Was westliche Politik im Orient anrichtet - · PDF fileWas westliche Politik im Orient anrichtet Dies ist der Untertitel eines Buches, das Mitte März im C.H. BECK Verlag erschienen

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  • Was westliche Politik im Orient anrichtetDies ist der Untertitel eines Buches, das Mitte Mrz im C.H. BECK Verlag erschienen ist. Auf gerade mal 175 Seiten entlarvt der in Berlin lebende Nahostexperte Michael Lders die verlogene und desastrse Politik des Westens, allen voran der USA, in Bezug auf die Lnder des Nahen Ostens. Mit klarem analytischem Blick beschreibt er das kontinuierliche imperialistische Vorgehen der USA in dieser Region.Das Paradebeispiel dieser Politik geht auf das Jahr 1953 zurck als CIA und MI6 fr den Umsturz der damaligen demokratisch legitimierten Regierung unter dem iranische Premierminister Mossadegh gesorgt haben. Diese Regierung musste weg, weil die Gefahr bestand, dass das Monopol der britischen lindustrie durch Verstaatlichung verloren gehen knnte. Mit der Pahlevi-Dynastie, die danach installiert wurde, konnte ein Deal eingefdelt werden, der die vom Westen bentigten lreserven auf Jahrzehnte hinaus absicherte, und zwar mit Hilfe eines internationalen lkonsortiums,welches zu 40 Prozent den USA und zu weiteren 40 Prozent BP gehrte. Mission accomplished!Dieser Sndenfall amerikanisch-britischer Politik, wie Lders den fr den Westen erfolgreichen Putschtreffend bezeichnet, gibt die Folie ab fr alle weiteren Interventionen des Westens im Nahen Osten:Immer geht es zuvrderst um die fr die USA und ihre Verbndeten lebenswichtigen Ressourcen, die es zu sichern gilt. Egal ob im Irak oder in Lybien, lreserven mssen gesichert werden und mglichst in die Hand amerikanischer Unternehmen gelangen. Zugleich mssen dem Westen ergebene Regime installiert werden. Um der Nachhaltigkeit der jeweiligen Mission willen. So kann man das der Weltffentlichkeit allerdings nicht verkaufen. Dafr mssen andere Deutungsmuster herhalten, so Lders. Beliebt ist zum Beispiel die Dmonisierung der jeweils nicht erwnschten Machthaber. Wer wre besser als Hilfsdmon geeignet als Hitler. Schon 1953 wurde der damalige, eigentlich dem westlich-parlamentarischen System gegenber aufgeschlossene Mossadegh fr die ffentlichkeit folgendermaen charakterisiert: Er sei wie Hitler unberechenbar, irre, gerissen, provokantEiner dergefhrlichsten Fhrer, mit denen wir es je zu tun hatten. Wir kennen diese Argumentation: Auch Saddam-Hussein, Gaddafi oder jngst Baschar al-Assad wurden und werden uns so verkauft. Mit demklaren Kalkl: Das Bse ist benannt, es muss bekmpft, am besten zerstrt werden. Mit dieser Vernebelkerzung der ffentlichkeit werden dann unter zustzlicher Bezugnahme auf unsere westlichen Werte alle weiteren Manahmen zur Ausrottung des Bsen gerechtfertigt und zugleich die eigentlich materiellen Interessen, die der wahre Grund fr die jeweilige Intervention sind, verschleiert.Denn, so betont Lders ausdrcklich, es gehe eben nicht um einen Kampf der Kulturen, sondern umhandfeste imperialistische Interessen der USA und ihrer wichtigsten Verbndeten, allen voran Grobritanniens und Frankreichs. Koste es, was es wolle. Diese Kosten sind allerdings hoch:Fr die betroffenen Lnder, weil sich eine Schneise der Verwstung durch das jeweilige Land zieht und unzhlige unschuldige Menschen zu Tode kommen. Fr die USA, weil sich der Widerstand gegen das westliche Wertemodell (Abu Graib!) in Form terroristischer Verbnde zeigt. Denn das mit dem Zerfall des jeweiligen Staates entstehende Machtvakuum wird von Gruppierungen wie den Taliban, Al Kaida oder dem Islamische Staat genutzt. Lders pldiert eindringlich dafr, zu erkennen, dass die Zeiten vorbei sind, in denen das Welterklrungsmuster hier die Guten, da die Bsen hilfreich war. Unsere Welt ist multipolarer und damit unbersichtlicher geworden. Um sie zu verstehen, helfen eindimensionale Erklrungsmuster nicht weiter. Genaues Hinsehen ist gefordert: Differenzierung. Im Nahen Osten gehe es vornehmlich um Macht und Herrschaft.Diese Region sei einerseits Spielball amerikanisch-westlicher Interessen. Es sei aber zu gleicher Zeit eine Region im Umbruch: Konfrontiert mit dem rasanten weltweiten technischen Fortschritt, zugleich noch lebend in, man knne sagen, mittelalterlich feudalen Strukturen, innerhalb derer einflussreiche Stammesfhrer mit ihren Clans den Ton angeben.

  • In diesem Spannungsfeld mssten die religisen(Schiiten versus Sunniten, vice versa), letztlich aber machtpolitischen, innerarabischen Kmpfe verortet werden. Der Islamische Staat sei zum Beispiel auch eine Bedrohung fr das erzkonservative wahabitische Knigreich in Saudi Arabien. Diesem sei jedes Mittel Recht, dieser Bedrohung zu begegnen, auch die Zusammenarbeit mit dem nicht geliebten Westen.Auch auf Israel wirft der Autor einen kritischen Blick. Er geielt das Tabu der Kritik am Staat Israel. Vielen Europern falle es schwer, sich vorzustellen, welche traumatischen Auswirkungen das rcksichtlose Vorgehen israelischer Politik mit Kriegen und Militraktionen auf die Palstinenser habe.Lders konstatiert mit Bedauern, dass es keine ffentliche Debatte darber gebe, was mit Aussagen wie der besonderen historischen Verantwortung fr Israel oder der Staatsraison gemeint sein knne. Die eigentliche Problematik werde umschifft. Weder werde die gezielte Vertreibung von rund der Hlfte der palstinensischen Bevlkerung im Zuge der israelischen Staatsgrndung angesprochen noch der systematische Siedlungskolonialismus in den 1967 eroberten palstinensischen Gebieten. Einen Gleichstand der Waffen gebe es schon gar nicht. Israel sei eine der strksten Militrmchte der Welt, bei weitem die strkste im Nahen Osten. Das Land sei Atommacht, werde aber als sogenannter demokratischer Vorposten des Westen, anders als der Iran, nicht dazu verpflichtet sein Waffenarsenal unter internationale Kontrolle zu stellen. Letztlich sei es unklug, den israelischen Politikern einen Freibrief fr ihre menschenverachtende koloniale Politik auszustellen

    Im Nahen Osten wrden verschiedene Sppchen gekocht und wir in Europa wrden dann mitdem daraus resultierenden menschlichen Elend konfrontiert und dazu verleitet, das Bse so zu sehen, wie unsere westlichen Leitmchte es gesehen haben wollen. Es sei hchste Zeit, dies zu erkennen und gerade von deutscher Seite aus die Nibelungentreue zu den USA aufzugeben und sich nicht hineinreien zu lassen in eine unselige Weltmachtpolitik, deren mgliche Folgen gerade wir Deutschen nicht vergessen haben sollten.Das msse nicht heien, dass Deutschland sich heraushalten msse. Aber es msse auch nicht bedeuten, dass Deutschland militrisch vor Ort agieren msse, wie manche unverantwortlichen PolitikerInnen, allen voran Frau Gring-Eckhardt und Herr Gauck, dies forderten. Es knne bedeuten, nach dem Vorbild Willy Brandts, Wege der Verstndigung zu ffnen, nicht l ins Feuer zu gieen und humanitr verantwortlich zu helfen. Demut sei gefragt nicht weltmachtpolitisch arrogantes Gehabe!

    Wer das Buch liest, kann sich gut vorstellen, wie sie lauern die Falken vom Capitol Hill und sich beim Blick auf Middle East, wie sie den uns nahen Osten nennen, und auf das ferne Old Europe, den nchsten Schachzug ausdenken, berlegen, wer das nchste Bauernopfer zu bringen hat im Spiel um Macht und Herrschaft auf der Welt. Zur Zeit fllt ihr Blick intensiv auf Europa. Wie damit selbstbewusst umzugehen wre? Auch auf diese Frage hat Lders eine klare Antwort parat.Fazit: Michael Lders` Buch ist ein lesenswerter Klartext im Getmmel.

    Michael Lders: Wer den Wind st. Was westliche Politik im Orient anrichtet. Mnchen 2015 C.H. Beck Verlag (14,95)

  • http://www.michael-lueders.de/michael_lueders.html