, um zu verdeutlichen, dass Unternehmen im Fokus stehen, die den Um-weltschutz fördern.

Weniger bekannt, aber genauso wichtig ist das Ziel des sozi-alen, beziehungsweise gesellschaftlichen Friedens. Dies betrifft die Förderung von Frieden, den Schutz der Menschenwürde und von Kulturen. Aber auch die Armutsbekämpfung, denn die glo-bale Vermögensschere – so belegen Studien – geht immer weiter auseinander. Im sozialen Bereich ist es jedoch nicht einfach, mit einer Geldanlage eine unmittelbare Wirkung zu entfalten.

Das dritte Ziel, die verantwortliche Unternehmensführung, löst dieses Dilemma und erweitert gleichzeitig das Anlagespek-trum. Die Förderung gesellschaftlicher Verantwortung von Un-ternehmen bedeutet, dass man auch kleine Schritte in die richti-ge Richtung durch ein Investment belohnen kann. Dies eröffnet jedem Unternehmen die Möglichkeit, in einem Nachhaltigkeits-fonds aufzutauchen, sofern es sich beispielsweise im Rahmen eines entsprechenden Ratings als gesellschaftlich verantwortlich bewährt. Damit ist unter anderem eine kooperative, faire und transparente Führung gemeint.

Investitionen können auf viele verschiedene Arten umge-setzt werden. Das Forum Nachhaltige Geldanlage listet in sei-nem Marktbericht sieben verschiedene Methoden auf, allein bei der Methode des Ausschlusses gibt es dann über 40 verschiedene Kriterien.

Die obenstehende Greenbox bietet eine etwas einfachere Struktur und reduziert zunächst die Komplexität mit der Unter-scheidung der Methoden Fördern, Vermeiden und Beeinflussen.

Fördern bedeutet die unmittelbare Unterstützung des jeweiligen Nachhaltigkeitsziels durch Bereitstellung von Kapital, beispiels-weise die Investition in ein Windkraftwerk zur Förderung des Umweltschutzes. Im Rahmen des Vermeidens werden bestimm-te Branchen, Produkte oder Verhaltensweisen ausgeschlossen, wie Rüstungsunternehmen oder Länder, die Menschenrechte verletzen. Die Methode des Beeinflussens nutzt die Chance, durch gesellschaftliches Engagement, unter anderem durch das Bündeln von Stimmrechten, einen Beitrag zum gewünschten Ziel zu leisten.

Der IIV Mikrofinanzfonds ist ein gutes Beispiel für eine An-lage, die soziale Ziele verfolgt. Er vergibt die von den Anlegern investierten Mittel als Darlehen an ausgewählte Mikrofinanzin-stitute. Die durchschnittliche Darlehenshöhe beträgt rund zwei Millionen US-Dollar. Die Institute verleihen das Kapital wieder-um an einkommensschwache Menschen, die ihren Lebensstan-dard durch eine unternehmerische Tätigkeit verbessern wollen oder finanzielle Engpässe, beispielsweise in Dürreperioden, überbrücken müssen. Nach durchschnittlich sechs bis neun Mo-naten sind die Kleinkreditnehmer in der Lage, die Mikrokredite zu tilgen. Die Mikrofinanzinstitute zahlen die Darlehen schließ-lich inklusive Zinszahlungen an den IIV Mikrofinanzfonds zu-rück und die Anleger erhalten über den Fonds eine Prämie in Form von Ausschüttungen durch eine stetige Rendite. Dieser

Fonds unterstützt primär soziale Ziele und nutzt dabei die Me-thode „Fördern“, indem er eine unmittelbare Bereitstellung der Mittel an die Mikrofinanzinstitute ermöglicht. Alle anderen Nachhaltigkeitsziele und –methoden werden von diesem Fonds nicht genutzt. Dennoch sind wir überzeugt, dass ein solches Pro-dukt einen positiven gesellschaftlichen Beitrag leistet.

Wer ein breiteres Spektrum von Ausschlusskriterien wünscht und eine Rendite oberhalb von Mikrofinanzinvestments wünscht, findet beispielsweise in dem Ökobasis Renten Plus UI eine Alter-native. Die Fondsbasis besteht aus einem globalen Rentenportfo-lio, dessen Universum definierte Nachhaltigkeitskriterien erfül-len muss. Der Fonds setzt sich daher zu mindestens 51 Prozent aus verzinslichen Wertpapieren von Ausstellern zusammen, die unter Berücksichtigung dieser Kriterien ausgewählt werden. In der Nachhaltigkeitsanalyse der Emittenten werden insbesondere soziale und ökologische Ausschlußkriterien berücksichtigt, die in der nachstehenden Übersicht aufgeführt sind.

Die Anlagepolitik wird durch ein Multi-Manager-Konzept in zwei Segmenten umgesetzt. In einem Segment wird in Renten-papiere unter anderem unterschiedlicher Laufzeiten und geo-grafischer Herkunft investiert. Dabei steht der Vermögenserhalt im Vordergrund. In einem zweiten Segment des Fonds wird mit drei etablierten und aufeinander unter Risikogesichtspunkten abgestimmten Strategien in Dax, Bund- und Bobl-Futures in- ›

GREENBOXBEISPIELE

Fördern

Umweltschutz Solar-energie

KeineKernkraft

Umwelt-Spende

Mikro-Finanz

Keine Rüstung

SozialeSpende

Sozialer Frieden

„Best in Class”Keine

KorruptionStimmrechts-

nutzungVerantwortliche

Führung

Vermeiden Beeinflussen

Quelle: Good Growth Institut für globale VermögensverwaltungZ

IEL

METHODE

IIV Mikrofinanzfonds R*ISIN: DE000A1H44T1

+3,0+2,3

0

+4%

–4 %

* Ø Rendite pro Jahr (in Prozent)

1 JAHR 3 JAHRE 5 JAHRE

Fondsgesellschaft: Monega Kapitalanlagegesellschaft mbH, Köln, Fondswährung: Euro, Fondsvolumen: 326 Mio. Euro

80 GL BAL INVESTOR 02 2016

~ ETHIK & WIRTSCHAFT ~ ~ ETHIK ~

02 2016 GL BAL INVESTOR 81

Mikrofinanzinstitutionen wie BRAC unterstützen überwiegend Frauen, wie hier in Bangladesh, mit geringen Beträgen, um ihnen zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit zu verhelfen.

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vestiert. Mit diesen taktischen Anlagezuordnungen sollen pro-zyklisch Marktchancen wahrgenommen und zusätzliche Erträge generiert werden.

Etwas vielfältiger ist die Nachhaltigkeitsstrategie des Fonds-Secure Systematik. Hierbei handelt es sich um einen flexiblen Multi-Asset-Dachfonds, der weltweit in Investmentfonds und sonstige Wertpapiere aus verschiedenen Branchen, Regionen und Segmenten investiert. Der Fonds investiert überwiegend in Investmentfonds und Aktien, kann aber in schwierigen Markt-phasen auch defensive Wertpapiere (zum Beispiel Geldmarkt-fonds), Gold oder einen hohen Kassenbestand halten.

Die Anlagestrategie, die ursprünglich einem quantitativen Trendfolge- und Stop-Loss-Systems folgte, wurde auf ein Multi- strategiekonzept umgestellt. Seither werden Assetallokation, Ti-telauswahl und Timing verstärkt nach fundamentalen Aspekten mithilfe eines Multifaktorenmodells bestimmt, in dem das Kri-terium „relative Stärke“ eine wichtige Rolle spielt. Bei der Selek-tion der Zielfonds und Einzeltitel werden seit 2014 auch Nach-haltigkeitskriterien berücksichtigt. Die obenstehende Greenbox zeigt auf, welche Kriterien dieser Fonds im Rahmen seines Nach-haltigkeitskonzepts berücksichtigt.

Entsprechend dem Nachhaltigkeitskonzept des Fonds erfol-gen der Ausschluss von Atomkraft, Rüstung, Menschen- und Ar-beitsrechtsverletzungen und die Vermeidung kontroverser Ak-tivitäten gemäß UN-Global Compact bei allen Anlagen. Für die transparente Umsetzung in Zusammenarbeit mit dem Research- unternehmen Software-Systems Finanzdatenservice trägt der Fonds das Transparenzsiegel des European Social Investment Forum (Eurosif ).

Natürlich würde jeder Investor am liebsten alle Ziele und Methoden gleichzeitig verfolgen, doch kann dies in der prak-tischen Umsetzung des Portfolios schnell an Grenzen stoßen. Anstatt alle Ziele mit einer Strategie anzustreben, sollten Inves-toren auch hier den Portfoliogedanken berücksichtigen. So ist

es zu empfehlen, das Budget auf meh-rere Konzepte mit unterschiedlichen Zielschwerpunkten und Methoden zu verteilen. Im Ergebnis haben Sie al-lein durch diese Verteilung auch eine deutlich höhere Diversifizierung und Risikostreuung in Ihrem Portfolio. Die Kombination der oben beschriebenen Fonds würde beispielsweise nicht nur ein interessantes Risiko-/Rendite-Port-folio bilden, sondern eine Vielfalt von Methoden nutzen.

Nicht selten ähneln sich die Port-folios von nachhaltigen und konven-tionellen Fonds. Es besteht jedoch ein fundamentaler Unterschied, ob man eine BMW-Aktie über ein konventionel-les oder über ein nachhaltig orientiertes Mandat erwirbt. Das beginnt schon da-mit, dass die nachhaltigen Investoren beziehungsweise Fonds oft Ratingagen-

turen einschalten, die Unternehmen intensiv untersuchen und aktiv in einen Bewertungsprozess integrieren. Viele Analysten treten zusätzlich in den direkten Dialog mit den Unternehmen und sprechen Defizite im Nachhaltigkeitsbereich offensiv an. So werden kritische Themen direkt in die Vorstandsetage hinein getragen. Werden Stimmrechte gebündelt, können verantwor-tungsbewusste Investoren über das Instrument der Stimmen-rechtsnutzung maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmens- politik nehmen. Je höher der Anteil nachhaltiger Fonds und Mandate im Markt wird, desto mehr wachsen die Möglichkeiten für dieses aktive Engagement.

Die Nachhaltigkeit eines Fonds beziehungsweise einer Stra-tegie kann man nicht allein daraus ableiten, was für Investments „drin“ sind. Vielmehr kommt es auf einen glaubwürdigen und verständlichen Mix von Zielen und Methoden an, um das Ver-trauen der Anleger zu rechtfertigen. Transparenz ist dabei wich-tiger als Perfektion, denn auch kleine Schritte in die nachhaltige Richtung sind durchaus vielen Anlegern willkommen, wenn die Performance stimmt. Vielfalt bei Zielen und Kriterien ist sogar wünschenswert. Denn eine standardisierte Vorstellung von Nachhaltigkeit würde zwischen den verschiedenen Nachhaltig-keitskonzepten keine Diversifizierung mehr ermöglichen. Ins- trumente wie die Greenbox oder das Fondsprofil schaffen diese Transparenz und helfen, letzte Zweifel zu beseitigen und Inves-toren für eine Berücksichtigung von gesellschaftlichen Aspekten in der Finanzplanung zu sensibilisieren. //

FONDSSECURE SYSTEMATIK

Fördern

Umweltschutz Kernenergie

Verstöße gegen ILO,ausbeuterische Kinderarbeit,

Menschenrechte, Rüstungsgüter

Sozialer Frieden

Verstöße gegen UN-Global

Compact Konventionen

Dialog mit Entscheidungs-

trägern

Verantwortliche Führung

Vermeiden Beeinflussen

Quelle: Good Growth Institut für globale Vermögensverwaltung

ZIE

L

METHODE

ANDREAS W. KORTHSANKT AUGUSTIN 50° 46 ‘ N, 07° 11 ‘ O

Andreas W. Korth ist Volkswirt, Banker und Finanzplaner. Er ist geschäftsführender Gesellschafter des Good Growth Instituts.

82 GL BAL INVESTOR 02 2016

~ ETHIK & WIRTSCHAFT ~

Sie werben damit, eine nachhaltige Bank zu sein. Bieten Sie dennoch auch alle üblichen Dienstleistungen an?

Schürmann: Ja selbstverständlich. Auch eine nachhaltige Bank bietet die Produkte an, die ein Kunde braucht, das ist uns sehr wichtig. Wir wollen die gesamte Palette an Produkten, die ein Kunde benötigt, abdecken, sodass der Kunde uns auch als Haus-bank nutzt.

Was bedeutet nachhaltiges Banking für den Kunden?

Schürmann: Nachhaltiges Banking bedeutet für uns, dass wir das Geld unserer Sparer ausschließlich in nachhaltigen Projek-ten investieren. Also nur in Projekten, die einen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft leisten. Das sind ganz konkret erneu-erbare Energien, ein ganz wesentlicher Punkt unter dem Ka-pitel Umweltschutz. Ein weiterer Sektor ist für uns der Sektor des Sozialen, hier finanzieren wir in Deutschland beispielswei-se Senioreneinrichtungen. Dazu kommt der Bereich Kultur be-ziehungsweise Bildung, wo wir Schulen finanzieren. Und des Weiteren finanzieren wir nachhaltige Immobilien, die im Um-weltbereich angesiedelt sein können, wenn sie besonders hohe Umweltstandards erfüllen, oder auch im sozialen Bereich, wenn

„Wir kennen alle Kreditnehmer persönlich“

Das Konzept nachhaltiger Fonds ist schon lange etabliert und bekannt. Doch wie arbeitet eine nachhaltige Bank? Global Investor hat mit Georg Schürmann, Geschäftsleiter der Triodos Bank Deutsch-land, gesprochen.

Interview: Katharina Lamster

es sich beispielsweise um Obdachloseneinrichtungen handelt. Das sind die Themen, die wir begleiten und so definieren wir bestimmte Sektoren, in denen wir tätig sind und wo wir einen gesellschaftlichen Nutzen sehen. Ganz wichtig ist für uns auch der Faktor Transparenz. Unsere Anleger können auf unserer Website alle Kredite einsehen, die wir vergeben haben. So sehen sie, was ihr Geld bewirkt.

Wie überprüfen Sie Ihre Kreditnehmer und ob die Projekte einen gesellschaftlichen Mehrwert liefern?

Schürmann: Für uns ist der entscheidende Faktor zunächst, in welchem Bereich wir investieren. Bei erneuerbaren Ener-gien ist das relativ einfach. In anderen Bereichen kann es schwieriger sein. Wird eine Senioren- einrichtung von einem Investmentfonds ge-führt, so achtet man wahrscheinlich mehr auf die Rendite und weniger auf die Men-schen, die dort leben. Dann gibt es noch Senioreneinrichtungen, wo der Mensch im Vordergrund steht, diese müssen aber auch eine vernünftige wirtschaft-liche Grundlage haben. Das bekommen Sie natürlich nur raus, wenn Sie vor Ort sind, mit dem Unternehmer sprechen und sich die Einrichtungen anschauen. Dafür muss man ein Gefühl entwickeln und auch die entsprechende Expertise haben. Wir kennen alle unsere Kreditnehmer persönlich und führen intensive Ge-spräche, weil wir auch ihre Intention kennen wollen. In einem ersten Schritt prüfen wir, ob der Partner zu Triodos passt, in ei-nem zweiten — nicht weniger wichtigen Schritt – prüfen wir die finanziellen Zahlen.

Steht für Sie Rendite oder Nachhaltigkeit an erster Stelle? Würden Sie zugunsten der Nachhaltigkeit auch auf Rendite verzichten?

Schürmann: Das ist für uns kein „Oder“, sondern gehört zu-sammen. Unsere Verpflichtung ist es, nachhaltige Produkte anzubieten. Und weil sie nachhaltig sind, haben sie auch eine überzeugende Rendite. Nachhaltige Produkte haben auch ein überzeugendes Rendite-Risiko-Verhältnis, hierzu gibt es meh-rere Studien, aus denen eindeutig hervorgeht, dass nachhaltige Fonds klassischen Fonds eindeutig überlegen sind. Von daher ist das für uns kein „Entweder/Oder“ sondern ein ganz klares „Und“. Für Nachhaltigkeit muss man nicht auf Rendite verzich-ten. //

„Für Nach-haltigkeit muss

man nicht auf Rendite verzichten.“

GEORG SCHÜRMANNFRANKFURT 50° 06 ‘ N, 08° 40 ‘ O

Georg Schürmann ist seit Juli 2009 Geschäfts-leiter der Triodos Bank Deutschland. Zuvor war er 20 Jahre lang bei der Deutschen Bank.

02 2016 GL BAL INVESTOR 83

~ ETHIK & WIRTSCHAFT ~

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Alle Reformen zusammengenommen wird deutlich, warum HSBC an eine positive Zukunft für Mexiko glaubt.

Die mexikanische Zentralbank sagt moderate Wachs-tumszahlen um zwei bis drei Prozent für 2016 und 2,3 bis 3,3 Prozent für 2017 voraus. Jede Verlangsamung des US-Produktionssektors würde das Wachstum des Nach-barn jedoch negativ beeinflussen. Doch im Vergleich mit anderen lateinamerikanischen Ländern steht Mexiko gut da, insbesondere im Vergleich mit Brasilien. Die aktuellsten Prognosen des Internationalen Währungsfonds im „World Economic Outlook“ gehen von einer Kontraktion von Bra-siliens Wirtschaft um 3,8 Prozent in 2016 und ein Prozent in 2017 aus.

Nicht nur für das mexikanische Wirtschaftswachstum, auch für die Aktienmärkte sind wir positiv gestimmt und erwarten attraktive Renditen. Der mexikanische Aktien-markt bietet großes Potenzial für Investitionen in Quali-tätsunternehmen. Mexikanische Aktien sind relativ hoch bewertet im Vergleich zu anderen Märkten. Wir halten dies aufgrund der hohen Profitabilität für gerechtfertigt.

Zudem sind sie im Vergleich mit anderen lateinameri-kanischen Aktien defensiver. Die Hälfte der im Hauptindex gelisteten Unternehmen ist im Konsumsektor tätig und we-

niger abhängig von Rohstoffpreisschwankungen oder dem chinesischen Wirtschaftswachstum. Die Gewinne haben in den vergangenen Jahren aufgrund der Volatilität der mexi-kanischen Währung zwar gelitten, doch die Gewinnmargen sind nur leicht zurückgegangen. Das ist vor allem der An-passungsfähigkeit der Unternehmen zu verdanken, die ihr Management und ihre Verwaltungsstrukturen verschlankt haben. Wir erwarten, dass die aktuellen Bewertungen wei-terhin von der Profitabilität mexikanischer Unternehmen, den Strukturreformen und dem wirtschaftlichen Umfeld getragen werden.

Im November könnte die Volatilität der Märkte steigen, ausgelöst durch die Präsidentschaftswahl in den USA. Die Präsidentschaftskandidaten vertreten unterschiedliche An-sichten zum Thema „internationaler Handel“. //

Mexikos Wirtschaft wird langfristig wachsen und dafür gibt es mehrere Gründe. Ein trei-bender Faktor ist der Binnenkonsum, der durch steigende Bevölkerungszahlen geför-

dert wird. Nicht nur der Konsum, auch die Angebotsvielfalt der Güter und Dienstleistungen nimmt zu. Verstärkt wird dieser Prozess von den in den USA lebenden Mexikanern, die ihre Verwandten und Bekannten in Mexiko unterstüt-zen und zudem mexikanische Produkte in den USA kaufen wollen. Das ermutigt mexikanische Unternehmen, ihren Lieferradius und ihre Präsenz nach Norden auszuweiten.

Mexiko ist auch ein Hauptakteur im internationalen Han-del. Das Land exportiert allein so viel wie der gesamte Rest La-teinamerikas, was sich auch im Handelsbilanzüberschuss des Landes widerspiegelt. Die Öffnungsrate – die Summe aus Ex-porten und Importen geteilt durch das Bruttoinlandsprodukt – beträgt rund 65 Prozent (Euler Hermes Economic Research Mexico, 2015). Fast drei Viertel aller exportierten Güter gehen in die USA. Im Rahmen des nordamerikanischen Freihandels-abkommen (NAFTA) werden nahezu 80 Prozent der Güter ge-handelt. Geliefert werden Rohstoffe, halbgefertigte und fertige Produktionsgüter. Da lediglich 5,4 Prozent der Gesamtexporte nach Europa und 2,5 Prozent nach China gehen, ist Mexiko den Wachstumsraten dieser Regionen nicht in großem Maße ausge-setzt (Bloomberg 2015).

Die wichtigste Grundlage für Wirtschaftswachstum und mehr makroökonomische Stabilität sehen wir in dem 2013 ver-abschiedeten Reformpaket. Dem damaligen Staatspräsidenten gelang es, die drei führenden Parteien für seine ehrgeizigen Strukturreformen zu gewinnen. Der sogenannte „Pacto por Mexico“ sollte die Produktivität des Landes steigern.

Im Gegensatz zu anderen lateinamerikanischen Volkswirt-schaften ist Mexiko durch den strukturellen Wandel weniger abhängig vom Rohstoffmarkt. Fiskalpolitische Reformen haben

der Regierung geholfen, sich von Öleinnahmen zu emanzipieren. Reformen des Energiesektors zielen darauf ab, die Ölindustrie für private Investoren zu öffnen. Die Hoffnung ist, so dem staatseigenen Erdölkonzern Pemex zu helfen, neue Ölreserven des Landes auszuschöp-fen und die Produktion wieder anzukurbeln. Das zeigte Erfolge: Schon in der ersten Ausschrei-bungsphase für mexi-kanische Öl-Rechte be-liefen sich ausländische Investments auf sieben Milliarden US-Dollar. Seit Dezember 2013 ha-

Die Tequila- Brennerei Cuervo La Rojena in der Stadt Tequila. Der Brand ist eines der bekanntesten Exportgüter Mexikos.

Der Exportmeister Lateinamerikas

Mexiko ist nicht nur der Exportmeister Lateinamerikas, der Regierung gelang es 2013 auch, ein umfassendes Reformpaket zu verabschieden – gute Voraussetzungen also für anhaltendes Wachstum.

Autor: Erick Vega Ruiz, Mexico City

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ben die Reformen des Energiesektors zudem zu einem 30-pro-zentigen Rückgang der Strompreise geführt, wie die mexikani-sche Finanzbehörde im Frühjahr 2016 berichtet.

Die Reform des Telekommunikationswesens hat eine asymmetrische Regulierung eingeführt, um bestehende Marktverzerrungen durch bereits ansässige Firmen zu redu-zieren, und so den Markt für künftigen Wettbewerb zu öff-nen. In der Folge sind Tarife und Preise für Mobilfunk- und Ferngespräche seit 2013 um 30 Prozent gesunken. Zudem hat der Markt mit AT&T einen neuen Teilnehmer, der nach Angaben der Finanzbhörde bereits 7,4 Milliarden US-Dollar investiert hat.

Finanzreformen haben die Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen erleichtert, die in Mexiko über 70 Prozent aller Arbeitnehmer beschäftigen. So sind Kredit-zinsen innerhalb von zwei Jahren seit Dezember 2013 um über neun Prozentpunkte gesunken. Und die Vergabe von Bankkrediten an den Privatsektor ist im März 2016 im Vor-jahresvergleich real um 11,6 Prozent (CNBV Mexiko) gestie-gen.

Die Bildungsreform sollte einen mittel- bis langfristigen Einfluss auf die Arbeitsproduktivität haben. Und dazu kom-men noch weitere Verwaltungs- und Gesetzesreformen.

ERICK VEGA RUIZMEXICO CITY 19° 25 ‘ N, 99° 07 ‘ W

Erick Vega Ruiz ist Chief Investment Officer bei HSBC Mexico. Er studierte in Mexiko und England VWL und Finanzwirtschaft.

Info

HSBC GIF MEXIKODer HSBC GIF Mexiko feierte in diesem Jahr seinen dritten Geburtstag und konnte den MSCI Mexico (IMI 10-40 Net

USD) annualisiert um 2,16 Prozent outperformen.

Der Fonds wird aktiv gemanagt. Grundlage für die Aktienauswahl ist fundamentale Analyse. Das vierköpfige

Analysten-Team in Mexico City widmet sich ausschließlich mexikanischen Aktien. Das Team untersucht 80 Titel, inklusi-ve FIBRAs (mexikanische REITs). Um das Liquiditätsrisiko zu managen, berücksichtigt HSBC Aktien mit einem Handelsvo-lumen von 400.000 US-Dollar im Sechsmonatsdurchschnitt.

Das Team bezieht ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in die Analyse mit ein, um die Nachhaltigkeit

der Unternehmen und potenzielle Risiken zu bewerten. Der Fonds profitiert hierbei auch von der Expertise des globalen

Investment-Teams. Darüber hinaus untersucht das Team makroökonomische Entwicklungen, um Wachstumsaus-

sichten berücksichtigen zu können.

Diese fundamentalen Einsichten helfen dabei, Investitions- risiken zu vermeiden und die für Emerging Markets spezifi-

schen Risiken zu minimieren.

Zurzeit ist der Fonds in 22 Titel investiert. Indem die Manger jede Position gewichten, folgen sie den Luxemburg SICAV-5-10-40-Regeln, um Portfolio-Konzentrations-Risiken

zu managen. Am positivsten gestimmt ist das Fondsteam für Nicht-Basiskonsumgüter. Dort erwartet es ein solides Wachstum von ausgewählten Service-Unternehmen. In Industrieaktien ist der Fonds aufgrund der Präferenz für

bestimmte Infrastruktur-Titel wie Flughäfen und Mautstra-ßen übergewichtet, in Basiskonsumgütern am stärksten

untergewichtet. Die Sektorverteilung kann je nach Investitionsumfeld variieren.

HSBC GIF Mexico Equity AC*ISIN: LU0877824093

–8,4

–5,9

0

+5%

–10%

* Ø Rendite pro Jahr (in Prozent)

1 JAHR 3 JAHRE 5 JAHRE

Fondsgesellschaft: HSBC Investment Funds (Luxembourg) S.A., Luxemburg, Fondswährung: US-Dollar, Fondsvolumen: 129 Mio. Euro

84 GL BAL INVESTOR 02 2016 V02 2016 GL BAL INVESTOR 85

~ MEXIKO ~

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Der Absolute Return Multi Premium Fonds ist ein internationaler Mischfonds mit Fokus auf Euro, der unabhängig von der Marktentwicklung bei gleichzeitiger Wertstabilität nach Kosten vier bis

fünf Prozent Rendite ausschütten will. Aufgelegt wurde das Produkt von der Portfolio Advice GmbH aus Oberursel bei Frankfurt, die vom Geschäftsführer Sergej Crasovschi gelei-tet wird. Um dieses Ziel zu erreichen, plant Crasovschi asym-metrische Risikoprofile mit Fokus auf empirischen Multi Asset Risikoprämien aufzubauen, welche sowohl von stei-genden als auch von fallenden Märkten profitieren können. Er kommentiert: „Damit unterscheidet sich der Fonds we-sentlich von klassischen Multi-Asset-Ansätzen, beiden denen die Assetklassen-Aufteilung oftmals unter Verwendung von Markowitz-Optimierung gesteuert werden. Weiterhin finden im Fonds generell keine direktionale ‚Wetten‘ auf steigende oder fallende Märkte statt, da der Glaube an Zukunfts-Prog-nosen oder Markt-Timing gering ist.“ Neben einer nachhalti-gen und stabilen Rendite stehe der langfristige Kapitalerhalt bei diesem Absolute-Return-Konzept im Vordergrund, wes-halb ein mehrstufiges und stringentes Risikomanagement verfolgt wird. „Als Assetklassen kommen hierbei grundsätz-lich globale Aktien, Zinsen, Währungen und Rohstoffe (ohne Agrar und Lebendvieh) in Betracht“, fügt er hinzu. Zudem seien Geldmarktinstrumente eine fünfte – für das Risikoma-nagement sehr wichtige – Assetklasse, da der Fonds inner-halb der Assetklassen keine Mindestanlagegrenzen kennt und deshalb in Phasen von hohen Risiken bzw. geringen Chancen auch bis zu 100 Prozent Cash halten dürfe. Innerhalb dieser Assetklassen investiert der Fonds vor allem in alternative Risikoprämien, wie zum Beispiel Carry, Curve, Dividenden, Konvexität, Liquidität, Mean-Reversion und Volatilität, die mit unterschiedlichen Instrumenten umgesetzt werden kön-nen. Zudem können auch Assetklassen interessant sein, in denen kaum Risikoprämien zu verdienen sind, da sie als Ab-sicherung für andere Anlagen dienen.

Die Identifizierung der Risikoprämien und die Umset-zung von Anlagechancen hat Crasovschi genauestens im Blick. Er erklärt: „Der Fonds konzentriert sich auf empiri-sche und fundamental belegbare Risikoprämien, welche in der Finanzliteratur erforscht und entsprechend dargelegt sind. Arbitrage-Strategien mit häufigen Handelsaktivitäten sind für diesen Fonds nicht wesentlich. Täglich werden die globalen Märkte auf relevante Risikoprämien untersucht und bei entsprechender Attraktivität investiert. Wichtig ist hier-bei neben dem Chance-Risiko-Profil der eingegangen Positi-on auch ihre Auswirkung auf die Stabilität des bestehenden

Portfolios.“ Die Umsetzung erfolge in den meisten Fällen über Kauf oder Verkauf von Derivaten, da mit diesen Instrumen-ten ein asymmetrisches Risikoprofil erzeugt werden könne. „Dies kommt Investoren entgegen, welche im Austausch für begrenzte Gewinne oft sehr hohe Risikopuffer erhalten. Der mögliche Kauf von Derivaten unterscheidet diesen Ansatz auch wesentlich von reinen ‚Options-Schreiber-Strategien‘, welche durch den ständigen Verkauf von Optionen meist auch hohe (Tail-)Risiken eingehen“, betont Crasovschi.

Dies kann der Geschäftsführer der Portfolio Advice GmbH auch an Einzelfällen erläutern. Er erklärt: „Ein kon-kretes Beispiel, welches im Fonds auch umgesetzt worden ist, bezieht sich auf europäische Dividenden (Euro Stoxx 50). Über Derivate können die zukünftigen realisierten Dividen-denzahlungen der 50 Blue-Chip-Unternehmen auch ohne das zugrundeliegende Aktienrisiko gehandelt werden. Zur Ver-deutlichung: Das Risiko einer solchen Position besteht nur in der Dividendenzahlung selbst, nicht aber in der Aktien-kursentwicklung.“ Da in Europa ein hoher Fokus auf Divi-denden-Kontinuität gelegt werde, seien die Dividendenzah-lungen im Durchschnitt der letzten 10 Jahre ziemlich stabil geblieben beziehungsweise sogar gestiegen. „Aufgrund eines hohen Übergewichts an Verkäufern von zukünftigen Divi-denden (Investmentbanken verkaufen meist Dividenden als Absicherung für strukturierte Retail-Produkte, da diese keine Dividendenzahlungen enthalten) war die Termin-Struktur-kurve der Dividenden im Juni stark negativ. Als Folge daraus konnten zukünftige Dividenden im Jahr 2020 extrem günstig

eingekauft werden“, bestätigt Crasovschi. Umgesetzt wurde diese Position über einen Kauf eines Call Spreads, was zu-sätzlich den Vorteil brachte, dass neben dem maximalen Ge-winn auch der maximale Verlust in Höhe der Optionsprämie bereits im Vorfeld feststand und das Risiko im Fonds entspre-chend gut gesteuert werden konnte.

Zur Realisierung von Gewinnen bemerkt Crasovschi: „Grundsätzlich werden Gewinne realisiert, wenn die verblei-bende Prämie relativ zur Restlaufzeit und zum Risiko nicht

www.portfolio-advice.com/

Systematisch Rendite erzielen

mehr adäquat ist. Im oben genannten konkreten Beispiel war die ursprüngliche Intention, die Position bis zur Fälligkeit zu halten und die errechnete Prämie über die nächsten 4,5 Jahre kontinuierlich zu verdienen.“ Aufgrund von hohen Markt-verwerfungen, verursacht durch Brexit und seinen Folgen, konnte jedoch bereits nach wenigen Wochen ein Teil der Position mit hohen Gewinnen geschlossen werden – wobei gleichzeitig die zukünftige Ertragschance für die verbleiben-de Position deutlich erhöht wurde. „Finanzmathematisch macht das keinen Sinn und war lediglich in den Marktver-werfungen begründet, weshalb die Chance unplanmäßig genutzt worden ist. Wiederum kurze Zeit später wurde die ursprüngliche Position auf einem höheren Level – und somit mit deutlich höheren Gewinnchancen – wieder hergestellt und wird (bis heute) gehalten“, bekräftigt Crasovschi.

Insgesamt ist der Fonds gut für Anleger mit einem mit-tel- bis langfristigen Zeithorizont geeignet. Insgesamt ist die Volatilität deutlich geringer als bei einem Aktieninvestment, wobei der Fondsmanager von einem Marktrisiko von circa 0,3 ausgeht. Dies bedeutet, dass bei einem zehnprozentigen Verlust am Aktienmarkt mit einem Rückgang von drei Pro-zent beim Fondspreis gerechnet werden muss. Dies war auch kurz nach dem Brexit der Fall, als der Gesamtmarkt kurzfris-tig in einer ähnlichen Größenordnung absackte. Aufgrund der angestrebten kontinuierlichen Ausschüttung von vier bis fünf Prozent pro Jahr bei gleichzeitiger Wertstabilität eignet sich der Fonds insbesondere als Ersatz zu Investments in An-leihen, die zum Großteil aktuell sogar negativ verzinst wer-den. ISIN: DE000A2AGM18

Der Global Unconstrained Bonds Fonds von T. Rowe Price legt seinen Schwerpunkt insbeson-dere auf Staatsanleihen. So kann das Team rund um den Manager Arif Husain in diesem Bereich

auch in angespannten Marktlagen stabile Renditen identifi-zieren. Bei Unternehmensanleihen ist das Engagement des Fonds hingegen begrenzt. Zum Fondsansatz sagt Husain: „Beim Aufbau eines dem uncontrained-Ansatz folgenden An-leiheportfolios sollten die traditionellen Stärken dieser Asset-klasse berücksichtigt werden: Es sollte immer darum gehen, die Investments der Anleger zu schützen, wenn andere Teile ihrer Vermögensallokation unter Druck stehen. Einfachheit, Transparenz und Liquidität sind dabei entscheidende Krite-rien. Und alle diese Qualitäten finden wir häufig bei Staats-anleihen.“

Bezüglich der Bonität und der Bewertung der Schuldner verfolgt das Team um T. Rowe Price einen eigenen Ansatz. Dabei will sich Husain nicht so sehr auf die Einschätzungen der Rating-Agenturen verlassen: „Wir betrieben ein unab-hängiges, fundamentales Bottom-up-Research. Unser Invest- mentansatz und alle unsere Anlageentscheidungen stützen sich auf die Expertise unserer Kredit- und Staatsanleihe-Ana-lysten. Agentur-Ratings und Prognosen sind im Investment-prozess natürlich nützlich, allerdings sind sie bei unseren Kauf- und Verkaufsentscheidungen nicht die maßgeblichen Faktoren.“ Zu den Laufzeiten ergänzt der Manager: „Das Portfolio hat eine Gesamtduration, die zwischen einem und sechs Jahren variieren kann. In diesem Rahmen können wir Wertpapiere mit unterschiedlichen Durationsprofilen kaufen und verkaufen. Dabei berücksichtigen wir länderspezifische Aspekte und analysieren zudem, wo das beste Verhältnis von Ertrag und Risiko zu finden ist. Es handelt sich um ein Port-folio mit High-Conviction-Ideen, die hauptsächlich von un-seren Staatsanleihe-Analysten kommen.“

Bei der Länderauswahl kann der Fonds auf eine brei-te Auswahl zurückgreifen, wobei es aber für das Team kei-nen spezifischen Schwerpunkt gibt. Hierzu ergänzt Husain: „Momentan sehen wir Investmentchancen bei Ländern wie Schweden und Israel, denn wir glauben, dass Anleihen dort weiterhin von den akkommodierenden Zentralbanken profi-tieren.“ Das gelte auch für Anleihen in Lokalwährung aus Ma-laysia, wo die Zentralbank einen neuen Zyklus der geldpoli-tischen Lockerung gestartet hätte. „In Europa haben wir eine Präferenz für Peripheriemärkte. Hier haben wir bestimmte osteuropäische Staaten ins Portfolio aufgenommen, wie zum Beispiel Rumänien, wo sich die wirtschaftlichen Funda-mentaldaten stark verbessert haben“, fügt Husain hinzu.

Beim Schließen einer Position verlässt sich der Manager eher auf numerische Spannen als auf strikte Levels. Hierzu sagt Husain: „Es kommt hier immer auf das jeweilige Markt- szenario an, weniger auf das Bewertungsniveau. Bevor wir eine Position schließen, berücksichtigen wir außerdem ex-

Sergej Crasovschi, Portfolio Advice: „Der Fonds konzentriert sich auf empirische und fundamental belegbare Risikoprämien.“

Arif Husain, Fondsmanager von T. Rowe Price: „Wir betreiben ein unabhängiges, fundamentales Bottom-up-Research.“

www.troweprice.com

Mit StaatsanleihenGeld verdienen

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~ NEUE FONDS ~~ NEUE FONDS ~

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terne Faktoren. Hierzu zählen die Auswirkungen auf das Ge-samtrisiko des Portfolios und potenzielle Ungleichgewichte, die entstehen könnten.“

Geeignet ist der Fonds vor allem für Investoren, die schwerpunktmäßig auf Kapitalerhalt und einen Schutz vor Abwärtsrisiken setzen. Hierzu ergänzt Husain: „Wir denken, dass unser flexibler Investmentansatz im Anleihebereich Vorteile bringt. Dabei kommt es natürlich auch auf die Risi-koneigung der Anleger an und auf die Erwartungen, die sie an ihre Fixed-Income-Investments innerhalb ihrer gesamten Wertanlagen haben. Anstatt auf komplizierte Strukturen zu setzen, würden wir dazu raten, beim Thema Fixed Income zu den Basics zurückzukehren.“ ISIN: LU1216622131

Der Dachfonds Mehrwertphasen-Balance-UI stellt nicht auf die üblichen − meist volatilitätsbasier-ten Kennzahlen und Korrelationsparameter ab, zumal Letztere gerade in Krisenzeiten oft ihre

Gültigkeit verlieren, weil die Korrelationen aller Assetklas-sen dann häufig gegen eins tendieren. Stattdessen wird das Verhalten unterschiedlicher Fondskonzepte in verschiede-nen Marktphasen untersucht. Gestartet der Fonds von der Investmentboutique Loriac Low Risk Asset Control und dem Strategiegeber Aecon. Investieren will das Produkt, das vom Fondsberater Jürgen Dumschat gesteuert wird, in vermö-gensverwaltende Fonds.

Zur ausgeklügelten Strategie kommentiert Dumschat: „Wir unterteilen den Kursverlauf eines Fonds nach Mehr-wert-, Verlust- und Aufholphasen, wobei eine Mehrwert-phase intakt ist, solange binnen maximal 90 Kalendertagen ein neues Allzeithoch erreicht werden kann.“ Sei dies nicht der Fall, so beginnt am Tag nach dem letzten Höchststand eine Verlustphase, die dann erst wieder aufgeholt werden muss, ehe Mehrwert für den Anleger erwirtschaftet werde. „Sorgfältig selektierte Multi-Asset- und/oder Alternative- Fonds bilden die Basis. Deren Entwicklung muss anhand des Fondskonzepts in den verschiedenen Marktphasen zu nach-vollziehbaren Ergebnisentwicklungen führen“, ergänzt Dum-schat.

Bei der Selektion der Assets geht Dumschat folgenderma-ßen vor: „Bei der Fondsauswahl steht eine gute Relation von durchschnittlicher Wertentwicklung zum bisherigen (oder denkbaren) Maximum Drawdown im Vordergrund. Aus den so selektierten Fonds erfolgt die Auswahl der tatsächlich allo-kierten Zielfonds in einem mehrschichtigen Prozess, bei dem

die Korrelation der Mehrwert-, Verlust- und Aufholphasen im Vordergrund steht. Ziel ist es, langfristig in Relation zu ihrem (Drawdown-)Risiko gut performende Fonds so mit-einander zu kombinieren, dass stets ein Teil der Fonds mit positiver Entwicklung in der Lage sein sollte, Schwächepha-sen anderer Fonds zu kompensieren.“ Investoren, die in den Fonds investieren möchten, sollten nach Möglichkeit über einen Zeithorizont von drei bis Jahren verfügen, um den Kapitalerhalt sowie die langfristig angestrebte Rendite errei-chen zu können. ISIN: DE000A2ADXC6

Der Fidelity Fonds SMART Global Moderate Fund A-EUR (Euro/USD hedged) ist ein aktiv gesteuer-ter Multi-Asset-Fonds der berühmten US-Fonds-gesellschaft. Manager der Strategie ist der erfah-

rene Experte Eugene Philalithis, der in diesem Sektor über einen ausgezeichneten Ruf verfügt. Besonderes Merkmal des Fonds ist, dass er sich in ein Beta- und ein Alpha-Portfolio unterteilt. Hierzu sagt Philalithis: „Zur Allokation basierend auf dem erwarteten Risiko nutzen wir im Beta-Portfolio ein Modell, das die Volatilität über ein Jahr in den in verschiede-nen Asset-Klassen untersucht. Anhand der Ergebnisse dieser Analyse bestimmt das Modell die Vermögensallokation. Für die Volatilität wird ein Zielbereich von sechs bis acht Prozent angestrebt.“ Bei einer niedrigeren Volatilität bestünde laut dem Fachmann das Risiko, dass die über einen Marktzyklus angestrebte Rendite von fünf Prozent über dem Geldmarkt nach Gebühren nicht erreicht wird.

Unterteilt ist das Beta-Portfolio in die drei Vermögen- ›

www.aecon24.de

Dachfonds mit smartem Plan

www.fidelity.de

Multi-Asset-Strategie perfektioniert

gruppen Defensiv, Rendite und Wachstum. Defensive Assets zeichnen sich durch geringe Marktschwankungen aus und schützen das Depot zumeist vor Wertverlusten. Hierzu zäh-len unter anderem globale Staats- und Unternehmensanlei-hen und globale inflationsgebundene Anleihen. Zur Rendite- gruppe sagt Philalithis: „Regelmäßige Erträge tragen wesent-lich zur Gesamtrendite von Assets aus der Renditegruppe bei, die tendenziell durch ein mittleres Volatilitätsniveau gekennzeichnet ist. Wachstumswerte sind am volatilsten, haben dafür aber auch das höchste Renditepotenzial dank Kapitalwachstum. Weil wir vor allem die längerfristigen Vo-latilitätstrends nutzen wollen, schauen wir uns täglich die Signale für Volatilität über ein Jahr an.“ Nehme die Volatili-tät zu, so reduziere das Modell allmählich die Allokation in Wachstumswerte. „Im umgekehrten Fall erhöht das Modell die Allokation in diese Vermögensgruppe. Die Verteilung auf die Asset-Gruppen Defensiv, Rendite und Wachstum erfolgt nach dem Ansatz gleicher Risikobeiträge. Somit liefert jede Asset-Klasse den gleichen Risiko- beziehungsweise Volatili-tätsbeitrag. Das Beta-Portfolio hat den weitaus größten Anteil am Gesamtportfolio“, ergänzt Philalithis. Zum Alpha-Port-folio erklärt der Fondsmanager: „Es ist darauf ausgerichtet, Mehrwert durch eine Anlage in die besten Ideen unseres Multi-Asset-Teams zu generieren. Das Alpha-Portfolio setzt sich aus einer Vielzahl von Positionen zusammen, darunter Aktien- und Rentenstrategien ausgesuchter Fondsmanager, Long-/Short-Positionen auf Aktienregionen und -sektoren sowie Engagements in alternative Anlageinstrumente.“

Zur aktuellen Portfoliozusammensetzung erläutert Phila- lithis: „Der Anteil von Wachstumswerten liegt derzeit mit knapp über 20 Prozent am unteren Rand der vorgegebenen Bandbreite. Das spiegelt die zwei in den vergangenen zwölf Monaten beobachteten Phasen mit ausgeprägter Volatilität wider. Dafür liegt die Allokation in die Vermögensgruppe Defensiv mit knapp 50 Prozent am oberen Ende, während die Anlageklasse Rendite etwa 30 Prozent des Portfolios ausmacht.“ Zu Letzterer gehörten auch Dividendenaktien. „Natürlich hinterfragen wir die Vorschläge unseres Modells. Schlägt es zum Beispiel eine Allokation in die Vermögens-gruppe Defensiv über die Obergrenze von 80 Prozent hinaus-gehend vor, kann ich bis zu 30 Prozent des Beta-Portfolios in Geldmarktinstrumente umschichten, um das Risiko zu ver-ringern und die Volatilität im Zielbereich zu halten. Im Al-pha-Portfolio kann ich meiner Einschätzung zu verschiede-nen Aktienregionen und -sektoren Ausdruck verleihen und zudem die besten Anlageideen unseres Multi-Asset-Teams umsetzen“, fügt der Fachmann hinzu.

Betreffend der Auswahl der Anlageregionen erklärt Philalithis: „Im Beta-Portfolio spielt es keine Rolle, welche Regionen ich bevorzuge, da das Modell das Vermögen sys-tematisch auf die verschiedenen Anlageklassen aufteilt. Im Anleihebereich gibt es keine regionale Aufteilung, sondern lediglich die Gruppen globale Staatsanleihen, globale Unter-nehmensanleihen und globale Hochzinsanleihen. Denn wir haben festgestellt, dass die jeweiligen Regionen innerhalb

dieser Anleiheklassen sehr homogene Volatilitäts- und Ren-ditemerkmale aufweisen.“ Bei Aktien würden dagegen ver-schiedene Regionen unterschieden werden. „Aber nicht weil wir einzelne Strategien favorisieren, sondern weil die Stra-tegien unterschiedlich stark zur Volatilität des Gesamtport-folios beitragen“, sagt Philalithis. Er ergänzt: „Innerhalb des Alpha-Portfolios engagiere ich mich in verschiedenen Akti-enregionen. Zum Beispiel schätze ich derzeit den Ausblick für Aktien aus den USA günstig ein, denen das recht solide heimische Wirtschaftswachstum und die noch länger anhal-tende Niedrigzinspolitik der US-Notenbank zugutekommen.“

Zu der Absicherung von Fremdwährungsrisiken erklärt Philalithis: „Die Basiswährung des Fonds ist der US-Dollar. Unsere Strategie sieht die Absicherung von Engagements in anderen Währungen als US-Dollar in der Anlageklasse De-fensiv des Beta-Portfolios vor. In der Rendite-Anlageklasse sichern wir die Anleihen ab, die nicht auf US-Dollar lauten. In der Asset-Gruppe Wachstum verzichten wir auf eine Ab-sicherung des Fremdwährungsrisikos. Generell nutzen wir zur Absicherung Devisentermingeschäfte.“ Geeignet sei der Fonds für mittel- bis langfristig orientierte Anleger. Aller-dings ist eine schnelle und spektakuläre Rendite auf kurzfris-tige Sicht nicht zu erwarten. ISIN: LU1431864153

Mit dem Fonds UniAusschüttung hat die Gesell-schaft Union Investment eine Strategie aufge-legt, die ihren Anteilseignern vierteljährlich Erträge auszahlt. Hierzu erklärt Fondsmanager

Michael Nipp: „Jeweils vor dem Start eines Geschäftsjahres am 31. März legen wir auf Basis unserer aktuellen Kapital-markteinschätzung und der daraus resultierenden Grundallo-kation eine erwartete Ausschüttungsbandbreite fest. Für den laufenden Turnus liegt diese Bandbreite zwischen 2,5 und 3,5 Prozent nach Kosten. Zusätzlich besteht mittel- bis langfris-tig die Chance auf Kapitalwachstum.“ Hierbei legt Nipp die Fondsgelder breit diversifiziert an: „Grundsätzlich investie-ren wir in Asset-Klassen, die ein attraktives Verhältnis zwi-schen laufendem Ertrag und potenzieller Kursschwankung bieten. Dazu gehören momentan globale Dividendenaktien, aber auch Anleihen aus den Emerging Markets, High-Yield-Pa-piere aus den USA und Europa und Nachranganleihen. Immo-bilien, Rohstoffe oder Private-Equity-Investments finden sich hingegen aktuell nicht in unserem Portfolio.“

Derivate nutzt der Manager vor allem für die Risikosteue-rung. Hierzu sagt Nipp: „So haben wir den Fonds beispiels-

Jürgen Dumschat, Mehrwertphase-Balance-UI: „Wir unterteilen den Kursverlauf eines Fonds in Mehr-, Verlust-, und Aufholphasen.“

www.union-investment.de

Ausschüttung viermal im Jahr

88 GL BAL INVESTOR 02 2016 02 2016 GL BAL INVESTOR 89

~ NEUE FONDS ~ ~ NEUE FONDS ~

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weise vor der Brexit-Abstimmung mithilfe entsprechender Strategien defensiver aufgestellt. Dabei wurde die Aktien-quote über eine Verkaufsposition im S&P 500-Future redu-ziert und gleichzeitig die Rentenquote über eine Kaufpositi-on in zehnjährigen US-Staatsanleihen-Futures erhöht. Nach dem Referendum wurde die Short-Position im S&P-Future dann wieder eingedeckt und die US-Staatsanleihen veräu-ßert.“ Bei der Portfoliosteuerung folgt Nipp einem trans-parenten Investmentprozess: „Im Fokus stehen bei uns die attraktiven, vierteljährlichen Ausschüttungen. Von daher konzentrieren wir uns zunächst auf die Identifikation mög-licher Ertragsquellen. Das sind Dividenden, Zinskupons und Optionsprämien. Im nächsten Schritt gehen wir in die Port-foliokonstruktion. Hierfür greifen wir auf Informationen aus einer Reihe von internen – wie unser Union Investment Committee – und externen Quellen zurück.“ Nach eingehen-der Kapitalmarktanalyse entscheide sich das Team für eine Grundallokation im Portfolio, die zurzeit 40 Prozent in Akti-en und 60 Prozent in Anleihen investiert sei. Danach erfolge die Titelauswahl. „Dabei reicht es beispielsweise bei globa-len Dividendenaktien nicht aus, dass der Titel eine möglichst hohe Ausschüttung verspricht. Vielmehr achten wir bei Kauf und Verkauf der Aktien auch auf eine Begrenzung der Volati-lität oder des Gewichts einzelner Namen im Portfolio. Auch wird die Grundallokation mit Unterstützung von Derivaten aktiv gesteuert, ohne die Ausschüttungsbandbreite zu ge-fährden“, fügt Nipp hinzu. ISIN: LU1390462189

Der Jupiter Global Absolute Return Sicav von Jupi-ter Asset Management strebt eine absolute Ren-dite über einen rollierenden Zeitraum von drei Jahren an. Anlagen tätigt der Fonds laut Manager

James Clunie in folgende Assetklassen: „Der Fonds inves-tiert hauptsächlich in ein globales Portfolio aus Long- und Short-Aktien. Falls nötig, sind auch Investments in andere Assetklassen möglich, zum Beispiel um durch Hedging auf Instabilitäten in unserem Aktienportfolio zu reagieren. Ne-ben physischen Long-Positionen ist es auch möglich, auf synthetische Long- und Shortpositionen durch Derivate zu-rückzugreifen.“ Derivate können laut Clunie ebenfalls zum Einsatz kommen: „Wir können auf Derivate zurückgreifen, was uns die Flexibilität bietet, unsere Fondsziele auch in unterschiedlichen Marktbedingungen zu erreichen. Durch die Möglichkeit, sowohl Long- als auch Short-Positionen im Portfolio zu halten, sind wir recht flexibel, uns gegen fallen-

de Aktienmärkte abzusichern, die Korrelation mit allgemei-nen Aktienmarktrenditen zu verringern und die monatliche Volatilität der Rendite zu minimieren.“

Der Investmentansatz von Clunie ist dabei sehr vielschichtig. Er kommentiert: „Ich bin in erster Linie Bot-tom-up-Investor und konzentriere mich als solcher bei der Portfoliokonstruktion auf eine Kombination aus quantita-tiven und fundamentalen Analysen. Potenzielle Long- und Short-Ideen werden mithilfe quantitativer Aktienfilter identifiziert. Im Bezug auf Fundamentaldaten halten wir nach Value-Titeln Ausschau, die sich außerhalb einer ange-messenen Preisspanne befinden. Außerdem versuchen wir zu verstehen, warum sie sich womöglich dort bewegen. Long-Positionen müssen zudem eine einfache Checkliste verschiedener Eigenschaften durchlaufen, sodass Fehler in der Aktienauswahl möglichst minimiert werden.“ Zu Leer-verkäufen ergänzt der Manager: „Bei Short-Positionen su-chen wir nach überbewerteten Aktien und einem bestimm-ten Auslöser, der zu einer Abwertung der Firma führen könnte. Dies könnte zum Beispiel ein Signal einer quanti-tativen Analyse sein oder eine ‚angreifbare‘ Kapitalstruktur. Unser Ansatz ist pragmatisch, basiert auf wissenschaftli-chen Untersuchungen und unserem eigenen empirischen Research. Wir greifen auf eine große Bandbreite an Short-selling-Techniken zurück: die Identifizierung unüblicher Entscheidungen des Managements bei Buchhaltungsfragen, Bilanzungleichgewichten und themenbasiertes Handeln.“ Der Exit erfolgt laut Clunie unter folgenden Kriterien: „Wir stoßen Titel unter bestimmten Voraussetzungen ab. Hierzu zählen neue, ungünstige quantitative Signale oder Informa-tionen, wenn Bewertungen nicht mehr attraktiv erscheinen, oder wenn im Falle von Short-Positionen ein Stopp-Loss ausgelöst wird.“

Eine bestimmte Anlageregion bevorzugt Clunie nicht: „In alle zulässigen globalen Märkte kann investiert werden; das sektorale Exposure kann sicherlich über die Zeit variieren, aber es dürfte langfristig keinen Überhang eines bestimm-ten Sektors geben. Wir beobachten makroökonomische Ent-wicklungen und nutzen Top-down-Analysen zur Risikomi-nimierung, doch unser Investmentansatz basiert nicht auf derlei makroökonomischer Erwägungen. Unserer Meinung nach sind Auswertungen ausschließlich ökonomischer Da-ten und Liquidität nicht mehr ausreichend angesichts einer zusehends von politischen Entwicklungen getriebenen Öko-nomie. Es nützt wenig, die Handlungen von Politikern und Zentralbanken, und wie sich diese auf den Märkten nieder-schlagen, vorherzusagen.“ ISIN: LU1388736503 //

www.jupiteram.com

Absolut Return mit cleverem Ansatz

TIM RADEMACHERFRANKFURT 50° 06 ‘ N, 08° 40 ‘ W

Tim Rademacher ist leitender Redakteur bei Global Investor mit Sitz in Frankfurt am Main.

90 GL BAL INVESTOR 02 2016

~ NEUE FONDS ~

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Aureus Fund (Ireland) Plc IE0031772803 Euro 258.400.237 23,61 4,34 -0,46 19,68Barclays Capital Combats Fund LU0571661007 CHF 15.453.621 -0,66 0,81 -1,3 11,06Credit Suisse (Lux) Commodity Allocation Fund LU0499368180 Euro 1.293.085.351 -10,65 -14,39 -14,53 21,09FIVV-MIC-Mandat-Rohstoffe DE000A0NAAA1 Euro 6.502.216 -2,45 0,23 -3,36 15,68Hansagold Euro-Klasse DE000A0RHG75 Euro 119.154.102 17,19 -2,14 -6,74 22,8LBBW Rohstoffe 2 LS DE000A0X97E0 Euro 107.164.216 2,05 -4,67 -1,11 11,73Lupus Alpha Commodity Invest DE000A1C6G76 Euro 24.207 -3,41 -2,98 -1,41 9,53Market Access III RICI Enh. Commodity Index Fund LU0384596192 Euro 9.013.236 -20,41 -11,23 -3,24 23,31

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Allianz Strategiefonds Balance DE0009797258 Euro 605.738.407 -2,05 8,91 9,29 7,72Blackrock Global Funds - Global Equity Income LU0545039389 USD 2.371.198.524 4,55 5,45 6,88 10,98Carnegie Fund Worldwide LU0086737722 NOK 18.557.055.720 -1,32 20,03 16,92 -Credit Suisse (Lux) Global Value Equity Fund LU0129338272 Euro 168.254.470 6,16 8,46 6,71 16,39Deka-Dividendenstrategie DE000DK2CDS0 Euro 3.029.599.504 -4,21 11,81 11,48 14,27Deutsche Invest I Top Dividend LU0507265923 Euro 4.541.546.932 4,21 11,78 11,69 11,02DJE - Dividende & Substanz LU0159550150 Euro 1.224.000.176 -3,97 9,19 8,01 14,15DWS Top Dividende DE0009848119 Euro 17.173.752.796 3,94 12,58 12,14 11,45DWS Vermögensbildungsfonds DE0008476524 Euro 6.817.380.584 -3,3 12,62 10,64 15,44Fidelity Funds - World Fund LU1261432659 Euro 1.039.609.676 - - - -FT Interspezial DE0008478009 Euro 210.601.238 -3,57 12,91 11,83 13,47Flossbach von Storch Global Quality LU0366178969 Euro 281.867.310 2,3 12,92 11,49 12,9Invesco Global Structured Equity LU0482497954 Euro 643.565.197 -2,25 8,61 9,27 14,7JP Morgan Global Dividend Fund LU0329202252 Euro 88.133.725 -3,81 9,54 10,23 12,93KBC Equity Fund Growth by Innovation BE0167682666 Euro 7.708.220 5,13 15,83 14,48 13,86Kepler Risk Select AT0000A0NUW5 Euro 87.039.454 3,23 15,28 13,65 11,69LGT Sustainable Equity Fund Global LI0106893030 Euro 244.312.307 20,95 21,12 16,93 14,83M&G Global Dividend Fund GB00B39R2S49 Euro 7.096.038.532 -5,26 6,64 9,68 16,33Metzler International Growth IE0003723560 Euro 42.476.213 -3,77 12,09 12,2 14,61MFS Meridian Funds - Global Equity LU0094560744 Euro 4.606.566.650 -2,18 11,72 13,95 14,45MS Investment Funds - Global Opportunity Fund LU0552385295 USD 1.006.323.591 4,37 17,29 11,04 17,45Nordea 1- Global Stable Equity Fund LU0097890064 Euro 2.399.068.585 6,55 16,71 16,89 11,17Nordea-1 Global Dividend BP LU0772951868 USD 72.109.193 - - - -Pictet - High Dividend Selection LU0503634221 Euro 1.145.775.968 0,48 8,21 9,29 11,13Pictet-Global Megatrend Selection LU0386882277 Euro 3.986.608.861 -4,46 12,28 12,32 14,36Robeco BP Global Premium Equities LU0203975437 Euro 1.612.775.215 -2,04 13,4 14,65 14,24Schroder ISF Global Dividend Maximiser LU0867894346 Euro 3.265.180.488 -5,01 2,51 - -Siemens DC Balanced DE000A0LF5G1 Euro 929.055.479 1,11 5,57 5,65 5,65State Street World Index Equity Fund LU1159235107 Euro 2.536.643.849 -1,67 12,77 13,36 13,21Templeton Growth LU0114760746 Euro 6.563.019.199 -10,09 6,47 9,95 16,21Unifavorit: Aktien DE0008477076 Euro 1.446.469.016 2,09 13,51 14,52 13,97Union Investment Uniglobal DE0008491051 Euro 4.749.027.375 -3,17 11,54 11,9 13,6Uni-Global - Equities World LU0337270200 Euro 977.013.879 4,1 8,38 7,41 16,49Uniinstitutional Global High Dividend Equities DE000A0RPAP8 Euro 919.995.404 -1,47 11,27 12,77 10,47Valueinvest Lux Global LU0135991064 Euro 847.168.530 6,99 15,31 14,61 11,01Vanguard Global Stock Index Fund IE00B03HCZ61 Euro 7.856.336.669 -1,88 12,63 13,13 13,23Vanguard Inv Series Plc Glb Small-Cap Index IE00B3X1NT05 GBP 579.776.408 19,6 11,88 12,96 14,87Vontobel Global Equity Hi LU0333249364 Euro 1.634.172.812 1,41 6,41 7,4 18,5Siemens DC Balanced DE000A0LF5G1 Euro 929.055.479 1,11 5,57 5,65 5,65

ROHSTOFFE

FONDS WELTWEIT Performance *

* nicht akkumulierte Ø Rendite pro Jahr (in Prozent), ** in Fondswährung, *** annualisierte Standardabweichung (5-Jahreswert)

02 2016 GL BAL INVESTOR 91

~ WATCHLIST ~

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Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Allianz Europe Equity Growth LU0256839274 Euro 6.867.915.678 -4,51 10,4 11,7 14,23AXA Wf - Framlington Europe Small Cap LU0125741180 Euro 604.006.766 -2,81 13,83 12,91 13,53BGF Euro-Markets LU0147386659 Euro 3.301.747.813 -5,34 9,61 11,16 15,99Deka-Europa Aktien Spezial LU0835598458 Euro 1.049.689.898 -6,22 10,71 - -Franklin European Small-Mid Cap Growth Fund LU0188151095 Euro 618.909.068 -16,36 4,92 10,18 14,11JP Morgan Europe Equity Plus Fund LU0289089384 Euro 3.948.355.966 -11,87 9,04 12,02 14,69Metzler European Smaller Companies IE0002921975 Euro 479.278.408 -8,39 13,64 12,69 15,98MFS Meridian Funds - European Value Fund LU0125951151 Euro 6.052.151.974 -0,8 12 12,81 10,74Nordea 1- European Value Fund LU0064319337 Euro 1.265.146.041 -11,05 6,36 7,98 12,71Schroder ISF Emerging Europe LU0106817157 Euro 392.774.797 3,52 -1,96 -0,7 19,69Threadneedle Pan European Sm Companies Fund GB00B0PHJS66 Euro 1.912.495.490 -4,88 12,11 12,92 13,2UBS (Lux) Equity - European Opp. Unconstrained LU0549584711 Euro 3.917.438.347 -5,51 13,83 16,22 13,17Vontobel Fund - European Equity LU0153585137 Euro 722.264.333 -3,43 8,06 10,92 10,53

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Carnegie Nordic Markets Fund Lu0086738027 SEK 643.145.889 0,83 16,89 12,22 -Danske Invest Nordic Lu0012195888 NOK 244.990.626 3,42 16,92 13,11 -DNB Fund - Scandinavia Lu0083425479 Euro 66.389.821 -3,75 11,68 9,25 15,41Fidelity Funds - Nordic Fund Lu0346392995 SEK 2.946.300.215 0,99 12,88 13,96 13,98Nordea 1- Nordic Equity Small Cap Fund Lu0278527428 Euro 80.672.789 10,63 14,68 11,96 14,8Parvest Equity Nordic Small Cap Lu0950373059 Euro 34.304.819 14,8 19,98 13,66 17,3SEB Nordic Small Cap Lu0385664312 SEK 1.186.875.058 9,65 19,95 14,2 -

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***AXA WF Framlington Italy LU0087656699 Euro 338.581.650 -26,97 4,17 4,52 20,49BNP Paribas L1 Fund Equity Netherlands Classic LU0043962355 USD 423.441.415 -6,53 2,82 - -Candriam Equities B Belgium BE0942851115 Euro 198.515.081 -2,75 13,27 11,55 12,09Comgest Growth Europe IE00B6X8T619 Euro 2.176.331.134 -2,57 9,08 12,45 11,58Danske Invest Denmark Focus LU0012195615 NOK 518.740.738 9,22 - - -Edmond de Rothschild Tricolore Rendemen FR0010588343 Euro 1.357.529.416 -10,89 5,84 6,19 15,43Fidelity Funds - France Fund LU0261948060 Euro 217.933.204 -9,72 7,12 8,26 14,06Fidelity Funds - Iberia Fund LU0261948904 Euro 805.079.031 -10,82 7,31 8,24 15,84JOHCM UK Opportunities Fund GB00B0LLB641 GBP 1.434.736.187 11,11 9,06 11,71 9,35Schroder ISF UK Opportunities LU0995123261 Euro 88.971.708 -18,75 -0,04 10,01 13Threadneedle UK Mid 250 GB0033547604 GBP 90.181.401 -4,49 6,79 10,98 14,16UBAM - Swiss Equity LU0352162191 Euro 1.192.483.416 -8,07 7,49 10,98 12,64Vontobel Fund - Swiss Mid and Small Cap Equity LU0129602636 CHF 166.487.395 7,3 13,55 11,75 13,51Comgest Growth Europe IE00B6X8T619 Euro 2.176.331.134 -2,57 9,08 12,45 11,58

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Aberdeen Global - Emerging Markets Equity LU0498181733 Euro 5.533.069.776 0,31 5,18 4,11 18,88Carmignac Emergents FR0010149302 Euro 1.193.582.538 0,18 6,5 3,56 16,36Comgest Growth Emerging Markets IE00B65D2871 Euro 3.878.316.850 -2,21 9,91 5,75 17,87First State Global Emerging Markets Leaders Fund GB00B2PDTP51 Euro 3.183.105.665 0,6 7,27 8,1 15,19JP Morgan Emerging Markets Equity Fund LU0217576759 Euro 3.443.105.742 3,31 5,99 2,94 18,94M&G Global Emerging Markets Fund GB00B3FFXZ60 Euro 1.855.526.264 -0,94 3,42 1,67 20,25Morgan Stanley Emerging Markets Equity Fund LU0365481349 Euro 1.614.374.750 -0,22 6,7 5,07 -Robeco Emerging Cons. High Dividend Equities LU0582533245 Euro 2.741.165.011 -2,7 5,51 6,17 15,44Russell IC Emerging Markets Equity Fund IE0002549487 Euro 3.620.827.405 -0,94 5,62 2,67 18,72Schroder ISF Emerging Markets LU0248178492 Euro 2.089.612.950 -0,64 6,37 3,95 18,76Schroder ISFFrontier Markets Equity LU0968301142 Euro 1.079.968.125 -7,21 - - -Skagen Kon-Tiki NO0010140502 USD 3.810.376.337 -1,05 -2,64 -3,32 -Templeton Emerging Markets Fund LU0188151921 Euro 472.752.342 0 1,69 -0,12 18,33Vanguard Emerging Markets Stock Index Fund IE0031786142 Euro 6.851.844.872 -2,1 5,24 1,82 19,05

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Allianz Global Agricultural Trends LU0342688941 Euro 201.368.711 -6,35 10,74 6,65 17,95AXA Rosenberg Global Small Cap Alpha Fund IE0031069168 Euro 495.461.778 -4,21 12,62 13,96 15,66Bellevue Funds (Lux)-BB Adamant Biotech LU0415392249 Euro 60.989.428 -27,53 17,85 24,59 25,21Blackrock Global Funds - New Energy LU0252964944 Euro 841.060.775 -0,26 9,37 7,19 -Blackrock Global Funds - World Energy LU0171301533 Euro 1.611.914.635 -8,56 -6,29 -5,3 -Blackrock Global Funds - World Healthscience LU0171307068 Euro 3.009.304.115 -7,53 19,54 21,69 -Carnegie Fund Medical LU0090908194 Euro 581.802.877 -19,89 14,61 17,29 15,41Carnot Efficient Energy Fund LU0330113779 Euro 44.526.261 -3,86 6,2 4,75 17,7Deka-Telemedien TF DE0009771923 Euro 435.406.940 -3,12 14,92 16,46 14,12DJE - Agrar & Ernährung LU0350835707 Euro 92.094.355 -1,4 1,05 5,92 15,5Edmond De Rothschild Fund - Global Healthcare LU1160356009 Euro 430.924.077 -10,78 16,09 20,07 13,07Fidelity Funds - Global Technology Fund LU1213836080 Euro 1.042.624.476 9,29 - - -Fidelity Funds - Global Telecommunications Fund LU0261951957 Euro 163.020.978 -3,27 9,9 10,04 11,63First State Global Listed Infrastructure Fund GB00B2PDR286 Euro 1.954.873.174 9,54 16,91 14,71 12,24Franklin Biotechnology Discovery Fund LU0109394709 USD 2.038.968.657 -26,82 10,11 19,65 23,84Global Brands Fund Hedged Class LU0335216932 Euro 6.358.380.835 2,15 7,04 7,97 18,97GS Global Small Cap Core Equity Portfolio LU0300997029 USD 312.367.342 1,63 7,29 8,95 15,22Henderson Global Technology Fund LU0572954062 Euro 1.824.563.516 3,25 16,07 14,31 15,76Janus Global Life Sciences Fund IE0002122038 Euro 1.439.727.396 -17,17 15,56 18,69 19,96JP Morgan Global Natural Resources Fund LU0208853274 Euro 665.584.155 11,08 -5 -13,91 29,86Jupiter Global Financials LU0262307480 Euro 60.394.514 -11,56 8,84 9,89 17,33Kepler Small Cap Aktienfonds AT0000653670 Euro 64.420.653 4,36 17,88 14,69 12,53Macquarie Global Listed Infrastructure Fund LU0433812962 Euro 62.607.542 0,45 11,42 9,66 11,83MFS Meridian Funds - Global Energy LU0406711613 Euro 28.692.784 -3,77 -1,07 0,61 18,89NN (L) Food & Beverages LU0119207214 USD 428.295.579 9,9 10,59 10,51 10,81Ökoworld Ökovision Classic A LU0551476806 Euro 570.410.529 -1,35 10,16 11,01 14,7Parvest Equity World Consumer Durables LU0823412183 Euro 131.464.966 -4,58 12,67 - -Pictet-Timber LU0340559557 Euro 403.831.716 -6,73 5,22 9,96 17,43Pictet-Water LU0385405567 USD 3.890.509.891 7,62 13,23 12,92 11,06Polar Capital Healthcare Opportunities Fund IE00B3K83P04 Euro 860.617.265 -16,24 23,13 26,47 -Schroder ISF Global Smaller Companies LU0279460892 Euro 157.455.532 -2,59 13,47 12,57 14,84UBS (Lux) Equity Fund - Biotech LU0400035332 USD 1.199.686.466 -24,18 11,07 20,42 24,42UBS (Lux) Equity Fund - Global Innovators LU0130799603 Euro 94.017.479 -9,31 8,14 7,26 15,81

EMERGING MARKETS

GLOBALE THEMENFONDS Performance *

EUROPA LÄNDERFONDS

NORDEUROPA

EUROPA GESAMT Performance *

Mindestens zwei Drittel des Fondsvermö-gens werden in Aktien und Wertpapiere

von Unternehmen in China, Hongkong und Taiwan inves-tiert. Der Fonds kann direkt in China-B-Aktien und China- H-Aktien investieren. Über den Shanghai Hongkong Stock Connect können zudem zehn Prozent des Vermögens in Chi-

na-A-Aktien investiert werden. Die Fondsmanagerin Louisa Lo gewichtet im Vergleich zur Benchmark China über und Hongkong sowie Taiwan unter. Betrachtet man die Sektoren, ist die Übergewichtung von Informationstechnologien und Konsumgütern am auffälligsten sowie die Untergewichtung im Finanzsektor. s. Seite 96

Die Wachstumschancen Chinas nutzenSchroder ISF Greater China

* nicht akkumulierte Ø Rendite pro Jahr (in Prozent), ** in Fondswährung, *** annualisierte Standardabweichung (5-Jahreswert)* nicht akkumulierte Ø Rendite pro Jahr (in Prozent), ** in Fondswährung, *** annualisierte Standardabweichung (5-Jahreswert)

02 2016 GL BAL INVESTOR 9392 GL BAL INVESTOR 02 2016

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Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***BGF Global Allocation Fund LU0171283459 Euro 18.072.506.483 -2,13 8,51 8,37 -BGF US Small & Midcap Opportunities Fund LU0171298648 Euro 340.577.627 -5,56 14,07 13,98 -Dimensional Funds - US Small Companies Fund IE0032768974 Euro 147.065.755 0,12 13,26 16,65 16,64Edgewood US Select Growth LU0138007074 Euro 2.199.649.426 1,18 13,57 13,36 19,38First Eagle Amundi International Fund LU0565135745 USD 7.592.977.311 5,88 4,06 4,35 -

Franklin Global Fundamental Strategies Fund LU0316494805 Euro 1.608.499.415 -8,43 6,13 8,09 12,35Franklin Income Fund LU1129995152 Euro 2.172.545.695 -0,32 - - -GS US Focused Growth Equity Portfolio LU0133264951 Euro 35.023.980 -3,46 13,51 14,3 14,4Invesco Balanced-Risk Allocation Fund LU0432616737 Euro 2.501.735.152 5,28 4,09 4,54 6,41Janus Balanced Fund IE0009514989 Euro 609.010.234 -0,08 3,24 4,95 8,18JP Morgan Funds US Smaller Companies Fund LU0210528922 USD 474.402.304 4,81 9,27 12,45 15,04Kathrein US Equity AT0000779673 Euro 49.343.498 2,18 18,9 18,42 14,51Legg Mason Clearbridge US Agressive Growth Fund IE00B19ZB219 USD 278.784.968 3,44 8,15 10,74 11,27Legg Mason Royce US Small Cap Opportunity Fund IE00B19Z4C24 Euro 535.100.767 -0,35 8,01 13,02 19,88Lux-Euro-Stocks Tecdax LU0108712554 Euro 12.715.068 -3,77 15,87 10,92 15,3M&G Optimal Income Fund GB00B1VMCY93 Euro 18.048.603.865 2,6 3,04 5,5 4,94MFS Meridian Funds Global Total Return Fund LU0219418836 Euro 2.570.057.759 2,85 10,39 11,02 8,68Parvest Equity USA Mid Cap LU0212196652 Euro 532.125.611 -1,92 2,69 8,57 24,07Parvest Equity USA Small Cap LU0823410724 Euro 541.311.265 -2,06 15,34 16,91 17,56Pioneer Funds - US Mid Cap Value LU0133607589 Euro 442.049.521 -0,76 12,76 13,42 14,22Robeco US Premium Equities LU0674140123 USD 1.667.369.725 4,36 11,35 14,19 15,15Schroder US Small & Mid-Cap Equity LU0248178732 Euro 1.215.585.738 2,53 17,07 17,06 13,51T. Rowe Price Funds Sicav - Us Sm Comp. Eq. LU0918140210 Euro 810.536.878 3,47 15,63 18,97 14,75Templeton Global Income Fund LU0211332563 Euro 1.334.188.887 -9,94 5,95 7,94 12,34UBS (Lux) Key Selection Sicav - Glb Allocation LU0423408631 USD 1.029.880.245 -5,91 3,1 3,86 9,55UBS Strategy Balanced LU0049785792 USD 1.012.290.902 -1,08 3,68 3,97 6,78

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Acatis Gané Value Event Fonds De000a0x7541 Euro 1.276.909.230 -0,17 5 7,19 6,64Allianz Strategy 50 Lu0352312184 Euro 2.506.715.686 -0,26 8,97 9,57 7,27AXA Chance Invest De0009789453 Euro 1.265.674.580 -6,4 9,29 10,1 13,56Carmignac Patrimoine Fr0010135103 Euro 24.400.524.438 -3,51 5,64 4,77 7,03Flossbach von Storch Sicav -Multiple Opportunities Lu0323578657 Euro 9.886.436.650 5,09 9,84 10,84 8,78Flossbach von Storch -Multi Asset - Balanced Lu0323578145 Euro 1.089.703.960 3,71 8,3 7,3 6,92JP Morgan Global Macro Opportunities Fund Lu0247992398 Euro 6.320.986.298 1,66 9,59 6,87 12,73M&G Optimal Income Fund Gb00b1vmcy93 Euro 18.048.603.865 2,6 3,04 5,5 4,94Nordea 1 – Stable Return Fund Lu0227384020 Euro 17.036.895.186 6,57 7,29 7,43 4,15

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Akrobat Fund - Europa LU0138526776 Euro 210.066.776 -4,14 3,68 7,1 11,71AL Trust Aktien Deutschland DE0008471608 Euro 168.200.650 -7,13 6,93 6,09 20,2Allianz Adifonds DE0008471038 Euro 212.597.640 -4,9 9,32 8,58 18,58Allianz German Equity LU0840617350 Euro 411.571.277 -4,95 9,11 10,29 18,73Allianz Nebenwerte Deutschland DE0008481763 Euro 705.015.567 -0,74 11,92 12,58 17,05Allianz Thesaurus DE0008475013 Euro 159.246.254 -4,9 9,88 9,26 19,06Allianz Vermögensbildung Deutschland DE0008475062 Euro 659.441.567 -8,43 7,04 7,64 19,58AXA Deutschland DE0008471368 Euro 21.605.334 -7,28 8,55 7,78 19,37Baring German Growth Trust GB0008192063 Euro 485.183.068 -7,29 9,46 9,32 18,29Concentra A DE0008475005 Euro 2.045.911.600 -5,38 9,23 10,09 18,98DB Platinum IV Platow LU1239760025 Euro 109.061.221 2,47 16,13 16 14,62Deka-Deutschland Nebenwerte LU0923076540 Euro 61.779.052 4,25 15,95 - -Dekafonds DE0008474503 Euro 4.081.414.114 -8,89 6,91 6,74 19,82Dekalux-Deutschland TF LU0062624902 Euro 540.913.520 -10,47 5,88 5,36 20,32Deutschland-Invest DE0008479288 Euro 57.063.308 -7,11 7,9 8,57 19,03DWS Aktien Strategie Deutschland DE0009769869 Euro 3.067.686.150 -3,51 15,02 13,38 20,37DWS Deutschland DE0008490962 Euro 5.429.356.955 -6,09 10,05 10,8 21,32DWS German Small/Mid Cap DE0005152409 Euro 181.636.132 -1,46 15,65 15,59 17,03DWS Investa DE0008474008 Euro 3.410.144.882 -7,51 9,51 9,26 21,71Fidelity Funds - Germany Fund LU0261948227 Euro 1.073.707.333 -5,17 10,21 10,49 17,9FPM Funds Stockpicker Germany Small/Mid Cap LU0207947044 Euro 53.359.047 -2,44 11 10,76 16FT Frankfurt-Effekten-Fonds DE0008478058 Euro 1.910.028.889 -11,64 4,26 4,67 19,85GS&P Fonds Deutschland Aktiv LU0068841302 Euro 31.645.146 -6,74 5,96 8,48 13,01JB EF German Value LU0048167497 Euro 108.470.266 -11,02 8,15 8,35 17,37JP Morgan Germany Equity Fund LU0143832128 Euro 193.237.303 -5,16 9,68 10,24 17,9LBBW Aktien Deutschland DE0008484650 Euro 90.174.139 -9,35 6,05 5,65 18,37Lupus Alpha Smaller German Champions LU0129233093 Euro 510.833.664 2,63 17,7 15,08 14,75Lux-Euro-Stocks Tecdax LU0108712554 Euro 12.715.068 -3,77 15,87 10,92 15,3Mainfirst Germany Fund LU0390221256 Euro 195.710.965 3,14 22,99 15,73 18,52MEAG Proinvest DE0009754119 Euro 125.967.066 -9,83 8,44 9,19 20,78Metzler Aktien Deutschland DE0009752238 Euro 132.717.094 -11,84 5,23 7,12 17,91Monega Germany DE0005321038 Euro 124.914.721 -9,13 6,59 6,52 20,07Pioneer Investments German Equity DE0009752303 Euro 130.040.620 -7,92 7,14 7,56 18,75SEB Aktienfonds DE0008473471 Euro 744.274.336 -8,46 7,05 7,96 18,69UBS (D) Aktienfonds - Special I Deutschland DE0008488206 Euro 125.328.116 -9,91 6,77 7,21 18,15UBS (D) Equity Fund - Mid Caps Germany DE0009751750 Euro 79.552.578 -1,97 9,52 11,62 15,79Unideutschland XS DE0009750497 Euro 655.245.752 3,04 19,49 14,11 16,61Unifonds DE0009750208 Euro 421.086.752 -10,47 5,63 5,5 18,95

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Aberdeen Global - Eastern European Equity LU0505664713 Euro 52.072.535 -0,76 -2 -0,81 19,46Baring Eastern Europe Fund IE0004852103 Euro 830.919.607 3,09 -4,3 -5,79 22,03Danske Invest Eastern Europe Convergence LU0156840208 Euro 18.735.550 -9,68 2,99 0,03 17,69DWS Russia LU0146864797 Euro 145.323.462 11,19 -1,42 -6 30,25East Capital (Lux) Eastern European Fund LU0332315638 Euro 162.650.773 0,73 -6,15 -7,07 20,61Metzler Eastern Europe IE0000111876 Euro 55.061.980 0,2 -2,84 -7,04 20,64Raiffeisen-Osteuropa-Aktien AT0000805460 Euro 325.394.547 -7,13 -7,42 -6,5 21,12SEB Eastern Europe Ex Russia Fund LU0070133888 Euro 133.081.742 -13,11 -0,75 -2,28 17,79Templeton Eastern Europe Fund LU0122613903 Euro 270.160.972 -1,3 -2,97 -7,61 19,27

MULTI ASSETDEUTSCHLAND

Performance *

NORDAMERIKA

Performance *

OSTEUROPA

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94 GL BAL INVESTOR 02 2016 02 2016 GL BAL INVESTOR 95

~ WATCHLIST ~ ~ WATCHLIST ~

Der Aureus Fonds investiert vorwiegend in physisches Gold. Um zu diversifizieren,

investiert Fondsmanager Daniel Rauch zusätzlich in Silber, Platinum, Palladium und Goldminen. Der Aureus Fonds ist weder ein Zertifikat, eine Staatsanleihe noch ein purer Gold ETF. Der irische Retail Fonds ist der älteste Goldfonds

der Welt und einer der wenigen Investmentfonds innerhalb der EU, der fast 100 Prozent seines Investmentvermögens in physischen Edelmetallen hält. Dabei versucht der Fonds, den Edelmetallkorb mit 60 Prozent Gold, 20 Prozent Silber, zehn Prozent Platinum und zehn Prozent Palladium zu tra-cken.

Ältester Goldfonds der WeltAureus Fund (Ireland) PLC

* nicht akkumulierte Ø Rendite pro Jahr (in Prozent), ** in Fondswährung, *** annualisierte Standardabweichung (5-Jahreswert)* nicht akkumulierte Ø Rendite pro Jahr (in Prozent), ** in Fondswährung, *** annualisierte Standardabweichung (5-Jahreswert)

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Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Amundi Funds Equity MENA LU0569692097 Euro 63.740.564 -23,62 - - -BB African Opportunity LU0433847240 Euro 80.913.052 -10,38 1,57 3,47 16,66Deutsche Invest I Africa LU0329759921 Euro 82.221.851 -8,43 -4,84 -5,12 19,43DWS Türkei LU0209404259 Euro 38.812.270 -11,86 -5,29 0,25 27,36Franklin MENA Fund LU0352132285 Euro 86.331.930 -24,33 5,75 9,02 15,93JP Morgan Africa Equity Fund LU0355584979 Euro 188.373.609 -15,22 -1,3 1,49 18,29JP Morgan Emerging Middle East Equity Fund LU0401356422 Euro 97.579.946 -17,32 1,29 4,46 17,94Magna MENA Fund IE00B3NMJY03 Euro 25.021.540 -9,85 21,64 20,15 16,42Robeco Afrika Fonds NL0006238131 Euro 40.202.600 -17,23 -2,5 1,06 18,29

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Aberdeen Global - Australasian Equity Fund LU0011963328 AUD 65.988.661 2,76 7,31 7,98 19,66FF - Pacific Fund LU0368678339 Euro 1.914.483.720 1,97 14,83 11,21 17,3Raiffeisen-Pazifik-Aktien AT0000764162 Euro 151.615.623 -2,19 9,45 6,71 16,82UBS Equity Australia LU0044681806 AUD 322.145.102 -8,35 2,95 7,6 21,55

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Aberdeen Global - Indian Equity Fund LU0498184596 Euro 3.390.711.323 0,49 22,17 - -Comgest Growth India IE00B56BR119 Euro 154.798.512 -1,62 29,78 9,81 24,06Fidelity Funds - India Focus Fund LU0197230542 Euro 1.461.699.737 -3,91 21,63 8,7 23,43Franklin India Fund LU0231205187 Euro 2.915.248.944 -1,26 24,62 9,77 23,35Goldman Sachs India Equity Portfolio LU0333810181 USD 1.831.800.326 -1,36 22,51 8,57 24,13HSBC Global Investment Funds - Indian Equity LU0551365645 USD 1.702.239.089 -8,47 - - -Morgan Stanley Indian Equity Fund LU0266115632 USD 366.304.388 0,6 18,85 5,37 22,31Parvest Equity India LU0823428429 USD 1.401.880.364 -6,2 12,26 - -Pinebridge India Equity Fund IE00B0JY6M65 USD 1.035.110.000 2,27 24,44 6,91 22,85Schroder ISF Middle East LU0316459139 Euro 131.648.752 -12,11 5,4 10,69 17,22Stewart Investors Indian Subcontinent Fund GB00B2PF5X11 Euro 362.902.273 -3,19 25,57 14,23 19,53

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Aberdeen Global - Japanese Equity Fund LU0476876759 Euro 2.802.043.145 -13,22 8,95 12,52 27,28BGF Japan Small & Mid Cap Opportunities Fund LU0255399742 Euro 1.068.579.504 -11,83 6,29 10,95 29,04CC Japan Alpha Fund IE00B1GCTJ86 Euro 516.185.870 -13,91 8,56 15,77 31,28Japan Equity Fund LU0217390730 Euro 2.442.370.466 4,8 16,16 14,55 19,49JB EF Japan LU0289132655 Euro 2.337.718.023 -5,21 10,64 9,99 19,88MAN GLG Japan Core Alpha Equity IE00B5648R31 Euro 2.831.818.508 -31,21 1,86 6,59 34,59Nomura Japan Strategic Value Fund IE00B3VTHJ49 JPY 215.236.790.190 -21,93 4,85 9,72 19,36

Parvest Equity Japan Small Cap LU0251807987 Euro 639.319.550 11,11 19,06 16,91 16,93Pictet-Japanese Equity Opportunities LU0255979402 Euro 1.527.326.530 -4,13 10,97 10,82 21,12Schroder Japanese Equity LU0236737465 Euro 2.492.003.136 -21,9 3,75 8,27 28,94Schroder Japanese Opportunities LU0943301571 Euro 933.315.590 -21,8 7,44 - -Pictet-Japan Index LU0496414607 Euro 827.653.534 -5,8 10,16 10,01 20,53

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Allianz China Equity LU0348827899 Euro 357.813.349 -12 10,9 5,37 22,56GAM Star China Equity IE00B1W3WK72 Euro 942.853.353 -14,21 8,86 6,35 25,34Invesco Greater China Equity Fund LU0482497798 Euro 846.111.831 2,04 6,02 3,59 24,69JP Morgan Greater China LU0522352946 Euro 509.198.536 -8,53 8,75 5,81 20,05Robeco Chinese Equities LU0187077309 Euro 353.263.892 -7,43 10,49 6,47 24,12Schroder ISF Greater China LU0365775922 Euro 569.317.090 -2,27 14,29 7,88 19,9UBS Equity China Opportunity LU0067412154 USD 1.452.788.122 -3,31 9,87 5,83 23,53UBS Equity Greater China LU0763739140 Euro 341.890.276 0,53 8,88 - -

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Allianz Thailand Equity LU0348798009 Euro 172.114.750 6,09 7,97 12,79 16AMCFM Vietnam Equity Fund LI0028571698 CHF 1.243.656 -3,97 5,29 14,23 17,21Fidelity Funds - Taiwan Fund LU0075458603 USD 130.546.060 7,17 6,46 2,23 17,54Fidelity Funds - Malaysia Fund LU0048587868 USD 75.192.571 -6,7 -6,46 -2,55 16,69Invesco Korean Equity Fund IE0003842543 USD 217.837.604 -10,76 11,18 0,34 17,43JP Morgan Asean Equity Fund LU0441852612 Euro 492.083.503 4,7 4,75 7,37 16,83Parvest Equity Indonesia LU0823429823 Euro 72.871.756 13,32 2,01 0,51 18,04

Fonds ISIN Währung Volumen** 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Vol.***Aberdeen Global - Latin American Equity Fund LU0396314667 Euro 290.440.606 10,02 -2,11 -2,19 26,47BGF Latin American Fund LU0171289498 Euro 1.216.930.352 2,19 -1,08 -4,54 -HSBC Global Investment Funds - Brazil Equity LU0196696453 GBP 318.278.462 33,76 -7,2 -9,98 -Latin America Equity Fund LU0831102792 Euro 786.339.022 4,07 -2,17 - -Morgan Stanley Latin American Equity Fund LU0073231317 Euro 375.154.039 3 -2,68 -4,1 -Schroder Int. Selection Fund Latin American LU0248181363 Euro 210.271.295 -0,13 -4,63 -5,66 24,4Stewart Investors Latin America Fund GB00B64TSG63 Euro 197.452.026 18,57 5,64 5,15 20,74Sydinvest Latin America Equities DK0060647873 Euro 8.846.278 -0,89 0,63 -1,43 21,74Templeton Latin America Fund LU0592650328 Euro 993.492.385 9,82 -2,86 -5,29 23,88Threadneedle Latin American Retail GB00B0WJ2D10 Euro 502.905.614 -0,44 -4,65 -5,69 25,5

INDIEN

AFRIKA, NAHER UND MITTLERER OSTEN

CHINA

JAPAN

FERNER OSTEN

PAZIFIK

Performance *

Performance *LATEINAMERIKA

* nicht akkumulierte Ø Rendite pro Jahr (in Prozent), ** in Fondswährung, *** annualisierte Standardabweichung (5-Jahreswert)* nicht akkumulierte Ø Rendite pro Jahr (in Prozent), ** in Fondswährung, *** annualisierte Standardabweichung (5-Jahreswert)

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96 GL BAL INVESTOR 02 2016 02 2016 GL BAL INVESTOR 97

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„Aktives, benchmarkunabhängiges Portfo-lio-Management beginnt immer mit einem

weißen Blatt Papier“, sagt Dr. Bert Flossbach, Fondsmana-ger des SICAV Multiple Opportunities, er gründete 1998 Flossbach von Storch und ist seitdem Vorstand. Der SICAV Multiple Opportunities Fonds hält per 31. Juli knapp 60 Prozent seines Investitionsvermögens in Aktien, die Liqui-ditätsquote ist mit über 16 Prozent relativ hoch und bietet ausreichend Handlungsspielraum. Fast 14 Prozent des Anla-gevermögens sind in Edelmetallen investiert und über zehn Prozent in Renten. Die Anlagepolitik des Fonds ist flexi-bel und bewusst ohne Benchmark-Orientierung. Flossbach

legt Wert auf eine breite Risikostreuung durch die Anlage in unterschiedlichen Anlageklassen. Zudem können Vermö-genswerte in Fremdwährungen angelegt werden. Knapp die Hälfte des Fonds ist in Euro angelegt, 37 Prozent in US-Dol-lar und zwölf Prozent in Schweizer Franken. Durch Wech-selkursschwankungen kann der Fondswert somit negativ oder positiv beeinflusst werden. Die Top-drei-Branchen bei Aktien sind nicht-zyklischer Konsum mit 24 Prozent, zyklischer Konsum (22 Prozent) und Pharma/Life Science mit knapp 20 Prozent. Die Top-drei-Aktienpositionen sind Nestlé (5,8 Prozent), Abbot Laboratories (3,4 Prozent) und Daimler (3,4 Prozent).

Bewusster Verzicht auf die Benchmark Flossbach von Storch SICAV Multiple Opportunities

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Im nächsten Heft No. 3 – 24. November 2016

GLOBAL TITANSWie aussichtsreich sind die

globalen Marktführer als Investment

wirklich?

SÜDAFRIKAEin Land auf dem Weg zur

afrikanischen Führungsnation

SOCIAL MEDIAMehr Potential im Depot mit

sozialen Netzwerken

CHILEDas Musterland Südamerikas

überzeugt mit starker Wirtschaft

ZINSPOLITIKWas die niedrigen Zinsen in

Japan bewirkten - und was Europa

daraus lernen sollte

ABSOLUTE RETURNSo egalisieren Fondsmanager die

Schwankungen am Markt

98 GL BAL INVESTOR 02 2016

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