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Kulturtechniken des Kollektiven

Kurzversion

Kulturtechniken werden kollektiv geteilt. Sie manifestieren sich etwa in der Bildung von Gemeinschaft, von Gesellschaft, in Form von Sprache, Ritualen oder religisen Praktiken (wie beten oder fasten). Kollektive Kulturtechniken formieren keine Symbolsysteme, haben jedoch am Symbolischen gesellschaftlicher Vermittlung teil und modifizieren es mit.

Daher mag die Formel Kulturtechniken des Kollektiven auf den ersten Blick tautologisch erscheinen, denn Kulturtechniken sind per definitionem immer schon kollektive Techniken, wie umgekehrt Kollektive immer schon kulturelle Einheiten bilden.

Und tatschlich birgt die Formel eine besondere Herausforderung der (begrifflichen und systematischen) Przisierung:

Was unterscheidet das Kollektiv vom dem Kollektiven (Kollektivitt)?

Wo verlaufen die Grenzen zwischen Kollektiv und Kultur?

Wenn das Kollektiv zweifellos eine kulturelle Einheit bildet, warum dann vom Kollektiven sprechen und nicht beispielsweise von einer Subkultur?

Wie verhalten sich also Kultur und Kollektiv zueinander und welche Implikationen hat dies fr den Begriff der Kulturtechniken?

Dieser Herausforderung mchte sich die Abschlusstagung der Laborgruppe Kulturtechniken, - selbst ein Forschungskollektiv -, stellen:

Gerade in einer Zeit, in der kulturelle Einheiten sich zu multiplizieren und zu diversifizieren scheinen (und zwar sowohl auf rumlicher Ebene Kollektive werden delokalisiert - als auch auf der Ebene kollektiver Praktiken: Stichworte: communities in den Neuen Medien; networks, peer groups, sharing etc.) und eine Pluralisierung von Kulturen eingefordert wird (Stichworte: Wissenskulturen, Traumkulturen, Kulturen des XY etc.), in einer Zeit, in der projektbasiertes Arbeiten den Alltag prgt, aber auch vor dem Hintergrund von Debatten um kulturelle Integration, besitzt die Frage nach den Kulturtechniken des Kollektiven besondere Brisanz:

Die Definition des Kollektivs, seiner spezifischen Rume und der Medien seines Zusammenhalts, bestimmt mageblich mit, wie kulturelle und gesellschaftliche (Austausch)-Prozesse gedacht werden. (Dies betrifft nicht zuletzt auch die Frage kulturellen Wandels und die Mglichkeit gesellschaftlicher Offenheit und Kooperation).

Die Frage nach den spezifischen Kulturtechniken des Kollektiven berhrt wiederum die Kerndefinition der Kulturtechniken selbst:

Das Kollektiv wirft nicht nur die Frage nach der kleinsten Einheit von Kultur auf (siehe Fragenkomplex oben), emblematisch hierfr wren beispielsweise das domus, die Urhtte oder die Tischgemeinschaft.

Es erlaubt, die Historizitt und Wandelbarkeit von Kulturtechniken zu reflektieren bzw. berhaupt erst in den Fokus zu rcken (und mit der Frage nach spezifischen Operationen der Verrumlichung zu verknpfen):

So bildet ein Fotoalbum ein anderes Kollektiv als beispielsweise eine Enzyklopdie, eine Weltkarte ein anderes Kollektiv als eine Weltausstellung oder ein Museum. Jedes dieser Medien/Medienarrangements bildet Kollektive (ab) (sei es als Assemblage der ANT, sei es im buchstblichen Sinne eines symbolischen wir), beruht auf spezifischen kollektiven Praktiken und ermglicht kollektive Handlungen. Historisch gesehen, involvieren sie jedoch ganz unterschiedliche Kulturtechniken des Kollektiven:

Im Anschluss an Latour und Philippe Descola kann das Kollektiv als gleichberechtigte und produktive Versammlung von Menschen und Dingen bzw. menschlichen und nichtmenschlichen Akteuren aufgefasst werden und fungiert damit nicht nur als mastblicher, sondern als ein relationaler Alternativbegriff zu dem der Gesellschaft (Engell/Siegert 2012).

Damit bildet es eine Grundlage fr ein rumliches und prozessuales Denken von Kultur (und Gesellschaft). [...]

Die Tagung widmet sich daher auch den spezifischen (zeitlichen, rumlichen und internen) (Form-)Dynamiken des Kollektivs:

Einen Ausgangspunkt bildet die Annahme, dass ein Kollektiv als Verbindungsgeschehen (nach Stheli) bezeichnet werden kann.

Die Tagung fragt danach, mit welchen Medien und Kulturtechniken (der Verrumlichung, Kooperation und Ver/Sammmlung) diese Verbindungen hergestellt, stabilisiert und aufgelst werden. Die Frage, was das Kollektiv eigentlich zusammenhlt, rckt jedoch nicht nur mediale Infrastrukturen in den Blick, (und damit Kulturtechniken der Kanalisierung, Regulierung und Versammlung), sondern auch Kulturtechniken des Tauschens und Teilens:

Ein Kollektiv zeichnet sich dadurch aus, dass etwas rumlich und zeitlich geteilt wird (shared restlessness, shared awareness, kollektive Handlung, Zustand, Dinge, Praktiken, ein gemeinsamer Raum, ein Erlebnis). [...]

Rsum:

Kulturtechniken des Kollektiven ermglichen die temporre (und ereignishafte) Assoziation (oder weniger technisch: Zusammenschluss/Verbindung) von Akteuren zu einem Kollektiv.

Die Tagung fragt nach der medialen und kulturtechnischen Verfasstheit von Kollektivitt. Sie geht davon aus, dass Kollektive zu allererst auf Operationen der Kollektion, Kooperation und Synchronisierung beruhen.

Mit besonderem Augenmerk auf Verrumlichungsprozesse widmet sich die Laborgruppe der spezifischen Dynamik, Reprsentationssthetik und den Infrastrukturen des Kollektivs.

Sie versucht, die spezifischen kulturtechnischen Operationen herauszuarbeiten, durch die Kollektive generiert, kanalisiert und stabilisiert werden (Sammeln, Komplilieren, Montieren, Reisen, Essen, Spiel/Sport/Tanz/Tausch, Architektonisches etc. ) und sie in ihrer historischen Dimension und Wandelbarkeit zu befragen.

Mgliche Felder / Panels:

1. Operationen der Kollektion (z. B. Verfahren und Techniken der Notation und Archivierung, Intermedialitt, aber auch: Sammlungs- und Editionsgeschichte, Statistik und Kollekte, Florilegien, Anthologien, Magazine und Behlter, Operationen der Assoziation im weitesten Sinne)

2. Medien der Kooperation (z.B. die Kommentarfunktion im Word Dokument fr kollektives Schreiben;)

3. Synchronisierung (z.B. der Gleichschritt, Tanz und Musik: Rhythmus als Medium, Kalender, usw.)

4. (Form-)Dynamiken des Kollektiven (Phnomene der Nachahmung, Barrikade/Protest)

5. Situativitt und Ereignishaftigkeit (Stichwort: Verbindungsgeschehen)

Kollektiv besitzt eine besondere Affinitt zum Spiel (einerseits durch Transitorisches, andererseits ist das Spiel eine der Urszenen des Kollektivs (Serres), (Sport/Fitness/mediale Dispositive)

6. Topographien und Infrastrukturen des Kollektiven, Zirkulationsprozesse (Weltausstellung, Infrastrukturen, domus, etc.)

7. sthetik des Kollektiven (z.B: Kompositfotografie, Enzyklopdie, Franais peints par eux-mmes, aber auch: identische Kleidung / Uniform oder Hipster-Bart)

8. (Kultur-) Techniken kollektiver Reprsentation (in Enzyklopdien, Sammlungen; Gesellschaft; ethnographisch, politisch), durch individuelle wie kollektive Krpertechniken; kartographische Modelle/Metaphern in den Kultur- und Medienwissenschaften; Assemblage, Montage) > Voraussetzung hierfr bilden Techniken der Differenzierung und Entdifferenzierung, Un/hnlichkeiten, Vereinheitlichung

9. kleine Einheiten von Kultur und Urszenen des Kollektiven (Domestikation, Urhtte, Tischgemeinschaft, communities, peer groups)

10. alternative Modelle/Gegenkonzepte des Kollektivs (z.B. meshworks?)