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Weitere Zusatze tiber das Veffahren des peripheren IAnearschnittes. Von A. v, Graefe. I. Name. ~)a der Name des yon mir empfohlenen und jetzt yon einem grossen Theile der Fachgenossen mit Vorliebe aus- gefibten Staaroperationsverfahrens Gegenstand verschie- dener Einwendungen und ErSrterungen geworden ist, so komme ich noch einmal auf denselben zurfick. Was zuniichst das Hauptwort Linearschnitt an- betrifft, so mSchte ich dasselbe unbedingt aufrecht er- halten, denn nicht allein, dass das Verfahren sich histo- risch aus dem Bestreben entwickelt hat, die LappenhShe unter Erhaltung gfinstiger Bedingungen ftir den Linsen- austritt mSglichst zu verringern, sondern es kniipft sich die ganze Physiognomie der Operation und die grSssere Freiheit im nachtriiglichen Verhalten der Patienten an die dutch die Linearitat gegebene, auch ungewShnlicheren Druckkraften trotzende Innigkeit des Wundcontactes. Misslicher als die Wahl des Hauptwortes erscheint die Beigabe eines die Methode in ihrem Principe miig- lichst kennzeichnenden Epithetons. Da gerade ffir die

Weitere Zusätze über das Verfahren des peripheren Linearschnittes

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Weitere Zusatze tiber das Veffahren des peripheren IAnearschnittes.

Von

A. v, Graefe.

I. N a m e .

~)a der Name des yon mir empfohlenen und jetzt yon einem grossen Theile der Fachgenossen mit Vorliebe aus- gefibten Staaroperationsverfahrens Gegenstand verschie- dener Einwendungen und ErSrterungen geworden ist, so komme ich noch einmal auf denselben zurfick.

Was zuniichst das Hauptwort L i n e a r s c h n i t t an- betrifft, so mSchte ich dasselbe unbedingt aufrecht er- halten, denn nicht allein, dass das Verfahren sich histo- risch aus dem Bestreben entwickelt hat, die LappenhShe unter Erhaltung gfinstiger Bedingungen ftir den Linsen- austritt mSglichst zu verringern, sondern es kniipft sich die ganze Physiognomie der Operation und die grSssere Freiheit im nachtriiglichen Verhalten der Patienten an die dutch die Linearitat gegebene, auch ungewShnlicheren Druckkraften trotzende Innigkeit des Wundcontactes.

Misslicher als die Wahl des Hauptwortes erscheint die Beigabe eines die Methode in ihrem Principe miig- lichst kennzeichnenden Epithetons. Da gerade ffir die

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betreffende Schnittform die gleicbzeitige Verrichtung der Iridectomie eine wesentliche Zuthat ist, so glaubte ich mich berechtigt, in den Namen ein Beiwort (,,modi- ficirt ') aufzunehmen, welches, so inhaltleer es an sich ist, doch bereits bet anderen Verfahren riicksichtlich auf die Combination mit Iridectomie Anwendung gefnnden hatte. Es zeigte sich in(lessen bet mal~chen Fachgenossen entschiedene Unzufriedenheit fiber dieses ,weuig bezeich- nende" Beiwort, welche sich auch in mal~cberlei Sub- stitutionsvorschl/~gen Luft machte; ausserdem bewog reich eigenes Nachdenken tibet" dasjenige, was den Kern der Sache bildet, neuerdings (lie Bezeichnung , p e r i p h e r e r L i n e a r s c h n i t t " vorzuziehen. In der That ist die Manipulation an der /tussersten Peripherie de,." Kammer, wie sie dureh dell (iebrauch des schmalen Messers be- werkstelligt wird, die Lage des Schnittcanals theils im Grenzbereich der Hornhaut, theils in der Sclera selbst, dasjenige, was dell spontanen Linsenaustritt in erwtinsch- ter Weise vermittelt und neben der Linearitgt zu den gtinstigen Heilbedingungen am meisten beitr~tgt. Und wie ich frfiher nicht damit einverstanden gewesen, Ope- rationsweisen nach dem letzten Act, tier Linsenentbin- dung, und etwa dabei gebrauchten technische~ Htilfs- mitteln, zu bezeichnen, well diescrAct so zu sagen eine nothwendige Consequenz der Schnittibrm ist, so scheint mir ein ~thnliches Raisonnement aueh die Zwischenacte, unter ,velche die Iridectomie gehSrt, zu treffen.

Wiire es bet dem jetzigen $chnitte miiglich, ohne entschiedene Gefahren die h'is zu sc, honen, so wtirden wir dies vermuthlieh thun, wie w i r e s friiher bet der Lappenextraction in ether grossen Quote der F~ille tha- ten. Allein die Schnittform verlangt das Opfer der Iris- excision, auf dessert relativ geringes Gewicht wir bier nicht zurtickkommen wollen. Schon nach dem erstenAct pfiegt die Iris welt zu prolabiren und wtirde der Staar,

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welcher hier fast gar keine Axendrehung macht, ohne Irid~etomie bei seinem Aufw~trtssteigen gerade, gegen die ectropionirte Iris arbeiten, und dieselbe auf die sclerale Wundlefze quetsehen. Aber wenn es selbst geliinge, den Act der Linsenentbindung ohne solche Quetschung zu be- enden, was ich ftir weiche Corticalis nicht ganz in Ab- rede stellen will, so bliebe doch als ein unvermeid- licher l~achtheil das, fast zur bTothwendigkeit werdende Eintreten einer Heilung mit prolapsus iridis. Bekannt- lich wiichst die Wahrscheinlichkeit dieses Heilungsvor- ganges mit der Periphericit~it der Wunde, weshalb man bei der Lappenextraction, ehe man die Iridectomie hin- zuzog, vor zu peripheren Schnitten energisch warnte. Es involvirt in der That aus diesem Grunde jeder periphere Staarschnitt die gleichzeitige Verrichtung der Iridectomie and wir verfahren logisch, wenn wit in die Bezeichnung das Bedingende und nicht das Bedingte aufnehmen.

Ware der Ausdruck ,,sclerale Linearextraction", der yon mehreren Fachgenossen gebraucht worden, bereits acceptirt, so wiirde ich, bei dem massigen Gewicht, wel- ches ich auf die ganze Namenfrage lege, gewiss der Letzte sein Einspruch zu erheben. Da indessen auch dieser Ausdruck noch der Beistimmung harrt, so miichte ich die Tausehung, die in demselben liegt, einstweilen nicht beffirworten. Wenn der Schnitt, wie ich ihn jetzt aus- fiihre, meines Erachtens so peripher ist; als er ohne fiberwiegende bTachtheile sein kann, so liegt doch der Wundcanal noch lange nicht zur Hiilfte in der Sclera, wie ich unten eriirtern werde.

II. L a p p e n h o h e (Grad der Linearitht).

In einer Angelegenheit, welche tagt/tglich ihren prak- tischen Einfluss entfaltet, hat wohl jeder Autor die Yer-

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pflichtung, Missverst~tndnisse sofort zu corrigiren, selbst da, wo eine baldige Ausgleichung derselben duroh miind- liche Ueberlieferung und durch ein Zurfickgehen auf die Quellen zu erwarten steht. In diesem Sinne erlaube ich mir zu erw~ihnen, dass eine kleine Bemerkung in meiner letzten Mittheilung fiber diesen Gegenstand (s. A. f. O. XIII, 2 pag. 559), vielleicht auch der Nachtrag der Ad. Weber ' s chen Arbeit (A. f. O. XIII, 1 pag. 273) hier und da zu der Annahme geffihrt hat, als sei ich yon meiner urspriinglichen Schnittform zu einer anderen iibergegangen, die der gewSbnlichen praktischen Ver- stiindigung nach wieder den Namen eines Lappenschnitts verdiene. So fand ich es wenigstens in mehreren Publi- kationen fiber den Gegenstand wiedergegeben. Ich babe (l. c.) lediglich angegeben, (lass ich dem schmalen Messer jetzt nicht mehr eine so steile, fast horizontale Richtung wie anfiinglich, sondern eine schrage Aufw~rtsrichtung gebe, und ist dies auch seitdem meine Praxis geblieben. Es ist yon mir (ibid.) eigens hinzugeftigt worden, dass eine grSssere Lappenhi~he hierbei nicht entstehe, sondera dass es sich um eine minimale Steigerung derselben, etwa auf 1/3"', handele, welche LappenhShe auf eine Schnittl~tnge von ungefiihr 5" , noch eine geringere ist ( 6 - - 7 ~ der L~nge) al~ sie sonst bei den gewShnlichen kleineren Lanzenmesserschnitten, z. B. behufs Iridectomie, die man unbedingt als Linearschnitte ansah, existirte. Jener ausserst geringe Zuwachs schien mir ftir das Princip der Linearitiit (der ~tusseren Wunde) yon keinem prak- tischen I~elange, wohl aber konnte durch die schragere Haltung des Messers der Zweck .erreicht werden, die ~ussere Wunde durchweg in den Scleralbord zu verlegen, wodurch dieselbe jedenfalls an Gleichartigkeit ge~'innt und in gleichm~ssiger gekrfimmte Theile f~tllt, als wcnn sie in ihrem mittleren Abschnitte den peripheren Horn- bautsaum tangirt. Di~ geringe Neigung tier Sclera zu

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Suppurationen, die leichtere Bildung eines Conjuuctival- lappens, dessert Freund ich immer noch bin, so wenig ich dessen Rolle bei der Heilung pr~tcisiren mag, endlich die hSchst beachtenswerthen u Adolph Weber 's fiber die geringere Klaffung yon Schr~igschnitten - - das Alles besti~rkte reich in der, fibrigens ftir den Habitus der Operation wenig in die Wagschale fallcnden Modi- fication.

Der Irrthum, dass sich an eine starkere Aufw/~rts- neigung des Messers - - dieselbe betri~gt bei meinen Ope- rationen circa 450 gegen den horizontalen Durchschnitt des operirten Auges'-- sofort cine namhafte LappenhiShe kntipfen mfisse, beruht wohl auf der bTichtberficksichti- gung folgender zwei Umstiinde:

1) erhebt sich bereits die Ebene des grBssten Scleral- kreises, der durch die Wundwinkel geht, circa 25 o fiber den horizontalen Durchschnitt des Auges. Einer Messcr- erhebung yon 45 o entspricht deshalb nur eine Deviation des Wundcanals um 20 o yon jener Ebene;

2) bedingt eine schr~tge Richtung des Schnittes bei der geringen Tiefe des pcripheren Kammerraumes, resp. bei der geringen Hiihe des S c h n i t t g a n g e s doch nur eine verh~tlmissmiissig unbedeutende LappenhShe.

Wit verstehen hierbei unter Schn i t tgang diejenige (in der unbegrenzten Schnittebene liegende) segment- artigc Figur~ welche vonder riiumlichen Verbindungs- linie der Punktions- und Contrapunktionsstelle einerseits, yon der Kurva der ausseran Wunda andarerseits begrenzt wird. Dieselbe Figur wird auch dargestellt durch die gerade im Auge befindliche Fl~iche des Linearmessers~ wenn dasselbe eben bei genauer Ausftillung der Wunde den Schnitt beendet. Als Basis des Schni t tganges haben wir die raumliche Verbindungslinie zwischen Punktions- und Contrapunktionsstelle anzusehen. Diese Basis theilt der Schnittgang bei einer schriigen Wunde nattirlich mit dam (den Wundwinkeln) zugehOrigen Li- nearsehnitt. Als tt iih e d e s S c h n i tt g an g e s bezeiahnen

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l l J

wir den Abstand der Wundmitte yon der Mitte der Ba- sis; a[s S e h r a g h e i t des Schnittes den Winkel, den der Schnittgang' (an seiner Basis als Kante) mit der Ebene des Linearschnittes macht. Setzen wir als L a p - p e nh6he den senkrechten Abstand der Wundmitte yon der Ebene des zugeh6rigen Linearschnitts (was icb in mancher Beziehung fiir noch cntsprechender halte, als den Abstand der Wundmitte yon der Mitte des auf die Augenoberflache fallcnden gr0ssten Kreises zu nehm~'tl), so resultirt flit rcgelm~tssig gel'ormte Wunden, wie wit sie erstreben, folgender Satz: die Lappenhiihe ist bei gleicher Schrligheit des Schnittes dir(~kt proportional dcr H~he des Schnittganges und weite~': die Lappenhiihc i~t bei gleicher H(ihe des 5chnittganges direkt proportional dem Sinus der Schr~tgheit. Der ~Nachweis liegt auf der Hand; delta in der Meridianebene, die wir durch die Wundmitte legen~ begrenzen die Lappenhiihe des Schriig- schnittes (H.) und die beiden Durchschnittslinien (ebcn dieser Meridianebene) mit den Ebenen des Sehr~tgschnittes und des Linearschnittes cin rechtwinkliges Dreieck, in welchem die Hiihe des Schr~tgschnittganffes (h) die Hy- pothenuse bildet~ und die LappenhiJhe (H) als Kathete dem Schri~gheitswinkel (a) gegenl~berliegt. Demnach H ~ h sin. a: die Lappenh~ihe ist sowohl der Hiihe des Sehnittgang'es als dem Sinus der Schragheit direkt proportional.

Man kann sich die Verh/tltnisse auch dadurch ver- sinnlichen, dass man an die Breite des die Schnittbeel~- digung vollziehenden Messertheils denkt. So gut wie die in diesem Moment gerade im Aug'e befindliche Messer- fiache den Schnittgang repriisentirt, so .bezeichnet die Messerbreite, die bei vorstosscnder Bewegung eben noch in Wirksamkeit tritt, die H6he des Schnittganges, und wenn, wie soeben er6rtert, bei Sehr~tgschnitten die Lap- penh6he dieser H6he des Sehnittganges proportional i s t , so begreift sieh die geringe Dimension der Lappenh6he, welehe der mit dem schmalen Messer verriehtete Sehnitt selbst bei einer Sehraghei~ yon 20 o erreicht.

hi M M ~ Meridiancbene, welche durch die Wundmitte (W) des Sehr',igschnittes gelegt ist.

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\ M ', / , .

\

~,,

L L = Durehsehnittslinie dieser Ebene (MMM) mit der Ebene des Linearschnittes.

8 S ----- Durchschnittslinie der Meridianebene (M M M) mit der Ebene des Schr~tgsehnittes.

H ~---Lappenh6he des Schragschnittes (senkrechter Abstand der Wundmitte W yon der Ebene des Linearschnittes.)

h = H~he des Schnittganges des 8chr~tgschnittes (Ab- stand der Wundmitte W yon der Mitte B der beiden Schnittg~ngen gemeinschaftlichen Basis).

a ~ Schr~gheit des Schr~tgschnittes (Deviation sei- nes Schnittganges yon dem linearen).

Bei einigen Autoren mag auch wohl die Figur in meiner ersten Arbeit (s. A. f. 0. XI, 3 pag. 14 Fig. II.) die Vorstelhng erregt haben, dass es sich urn eine nicht ganz unbetr~chtliche LappenhShe handele. Da es sehr misslich ist, Linien yon einem ~usserst geringen Abstande klar zu verzeichnen, so hielt ich es fiir unver- f~nglich, die Linie meines Schnittes in der Figur etwas mehr auszuschweifen, wenn dabei im Texte der wirkliche Abstand genau angegeben ward; immerhin betrug auch

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die dort ill tier Iq~ur verzeichnete LappenhShe nur %."*. Bei tier Operation selbst pfiegt man die LappenhShe grSsser zu taxiren, als sie in Wirklichkeit ist, indem man unwillkiihrlich die $ehuittverhiiltnisse in der Con- junctiva, die ja ganz anderer Art sind, auf die Vorstel- lung yon der Wundform fibertriigt. Um diese besser zu fibersehen, muss man die Conjunctiva sorgftiltig ab- w~trts streifen, sogar einigermassen abwiirts spaunen, wobei sie wieder den oheren Hornhauttheil verdeckt und die ScMtzung er.~chwert.

Den besten Massstab fiir die LappenhOhe gewinnen wir, abgesehcn yon der Berechnung und yon Ver,~uchen an Modellen und an Leichen, an der Verzeichnung der Nat- ben. In einem grossen Theile derOperationen time ich freilich, namentlich seitdem ich das Messer etwas schr/~ger nach oben richte, die Narbe vSllig unscheinbar, so dass man selbst bei geeig~eter Beleuchtung und VergrSsse- rung ihren Gang spiiter nicht genau verfolgea kann. In anderen dagegen, welche zahlreich genug sind, kenn- zeichnet sich die Narbe dutch eine hier und da intensi- vere, dann wicder lichtere, aber immerhin gut zu ver- folgende, hri~unlich blau pigmentirte Linie. Es handelt sich hier nicht etwa meist um Irisgewebe oder Irispig- ment, welches in der Wunde eingeklemmt ist - - eine unwillko|nmene Zuthat, die ich jetzt in der unendlichen Mehrzahl der F~tlle vermeide und die tihrigens weit grO- bere, braune oder br~tunlich-schwarze Flecken und Streifen hinterl/isst - - sondern es ist die Pigmentirung einer ganz feinen Zwischensnbstanz oder auch der WundrSnder des Scleralbords selbst, welehe vorliegt. Ich habe eine grOs- sere Anzahl solcher Narben thefts selhst notirt, theils yon Herrn D w o r z a c z e c k abmalen lassen und an den- selben die LappenhOhe bestimmt. Es zeigt sich ganz fibereinstimmend mit der Berechnung gewOhnlich die LappenhOhe zwischen ~A"' und U.~'", in einigen F~tllen

Archiv fiiv Ophthalmologio~ X1V. 3. S

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noch unter 1/4"'; in ~tusserst wenigen bereits nicht ganz kunstgerechten Schnitten yon 2/5'". Ich gebe bier einige Figuren: Fig. 1. betrifft einen Fall, in welchem die LappenhShe ihrc durchschnittliche GrSsse zeigt (etwa 0,3'"). Figur 2. zeigt einen Fall, in welchem dieselbe unmessbar klein ist. Figur 3. dagegen repriisentirt einen Fall, in welchem durch eine Unregelm~ssigkeit im Schnitte, auf welche ich gleich zu sprechcn komme, die LappenhShe ihr Maximum yon 2/5'" crrcicht. Man darf tibrigens auch in diesen, vSllig naturgetreuen, Figuren nicht den Abstand derWundmitte yon der Mitre der Verbindungslinie zwischen Punktion und Contrapunktion auf der Ebene der Zeichnung mit der LappenhShe streng identificiren, weil in der Stellung, in welcher solche Zeichnungen gewShnlich aufgenommen werden, der Liaearschnitt bercits eine bedeutende perspek- tivische husschweifung nach oben zeigt. Um dieselbe ver- schwinden zu lassen, mtisste die Blickebene des Beobachters mit der Ebene des Linearschnittes und nicht mit dem hori- zontalen Augendurchschnitt coincidiren, und so muss es in der That, wean man zu genauen Resultaten gelangen

Fig. 1.

will, geschehen, falls man sich nicht teleskopischer An- sichten, in denen die Fehlerquelle wegen der grossen Entfernung sehr gering wird, bedienen w~l. Hat man iibrigens erst in einigen FNlen die Lappenhiihe genau bestimmt, so hilft bei neuen Ansichten bald der Vergleich

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und man lernt die Lappenh(ihe mit ziemlicher Genauig- keit taxiren, wenn nur die Beobachtungen resp. Zeich-

Fig. 2.

nungen ungefithr in derselben Entfernung aufgenommen werden.

Fig. 3.

Ueber die Unregelm~issigkeit, (lurch welche die Lap- penhShe das Mass yon 1/3'" tiberschreitet und yon welcher Figur 3 ein Beispiel ]iefert, sei Folgendes bemerkt. Ich habe empfohlen, nach verrichteter Punktioa nicht sofort auf die Contrapunktionsstelle zu zielen, sondern das Messer zun~chst diametral in der vorderen Kammer vor- w~rts zu bewegen, bis es ii~ derselben die fLir die innere Wunde bestimmte L~tnge yon gegen 4"' entwickelt. Wir sind nun bei dieser ersten I~cwcgung gewissermassen aus Gewohnheit geneigt die Messerfi~tche vertical, d. h. der lrisfi~iche parallel, zu halten, wodurch die erste Strecke der Wunde in einer Dimension yon etwa 3/4'" eine st~trker auf~teigende Richtnng erhi~tt und dann mit (tcr ti~rigen Wundc eincJ~ .~tumpfc~ Winkel bildet, ,~er

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die LappenhShe vergrSssert (siehe die Figur.) Um diese Unregelmitssigkeit, zu umgehen, muss man der Messer- schneide bei der ersten Bewegung eine m~tssige Richtung *) nach vorn ertheilen. Es nimmt dann jene kleine tem- porale Strecke der Wunde sofort eine mehr horizontale Richtung an und befindet sich fast genau in der Fortsetzung der fibrigen Wunde. - - Der FehIer, um den es sich handelt, f~llt fibrigens noch mehr als Unregelm~issigkeit der Wunde, als hinsichtlich der LappenhShe in Betracht. Es wird dureh denselben die innere Wunde gerade an der Punktionsstelle in einer unniitzen Weise der Ciliar- gegend nahe gebracht und die ohnedem an dieser Stelle ihr Maximum erreichende Neigung zu Jriseinklemmung (s. unten) gesteigert, ausserdem vielleicht zu Fortpfian- zung der Irritationsvorgitnge auf die Ciliartheile Anlass gegeben. Die Anomalie wird um so grSsser, wenn bei Nichtbefolgung des gegebenen Rathes das Messer, wie ich es in einigen Instrumentarien gefunden babe, nicht vollkommen schma l ist. Ich Mlte dies anch aus vielen anderen Grfinden ffir fehlerhaft; je mehr man in der Operation heimisch wird, je mehr fiberzeugt man sich, dass die Schmalheit des Linearmessers nur in der Solidit~tt der Fabrikation ihre Grenze findet. Die Mani- pulation an der iiussersten Peripherie der vorderen Kammer, die freie Wendung des Instruments, und alles, was sich weiter daran kntipft, erfordert u n b e d i n g t ein ganz s c h m a l e s Instrument; ich wtirde selbs~ dasjetzt gebri~uchliche Modell, wenn man mir etwas Geeignetes lieferte, gern reduciren.

*) Die Messerfl~iche befindet sich hierbei zwar nicht in der sp~teren Operationsebene, welche nach unten zugleich erhebllch nach hinten ab- weicht, aber sie befindet sich, wle man leicht begreift, in einer Ebene, deren Durchschnittslinie mit der Oberfl~ehe der Sclera fiir eine so kurze Strecke nur ~iusserst wenig yon der Durchschnittslinie der sp~i- ~eren Operatioasebene abweicht.

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Aus dem Gesagten geht hervor, dass die LappenhShe bei der jetzigen Operationsmethode eine ausserst geringe ist, und mtissen wir beim Anblick der Wundform noch einmat entschieden darauf bestehen, dass hierbci yon einem Lappenschnitt zu reden, gegen den allgemein acceptirten Sprachgebrauch wi~re. Mehrere Verfasser sind fiber diese Angelegenheit mit der Argumentation hinweg- geeilt, dass, wenn einmal doch kein mathemati~ch gen~Luer Linearschnitt verrichtct werde, es sich ffiglich nur um eincn I, appen.-~chnitt yon graduirter HShe handele, und die ganze Oi)eration ins Bereich der frfiheren Lappen- extraction falle. Ein quantitativer Unterschied. wenn er eine gewisse Grenze iiberschreitet, kann zu eincm aus- gesprochen qualitativen werden, m~d so geschieht es in der palpabelsten Weise, wenn die LappenhObe yon ihren friiheren Maassen 5~), 40, in minimo 33 % der Wund- i~tnge, in das ~tusserst geringe, sic fast verschwindend lnachende, von 6 - - 7 % zurficktritt.

In der Bcftirchtung, daws die elnpfohlene Wundfonn zu Contusionen Anlass geben kSnnte, ist mchrfach zu intermedi~tren Verfahren, flachen Bogenschnitten im Scleralbord von etwa 1 ' " LappenhOhe, Zufiucht genommen worden. Wennglcich (lie meisten derartigen Versuche bald wieder zu Gunsten der yon mir befiirworteten Technik auig'egebea ~urden, so mSchte ich hier noch einmal betonen, (lass mir ftir (lie Wiedereinftihrung irgend einer erheblicheren Lal)penh6he aus der Erfahrung nicht der mindeste Grund hervorzugehen scheint. Selbst die minimale LappenhShe, welche ieh bei meiner Messerhaltung noch behalte, hat keineswegs den Zweck, die Staarent- bindung, ffir welche ohne dieselbe die gtinstigsten Bedin- gungen obwalten, zu erleichtern, sondern empfieblt sich lediglich aus den oben erSrterten Motiven der anatomi- sehen Wundtage und des innigeren Contactes. Dagegen kntipfen sich gerade ttir sehr periphere Schnitte an die

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Beibehaltung oder Wiedereinftihrung einer namhafteren Lappenhiihe sofort wichtige Nachtheile, zu denen beson- ders die unfiirmliche GrSsse der Colobome, die ztmeh- mende Tendenz zu Vorfi~llen, die Schwierigkeit unter genauer Fixation der hugenlider und des Bulbus nach oben zu operiren, gehSren.

Ich babe auch die feste Ueberzeugung, dass diejeni- gen, welche nach J a c o b s o n s Vorgange aus anatomischen Grfinden das Princip mi~glichst peripherer Wunden ftir die Staaroperation zu Grunde legten, dutch eine nattir- lithe Fortbildung ihrer Verfahrungsweisen, ohne auf die Entwicklung Rticksicht zu nehmen, welche die Linear- extraction inzwischen in England und bei uns gewonnen hatte, mit der Zeit zu der jetzigen oder einer ganz i~hn- lichen Schnittform gelangt w~ren, denn es hittte ihnen bei der fortgeffihrten Beobachtung ihrer eigenen Opera- tionstechnik nicht entgehen ki~nnen, wie tiberfitissig ftir den Linsenaustritt jedwedr namhaftere Lappenh(ihe ist, so bald einmal die inhere Wunde dem Linsenaequator gegeniiber gebracht und die Axendrehung des Staars bei seinem hustrit t vermieden ist. Wenn das jetzige Resul- tat auf 'einem andern Wege erreicht worden ist, wenn das Bestreben, mit miiglichster Reduction der LappenhShe einen for den kustr i t t der Linse ausreichenden und zweckm~ssig gerichteten Wundcanal zu erhalten, uns aus r~tumlichen Grtinden in den Scleralbord hineingedr~tngt hat; so bleibt es immer h(ichst befriedigend, dass dieses Resultat zugleich mit dem Zielpunkte zusammenfiillt, auf welehen die anatomische Beriicksichtigung des zur Hei- lung dienlichsten Terrains zu steuern berufen war. Das giinstige Urtheil, welches J a c o b s o n (s. h.. f. O. XIV, 1) fiber die jetzige Schnittftihrung fiillt, giebt fiir die Har- monie der Bestrebungen gewiss einen willkommnen Beleg, der die allgemeine Einigung in dieser Frage zu fSrdern nicht verfehlen wird.

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Zur Verst~ndigung sei hier noch eine Schlussbemer- kung fiber den Begriff der Linear i t~ t t angereiht. Man kann" das Wort L i n e a r s c h n i t t lediglich auf die ~us- s e r e W u n d e oder auf den gesammten W u n d c a n a l beziehcn. In ersterer Bedeutung wfirde ein Linearschnitt ein solcher sein, bei welchem unabh~tngig yon der Rich- tung des Wundcanals die ~iusscre Wunde die ktirzeste Verbindungslinie zwischen Punktions- und Contrapunk- tionsstelle darstellt, das heisst mit der Linie des griissten Kreises an der Oberfiache coincidirt. In letzterer Bedeu- tung aber wfirdc zugleich der Anforderung Genfige ge- leistet, dass der Wundkanal resp. die Flitchenverbindung zwischen innerer uml iiusserer Wunde, die relativ kleinste Breite hat, was nur zu Stande kommt, wenn der Schnitt durchweg in die Ebene des grSssten Kreises fallt, resp. zu den beiden Oberfi~tchen der Bulbushfille senkrecht steht. Bei den ritum!ichen Er6rterungen haben wir diese letzterc Bezeichnung, schon weil sie einer bfin- digen Ausdrucksweise dient, zu Grunde gelegt. Ffir die praktische Frage abet, bei welcher wir an das Wort Linearitat besonders dic Vorstellung des mSglichst ge- ringen Aufklaffens knfipfen, dtirfte es, besonders seitdem die u der Schriigschnittc*) in dieser Beziehung dargcthan sind, geeigneter sein, lediglich die erstere Bedeutung zu adoptiren. Wit zSgern deshalb nicht, un- seren gegenw~irtigen Schnitt, dessen Lappenhiihe fast verschwindend ist, trotz des schrSgen Wundcanals als Linearschnitt zu bezeichnen. Soll derselbe genauer definirt werden, so muss er als ein 5"' langer Schriigschnitt von circa 20" :Neigung, mit einer Lappenhtihe von 6 - - 7 ~

*) Den Ausdruck S ~ h r ~ i g s c h n i t t gebrauche ich da, wo die De- viation des Wundcanals yon der Ebene des gr~ssten Kreises geringer ist als diejenige yon der Tangentialfl~che, den Ausdruck F l a c h s c h n i t t da, wo der Wundcanal mit der Tangentialfl~iche einen geringeren Winkel macht, als mit der Ebene des gr6ssten Krelses.

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tier Liinge, bezeichnet werden, dessen ~tussere Wunde g~tnzlich im Scleralbord liegt, wiihrend der Canal sclero- corneal ist.

lII. Wundlage (Grad der Periphericititt.)

In meiner ersten Arbeit fiber die jetzige Methode (s. A. f. O. XI, 3, pag. 63) glaubte ich aufstellen zu dtirfen, dass nicht bloss die ~ussere Streeke des Wund- kanals sondern fast der gesammte Kanal mit Ausnahme seiner ianersten Partie in das Scleralbereich falle. Ob- wohl ich heute die Panktion und Contrapunktion ebenso peripherisch anlege wie damals, und durch die etwas schri~gere Richtung, die ich dem Messer ertheile, so zu sagen noch scleraler operire als zu jener Zeit, so sehe ich reich doch genSthigt, den obigen Satz etwas einzu- schr~tnken. Man tauscht sich gar leicht bei Opera- tionen an tier Peripherie (ler vordern Kammer tiber die Lage des Wundkanals und der inneren Wunde; man fibertr~tgt, aueh unter scheinbar unbefangenster Bertick- sichtigung der anatomischen Verh~ltnisse, bei der Taxa- tion unwillktihrlich zu viel yon den an der ausseren Wundstrecke direct beobachteten Lagerungsverh~ltnissen auf die tieferen Theile des Wundkanals, man erw~tgt nicht ausreichend, dass die sagittal nach hinten laufende Selerocornealgrenze mit dcm Wundkanal genugsam con- vergirt um sich, selbst bei stark scleraler Lage der i~us- seren Wunde, mit demselben noch relativ weit nach vorn zu schneiden - - mit einem Wort, man tiberschiitzt die Periphericit~tt des Wundkanals hinsichtlich seiner hinteren Strecke und seiner inneren Apertur. Dass ein iihnlicher Irrthum uns leicht ftir peripherische Iridectomieen befiingt, hat sich zur Geniige erwiesen. So glaubte S c h w e i g g e r trotz seiner reichen anatomischen Erfahrung eine Zeit- lang daran, dass bei reeht peripherer h'idectomie die

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innere Wunde noch in das Bereich der Tensor-Sehne fallen k6nnte, his Untersuchungen an operirten Augen ihm nachwiescn, wie weit, nach der sorgfaltigsten An- strebung peripherischer Lage, jene Wunde noch in dem Bereich der Hornhaut zu ]iegen kommt. Nicht anders verh~tlt es sich nun, mutatis mutandis, bei der jetzigen Schnittform. Die Manipulation mit dem schmalen Messer sichert 't!lerdiugs der Wnnde ei~m Periph(,ricit~tt, welche niemals durch ein Lanzenmesser zu erreichen w~re, sie macht es uumtiglich, dass der Schnitt in irgend einer Strecke die iiusserste Hornhautzone nach innen iiber- schreite, aber in de~)eigentlichen Scleralgewebe liegt noch bei weitem nicht die Httlfte des Wundkanals.

Die Untersuchungen, welche zu diesem Resultate ftihrten, beruhen theils auf Staarscbnitten, die ich mSg- lichst rasch nach dem To(le ausfiihrte, theils bot sich nach frfihcr verrichteten Ol)erationen an Lebenden mehr- reals eine instructive Gelegenheit. Das eine Mal war ein Patient wenige Wochen nach seiner Staaroperation an einer mit Delirium tremens complicirten Pneumomie gestorben, so dass nns das tibrigens v611ig gut geheilte Auge zur Verffigung stand. Zwei andere Male hatte ich den peripheren Linearschnitt nicht behufs Staaroperation, aber in ganz identischer Weisc behufs h'idectomie bei eitrigen GlaskSrperinfiltrationen, welche nach perforireu- (len Verletzungen aufgetreten waren, verrichtet, in der Hoffnung, diese Processe vielleieht zu sisti~'en; es konnte indessen schmerzhafter Cyclitis nieht vorgebeugt werden und stellten sich (lie Indicationell zur Enucleation ein. In allen diesen Fiillen konnte Folgendes constatirt wer- den: (lie ~tussere Wunde befand sich, wie es ja auch bei der Operation selbst sichtbar gewesen war, durchweg in der Sclera, und entfernte sich gegen die Wundecken hin, mehr als 1 ram., in der mittleren Pattie nur ~us~:erst wenig, etwa ~/3 ram., vonder Cornealgrenze. Der Wund-

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kanal selbst lag an den Wundwinkeln allerdings zum griisseren Theil in der Sclera, nur die inhere Strecke fiel hier in das ~iusserste Bereich der Hornhaut, so dass auch die inhere hpertur sich noch dicht an der Sclero- cornealgrenze befand; aber dieses Verhaltniss anderte sich sehr rasch, sowie man sich yon den Wundwinkeln entfernte; bereits in 1"' Abstand yon denselben lag die griissere H~lfte des Wundkanals in der Cornea und be- fand sich die innere Apertur um mehr als 2/s ram. weit yon der Scleralgrenze. In der centralen Partie der Wunde stieg dieses Uebergewicht der cornealen Strecke immer mehr, so dass in der Wundmitte selbst nur noch die aller~tusserste Strecke des Wundkanals in die Sclera und fast tier ganze Kanal in die Hornhaut riel; die inhere Apertur entfernte sich hier mehr als 1 mm yon der Scleralgrenze. Ich abstrahire bei diesen Angaben yon der hsymmetrie des Wundkanals zwischen Punktions- und Contrapunktionsstelle, welche aus der Technik der Operation resultirt, und an welche sich in der Regel eine etwas grSssere Periphericitiit entsprechend der ersteren schliesst. In Summa fiel noch nicht 1/.~, kaum mehr als 1/4 des Wundkanals wirklich in das Scleralgewebe, alles tibrige aber in die peripherische Hornhautzone. Ebenso wie die aussere Wunde durchweg scleral ist, und zwar an den Wundecken ziemlich weit, in der Wundmitte aber ausserst wenig in die Sclera hineinreicht, so ist die in- here Wunde durchweg corneal und entfernt sich an den Ecken nut ~usserst wenig, in der Mitte aber bereits in ausgesprochener Weise yon der Scleralgrenze.

Dieses sind ffir reich auch die Griinde gewesen, wes- halb ich die jetzige Extractionsmethode nicht geradezu als eine s c l e r a l e betrachten kann; es sei denn, dass man sich hierbei lediglich auf die iiussere Wunde und nicht auf den Wundkanal beziehen wolle. Ffir dieLinearitiit habe ich eine derartige Betrachtungsweise allerdings als statthaft er-

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kl~rt, da deren Schwerpunkt ffir die Praxis in dem genaueu Wundcontact liegt; ftir die anatomische Wundlageaber, resp. die Heilungsvorg$inge, die sich an dieselbe kntipfen, betheiligt sich in integrirender Weise der gesammteWundkanal. Und wenn man es selbst urgiren will, dass die Lage der hperturen hierbei yon ganz hervorstechender Wichtigkeit ist, sofern die bedeckenden Epithelialschichten (wie be- sonders die anatomischen Untersuchungen yon Klebs gelehrt haben) durch ihr Verhalten bei den Neubildungs- vorg~tngen in der Wunde die Heilung ganz besonders in- fiuenciren, so wfirde es immer unrichtig bleiben, die Wunde schlechthin als eine sclerale zu bezeichnen, da die eine der beiden Aperturen durchweg in die Hornhaut fallt, und die Erfahrung genugsam nachweist, dass gerade yon der inneren Strecke des Wundkanals Reizungen aus- gehen und zu wichtigen Fortpfianzungen auf Iris, Kapsel- zellen und Ciliargebilde hnlass geben kiinnen.

Ich lege auf diesen Punkt schon deshalb Gewicht, weil, wie mir scheint, ziemlich viele Fachgenossen sich der irrthtimlichen Annahme hingegeben haben, dass man jetzt durchweg in der Sclera operire und dass die besseren Resultate der neuen Methode nicht yon der Schnittform, sondern lediglich yon der giinstigen Heiltendenz der Sclera abh~ngen. Wenn der Wundkanal, wie ich soeben er- wiesen, gr(isstentheils corneal ist, so passt ein solches Raisonnement schon an sich nicht; ausserdem muss ich bekennen, dass, so lest fiberzeugt von den Vorztigen der die H o r n h a u t p e r i p h e r i e treffenden Schnitte, gegen- tiber den in die H o r n h a u t c o n t i n u i t i i t fallenden, ich bin, ein apodiktisches Urtheil fiber die Vorzfige der in die Sc le ra fallenden, gegenfiber den ganz p e r i p h e r i - s c h e n H o r n h a u t s c h n i t t e n oder den s c l e r o c o r - n e a l e n Schnitten, mir beim heutigen Stande der Er- fahrungen nicht zul~ssig erscheint. Es ist wohl in Be- riicksichtigung der Ausg~inge von Verletzungen annehm-

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bar, dass das Scleralgewebe noch weniger zu Suppura- tionen disponirt, als die peripherische Hornhautzone, allcin es ist andererseits nicht zu leugnen, dass, vielleicht gerade in Verbindung mit dem betreffenden Prolifera- tionstorpor, die chronischen Neubildungsvorgiinge, welche die Soliditiit der Narben bestimmen, in der Sclera unter sonst gleichen Bedingungen (besonders des Augendrucks) sich (lurch~chl~it~lich ungfinstiger als in der Hornhaut gestalten und es muss Object weiterer Erfahrungen sein, zu entscheiden, in wiefern durch b~achtheile in letzterer Beziehung aufgehoben wird, was die Vortheile in er- sterer bieten.

Wie die Praxis ein jedes Princip, dessert Ausgangs- punkt sie billigt, so weit zu verfolgen sucht, als es die Collision mit anderen Principien oder einfiussreiche Ne-

benumst~tnde zulassen, so war es auch vorauszusehen, dass auf dem Boden der jetzigen Schnittftihrang die Ten- denz sich geltend machen wtirde, zu einer miiglichst s c l e r a l e n Wunde zu gelaugen; liefert doch gerade der Gebrauch des Linearmessers hierzu eine MSglichkeit, wie sie ohne die allerhervorspringendsten Gciahren mit dem alten Staarmesser in keiner Weisc zu realisiren war. Ich selbst babe einige nach dieser Richtung zielende u suche angestellt und ich weiss aus mfindlichen Mitthei- lungen, class es yon Anderen, vielleicht in noch umfas- senderer Weise, geschehen ist. Das Ergebniss aber aller dieser u hat sich, so viel mir zur Kenntniss ge- kommen ist, durchweg als ein negatives herausgestellt. Wollen wit den Wundkanal mehr in die Sclera hinein- bringen, als es nach meinen frtiheren Regeln geschieht, so miissten wir entwedcr Punktion und Contrapunktion noch peripherischer anlegen oder unter Beibehaltung der friiheren Wundwinkel dem Messer eine noch ausgespro- chenere Richtung nach oben geben und den jetzigen Schragschnitt in einen fSrmlichen Flachschnitt verwandeln.

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Durch die erstere Modification wiirden wir die inhere Apertur de~ Wundkanals, und mit ihr natiirlich die ganze innere Strecke desselben scleralwiirts verlegen, bei der letzteren dagegen die innere Wunde ziemlich beibehaltcn und nur durch einen noch grSsseren Winkel des Wund- kanals mit der Sclerocornealgrenze, die Schnittlinie beider mehr nach hinten und die a ussere Wunde mehr in die Sclera bringen. Von beiden Modificationen m6chte ich hiermit dringend abrathen. Durch eine noch peripheri- schere Lage der inneren Wundkanalapertur steigt (lie iNeigung zur Einklemmung ganz kleiner, peripherisch zu- rtickbleibender Iristheile, wie sie selbst durch die minu- tiSseste Irisexcision nicht zu entfernen sind; ebenso die Tendenz zu Glask5rpervorfall, ohne dass der Linsen- austritt deshalb in irgend einer Weise gewinnt, wic es leicht begreiflich ist, (t~ schon die jetzige inhere Wunde sich peripherisch yon dem Linsen'~quator befindet. Ab- gesehen hiervon aber knfipfen sich Bedenken an eine za enge Nachbarschaft der inneren Wunde mit den Ciliar- theilen. Irritationsvorg/inge gehen hierbei viel leich~er yon der inneren Strecke des Wundkanals auf die Ciliar- gebilde tiber, w~hrend sie sich bei weniger peripherischer Lage eher auf die tiefen Hornhautschichten, Iris und intracapsul/ire Zellen beschriinken. Letzterer Umstawl giebt ganz besonders die Schranke fiir die P e r i p h e r i - c i t / i t tier i n n e r e n Wunde. Die andere Modificatioa, bei welcher unter Beibehaltung der inneren Wunde das Messer schr~iger resp. fiach geftihrt wird, scheint uns deshalb nicht empfehlenswerth, weil dieselbe den Anfor- derungen der Linearit~t in einer bedenklichen Weise zu nahe tritt. Bei unseren noch schwankenden Ueberzeu- gungen fiber die Vorztige der strenger scleralen Wund- lage, gegenfiber der sclerocornealen, wie wir sie unver- hohlen bekannt baben, mOchten wir den sicheren Nach- theil der gr6sseren LappenhShe gegentiber dem unsicheren

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Yortbeil, um den es sich handelt, nicht in den Kauf neh- men. Es sind aber auch noch andere Grtinde, unter die ich eine gewisse Neigung zur Umbiegung der spitzaus- laufenden Wundlefze, die stiirkeren Blutungen aus der Conjunetiva, die zu grosse Li~nge des Conjunctivallappens recbne, welche gegen die in das Bereich der Sclera fal- lenden Flachschnitte (Schnitte mit l~tngerem Wundkanal) sprechen.

:Nach alledem glaube ich, dass das Princip eines S c 1 e r al s c h n i t t e s ftir die Staaroperation in einer strenge- ren Weise, als sie obigen hngaben fiber die anatomische Lage des Wundkanals entspricht, nicht durchzuftihren sein wird, und class mit Einhaltung der frtiher ffir die Technik ge- gebenen Regeln die Grenzeu der zul~tssigen Periphericitiit ftir die ~ussere wie ffir die inhere Wunde erreicht (fiir diese letztere vielleicht um ein Minimum tiberschritten) sin(]. So ereignet es sich ja h~ufig bei den complicirten hufgaben der Praxis, dass die unvo]lkommene Realisirung der Principien Besseres leistet als die vollkommene, weil jene Aufgaben gleichzeitig verschiedenen Gesichtspunkten unterliegen und wir auf der einen Seite Opfer bringen mtissen, um nicht nach der andereu Gefahr drohende Verstiisse zu begehcn. Wit sind, wollen wir Gltickliches erzielen, vor Allem gezwungen unsere Zielpunkte nach der Seite zu verlegen, wo die Summe der sich geltend maehenden Uebelstande relativ die geringste ist.

IV. Verhalten der Iris zur inneren Apertur des Wund-

kanals. - - Behandlung der Iris wtthrend der Operation.

Ich bin fast betreten auf die Technik tier Iridectomie noch einmal zuriickzukommen, da ich meine Ansichtea tiber dieselbe bereits mehrmals formulirt habe. Allein abge- eshen davon, dass noch einige, vielleicht nicht ganz tiber-

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fiiissige Winke hinzuzuftigen sind, scheint es mir, als batten die Ueberzeugungen fiber diesen Punkt sish noeh nicht in derselben Weise, wie tiber die anderen Acte der Operation, geeinigt. Ich weiss es, zum Theil aus eigener Anschauung, dass Operateure, die sonst mit der Technik des peripheren Linearschnittes vollkommen vertraut sin(t, die entfaltete Iris mit e inem Schnitte veto Assistenten abschneiden lassen, oder sie selbst mit einem solchen eavali6rement abtragen, ungefiibr sowie es bei einer zu optischen Zwecken angelegten Iridectomie geschieht.

Begreiflicherweise wird gerade mit tier Periphericitiit der inneren Wunde*) die b~eigung zur Einheilung zurfick- gelassener Iristheile eine ausserordentlich grosse; es unterscheidet sich unser Schnitt in dieser Beziehung wesentlich, und, wenn man will, nicbt gerade zu seinem Yortbeile, von einem mit einem Lanzenmesser gemach- ten Flachschnitte, dessert WundkanaI bei gleichliegender /iusserer Wunde welt weniger peripher in die Kammer mfindet. In diesem letzteren Falle wird ein peripherisch zurfickgebliebener, selbst leidheh breiter Irisring mit seinem inneren Rande den Wundkanal nicht erreichen, oder, wenn er ihn ursprtinglich erreicht resp. selbst fiber- ragt, sich doeh nicht leicht um ~tie periphere Lefze

~) :Es ist Ad. Weber (A. f. O. XIII, 1. pug. 193 und 222) einzu- r~umen, dass, 'unabh~ngig yon der Lage der inneren Wunde, aueh die Steilheit eines Schnittes an sieh zum Irisvorfall disponirt; doeh m6chte ieh, gerade im Hinbliek auf sonstige Erfahrungen bei peripheren Flaeh- sehnitten, selbst mit der Paraeentese nadel, die Lage der inneren Wunde ale das erste und hauptsiishliehste Moment fiir die bleibende Iriseinhei- lung (nieht fiir den raomentauen :Eintritt in die Wunde) hinstellen. Ist iibrigens einmal der Schnitt nieht mehr senkrecr, t, sondern m~/ssig sehr/~g, so gelten die ftir den Wundsehluss yea W e b e r (1. e. pag. 2"-)2) ale giinstig hingestellten Umst~nde, deren Wirkung mit zunehmender Sehr~igheit des Sehnittganges (tiber 20 o) resp. bei Flachsehnitten sieh nut noeh in einer unerheblieheren Weise steigert. Es wird also bei unserem 8ehnitt die Betraehtung hinsiehtlich der Iriseinklemmung sieh mit Iteeht auf die Lage der inneren Wunde besehr/inken diirfen.

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der inneren Wunde ectropioniren, weil er hierbei noch den Widerstand des Sphincters, welchen wir kfinstlich (durch die bekannten ReibemanSver) anfachen ktinnen, zu fiberwinden hat. Anders aber verh/~lt es sich, Wenn die inhere Wunde der Irisinsertion so nahe liegt wie beim peripheren Linearschnitt. Hier bedarf es nur eines sehr geringen Irisresiduums, damit dasselbe die 1)eri- phere Lefze der inneren Wunde fiberrage und sich in den Wfindkanal hineinschlage. Die Action des Sphin- cters*), welche den Rticktritt der Iris aus der Wunde ohne Zweifel begtinstigt, ist ausserdem durch die be- deutende Einbusse, die er erlitten, verringert.

Dass die Gefahr der Iriseinheilung nach den E c k e n bin steigt, hangt yon zwei Ursachen ab. Zuniichst liegt: wie wir oben er6rtert haben, die inuere Wunde hier weit mehr peripherisch als entsprechend dem centralen Wundbezirk; sodann aber ist, wenigstens an der tem- poralen Ecke, das priicise Abschneiden der Iris his in den Wundkanal hinein, aus r/~umlichen Griinden erschwert. Es resultirt, dass, wenn nicht alle Sorg- falt auf das Verhalten der Iris gelenkt wird, die Ent- stehung kleiner Vorfiille, namentlich an der temporalen Wundecke zu den nicht seltenen, und die Einheilung der Iris in die innere Wundkanalapertur zu den /iusserst hitufigen Vorkommnissen gehtirt. Wir ktinnen uns fiber diesen letzteren Zustand leicht Rechenschaft geben, wenn

~) Ieh glaube iiberhaupt, dass Differenzen in der Naehgiebigkelt des Sphincters fiir die vorliegende Frage sehr in die Wagsehale fallen. Man wird bemerken, class bei verh~iltnissm~issig sehwer erweiterbaren l~upillen (rigiden Sphineteren) die Sphineterecken naeh dem zweiten Act gewShnlich leicht zurfieksehlfipfen, w~ihrend sic eine grosse Nei- gung haben in der Wunde zu verharren, wenn die Pupil[en vorher weir und die Action der Mydriation eine sehr excursive war. 0b es in Beriicksiehtigung dieser Umst~inde in der That zweekm~issig ist, durchgehends vor der Operation Atropin anzuwenden, seheint mir trotz der unleugbaren Vortheile des Mittels noeh nieht ausgemacht.

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wir, was bei geeigncter Focalbeleuchtung immer thun- lich ist, an den Operirten die Position der beiden Sphinctereeken (Schnittpunkte der Colobomr~tnder mit dem zurtickgelassenen Sphincter) genau bestimmen: fin- det eine Einheilung der Iris in die eine Eeke des Wund- kanals start, so wird immer der betreffende Colobom- rand verkfirzt und deni entsprechend die Sphincterecke nach der Wunde bin dislocirt sein; findet man gar keine Sphineterecke mehr, sondern dehnen sieh die eireuliiren Fasern bis zur Wunde aus, so ist die Iris in ihrer gan- zen Breite in den Wundkanal eingeheilt (dann auch ill tier Regel ein kleiner Prolapsus und erhebliehe Disloca- tion der Pupille vorhanden); steht dagegen die Sphin- cterecke an ihrem zukSmmlichen Platze, resp. hat der wirkliehe Colobomrand die Dimension, welche der un- verkiirzten Breite tier Iris zukommt, so ist auch keine Einheilung vorhanden. Einheilungen entspreehend dem centralen Wundbezirk ohne Einheilung an den Ecken, kiinnen bei der ganzen Technik tier Operation kaum vorkommen. Es mtisste in der That die Sehere in einer ganz eigenthtimlichen Weise an den Eeken in den Wund- canal eingesenkt, und in der Mitte, wo ein correetes An- drfieken welt mehr in der Hand liegt, besonders nach- l~tssig geftihrt werden, um zu einem solchen Resultate zu gelangen. Dagegen kann sehr wohl die Iris nicht bloss an den Ecken, sondern in der ganzen Wundl~tnge sich einltithen.

Viele Faehgenossen legen auf die Iriseinheilungen wenig Gewicht, eben weil ihnen dieselben sehr hi~ufig vorkommen und doeh in der llegel die Erreiehung eines gfinstigen Resultates nicht verhiadern. Ieh will gem zu- geben, dass die ausserst periphere Lage der VerlOthung und die Coexistenz einer breiten Iridectomie die Gefah- ren wesentlieh verringern; dennoeh halte ieh, abgesehen yon dem unleugbaren Einflusse auf das Heilresultat

Arehiv fiir ()phthalmo!ogie~ XIV, 3. ~9

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selbst, schon allgemeinhin an dem Satze lest, dass eine jede vordere, wie eine jede hintere Synechie eine dauernde Schitdlichkeitsursache setzt, und das~ es nur yon individuellen Differenzen der Reizbarkeit und einer Reihe unberechenbarer Zwischenumstiinde abhiingt, ob diese Schiidlichkeitsursache sich in einer palpablen Weise beth~itigt oder nicht. So gut als wir zahlreiche Indivi- duen mit hinteren Synechieen beobachten, welche nicht yon recidivirender Iritis befallen werden, so gut als zahllose Andere adhiirirende Hornhautnarben, resp. vor- dere Synechieen der verschiedensten Form darbieten, ohne je von suppurativer Erweichung der Narbenpartie oder Steigerung des intraocularen Drucks befallen zu werden, so gut wird auch die Einheilung der Iris in den Wundkanal bei dem peripherischen Linearschnitt nur in einer gewissen Quote yon F~tllen einen sichtbaren Nach- theil herbeifiihren, ja es wird dies der oben genaunten Umstiinde wegen (sehr peripherische Lage der Verliithung and breite Iridectomie) verh/tltnissmiissig noch seltner als dort geschehen; deshalb ist abet die Sache keines- wegs allgemeinhin bedeutunglos.

Ueberblicken wir in der Ktirze die Einfiiisse, welche sich auch hier an die Einheilung der Iris kntipfen. Zu- nftchst ist nicht zu leugnen, dass dem eigentlichen Zweek unseres Schnittes, ngtmlich der Erreichung einer mSglichst reinen und genau schliessendenWunde durch die Einheilung tier Iris entgegen getreten wird. Die zwischen den Wiinden des Wundkanals liegendeRegenbogenhaut stiirt offenbar die Gleichartigkeit des, die prima Intentio vermittelnden Neubil- dungsvorganges; sie bietet an sich eine secernirende Fliiche dar, neigt, wenn der veniise Rtickfiuss dureh Einklem- mung gestiirt ist, sehr zu Schwellangsvorg/ingen und zu Proliferationen, welche letztere aueh die 1Nachbargebilde inficiren. Ist unter diesen Umstiinden die Heilungstendenz des betreffenden Individuums eine ungtinstige, resp. die

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Disposition zu Eiterungen eine ausgesprochene, so kann die Gegenwart tier Iris im Wundkanal offenbar den husgangspunkt suppurativer Vorg~tnge bilden. Ich miichte derselben hierftir ungefiihr dieselbe Rolle zuweisen, wie dem Zuriicklassen yon Corticalmassen, welches ja auch die Wundheilung keineswegs immer, aber doch oft genug infiuenzirt, um es (auch aus diesem Grunde, neben den anderen) mSglichst sorgf~tltig zu vermeiden.

hbgesehen aber yon den bedenklicheren Vorgiingen an (ier Wunde in der ersten Heilungsperiode, (rcsp. deren Fortpfianzungen auf Iris, intracapsul~tre Zellen, Ciliargebilde) stSrt die Einheilung der in der Wunde schwellenden Iris, wie schon angedeutet, die Bildung einer soliden Zwisehensubstanz und disponirt zur For- mation einer schlechten, yon spiiteren Irritationen oder suppurativem Zerfall bedrohten (cystoiden) Narbe. Unter allen Umst~tnden erhSht sie die Reizbarkeit des Auges nach der Operation in einer Art und Weise, welche die Entlassung der Patienten aus dem Hospitale verzSgert. Es gelingt wirklich, die ganze Heitdauer noeh in einer hSchst erfreulichen Weise abzuktirzen, wenn neben dem Zurtickbleiben yon Corticalresten auch die Einheilung der Iris sorgfiiltig vermieden wird. Ftir den aufmerk- samen Beobachter unterscheidet sich die leichte Irritation, welche den direkten husdruck des Traumatismus abgiebt, ganz wesentlich yon derjenigen, welche dureh die dau- ernden Reizursaehen bedingt wird, wie sie zurtickgelassene Corticalmassen oder eingeheilte Iris liefern. Die erstere klingt, nachdem sie am 2. resp. 3. Tage ihr hcmestadium tiberschritten hat, in einer ganz eontinuirlichen Weise ab und wird selbst durch aussere Sch~tdlichkeiten ver- h~tltnissmiissig nieht leicht wieder angefacht. Die letz- tere dagegen zeigt noeh ein ziemlich langes h u f - u n d Abschwanken, namentlich je nach der Einwirkung ~tus- serer Einfltisse, und bedingt deshalb eine viel liingere

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Fortsetzung der Vorsichten; und selbst wenn wir die betref- fenden Patienten erst nach mehreren Wochen entlassen, so sind sie noch nicht gegen die spi~teren Zufiille sicher gestellt.

Zu diesen miichte ich rechnen: 1) eine spi~tere, sup- purative Erweichung der bTarbe. Ich babe dieselbe unter mehr als achthundert yon mir Operirten ein Mal, ein zweites Mal an einem anderwarts Operirten, bei welchem sehr viel Iris zurtickgelassen war, beobachtet. 2) das Vorkommen yon Iritis serosa, welche sich durch diffuse Trtibung des Kammerwassers, punktirte Trtibungen 1/~ngs der membrana Descemetii u. s. w. kennzeichnet. Fort- gepfianzte Cyclitis (mSge sie sich einer solchen Iritis se- rosa anschliesscn, oder direct yon schleichender Reizung des Wundcanals ausgehen) scheint zwar hier nicht so leicht, wie z. B. nach Iridesis vorzukommen, was sich durch die Breite der Iridectomie erkliirt; dennoch wird auch diese Folge nicht ausbleiben, u n d e s bedingt schon die serSse Iritis an sich eine sehr liistige und nicht unge- fi~hrliche Consequenz. Ich habe sie bei meinen Operirten im Ganzen dreimal, allemal nach Iriseinheilungbeobachtet. 3) GlaucomatiJseDrucksteigerung durch secretorischeReizung, welche yon der eingeklemmten Irispartie ausgeht. Ich be- kenne, dass ich eine derartige Folge thats~tchlich noch nicht beobachtet habe, vermuthlich weil deren Zustandekommen durch die grosse Iridectomie hier besonders erschwert wird. Immerhin wird der peripherische Linearschnitt in dieser Beziehung kein Privilegiam vor anderen Vorgangen, bel denen sich vordere Synechieen bilden, in Anspruch nehmen und wir mtissen diesen Vorg~tngen insgesammt die Disposition zur spiiteren Drucksteigerung zuerken- hen. - - Endlich wtirde fttr die Einheilung gr(iberer Massen noch die wirkliche Entstehung eines mechanisch genirenden prolapsus iridis, einer unwillkommnen Pu- pillardislocation und der Einfiuss auf die Hornhautkrfim- mung zu erwiihnen sein, welcher zu r theilweise

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bleibenden regelmiissigen und unregelmassigen Astigma- tismus ftihren kann.

Es wird ein jcder Operateur die Bemerkung gemacht haben, dass dic Entwicklung, welche eine in den Wund- kanal einheilende Irispartie w~thrcnd der Vernarbung gewinnt, zur Griisse des vermuthlich zuriickgelassenen Restes, in keinem directen Verh~tltniss steht. Schon frtiher habe ich hervorgehoben und muss es bet dieser Gelegenheit wiederholen, (lass sich besonders der Stand des intraocularen Drucks in der ersten Heilungsperiode bet (lichen Differenzen beth~tigt. Ein relativ hohcr Augen- druck erhMt zun~chst ein st~rkeres Klaffcn der inneren Wundapertur, welches den Eintritt der Iris erleichtert, sodann wirkt derselbe direct hervorwiilbend auf die ein- real eingetretene Partie, endlich verzi~gert er die Wieder- herstellung der vorderen Kammer, deren frtihe Restitu- tion ein gfinstiges Moment ftir die Retraction der Iris aus der Wunde abgiebt. Aus eben diesen Grfinden sehen wir ja selbst bet Iridectomieen, wenn dieselben bet sehr harten Augen ausgeffihrt wurden, eine aufi~tllige Tendenz zur Entwicklung der etwa in der Wunde zurtickgelasse- nen Partie. In der Frage, die uns jetzt beschi~ftigt, handelt es sich freilich nur uln die Schwankungen des physiologischen Augendrucks; allein wenn dieser schon an sich sehr variabel ist, so gilt dies noch mehr nach der Operation, was griisstentheils yon dem Einfluss des Traumatismus und der Heilungsvorg~tnge auf die Secre- tionsnerven abhangen diirfte. Neben dem Augendruck sind es aber auch die Irritationsvorg~tnge in der sich einliithenden lris selbst, welche die Entwicklung dersel- ben bestimmen. Da alle diese Einwirkungen schwan- kender Natur und im Voraus nicht zu berechnen sind, da wir demnach auch nicht voraussehen kiinnen, ob eine im Wundkanal befindliche Irispartie w~thrend der Ver- narbung quasi unscheinbar obliterirt oder sich entwickelt,

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die Wunde spreizt und ~Yachtheile der verschiedensten Art stiftet, so untersttitzt dies gewiss den praktischen Grundsatz , jedwede Iriseinheilung nach Kr~tften zu ver-

meiden. Was nun die technischen Maassregeln anbetrifft, um

diesen Zweck zu erreichen, so will ichnicht wieder darauf zurtickkommen, dass es nSthig ist, die nach dem Schnitt prolabirende Iris vor der hbtragung mit der Pincette gut zu entfalten und sanft anzuspannen, aber ich mSchte noch einmal die 1%thwendigkeit urgiren, die Iris nicht mit e i n e m , sondern successive mit m e h r e r e n Scheren- schnitten zu entfernen. Bei der husdehnung, die der Schnitt hat, und der Krtimmung der Sclera ist es schlecht- bin unmSglich mit einem oder selbst meist mit zwei Schnitten die Scherenbranchen, wie es sein soll, li~ngs der ganzen Wunde direkt in der Ebene der Wundriinder oder selbst zwischen den W~inden des Wundkanals wirken zu lassen; wenn dies bei einer gegebenen Position der Sehere beziehentlich auf die Wundmitte erreicht ist, so wird es an den Ecken nicht zutreffen, und wenn es ffir eine Ecke gut eingerichtet ist, so wird der Fehler ftir die andere ein desto grSsserer sein und sich durch das Zurfickbleiben eines erheblichen Residuums an der- selben strafen. Es muss n o t h w e n d i g in m e h r e r e n , gewShn l i ch in dre i bis v i e r Abs~ttzen die Rich- t u n g tier S c h e r e n f l i i c h e v e r ~ n d e r t resp. die S c h e r e ffir die e i n z e l n e n W u n d b e z i r k e tangen- t i a l g e s t e l l t w e r d e n , um die Aufgabe einer vollstiin- digen Excision bestmSglichst zu erreichen. Ich halte die Form einer Cooper ' schen Schere hierbei nicht ftir geeignet, well zur Seite einer gegebenen, richtig dispo- nirten Scherenstrecke die Deviationen yon den erforder- lichen Tangentialstellungen noch rascher steigen, als bei einer geraden. Man mtisste der Wunde die concave Seite zu- wenden, was wieder wegen der starken Senkung des

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Griffes beim Anheben des Schnittes unbequem ist. Die -vSllig gerade oder die Knieschere scheinen mir immer am geeignetsten. Es ware, um der Excision an der tem- poralen Ecke mehr Priicision zu geben, dienlich die Iris zunitchst entsprechend der Wundmitte in radialer Rich- tung bis in den Wundkanal zu spalten und yon hier die Excision successive nach beiden Ecken auszuftihren; doch bin ich in solchen Intentionen noch nicht zu einer befriedigenden Technik ge]angt. Bleiben wir bei dem gewShnlichen Brauch von einer Ecke zur anderen mit der Excision fortzuschreiten, so bleibt es jedenfalls, wie ich wohl schon fl'iiher erw~thnt, rittblich die prolabirende Iris zunfichst nicht in der Mitte, sondern n a h e r de r t e m p o r a l e n W u n d e c k e (e twa l '" wei t yon der - s e l b e n ) zu f a s s e n , weil man in dieser Weise den am meisten zum Zuriickbleiben neigenden Theil besser ent- faltet. Es complicirt sich dutch die Befolgung dieses Winkes der Act der h'isexcision in keiner Weise, da man nach einmal eingeschnittener Iris durch sanftes Hiniiberziehen des gefassten Zipfels nach der Nasenseite*) auch die intensiv grSsste Spannung immer wieder auf den sich zun~chst darbietenden Theil iibertragen kann, ohne desbalb den Fasspunkt zu ~ndern.

Das ManSver der Irisexcision darf bei der Genauig- keit, die es erfordert, besonders der innigen Zusammen- wirkung der anspannenden und excidirenden Hand einem hssistenten auf keinen Fall iiberlassen werden. Wie schon frtiher vorgeschrieben, ist der Conjunctivallappen sehr sorg- faltig nach abw~rts zu streifen, um den ersten Angriffspunkt

*) Eine zu energische Uebertragung de8 Fasspunctes nach tier Nasenseite~ wodurch die Iris in einer strafferen Weise fiber die na~ale Wundecke angezogen, und noch ein seitlicher Abschnitt mit in dab Bereich tier Excision gebracht wird, straft sich, abgesehen yon den etwaigen Nachtheilen der Zerrung dutch eine unwiUkommene Verbrei- terung des Coloboms.

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der Schere hart an der Wundecke und auch den weiteren Scherengang nicht zu beirren. Ein Fehler, der bei tier ursprfinglichen Irisexcision begangen ist, wird selbst dutch die dann vorzunehmende nachtri~gliche Excision der im Wundkanal zurfickgebliebenen Theile nicht un- bedingt corrigirt; zur richtigen Entfernung solcher klei- nen Theile, namentlich an den Wundecken, mfissen wir dieselben ziemlich stark anspannen und dies bleibt nicht ohne Wirkung auf die naehbarliche Iris, welche dabei in einer unnfitzen Weise in die inhere Apertur des Wundkanals hineingezogen wird. Wit erhalten deshalb bei solchen nachtriiglichen Excisionen nicht selten eine zweck- widrige VergrSsserung des Coloboms und jene aus- geschweifte Pupillarform, welche wir aus begreifiichen Ursaehen dem parallelrandigen Colobom so selten als mSglich substituirt sehen m6chten.

Trotz aller dieserSorgfalten bei derExcisionbleibt, wie anatomische Untersuchungen uns nachwiesen, ein nicht un- betr~tchtlicher peripherer Saum von schwankender Breite, durcbschnittlich yon stark 3/4 Mm., zurfick, wie es auch bei peripherischen Iridectomieen zu constatiren ist, wel- cher Saum erst durch sp~tere Retraction unscheinbar wird, resp. sich in den Winkel zurficklegt, den die Ci- liarfirsten mit dem Profil des Tensor chorioideae bilden.

Wiihrend ich mich frtiher mit einer mSglichst cor- recten Excision der Iris begnfigte und keine weiteren Beobachtungen fiber die Stellung der Sphinctereeken unmittelbar nach dem zweiten Act der Operation aus- stellte, lege ieh jetzt (in Uebereinstimmung mit A d. W e b e r ) ein grosses Gewicht darauf den sofortigen Rficktritt des Sphincters an seinen zukSmmlichen Platz zu constatiren. Haufig zeigt sich dieser Rficktritt ganz spon- tan naeh der Excision, in welchemFalle ich unmittelbar zum dritten Operationsact tibergehe; hi~ufig abet erscheint nur die eine Sphincterecke (und dann in der Regel die

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nasale) oder zuweilen auch keine yon beiden; ill noch anderen Fiillen kommen zwar die Sphincterecken zum Vorschein, aber behalten eine sehr innige Nachbarschaft zum Scleralbord. Unter diesen Umstiinden ist zu sehliessen, dass der eine resp. beide Colobomriinder sich in die in- here Apertur des Wundkanals mit einer grGsseren oder geringeren Falte einlegen, fiir deren Ausgl~tttung vor tier weiteren Fortftihrung der Operation zu sorgcn ist. Denn wean unter Fortbestehea jener F~ltc der Staar herausbefSrdert wird, so drangt sich dieselbe noch mehr in den Wundkanal hinein und es wird, wie ich reich tiberzeugt babe, (lie Reposition nach Schluss der Opera- tion entschieden schwieriger, wahrend sie nach dem ex- act ausgeffibrten zweiten Act, falls der Augendruck nicht verhiiltnissm~tssig sehr stark ist, meist leicht gelingt. Ist die temporale oder sind beide Sphincterecken zu- rfickgeblieben, so nehme ich zum Zweck der Reposition den zum vierten Act dienenden KautschuklGffel und mache mit dessen convexer Flache leichte StreichmanG- ver auf der Oberfl/tche des Bulbus, welche ihren Aus- gangspunkt etwas scleralw/~rts von der betreffeztden Wundecke habea und iiber diese hinweg gegen das Hornhautcentrum gerichtet sind; zuweilen werden diese ManSver auch alternirend mehr in einer der Wundl~nge entsprechenden Richtung (immer von der betreffenden Ecke ausgehend)oder auch wohl in circul~irer Richtung fiber der betreffenden Pattie verrichtet. Ich glaube, dass dieses leichte Streichen oder Reiben sowohl direct aus- gliittend auf die in der Wunde liegende Irisfalte wirkt, als auch die Sphinctercontraction anregt und in diesel" Weise das Zurfickgehen der Sphincterccke fSrdert. Ist nur die nasale Sphincterecke zuriiekgeblieben, so erreicht man aucb hiiufig den Zweck bei der Einftihrung des flietenfGrmigen Cystitoms, indem man mit dessen ill die

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vordere Kammer eintretenden Riickeu die Iris vorsich- tig gl~tttet, ehe man zur Oeffnung der Kapsel fibergeht.

Seitdem ich diese Vorsichten genau befolge, glaube ich auch die geringeren Grade yon IriseinlSthung weit seltener als f'rfiher und die befriedigenden Pupillarformen (parallelr~tndige Colobome) in constanterer Form als frfiher zu erhalten. Wenn ich jedoch die Frage gewissen- haft beantworten soll, ob es in a l len F~llen gelingt Iris- einlSthung zu vermeiden, so miisste dies in verneinender Weise geschehen. Ist der Augendruck nach dem ersten Act relativ sehr stark, sei es, dass die Muskeln sich heftig contrahiren oder dass vielleicht unter dem Ein- druck psychischer hffeete die Secretionsnerven besonders erregt sind, so markirt sich eine HervorwSlbung der Zonula entsprechend der Wunde, welche selbst ein vor- sichtiges Einsenken der Scherenbranchen in den Wund- kanal fiirchten litsst und es bleibt dann ein breiteres, bereits zur Einl(ithung geneigtes Irisresiduum zuriick. Ieh l~tugne nieht, dass unter diesen Verhiiltnissen die Anwendung des Chloroforms, yon welcher ich ftir die Staaroperation immer noch einen reservirten Gebrauch mache, (etwa ein Mal unter zwanzig Operationen), ffir die Precision der Irisabtragung Dienste leisten kann, indem wir bei entspannten Augenmuskeln die Schere dreister fiihren k0nnen.

Gelingt es indessen die Einheilung der Iris zu einem exceptionellen u zu machen, so ist hiermit auch die Cultur der Operation noch um einen weiteren Schritt gefSrdert, und selbst wenn bei den Repositions- versuehen die Sphineterecken sich nicht vSllig reduciren, sondern sich lediglieh aus der Wunde zuriickziehen, so liegt auch hierin for die bessere Pupillarform schon ein erheblicher Get, inn; ausserdem hat reich die Erfahruilg gelehrt, dass solche EinlSthungen, bei welchen nur eine

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periphere Irisfalte sich mit den Wandungen des Wund- kanals verbindet, ffir die etwaige Entstehung sp~tterer Zufalle weir. weniger in die Wagschale fallen, als solche bei denen tier Sphincter selbst mit eingelSthet ist

V. Ueber anderweitige Applicationen des peripheriw

Linearschnittes.

Der Werth des peripherischen Linearschnittes ffir die Staaroperation ist in einer fast unerwartet raschen Weise zur Geltung gelangt und steht es, nachdem ein- real die technischen Schwierigkeiten yon den meisten Collegen fiberwunden sind, nicht zu bezweifeln, dass die Resultate der Methode, tfir deren Vorzfige schon jetzt eine sehr erfreuliche Einigung sich bekundet, immer glficklicher ausfallen werden. In Sonderheit dfirfte hierzu die strikte Beobachtung der so eben, hinsichtlich des zweiten Acts,anempfohlenen Sorgfalten beitragen. Aber es ist die HerausbefSrderung des Staars nicht der ein- zige Zweck, ffir dessen Erreichung die betreffende Schnitt- form sich dienlich erweist. Schon frfiher babe ich reich zu erSrtern bemiiht, dass dieselbe auch in manchen Fal- len yon Iridectomie, zur Entbindung yon Cysticercen u. s. w. mit Nutzen in Anwendung gezogen wird und will ich, da sich meine bezfiglichen Erfahrungen in den verfiossenen Jahren erheblich gemehrt haben, fiber die Indicationen des peripherischen Linearschnitts gegen- fiber dem gewShnlichen Lanzenmesserschnitt hier noch einiges hinzuftigen.

Zun~tchst entfaltet jener Schnitt seine Vorzfige da, wo es sich bei Iridectomieen um Complication chroni- scher I r i t i s mi t G l a s k S r p e r l e i d e n , aequatorialer und disseminirter Chorioiditis handelt. Es scheint, dass die sehr breite peripheri.~che Excision, welche wir dutch

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denselben erreichen, bier geeigneter ist, den tieferen Prozessen entgegenzuwirken.

Weiter liegt ein Grund ffir den peripheren Linear- schnitt vor, wean bei chronischen Entztindungen mit Pupillarsperre die Iris an ihrer Peripherie leicht retra- hirt ist, was darauf deutet, dass r e t r o i r i d i s c h e Wu- c h e r u n g e n die hintere Irisfiiiche mit den Ciliarfirsten verlStben. So findet es sich ja, abgesehen ~on den Folge- zust~nden der Iritis selbst, besonders h~ufig nach per- fbrirenden Eiterinfiltraten derHornhaut vor, welehe zu fort- gepflanzten Reizungen Anlass gegeben haben. Unter diesen Umstitnden ist die peripherische Lage der inne- ren Wunde yon der grSssten Wichtigkeit um die Iris in einer so ausreichenden Weise herauszubringen, als es die Neigung der Colobome an solchen Augen, sich durch Retraction der Neubildungen sp~tter zu verengen, wtin- schenswerth macht.

Eine dritte Indication, die sich bier anschliesst, bieten die fioriden phagi~denischen Eiterinfiltrate der Hornhaut, wenn sich zu denselben grSssere Hypopyen und eitrige Iritis resp. Iridocyclitis hinzugesellt hat. Falls hier iiberhaupt auf Grund der bereits erreichten HShe des Processes die Iridectomie angezeigt ist, so giebt der periphere Linearschnitt eine weit grSssere Ga- ran tie als der Lanzenmesserschnitt fiir eine ausreichende Irisexcision - - bekanntlich verengen resp. verschliessen sich auch diese Pupillen m e i s t - und wirkt dement- sprechend auch den inducirten Processen mehr ent- gegen.

Eine besondere Empfehlung verdient der Schnitt bei der bSseren Form der s y m p a t h i s c h e n I r i t i s resp. I r i d o c y c l i t i s . Ich will hier auf die sehr schwierige Frage nicht zurtickkommen, inwiefern resp. in welchen Stadien dieser Krankheit tiberhaupt ein operativer Ein- griff am Platze ist. Entschliessen wit uns abet zu einem

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solchen, so ergiebt in der ersteren Phase der Krank- heir meines Erachtens die Iridectomie mittelst periphe- rein Linearschnitt die relativ besten Resultate; in tier spi~teren Periode der Krankheit, wenn totale hinte~'e Synechie ausgebildet, die Kammer fast oder ganz auf- gehoben und das Linsensystem erkrankt ist, muss die gleiche Operation mit sofortiger Linsenextraction ver- bunden werden, wie es fiberhaupt ftir vorgertickte irido- cyclitische Prozesse gilt.

In der That er(iffnet der Schnitt in den an der Grenze der Kuast stehenden F~llea d e g e n e r a t i v e r I r i t i s und I r i d o c y c l i t i s einen Weg far die Zweck- erreichung, wie er durch kein anderes Verfahren gc- boten wird. Er legt die Insertion der Iris oder wenig- stens die ~usserste Zone derselben vollkommen frei und er- miiglicht in a~sreicheader Weise den Angriff auf die retroiridischen Wucherungen bei gleichzeitiger schonel~d- ster Entfernung des Linsensystems. Ich verfahre jetzt bier in folgender Weise: Die Punction wird mit dem Linearmesser, ganz wie bei der Staaroperation ausge- ftihrt, das Messer selbst aber sofort durch die Iris ge- stossen und, ohne ihm anfanglich eine so ausgesprochene Richtung nach unten z~ gebea wie dort, der iib- lichen Contrapuactionsstelle zugeftthrt, im Uebrigen der Schnitt (der also nach Art tier ~tlteren Wenzel ' schen Operation Seleralbord und Iris zugleich durchschneidet) �9 ,vie bei der Staarextraction beendet. GewShnlich ist die Kapsel hierbei ausgiebig erSffnet and es quillt Linsen- masse wiihrend der Schnittftihrung selbst hervor, worauf vor der Hand wenig geachtet wiM. Hierauf gehe ich mit einer sehr seharf fassenden, quer gerieften Pincettc in die Wunde ein, bringe deren eine Blanche zwischen Iris und Cornea, die andere hinter die retroiridischen Wucherungen, welche ja gewShnlich mit der Linsenkap- sel ein Continuum bilden. (Diese zweite Branche herin-

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det sich demnach raeistens im Linsensystem). Nachdem die Pincette ziemlich dreist vorgestossen, wird die ge- sammte eingesehlossene Masse sanft angezogen und deren Herausbef(irderung, sowie ein bedenklicher Widerstand entsteht, dutch zwei an den Ecken des Linearschnitts ziemlich radial geftihrte Scherenschnitte - - in der Con- tinuiti~t ist jene Masse ja bereits durch dasLinearmesser d u r c h t r e n n t - beendet. Sehr haufig folgt hierbei der gesammte in der Kapsel eingeschlossene Rest des Lin- sensystems, in welchem Falle natfirlich die Operation als beschlossen anzusehen ist. Da wo dies nicht geschieht, wird die, vielleicht noch nicht ausreichend aufklaffende Kapsel noch einmal mi~ dem Cystitom dilacerir~ und dann das gew(ihnliche im vierten Act der Staaroperation gebrauehliche Sturzman(iver ausgefiihrt, was auch hier allemal, mag die Linse noch durchscheinend oder bereits cataract(is sein, den Zweck erffillt. Sind nach Entfernung der Linse noch trfibe Kapselreste im unteren Theile der Pupille sichtbar, so pflege ieh auch diese noch mit der gerieften Pincette zu fassen und zu entfernen, stehe in- dessen hiervon ab, wenn die VerlSthungen mit der unteren Irispartie odin- den Ciliarfirsten einen irgend bedenkliehen Widerstand darbieten. Zeigt sich, wie es ja auch in diesen Fallen vorkommt, eine vorgesehrittene Verkalkung des Lin- sensystems, so mobilisire ich dasselbe zuni~chst durch einen auf die vordere Flache angesetzten stark zurfickgebogenen Haken - - ich vermeide auch in diesen Fiillen auf das S~engste jedwede Einffihrung yon Instrumenten hinter alas Linsensystem, welche bei den fast ausnahmslos vorhande- hen Glask~rperprocessen doppelt gef'~ihrlich ist - - und voUftihre dann wiederum das Sturzman6ver. Die d i r e c t e n Resultat~ der in dieser Weise mittelst peripheren Linear- schnitts bei Iridoeyclitis ausgeffihrten Operationen, haben jedenfaUs dasjenige, was ieh dureh frfihere Methoden er- langt, bei Weitem fibertroffen. Es wurde selbst bei einem

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wahrhaft verzweifelten Aussehen der Iris, das heisst v(illi- ger Desorganisation derselben, bindegewebiger Natur und Vas- kularisation der Schwarten, eine grosse schwarza, optisch vollkommen befriedigende PupiUe gewonnen. Von einer Gleichmassigkeit der d efi ni t i v e n Erfolge kann natfirlich bei der Verschiedenhei~ der Falle keine Rede sein. Dass derlei Augen nicht zu Wundsuppurationen tendiren, is~ mehrfach (zuerst eigentlich schon yon W e n z e l, wenigstens hinsicht- lich chronischer Iritis) hervorgehoben worden, abet es sind zwei andere schlimme Ausg~inge, welche gar hiiufig selbst den vollkommensten unmittelbaren Operationseffect wieder annulliren, einmal chronische Cyclitis mit Glask~rperinfil- tration, sodann die Ausbildung umfangreicher sclerosiren- der Hornhauttrfibungen, namen~lich wenn solche in der Anlage schon vor der Operation vorhanden waren. Gegen den e~steren Ausgang diirfte schwerlich irgend eine Ope- rationsmethode Sicherstellung gewiihren, da er eine, dutch den unvermeidlichen Traumatismus bedingteFortentwicklung bereits im Auge vorhandener Anomalieen darstellt; immer- bin diirfte dessen Hfiufigkeit einigermassen eingeschr~nkt werden durch ein Verfahren, welches eine radicale Entfer- nung der Linse sammt der erkrankten Kapselpartie bei einer m~iglichs~ grossen Iridectomie und weiten Er6ffnung tier retroiridischen Wucherungen in einer relativ schonen- den Weise erm~iglicht. Besonders zeigen sich aber die Vorzfige des peripheren Linearschnitts, gegenfiber der Lappenextraction, in diesen F~llen durch die weir geringere Neigung zu sclerosirenden Hornhauttrfibungen, deren Platz- greifen ich frfiher h~uiig genug als Hauptursache des Niehterfolges zu beklagen hatte.

Grossen Nutzen zog ich aus dem peripheren Linear- schnitt bei der Operation der in den tieien Theilen des Auges befindlichen Cys t icercen . Der Vortheil liegt bier darin, dass der Schnitt einerseits sieh ffir die breite Jris- excision und vollstiindige Entbindung der nicht eatarac-

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tSsen Linse eignet, zugleich aber nach ErSfihung des Glas- k(irpers den ganzen inneren Augenraum den Jnstrumenten zugfingig macht. So lange sieh die Lage des Entozoons noch mit Sicherheit verrath, m($chte ich jetzt niemals mehr yon vorn herein eine andere Schnittform w~hlen und wfirde zum iiquatorialen Scleralschnitt, tier nattiflich welt geringere Chancen ffir die Erhaltung des Auges gewiihrt, nut im iiussersten Nothfalle flfichten. Auch verriehte ich niemals mehr die Operation der Cysticercen in mehreren Sitzungen, weil hierdurch die fiir einen relativ gfinstigen Ausgang geeignete Periode meist voriibergeht und weil mit Adoptirnng des peripheren Linearschnittes ein zurei- chender Grtmd fiir eine solehe Theilung des Operations- aktes wegiallt. - - Ueber die Operation selbst ist kaum etwas ~eues hinzuzuffigen: der Schnitt wird wie bei der Staar- operation, hier jedoch stets nach unten vollffihrt, Jrisexci- sion, KapselerSffnung, Linsenevacuation ganz wie dort be- werkstelligt. Hierauf nehme ich den stumpfen Tractions- haken, dessert ich reich frfiher beim vierten Akt der Staar- operation bediente, durchbreche mit demselben die teller- f6rmige Grube, dringe in der Richtung des Entozoons erst seichter, dana allmiihlich tiefer vor, indem ich vorstossende Bewegungen, bei horizontaler Lage der tIakenkrfimmung mit nach tier Wunde zurfickziehenden Bewegungen, bei senkrechter Haltung des Hakens, alterniren lasse. Beson- tiers aufmerks~m wird hierbei allemai das GlaskSrper- klfimpchen betrachtet, welches die retrahirende Bewegung nach tier Wunde bringt. Wenn dieses a~angt mit gelblich- triiben Faden und Membranen durchsetzt zu sein, so be- findet man sich bereits in der b~ahe des Entozoons. Es erreichen nlimlich die successive vorstossenden und nach geeigneter Drehung zurfickziehenden Bewegungen den Zweck, die trfibe und compactere Glaskiirperpartie, welche den Cysticercus umgiebt, allmahlig nach der Wunde hin zu bef6rdern undes gelingt dies wirklich selbst bei einem

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ganz tiefen Sitze in einer a priori fiberraschenden Weise. Erscheinen vollends intensiver-opace Massen in der Wunde, so pflegt man auch bald den weisslichen Schein des Entozoon in einiger Tiefe wahrzunehmen m~d muss man alsdann wieder zu seichteren Bewegungen mit dem Haken fibergehen, um die Blase nicht zu verletzen. Tritt diese an die Wunde heran, s o legt man den Haken besser bei Seite und lfisst den Schnitt unter einem sanften Druck leicht klaffen, oder bedient sich zur HerausbefSrderung des Kautschuckl6ffels ganz nach Art der Linsenentbindung. Zu bemerken ist, dass man dem Patienten fiir diese Opera- tion fast ausnahmslos eine sitzende Stellung geben muss. --.~Ieh babe, seitdem ich den peripheren Linearschnit~ bei Cysticercus in einer fast exclusiven Weise anwende, in einem Zeitraume yon fast zwei Jahrell, beinahe immer*) das Entozoon v6llig intact herausbet'6rdert. Noch im

~) l~ur einmal musste, vermuthlieh weil das Entozoon sehon zu m~ichtig yon Glask(irperopaciti~ten fixirt war~ sdanee tenante zum Aequatorialsehnitte gefliiehtet werden. Zwei andere Male - - and hier- mit erschSpfen sieh die Ausnahmen - - wiihlte ich yon Anfang an den ~iquatorialen Scleralsehnitt, well der GlaskSrper bereits vSllig eitrig durchsetzt war.

Der eine dieser belden F~lle ist noeh in doppelter Riehtung in- teressant. Zuerst hinsichtlich der Diagnose. Patient hatte sieh bereits ira April d. J. in der Klinik vorgestellt, mlt einem so triiben Glas- kSrper~ dass iiber die Gegenwart eines Cysticereas~ ffir welche manehe Charaetere des ophthahnoseopischen Bildes sprachen~ kein positives Ur- theil mehr gefiillt werden konnte. Als er sieh im J'uli wieder pr~sen- tirte war der GlaskSrper bis zur hinteren Linsenperipherie eitrig in- filtrirt~ so dass ein hellgelbes Licht fiberall aus demselben zur~ickge- worfen ward; dabei keine Iritis, nur spurenweise Injection der vorderen Conjunetivalgef~sse. Jch machte vor den ZuhSrern meiner Klinik An- gesichts dieses Befundes, so wenig yon einem Entozoon zu sehen war, die Diagnose eines Cystieercus mit einer sehr grossen Wahrscheinlich- keit. Meine Deduction war folgende: Fragen wir uns~ welche Zus~nde eitrige GlaskSrperinfiltrationen hervorrufen, so sind zu nennen: 1) Trau- men 7 namentlieh perforirende Verletzungen; diese Ursache lag nieht vor. 2) metastatisehe Proeesse, z. B. bei Puerperal-]~rkrankungen, anomalen Pneumonien~ meningitis ecrebrospinalis u. s. w. Patient war

Archiv f[ir Ophthalmologie XIV. 3. 10

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letzten Semester warden drei Cysticereen in dieser Weise trotz sehr tiefen Sitzes verMltnissmassig leicht entbunden.

In iihnlicher Weise wie bet Cystieercus stellen sich Indieationen ffir den peripheren Linearschnitt bet fremden KSrpern ein, die in den Glask(irperraum eingedrungen sind. Sofern wir uns hier iiberhaupt zu einem operativen Eingriff ermuntert f0hlen, wird kein Schnitt so gtinstige Bedingungen ifir die Entleerung der Linse und gleichzei- tige ErSffnung des GlaskSrpers gew~hren als eben der be- treffende.

Eine auf optischen Griinden beruhende Anzeige ftir unseren Schnitt ergiebt sich da, wo bet ausgedehnten ad- hiirirenden Leucomen nut noch ein schmaler peripherer Homhautsaum zur Verffigung steht. Bet den betreffenden Randpupillen, welche wegen der ungfinstigen optischen Be- dingungen immer nur ein sehr bescheidenes Resultat liefern, kommt es in der That, was wir unter anderen Umsti~nden mit Recht zu vermeiden trachten, auf eine m(iglichste Vet-

vSllig gesund gewesen. 3) intraoculare Tumoren; ein Netzhautgliom, welches unter den Tumoren wieder am h~ufigsten Eiterintiltration der inneren Augengebilde versehuldet, war des Lebensalters wegen h5chst unwahrscheinlich, gegen Aderhauttumor sprach der Augendruek, welcher jetzt verringert und auch bet der friiheren Untersuehuug sicher nicht vermehrt war. Fine Herleitung aus pr~existirendem Tumor blieb dem- nach, wenn nicht gerade unbedingt abzuwelsen, doch hSchst unwahr- scheinlich. 4) eitrige Iritides resp. Iridokeratitides, durch Fortpflan- zaug der Eiterinfiltration; derartige Ausgangspunkte fehlten. E s blieb 5) Cystieercus als das unendlich wahrseheinliehste, da Glask~rpereiterung sich zu (lessen Verlauf gewissermassen iu regelreehter Weise hinzugesellt. Natiirlich musste auch der vor zwei Monaten gewonnene, mit der Ge- genwart eines ~ntozoons im sp~teren Stadium gut iibereinstlmmende~ wenn aueh nieht beweisende Befund die Annahme unterstiitzen. Jeden- falls schien mir die Wahrseheinliehkeit gross genug~ um auf dieselbe bin einen Aequatorialschnitt zu maehen, in welchen sich sofort die ver- muthete Blase einstellte. In Liindern~ wo der Cystieercus eine iiusseret seltene Krankheit ist~ wiire jene dlagnostisehe Herleitung wohl allzu gewagt gewesen; man h~tte vielleieht mit mehr Grund an einen Tumor oder an die spontane Steigerung eines priiexistirenden GlaskSrperleidene bis zur HShe der Eiterinf~tration gedacht. Bet der Frequenz dee Cysti-

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mehrung des quantitativen Lichteinfalles resp. auf eine m0glichste u der Pupille an. Die inneren Wunden der Lanzenmesser fallen bier zu klein aus, da man das Instrument racist wenig vorstossen kann und ist deshalb das Linearmesser an seinem Platze.

0b der peril)here Linearschnitt fiir die Iridectomie bei g l aucomat6sen Zustiinden methodiseh versucht worden ist, weiss ich nicht anzugeben. Dutch die periphere Lage und Ausdehnung der inneren Wunde hlitte er auch hier scheinbar manches fiir sich; dennoch babe ich reich zu dessen Anwendung wenigstens bei betrachtlicher Spannungszunahme nicht ent- schliessen k(innen, well mir fiberwiegende Nachtheile vorzu- liegen schienen. Zunachst diirfte, wenn die vordere Kammer sehr beengt ist, die kunstgerechte Schnittfiihrung auf erheb- liche Schwierigkeiten stossen; dann k6nnte, namentlich wenn die Patienten noch einen krliftigenMuskeldruck auf die abnorm gespannten Augen wirkeD lassen, bei der Periphericiti~t tier innerenWunde, eine, hier ffir die Heilzwecke omin6se, Berstung

cereus in unserer Gegend h~tten w,r mit solchen Annahmen weit we- niger Wahrscheinliehkeit fiir uns gehabt, da namentlich die spontane Entwiekelung eigentlieher Glask~irpereiterung ohne Iritis, wenn sie iiber- haupt vorkommt, zu den allergrSssten Rarit~ten gehSrt.

Der zweite interessante Umstand in diesem Falle war die Form des Entozoons. Es zeigte sieh zun~chst in der Wunde die runde un- geflihr 2~ "J messende Blase; dieselbe fiel abet nicht, wie gewShnlich, unter sanftem Druek heraus, sondern schickte einen l~ingeren Fortsatz mitten in die verdichteten Eitermassen hinein. Die Umstehenden glaabten einige Augenblicke, (lass es sich um einen Exsudatstrang handele; doeh konnte die n~here Betraehtung and aueh die Verbin- dung mit der Blase keinen Zweifel iibrig lassen, dasses sieh um einen ungewShnlieh langen l~lalstheil handele, der denn auch dutch sehr vor- sichtige Traetionen ohne irgend eine Seh~digung aus den Sehwarten herausgezogen ward. Derselbe stand dureh seine Liinge (fast 8 '~ bei leichter Streckung) in einem derartigen Missverh~ltnisse zur Blame, dass ich zun~iehst an eine neue Species daehte. Professor V i r c h o w , dem die L~inge des Halstheils ebenfalls h6chst auif~lig war, hat die Untersuehung iibernommen. Sollte dieselbe irgend etwas anderes er- geben als ein besonders langhalsiges Exemplar yon Cystieereas cellulosae, so werde ieh gelegentlieh dariiber berichten.

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der Zonula eintreten, endlich wird es bet starkem Augen- druck (s. oben) nicht immer msglich seth, tier Einheilung peril)herer Irispartieen vorzubeugen, welche dann wieder an glancomatSsen Augen sich besonders hervorzuwSlben ten- diren, cystoide Narbenbildung begtinstigen und als neue Quellen secretorischer Reizung alas Resullat iu Frage stellen kSnnen. Da in tier unendiich grSsseren Zahl tier Fiille ein richtig ausgeftihrter Lanzemnesserschnitt zu ether ausreiehenden Reduction desAugendruekes verhilf~, so time ieh keine Motive sich den genannten UebelstiiMen zu unterziehen. Und wenn, wie es in Ausnahmefiillen vor- kommt, eine ktmstgerechte Iridectomie nicht zum Ziele fiihr~, so ist es, wie reich neuere Erfahrungen lehrten, nicht eine Yerbreiterung des Coloboms, zu weleher wir zu flitch- ten huben, sondern es ist die Form diametral gegenfiber- liegender Colobome, welche die kriiftigste druckvermindernde Wirkung iiussert und nns bet rebeller Tensionsvermehrung die grSssten Bfirgsehaften gewiihrk In Summa m(iehte ich das Bestehen ether sehr ansgesproehenen Druekvermehrung eher als eontraindicirend ffir den periloheren Linearschnitt betrachten als nmgekehrt.