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Dr. Mario Fox, 2013 1 WAS IST PSYCHOLOGIE? Definition Zentrale Begriffe Besonderheiten der Wissenschaft Psychologie

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Dr. Mario Fox, 2013 1

WAS IST

PSYCHOLOGIE?

Definition

Zentrale Begriffe

Besonderheiten der Wissenschaft

Psychologie

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Dr. Mario Fox, 2013 2

Ausgangsposition der Psychologie

Erleben und Verhalten unterliegen einer

emotional- motivationalen Dynamik, die von

aktivierenden (Appetenz) und hemmenden

(Inhibitation) Valenzen angetrieben wird. Die

Motivation als Grundantrieb des Verhaltens

ist das Integral dieser beiden gegensätzlichen

und jeweils unterschiedlich abgestuften

Kräfte.

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Ausgangsposition der Psychologie

Das Verhalten des Menschen ist weniger

von Instinkten gesteuert, als vielmehr von

individuellen Lernvorgängen, was sein

Verhaltensrepertoire erweitert und variabel

macht und damit anpassungsfähiger.

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Metatheoretischer Hintergrund

Evolutionstheorie

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Endzweck jeglichen Verhaltens ist die Adaption an vorliegende

Umweltbedingung mit dem Zweck des Überlebens. Das Verhalten

dient stets der Anpassung an Umweltbedingungen. Endzweck ist also

stets adaptives Verhalten.

Bedürfnisse regulieren als Motivationen Verhalten und Erleben

es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Bedürfnisse, deren jeweilige

Ausprägung von verschiedenen Menschen unterschiedlich erlebt wird.

Dieses in der jeweiligen Biografie durch soziales Lernen optimierte

unterschiedliche Bedürfnismanagement kennzeichnet die jeweilige

Persönlichkeit.

Der Mensch ist ein Gruppentier: das Anpassungsziel ist immer das

Überleben der Gruppe; die Gruppe ergibt eine große Variabilität des

menschlichen Erlebens und Verhaltens; eine große Variabilität

ermöglicht eine flexible Anpassungsfähigkeit an eine Vielzahl von

Umweltbedingungen

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Metatheoretischer Hintergrund

Theoriebildung

Dr. Mario Fox, 2013 5

•eine Theorie ist ein System von Aussagen zu beobachtbaren Phänomenen, die

diese nach logischen Regeln, die durch systematisches Beobachten gewonnen

wurden, beschreiben und erklären und also Vorhersagen treffen können über das

Auftreten dieser Phänomene.

•Qualia-Problem der empirischen Wissenschaften: Dabei beschreibt die Theorie

ihre Phänomene immer nur vom Standpunkt des Beobachters, der nicht identisch

sein kann mit dem des Beobachteten und dessen Qualia seines Erlebens

•jede psychologische Theorie und deren Ableitungen für die Praxis sollte

naturwissenschaftlichen Erkenntnissen möglichst nicht widersprechen, diese aber

erweitern können auf Ebenen höherer Sinnkonstruktionen

•die aus Theorien abgeleiteten Konstrukte (abstrakte Konzepte aus einer

Theorie wie z. B. „Angst“, „Stress“, „Intelligenz“, etc.) dürfen nicht reifiziert oder

verdinglicht werden, nicht als eine Wirklichkeit erster Ordnung angesehen

werden, als ein Art „Wesen“- sie sind immer nur abgeleitete Modellvorstellungen

•die großen psychologischen Theorien (Paradigmen) mit Ausnahme der

Lerntheorie verlieren immer mehr an Bedeutung; wesentlich bleibt, ob sie

nachweisbaren Fortschritt in Theorie und Praxis erbringen

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Metatheoretischer Hintergrund

Theoriebildung

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•die Methoden der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung sind empirischer

Art, d. h. sie sind prinzipiell falsifizierbar, widerlegbar, also nicht immunisiert

gegen Kritik; Erkenntnisse sind immer nur vorläufiger Art

•Empirisch gewonnene Erkenntnisse sind bestätigte Hypothesen, nicht

„Wahrheiten“- ihre Bestätigung gewinnt eine Hypothese (die Alternativhypothese

H1) daher, dass ihre Gegenhypothese (Nullhypothese H0), die eigentlich geprüft

wird, eine zu geringe Wahrscheinlichkeit für ihre Annahme besitzt- geprüft wird

eine wissenschaftliche Aussage also eigentlich darauf, wie hoch ihre

Wahrscheinlichkeit ist, dass sie nicht zutrifft

•Empirische Aussagen sind dann „wissenschaftlich“, wenn sie auf einem immer

nur zurzeit (!) gültigen Wahrscheinlichkeitsniveau ( i.d.R. auf einem 95%

„Signifikanzniveau“) formuliert werden; sie erheben keinen Anspruch auf

absolute, ewige „Wahrheiten“!

•Die Signifikanz belegt die Gültigkeit der angenommenen Hypothese, die

Unterschiedlichkeit der Hypothesen, aber nicht per se die Bedeutsamkeit dieser

bestätigten Unterschiedlichkeit

•Die Korrelation zeigt an das Ausmaß des gemeinsamen Auftretens

(mindestens) zweier beobachteter Phänomene, nicht einen

Kausalzusammenhang

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Definition: Psychologie Wissenschaft vom menschlichen Erleben und

Verhalten

Es geht um sozial vermittelte und internalisierte Prozesse der Verhaltenssteuerung

Sie beschäftigt sich mit den Phänomenen, die das Gehirn als Träger der psychischen Funktionen hervorbringt

Es geht primär um das allgemeine menschliche Erleben und Verhalten- die Psychopathologie ist eine Spezialausrichtung

Zentrale Frage: Was motiviert und steuert das Verhalten? Es geht der Psychologie um Prozesse der Wahrnehmung, Informationsverarbeitung, Bewertung, Bedeutungsgeneriering, Konstruktion interner Modelle der Welt, Handlungsplanung, Entscheidung und Handlungssteuerung.

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Fakultäten der Psychologie

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Die Psychologie wird an folgende Fakultäten angebunden:

Naturwissenschaft

oder Philosophie/ Geisteswissenschaft

oder Sozialwissenschaft/ Kulturwissenschaft

Diese Anbindung ist eher verwaltungstechnisch bedingt,

als dass sie inhaltlich begründet wäre.

Die Psychologie gehört m. E. originärer weise den

Humanwissenschaften an

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Paradigmen der Psychologie

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Paradigmen sind übergeordnete, schwerpunktmäßige,

konzeptionelle Ansätze; sie bilden das Leitmodell der

Gesamtdisziplin Psychologie.

Historisch, aber nicht mehr gegenwärtig relevant: psychoanalytisches Paradigma, ebenso der radikale Behaviorismus

Zeitgemäße Paradigmen: informationsverarbeitendes kognitionspsychologisches Paradigma,

humanistisches Paradigma, symbolisch- interaktionistisches

kommunikationstheoretisches Paradigma,

evolutionspsychologisches Paradigma, biopsychologisches

Paradigma

Lernparadigma

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Teildisziplinen der Psychologie

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Grundlagenfächer Kognitive und biologische Grundlagen des menschlichen Erlebens und

Verhaltens:

•Allgemeine Psychologie

•Biopsychologie

Grundlagen intrapersonaler Phänomene und interpersoneller Prozesse:

•Persönlichkeitspsychologie und Differentielle Psychologie

•Entwicklungspsychologie

•Sozialpsychologie

Anwendungsfächer •Klinische Psychologie

•Arbeits-, Wirtschafts- und Organisationpsychologie

Methodenfächer •Methodenlehre

•Psychodiagnostik

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Dr. Mario Fox, 2013 11

Zentrale Begriffe der Allgemeinen Psychologie

Motivation Dem (beobachtbaren) Verhalten geht stets ein (nicht-

beobachtbares, nur über Selbsterleben und

Selbstauskunft erkundbares) Motiv voraus; Motive

(Konkretisierungen der Motivation) sind subjektive

Beweggründe des Verhaltens; sie haben eine

verhaltenssteuernde und aktivierende Funktion

Motive dienen als hemmende oder aktivierende

Antriebe den Regulierungen von Bedürfnissen und

Emotionen und sind die Folge von impliziten

Bewertungen, dann auch expliziter Wahrnehmung und

Einstellung

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Dr. Mario Fox, 2013 12

Zentrale Begriffe

Bedürfnisse

Bedürfnisse steuern die physische und

psychische Befindlichkeit

Bedürfnisse dienen der Lebenserhaltung

(sind also nicht identisch mit Wünschen)

Frustrationen und negative Emotionen sind

Indikatoren dafür, dass Bedürfnisse

nachhaltig nicht befriedigt sind

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Dr. Mario Fox, 2013 13

Zentrale Begriffe

Bedürfnisse

Essenzielle soziale Bedürfnisse

Bedürfnis nach Bindung, Anerkennung, Zugehörigkeit

Bedürfnis nach Autonomie, Selbstwirksamkeit, Freiheit

Bedürfnis nach Selbstwertgefühl, Selbstachtung, Würde

Bedürfnis nach Sinnlichkeit, angenehmen sinnlichen

Erfahrungen, Wohlbefinden

Bedürfnis nach Sicherheit, Stabilität, Planbarkeit

Bedürfnis nach Veränderbarkeit, Wachstum, Entwicklung

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Zentrale Begriffe

Emotionen Emotionen sind diffuse, körperlich spürbare

Erregungen, unspezifische viszerale Aktivierungen

Emotionen sind Indikatoren für den Stand der

Bedürfnisbefriedigung und lösen Motivierungen aus

Emotionen dienen als Kompass, wie bedürfnisgerecht

das Verhalten bewertet wird

Emotionen werden zu Gefühlen über Reflexion und

Begriffsbildung, über Bewusstwerdung und

Benennung der körperlich spürbaren Erregung; die

Qualität der Emotion, also das Gefühl, ist abhängig von kognitiven Prozessen wie Wahrnehmung,

Bewertung und Interpretation insbesondere der

sozialen Situation

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Dr. Mario Fox, 2013 15

Zentrale Begriffe

Wahrnehmung

Die Wahrnehmung steuert das Verhalten im

Sinne einer Anpassung an Umweltbedingungen

zwecks adaptiver Lebensbewältigung

Wahrnehmung ist stets subjektiv, eine

Rekonstruktion der Welt

Wahrnehmung und Informationsverarbeitungen

schaffen ein internes Modell der Welt, nicht nach

dem Kriterium der „Wahrheit“, sondern nach

dem der „Nützlichkeit für das eigene Überleben.

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Zentrale Begriffe

Wahrnehmung

Wahrnehmung ist die Reaktion auf Reize (neuronale Aktivierung als Code oder Strukturinformation); sie ist ein Decodierungsprozess und stellt lexemische Bedeutung her und dadurch Information. Wahrnehmung ist also ein Prozess der Informationsherstellung (vom Code über Bedeutungsverleihung zur Information).

Wahrnehmung und die darauf basierenden Prozesse der Bewertung und Bedeutungsverleihung bedingen die Motivation, den Zweck und die Funktion von Verhalten, was für das Verständnis lebender Systeme unerlässlich ist.

Die Bewertung von Erfahrungen und Verhaltenskonsequenzen schafft Einstellungen (reflektierte, integrierte und überdauernde Motivation) und dient der Entscheidungsfähigkeit und Handlungsplanung.

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Dr. Mario Fox, 2013 17

Einstellungen Einstellung: Bewertung (negativ, positiv, neutral) von

Verhaltensweisen, Begriffssystemen, Personen, Reizen,

Erfahrungen...

Kognitive Dissonanz: widersprüchliche Einstellungen

gegenüber einem Einstellungsobjekt erzeugen innere

Spannungszustände; die darauf üblichen Reaktion sind

Dissonanzreduktionsstrategien:

Rationalisierungen, Verharmlosungen missliebiger Argumente,

Anpassung der Einstellung an das Verhalten

Aufnahme neuer Informationen, die den missliebigen

entgegengesetzt sind, bis zur Dissonanzauflösung

Merke: Der Mensch ist nicht ein rationales, sondern

ein rationalisierendes Wesen !

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Zentrale Begriffe

Wahrnehmung

Reize bewirken zunächst eine neuronale Aktivierung, die

einen Code darstellt. Dieser Code wird über

Wahrnehmung zur lexemischen Information. Dabei sind

Prozesse der Deutung, der Bedeutungsverleihung und

der Bewertung entscheidend. Die Interpretation des

Codes ist also das, was die Wahrnehmung erst zur

Wahrnehmung macht

Die Wahrnehmung motiviert dann das Verhalten

Wahrnehmung und Motivation sind zentrale Begriffe der

Psychologie

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Dr. Mario Fox, 2013 19

Sozialisierung Sozialisation meint die Übernahme von Normen,

Werthaltungen einer Gruppe durch ein Individuum

Anpassungsprozess eines Individuums an die

Standards einer Gruppe, deren Mitglied es werden

will

dieser Sozialisierungsprozess findet statt durch

Lernprozesse, durch soziales Lernen

Werte und entsprechendes erwünschtes Verhalten

ohne äußeren Druck ( ohne äußere Belohnung

oder Bestrafung) gelten als verinnerlicht, als

internalisiert oder intrinsisch

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Dr. Mario Fox, 2013 20

Lernen Definition

Überführen von Reizen und Reizfolgen in das

Gedächtnis zwecks Handlungsplanungen in

ähnlichen Situationen

Aufbau von nicht reifungsabhängigen, sondern

erfahrungsabhängigen Verhalten durch Aufbau

von Motivation und Erwartungen über

Verhaltenskonsequenzen

Lernen geschieht überall und permanent

gelerntes Verhalten, auch Einstellungen,

generalisieren

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Dr. Mario Fox, 2013 21

Lernen: Grundformen Assoziatives Lernen, Konditionierungen

klassisches: Generalisierung (Angst)

operantes Lernen/ exploratives Lernen/ Versuch und Irrtum: Lernen am Erfolg,

eher zufälliges Zusammentreffen von Verhalten und Konsequenz

instrumentelles Lernen, Lernen durch Belohnung/ Bestrafung: Verhalten wird

systematisch auf- oder abgebaut durch angenehme (Belohnung oder Umgehen

unangenehmer Erfahrung) oder unangenehme (Bestrafung oder Ausbleiben von

Belohnung) Verhaltenskonsequenzen

Nachahmen, Kopieren, Beobachtungslernen, Ritualisierungen

Lernen am Modell, Imitation : Die menschlichste aller Lernformen

theory of mind: beim anderen wir eine Bewusstheit wahrgenommen, Intentionalität/

Handlungszielverständnis

Identität wird konstruiert durch Kommunikation und Interaktion (symbolischer

Interaktionismus), Sprache, Empathie

Übernahme von Rollen

Lernen durch Unterricht, Botschaften, Einsichten

„Wagenhebereffekt“: Mitteilungen von Erfahrungen anderer über Schrift,

Bilder, andere Medien, also über asymmetrische Interaktionen

Kunst und Kultur, Religion, Memkomplexe

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Dr. Mario Fox, 2013 22

Lernen Merke:

Bestrafungslernen reduziert unerwünschtes Verhalten, baut aber kein

neues Verhalten auf!

Ängste und Stress führen zu rigidem Verhalten, zu Basisverhalten wie

Flucht oder Aggression!

Gut gelernt wird, was wichtig, neu und positiv emotionalisiert ( Freude,

Begeisterung, Anerkennung, Teamgeist) ist!

Neuerwerb von Lerninhalten und Verhaltensweisen gelingen nur im

entspannten, angstfreien und anerkennungsorientierten Lernklima!

Massiver Leistungsdruck oder Ängste, etwa vor Bestrafung oder

Beschämung, und Kreativität schließen sich aus!

Ein soziales Lernklima, das die Würde des Einzelnen achtet, schafft

Mitgefühl und Kooperation!

Nur wer sich sicher genug fühlt dort, wo er ist, geht weiter zu mehr

Selbstständigkeit und Selbstverantwortung!

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Dr. Mario Fox, 2013 23

Zentrale Begriffe

Lernen

Lernen ist der Prozess, der zum Aufbau der

das Verhalten motivierenden Kognitionen

führt. Beim Lernen werden Bewertung und

Bedeutung der Erfahrungen von

Verhaltenskonsequenzen abgespeichert.

Wahrnehmung wird ermöglicht durch den

Abgleich aktueller Reize mit abgespeicherten

Informationen (Erinnerung). Die Biografie

bedingt die Wahrnehmung erheblich mit.

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Dr. Mario Fox, 2013 24

Zentrale Begriffe

Lernen

Lernvorgänge sind Voraussetzung für

aktuelle Wahrnehmungsprozesse und

motivieren das Verhalten. Es gibt keine

Verhaltensänderungen ohne entsprechende

Lernvorgänge und Einstellungsänderungen.

Erleben und Verhalten werden erst über die

individuelle Lerngeschichte verstehbar.

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Zentrale Begriffe

Lernen

Dr. Mario Fox, 2013 25

LERNEN ist ein kognitiver Vorgang. Ein kognitiver

Vorgang ist das Aufnehmen, Verarbeiten und

Speichern von Information zur Absichtsbildung, zur

Entscheidungsfindung und Handlungsvorbereitung

nach dem Kriterium der Nützlichkeit für das

Überleben in einem vorgefundenen Biotop.

Ein kognitives Lebewesen ist in der Lage, ein

anderes Wesen als ein kognitives, also mit Geist

versehenes Wesen zu erkennen; und auch, dass

es selbst vom anderen als kognitives Wesen mit

Handlungsabsichten erkannt wird: Intentionales

Lernen (nach Tomasello)

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Dr. Mario Fox, 2013 26

Verhaltensänderungen

Nachhaltige Verhaltensänderungen müssen die

intrinsische Motivation (Eigenmotivation)

erreichen. Diese wird über die persönlichen

Kriterien der Wichtigkeit und Zuversicht

hinsichtlich der Verhaltensänderung entschieden.

Klärungen der Fragen nach dem Wozu? und

dem Wie? aktivieren die Motivierung für eine

Verhaltensänderung.

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Dr. Mario Fox, 2013 27

Verhaltensänderungen

Eine Verhaltensänderung provoziert eine

motivationale Ambivalenz. Eine

Verhaltensänderung wird dann erfolgen, wenn

die erwarteten Vorteile die erwarteten Nachteile

deutlich überwiegen.

Änderungsbereitschaften steigen mit dem Grad

der emotionalen Bezüge und des

Problembewusstseins sowie des Ausmaßes der

Selbstwirksamkeit und des bereits erfahrenen

Lernerfolgs.

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Dr. Mario Fox, 2013 28

Verhaltensänderungen

Verhaltensänderungen erfolgen über fünf

Stufen:

Absichtslosigkeit

Absichtsbildung

Vorbereitung

Handlung

Aufrechterhaltung

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Dr. Mario Fox, 2013 29

Was interessiert die Psychologie?

Die Psychologie erforscht den Prozess von

der Reizung und Erregung zur Reaktion,

zum Verhalten; von der Reizung zur

Wahrnehmung (Deutung, Bedeutungen verleihen,

lexemische Deutung der Reize, Konstruktion interner Modelle

von der Welt)

von der Wahrnehmung zur Motivation des

Verhaltens; also von der Übersetzung der

Reize in lexemische Bedeutungsinhalte,die

dann das Verhalten motivieren.

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Dr. Mario Fox, 2013 30

Psychologie

Die Psychologie erforscht den Prozess

der Informationsverarbeitung und

Motivierung des Verhaltens

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Dr. Mario Fox, 2013 31

Besonderheiten der Psychologie als

Wissenschaft

1. Kriterium: Kausalität

Die Psychologie sucht nach Sinn und Zweck

von Erleben und Verhalten, nach der Funktion

und Motivation, also nach inneren Ursachen

für von außen beobachtbare Erscheinungen.

Es geht nicht um unmittelbare Ursachen (wie

z. B. in Physik und Chemie), sondern um

„eigentliche“ Ursachen (Sinn- und

Funktionszusammenhänge).

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Dr. Mario Fox, 2013 32

Kausalität Die Physik fragt nicht nach „eigentlichen“

Ursachen von beobachtbaren Reaktionen bestimmter Elemente.

Die Psychologie dagegen muss nach der inneren Motivation, nach Sinn und Zweck, nach dem Wozu? von beobachtbaren Reaktionen lebender Systeme suchen, will sie diese verstehen.

Der Physik geht es um die Klärung widerspruchsfreier Gesetzmäßigkeiten. Der Psychologie geht es um die Deutung, um die Bedeutung und um das Verstehen von Phänomenen. Es geht ihr nicht um Gesetze, sondern um Regeln.

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Dr. Mario Fox, 2013 33

Kausalität

Die in der Psychologie untersuchten

Phänomene sind Kognitions- Emotions-

Verhaltens- Muster, die vielfach

rückgekoppelt werden, nämlich durch

gemischte Feedbackschleifen, die auch

noch kommunikativ und interaktiv

vermittelt werden.

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Dr. Mario Fox, 2013 34

Kausalität

Diese Lebensbewältigungsmuster haben zwar

neuronale Grundlagen, diese werden aber auch durch

frühkindliche Bindungserfahrungen angelegt und

moduliert. Dadurch ergeben sich zusätzliche Feedback-

Schleifen zwischen somatischen und

erfahrungsabhängigen Einflussgrößen (Neuroplastizität,

Epigenetik), was durch mechanistische und lineare

Ursache- Wirkungszusammenhänge nicht beschreibbar

wäre, sondern eher durch hochkomplexe,

hochdynamische und nichtlineare probabilistische

Wechselwirkungszusammenhänge.

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Dr. Mario Fox, 2013 35

2. Kriterium: Vorhersagbarkeit

In der Physik oder Chemie ist es für die

Validität aufgeklärter Gesetzmäßigkeiten

unabdingbar, dass man eine richtige

Vorhersage treffen kann für künftige

Reaktionen der untersuchten Elemente (Apriori-

Erklärungen). In der Psychologie sind solche

Vorhersagen nur als statistischer Trend, als

durchschnittlicher Erwartungswert einer Menge

von Individuen möglich.

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Dr. Mario Fox, 2013 36

Vorhersagbarkeit

Die Reaktionen eines Individuums oder eines Systems von Individuen sind so wenig vorhersagbar wie z. B. eine individuelle Lebensdauer, obschon es eine durchschnittliche Lebenserwartung gibt. Individuen reagieren individuell und spontan nach Prinzipien der nichtlinearen Selbstorganisation und daher nicht eindeutig vorhersehbar.

Eine weitere Metaebene oder ein weiteres Emergenzphänomen wäre das Verhalten des Einzelnen in der Gruppe (vgl. Sozialpsychologie), das nicht vorhersehbar ist, selbst wenn man die Regeln des Verhaltens als Individuum (vgl. Persönlichkeitspsychologie) kennen würde.

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Dr. Mario Fox, 2013 37

Vorhersagbarkeit

Aposteriori- Erklärungen (die Erklärung

bestimmter Phänomene auf Grund

vorausgehender Ereignisse; vermutete,

plausible Zusammenhänge) werden oft

herangezogen, um lebende Systeme oder

evolutionäre oder historische Prozesse zu

verstehen und um Trends zu erkennen.

Evolutionstheoretische Erklärungen sind fast

immer aposteriorer Art.

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Dr. Mario Fox, 2013 38

3. Kriterium: Komplexität

Die Reaktionen von Individuen sind jeweils

nicht vorhersehbar, weil Individuen nicht

Isotope sind wie die in der Physik oder Chemie

untersuchten Elemente, sondern Systeme

höchster Komplexität. Individuen sind

hochkomplexe Systeme, weil in ihnen eine

unübersehbar hohe Vielzahl von Faktoren

wirken, die dann auch noch wechselseitig

reagieren, also in Rückkoppelungsbeziehungen

zueinander stehen.

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Dr. Mario Fox, 2013 39

Komplexität

Wie bei anderen komplexen Systemen auch,

verlaufen die Prozesse lebender Systeme

chaotisch, d. h. sie gehorchen zwar

naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten,

lassen sich aber in ihren individuellen

Verläufen nur sehr begrenzt vorhersagen, da

sie in gemischten Feedback-Schleifen und

auch in Prozessen der nichtlinearen

Selbstorganisation eingebettet sind.

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Dr. Mario Fox, 2013 40

Komplexität

Selbstorganisation ist die Fähigkeit eines aus Subsystemen

aufgebauten komplexen Systems, sich unter bestimmten

Bedingungen (unterhalb der Quantenebene ohne äußere

Einwirkungen) selbst neu zu ordnen und bildet die Grundlage für

die Adaptionsfähigkeit eines variabel reagierenden lernenden und

lebenden Systems (Neuroplastizität).

Lebende Systeme sind immer selbstorganisierende Systeme, das

heißt, sie sind als das stets vorläufige Resultat des funktionalen

Zusammenwirkens ihrer Bestandteile genau das System, das

diese Bestandteile produziert und von diesen Bestandteilen dann

wieder zu einem System zusammengestellt werden; oder: Es

gibt hier keine Trennung zwischen Erzeuger und Erzeugnis.

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Dr. Mario Fox, 2013 41

4. Kriterium: Wirklichkeitsebene

Abbildungs- oder Betrachtungsebene

Die Psychologie untersucht Phänomene, die quasi

(also nicht gleich) nach dem Prinzip der Emergenz

entstehen: Vorgänge auf Basisebenen oder unteren

Organisationsebenen (Wirklichkeiten erster

Ordnung, z. B. Physik, Chemie, Neurologie, etc.)

bringen Phänomene auf höheren

informationsverarbeitenden Organisationsebenen

hervor (Wirklichkeiten zweiter Ordnung, z. B.

Psychologie, Philosophie, historische

Wissenschaften, etc.).

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Dr. Mario Fox, 2013 42

Wirklichkeitsebene

Dabei baut sich das zweite Ordnungssystem auf das erste auf, teilweise dann auch in Wechselwirkung.

Neurologische Vorgänge bilden als eher starre Syntax die Grundvoraussetzung psychologischer Vorgänge, die ihrerseits die eher fluide Semantik steuernder Systeme darstellen. Andererseits wird das Gehirn auch geformt und verändert durch Erfahrung (Neuroplastizität, Epigenetik). Individuelle Lernerfahrungen verändern neuronale Netze und umgekehrt funktioniert Lernen nur über neue synaptische Verknüpfungsmöglichkeiten.

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Dr. Mario Fox, 2013 43

Wirklichkeitsebene

Mit Phänomenen zweiter Ordnung wird etwas

qualitativ Neues geschaffen mit je eigenen Regeln,

die zwar von den Gesetzmäßigkeiten auf den unteren

Ebenen abhängig sind, durch diese aber kategorisch

nicht mehr beschreibbar sind. Das Subjektive

(Wirklichkeiten zweiter Ordnung) ist nur mit

immanenten Kategorien beschreibbar, ist also

prinzipiell nicht erklärbar - wenn auch davon

abhängig- durch Kategorien des Objektiven

(Wirklichkeiten zweiter Ordnung).

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Dr. Mario Fox, 2013 44

Wirklichkeitsebene

Wirkungen oder Veränderungen auf niedrigeren

Organisationsebenen (Wirklichkeiten oder

Abbildungen erster Ordnung) können durchaus

weitreichende Auswirkungen auf höheren

Organisationsebenen (Wirklichkeiten oder

Abbildungen zweiter Ordnung) bedingen, diese

aber nicht mit angemessenen Kategorien

beschreiben oder erklären. Wirklichkeiten zweiter

Ordnung sind selbstreferenzielle

Wirklichkeitskonstruktionen. Sie wirken dann

auch zurück auf darunter liegenden

Wirklichkeitsebenen.

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Dr. Mario Fox, 2013 45

Wirklichkeitsebene

Beispiel für einen Kategorienfehler:

Liebe ist von der beobachtbaren Aktivierung

bestimmter Nervenzellen in bestimmten

Hirnregionen abhängig, aber nicht damit

gleichzusetzen- die Bedeutung dieser neuronalen

Aktivierungen für das Erleben des betroffenen

Individuums erschließt sich nicht über neurologische

Kategorien, sondern nur über die Introspektion und

die vom Individuum mitgeteilten Kategorien seiner

Umgangssprache, also über Kommunikation und

Interaktion- Liebe wäre also in mehrfacher Hinsicht

ein soziales Phänomen! Liebe findet sich nicht an

den Dopaminrezeptoren!

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Dr. Mario Fox, 2013 46

Wirklichkeitsebene

Was eine bestimmte neuronale Aktivierung, die mit dem Erleben des betroffenen Individuums einhergeht, für dieses Individuum bedeutet, ist nicht über die Beobachtung dieser neuronalen Aktivierung zu erfahren- hier ist nur zu erfahren, dass eine Aktivierung an einem bestimmten Ort stattfindet und mit welchen anderen Orten dieses vernetzt geschieht. Die Bedeutung dieser Aktivierung erschließt sich nur über das Individuum selbst, über die von ihm mitgeteilten Begriffe seines Selbsterlebens und Beziehungserlebens, also über Kommunikation.

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Dr. Mario Fox, 2013 47

Wirklichkeitsebene

Psychologische oder geistige Vorgänge sind zwar

determiniert durch ihre materiellen Eigenschaften

und gehen auch aus diesen hervor, aber sie sind

durch diese nicht angemessen beschreibbar.

Auch folgt aus dieser Determiniertheit nicht, dass

sich die Entwicklung dieser psychologischen

Systeme vorhersagen lässt, da sie sowohl einen

zu hohen Grad der Komplexität aufweisen wie

auch nichtlinearer Kausalitätsprozesse

unterliegen; sie bedürfen immanenter Kategorien

zu ihrer Beschreibung und Erklärung.

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Dr. Mario Fox, 2013 48

Wirklichkeitsebene

Neuronale Aktivierungen sind also nicht identisch mit den von ihnen ausgehenden geistigen (psychologischen) Phänomenen. Auch erklären die materiellen Voraussetzungen geistiger Phänomene nicht ihren eigenen Zweck, sondern umgekehrt erfüllen sich Zweck und Funktion materieller Bedingungen erst über geistige Prozesse. Die Wirklichkeiten erster Ordnung werden erst über die Wirklichkeiten zweiter Ordnung sinnhaltig; Sinn ist immer eine geistige, nicht neuronale Konstruktion!

Da geistige oder psychische Phänomene aber stets abhängig bleiben von empirisch begründbaren körperlichen Trägerprozessen, ist der cartesianische Dualismus widerlegt.

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Dr. Mario Fox, 2013 49

Wirklichkeitsebene Während die Wirklichkeiten erster Ordnung

naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten folgen und objektivierbar sind, sind Wirklichkeiten zweiter Ordnung stets Rekonstruktionen von Wirklichkeit. Die Rekonstruktion von Wirklichkeit ist zwar nicht beliebig, da sie abhängig bleibt von objektivierbaren Vorgängen, aber sie ist auch nicht eindeutig- sie bleibt stets eine subjektive Deutungsleistung des Gehirns und ist damit immer auch verbunden mit der individuellen Lerngeschichte.

Gehirne (Wirklichkeiten erster Ordnung) ermöglichen Erfahrungen und Bewusstsein (Wirklichkeiten zweiter Ordnung oder Konstrukte), und umgekehrt strukturieren sich Gehirne fortlaufend nach den gemachten Erfahrungen und ermöglichen so fortlaufende Anpassungsleistungen, also erfüllen auf diese Weise die Funktion von Lernen.

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Naiver Radikalreduktionismus in der

Hirnforschung

Dr. Mario Fox, 2013 50

•Unbestritten bilden die neurophysiologischen Vorgänge die körperlichen

Trägerprozesse für die geistigen oder psychischen Vorgänge

•Die neurophysiologischen Vorgänge zeigen, dass psychische Vorgänge

ablaufen, aber nicht, wie psychische Vorgänge generiert werden

•Psychische Phänomene sind stets Phänomene auf einer anderen

Beschreibungsebene als neuronale Prozesse; sie können sich eigentlich nicht

gegenseitig erklären, da sie durch nicht vergleichbare Messgrößen eruiert

werden. Psychische Phänomene sind hochkomplex und gehorchen nichtlinearen

Prozessen der Selbstorganisation, die aus unteren weniger komplexen Systemen

hervorgegangen sind; es ist die jeweilige Organisationsform der Elemente, die

daraus Quasi-Emergenzphänomene schafft

•quasiemergente Phänomene des Gehirns basieren auf neuronalen

informationsverarbeitenden Grundlagen und gehen aus diesen hervor

(=Emergenz), indem sie aufgrund weiterverarbeitender höherer (kortikaler)

Informationsverarbeitungsprozesse als mentale Metarepräsentanzen oder

Konstrukte erscheinen, die komplexer sind als die zugrundeliegenden neuronalen

Aktionspotenziale und nicht mehr erklärbar sind durch deren Gesetzmäßigkeiten

• neuronale und mentale Vorgänge sind also nicht dasselbe, wenngleich

voneinander abhängig

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Naiver Radikalreduktionismus in der Hirnforschung

Dr. Mario Fox, 2013 51

•Bei der unüberschaubaren Anzahl von Tausenden von Neurotransmittern,

Hormonen und Regulationsgenen kann das höchstkomplexe menschliche Erleben

und Verhalten ätiologisch nicht erklärt werden durch die Wirkungsweisen eines

einzigen Neurotransmitters oder durch die Wirkungen von ein paar wenigen wie die

stets zitierten Serotonin-, Dopamin- oder Noradrenalin-Systeme.

•Unberücksichtigt bleiben beim biologistischen Ansatz die essentiellen komplexen

Interaktionen sozialer Erfahrungen.

•Bei der gigantischen Komplexität des Gehirns sowie der Komplexität der jeweiligen

Biografie die psychischen Befindlichkeiten mit einem oder ein paar wenigen

„Endorphinen“ erklären zu wollen, entbehrt jeglicher wissenschaftlich fundierter

Grundlage.

•Unter biologischen und kulturellen Selektionsdruck entwickelte sich das Gehirn als

ein von Erfahrungen abhängiges, plastisch formbares Steuerungssystem

•Die Neurowissenschaften und Hirnforschung geben eine auf ihren

Beobachtungsebenen gute Beschreibung -nicht Erklärung!- ab für psychische

Prozesse, teilweise auch einen Erklärungsansatz, aber sicher nicht einen- wie von

manchen Protagonisten behaupteten- vollständigen Erklärungsansatz

•In ihrer biologistischen Ausprägung wiederholt die Hirnforschung nur einen

überholten kruden Determinismus und feiert alte mechanistische Modelle vom

Menschen

Die Natur des Menschen ist seine Kultur

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Dr. Mario Fox, 2013 52

Was ist Psychologie

Psyche (Geist) ist das Produkt

neurologischer Vorgänge und

selbstorganisierter

Wirklichkeitskonstruktionen

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Dr. Mario Fox, 2013 53

Was oder wer ist der Mensch?

„Du hörst die Musik nicht an, du

bist die Musik solange sie

forttönt...“ A.R. Damasio

Der Mensch ist das, was er in Begegnungen mit

anderen wahrnimmt, was er erlebt und was er davon

erinnert- aber erzählt er das, was er erinnert oder

erinnert er, was er erzählt?