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(Aus der Zoologischen Station in Neapel.) Weitere Untersuehungen fiber die Galvanotaxis yon Echinodermen. Von l~erdinand Seheminzky, Wien. (Ausgeffihr~ mit Unterstfitzung der 5sterreichisch-deutschen Wissenschaftshilfc.) Mit 2 Textabbildungen. (Eingegangen am 6. September 1930.) In der nachfolgenden Mitteilung 1 wird ffir die Nordsee-Echino- dermen Ophiura albida und texturata, Ophiothrix fragilis, Solaster pappo- sus, Asterias rubens und Astropecten Mfilleri der Nachweis erbracht, dab ~rotz der gegenteiligen Angabe yon Nagel 2 aueh bei dieser Tiergruppe eine typische Galvanotaxis vorhanden ist. Eehinus miHaris zeigte keine gerichtete Bewegung im Strom, reagierte jedoch auf die Lage der Pole dureh eine eharakteristisehe Stellung seiner Staeheln. Ophiura und Ophiothrix zeigten anodische Galvanotaxis, Solaster, Asterias and Astro- pecten eine zweiphasige Galvanotaxis mit einer negativen und einer, nach einer Pause (Umsehaltzeit) darauffolgenden positiven Wanderung. Die in ~elgoland untersuchten Formen stehen den Versuchstieren Nagels nahe, sind abet nicht mit ihnen identisch, da Nagel in Neapel gearbeitet hat. Bei einem Aufenthalt an der Zoologischen Station in ~qeal3el , den mir die 5sterreichisch-deutsche Wissenschaftshilfe erm6glichte, konnte ich auch die Versuehstiere Nagels selbst untersuehen. Es ist mir eine ange- nehme Pflieht, an dieser S~elle der 6sterreichiseh-deutsehen Wissen- sehaftshilfe dafiir herzliehst zu danken. Ebenso bin ich Herrn Prof. R. Dohrn fiir die Gastfrenndschaft an der Station nnd sein steres Inte- resse am Fortschreiten der Arbeiten zu grol~em Dank verpflichtet, ferner dem Leiter der physiologisehen Abteilung, I-Ierrn Prof. E. Sereni. So wie bei den Versuchen in Helgoland hat reich auch diesmal meine Frau unterstiitzt. 1 Ferd. Scheminzky, Pfliigers Arch. 226, 366 (1930). W. Nagel, Pfliigers Arch. 53, 332 (1893).

Weitere Untersuchungen über die Galvanotaxis von Echinodermen

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Page 1: Weitere Untersuchungen über die Galvanotaxis von Echinodermen

(Aus der Zoologischen Station in Neapel.)

Weitere Untersuehungen fiber die Galvanotaxis yon Echinodermen.

Von l~erdinand Seheminzky, Wien.

(Ausgeffihr~ mit Unterstfitzung der 5sterreichisch-deutschen Wissenschaftshilfc.)

Mit 2 Textabbildungen.

(Eingegangen am 6. September 1930.)

In der nachfolgenden Mitteilung 1 wird ffir die Nordsee-Echino- dermen Ophiura albida und texturata, Ophiothrix fragilis, Solaster pappo- sus, Asterias rubens und Astropecten Mfilleri der Nachweis erbracht, dab ~rotz der gegenteiligen Angabe yon Nagel 2 aueh bei dieser Tiergruppe eine typische Galvanotaxis vorhanden ist. Eehinus miHaris zeigte keine gerichtete Bewegung im Strom, reagierte jedoch auf die Lage der Pole dureh eine eharakteristisehe Stellung seiner Staeheln. Ophiura und Ophiothrix zeigten anodische Galvanotaxis, Solaster, Asterias and Astro- pecten eine zweiphasige Galvanotaxis mit einer negativen und einer, nach einer Pause (Umsehaltzeit) darauffolgenden positiven Wanderung. Die in ~elgoland untersuchten Formen stehen den Versuchstieren Nagels nahe, sind abet nicht mit ihnen identisch, da Nagel in Neapel gearbeitet hat.

Bei einem Aufenthalt an der Zoologischen Station in ~qeal3el , den mir die 5sterreichisch-deutsche Wissenschaftshilfe erm6glichte, konnte ich auch die Versuehstiere Nagels selbst untersuehen. Es ist mir eine ange- nehme Pflieht, an dieser S~elle der 6sterreichiseh-deutsehen Wissen- sehaftshilfe dafiir herzliehst zu danken. Ebenso bin ich Herrn Prof. R. Dohrn fiir die Gastfrenndschaft an der Station nnd sein steres Inte- resse am Fortschreiten der Arbeiten zu grol~em Dank verpflichtet, ferner dem Leiter der physiologisehen Abteilung, I-Ierrn Prof. E. Sereni. So wie bei den Versuchen in Helgoland hat reich auch diesmal meine Frau unterstiitzt.

1 Ferd. Scheminzky, Pfliigers Arch. 226, 366 (1930). W. Nagel, Pfliigers Arch. 53, 332 (1893).

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Weitere Untersuehungen fiber die GMvanotaxis yon Echinodermen. 355

M ethodisehes.

Die Methodik war mit den im folgenden angeffihrten Ab~nderungen die gleiche, wie sie bei den Untersuchungen in Helgoland beniitzt und in der 1. Mitteilung beschrieben wurde (vgl. hierzu auch die dortige Abb. 1). Die Versuchstiere wurden mit parallelen Stromlinien durchstrSmt, wobei die elektrolytische Zersetzung des Seewassers in der Versuchswanne dadurch ausgeschMtet wurde, dab die Kohle- elek~roden sieh in besonderen Wannen (Elektrodenwannen) befanden, die mit der Versuchswanne durch eine grol~e Zahl yon U-RShren verbunden wurden. Die Versuchswanne war aus Holzleisten mit eingekitteten Glasscheiben angefertigt; ihre inneren MaBe waren 190 X 630 mm, der Wasserstand 50 ram, der ftir die Berechnung der Stromdichte wichtige Quersehnitt der Wassermasse 50 • 190 mm, d. i. 9500 qmm. Ein mittleres Gebiet der Versuchswanne wurde auch bier durch ein Celluloidgitter mit LSchern yon 1,5 mm und Maschen yon 1 mm Durchmesser abgegrenzt, innerhalb dessen ein nahezu ungest6rter Verlauf der Stromlinien ange- nommen werden konnte. Die Laufbahn fiir die Tiere hatte eine L/~nge yon 350 ram.

I)as Wasser wurde durch Eingiegen frischen Seewassers in die Versuchswanne gewechselt, das durch die U-RShren in die Elektrodenwannen abstrOmte und yon dort gleichzeitig mit 2 Schl/~uchen abgesaugt wurde. Da infolge des grol~en Quer- schnittes die Stromst~rke relativ groG, die elektrolytische Zersetzung in den Elektrodenwannen somit betrgchtlich war, wurde beim Wechseln die 3--5~ache Wassermenge in die Versuchswanne eingegossen; die Erneuerung des Wassers wurde durchschnittlich Mle 2 Stunden vorgenommen und auch naeh jeder Kino- aufnahme das Wasser gewechselt, weft die starken Lampen es merkbar erw~rmten.

Der Gleichs~rom mit einer Spannung yon 150 Volt wurde in der Zoologischen Station mit einer kleinen Dynamomaschine, die mit einem Weehselstrommotor angetrieben wurde, erzeugt; aueh hier wurde die Wanne so wie friiher im Neben- schlul? zu einem regelbaren Widerstand geschaltet. Der Nebenkreis enthielt das zur Strommessung beniitz~e ,,Mavometer". Bei Mitteilung der Ergebnisse werden nur die Stromdichtewerte in (~, das sind/~A/qmm angegeben; die dureh die ganze Anordnung geflossene Stromsts l~13t sich aus den Stromdichtewerten leicht durch Multiplikation mit 9500 ( Querschnitt der durchstrSmten Wassermasse) berechnen.

Bei den Versuchen wurde so vorgegangen, dab - - zun~ehst bei geringer Ent- fernur/g des Sehiebekontaktes am Widerstand yore Nullpunkt - - der Strom ge- sehlossen und beobaehtet wurde, ob durch Hemmung einer spontanen, gegen die Elektroden gerichteten Bewegung bei entsprechender Stromrichtung eine erste Reaktion festzustellen war. Blieb der Strom ohne Wirkung, so wurde er naeh 20--30 Sekunden wieder ausgesehaltet, der Schieber am Widerstand im Sinne einer etwas grSl3eren Stromst~rke verstellt, der Stromkreis sodann neuerlich fiir 20--30 Sekunden gesehlossen und wieder beobachtet. War so sehlieNich die erste Reaktion gelunden und die Stromst~rke abgelesen, so wurde in gleieher Weise dutch kurzzeitiges Stromeinschalten und Verstellen des Schiebers am Widerstand i n der Pause der Sehwellenwert ffir die Galvanotaxis aufgesucht, sodann die Art der GaIvanotaXis beobachtet und das gleiche auch bei hSheren Stromsti~rken wiederholt.

Auch diese Versuehe wurden zum Tell kinemar (auf 9,5 mm Sehmal- film) registriert. Der Path6-Aufnahmeapparat und die zur Beleuehtung des Auf- nahmefeldes dienenden Nitraphotlampen waren oberhalb der Versuehswanne be- festigt. Der Boden der Wanne war mit einem Stfick Zeiehenkarton bedeekt, der senkreeht zu den Stromlinien mit parallelen Tusehstriehen in 1 em Abstand ver- sehen war. Dieses Liniensystem erMchterte die Messung der Ortsver~nderung der Versuchstiere.

Die Versuche wurden in den 3/[onaten M~rz und April 1930 ausgeffihrt. Pfliigers Archly f. d. ges. Physiol. Bd. 226. 24

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356 F. Scheminzky :

Ergebnisse.

Nagel (1. c.) untersuehte Aster]as (Asteraeanthion) glacial]s, Echin- aster sepositus, Ophioderma longicauda und Anthedon rosaeeus und land keine ReaCtion auf den Strom. Asterias (Asteraeanthion) and Eehinaster konnten yon mir in mehreren Exemplaren untersucht werden und zeigten eine typisehe zweiphasisehe Galvanotaxis, wean auch nieht so deutlich wie die in Helgoland untersuchten Arten. Aueh bei Ophio- derma longicauda land sich eine - - anodiseh geriehtete - - G~lv~notaxis, da aber nut 2 anscheinend nieht ganz intakte Exemplare untersueht werden konnten, wird sp~ter uicht mehr darauf eingegangen werden; der Befund wird nut mit l%fieksieht auf die Versuehe yon Nagel bier er- w~hnt. Be] Anthedon rosaeeus wurde allerdings ~eine Reaktion auf den Strom gefuaden, wie dies auch ~Vagel beobaehtet hat, Da ieh nur 3, sehon seit l~ngerer Zeit im Aquarium befindliche Tiere untersuehen konnte, kann nicht entsehieden werden, ob es sich bier blo~ um das Nicht- reagieren geseh~digter Tiere handelt oder ob nur die max]male, mit der Versuchsanordnung erzielbare Stromdiehte noeh zu gering war. Da sieh in frfiheren Versuehen 1 zeigte, da~ ffir kleinere Tiere erheblieh st~rkere ReizstrSme notwendig sind, so w~re mit Riicksieht auf den kleinen KSr- per und die ~ul3erst diinnen Arme yon Anthedon, also mit Riicksieht auf das kleine Volumen, die letztere MSgliehkeit durehaus denkbar.

~eben den genannten Formen wurden sodann weitere, in der Nordsee nicht vorkommende Eehinodermen geprfift, yon denen Asterina gibbosa und Astropeeten bispinosus und spinulosus sieh als sehr geeignete Ver- suehstiere erwiesen. Es ]st besonders bemerkenswert, dal~ die Gesehwin- digkeit der in Neapel untersuchten Tiere mit, abet auch ohne Stromein- wirkung wesentlieh kleiner war als bei den Nordsee-Eehinodermen. Eine Ausnahme macht nut der untersuehte See]gel Strongyloeentrotus lividus.

Im folgenden sollen die Ergebnisse an den einzelnen Arten kurz be- sprochen werden.

St~ongylocen$rotus lividus. Untersueht wurden 8 Tiere, yon denen 2 infolge starker Eigen-

bewegliehkeit eine unklare Reaktion ergaben, 6 jedoeh eine typisehe, monophasisehe, anod~sch gerichte~e Ga]vanotaxis zeigten. Der in Helgo- land untersuchte Seeigel Echinus miliaris zeigt ira Gegensatz zu Strongy- loeentrotus die Stromeswirkung nur dureh die charakteristische Stellung seiner Staeheln, nieht aber dutch eine geriehtete Bewegung an; Strongy- loeentrotus ]st allerdings - - wenigstens in den Aquarien - - beweglieher als Eehinus. Die Bewegungsgeschwindigkeit yon Strongyloeentrotus im Strom ist absolut genommen aueh nieht sehr groin, etwa 1 cm in 6 bis 7 Minuten, doch betr~gt die anodische Wanderung je naeh der Dureh-

1 Ferd. Scheminzl~y, Pfl~igers Arch. 20~, 200 (1924).

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Weitere Untersuchungen fiber die GMvanotaxis yon Echinodermen. 357

str5mungszeit in einer ~ichtung 2--3 cm. Die galvanotaktische Sehwellenstromdiehte liegt ffir Tiere mit einem KSrperdurehmesser yon 30--40 mm (ohne Staeheln) im Mitre] bei 49,1 d. ])ie galvanotaktische Bewegung hat einen mehr ruekartigen Charakter, d. h. das Tier verharrt stets einige Zeit an Ort und Stelle, allerdings unter siehtbarem Bewegungs- bestreben, um sich dann plStzlieh wieder einigeMillimeter gegen dieAnode zu verschieben.

])as Verhalten der FfiBchen und Staeheln entsprieht dem yon Eehinus miliaris und ist in Abb. 2 in der ersten Mitteilung fiber die Galvanotaxis der Echinodermen (1. c.) dargestellt. Die Staehe]n werden so welt als mSglieh bis auf ein kMnes kathodisehes Segment gegen die Anode ge- dreht. Auf der anodisehen K6rperh~lfte sind die Ffif~ehen bei sehw~ehe- ren StrSmen stark expandiert und in sti~ndig tastender Bewegung, auf der Kathodenseite dagegen stark kontrahiert und ruhig. ])as eharak- teristische Verhalten der Ffi13ehen kann sehon vor der Galvanotaxis und vor der Verlagerung der Staeheln auftreten, z. ]3. sehon bei 9,5--19 ~3, ist somit das empfindliehste Anzeiehen ffir die Stromeswirkung.

Bei der Stromwendung ver~ndert sieh das Bild entsprechend der neuen Lage der Anode. ])as Umwenden der Staeheln erfolgt um so rascher, je st/~rker der Strom ist. Die Umlagerung dauert nur wenige Sekunden.

Bei starken Str6men, etwa 95 b, wird das Ausmag der galvanotak- tisehen ]3ewegung geringer, die Staeheln sind den Stromlinien fast parallel (bis auf eine kleine, kathodische Zone), die FfiBehen sind aber auch anf der Anodenseite kontrahiert, wenn aueh nieht so stark wie anf der kathodischen H~tlfte. Vermutlieh dnreh Kontrakt ion der inneren Nuskeln ist die HShe der anodischen KSrperhi~lfte geringer, der Liings- schnitt dutch den KSrper in der g ichtung der Stromlinien kein Oval, sondern mehr ein Dreieek mit einer gegen die Anode geriehteten Spitze. ]3ei der Wendung kontrahiert sieh nattirlich die neue Anodenseite unter Expansion der kathodischen SeRe, was zu einer geringffigigen Verschie- bung des ganzen Tieres gegen die Kathode ffihren kann. ])iese Verlagerung ist ]edoeh nieht etwa mit einer kathodisehen Galvanotaxis zu verweehseln.

Asterias tenuispina. Untersucht wurde ein Tier mit 6 ungef~hr gleieh langen Armen,

deren mittlerer Radius 55 mm war. Es zeigte bei 19 d eine deutliche negative Galvanotaxis mit Tendenz zu ansehlieBender positiver Wan- derung, bei 38 d eine typisehe zweiphasische Galvanotaxis yore Solaster- typus. Da bei diesem Tier eine genaue Messung des zurfickge]egten Weges yore Beginn des Versuches an bzw. ffir die positive Phase yon der Bewegungsumkehr an und der dazu notwendigen Zeit vorgenommen wurde, so soil zur besseren ])ars te lhng das Protokoll eines Versuches wiedergegeben werden:

24*

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358 F. Scheminzky :

Tabelle 1. Verlau] der zweiphasischen Galvanotaxis bei Asterias tenuispina.

0 Min. 00 Sek. Einschal tung eines Stromes yon 38 6 0 ,, 30 ,, 0,1 em k~thodisch 1 ,, 00 ,, 1,0 ,, anodisch 2 ,, 00 ,, 2,0 ,, gnodisch Wendung des Stromes. 2 Min. 10 Sek. 1,0 cm kathodiseh 2 ,, 30 ,, 1,5 ,, kathodiseh 4 ,, 00 ,, 2,0 ,, anodisch 4 ,, 40 ,, 3,0 ,, gnodisch 5 ,, 20 ,, 4,0 ,, anodiseh Wendung des Stromes. 6 Min. 00 Sek. 2,0 cm kathodisch 7 ,, 00 ,, Das Tier kriecht rein seitlich 7 ,, 40 ,, 1,0era anodisch 8 ,, 10 ,, %0 ,, anodisch 8 ,, 40 ,, 3,0 ,, a.nodisch

Anmerkung: Auf die Latenzzeit wurde bei diesen Weg-Zeitmessungen nicht ge~chtet, sie ist in die Bewegungszeit eingerechnet.

Asterias (Astsracanthion) glacialis.

U n t e r s u e h t w u r d e n u t e i n groi~es f f i n f a r m i g e s T i e r m i t e i n e m m i t t -

l e r e n A r m r a d i u s y o n 120 r a m , da s z w e i p h a s i s c h e G a l w n o t a x i s so wie

S o l a s t e r ze ig te . E i n e r e i n n e g a t i v e G a ] v a n o t a x i s k o n n t e a u c h be i d e n

s c h w i c h s t e n S t r 6 m e n n i e h t g e f u n d e n w e r d e n , be i d i e s e n d a u e r t e d ie

n e g a t i v e P h a s e a l l e r d i n g s v ie l e M i n u t e n (bis zu 15), w a r a b e r s t e t s n a c h

de r U m s e h a l t z e i t y o n de r p o s i t i v e n W a n d e r u n g gefolg t . ] ) a s T i e r ze ig t e

b e s o n d e r s d e u t l i c h e ine a u c h be i d e n a n d e r e n V e r s u e h s o b j e k t e n o f t be-

o b a e h t e t e E r s c h e i n u n g , dal~ d ie G e s c h w i n d i g k e i t d e r g a l v a n o t a k t i s e h e n

B e w e g u n g n a e h d e r e r s t e n D u r c h s t r S m u n g u n d S t r o m w e n d u n g z u n i m m t ,

da i t sie a b e t a u c h m i t d e r D a u e r d e r v o r h e r g e h e n d e n D u r c h s t r 5 m u n g

s t e ig t . D a s fo ]gende P r o t o k o ] l g i b t i n d e r e r s t e n K o l o n n e d ie B e z e i e h -

Tabelle 2. Abhdngig~eit der An]angsgeschwindigkeit yon der Dauer der vorher~egangenen Durch.str6munffsphase

5ei Asterias glacialis. Stromdiehte 19 8, Wanderung durchwegs k~thodisch.

Bezeichnung der Versuchsphase

Zeit f[ir den ersten halben em

4 Min. 26 Sek. 1 ,, 40 ,, I ,, 55 ,,

23 ,, 50 ~

20 ,,

DurchstrSmungszei t i~l dieser Phase

4 iMin. 26 Sek. 3 , , ~ 21 ,,

12 ,, 15 ,, 7 ,, 5 ,, 4 ,, 25 , ,

Page 6: Weitere Untersuchungen über die Galvanotaxis von Echinodermen

Weitere Untersuehungen fiber die Galvanotaxis yon Eehinodermen. 359

n u n g d e r Versuchsphasen yon Wendung zu Wendung an, innerhMb welcher das Tier immer in der gleichen Richtung kriecht; die zweite Kolonne die fiir den ersten halben Zentimeter notwendige Zeit; die dritte endlich die Gesamtdurchstr6mungszeit in der betreffenden Phase.

W~hrend also in der ersten Durchstr6mungsrichtung fiir 0,5 cm noch 4 Minuten 26 Sekunden gebraucht werden, ist nach der Wendung die notwendige Zeit nur mehr 1 Minute 40 Sekunden; dab nicht nur das Tier in der einen Richtung e~was beweglicher war, sondern offenbar auch die vorhergegangene Durchstr6mung die Ursaehe darstellt, geh~ daraus hervor, dab in der gleiehen Bewegungsrichtung wie bei der ersten Durchstr6mung (in der Phase 3) auch fast nut mehr die gleiehe, verkfirzfe Zei~ (1 Minute 55 Sekunden) notwendig war und dab die lange Durehstr6mung yon 12 Minuten 15 Sekunden in der Phase 3 sogar die Geschwindigkeit des Tieres ffir die Phase 4 so steigern konnte, dab ffir 0,5 cm nut mehr 23 Sekunden erforderlich waren. Die Besprechung dieser Erscheinung soll am SchluB erfolgen.

Echinaster sepoaitu8. Untersucht wurden 5 Tiere, yon denen eines nieht auf den Strom

reagierte (auch sonst wenig beweglich war), 4 jedoch zweiphasische Gal- vanotaxis zeigten. Die Bewegung ist sehr langsam, die negative Phase 2--3 mm bei galvanotaktischen Sehwellenstr6men; die notwendige Stromdichte liegt bei Tieren mit einem mittleren Armradius yon 40 mm bei 85,4 5, yon 50 mm bei 62 5. Infolge der ~ul~erst langsamen Bewegung und des geringen Ausmal~es der Verschiebung ist die zweiphasisehe Galvanotaxis nieht leicht zu erkennen und sie wfirde ohne vorherige Untersuehung yon Solaster vielleicht tibersehen worden sein. Zum Naehweis der beiden Phasen bzw. zu ihrer Erkennung ist der Erfolg der Stromwendung besonders geeignet: wie immer bedingt Wendung in der negativen Phase ~4"nderung der Bewegungsrichtung, Wendung in der positiven Phase zunachst gleichsinnige, abet raschere Bewegung.

Astropecten bispinosus. Untersucht wurden 15 Tiere, die alle eine zweiphasische GMvano-

taxis zeigten. Die galvanotaktische Schwellenstromdichte liegt fiir Tiere mit mittleren Armradien yon 20--30 mm bei 69,6 5, yon 50 bis 60 mm bei 47,5 5. Bei vorsiehfiger Verringerung der Stromdichte kann aueh eine rein kathodische Galvanotaxis gefunden werden, d. i. eine solche, wo nach der Abnahme der kathodischen Wanderungsgeschwin- digkeit und dem Stillstand keine positive Phase im Verlauf langerer Zeit folgt; dies war z. B. bei einem Tier yon 55 mm mittlerem Arm- radius bei 28,5 5 der Fall. Zur Darstellung des Bewegungsausmal~es und der Bewegungsgeschwindigkeit bei dieser Spezies sei ein Protokoll beigeftigt.

Page 7: Weitere Untersuchungen über die Galvanotaxis von Echinodermen

360

Tabelle 3.

F. Scheminzky :

Verlau/ der zweiphasischen Galvanotaxis 5ei Astropecten bispinosus. Tier mi% einem mi%tleren Armradius yon 50 ram.

0 Min. 00 Sek. Einsehaltung eines Stromes yon 57,0 0 ,, 20 ,, 0,2 em kathodische Wa.nderung 1 ,, 00 ,, 1,0 ,, anodisch 1 ,, 15 ,, 2,0 . . . . 1 ,, 25 ,, 3,0 . . . . I ,, 35 ,, 4,0 . . . . 1 ,, 50 ,, 6,0 . . . . . Wendung des Strom~s. 2 Min. 5 Sek. 1,0 cm kathodisch 2 ,, 40 ,, 1,0 ,, anodiseh 3 ,, 30 ,, 2,0 ,, ,, 4: ,, O0 ,, 3,0 . . . . 4 ,, 15 ,, 4,0 . . . . 4 ,, 40 ,, 6,0 . . . . Wendung des Stromes. 4 Min. 55 Sek. 1,0 em kathodisch 5 ,, 30 ,, 1,0 ,, ~nodisch 6 ,, 00 ,, 2,0 . . . . 6 ,, 35 ,, 3,0 . . . . Versuch hierauf abgebroehen.

Anmerk~ng: Aui die Latenzzeit wurde hier keine I~iicksicht genommen, sie ist in der ftir die Bewegung notwendigen Zeit enthalten. Die Wegzahlen geben den in dem betreffenden Zeitmoment yon der letzten Wendung an zurfiekgelegten Weg.

Der Versueh zeigt, dab das AusmaB der nega t iven Phase im Verh~lt-

nis zur pos i t iven Wanderung gering ist, daft aber die Lgnge der nega t iven

Phase mi t des Durehs t r6mung bzw. naeh der Wendung betr i ieht l ieh

zun immt . Die S t romwendung in der pos i t iven Phase ft ihrt bei allen sieh wie

Solaster ve rha l t enden Tieren zu einer kurzdauernden, aber schnelleren

W~nderung in gMehe r Bewegungsr iehtung (neue nega t ive Phase) und

nach einer kurzen Pause (Umschaltzei t ) erst zu einer Bewegungsumkehr

(positive Phase). Wie zu erwarten, l~Bt sieh z. B. bei As t ropec ten - -

der ebenso sehSn und deut l ieh wie Solaster re~giert - - zeigen, dag ein

U m d r e h e n des Tieres um 180 ~ un te r Belbehaltung der allen Stromo

r ich tung zu den ffleichen Erscheinunge, n [i~hrt. W i r d aber das Tier blog

um 120 ~ verdreht , so k o m m t es zu einer nega t iven Phase, deren Be- wegungsr iehtung n ich t parallel zu den St roml in ien und senkrecht zur

K a t h o d e ist, sondern schr~ig zu ihr ; die Wanderung erfolgt senkreeht

~uf die Trennungsebene zwischen anodischer und kathodiseher KOrper-

h~lfte in bezug auf die Durehs t r6mungsphase vet der Verdrehung. Diese

Ebene steht eben bei e inem Winke l yon nu t 120 ~ schrag gegen die Ka-

rhode. Aus diesen Versuehen geht Mar hervor, dug die Durchs t r6mung im K6rper des Versuehst ieres r~umlich lokalisierte Verhnderungen zuriiek- l~Bt, die zu einer autom~t isehen Umsteue rung der Bewegung fiihren.

Page 8: Weitere Untersuchungen über die Galvanotaxis von Echinodermen

Weitere Untersuehungen tiber die Galvanotaxis yon Eehinodermen. 361

Astropeeten 8pinulosus.

Diese Spezies verh~lt sich Astropecten bispinosus vSllig analog; die Sehwellenstromdichte ffir die zweiphasische Galvanotaxis liegt ffir (die 3 untersuchten) Tiere yon 35--40 mm Armradius bei 63,3 (5, also aueh in der ffir die andere Spezies genannten Gr6Benordnung.

Asterina gibbosa. Diese Art hat besonders kurze Arme; der normale K6rperumril3 ist

in Abb. 1 reehts zu sehen. Untersueht wurden etwa 30 Tiere, die alle gleichartig wie Solaster reagierten. Besonders bemerkenswert ist flier- dings fiir diese Art, dab bet sehwaehen Str6men eine sehr lang dauernde, fiber mehrere Zentimeter sieh erstreekende kathodisehe Wanderung, also eine rein negative Galvanotaxis, zu erzielen ist. Die Sehwellenwerte sind fiir die zweiphasisehe Galvanotaxis fiir Tiere mit einem Armradius yon 13 mm 95,0 (3, yon 20 25 mm 65,0 ~3. Die rein kathodisehe Gal- vanotaxis ist besonders bet kleineren Exemplaren fiberaus deutlieh, z. B. bet Tieren mit einem Armradius yon 13 mm im Mittel schon bet 85--87,0d zu erzielen.

Bemerkenswert sind die Gestaltver~nderungen yon Asterina im Strom, die gewissermaBen in einer Dehnung des K6rpers in der Strom- riehtung bestehen. Abb. 1 zeigt znm Vergleieh nebeneinander die nor- male Form (reehts) und die w~hrend der Galvanotaxis (links). Der voll- gezeiehnete Pfeil unten gibt die Stromriehtung an, der strichlierte Pfeil

AbD. 1. Normaler Umril3 des K6rpers yon Astsrina gibbosa (rechts) und K6rperumrig im Strom wghrend des Endes der negativen and wiihrend der positiven Phase (links). Der ~'oll ausgezogene Pfeil mit + und -- gibt die Stromrichtung, der strichliert gezeichnete im Inneren des Umrisses die Wanderungsriehtung in der positiven Phase an. (Pausen nach kinematographisehen Aufnahmen.)

im Inneren des Tieres die Wanderungsriehtung (positive Phase). Aste- rina bewegt sieh im Strom fast stets ,,unpaar" voran; der fiihrende Arm ist besonders in die Lgnge gezogen, das erste Armpaar der Quere naeh gestreekt, w~hrend das hintere, kathodiseh gelegene, stark gegeneinander gerfiekt und gegen die Kathode ges~reekt ist. Bet Solaster dagegen finder man (vg]. dazn Abb. 6 der 1. Mitteilung, 1. e.) gerade bet den anodischen Armen die Zusammenrfiekung und Streekung gegen die Elektrode. Warum bet den einzelnen Arten solehe Versehiedenheiten bes~ehen, kann derzeit nieht erkliirt werden.

Page 9: Weitere Untersuchungen über die Galvanotaxis von Echinodermen

362 F. Scheminzky :

Die bei Aster ina mi t schwachen S t r6men erzielbare langd~uernde kathodische Galvanotaxis er laubt die Abhgngigkei t der Bewegungs- geschwindigkeit yon der Dauer der Durchs t r6mung zu messen sowie den Einflui t der S t romwendung auf sieL

Es wurde z. B. ffir ein rein kathodisch wanderndes Tier die Zeit ffir die Zuriiek- legung des 1., 2., 3. und4. Zentimeters ~bgestoppt; da sieh aus frfiherenVersuchen (vgl. Asterias tenuispinu und Astropeeten bispinosus) ergeben hat, d~l~ die Ge- schwindigkeit meist nach der ersten Wendung zunimmt, wurden bier erst die Zahlen der 3. Durchstr6mungsphase an (nach der 2. Wendung) beriicksichtigt.

Tabelle 4. Abnahme der Wanderungsgeschwindigkei t innerhalb einer Durchstr6mungsphase bei Aster ina gibbosa.

Dazu notwendige Zeit in Sekunden in der

Weg 3. Dutch- I 4. Durch- 5. Durch- strSmungsphase i s~rSmungsphas~ strSmungsphase

_ :=

1 c m

3 ,,

40 60 45 80 85 110

130 I 250

40 80

300

Die Z~hlen zeigen, dab yore Beginn ~n fiir jeden weiteren Zentimeter immer mehr Zeit gebraucht wird, d.h. die Gesehwindigkeit abnimmt. Ubersichtlieher ist das Ergebnis des Versuehes, wenn z. B. die mittlere Geschwindigkeit pro Minute (,,Minutengeschwindigkeit") ffir die je 1 cm ents irechende Zeitspanne ~usgereehnet

! I L L I I ~5o . . . . ' - -

t ~ ~ o o

oSo

phase I pnovse I 425 - - - - - T ' '

Z e i l s p u m n e des 7. z. 3. ~ x 2. 3. ~ 7. z. 5. c m

Abb. 2. Mittlere Gesehwindigkeit ]pro Minute (Ordinaten) w~ihrend de1" fiir jc 1 em notwendigen Zeit (Abszisse) in 3 aufeinanderfolgenden DurchstrSmungsphasen bei Asterina gibbosa. (Zur Yerein- fachung der Darstenung ist die Geschwindigkcitskurve flir die 4. DurchstrSmungsI01mse auf dei" gleichen Seite der Abszissenachse, also naeh chert, gezeichnet und nicht nach unten, wie dies wegen der umgekehrten Wanderungsrichtung eigelltlich geschehen miiBte.) Der :Pfeil gibt die Wandertmgs-

fiehtung des Tieres an, bei W je eine Stromwendung.

und a ls Ordinate, wie in Abb. 2, aufgetragen wird, w~hrend die Abszissenaehse den zurfickgelegten Weg - - der ja wieder sine Funktion der Durchstr6mungszeit ist - - angibt. Die Kurve zeigt die Abh~ngigkeit der Minutengeschwindigkeit yon

1 Die Veri~nderung der Geschwindigkei~ in der positiven Phase ist weniger eharakteristisch, d~ die positive Phase zweifellos eine mehr ,,aktive" Bewegung des Tieres (ira Sinn einer Fluchtreaktion) darstellt.

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Weitere Untersuchungen tiber die Galwnotaxis yon Echinodermen. 363

der DurchstrSmungsdauer. Zur Vereinf~chung der Darstellung wird angenommen, da.B sich n~ch je 1 cm Wsnderung die Geschwindigkeit sprungh~ft gndert; in Wirklichkeit geht diese Anderung allmghlich vor sich.

Die Abb. 2 demonstriert somit die wiederholt erwghnte T~tsache, dai~ innerhalb einer Durchstr6mungsphase die Bewegungsgeschwindigkeit immer mehr abnimmt; die Stromwendung ruft jedoch fast die alte Ge- schwindigkeit wieder hervor, die nach einiger Zeit aueh wieder abnimmt. Es zeigt sich aber deutlich, dalt die ,,Erholung" naeh der Wendung (wenn die Gesehwindigkeitsabnahme ~ls , ,Ermf idung" aufgefaltt wird) nieht vollstgndig ist, sondern, daI3 die Ermtidung in spgteren Reihen sieh immer rascher entwickelt. Es handelt sieh bier offenbar um eine Erseheinung, die dem am ausgeschnittenen Froschmuskel nachgewiesenen Wendungseffekt ~ v611ig analog ist.

Besprechung der Ergebnisse.

Die bier mitgeteilten Untersuchungen haben die in Helgol~nd er- hobenen Befunde best~tigt und den Kreis der versehiedenen Eehino- dermenarten, die galvanot~ktiseh reagieren, erweitert. Bei Strongylo- centrotus lividus finder sieh eine einphasische anodische Galvanotaxis (Ophiura-Typus) ; die iibrigen hier untersuchten Arten zeigten eine zwei- phasische Form (Solaster-Typus). Bemerkenswert ist, dab die negative Phase bei manchen Arten, wie z. B. bei Echinaster, nur sehr wenig, bei anderen Arten wieder sehr deutlich ausgebildet ist, und gerade bei diesen l~13t sieh aueh bei Verringerung der Stromstgrke eine rein kathodische Galvanotaxis als Sonderform der zweiphasischen erzielen. Vielleieht deutet dies, wie sehon in der ersten Mitteilung besprochen, darauf hin, dal~ die beiden Formen der Galvanotaxis nicht prinzipiell voneinander zu trennen sind, sondern dal3 nur beim Ophiura-Typus die negative Phase praktiseh unmerklich ist.

Die fiir die einzelnen Arten angegebenen Stromdiehtewerte zeigen - - soweit Tiere versehiedener Gr61~e untersucht werden konnten - - d i e sehon frtiher beschriebene Gesetzm~13igkeit, daI~ zur Reizung kleiner Org~nis- men bedeutend mehr Strom notwendig ist. Das zeigt sich z. B. auch darin, dab bei gleicttzeitiger DurehstrSmung gro~er und kleiner Organis- men der gleiehen Art die gro13en schon bei schwgcheren StrSmen rea- gieren und auch fr(iher gesehadigt werden, so da~ unter Umstgnden die kleinen Tiere gerade die typische Galvanotaxis zeigen, wean die grSlteren bereits dutch Kontrakturen unbeweglieh geworden sind. Es zeigte sieh ja aueh bei den in Neapel untersuehten Arten, worauf nieht mehr besonders eingegangen werden mu~, bei st~rkeren StrSmen eine Verminderung der Beweglichkeit unter krampfhafter Kontraktion des KSrpers und derArme.

1 F. Scheminzky, Klin. Wschr. 8, 1264 (1929). - - Z. v. Gulacsy, Pfliigers Arch. 2~3, 407 (1929). - - Ferner Fe. u. Ft. Scheminz/r R. Heller, G. Stiassny, S. Kctnn, ebenda 225 (1930).

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364 F. Scheminzky:

Viele Beobachtungen bei der elektrischen Durchstr6mung yon Echino- dermen sind der lokMen Ermiidung und Erholung (Wendungseffekt) 1 am isolierten Frosehmuskel analog; hier soll nur die kathodische GM- vanotaxis Ms sicher unmitte]hare Stromeswirkung zum VergMch heran- gezogen werden. In den Muskelversuchen yon Heller (1. c.) sowie yon Kann (1. c.) ergab sich, dab die Errniidung bei Reizung mit grSgeren Elektriziti~tsmengen friiher eintrit*. Wird bei den Echinodermen - - vgl. die Tab. 1 ftir Solaster in der ersten Mitteilung (1. c.) - - durch Er- h6hung der Stromstirke die durchfliegende Elektrizit~tsmenge ver- gr6[~ert, so zeigt s ieh gleichfalls eine Verki~rzung des Effektes, der negativen Phase. Die Wendung des tleizstromes nach dem Ver- schwinden der Zuckungen fiihrt beim Muskel (Wendungseffekt) zu neuer Arbeitsleistung, naeh Stillstand der gMvanotaktischen Be wegung bei den Eehinodermen wieder zu neuer Wanderung mit fast der urspriing- lichenGeschwindigkeit (vgl. Tab .4undAbb . 2). SowieaberbeimMuskel die dutch wiederholte Stromwendungen aufeinander folgenden Wen- dungseffekte immer sehlechter werden, nimmt auch bei der besehriebenen GaNanotaxis das Ausmag der einzelnen Wanderungen immer mehr ab und auch die Geschwindigkeit wird innerhMb einer Durchstr6mungs- richtung viel raseher kleiner. Dies geht z. B. aus den Versuehen an Aste- rina gibbosa hervor, yon denen einer in Abb. 2 dargestellt ist, l~Bt sich aber auch an anderen Versuchstieren nachweisen.

Bei den Muskelversuchen lieG sieh zeigen, dab das Verschwinden der Kontraktionen innerhalb einer Ermfidungsreihe auf eine kathodisehe Permeabilitgtserh6hung zurfickzuffihren ist; der gleiche Strom dichtet abet" an der Anode, d. h. er vermindert dort dieDurchl~issigkeit nnd sehafft so fiir die folgende Stromriehtung naeh der Wendung die Wiedererregbar- keit, die ja die Voraussetzung fiir den Wendungseffek/~ ist. So kann auch dam Verschwinden der galvanotaktischen Bewegung als Folge einer Membranauflockerung, ihre Wiederkehr nach der Stromwendung Ms Erfolg der anodisehen Diehtung aufgefaBt werden. Dafiir spricht auch, dab sehr oft bei der ersten DurehstrSmung keine GMvanotaxis beob- achier wird, wohl aber, wenn nach einer StromfluBzeit yon 1 0 - 2 0 Se- kunden der Strom gewendet, wird. Eine Riiekwendung in die erste I%ichmng zeigt dann aueh eine deutliehe GMvanotaxis in dieser. Ist schon naeh StromeinschMtung eine kathodisehe GMvanotaxis zu beob- aehten, so finder man stets (vgl. die Protokolle yon Asterias t.enuispina, Ta.b. 1, Asterias glaeiMis, Tab. 2, und Astropec~en bispinosus, Tab. 3), dab bei langer StromfNBzeit - - in der dann a uch eine positive Phase auftritt, - - die negative Phase naeh der Wendung dem AusmM3 und der Gesehwindigkeit naeh gr6Ger ist. Aueh der an Asterias glaeiMis angestellte Versueh (Tab. 2) hat gezeigL dab Verlgngerung der Dureh-

i Siehe Ful3no~e auf S. 363.

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Weitere Untersuehungen tiber die Galvanotaxis yon Eehinodermen. 365

strSmung zu einer ErhShung der GesehwindigkeJt nach der Stromwendung,

also zu einem besserenWendungseffek~ ffihrt. Diese Beobachtungen zeigen daher, dab auch bei den Echinodermen jede OurchstrSmung zu einer ErhShung der Erregbarkeit ffir die Gegenrichtung ftihrt, eine auch am Muskel zu beobachtende Erscheinung (Voltasche Alternative, vgl. Rosenthat~). Da offenbar f~r die gr regbarkei t eine ganz bes~/mmfe ])ichte der Grenzfl~chen - - wegen der notwendigen Ionenstauung - - erforder- lich ist und die Voltasche Alternative sich besonders deutlich an schleeht reagierenden oder lange Zeit im Aquarium befindlichen Echinodermen bzw. an schlecht reagierenden, ermfideten Muskeln zeigt, so l~Bt sich wohl in beiden F~llen die Erregbarkeitssteigerung als Erfolg der ano- dischen Dichtung der Grenzfl~chen deuten.

Diese Auffassung erfordert 2 Voraussetzungen, dab ni~mlich anch bei den Echinodermen der elektrische Strom gleiehartige 1)ermeabilit~tsgnderungen wie am Froschmuskel bewirkt und dab bei diesel" Tiergrappe auch die K~thode a]s Reiz wirkt. Die I. Voraussetzung besteht mit Sieherheit, da Ebbecke 2 nicht nut am Nerven, am Muskel, der Haut, sondern auch bei Pflanzen, also an den ver- schiedensten Objekten, gleichsinnige ])ermeabflit~tswirkungen des Stromes land. Die 2. Voraussetzung erscheint mir sehr wahrscheinlich; da die Ausnahmen davon nut sehr sp~rlieh sind und z. B. beim Seeigel gerade die kafhodischen FtiBchen sieh kontrahieren, wiihrend die anodise]aen frei bewegtieh, d. i. unbeeinflu~ sind. Hier sollen aber noch weitere Versuche gemaeht werden.

Es kann somit mi t groBer Wahrscheinliehkeit anch bei den Echino- dermen yon dem Vorhandensein einer lokalen Ermiidung und einer lokMen Erholung bzw. yon einem Wendungseffekt gesproehen werden. DaB der Strom tats~chlich im T/erk6rper IokaIisierte Ver/inderungen bewirkt, hat der mit Astropecten bispinosus angestellte Versuch einer Verdrehung des Tieres w~hrend der Durchstr6mung ergeben, wobei die neue Bewegungsrichtung sich als abh~ngig yon den polar ver~nderten Stellen im Tierk6rper erwies,

Zusammenfassung. In Forfsetzung frfiherer Untersuchungen wird ffir eine weitere l~eihe

yon Echinodermen ~ darunter auch ffir solche, die nach Nagel auf den Strom nicht reagieren sollen - - der Nachweis erbracht, dab sie eine ty- pische Galvanotaxis, und zwar meist eine zweiphasische, zeigen. Nut Anthedon rosaeeus verhielt sich refrakt~r. I m Gegensatz zu dem im Strom unbewegliehen Echinus miliaris zeigt Strongyloeentrotus lividus nine deutliehe anodische Wanderung. Es wird schlieBlieh gezeigt, dab analog wie beim ausgeschnittenen Froschmuskel auch bei den durch- str6mten Echinodermen mit groger Wahrseheinlichkeit eine lokMe, katho- dische Ermiidung, eine lokale anodisehe Erholung, ein Wendungseffekt und das Auftreten der Volta sehen Alternative angenommen werden kann.

1 j . Rosenthal Z. rat. Med. 3 (III), 132 (1858). Vgl. hierzu insbesondere U. Ebbeclce, Pfliigers Arch. 199, 88 (1923).